Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.10.2007, Az.: 9 V 328/07

Teilwertabschreibung von erworbenen "Ackerquoten"; Getrennte Bewertung von auf Grundstücken ruhenden Prämienberechtigungen für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Ackerquoten) als selbstständige Wirtschaftsgüter von Grund und Boden; Ackerquote als ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
29.10.2007
Aktenzeichen
9 V 328/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 49250
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2007:1029.9V328.07.0A

Amtlicher Leitsatz

Orientierungssatz:

Teilwertabschreibung von erworbenen "Ackerquoten"

Gründe

1

1.

Der Antragsteller, der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezieht, hatte in den Jahren 1998, 1999 und 2003 landwirtschaftliche Flächen erworden. Im Wirtschaftsjahr 2004/2005 wurden im Wege der Bilanzberichtigung per 01.07.2004 die auf diesen erworbenen Grundstücken ruhenden Prämienberechtigungen für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Ackerquoten) als selbständige Wirtschaftsgüter vom Grund und Boden getrennt bewertet. Der steuerliche Berater des Antragstellers teilte in diesem Zusammenhang den in den Kaufverträgen vereinbarten Kaufpreis in einen Anteil für den Grund und Boden und einen Anteil für die Ackerquote auf. Im Wirtschaftsjahr 2004/2005 machte der Antragsteller eine Teilwertabschreibung auf die erworbene Ackerquote in Höhe von xxxxxx EUR geltend.

2

Im Rahmen einer beim Antragsteller durchgeführten Außenprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, es handele sich bei der Ackerquote um ein selbständiges, nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Da in den Grundstückskaufverträgen die Ackerquote nicht ausdrücklich erwähnt worden, sondern ein einheitlicher Kaufpreis vereinbart worden sei, sei anzunehmen, dass die Vertragsparteien der Ackerquote zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keinen Wert beigemessen hätten. Es entfalle somit kein Kaufpreisanteil auf die Ackerquote. Dieser Rechtsauffassung folgend machte der Antragsgegner die verbuchte Teilwertabschreibung in Höhe von xxxxxx EUR rückgängig und erhöhte entsprechend den Gewinn des Wirtschaftsjahres 2004/2005.

3

Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2004 legten die Antragsteller Einspruch ein, über den bislang noch nicht entschieden worden ist.

4

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner ab.

5

Daraufhin beantragten die Antragsteller beim Niedersächsischen Finanzgericht mit Schriftsatz vom x.x. 2007, den Einkommensteuerbescheid 2004 von der Vollziehung insoweit auszusetzen, als der Gewinn des Wirtschaftsjahres 2004/2005 um die Teilwertabschreibung erhöht worden ist. Zur Begründung des Antrags tragen die Antragsteller Folgendes vor:

6

Die Ackerquote sei in den zivilrechtlichen Kaufverträgen nicht erwähnt worden. Dies sei in der Praxis der Regelfall, da eine gesonderte Erwähnung auf Grund der Bindung an das Eigentum der Fläche zivilrechtlich nicht erforderlich gewesen und die steuerliche Relevanz erst im Laufe des Jahres 2005 allgemein bekannt geworden sei. Die Förderfähigkeit einer Fläche sei einer mehrjährigen Nutzung zugänglich, die sich ein erwerbender Landwirt auch etwas kosten lassen würde. Der wirtschaftliche Nutzen der Förderfähigkeit beim Erwerb durch einen Landwirt liege auf der Hand, unabhängig davon ob die Förderfähigkeit einer Fläche im Kaufvertrag erwähnt worden sei.

7

Die auf den erworbenen Flächen ruhenden Prämienansprüche (Ackerquote) seien als selbständig bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter von Grund und Boden getrennt zu bewerten. Die Bewertung der Prämienansprüche sei im Schätzwege in Höhe von 20% des Gesamtkaufpreises für den lt. Kaufvertrag bezahlten Kaufpreis, max. 1.500 EUR je ha erfolgt. Zum 30.06.2005 sei eine Teilwertabschreibung auf 0 EUR der bilanzierten Ackerquoten erfolgt. Dieser Teilwertabschreibung liege der Umstand zugrunde, dass durch die neue EU-Agrarpolitik das alte Prämienrecht ausgelaufen und durch das neue Betriebsprämienmodell ersetzt worden sei. Die Agrarförderung sei ab 2005 von einer auf Preisausgleichsleistungen ausgerichteten Förderung auf eine produktionsunabhängige Förderung umgestellt worden.

8

Die Antragsteller beantragen,

die Vollziehung des Einkommenssteuerbescheides 2004 vom ab Fälligkeit bis 1 Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in Höhe von xxxxxx EUR auszusetzen.

9

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.

10

Der Antragsgegner teilt die Auffassung der Antragsteller, es handele sich bei der Ackerquote um ein selbständiges, nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Bei der Veräußerung von Grund und Boden, bei dem eine Ackerprämienberechtigung auf den Erwerber übergehe, sei eine Kaufpreisaufteilung in einen Teil, der auf den "nackten" Grund- und Boden und einen Teil, der auf die Ackerquote entfalle, vorzunehmen. Maßgebend für die Aufteilung sei der Preis, den die Vertragsparteien im Kaufvertrag für die einzelnen Wirtschaftgüter zugrunde gelegt hätten. Um den Kaufpreis aufteilen zu können, sei es erforderlich, dass im Kaufvertrag überhaupt Angaben darüber enthalten seien, dass der Gesamtkaufpreis sowohl auf die landwirtschaftliche Fläche als auch auf die Ackerquote entfalle. Ohne entsprechende Angaben sei anzunehmen, dass die Vertragsparteien der Ackerquote keinen eigenständigen Wert beigemessen hätten. Ein Kaufpreisanteil entfalle damit nicht auf die Ackerquote.

11

2.

Der Antrag aus Aussetzung der Vollziehung hat Erfolg.

12

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Finanzgericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes u.a. dann ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zu Folge hätte.

13

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechts- und Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454; BFH-Beschluss vom 20. September 1995 I B 197/94, BFH/NV 1996, 366).

14

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen im vorliegenden Fall ernsthafte Zweifel, ob der Antragsgegner die beantragte Teilwertabschreibung der erworbenen Ackerquoten ablehnen durfte.

15

Beide Beteiligten vertreten einvernehmlich die Auffassung, der sich der erkennende Senat anschließt, dass es sich bei der Ackerquote um ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handelt. Gemäß § 5 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ist im Falle des entgeltlichen Erwerbes ein immaterielles Wirtschaftsgut als Aktivposten in der Bilanz auszuweisen.

16

Im Streitfall begegnet die Auffassung des Antragsgegners, die Ackerquoten seien unentgeltlich erworden, bei summarischer Prüfung Bedenken. Unstreitig sind den vom Antragsteller erworbenen Grundstücksflächen Ackerquoten zuzurechnen, die auf den Erwerber übergegangen sind.

17

Davon ausgehend, dass beide Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Kaufvertragsabschlüsse Kenntnis von der Existenz der Prämienberechtigungen hatten, ist die Auffassung des Antragsgegners, man habe der Prämienberechtigung keinen Wert beigemessen, nicht plausibel. Vielmehr liegt es nach Auffassung des Senats auf der Hand, dass die Ackerquote die Höhe des Kaufpreises beeinflusst hat, mithin - wie die Antragsteller vortragen - ein Teil des Kaufpreises auch für die Ackerquote gezahlt worden ist, selbst wenn dies ausdrücklich nicht im Kaufvertrag erwähnt wird. In derartigen Fällen, in denen keine gesonderte Aufteilung des Kaufpreises auf die verschiedenen Wirtschaftsgüter erfolgt ist, ist der auf die einzelnen Wirtschaftsgüter entfallende Teil des Kaufpreises zu schätzen. Bei summarischer Prüfung erscheint im Streitfall der von den Antragstellern gewählte Ansatz für die Ackerquote i.H.v. 20% des Gesamtkaufpreises, max. 1.500 EUR pro ha, vertretbar. Der Antragsgegner hat hiergegen auch keine konkreten Einwendungen erhoben. Die Antragsteller haben sich bei der Aufteilung offenbar orientiert an den von der Finanzverwaltung in verschiedenen Verwaltungsanweisungen (z.B. Oberfinanzdirektion Magdeburg S 2230 -135 - St 2112 vom 19.07.2007; Finanzministerium Schleswig Holstein IV 312-S 2134a - 004 vom 11.04.2007) angegebenen Prozentsätzen.

18

Da die Ackerquote im Zuge der Agrarreform zum 10.12.2004 aufgehoben wurde und nur noch für Prämien- und Beihilfeanträge im Bezug auf das Wirtschaftsjahr 2004/2005 und vorhergehende Wirtschaftsjahre gilt, ist die Ackerquote bei summarischer Prüfung im Wirtschaftsjahr 2004/2005 zutreffend vom Antragsteller gewinnwirksam ausgebucht worden.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.