Landgericht Aurich
Urt. v. 27.04.2022, Az.: 6 O 1035/21

Untermietvertrag

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
27.04.2022
Aktenzeichen
6 O 1035/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 68680
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGAURIC:2022:0427.6O1035.21.00

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - AZ: 6 U 85/22

In dem Rechtsstreit
MC Z. GmbH vertr.d.d. GF, F.Straße , D.,
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: Dr. K. und Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, J., K.,
gegen
A. I. S. Sp. z. o. o. Sp. K., vertr.d.d. A. I. S. Sp. z. o. o., vertr.d.d. GF, ul. F., PL -T. G.
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. H., S., B., B.A., D.
hat die 6. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Aurich durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht B. als Vorsitzenden,
im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 08.04.2022 am 27.04.2022
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.751,80 € nebst Zinsen in Höhe von 13 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins auf 7.111,44 € seit dem 09.12.2020, auf 7.156,16 € seit dem 09.12.2020, auf 5.127,20 € seit dem 10.01.2021 und auf 3.357,00 € seit dem 10.01.2021 zuzüglicher einer Mahnkostenpauschale in Höhe von 40,00 € zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 22.751,80 €.

Tatbestand

Die Beklagte entsendet u.a. Arbeitskräfte zur Tätigkeit im VW-W. in E.. Sie trat in Kontakt zur Klägerin, welche die Anmietung von Monteur-Zimmern in der Weise organisiert, dass sie Arbeitgebern wie der Beklagten durch Anmietung auf dem Wohnungsmarkt Zimmer für den vorübergehenden Gebrauch und zur Belegung mit zwei oder mehreren Arbeitnehmern verschafft. Die Klägerin erhebt dafür von ihren Auftraggebern Entgelt, garantiert die Bereitstellung der Unterkünfte in bestimmten Entfernungen vom Arbeitsplatz und mit bestimmter Ausstattung, und mietet ihrerseits die entsprechenden Räume von Vermietern an, die sie dafür bezahlt.

Im Spätherbst 2020 fragte die Beklagte nach entsprechenden Unterkünften per Email an. Unter Bezugnahme auf ihre Preisbedingungen unterbreitete die Klägerin der Beklagten Angebote, die sie schließlich mit Email-Auftragsbestätigung bestätigte. Die Preisgestaltung war so geregelt, dass bei Vorauszahlung ein ermäßigter Preis, bei späterer Begleichung der Rechnung ein höherer Normaltarif als vereinbart galt.

Wegen aller Einzelheiten wird auf den einschlägigen Email-Verkehr Anlagen 1-4, im Anlagenband, Bezug genommen.

Die Beklagte erklärte danach, sie storniere die Aufträge, weil die Arbeitskräfte im VW-W. wegen der Corona-Pandemie nicht arbeiten könnten. Es wird auf die Anlage 5 verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte ihr die aus den vertraglichen Vereinbarungen sich ergebenden Entgelte unter Berücksichtigung des sogenannten "Normaltarifs" schulde.

Die Klägerin beantragt,

hinsichtlich Hauptsache und Zinsen wie erkannt,

darüber hinaus,

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Mahnkostenpauschale in

Höhe von 200,00 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass sich die Klägerin nicht auf einen Vertragsschluss durch Schweigen auf kaufmännisches Bestätigungsschreiben berufen könne, weil diese Grundsätze im internationalen Rechtsverkehr keine Anwendung finden könnten. Nach polnischem Recht müssten dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben noch konkrete Vertragsverhandlungen vorangegangen sein, woran es fehle. Die Klägerin sei auch ihrerseits nicht in der Lage gewesen, den etwaigen Vertrag zu erfüllen, weil sie nicht in der Lage gewesen sei, die zu vermietenden Unterkünfte nach ihrer konkreten Lage zu benennen. Sie habe auch keine Mietzinsansprüche, weil sie nur Vermittlungstätigkeit ausgeführt habe, und die vereinbarten Entgelte nicht als Provision durchgesetzt werden könnten. Für die Mahnkostenpauschale in Höhe von 200,00 € gebe es keine Grundlage.

Wegen aller übrigen Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist bis auf einen geringfügigen Teil der Nebenkosten begründet.

Die Klägerin hat gemäß §§ 535 ff. BGB aufgrund geschlossener Untermietverträge mit der Beklagten Anspruch auf Zahlung vertraglich vereinbarter Mietzinsen.

Das Vertragsverhältnis der Parteien ist als Mietvertrag zu bewerten, weil die Klägerin sich dazu verpflichtet hat, der Beklagten Wohnraum zu vorübergehenden Gebrauch durch deren Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Es ist unschädlich, dass sie - zumindest dem Anschein nach - nicht Eigentümerin der Räumlichkeiten war, sondern diese ihrerseits von anderen Vermietern angemietet und im Sinne eines Untermietverhältnisses an die Beklagte weitervermieten wollte.

Da es für die Ansprüche der Beklagten auch nicht darauf ankam, in welchem konkreten Gebäude die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden sollten, sofern diese nur in der im Vertrag beschriebenen Entfernung von maximal 30 Kilometer von E. gelegen waren, war es auch unschädlich, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten vor deren Stornierung zu keinem Zeitpunkt die Räumlichkeiten nach Ort, Straße und Hausnummer spezifiziert hatte. Die Leistungspflicht der Klägerin beschränkte sich darauf, überhaupt Unterkünfte mit der vertraglich versprochenen Ausstattung bereitzustellen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin dazu nicht in der Lage gewesen wäre.

Das Vertragsverhältnis der Parteien ist auch wirksam zustande gekommen, ohne dass es auf Besonderheiten in den Unterschieden zwischen deutschem und polnischem Handelsrecht ankommt. Selbst die von der Beklagten unter Bezugnahme auf polnisches Handelsrecht geforderte Voraussetzung vorheriger Verhandlungen vor einem Vertragsschluss durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist ausweislich des vorgelegten Email-Verkehrs gegeben. Die Beklagte hat nicht plötzlich und unerwartet Auftragsbestätigungen erhalten, sondern diese erst nach vorheriger Anfrage und Rückfrage.

Hinsichtlich der Höhe der Hauptforderung folgt das Gericht der Berechnung der Klägerin unter Bezugnahme auf deren Tarife, die dann gelten sollten, wenn keine Vorauszahlung erfolgte. Insofern liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor. Der Zinsfuß für die Verzugszinsen ist zwischen den Parteien im Sinne von § 288 Abs. 3 BGB gesondert vereinbart und bewegt sich im kaufmännischen Verkehr auf einem Niveau, dass noch nicht als sittenwidrig überhöht zu bewerten ist.

Allein für die Mahnkostenpauschale von 200,00 € fehlt eine gesetzliche oder vertragliche Grundlage. Deshalb beschränkt sich der Anspruch der Klägerin insoweit auf den gesetzlichen Pauschalbetrag von 40,00 € gemäß § 288 Abs. 5 S. 1 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Oberlandesgericht Oldenburg, 26135 Oldenburg (Oldb), Richard-Wagner-Platz 1.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass ein Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.