Landgericht Aurich
Beschl. v. 28.09.2022, Az.: 7 T 167/22
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 28.09.2022
- Aktenzeichen
- 7 T 167/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59346
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 15.07.2022 - AZ: 9 IN 91/11
Fundstellen
- EWiR 2023, 183
- InsbürO 2023, 246
- KSI 2023, 90
- ZInsO 2023, 848-849
Tenor:
Die sofortige Beschwerde vom 29.07.2022 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aurich vom 15.07.2022 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 6 Abs. 1, 70 Abs. 3 InsO zulässig, bleibt in der Sache jedoch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ohne Erfolg.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Zutreffend haben sowohl das Amtsgericht als auch der Beschwerdeführer ausgeführt, dass die Entlassung eines Ausschussmitglieds nach § 70 S. 2 InsO zwar auf seinen Antrag erfolgen kann, allerdings ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegen muss. Hinsichtlich des wichtigen Grundes sind jedoch bei einer Entlassung aufgrund eines eigenen Antrages geringere Anforderungen zu stellen (MK InsO-Schmid-Burgk § 70 Rn. 16). Der Wechsel des Arbeitgebers reicht für ein Ausschussmitglied nicht aus, seine Entlassung aus wichtigen Grund beantragen zu können (Vallender WM 2002, 2040, 2043; MK InsO-Schmid-Burgk § 70 Rn 16; Gundlach/Frenzel/Schmidt InVo 2003, 49, 50; aA AG Norderstedt 10.8.2007, ZInsO 2007, 1008).
Ein wichtiger Grund für die Entlassung des Ausschussmitglieds auf eigenen Antrag liegt jedoch dann vor, wenn sich bei vernünftiger Sichtweise die weitere Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses als unzumutbar darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 29.03.2012 – IX ZB 310/11; LG Göttingen, Beschluss vom 25.08.2011 – 10 T 50/11).
Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erscheint die Fortführung der Ausschusstätigkeit für den Beschwerdeführer jedenfalls nicht unzumutbar. Das Gericht hat dabei nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer durch den Wechsel des Arbeitsverhältnisses jegliches persönliche und berufliche Interesse an der Tätigkeit in dem Gläubigerausschuss verloren hat bzw. keine Bindung mehr zu dem Insolvenzverfahren aufweist. Wie das Amtsgericht jedoch zutreffend festgestellt hat, stellt allein der Wechsel des Arbeitsgebers keinen wichtigen Grund i. S. d. § 70 InsO dar. In der Gesamtschau erscheint die Fortführung der Ausschusstätigkeit durch den Beschwerdeführer nicht unzumutbar. Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich ein neues Arbeitsverhältnis angetreten hat, in welchem er zeitlich stark eingebunden ist, führt nicht zur Unzumutbarkeit. Der Beschwerdeführer trägt selbst vor, dass die Sitzungsdichte des Gläubigerausschusses in der Vergangenheit äußerst gering war. Der mit der Ausschusstätigkeit verbundene Aufwand dürfte sich daher in überschaubaren und vor allem zumutbaren Grenzen halten. Auch die übrigen vom Beschwerdeführer vorgetragenen Umstände führen nicht zu einer Unzumutbarkeit der Tätigkeit, hier hat das Gericht insbesondere die lange Verfahrensdauer in den Blick genommen. Jedoch ist auch vor dem Hintergrund, dass das Verfahren bereits weit fortgeschritten ist, zu berücksichtigen, dass sich die Tätigkeit im Rahmen des Gläubigerausschusses in überschaubaren Grenzen halten dürfte.
Demgegenüber ist dem Beschwerdeführer dahingehend zuzustimmen, dass der Gläubigerausschuss auch nach seinem Ausscheiden funktionsfähig sein dürfte und die Abwicklung des Insolvenzverfahrens durch sein Ausscheiden nicht wesentlich gefährdet werden würde. Es ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer offensichtlich – aus durchaus legitimen Gründen - kein Interesse mehr an der Fortführung seiner Ausschusstätigkeit hat. Allerdings würden sich nach einem Ausscheiden des Beschwerdeführers lediglich noch vier Mitglieder in dem Gläubigerausschuss befinden, was vor dem Hintergrund des § 72 InsO bezüglich etwaiger Mehrheitsentscheidungen zu Problemen führen könnte.
Grundsätzlich gilt darüber hinaus, dass sich sowohl die Gläubigergemeinschaft als auch sämtliche an dem Insolvenzverfahren beteiligte Personen darauf verlassen können müssen, dass die Mitglieder, die das Amt eines Mitglieds im Gläubigerausschuss annehmen, dieses auch verlässlich – über die gesamte Verfahrensdauer - ausüben.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die Gründe des Entlassungsantrages des Beschwerdeführers zwar (menschlich) nachvollziehbar, durch sie ergibt sich jedoch in der Gesamtwürdigung nicht die Unzumutbarkeit der Fortführung der Tätigkeit im Gläubigerausschuss, mangels Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 70 InsO war die sofortige Beschwerde daher aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen, dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer seine Entlassung aus dem Gläubigerausschuss selbst beantragt hat. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung überdies berücksichtigt, dass der ursprüngliche Arbeitgeber des Beschwerdeführers zwischenzeitlich ordentlich liquidiert wurde, dies vermag an der Entscheidung jedoch nichts zu verändern.
Sofern der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung vorträgt, dass es ihm nicht zuzumuten sei, dem Amt als Mitglied im Gläubigerausschuss gegen seinen Willen nachzukommen, ist festzuhalten, dass der mangelnde Wille des Mitglieds zur Fortführung seines Amtes ebenfalls keinen wichtigen Grund zur Entlassung darstellt (Kübler/Prütting/Bork/Kübler § 70 Rn 9). Der bloße Umstand, dass das Mitglied selbst Anlass sieht, seine eigene Entlassung zu beantragen, genügt mithin zur Begründung eines wichtigen Grundes nicht (Karsten Schmidt/Jungmann § 70 Rn 24).
Zur Überzeugung des Gerichts liegen die Voraussetzung des § 70 InsO vorliegend nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordert. Der Bundesgerichtshof hat mit Entscheidung vom 29.03.2012 bereits festgestellt, dass ein wichtiger Grund dann vorliegt, wenn die Fortsetzung der Tätigkeit für das Mitglied des Ausschusses bei Abwägung der Interessen unter Berücksichtigung der Umstände unzumutbar ist. Die Entscheidung über die Unzumutbarkeit im Einzelfall stellt eine Tatsachenentscheidung dar.