Sozialgericht Aurich
Beschl. v. 21.03.2017, Az.: S 13 SO 9/17 ER

Bibliographie

Gericht
SG Aurich
Datum
21.03.2017
Aktenzeichen
S 13 SO 9/17 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 17379
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BtPrax 2018, 44
  • FamRZ 2017, 1781

Tenor:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache, dem Antragsteller die Kosten für ambulante Betreuung zur Wohnungssuche in zeitlichem Rahmen von bis zu drei Stunden pro Woche für die Zeit vom 21. März bis zum 31. Mai 2017 und längstens bis zum Erhalt einer eigenen Wohnung zu bewilligen.

Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Antragstellers, vom Antragsgegner Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des 12. Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) zu beziehen.

Der Antragsteller ist am G. 1981 geboren und bezieht langjährig verschiedene Leistungen der Eingliederungshilfe vom Antragsgegner. Ausweislich des letzten aktenkundigen Schwerbehindertenausweises beträgt der Grad der Behinderung des Antragstellers 100 und zusätzlich sind die Merkzeichen B, G und H zuerkannt.

Bis zum Jahre 2016 lebte er im Haushalt seiner Mutter. Im Dezember 2015 beantragte der für den Antragsteller handelnde gerichtlich bestellte Betreuer die Übernahme der Kosten für eine stationäre Unterbringung in einem Wohnheim des Beigeladenen ab Januar 2016. Begründet wurde dieser Antrag damit, dass ein Zusammenleben im Haushalt der Mutter mit seinem Stiefvater nicht mehr möglich sei wegen innerfamiliär erheblicher Spannungen. Der Beklagte ermittelte unter Heranziehung seines Gesundheitsamtes, dass eine Wohnheimaufnahme zu diesem Zeitpunkt sinnvoll und notwendig war. Der Antragsteller wurde dann am 26.01.2016 im Wohnheim 4 des Beigeladenen aufgenommen und der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 18.02.2016 Leistungen der Grundsicherung und der Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Eingliederungshilfe für den Aufenthalt im Wohnheim. Bezüglich der Bewilligung beziehungsweise Kostentragung von Leistungen in diesem Wohnheim ist zwischen dem Antragsgegner und dem Beigeladenen eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung entsprechend einem niedersächsischen Landesrahmenvertrag abgeschlossen.

Der Betreuer des Antragstellers beantragte mit Schreiben vom 11.10.2016 die Übernahme von Kosten für die ambulante Betreuung bei der Unterstützung zur Suche nach einer geeigneten eigenen Wohnung, deren Einrichtung und später bei der Führung eines eigenen Haushaltes und der Sicherung eigenständiger Versorgung. Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 25.10.2016 die Kostenübernahme ab. Die Ablehnung erfolgte mit der Begründung, dass für eine ambulante Betreuung während stationärer Betreuung keine Leistungsbewilligung erfolgen könne, da die Wohnungssuche entweder vom gesetzlichen Betreuer oder vom Wohnheim des Beigeladenen zu unterstützen sei. Den Widerspruch des Antragstellers aus dem Schreiben vom 10.11.2016, der mit Schreiben vom 23.11.2016 begründet wurde, beschied der Antragsgegner nach seinem Bekunden bislang nicht.

Der aktuelle Betreuer wurde ausweislich der Akten mit Bestellung vom 14. Dezember 2010 ohne den Aufgabenkreis der Wohnungsangelegenheiten bestellt.

Mit Schreiben vom 28.11.2016 an den Betreuer des Antragstellers teilte der Beigeladene mit, dass eine Wohnungsbeschaffung für den Antragsteller nicht Bestandteil des unterzeichneten Wohn- und Betreuungsvertrages sei. Aufgabe des Beigeladenen sei alleine, den Antragsteller in die Lage zu versetzen, in einer eigenen Wohnung leben zu können. Mit einem Schreiben vom 19. Dezember 2016 gab Frau H., Diplom-Psychologin, eine psychologische Stellungnahme zur Dringlichkeit in Sachen Hilfebedarf des Antragstellers bezüglich einer Wohnungssuche ab. Bezüglich des genauen Inhaltes wird auf die in den Gerichtsakten befindliche Ausfertigung Bezug genommen.

Der Antragsteller legt im gerichtlichen Verfahren dar, dass es gesundheitlich zu befürworten sei, dass er eine eigene Wohnung beziehe. Die Situation im Wohnheim beim Beigeladenen belaste ihn sehr, er verhalte sich daher gegenüber anderen Bewohnern aggressiv und dissozial. Er sei nicht in der Lage, weiterhin in der Wohngruppe zu leben, er sei ausweislich der Stellungnahmen aller ihn betreuenden Personen in der Lage, eine eigene Wohnung zu beziehen. Er könne aber nicht alleine sich selbst eine Wohnung verschaffen und anmieten. Der Berufsbetreuer weigere sich unter Hinweis auf obergerichtliche Rechtsprechung, die tatsächliche Hilfestellung betreffs der Wohnungssuche zu übernehmen. Auch sei der Beigeladene nicht bereit, eine solche tatsächliche Hilfe zu gewährleisten.

Der Antragsteller beantragt schriftlich sinngemäß,

den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache dem Antragsteller Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die ambulante Betreuung zur Wohnungssuche zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt schriftlich,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht habe, dass er gegenwärtig in der Lage sei, dauerhaft und mit einer nicht zu unverhältnismäßigen Mehrkosten führenden ambulanten Betreuung ohne Selbst- und Fremdgefährdung alleine zu wohnen. Des Weiteren gehöre die Wohnungssuche entweder zum Aufgabenkreis des gesetzlichen Betreuers oder zum Aufgabenkreis des Beigeladenen. Diesbezüglich nimmt der Antragsgegner ausdrücklich auf die abgeschlossene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit dem Beigeladenen Bezug.

Der Beigeladene beantragt schriftlich sinngemäß,

den Antrag abzulehnen.

Der Beigeladene ist der Auffassung, dass der Antragsteller zwar gesundheitlich in der Lage sei, eine eigene Wohnung ordnungsgemäß zu bewohnen, er selbst aber als Beigeladener nicht verpflichtet sei, die tatsächliche Hilfe bei der Wohnungssuche zu gewähren. Vielmehr sei der gerichtlich bestellte Betreuer mit dem nunmehr um den Aufgabenkreis der Wohnungsangelegenheiten erweiterten Betreuungsumfang zu dieser Hilfestellung verpflichtet.

Mit Beschluss des Amtsgerichts I. vom 22.02.2017 wurde der Aufgabenkreis des gesetzlichen Betreuers auch auf Wohnungsangelegenheiten erweitert. Ausweislich der Stellungnahmen des Antragstellers weigert der Betreuer sich jedoch, tatsächliche Hilfeleistung bei der Wohnungssuche zu erbringen.

Das Gericht hat zur Ermittlung des Sachverhaltes zunächst eine Stellungnahme des Beigeladenen zur Befähigung des Antragstellers zur eigenständigen Wohnungsnahme eingeholt. Diese hat der Beigeladene mit Schreiben vom 09.03.2017 erbracht, bezüglich des genauen Inhalts wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gegenstand der Entscheidungsfindung war insbesondere der Inhalt der Gerichtsakten mit den darin enthaltenen Stellungnahmen der Beteiligten sowie des Beigeladenen und des Weiteren der vom Antragsgegner überreichte Verwaltungsvorgang.

II.

Der zulässige Antrag ist im tenorierten Umfange begründet. Streitgegenstand im gerichtlichen Verfahren ist ausweislich des ausdrücklich formulierten schriftlichen Begehrens des Antragstellers und des Vorbringens der Beteiligten alleine ein Anspruch des Antragstellers bezüglich Hilfen zur Wohnungssuche.

Die Erfolgsaussichten eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz beurteilen sich nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (S. 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung nötig erscheint (S. 2).

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber der Antragsgegnerin besteht (Anordnungsanspruch) und die Antragstellerin ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile müssen glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei darf die einstweilige Anordnung jedoch wegen des summarischen Charakters des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, sondern vielmehr in einer Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit oder Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine abschließende Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, wäre im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60, 80; BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 AZ 1 BvR 569/05; BVerfG Beschluss vom 25.02.2009 AZ 1 BvR 120/09. BVerfG Beschluss vom 06.02.2013 AZ 1 BvR 2366/12). Im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung eines behinderungsgerechten Lebens zurückzutreten. Erst bei Bestehen der Konstellation einer sogenannten Vorwegnahme der Hauptsache sind an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller besonders hohe Anforderungen zu stellen in Anbetracht der Tragweite der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.

Das Gericht erkennt vor diesem Hintergrund eine jedenfalls im Rahmen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit ausreichende Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches im obigen Sinne.

Die grundsätzlichen Voraussetzungen eines Anspruches auf Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach den § 43 ff. SGB XII sind unstreitig glaubhaft gemacht. Bei dem Antragsteller handelt es sich um eine behinderte Person im Sinne des § 2 des 9. Buches des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die diesbezügliche Bewertung der Beteiligten teilt das erkennende Gericht.

Ebenso besteht grundsätzlich im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII die Aussicht, dass die begehrten Leistungen der Eingliederungshilfe zu einer Verbesserung der Teilhabesituation des Antragstellers führen. Das Gericht stützt sich bei dieser Einschätzung leitend darauf, dass nach den übereinstimmenden Bekundungen der mit dem Antragsteller befassten Mitarbeiter des Beigeladenen sowie der mit ihm befassten Diplom-Psychologin die grundsätzliche Eignung zur Nutzung einer eigenen Wohnung besteht. Gegenüber der Situation Anfang des Jahres 2016 hat sich eine Veränderung erkennbarer Art unter Umständen durch Bemühungen des Beigeladenen jedenfalls für das Gericht nachvollziehbar ergeben. Dabei erkennt das Gericht auch, dass die Schilderungen des Antragstellers sowie auch der Mitarbeiter des Beigeladenen und der Diplom-Psychologin jedenfalls nachvollziehbar und schlüssig eine deutliche Verschlechterung der Situation während der stationären Betreuung belegen. Insofern vermag das Gericht nicht auszuschließen, dass die alleinige Wohnungsnahme des Antragstellers jedenfalls im Vergleich zum Verbleib im Wohnheim im Hinblick auf die Teilhabe des Antragstellers "das kleinere Übel" darstellen könnte. Dies stellt sich aber vor dem Hintergrund der glaubhaften Eignung des Antragstellers zur eigenen Wohnungsnahme nicht als entscheidungserheblich dar. Im Übrigen erkennt das Gericht auch keine Vorwegnahme der Hauptsache im engeren Sinn, weil die durch Inanspruchnahme der Hilfeleistungen entstehenden Kosten erstattet werden könnten. Auch im weiteren Sinne ist keine Vorwegnahme der Hauptsache erkennbar, da auch bei eventuellem Scheitern des alleinigen Wohnens des Antragstellers eine Rückkehr in das Wohnheim möglich ist. Von daher bedarf es keiner gesteigerten Anforderungen an die Glaubhaftmachung (vgl. oben).

Bezüglich der theoretisch denkbaren Erfolgsaussicht der Gewährung der Leistung der hier streitigen Eingliederungshilfe sieht sich das Gericht veranlasst, darauf hinzuweisen, dass mit dieser Entscheidung keinerlei Aussage zu eventuell notwendigen weiteren ambulanten Hilfen für den Antragsteller anlässlich eigener Wohnungsnahme getroffen wird. Diese sind nicht streitgegenständlich im hiesigen Verfahren (s.o.).

Vielmehr wären solche Leistungen und damit insbesondere die in der Folge entstehenden Kosten Gegenstand eines umfänglichen Hilfeplans betreffs des Antragstellers. Hierbei wäre unter Umständen auch einer eventuell bestehenden Pflegebedürftigkeit im Sinne des 11. Buches des Sozialgesetzbuches Rechnung zu tragen, zu der das Gericht keine Kenntnis hat.

Der Erforderlichkeit der zu gewährenden Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne des § 53 SGB XII i.V.m. der Eingliederungshilfeverordnung steht auch nicht der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe im Sinne des § 2 SGB XII jedenfalls im Rahmen der hier zu bewertenden Eilsituation nicht entgegen. Der Nachrang der Sozialhilfe im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB XII besteht im Grundsatz bezüglich der Situation, dass ein Leistungen begehrender Mensch diese Leistungen von Dritten erhalten könnte. Erst wenn dies nicht möglich ist, kann ein Anspruch auf steuerfinanzierte Leistungen der Sozialhilfe bestehen. Es ist jedoch durch den Antragsteller glaubhaft gemacht, dass jedenfalls aktuell die begehrten Leistungen ohne Inanspruchnahme der Leistungen der Eingliederungshilfe und damit des Antragsgegners nicht erlangt werden können.

Der Antragsgegner vertritt demgegenüber unter anderem die Auffassung, dass der Beigeladene aufgrund der Leistungsvereinbarung verpflichtet sei, die vom Antragsteller begehrten Leistungen zur Wohnungsbeschaffung zu erbringen. Die Bezugnahme des Antragsgegners auf die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen dem Beigeladenen und dem Land Niedersachsen stellt sich für das Gericht zwar als nachvollziehbar dar, aber einer abschließenden rechtlichen Bewertung bedarf es hier nicht. Es steht für das erkennende Gericht fest, dass, unabhängig von eventueller vertraglicher Verpflichtung, der Beigeladene die vom Antragsteller begehrten Hilfen nicht erbringen wird. Von daher kann die eventuelle Verpflichtung des Beigeladenen zur Leistungserbringung im Innenverhältnis zum Antragsgegner im Außenverhältnis gegenüber dem Antragsteller aufgrund der faktischen Nichterbringung der begehrten Hilfe nicht entgegengehalten werden. Die Deckung des Bedarfes des Antragstellers ist vorrangig. Eventuelle Erstattungsstreitigkeiten können in der Folge im Innenverhältnis zwischen Antragsgegner und Beigeladenem im Wege von Hauptsachestreitverfahren entschieden werden. (Vergleiche Sozialgericht Aurich, Urteil vom 11. April 2013 - S 13 SO 11/09 - ).

Ebenso vermag die Argumentation des Antragsgegners betreffs einer Verpflichtung des gerichtlich bestellten Betreuers des Antragstellers zur Gewährung der begehrten Hilfen im Außenverhältnis gegenüber dem Antragsteller der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches nicht mit Erfolg entgegengehalten zu werden. Diese Bewertung ergibt sich zum einen daraus, dass ausweislich der Stellungnahmen des Antragstellers beziehungsweise seines Betreuers im gerichtlichen Verfahren der Betreuer die begehrte Hilfe nicht tatsächlich erbringt und auch nicht willens ist, diese Hilfe zu erbringen.

Damit könnte im Ergebnis bei Annahme durchgreifender Bedenken des Antragsgegners auch eine Erstattungssituation entstehen, die im Außenverhältnis zum Antragsteller der Leistungsgewährung im Eilverfahren nicht entgegen gehalten werden kann. (s.o.) Andererseits handelt es sich bei dieser Weigerung zur Hilfeerbringung durch den gesetzlich bestellten Betreuer in Anbetracht der Rechtsprechung der Obergerichte, insbesondere des Bundesgerichtshofes (BGH), nicht um eine willkürliche Verweigerung des gerichtlich bestellten Betreuers, die begehrten Hilfeleistungen zu erbringen. Eine solche könnte eventuell einen Hilfebedarf ausschließen in der Gestalt, dass der Antragsteller seinen Betreuer - sofern erforderlich - mit sicherem Erfolg wenn nötig gerichtlich zur Erbringung der Hilfe bringen könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Diese Bewertung gewinnt das Gericht aufgrund der Tatsache, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 02.12.2010 - III ZR 19/10 zitiert nach ) es zumindest nicht abwegig ist, dass eine für den Aufgabenbereich der Wohnungsangelegenheiten eingerichtete Betreuung nicht zu tatsächlichen Hilfeleistungen verpflichtet. Nach der oben zitierten Entscheidung (BGH a.a.O.) ist keine Verpflichtung des Betreuers zu tatsächlichen Hilfeleistungen anzunehmen, wenn für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eine Betreuung eingerichtet ist. Die Verpflichtung besteht alleine zur Organisation der Hilfen. Hinz kommt, dass der Aufgabenbereich der Wohnungsangelegenheiten nach in der juristischen Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Bieq in jurisPK BGB 8. Aufl. 2017 § 1896 Rn 73) einen Teilbereich der Vermögenssorge darstellt. Damit wäre die Bewertung des BGH unabhängig davon, ob der Bereich der Wohnungsangelegenheiten ausdrücklich von den Betreueraufgaben umfasst ist. Diese Bewertung des BGH wäre auf die Situation des Antragstellers in jedem Fall anwendbar. Die Bewertung des Bundesgerichtshofs wird dabei auch durch das Bundessozialgericht geteilt (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 30.06.2016 - B 8 SO 7/15 R - unter ausdrücklichen Hinweis auf die oben zitierte Entscheidung des BGH zitiert nach ). Auch nach Auffassung des BSG handelt der Betreuer gemäß § 1901, 1902 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) als Vertreter und nicht als tatsächlich hilfegewährende Person. Nach Auffassung des BSG sind Handlungen des Betreuers alleine dann zwingend zu erbringen, wenn diese auf das "ob und wie" der Erledigung rechtlicher Belange ausgerichtet sind, und nicht auf tatsächliche Hilfestellungen. Anderenfalls ist der Aufgabenbereich der Eingliederungshilfe betroffen (BSG a.a.O. Rn 21 zitiert nach ). Vor dem Hintergrund dieser zitierten Rechtsprechung der Obergerichte (BGH a.a.O.; BSG a.a.O.) vermag die in den Verwaltungsakten (Blatt 307) aufgenommene abweichende Bewertung des Amtsgerichts I. das erkennende Gericht nicht zu überzeugen.

Bezüglich des erforderlichen Umfanges der in rechtmäßiger Weise jedenfalls im Rahmen des Eilverfahrens zu gewährenden Eingliederungshilfeleistungen ist der Antrag des Antragstellers nicht beziffert worden.

Das erkennende Gericht legt in entsprechender Anwendung des § 92 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Begehren des Antragstellers daher dahingehend aus, dass ein erforderlicher Umfang der Eingliederungshilfeleistungen begehrt wird und der Umfang in das Ermessen des Gerichts gestellt wird. Dies ist rechtlich zulässig. Bezüglich dieses objektiv erforderlichen Umfangs schätzt das erkennende Gericht entsprechend § 202 SGG i.V.m. § 287 der Zivilprozessordnung einen Hilfebedarf von höchstens drei Stunden tatsächlicher Hilfe pro Woche. Diese Schätzung begründet das Gericht im Sinne der gesetzlichen Regelungen damit, dass regelmäßig zwei Mal pro Woche in lokaler Presse Wohnungsangebote veröffentlicht werden und diese innerhalb von jeweils einer Stunde gesichtet und bewertet werden können, sowie ein Erstkontakt mit potentiellen Vermietern aufgenommen werden kann. Weiter erkennt das Gericht, dass ein wöchentlicher Zeitrahmen von einer weiteren Stunde pro Woche im Monatsdurchschnitt für Besichtigungen von Wohnungen und Vertragsgespräche ausreichend ist. Bezüglich der zeitlichen Wirkung der getroffenen Entscheidung schätzt das Gericht ebenfalls in entsprechender Anwendung des § 202 SGG i.V.m. § 287 ZPO, dass bis zum Ende des Monats Mai 2017 eine vom Antragsteller bewohnbare Wohnung gefunden sein kann.

Aspekte der eventuell weiter erforderlichen ambulanten Hilfen für den Antragsteller sind in Anbetracht des hier alleine zu bewertenden Streitgegenstandes durch das Gericht nicht zu erörtern. (s.o.) Das Gericht hat aus dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der Antragsteller über Vermögen oder Einkünfte verfügt, die einer Bewilligung der Leistungen der Eingliederungshilfe im tenorierten Umfange entgegen ständen. Vielmehr erkennt das Gericht, dass keine Vermögensgegenstände des Antragstellers vorhanden sein können. Von daher bedarf es auch keiner weiteren Erwägungen zu der Frage, inwieweit die vom Antragsteller begehrten Leistungen kostenbeitragsprivilegiert wären.

Des Weiteren erkennt das Gericht auch die Voraussetzungen des Anordnungsgrundes der besonderen Eilbedürftigkeit als hinreichend glaubhaft gemacht. Bezüglich dieser Bewertung stützt sich das Gericht darauf, dass sowohl Mitarbeiter des Beigeladenen, die mit dem Antragsteller befasst sind, als auch die behandelnde Psychologin und der rechtliche Betreuer eine Notwendigkeit sehen, dass der Antragsteller eine eigene Wohnung bezieht. Diese Stellungnahmen reichen im Rahmen der im Eilverfahren notwendigen Glaubhaftmachung (s.o.) zur Gewinnung der Überzeugung des Gerichts aus. Insbesondere existieren in den Akten und dem Vorbringen des Antragsgegners keine Hinweise für abweichende medizinische oder sozialpädagogische Bewertungen, die durchgreifen könnten. Vielmehr ist aus dem in den Akten befindlichen Entwicklungsbericht des Beigeladenen von August 2016 (Bl. 186 ff.) erkennbar, dass schon zu diesem Zeitpunkt eine Perspektive für eine eigene Wohnungsnahme des Antragstellers erarbeitet werden sollte.

Ein Abwarten auf eine eventuelle Entscheidung im Hauptsacheverfahren stellt sich vor diesem Hintergrund des längeren Vorlaufes und der glaubhaften Probleme mit der stationären Wohnsituation als nicht abverlangbar dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Der Antragsteller ist bei wohlverstandener Auslegung seines Antrages mit seinem Begehren gegenüber dem Antragsgegner in vollem Umfange obsiegt.

Bei Annahme eines tenorierten Betreuungsumfanges von maximal zehn Wochen à drei Stunden Betreuung ist dieser Beschluss unanfechtbar gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die begehrte tatsächliche Hilfeleistung keine höheren Stundenkosten als 20 EUR verursachen kann, es handelt sich nicht um besonders qualifizierte Leistungen, die erbracht werden sollen.