Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 02.09.1999, Az.: 10 W 12/99
Interessenabwägung zwischen dem Schutz der Trinkwassergewinnung und der Aufstockung der Eigenlandquote eines Landwirtes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 02.09.1999
- Aktenzeichen
- 10 W 12/99
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 29138
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1999:0902.10W12.99.0A
Amtlicher Leitsatz
Der Schutz der Trinkwassergewinnung rechtfertigt nicht ohne weiteres den Vorrang des Versorgungsunternehmens vor einem erwerbsinteressierten Landwirt beim Kauf einer landwirtschaftlichen Fläche.
Gründe
Die Gründe des angefochtenen Beschlusses gelten weiter fort. Insbesondere wird auch von der Beteiligten zu 2) in der Beschwerdeinstanz nicht in Frage gestellt, dass der Landwirt M. bereit und in der Lage ist, die fraglichen Grundstücke zu erwerben. Der Landwirt M. ist auch "dringend" darauf angewiesen, die Flächen seines Betriebes aufzustocken. Wie die Beteiligte zu 2) selbst vorträgt sind von den bewirtschafteten Flächen des Landwirts zur Größe von 85 ha nur 25 ha Eigenland. Die Eigenlandquote ist deshalb weit unterproportional. Zur dauernden Sicherung seines Betriebes ist der Landwirt M. dringend zur Vergrößerung seines Eigenlandanteils angewiesen. Rechtlich unerheblich ist in dieser Beziehung, dass der Landwirt M. das Land selbst erst im Jahr 2008 in Eigennutzung nehmen könnte. Entscheidend ist vielmehr, dass er durch den Erwerb der fraglichen Flächen seinen Eigenlandanteil vergrößern könnte. Der Anteil seines Eigenlandes wird zwar relativ zur Gesamtbetriebsfläche betrachtet nur unerheblich vergrößert, absolut gesehen und im Verhältnis zum bisherigen Eigenland sind die zu erwerbenden Flächen jedoch nicht unerheblich in ihrer Größe. In dieser Hinsicht ist auch zu berücksichtigen, dass eine Aufstockung von Eigenland regelmäßig nur schrittweise erfolgen kann, weil sonst leicht die Gefahr besteht, dass die finanziellen Möglichkeiten der Landwirtschaft überzogen werden.
Rechtlich unerheblich ist insoweit, dass die Beteiligte zu 2) bereit ist, langfristig gesehen die fraglichen Flächen auch an den Landwirt M. zu verpachten. Eine Verpachtung hat gerade nicht den in der Landwirtschaft wesentlichen Effekt der Erhöhung der Eigenlandquote.
Bei der im vorliegenden Fall gebotenen Abwägung müssen auch die Ausführungen der Beteiligten zu 2), dass im Bereich ihres Brunnens im Jahre 1995 Wasserverunreinigungen festgestellt worden seien, zurücktreten. Die Beteiligte zu 2) ist bereits Eigentümerin zahlreicher Flächen außerhalb der Nähe der verunreinigten Brunnen, sodass nicht festzustellen ist, dass sie zur Errichtung von Ersatzbrunnen gerade auf die nunmehr gekauften Flächen angewiesen ist. Dies gilt umso mehr, als ihr bereits jetzt mehrere Flächen in unmittelbarer Nachbarschaft der streitigen Flächen gehören.
Auch der von der Beteiligten zu 2) vorgetragene Gesichtspunkt des Schutzes der Trinkwassergewinnung rechtfertigt es im konkreten Fall nicht, der Beteiligten zu 2) gegenüber dem Landwirt M. den Vorrang zu geben. Die Beteiligte zu 2) kann ihr Ziel, die Reinheit des Trinkwassers zu gewährleisten, bei den hier gegebenen Umständen auch auf andere Weise als durch den Erwerb der Trinkwassergewinnungsflächen zu Eigentum erreichen. Insbesondere bietet sich an, dass die Beteiligte zu 2) mit den Grundeigentümern entsprechende Verträge schließt, die einer Verschmutzung des Grundwassers entgegenwirken.