Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 27.02.2015, Az.: 3 A 5/15

Aarhus Konvention; Abstandsempfehlungen; Aktenvollständigkeit; anerkannte Umweltvereinigung; Bekanntgabe; Bestandskraft; drittschützend; FFH-Gebiet; FFH-Richtlinie; FFH-Verträglichkeitsprüfung; FFH-Vorprüfung; Fledermaus; Großes Mausohr; Habitatrecht; Habitatschutz; immissionsschutzrechtliche Genehmigung; Klagebefugnis; landschaftspflegerischer Begleitplan; Natura 2000; Naturschutzverband; NLT; ordnungsgemäße Aktenführung; Präklusion; rügelose Einlassung; Schutznormtheorie; Screening; Teilakten; Tötungsverbot; Übereinkommen von Aarhus; Umweltverträglichkeitsprüfung; Unanfechtbarkeit; UVP; UVP-Richtlinie; Verbandsklage; Verwirkung; Vogelschutz-Richtlinie; Vorbescheid; Widerspruch; Windenergieanlage; Windkraftanlage; Zugriffsverbot

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
27.02.2015
Aktenzeichen
3 A 5/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44971
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für die Errichtung einer einzelnen Windenergieanlage besteht keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Die Festlegung des Schwellenwertes von 3 Windenergieanlagen in Ziffer 1.6.3 der Anlage 1 UVPG ist nicht unionsrechtswidrig.
Macht eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung in den Fällen, in denen für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Windenergieanlage keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, geltend, die Genehmigung verstoße gegen nationale Bestimmungen des Naturschutzrechts, die der Umsetzung der FFH-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie dienen, ist sie klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 Hs. 2 VwGO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus.
Unterschreitet eine Windenergieanlage die in der Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) empfohlenen Abstände zu einem FFH-Gebiet, das dem Schutz von Fledermausarten dient, sind grundsätzlich erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes ernsthaft zu befürchten mit der Folge, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Diese Zweifel könnten nur dann ausgeräumt werden, wenn für den betroffenen Standort belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse bestehen, denen zufolge das Schutzgebiet durch die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlage offensichtlich nicht beeinträchtigt wird.
Ein der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorausgegangener Vorbescheid kann unter bestimmten Voraussetzungen in den Streitstoff der gegen die Genehmigung gerichteten Anfechtung einbezogen werden.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich als anerkannte Umweltvereinigung im Sinne des § 3 UmwRG, die sich nach ihrer Satzung vorwiegend den Zielen des Naturschutzes und der Umweltpolitik verschrieben hat, gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage.

Die Beigeladene beabsichtigt die Errichtung einer Windenergieanlage des Typs Vestas V112 mit einer Nabenhöhe von 143 m, einer maximalen Gesamthöhe von 199 m über dem natürlich gewachsenen Gelände, einem Rotordurchmesser von 112 m und einer Nennleistung von 3.000 kW in der Gemeinde M., Gemarkung N., Flur O., Flurstücke P., Q..

Der Standort der geplanten Windenergieanlage befindet zwischen den Teilbereichen des FFH-Gebietes DE-3614-335 „Mausohr Jagdgebiet Belm“, das vorrangig bedeutsam ist als Jagdgebiet der Fledermausart Großes Mausohr. Etwa 4 km in westlicher Richtung entfernt liegt das den Dachboden der Kirche in M. betreffende FFH-Gebiet DE-3614-331 „Mausohr-Wochenstubengebiet Osnabrücker Raum“. Bereiche nördlich und südlich des geplanten Anlagenstandortes sind in den Umweltkarten des Niedersächsischen Umweltministeriums aus dem Jahr 2010, ergänzt 2013, als „wertvolle Bereiche“ für Brutvögel aufgeführt. Umgeben ist der Standort in einem gewissen Abstand von der Pufferzone des Landschaftsschutzgebietes „Wiehengebirge und Nördliches Osnabrücker Hügelland“. Der Standort war in dem Regionalen Raumordnungsprogramm für den Landkreis B. 2004 (im Folgenden: RROP 2004) als Vorranggebiet für Windenergie vorgesehen. Entsprechend weist es der gegenwärtige Flächennutzungsplan der Gemeinde M. in seiner 1. Änderung vom 30.04.1999 aus und empfiehlt eine Anlagenhöhe von maximal 100 m (Rotorblattspitze). In das aktuelle Regionale Raumordnungsprogramm (Regionales Raumordnungsprogramm für den Landkreis B. 2004, Teilfortschreibung Energie 2013 - im Folgenden: RROP 2013) wurde der Standort nicht überführt, weil er nach eigener Einschätzung des Beklagten die geltenden Anforderungen an Vorranggebiete für Windenergienutzung (harte und weiche Tabuzonen, Umweltverträglichkeitsprüfung) nicht erfüllt. Stattdessen legt das RROP 2013 andere Vorranggebiete für Windenergienutzung fest. Die Gemeinde M. passte ihren Flächennutzungsplan nicht an das RROP 2013 an, das Gegenstand eines bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht anhängigen Normenkontrollverfahrens (Az.: AE.) ist.

Bereits im März 2011 informierte die Anwohnerin Frau Dipl. Biologin R. S. die untere Naturschutzbehörde des Beklagten über ihre avifaunistischen Beobachtungen „im Bereich des geplanten Windparks“ und wies auf das Vorkommen zahlreicher Vogelarten hin. Im Februar 2010 habe ein großer Trupp an Zugvögeln, bestehend aus mindestens 478 Kiebitzen und 20 Goldregenpfeifern gezählt werden können. Die untere Naturschutzbehörde sagte ihr zu, ihre Erkenntnisse dem beauftragten Planungsbüro an die Hand zu geben. Diese Unterlagen oder Nachweise über eine Weiterleitung an das Planungsbüro finden sich in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen nicht.

Im November 2011 beantragte die Y. GmbH, die heutige Komplementärin und persönlich haftende Gesellschafterin der Beigeladenen, bei dem Beklagten die Erteilung eines Vorbescheides gemäß § 9 BImSchG. Eine öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen nicht. Der Fachdienst Umwelt hielt in einem einvernehmlich erstellten Ergebnisprotokoll zu einem Planungsgespräch vom 25.11.2011 fest (Bl. 21-23 Beiakte A zu 3 A 5/15), dass für den Antrag auf Erlass des Vorbescheides bereits mit Untersuchungen, Kartierungen und Erfassungen begonnen worden sei. Außerdem heißt es:

„Für die Errichtung von 2 WEA liegt ein positiver Vorbescheid vor, daher ist keine UVP erforderlich. […]

Das beauftragte Planungsbüro führt bereits erforderliche Kartierungen durch und stellte die bisher ermittelten Ergebnisse vor.

Speziell bei den Fledermäusen zeigen die mittels Detektoren und Horchkisten gewonnenen Erkenntnisse, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen der Fledermäuse im Bereich der geplanten WEA zu erwarten sind. […]

Aufgrund der Datenlage kann im Rahmen der FFH-Vorprüfung gestellt werden, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der prioritär geschützten Art, hier die Fledermausart „Großes Mausohr“ nicht zu erwarten ist. Eine FFH-VP ist damit entbehrlich.“

Der Fachdienst Umwelt des Beklagten gelangte zu der Einschätzung, durch das geplante Vorhaben seien Natur und Landschaft des Gebietes erheblich betroffen, vorgeschlagene FFH- oder EU-Vogelschutzgebiete hingegen nicht oder nur unerheblich. Im Ergebnis bestehe eine Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit (Bl. 17 f., 30 Beiakte A zu 3 A 5/15).

Mit Schreiben vom 29.06.2012 übersandte Frau S. dem Beklagten Aufzeichnungen über ihre avifaunistischen Beobachtungen im Bereich der geplanten Windenergieanlage (Bl. 42 ff. Beiakte A zu 3 A 5/15), die an die Beigeladene (Bl. 1347 ff. Beiakte I zu 2 A 430/14) und das Planungsbüro weitergeleitet wurden. Außerdem machte sie Bedenken gegen die Bauvoranfrage geltend und bat um weitere Beteiligung in dem Verfahren (Schreiben vom 14.10.2012, Bl. 51 f. Beiakte A zu 3 A 5/15). Der Beklagte beabsichtigte zumindest, ihr eine Durchschrift des Bauvorbescheides zu übersenden. Ein Ab-Vermerk fehlt insoweit (Bl. 58 Beiakte A zu 3 A 5/15).

Unter dem 24.10.2012 erteilte der Beklagte der heutigen Komplementärin der Beigeladenen einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid, der feststellte, dass die Errichtung und der Betrieb einer Windenergieanlage an dem geplanten Standort planungsrechtlich zulässig sei (Bl. 53 ff. Beiakte A zu 3 A 5/15). Der Vorbescheid erstreckte sich auf die Erstellung „einer Windenergieanlage mit einer Masthöhe von max. 140 m, einer Anlagengesamthöhe von max. 200 m und einer Nennleistung von max. 4.0 MW“, er umfasste „die vorläufige Gesamtbeurteilung des geplanten Vorhabens gem. § 35 BauGB“. In den Hinweisen zum Inhalt des Vorbescheides sowie zur Antragstellung (Seite 2) heißt es:

„Die abschließende Prüfung anhand der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sowie die Feststellung von Kompensationsmaßnahmen war nicht Gegenstand des Vorbescheidverfahrens. Mit dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag ist ein landschaftspflegerischer Begleitplan, eine Spezielle Artenschutzrechtliche Prüfung und eine UVU vorzulegen.“

In der Begründung (Seite 4) ist ausgeführt:

„Die Einzelfallprüfung hat ergeben, dass die in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführten öffentlichen Belange dem beantragten Vorhaben nicht entgegenstehen. […]

Belange des Naturschutzes stehen der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht entgegen. Dies hat die Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde ergeben. Die nach der Eingriffsregelung notwendigen Kompensationsmaßnahmen werden im Rahmen des BImschG-Verfahrens festgesetzt. Dazu ist im Verfahren ein landschaftspflegerischer Begleitplan vorzulegen.“

Dem Kläger gab der Beklagte den Bauvorbescheid nicht bekannt. Am 23.01.2013 bat der Dachverband T. U. V. e.V., zu dessen Mitgliedern der Kläger gehört, um Beteiligung an dem Genehmigungsverfahren und Akteneinsicht. Ausweislich eines Telefonvermerkes des Beklagten vom 24.01.2013 wurde ihm mitgeteilt, dass noch kein Genehmigungsantrag gestellt worden sei; sollte er gestellt werden, werde das T. entsprechend beteiligt (Bl. 70 Beiakte A zu 3 A 5/15).

Im April 2013 beantragte die Beigeladene die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und nahm in den Antragsunterlagen „Bezug auf den Bescheid vom 24.10.2012“, zur UVP-Pflicht gab sie an „siehe Bescheid vom 14.10.2012“ (Bl. 6 Beiakte A zu 2 A 430/14).

Den landschaftspflegerischen Begleitplan erstellten die Dipl.-Ingenieure W. & X., wobei einer der Planverfasser der Bruder eines der Geschäftsführer der Komplementärin der Beigeladenen ist. In dem landschaftspflegerischen Begleitplan (überarbeitete Fassung, Stand Dezember 2013, Bl. 826 ff. Beiakte C zu 2 A 430/14; vorherige Fassung, Stand Oktober 2012, Bl. 706 ff. Beiakte B zu 2 A 430/14) heißt es u.a.:

„4.0 FFH-VORPRÜFUNG

Bei einer FFH-Vorprüfung ist in der Regel auf Grundlage vorhandener Unterlagen zu klären, ob es prinzipiell zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebietes kommen kann. Sind erhebliche Beeinträchtigungen nachweislich auszuschließen, so ist eine vertiefende FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Die Entscheidung ist lediglich nachvollziehbar zu dokumentieren. Es ist dabei nicht relevant, ob der Plan oder das Projekt direkt Flächen innerhalb des NATURA-2000-Gebietes in Anspruch nimmt oder von außen auf das Gebiet einwirkt. Grundsätzlich gilt im Rahmen der Vorprüfung ein strenger Vorsorgegrundsatz, bereits die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung löst die Pflicht zur Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus.

4.1 Anlass der FFH-Vorprüfung

Die Arbeitshilfe Naturschutz und Windenergie des Niedersächsischen Landkreistages gibt in ihren Abstandsempfehlungen für die Regional- und Bauleitplanung folgenden allgemeinen Abstand vom Standort einer geplanten WEA vor: 10-fache Anlagenhöhe, mindestens jedoch 1.200 m zu Gebieten des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000, soweit sie zum Schutz von Vogel- oder Fledermausarten erforderlich sind.

Im Rahmen der Prüfung der Abstandsempfehlungen, die der NLT Naturschutz und Windenergie (Oktober 2011) vorgibt, zeigte sich, dass der geplante Standort der WEA bereits den empfohlenen Mindestabstand von 1200 m um 100 m unterschreitet. Die 10-fache Anlagenhöhe erfordert einen Abstand von 1.980 m.

Betroffen ist das FFH-Gebiet „Mausohr Jagdgebiet Belm“ EU-Kennzahl 3614-335 (vgl. Abb. 2).

4.2 Überschlägige Prüfung

Das FFH-Gebiet „Mausohr Jagdgebiet Belm“ EU-Kennzahl 3614-335 ist 293,39 ha groß. Es verteilt sich schwerpunktmäßig auf Bereiche, die sich nördlich, östlich und westlich des geplanten WEA Standortes befinden vgl. Abb. 2. Das FFH-Gebiet beinhaltet die Biotopkomplexe: Laubwaldkomplex 62 % (bis 30 % Nadelbaumanteil) und forstl. Nadelholzkulturen (standortfremde oder exotische Gehölze) „Kunstforsten“ 38 %. Schutzzweck-Erhaltungsziele: Schutzwürdigkeit / vorrangig bedeutsam als Jagdgebiet des prioritär geschützten Großen Mausohrs (Code-Nr.1324). Außerdem Vorkommen von Lebensraumtypen der Buchen- und Eichen-Hainbuchenwälder. In den beim NLWKN geführten Gebietsdaten werden als Gefährdung die teils standortfremden Nadelholzbestände aufgeführt. Die Populationsgröße des Großen Mausohrs im Jahr 2005 wird mit 251 bis 500 Individuen angegeben.

Ungeachtet der Unterschreitung der Abstandsempfehlungen des NLT können erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes aus fachwissenschaftlicher Sicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden:

Es ist offensichtlich, dass durch eine WEA, die in 1.100 m Abstand errichtet werden soll, die betreffenden Lebensraumtypen der Buchen- und Eichen-Hainbuchenwälder nicht berührt werden. Eine physische Veränderung des Jagdgebietes für die Fledermaus Großes Mausohr ist nicht gegeben.
Das Große Mausohr (eine typische Waldfledermausart) nutzt linienhafte Strukturen wie Hecken und Baumreihen als Flugstraßen, um von den Übertagungsquartieren zu den Jagdgebieten zu gelangen. Nach SKIBA 2009 liegt der vom Großen Mausohr beflogene Luftraum meist bei 3-8 m Höhe bzw. bei der Jagd oft auch noch wesentlich tiefer. Da diese Strukturen am geplanten Aufstellungsort der Windenergieanlagen nicht vorliegen und die Rotorblätter den Luftraum bis 82 m Höhe nicht berühren, ist eine Beeinträchtigung des Großen Mausohres beim Aufsuchen des Jagdgebietes durch die geplante WEA nicht anzunehmen.
Die Ergebnisse der fledermauskundlichen Untersuchungen, die im Rahmen der Erstellung des LBP durchgeführt wurden, zeigen, dass keine erheblichen Auswirkungen auf die Individuen des Großes Mausohres durch den Verlust von Jagdlebensraum, Fortpflanzungs- und Ruhestätten an dem geplanten WEA Standort zu erwarten sind. Gleiches kann uneingeschränkt auch für das FFH-Gebiet angenommen werden.

Das Vorhaben ist nicht geeignet, das betreffende FFH-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Die im Hinblick auf das Große Mausohr verfolgten Schutz- und Erhaltungsziele werden durch die Errichtung und den Betrieb der WEA nicht nachteilig berührt: FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich.

Im Rahmen des Planungsgespräches vom 25.11.2011, das [bei dem Beklagten], Fachdienst Umwelt stattfand, wurden obige Gesichtspunkte vorgetragen. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung wurde allseits für entbehrlich erachtet“ (Seite 5 f. des landschaftspflegerischen Begleitplans).

Der landschaftspflegerische Begleitplan enthält in der Anlage einen „Fachbeitrag Fledermäuse“. Daneben existiert eine ergänzende Ausarbeitung „Erfassung von Schwarzstorch (Ciconia nigra) im Bereich der geplanten WEA“ (Stand: Juli 2013; Bl. 812 ff. Beiakte B zu 2 A 430/14). Weder eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung noch eine Umweltverträglichkeitsprüfung wurden durchgeführt. Zu einer öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens oder einer Auslage der Antragsunterlagen der Beigeladenen finden sich in den Verwaltungsvorgängen keine Angaben.

Der Beklagte holte in dem Genehmigungsverfahren Stellungnahmen zahlreicher Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange ein. Der Kläger nahm zu dem Bauantrag am 25.07.2013 Stellung (Bl. 1066 ff. Beiakte D zu 2 A 430/14): Für Rotmilan und Uhu bestehe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Die im landschaftspflegerischen Begleitplan vorgeschlagenen Maßnahmen zur Reduzierung des Tötungsrisikos von Mäusebussard und Turmfalke seien nicht hinreichend geeignet. Möglicherweise brüte eine Rohrweihe im Untersuchungsgebiet. Schwarzstörche suchten das Planungsgebiet in den letzten Jahren regelmäßig auf, so dass eine diesbezügliche Horstsuche erforderlich gewesen wäre. Als Brut- und Rastgebiet von mindestens regionaler Bedeutung solle das Untersuchungsgebiet von Windenergieanlagen freigehalten werden. Die Schlussfolgerung der Planverfasser, dass der Lebensraum von Rastvögeln nicht in erheblichem Maße beeinträchtigt werde, sei nicht belegt und nicht schlüssig, da viele Rastvogelarten Windenergieanlagen in Trupps in einem Umfeld von bis zu 500 m mieden. Der Goldregenpfeifer nutze das Gebiet regelmäßig als Rastplatz, im Frühjahr 2013 mit 400 Exemplaren. Der Kranichzug führe jährlich mit tausenden Exemplaren über das Planungsgebiet; regelmäßig rasteten einige Exemplare in der nassen Niederung des Z.bachs. Im Frühjahr 2013 seien über 60 zeitgleich rastende Kraniche beobachtet worden. Hinsichtlich der Wochenstube des Großen Mausohrs in der M.er Kirche fehle es an einer FFH-Verträglichkeitsprüfung. Im Fachbeitrag Fledermäuse würden Transferflüge zwischen Übertagungsquartieren und Jagdgebieten, die in großer Höhe stattfänden, nicht berücksichtigt. Das Fledermausvorkommen in Wirkweite der Rotorblätter sei unberücksichtigt geblieben. Das RROP 2013 weise zumutbare Alternativstandorte aus.

Die Einwendungen des Klägers wies das Planungsbüro in seiner Stellungnahme vom 12.09.2013 zurück (Bl. 1074-1082 Beiakte D zu 2 A 430/14). Für Mäusebussard und Turmfalke könne „eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.“ Hinsichtlich Uhu und Rohrweihe habe der Kläger einen sicheren Brutnachweis für das Planungsgebiet nicht erbracht. Das Vorkommen der Zugvögel Goldregenpfeifer und Kranich im Frühjahr 2013 sei auf die außergewöhnlichen Witterungsverhältnisse und den erneuten späten Wintereinbruch in dem Jahr zurückzuführen und daher eine Ausnahme. Eine regelmäßige Rast hätten weder ortsansässige Landwirte bestätigt noch sei sie seitens des Klägers belegt worden. Bei Fledermäusen sei während der Zugzeiten (Frühjahr/Herbst) keine signifikant erhöhte Aktivität im Untersuchungsgebiet festgestellt worden, die Überflüge in größerer Höhe annehmen ließe.

Die untere Naturschutzbehörde des Beklagten führte in ihrer Stellungnahme vom 21.01.2014 (Bl. 1161 ff. Beiakte D zu 2 A 430/14) unter Wiederholung der Ausführungen des landschaftspflegerischen Begleitplanes aus, das Projekt sei mit dem FFH-Gebiet „Mausohr Jagdgebiet Belm“ verträglich. Feldlerche, Turmfalke und Mäusebussard seien in einem hervorragenden Erhaltungszustand. Insoweit werde durch die angegebenen Vermeidungsmaßnahmen (V-A7, V-A8, V-A9) „viel dafür getan, dass es möglichst keine Tötungen durch die WEA“ gebe. Daher könne für die drei Vogelarten eine vorsorgliche Ausnahme vom Tötungsverbot erteilt werden (Bl. 1164 Beiakte D zu 2 A 430/14). Für Zug- und Gastvögel stünden genügend geeignete Flächen in der Umgebung zur Verfügung, so dass insoweit keine Kompensationsflächen hergestellt werden müssten. Zugleich profitierten von der Maßnahme V-A9 auch Rastvögel (Bl. 1166 Beiakte D zu 2 A 430/14). Bei Umsetzung aller Maßnahmen seien keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände zu erwarten (Bl. 1168 Beiakte D zu 2 A 430/14).

Mit Bescheid vom 21.01.2014, der Beigeladenen am selben Tage ausgehändigt und dem Kläger zugestellt am 24.01.2014, genehmigte der Beklagte die Windenergieanlage (Bl. 1174 ff. Beiakte D zu 2 A 430/14) mit zahlreichen Nebenbestimmungen und ohne den Vorbescheid zu erwähnen. Die im landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen übernahm er im Wesentlichen. Sie würden ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Mäusebussard, Turmfalke und Feldlerche ausschließen. Vorsorglich werde eine Ausnahme vom Tötungsverbot erteilt. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG lägen vor, da es keine räumlichen Alternativen zu dem Standort - der einzigen Konzentrationszone in der Gemeinde M. - gebe, für die Errichtung in der Konzentrationszone ein öffentliches Interesse bestehe, das höher zu gewichten sei als die Integritätsinteressen der drei Vogelarten, deren Erhaltungszustand zudem in einem hervorragenden Zustand sei. Als Auflage zum Schutz von Fledermäusen setzte der Beklagte ein zweijähriges Monitoring fest (Gondelmonitoring mit  Abschaltregelungen und Schlagopfermonitoring, Seite 10 des Bescheides).

Im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung war das RROP 2013 durch den Kreistag beschlossen und durch das zuständige Ministerium genehmigt; durch öffentliche Bekanntmachung trat es am 31.01.2014 in Kraft.

Fristgemäß erhoben insbesondere der Kläger und Frau S. gegen die Genehmigung Widerspruch (Beiakten F und H zu 2 A 430/14), den sie durch ihre jeweils am 26.03.2014 beauftragte gemeinsame Prozessbevollmächtigte unter dem 22.04.2014 namentlich wie folgt begründen ließen (Bl. 1365-1372 Beiakte I zu 2 A 430/14): Der Genehmigung stehe das RROP 2013 entgegen; durch die Erteilung einer Ausnahme vom Tötungsverbot würden naturschutzrechtliche Belange verletzt; das Brüten des Rotmilans, des Uhus und das Vorkommen des Schwarzstorches seien unberücksichtigt geblieben; das Monitoring hinsichtlich der Fledermäuse sei unzulässig. Es fehle an einem Abweichungsverfahren nach Art. 6 FFH-Richtlinie und einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die wegen der Raumbedeutsamkeit der einzelnen Anlage und der Gefährdung streng geschützter Arten erforderlich sei. Ein offenbar existierender Bauvorbescheid sei wegen erfolgter Rechtsänderungen in diesem Genehmigungsverfahren nicht relevant. Eine Anlage der genannten Spezifikation produziere der Hersteller nicht, so dass es sich um eine rechtswidrige „Scheingenehmigung“ handle. Akteneinsicht sei im Widerspruchsverfahren unzureichend gewährt worden.

Die Beigeladene nahm unter dem 26.06.2014 zu den Widersprüchen Stellung und führte insbesondere aus, es gebe keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür, dass die Windkraftanlage mit Natura 2000-Gebieten, insbesondere dem „Mausohr Jagdgebiet Belm“ in Konflikt geraten könne (Bl. 1381 Beiakte I zu 2 A 430/14).

Die untere Naturschutzbehörde erläuterte mit E-Mail vom 15.05.2014 gegenüber der Beigeladenen, dass sie sich in Bezug auf den Uhu als grundsätzlich kollisionsgefährdete Art auf eine vorsorgliche Abschätzung der hauptsächlichen Nahrungshabitate und eine daran anknüpfende Bewertung des Kollisionsrisikos beschränke; eine Raumnutzungsanalyse sei hier auch auf Grund des hohen Aufwandes nicht erforderlich. Hinsichtlich des Rotmilans sei wegen der in dem Widerspruchsverfahren vorgebrachten Informationen umgehend eine neue Bestandserfassung ggf. samt Raumnutzungsanalyse durchzuführen (Bl. 1391 Beiakte I zu 2 A 430/14).

Im Zuge der Raumnutzungsanalyse wurde festgestellt, dass ein Rotmilan in einem Umkreis von 1.500 m um die geplante Anlage brütet und eine Rohrweihe im Abstand von 300 m. Daraufhin schlug die Beigeladene ein Schutzkonzept zu Gunsten des Rotmilans vor (Schreiben vom 16.06.2014, Bl. 1249 Beiakte E zu 2 A 430/14), das sie auf die Rohrweihe erweiterte (Schreiben vom 04.07.2014, Bl. 1259 Beiakte E zu 2 A 430/14) und das das NLWKN für „nicht ohne Weiteres als unzureichend“ befand (E-Mail vom 09.07.2014, Bl. 1261-1263 Beiakte E zu 2 A 430/14).

Zu der Widerspruchsbegründung führte die untere Naturschutzbehörde am 07.07.2014 u.a. aus, für den Rotmilan sei auf Grund der erneuten Untersuchungen ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zu vermuten; es werde jedoch durch das von der Beigeladenen initiierte Schutzkonzept beseitigt. Das Schutzkonzept werde auf die Rohrweihe, für die im Jahr 2014 ein Brutnachweis erbracht worden sei, ausgeweitet. Eine nachträgliche Kartierung des Uhus sei in Ermangelung eines aktuellen Brutnachweises nicht erforderlich. Art. 6 der FFH-Richtlinie beziehe sich auf die Gebietskulisse, in der die Anforderungen der Anhänge I und II erfüllt sein müssten. Vorliegend habe man es aber mit streng geschützten Arten auf Grundlage der Vogelschutz-Richtlinie und nicht mit Arten der Anhänge II oder IV der FFH-Richtlinie zu tun (Bl. 1397 Beiakte I zu 2 A 430/14).

Mit Schreiben vom 09.07.2014 wies der Kläger nochmals auf die Brut von Rotmilan, Rohrweihe und Uhu hin. Der Bereich des Standortes sei als Zugkorridor für Fledermäuse als Zugtiere bekannt, die dabei größere Höhen nutzten und sich nicht durch Ultraschalllaute orientierten. Das Zugverhalten finde vor und nach dem Jagdverhalten statt. Die Anlage wirke auch in ein Landschaftsschutzgebiet hinein. Sie verstoße zudem gegen den Flächennutzungsplan, der nur eine Gesamthöhe von 100 m vorsehe und seinerseits gegen das - bei Genehmigungserteilung im Stadium der Planreife befindliche - RROP 2013 verstoße (Bl. 1406 ff. Beiakte I zu 2 A 430/14).

Den Widerspruch des Klägers und der Nachbarn wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2014 zurück. Dem Kläger fehle die Widerspruchsbefugnis; außerdem seien die Widersprüche unbegründet (Bl. 1426 ff. Beiakte I zu 2 A 430/14). Der Flächennutzungsplan der betroffenen Gemeinde sei anwendbar; die planungsrechtliche Unzulässigkeit könne der Kläger nicht geltend machen, da der anlagenbezogene immissionsschutzrechtliche Vorbescheid vom 24.10.2012 Bindungswirkung entfalte; konkrete Anhaltspunkte für ein deutlich erhöhtes Tötungsrisiko von Mäusebussard, Turmfalke und Feldlerche liefere der Kläger nicht. Auf Grund der nachträglichen Raumnutzungsanalyse lasse sich ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Rotmilan und Rohrweihe nicht ausschließen; es werde jedoch durch das Schutzkonzept ausgeräumt. Eine nachträgliche Kartierung des Uhus sei mangels aktuellen Brutnachweises nicht erforderlich. Die Auflage hinsichtlich der Fledermäuse sehe ein Gondelmonitoring, kein Totfundmonitoring (keine Schlagopfersuche) vor, da durch die Abschaltzeiten maximale Sicherheit gewährleistet werde. Ein begleitendes Monitoring für Uhu und Schwarzstorch sei nicht erforderlich, da für sie keine Restrisiken verblieben. Die Anlage sei nicht vorprüfungspflichtig nach dem UVPG. Art. 6 der FFH-Richtlinie sei nicht verletzt, weil es keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ gebe. Der genehmigte Anlagentyp sei auch weiterhin vom Hersteller beziehbar.

Mit Änderungsbescheid ebenfalls vom 28.07.2014 ergänzte der Beklagte die Genehmigung um zwei Nebenbestimmungen. Insbesondere ordnete er an, für Rotmilan und Rohrweihe im November/Dezember 2014 eine Horstkartierung durchzuführen, die Horste im Zeitraum vom 01.03. bis 15.04. der Folgejahre auf Brutansiedlungen zu überprüfen und im Falle der Brutansiedlung die Anlage zeitweise abzuschalten oder eine Dauerbeobachtung mit manueller Abschaltung im Falle einer „gefährlichen Annäherung“ von Rotmilan oder Rohrweihe durchzuführen.

Im August 2014 wurde der Beklagte über einen auf einer Kompensationsfläche gesichteten und in Richtung des geplanten Standortes abgeflogenen Schwarzstorch sowie aktuelle akustische Wahrnehmungen des Uhus informiert (Beiakte D zu 3 A 5/15).

Der Kläger, Frau S. und eine weitere Anwohnerin haben am 28.08.2014 Klage erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen 2 A 430/14 geführt worden ist. Mit Beschluss vom 05.01.2015 hat die 2. Kammer des Gerichts von dem Verfahren die Klage des dortigen Klägers zu 1) - des hiesigen Klägers - abgetrennt und an die 3. Kammer abgegeben.

Seine früheren Einwendungen ergänzend trägt der Kläger vor, eine Klagebefugnis folge aus Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention, da die FFH-Richtlinie und die Vogelschutz-Richtlinie durch die Genehmigung betroffen seien. Für Mäusebussard, Turmfalke und Feldlerche bestehe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Es hätte eine Vorprüfung nach der UVP-Richtlinie 2011/92/EU durchgeführt werden müssen. Dass das deutsche Recht eine Umweltverträglichkeitsprüfung erst ab einer Anzahl von drei Windenergieanlagen unabhängig von deren Höhe vorsehe, sei unionsrechtswidrig. Die Nichtdurchführung der Vorprüfung und der Umweltverträglichkeitsprüfung verstoße gegen die Richtlinie 2008/99/EG. Außerdem beeinträchtige das Vorhaben die ökologische Empfindlichkeit des geografischen Raumes - das Vorkommen der nach der FFH-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie streng geschützten Fledermaus- und Vogelarten, die Bedeutung des Gebietes für Brutvögel nach den Umweltkarten des Niedersächsischen Umweltministeriums, das Natura 2000-Gebiet „Mausohr Jagdgebiet Belm“ und das Landschaftsschutzgebiet. Für das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung sprächen auch die zahlreichen Nebenbestimmungen zum Artenschutzrecht sowie die Tatsache, dass das Vorhaben einen in dem RROP 2004 und in dem Flächennutzungsplan vorgesehenen Windpark - mit mindestens 3 Windenergieanlagen - ersetze.

Die Genehmigung sei rechtswidrig, weil sie § 44 BNatSchG in Bezug auf Fledermausarten, Rotmilan, Rohrweihe, Uhu, Schwarzstorch, Kiebitz, Mäusebussard, Feldlerche und Turmfalke verletze.

Das FFH-Gebiet „Mausohr Jagdgebiet Belm“ beeinträchtige die Windenergieanlage auf Grund ihrer Positionierung zwischen den Teilbereichen des Jagdgebietes sowie zwischen Wochenstube und Jagdgebiet. Insoweit wäre eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen, wofür auch das in der Genehmigung vorgesehene Monitoring spreche. Die Schutzzwecke des FFH-Gebietes müssten zudem auf den dort vorkommenden Uhu und Schwarzstorch erstreckt werden.

Hinsichtlich der Fledermausart des Großen Abendseglers werde wegen eines Lebensraumverlustes am Standort der Anlage gegen § 44 BNatSchG verstoßen. Bei dem Fledermausmonitoring sei fraglich, ob die Schlagopfersuche durch den Widerspruchsbescheid aufgehoben worden sei. Durch den großen Rotorbereich der geplanten Anlage würden ziehende Fledermäuse, auch das durch das FFH-Gebiet geschützte Mausohr, durch ein mögliches Barotrauma beeinträchtigt.

Die gewährte Ausnahme vom Tötungsverbot bezüglich Mäusebussard, Turmfalke und Feldlerche sei rechtswidrig, weil weder die Beachtung von Art. 16 der FFH-Richtline und Art. 9 der Vogelschutz-Richtlinie dokumentiert seien noch ein öffentliches Interesse vorliege. An zumutbaren Alternativstandorten im Landkreisgebiet fehle es ausweislich des RROP 2013 nicht. Zudem befinde sich die Feldlerche entgegen der Annahme in der Genehmigung nicht in einem hervorragenden Erhaltungszustand.

Für den Uhu, der als standorttreuer Vogel im Plangebiet einen optimalen Lebensraum vorfinde, hätte eine Kartierung in einem Prüfbereich von 6000 m stattfinden müssen. Es seien im Jahr 2011 ein Brutnachweis erbracht und für die Jahre 2012 bis 2014 Brutzeitfeststellungen gemacht worden. Bei der Kartierung für den landschaftspflegerischen Begleitplan sei die Horstsuche bei nur vier festgestellten Horsten unzureichend erfolgt. Die Kartierungstermine hätten die Methodenstandards zur Erfassung des Uhus nicht eingehalten, insbesondere nicht die tageszeitliche Verteilung. Außerdem werde das nächstgelegene Brutrevier mit 10 km Entfernung falsch angegeben.

Der Rotmilan brüte seit vielen Jahren in der Nähe (ca. 450 m bis 1200 m) der geplanten Windenergieanlage und nutze die betroffene Fläche als Nahrungshabitat. Für die Jahre 2012 bis 2014 bestünden Brutnachweise. Die Dokumentation lediglich als Nahrungsgast in dem landschaftspflegerischen Begleitplan sei unzutreffend und die Horstsuche unzureichend erfolgt. Das in dem Änderungsbescheid aufgestellte Schutzkonzept für Rotmilan und Rohrweihe sei ungeeignet. Da die Dauerbeobachtung erst erfolge, wenn ein Horst besetzt sei, werde die Balz- und Ansiedlungsphase im Brutrevier vom Schutzkonzept nicht erfasst. Es sei unmöglich, dass die Beobachter vom Beobachtungsstandort immer eine ausreichende Sicht hätten. Auch dürfe dort aus baurechtlichen Gründen kein Arbeitsplatz für sie eingerichtet werden. Die Rohrweihe lege außerdem als Bodenbrüter jedes Jahr einen neuen Horst an und kehre erst nach dem 15.04. aus ihrem Winterquartier zurück ins Brutgebiet. Die manuelle Abschaltung könne das Erschlagen eines Rotmilans, der durch „Rütteln“ in der Luft stehen könne, nicht verhindern. Das Tötungsrisiko werde nicht dadurch ausgeräumt, dass das Nahrungshabitat unattraktiv gemacht werden solle.

Für den Schwarzstorch hätte der Beklagte eine Raumnutzungsanalyse in einem Prüfbereich von 6000 m durchführen müssen, da dieser das Planungsgebiet nach seinen - des Klägers - Beobachtungen seit dem Jahr 2005 regelmäßig aufsuche.

Die Verfasser des landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten insgesamt nicht über die notwendige Unabhängigkeit und Sachkunde verfügt, Kartierdaten nicht ausreichend dokumentiert und nachweisen können. Die artenschutzrechtlichen Ausführungen entsprächen nicht den Standards, da verkannt worden sei, dass es sich nach den Umweltkarten des Ministeriums um einen wertvollen Bereich für die Avifauna handle. Es fehle an einer tatsächlichen Bestandsaufnahme und Bewertung. Der Beklagte habe den landschaftspflegerischen Begleitplan nicht auf Mängel und Plausibilität geprüft.

Den Vorbescheid habe er erstmals am 26.02.2015 zur Kenntnis genommen. Etwa im Juli 2014 habe er von der Existenz eines Vorbescheides etwas geahnt, allerdings für möglich gehalten, dass er sich auf mehr als eine Anlage erstrecke und die gesellschaftsrechtlichen Verbindungen nicht erfasst. Seine Widerspruchsbefugnis habe er nicht verwirkt, da der Widerspruch gegen die Genehmigung auch als Anfechtung des Vorbescheides auszulegen sei. Nachdem er den Vorbescheid zur Kenntnis genommen habe, wolle er dagegen Rechtsbehelfe ergreifen. Eine abschließende naturschutzrechtliche Zulassung habe der Vorbescheid schon deshalb nicht vorsehen können, da der Beklagte den Rotmilan und die Rohrweihe erst im Jahre 2014 als „Problem“ erkannt habe.

Eine Kopie des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides hat das Gericht dem Kläger am 26.02.2015 übermittelt. Nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, der Vorbescheid vom 24.10.2012 werde dem Kläger nicht mehr förmlich zugestellt, hat dieser gegen den Vorbescheid zu Protokoll Widerspruch erhoben.

Der Kläger beantragt,

den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 21.01.2014 (Az. AA.) in der Form des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2014 (Az. AB.) und des Änderungsbescheides vom 28.07.2014 (Az. AC.) sowie den Vorbescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2012 (AD.) aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertieft seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig. Darüber hinaus sei der Genehmigungsbescheid in Form des Änderungs- und des Widerspruchsbescheides rechtmäßig. Die Untersuchungen von Uhu und des Rotmilan entsprächen dem NLT-Standard. Anzeichen für eine Mangelhaftigkeit des landschaftspflegerischen Begleitplans hätten ihm nicht vorgelegen. Die Informationen von Frau S. an die untere Naturschutzbehörde aus dem Jahre 2011 hätten eine artenschutzrechtliche Angelegenheit betroffen, die naturgemäß nicht in den Akten zum Vorbescheid enthalten sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den Widerspruchsbescheid und trägt vor, die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig. Sie sei auch unbegründet, weil der Vorbescheid abschließend und für den Kläger inzwischen unanfechtbar über die artenschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens entschieden habe. Er enthalte die Feststellung, dass sich aus Vorschriften des Artenschutzrechts keine unüberwindlichen Hindernisse ergäben.

Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung bezüglich des Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ sei nicht erforderlich gewesen, da dessen festgesetzte Schutz- und Erhaltungsziele mit Sicherheit nicht beeinträchtigt würden.

Die Nebenbestimmung hinsichtlich des Fledermaus-Monitorings sei nicht geändert worden. Geschützte Fortpflanzungs- oder Ruhestätten des Großen Abendseglers würden sich auf dem Acker am Standort der genehmigten Anlage nicht befinden.

Das öffentliche Interesse für die Ausnahme vom Tötungsverbot nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG bestehe auf Grund der bauplanungsrechtlichen Privilegierung von Windenergieanlagen und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Es sei nicht durch die Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms entfallen. Zumutbare Alternativstandorte, die einer Ausnahme vom Tötungsverbot entgegenstünden, existierten weder in der Gemeinde M. noch im Landkreisgebiet. Die in dem RROP 2013 ausgewiesenen Vorranggebiete für die Windenergienutzung gerieten ebenfalls in Konflikt mir den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten für Mäusebussard, Turmfalke und Feldlerche. Darüber hinaus sei das RROP 2013 unwirksam. Einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Population der Feldlerche, die einer Ausnahme vom Tötungsverbot entgegenstünde, werde durch die im landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehenen „FCS-Maßnahmen“ begegnet.

Das Vorkommen des Uhus sei nach wissenschaftlichen Standards untersucht worden. Eine Untersuchung in einem Prüfbereich mit einem 3000 m-Radius um die geplante Anlage sei unverhältnismäßig gewesen, weil die fachwissenschaftlichen Kriterien zur Annahme eines Brutverdachts in den Jahren nach 2011 nicht erfüllt gewesen seien.

Für den Rotmilan sei nicht anzunehmen, dass das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt werde. Zum einen habe die Unterschreitung des fachwissenschaftlich vorgeschlagenen Schutzabstandes allenfalls indizielle Bedeutung für die Beurteilung der Signifikanz der Erhöhung des Tötungsrisikos, zum anderen gebe es keinen Anhaltspunkt für eine erhöhte Flugaktivität am Standort der Windenergieanlage und auch der Rotmilan werde von den Vermeidungsmaßnahmen zum Schutz des Mäusebussards und der Greifvögel profitieren. Den rechtlich nicht erheblichen Restrisiken werde durch das überobligatorische Beobachtungs- und Abschaltkonzept begegnet. Eine hinreichend sichere Abschaltung der Anlage sei bei der Sichtung eines Rotmilans auf Grund der technischen Gegebenheiten und des langsamen Fluges des Rotmilans möglich (5-7 Sekunden zwischen dem Absenden des Signals und dem Stillstand der Rotorblätter). Der an einem mit der Naturschutzbehörde abgestimmten Standort positionierte Beobachter benutze ein Fernglas mit Entfernungsmesser.

Für die Rohrweihe bestehe ebenfalls kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Der von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten vorgeschlagene Schutzabstand beziehe sich nur auf Brutplätze, von denen eine alljährliche Nutzung erwartet werden dürfe, oder auf mehrjährige Getreidebruten. Mit einer künftigen Brutansiedlung im Anlagenbereich sei nicht zu rechnen, weil seit 2011 lediglich Brutzeitfeststellungen gemacht worden seien, ohne dass die fachwissenschaftlichen Kriterien für einen Brutverdacht erfüllt gewesen seien. Die erstmalige, erfolglose Brut im Jahre 2014 rechtfertige nicht die Annahme, dass die Rohrweihe den dortigen Horst auch in künftigen Jahren nutzen werde. Darüber hinaus profitiere auch sie von den für Greifvögel vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen. Wirksam sei ebenfalls ihre Einbeziehung in das Schutzkonzept, da sie im Zeitraum zwischen Ende März und Mitte April im Brutgebiet eintreffe und in diesem Zeitraum auch die Balzflüge erfolgten.

Hinsichtlich des Schwarzstorches gebe es keine Hinweise, die darauf schließen ließen, dass er die Niederung des Z.baches regelmäßig aufsuche. Die Zufallsbeobachtung am 24.04.2013 belege allenfalls einen gelegentlichen Aufenthalt, erfordere jedoch keine weitergehenden Untersuchungen.

Die von Frau S. übermittelten Erkenntnisse seien in den landschaftspflegerischen Begleitplan eingeflossen.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Der Kläger wendet sich mit teilweise zulässigen (I.) Einwendungen in der Sache erfolgreich (II.) gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid.

I. Die Klage ist nur zum Teil zulässig. Eine Klagebefugnis besteht nur, soweit der Kläger geltend macht, dass durch die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlage gegen nationale Bestimmungen verstoßen wird, die der Umsetzung der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7, zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013, ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193) - insbesondere Art. 6 Abs. 3, Art. 12, 15 und 16 und Anh. II und Anh. IV Buchstabe a) - und der Vogelschutz-Richtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung), ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7, geändert durch Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013, ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193) - insbesondere Art. 1, 5 bis 9 - dienen (2.). Inzident können hier auch die behaupteten Verstöße gegen den Flächennutzungsplan und das RROP 2013 von Bedeutung sein. Mangels Klagebefugnis unzulässig ist die Klage hingegen, soweit der Kläger das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung rügt (1.).

1. Eine Klagebefugnis folgt nicht aus § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO.

Der Anwendungsbereich der naturschutzrechtlichen Verbandsklage nach § 64 Abs. 1 BNatSchG ist nicht eröffnet.

Gleiches gilt für § 1 UmwRG. Die einschränkenden tatbestandlichen Voraussetzungen von Absatz 1, der vermittelt über Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl Nr. L 175 S. 40) i.d.F. der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl EU Nr. L 156 S. 17), neu kodifiziert durch die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (im Folgenden: UVP-Richtlinie), auch der Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen, Aarhus-Konvention - AK -; Gesetz vom 9. Dezember 2006, BGBl II S. 1251) dient (vgl. BTDrucks. 16/2497 S. 42; BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 – 7 C 21.12 –, BVerwGE 147, 312, juris, Rn. 29), sind nicht gegeben. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, eine Umweltverträglichkeits(vor)prüfung sei zu Unrecht unterblieben.

a) Für die Errichtung der streitigen Windenergieanlage kann keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen.

aa) Nach Ziffer 1.6.3 der Anlage 1 UVPG ist für ein Vorhaben, das Errichtung und Betrieb einer Windfarm mit 3 bis 5 Windkraftanlagen einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern zum Ziel hat, eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c Satz 2 UVPG durchzuführen. Für Vorhaben, die nicht in der Anlage 1 zum UVPG genannt sind, insbesondere nur ein oder zwei Windenergieanlagen betreffen, besteht nach nationalem Recht keine UVP-Pflicht. Die Erwartung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen ist nach dem Wortlaut des § 3c UVPG entgegen der Auffassung des Klägers ein notwendiges, für sich genommen aber kein hinreichendes Kriterium zur Begründung einer UVP-Pflicht (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 – 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353, juris, Rn. 33).

bb) Die Festlegung des Schwellenwertes von 3 Anlagen in Ziffer 1.6.3 der Anlage 1 UVPG ist auch bei einer Anlagenhöhe von mehr als 50 Metern entgegen der Auffassung des Klägers eindeutig nicht unionsrechtswidrig.

Nach Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang II Ziff. 3 i der UVP-Richtlinie können die Mitgliedstaaten bei Anlagen zur Nutzung von Windenergie zur Stromerzeugung (Windfarmen) insbesondere anhand von Schwellenwerten, die sich an den Kriterien des Anhangs III der UVP-Richtlinie orientieren, bestimmen, ob das Vorhaben UVP-pflichtig ist. Diese Kriterien hat der deutsche Gesetzgeber in Anlage 2 UVPG für die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls übernommen. Im Erwägungsgrund Nr. 5 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU heißt es zudem ausdrücklich: "Die Mitgliedstaaten können Schwellenwerte oder Kriterien festlegen, um zu bestimmen, welche dieser Projekte wegen der Erheblichkeit der Auswirkungen auf die Umwelt einer Prüfung unterzogen werden sollen; die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, Projekte, bei denen diese Schwellenwerte nicht erreicht werden bzw. diese Kriterien nicht erfüllt sind, in jedem Einzelfall zu prüfen" (vgl. OVG für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.03.2013 – 1 LB 5/12 –, juris, Rn. 38 ff.). Die Größe des gesamten Projekts und damit die Anzahl der betroffenen Windenergieanlagen ist nach Anhang III der UVP-Richtlinie ein taugliches Kriterium für die Festlegung von Schwellenwerten.

Einer zu vermeidenden Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten wird durch die Instrumente einer FFH-Verträglichkeitsprüfung bzw. FFH-Vorprüfung Rechnung getragen.

cc) Das Argument des Klägers, ursprünglich seien 3 Windenergieanlagen geplant gewesen seien, die im Laufe des Verfahrens durch eine größere Anlage ersetzt worden seien, vermag auf Grund der Schwellenwertregelung keine UVP-Pflicht zu begründen.

dd) Auch Art. 6 Absatz 1 Buchstabe a) in Verbindung mit Anhang I AK sieht bei der Zulassung von Windenergieanlagen keine Öffentlichkeitsbeteiligung vor.

b) Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist auch nicht nach dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 eröffnet. Das Vorhaben betrifft keine Genehmigung für eine Anlage, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) mit dem Buchstaben G gekennzeichnet ist. Dies gilt nach der dortigen Ziffer 1.6.1 erst bei mehr als 20 Windkraftanlagen.

c) Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes kann mangels planwidriger Regelungslücke nicht im Wege der Analogie auf Art. 9 Abs. 3 AK erstreckt werden (BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 – 7 C 21.12 –, BVerwGE 147, 312, juris, Rn. 30 ff. m.w.N.).

2. Soweit der Kläger Verstöße gegen die FFH-Richtlinie und die Vogelschutz-Richtlinie geltend macht, ist er klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 Hs. 2 VwGO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus. Er kann als anerkannte Umweltvereinigung geltend machen, durch die Genehmigung der Windenergieanlage entgegen naturschutzrechtlicher Bestimmungen in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies folgt aus dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist es Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, wobei die Mitgliedstaaten für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich sind. Der nationale Richter hat dann, wenn eine mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der Habitatrichtlinie geschützte Art betroffen ist, sein nationales Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus festgelegten Zielen steht (EuGH, Urteil vom 08.03.2011, C-240/09, EU:C:2011:125, Lesoochranárske zoskupenie VLK, „Slowakischer Braunbär“, NVwZ 2011, 673 [EuGH 08.03.2011 - Rs. C-240/09], juris, Rn. 47-52).

Die Formulierung der „dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte“ ist dabei nicht dahingehend zu verstehen, dass die betroffenen Normen des Umweltrechts drittschützend im Sinne der aus dem deutschen Recht bekannten Schutznormtheorie sein müssen. Nach der vorstehenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes genügt es vielmehr, dass eine behördliche Entscheidung möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht und die Umweltvereinigung den Zwecken des Umweltschutzes dient (ebenso: EuGH, Urteil vom 12.05.2011, C-115/09, ECLI:EU:C:2011:289, BUND, „Trianel“, Slg 2011, I-3673, juris).

Auf Grund des Übereinkommens von Aarhus und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist das deutsche Verwaltungsprozessrecht, insbesondere § 42 Abs. 2 VwGO, in dem Sinne zu verstehen, dass es einer anerkannten Naturschutzvereinigung gestattet ist, einen als rechtswidrig erachteten Verwaltungsakt auf dem Gebiet des europäischen Umweltrechts anzugreifen. Damit ist das innerstaatliche Prozessrecht in den Fällen erweiternd auszulegen, in denen das Unionsrecht substanziell verfahrensrechtliches und materiell-rechtliches Umweltschutzrecht gesetzt hat (VG Augsburg, Beschluss vom 13.02.2013 – Au 2 S 13.143 –, juris, Rn. 23 m.w.N. zur FFH-Richtlinie und Ausnahme vom Tötungsverbot).

Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention und das Unionsrecht verlangen allerdings nur, solchen Umweltverbänden, die nach § 3 UmwRG anerkannt sind, eine Klagebefugnis bei einer möglichen Verletzung der öffentlichen Belange des Umweltschutzes zuzusprechen. Diese öffentlichen Belange machen sie sich durch ihre Satzung zu eigenen Anliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 – 7 C 21.12 –, BVerwGE 147, 312, juris, Rn. 47-50 zu der Bestimmung des § 47 Abs. 1 BImSchG, die drittschützend im Sinne der Schutznormtheorie ist).

Dieser erweiternden Auslegung steht - anders als die Beigeladene meint - nicht das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 13.01.2015 (verb. Rechtssachen C-401/12 P bis C-403/12 P, ECLI:EU:C:2015:4, Vereniging Milieudefensie) entgegen. Weder ist der dortige Fall mit dem hiesigen vergleichbar noch hat der EuGH dort von den Rechtsausführungen seiner früheren Urteile Abstand genommen.

Die von der Beigeladenen zitierten Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur Ablehnung einer aus dem Unionsrecht folgenden Klagebefugnis (Beschluss vom 30.07.2013 – 12 MN 300/12 –, juris, Rn. 18; Urteil vom 30.04.2014 – 1 KN 110/12 –, juris, Rn. 26) betrafen Pläne - nicht die Zulassung konkreter Projekte - und sind bereits deshalb nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Da der Naturschutz den satzungsgemäßen Zielen des Klägers als anerkannter Umweltvereinigung entspricht und die streitgegenständliche Genehmigung möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, ist der Kläger klagebefugt (für ein weites Verständnis auch: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, juris, Rn. 29 ff. zu wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2013 – 1 B 11266/12 –, juris, Rn. 40 ff. zur FFH-Richtlinie; Hessischer VGH, Beschluss vom 14.05.2012 – 9 B 1918/11 –, juris, Rn. 35 zur FFH-Richtlinie; Spieler, jurisPR-UmwR 3/2013 Anm. 2, Anmerkung zu: BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.12 -).

II. Die Klage hat in der Sache Erfolg. Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zu der Errichtung und dem Betrieb einer Windenergieanlage vom 21.01.2014 in der Form des Widerspruchs- und des Änderungsbescheides vom 28.07.2014 sowie der Vorbescheid sind wegen eines Verstoßes gegen nationale Bestimmungen, die der Umsetzung der FFH-Richtlinie dienen, rechtswidrig und verletzen den Kläger in den ihm durch das Unionsrecht zur Wahrnehmung zugewiesenen Rechten in dem Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Die angefochtene Genehmigung ist rechtswidrig, weil es entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie an einer ordnungsgemäßen FFH-Vorprüfung und einer sich daran anschließenden FFH-Verträglichkeitsprüfung in Bezug auf das „Mausohr Jagdgebiet Belm“ fehlt und dieser Verfahrensfehler für die Erteilung der Genehmigung erheblich ist.

a) In Umsetzung von Art. 6 FFH-Richtlinie sind gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig (§ 34 Abs. 2 BNatSchG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen. Der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung ist eine Vorprüfung bzw. Erheblichkeitseinschätzung vorgeschaltet. Die bei der Vorprüfung (sog. Screening) anzulegenden Maßstäbe sind nicht identisch mit den Maßstäben für die Verträglichkeitsprüfung selbst. Bei der Vorprüfung ist nur zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets ernstlich zu besorgen sind. Erst wenn das zu bejahen ist, schließt sich die Verträglichkeitsprüfung mit ihren Anforderungen an den diese Besorgnis ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis an (BVerwG, Urteil vom 29.09.2011 – 7 C 21.09 –, juris, Rn. 40 m.w.N. aus seiner Rechtsprechung; EuGH, Urteil vom 07.09.2004 – C-127/02 –, ECLI:EU:C:2004:482, juris, Rn. 43 f.; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.03.2013 – 2 M 154/12 –, juris, Rn. 21; Nds. OVG, Urteil vom 12.11.2008 – 12 LC 72/07 –, juris, Rn. 65 f.)

Ob ein Vorhaben nach dem so beschriebenen Prüfungsmaßstab zu „erheblichen Beeinträchtigungen“ führen kann, ist danach vorrangig eine naturschutzfachliche Fragestellung, die anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden muss (Nds. OVG, Urteil vom 12.11.2008, a.a.O., Rn. 66).

b) In Anwendung dieser Maßstäbe ist ein Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes „Mausohr-Jagdgebiet Belm“ nicht offensichtlich ausgeschlossen, soweit es die Bedeutung des Gebietes als Jagdgebiet der nach Anhang II und  IV der FFH-Richtlinie geschützten Fledermausart Großes Mausohr betrifft.

Die naturschutzfachliche Einschätzung kann sich dabei an den zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung geltenden, auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse erstellten Arbeitshilfen orientieren, hier der Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages „Naturschutz und Windenergie, Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zur Durchführung der Umweltprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen (Stand: Oktober 2011)“ (abrufbar unter: http://www.nlt.de/pics/medien/ 1_1320062111/Arbeitshilfe.pdf; im Folgenden: NLT 2011).

NLT 2011 empfiehlt einen Abstand von 1200 m zu Gebieten des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000, soweit sie zum Schutz von Vogel- oder Fledermausarten erforderlich sind (Seite 10). Zudem sollte der Untersuchungsraum unter Berücksichtigung der relevanten naturräumlichen Bedingungen und der zu vermutenden tierökologischen Funktionen einzelfallbezogen abgegrenzt werden. Als Anhaltswert sollte er je Einzelanlage mindestens die 10-fache Anlagenhöhe umfassen (Seite 13). Bedeutende Vogel- und Fledermauslebensräume sollen von Windenergieanlagen freigehalten werden (Seite 9).

Da das FFH-Gebiet dem Schutz des Jagdgebiets des Großen Mausohrs dient und der daher empfohlene Abstand selbst nach den Angaben im landschaftspflegerischen Begleitplan um mindestens 100 m unterschritten wird, sind grundsätzlich erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes ernsthaft zu befürchten.

Diese Zweifel könnten nur dann ausgeräumt werden, wenn für den hier betroffenen Standort belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse bestünden, denen zufolge das Jagdgebiet der Fledermausart durch Errichtung und Betrieb der Windenergieanlage nicht beeinträchtigt würde. Das ist hier nicht der Fall. Die Kammer zweifelt an der Richtigkeit der Ausführungen im landschaftspflegerischen Begleitplan.

Allein die mit einer Literaturquelle auf Seite 6 des landschaftspflegerischen Begleitplans belegte Angabe, dass das Große Mausohr nur in geringer Höhe fliege, die von dem Rotorbereich nicht erfasst sei, und linienhafte Strukturen als Flugstraßen nutze, die im Bereich der geplanten Windenergieanlage nicht vorhanden seien, genügt nicht, um eine Beeinträchtigung des Jagdgebietes mit der erforderlichen Gewissheit auszuschließen. Mit diesen Ausführungen beschränkt sich der landschaftspflegerische Begleitplan auf die Verneinung des unmittelbaren Tötungsrisikos für das Große Mausohr. Ob das (Jagd)Verhalten oder der Zustand der Tiere nicht auch auf andere Weise gestört oder beeinträchtigt werden kann, wird nicht untersucht (zu den allgemeinen Wirkfaktoren der Windenergieanlage: Seite 68 des landschaftspflegerischen Begleitplans).

Dass Exemplare der Fledermausart Großes Mausohr nur im Wald oder entlang linienhafter Strukturen fliegen, trifft entgegen der Ausführungen im landschaftspflegerischen Begleitplan nicht zu: Als Jagdgebiete dienen zeitweise auch Äcker und Wiesen, besonders nachdem die Flächen gemäht bzw. geerntet worden sind (http://www.bund.net/fileadmin/bundnet/pdfs/artenschutz/steckbrief_der_woche/20080422_artenschutz_steckbrief_grosses_mausohr.pdf, http://www.umwelt.niedersachsen. de/themen/natur_landschaft/natura_2000/ffhrichtlinie_und_gemeldete_gebiete/ffh-richtlinie-und-gemeldete-gebiete-8632.html > FFH Tier- und Pflanzenarten Niedersachsen > pdf, Seite 1). Außerdem müssen die Fledermäuse ihr Wochenstubenquartier auf dem Dachboden der Kirche in M. erreichen; allein schon hieraus folgt, dass das Große Mausohr nicht nur in geringer Höhe fliegt.

Zudem wäre als Besonderheit des Standortes zu berücksichtigen gewesen, dass die Windenergieanlage etwa mittig zwischen den drei größeren Teilflächen des FFH-Gebietes „Mausohr-Jagdgebiet Belm“ liegt und zwischen den östlichen Teilen des geschützten Jagdgebietes und dem in westlicher Richtung gelegenen, etwa 4 km entfernten weiteren FFH-Gebiet „Mausohr-Wochenstubengebiet Osnabrücker Raum“ auf dem Dachboden der Kirche. Insoweit wäre neben der bloßen Erfassung der Abstände zu den FFH-Gebieten zu erwägen gewesen, ob das FFH-Gebiet „Mausohr-Jagdgebiet Belm“ mit seinen Teilbereichen oder die beiden FFH-Gebiete in ihrem möglichen Zusammenspiel durch die Errichtung der Windenergieanlage „zerschnitten“ werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Verfasser des landschaftspflegerischen Begleitplans nicht methodisch genau arbeiteten. Wenn es dort heißt, dass der empfohlene Mindestabstand von 1.200 m um 100 m unterschritten werde (Seite 5), wird nicht deutlich, ob die Abstandsmessung von dem geplanten Mastfuß aus oder von dem Ende eines waagerecht stehenden Rotorblattes erfolgte - wie es die nach der Erteilung der Genehmigung veröffentlichten, aktualisierten NLT-Angaben (Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages „Naturschutz und Windenergie, Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen (Stand: Oktober 2014)“ (abrufbar unter: http://www.nlt.de/pics/medien/1_1414133175/2014_10_01_Arbeitshilfe_Naturschutz_und_Windenergie__5__Auflage__Stand_Oktober_2014_Arbeitshilfe.pdf; im Folgenden: NLT 2014) fordern. Weiter lässt sich die für das Flugverhalten des Großen Mausohrs angeführte Literaturangabe „SKIBA 2009“ (Seite 6 des landschaftspflegerischen Begleitplans) nicht mit dem Literaturverzeichnis in Einklang bringen, wo lediglich „SKIBA, R. (2003) […]“ angeführt wird (Seite 106 des landschaftspflegerischen Begleitplans, Seite 38 des Fachbeitrags Fledermäuse).

An einem methodisch genauen Arbeiten des Planungsbüros fehlt es weiterhin, weil bei den Ausführungen zum Kiebitz als Zug- und Rastvogel die aufgestellten Behauptungen nicht mit den angegebenen Literaturquellen in Einklang zu bringen sind. Die Behauptung der Planverfasser, Kiebitze hielten „[e]ntsprechend des aktuellen Kenntnisstandes (REICHENBACH & STEINBORN 2006, STEINBORN et al. 2011) […] während der Zug- und Rastzeiten Abstände von bis zu 100 m gegenüber WEA ein“ (Seite 34 f. des landschaftspflegerischen Begleitplans), ist mit der angegebenen Fundstelle nicht belegt. Bei Steinborn / Reichenbach / Timmermann, „Windkraft – Vögel – Lebensräume, Ergebnisse einer siebenjährigen Studie zum Einfluss von Windkraftanlagen und Habitatparametern auf Wiesenvögel“ (2011, Zusammenfassung abrufbar unter: http://www.arsu.de/sites/default/files/windkraft-voegel-lebensraeume_inhalt.pdf, Seite 13 f.) und Reichenbach / Steinborn „Windkraft, Vögel, Lebensräume – Ergebnisse einer fünfjährigen BACI-Studie zum Einfluss von Windkraftanlagen und Habitatparametern auf Wiesenvögel“, Osnabrücker Naturwissenschaftliche Mitteilungen Band 32, S. 243 – 259, 2006 (abrufbar unter http://www.naturwissenschaftlicher-verein-os.de/onm/onm32/243-259%20-%20Reichenbach%20&%20Steinborn.pdf, Seite 243, 247 f., 251 f.) ist der Abstand, den Kiebitze als Gastvögel während der Zug- und Rastzeiten zu Windkraftanlagen meiden, mit 400 m – nicht mit 100 m – angegeben. Ein Meideverhalten in einem Radius von 100 m zeigt der Kiebitz danach lediglich in seinem Vorkommen als Brutvogel. In dieser Funktion war der Kiebitz in dem landschaftspflegerischen Begleitplan allerdings bereits auf Seite 28 ff. untersucht worden.

Dass die Hürden für die Begründung einer Unterschreitung des empfohlenen Schutzabstandes von 1.200 m hoch anzulegen sind, zeigen auch die neueren – nach Erteilung der Genehmigung veröffentlichten und deshalb nicht unmittelbar heranzuziehenden – Empfehlungen des NLT 2014. Dort ist für Gebiete des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 zum Schutz von Vogel- und Fledermausarten als Orientierungswert nicht nur ein Vorsorgeabstand von mindestens 1.200 m empfohlen, sondern bei besonderer gebiets- oder schutzzweckspezifischer Empfindlichkeit u. U. größere Abstände. Die Gebiete sind als strikte Ausschlussgebiete (harte Tabuzone) eingestuft (Seite 10 f.). Dazu heißt es (Seite 8): „In der Regional- und Flächennutzungsplanung sind diejenigen Flächen auszusondern, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen für eine Windenergienutzung nicht in Frage kommen („harte Tabuzonen“ oder strikte Ausschlussgebiete). Diese Flächen sind im weiteren Planungsverfahren von vornherein einer Windenergienutzung entzogen, ohne dass es einer näheren Untersuchung bedarf oder die den Plan aufstellende Stelle einen Ermessensspielraum hat“ – wie es der Beklagte im RROP 2013 nach eigenen Angaben umsetzte.

Nach alldem durfte bei einer Unterschreitung des naturschutzfachlich empfohlenen Mindestabstandes unter der hier gegebenen besonderen Positionierung der Windenergieanlage zu den FFH-Gebieten zum Schutz des Großen Mausohrs nicht auf eine umfassende FFH-Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich des Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ verzichtet werden.

c) Der Einwand einer unzureichenden FFH-Vorprüfung und zu Unrecht unterbliebenen FFH-Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich des Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Vorbescheid vom 24.10.2012 insoweit eine verbindliche und für den Kläger unanfechtbare Festlegung getroffen hätte.

Zwar legte der Vorbescheid fest, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich sei (aa), trotzdem kann dieser Bescheid in dem Anfechtungsprozess gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung überprüft werden (bb).

aa) Bereits der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid vom 24.10.2012 entschied für die später genehmigte Anlage endgültig, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei.

Die Auslegung des Vorbescheides ergibt, dass er eine abschließende Aussage über die Zulässigkeit des Vorhabens nach dem Habitatrecht und die Entbehrlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich des Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ trifft. Dies folgt aus der in dem Vorbescheid gewählten Formulierung zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB „Belange des Naturschutzes stehen der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht entgegen“, nachdem in dem Planungsgespräch vom 25.11.2011 auf Grund der begonnenen Kartierungen und Auskünfte der Planverfasser zu dem FFH-Gebiet bereits Einigkeit über die Entbehrlichkeit einer Verträglichkeitsprüfung erzielt worden war. Lediglich die abschließende Prüfung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und Festsetzung der Kompensationsmaßnahmen gemäß §§ 13 bis 19 BNatSchG wurden ausdrücklich dem späteren Genehmigungsverfahren vorbehalten.

Ob der Vorbescheid auch hinsichtlich des Artenschutzrechtes eine abschließende Entscheidung traf oder ob eine diesbezügliche Überprüfung und Entscheidung in Ermangelung prüffähiger Unterlagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 – 4 C 1.12 –, BVerwGE 147, 118, juris, Rn. 9) nicht möglich war, kann dahingestellt bleiben.

Das Vorhaben erfuhr zwischen der Erteilung des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides vom 24.10.2012 und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung keine relevanten Änderungen. Soweit in dem Vorbescheid eine Masthöhe von maximal 140 m bestimmt wird, die Genehmigung sich jedoch auf eine Nabenhöhe von maximal 143 m bezog, handelt es sich allenfalls um eine unbeachtliche Abweichung im Detail (vgl. Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Stand Dez. 2014, Bl. I, § 9 Rn. D 10). Die Änderung des Vorhabenträgers ist unerheblich, da Genehmigung nach § 4 BImSchG eine Sachgenehmigung (Realkonzession) und keine persönliche Genehmigung darstellt (Ule/Laubinger/Repkewitz, a.a.O., § 4 Rn. B 7); dessen ungeachtet sind die Adressatin des Vorbescheides und die Beigeladene gesellschaftsrechtlich verbunden.

bb) Obwohl der Vorbescheid vom 24.10.2012 eine abschließende Aussage über die Entbehrlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich des Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ enthielt, kann diese Entscheidung im vorliegenden Gerichtsverfahren überprüft werden.

Denn der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung in zulässiger Weise seine Klage um eine Anfechtung des Vorbescheides erweitert (aaa). Begründungsalternativ und die Entscheidung insoweit selbstständig tragend ist die Kammer der Auffassung, dass auf die Anfechtung der Genehmigung ohnehin der Inhalt des bei deren Erteilung noch nicht bestandskräftigen Vorbescheides auf seine Rechtmäßigkeit gerichtlich zu überprüfen und in den Streitstoff der gegen die Genehmigung gerichteten Anfechtung einzubeziehen war, selbst wenn der Kläger nicht in zulässiger Weise Widerspruch gegen den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid erhoben hätte (bbb).

aaa) In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seine Klage in zulässiger Weise um eine Anfechtung des Vorbescheides erweitert, indem er auch dessen Aufhebung begehrt hat.

(1) Die Klageerweiterung war nach § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig, da der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat und die Klageänderung sachdienlich ist. Denn die Genehmigung kann nicht aufgehoben werden, ohne dass deren Verhältnis zu dem Vorbescheid geklärt wird.

(2) Auf die Durchführung des behördlichen Widerspruchsverfahrens vor einer gerichtlichen Entscheidung über das Schicksal des Vorbescheides hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch rügelose Einlassung verzichtet.

(3) Da der Kläger zu Protokoll Widerspruch erhoben hat, kann dahinstehen, ob seiner Auffassung zu folgen ist, wonach der gegen die Genehmigung erhobene Widerspruch so auszulegen sei, dass er auch den Vorbescheid erfasst habe.

(4) Der vom Kläger zu Protokoll erhobene Widerspruch ist zulässig. Insbesondere ist der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung für den Kläger noch durch die Erhebung eines Widerspruchs gemäß § 68 VwGO i.V.m. § 8a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3b NAGVwGO (jetzt: § 80 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4b NJG) anfechtbar. Eine Widerspruchsfrist gemäß § 70 VwGO hat mangels Bekanntgabe des Vorbescheides an den Kläger nicht zu laufen begonnen. Die Erhebung eines Widerspruchs verstößt in dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht gegen Treu und Glauben.

(a) Die Verwirkung setzt einen längeren Zeitraum voraus, während dessen die Möglichkeit bestand, einen Rechtsbehelf zu ergreifen. Die Widerspruchserhebung muss gerade deshalb gegen Treu und Glauben verstoßen, weil der Berechtigte trotz vorhandener Kenntnis oder der ihm zuzurechnenden Möglichkeit der Kenntnis erst zu einem derart späten Zeitpunkt den Rechtsbehelf ergreift, zu dem die Behörde oder der Begünstigte nicht mehr damit rechnen musste. Die betroffene Behörde und der Begünstigte rechnen dann nicht mehr mit einer Widerspruchserhebung gegen die getroffene Maßnahme, wenn ein Berechtigter unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen jedermann vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen hätte. Durch das Unterlassen wird eine tatsächliche Lage geschaffen, auf die sich die anderen Beteiligten einstellen dürfen. Endlich muss sich die beklagte Behörde auch tatsächlich in einer Weise auf das Verhalten des Berechtigten eingerichtet haben, dass für sie eine begründete Klage mit nicht mehr zumutbaren Nachteilen verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.08.2000 – 4 A 11.99 –, juris, Rn. 16; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.11.2014 – 2 B 1111/14 –, juris, Rn. 22, jeweils zur Klagebefugnis; s.a. OVG Lüneburg, Beschluss vom 25.06.1998 – 12 K 5578/97 –, juris, Rn. 4).

Für den von dem Erlass eines Verwaltungsaktes betroffenen Dritten läuft die Jahresfrist nach dem Rechtsgedanken des § 58 Abs. 2 VwGO; beginnend in dem Zeitpunkt, zu dem er von dem Erlass des Verwaltungsaktes sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen so (zur Nachbarklage im Baurecht: grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 – IV C 2.72 –, BVerwGE 44, 294, juris, Rn. 25 und Urteil vom 16.05.1991 – 4 C 4.89 –, NVwZ 1991, 1182, juris; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.08.2014 – 7 B 438/14 –, juris, Rn. 7; zur Nachbarklage im Immissionsschutzrecht: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, juris, Rn. 34; Nds. OVG, Beschluss vom 06.03.1985 - 7 B 64/84 - NVwZ 1985, 506 [507]).

Die Verwirkung kann je nach den besonderen Verhältnissen im Einzelfall auch schon vor dem Ablauf einer solchen Jahresfrist eintreten (s. BVerwG, Urteil vom 25.01.1974, Rn. 18 und Urteil vom 16.05.1991, Rn. 23)

(b) Die Jahresfrist entsprechend § 58 Abs. 2 VwGO ist für eine Widerspruchserhebung durch den Kläger noch nicht abgelaufen.

Aus dem Verwaltungsvorgang ergibt sich, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Abfassung der Widerspruchsbegründung im April 2014 das Vorliegen irgendeines Vorbescheides nicht ausschloss. Da der Kläger und Frau S. die Prozessbevollmächtigte jeweils am 26.03.2014 mandatierten, müsste sich der Kläger eine etwaige Kenntnis oder ein etwaiges Kennenmüssen der Frau S. von dem am 24.10.2012 erteilten Vorbescheid jedenfalls nicht vor dem 26.03.2014 zurechnen lassen. Offenbleiben kann, ob eine Wissenszurechnung ab diesem Zeitpunkt geboten ist.

Von dem Beklagten erhielt der Kläger zunächst keinen Hinweis auf die Existenz des Vorbescheides. Insbesondere als der Dachverband des Klägers mit Schreiben vom 22.01.2013 um Beteiligung an dem Genehmigungsverfahren und Akteneinsicht bat, wurde ihm ausweislich des Telefonvermerkes des Beklagten vom 24.01.2013 nur mitgeteilt, dass noch kein Genehmigungsantrag gestellt worden sei; sollte er gestellt werden, werde der Verband entsprechend beteiligt (Bl. 70 Beiakte A zu 3 A 5/15). Hier hätte es sich dem Beklagten aufdrängen müssen, den Dachverband des Klägers über den erteilten Vorbescheid zu informieren.

Selbst wenn der Kläger vor Abgabe seiner Stellungnahme vom 25.07.2013 Akteneinsicht in die Antragsunterlagen genommen haben sollte, konnte er daraus nichts über den Vorbescheid erfahren, da die Antragsunterlagen nur auf einen „Bescheid vom 24.10.2012“, insbesondere im Zusammenhang mit der UVP-Pflicht verwiesen. Dass ein über die habitatrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens positiv entscheidender Vorbescheid existieren könnte, war auf dieser Grundlage weder ersichtlich noch zu vermuten. Auch führte der Beklagte die Akten des Vorbescheidverfahrens getrennt von denjenigen des Genehmigungsverfahrens.

Auch in dem Widerspruchsbescheid vom 28.07.2014 wählte der Beklagte bei den Ausführungen zum Vorbescheid (Seite 6, 7) keine Formulierung, aus der dessen konkreter Regelungsgegenstand hinsichtlich der naturschutzrechtliche Zulassung hervorging. Der Beklagte verwies lediglich auf eine planungsrechtlich mit bindender Wirkung festgestellte Zulässigkeit (ebenso die Stellungnahme der Beigeladenen zu den Widersprüchen vom 26.04.2014, Seite 3).

Die Jahresfrist zur Widerspruchserhebung läuft für den Kläger daher frühestens am 25.03.2015 ab.

(c) Der Kläger hat seine Widerspruchsbefugnis nicht vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO verwirkt. Dass der Beklagte oder die Beigeladene tatsächlich darauf vertraut hätten, der Kläger werde den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid nicht mehr anfechten, ist von den Beteiligten weder vorgetragen noch bestehen dafür objektive Anhaltspunkte. Vielmehr vermitteln die Akten den Eindruck eines sehr zurückhaltenden Umgangs mit Informationen über den Vorbescheid.

(d) Damit konnte der Kläger in zulässiger Weise Widerspruch gegen den Vorbescheid vom 24.10.2012 erheben.

bbb) Abgesehen davon konnte die Kammer auf die Anfechtung der Genehmigung ohnehin den Inhalt des bei deren Erteilung noch nicht bestandskräftigen Vorbescheides auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen und in den Streitstoff der gegen die Genehmigung gerichteten Anfechtung einbeziehen, selbst wenn der Kläger nicht in zulässiger Weise Widerspruch gegen den Vorbescheid erhoben hätte.

(1) Wenn ein immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid eine abschließende Entscheidung über einen Ausschnitt des geplanten Vorhabens trifft, ist es zwar grundsätzlich erforderlich, dass ein Dritter bereits gegen den Vorbescheid vorgeht, soweit er dessen Inhalt angreifen will, da die Fragen, über die der Vorbescheid definitiv entscheidet, im späteren Genehmigungsabschnitt nicht mehr zur Überprüfung anstehen (Nds. OVG, Beschluss vom 13.04.2011 – 12 ME 8/11 –, juris, Rn. 10; s.a.Ule/Laubinger/Repkewitz, a.a.O., § 9 Rn. E 4,5).

Grundsätzlich verhält es sich so, dass in dem Vorbescheid über die in ihm verbindlich geregelten Fragen abschließend entschieden wird und die Genehmigung auf der Feststellungswirkung des Vorbescheides aufbaut und diese um den gestattenden bzw. verfügenden Teil ergänzt. Insofern enthält die Genehmigung, soweit sie den Inhalt des Vorbescheides wiedergibt und darauf aufbaut, nur eine gleichsam redaktionelle Wiedergabe der bereits getroffenen Entscheidung ohne eigenen Regelungsgehalt. Das gilt im Verhältnis des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht anders als im Verhältnis des Bauvorbescheides (der Bebauungsgenehmigung) zur Baugenehmigung (zum Baurecht: BVerwG, Urteil vom 09.12.1983 – 4 C 44.80 –, BVerwGE 68, 241, juris; BVerwG, Urteil vom 17.03.1989 – 4 C 14.85 –, DVBl 1989, 673, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.08.2013 – 3 L 394/13 –, juris, Rn. 24; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.03.2014 – OVG 10 S 13.12 –, juris, Rn. 9). Denn die immissionsschutzrechtliche Genehmigung besteht wie die Baugenehmigung aus einem verfügenden und einem feststellenden Teil (Ule/Laubinger/Repkewitz, a.a.O., § 4 Rn. B 5).

Anders ist hingegen die Rechtslage, wenn der bebauungsrechtliche Vorbescheid gegenüber einem Dritten zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung noch nicht bestandskräftig war. Durch die Baugenehmigung darf das Bauen nicht freigegeben werden, ohne dass durch den feststellenden Teil über die bebauungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens entschieden wird. Daraus folgt zugleich, dass auf die Anfechtung der Baugenehmigung hin auch der Inhalt des noch nicht bestandskräftigen Vorbescheides auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen, also in den Streitstoff der gegen die Baugenehmigung gerichteten Anfechtung mit einzubeziehen ist. Das weitere Schicksal der Bebauungsgenehmigung ist dann wegen der Zweitregelung ihres Inhalts in der Baugenehmigung für die Rechtsstellung des Dritten ohne Bedeutung (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 17.03.1989, a.a.O., juris, Rn. 15). Das Verhältnis von immissionsschutzrechtlichem Vorbescheid zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist in dieser Hinsicht ebenso zu beurteilen wie das Verhältnis der Bebauungsgenehmigung zur Baugenehmigung (zum Vorstehenden insgesamt: Nds. OVG, Beschluss vom 13.04.2011 – 12 ME 8/11 –, juris, Rn. 11).

(2) Im Zeitpunkt der Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene - am 21.01.2014 - war der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid für den Kläger noch nicht bestandskräftig. Da er von der Existenz des Vorbescheides nichts wusste, standen dessen Anfechtung zu diesem Zeitpunkt die Gebote von Treu und Glauben nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Abschnitt aaa) (4) Bezug genommen.

(3) Hier kommt hinzu, dass sich der Beklagte bei Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nicht darauf beschränkt hat, auf eine in dem Vorbescheid insoweit abschließend getroffene Entscheidung zu verweisen. Er hat vielmehr die Vereinbarkeit mit dem Bauplanungsrecht erneut geprüft (s.a. BVerwG, Urteil vom 17.03.1989, a.a.O., Rn. 16; Nds. OVG, Beschluss vom 13.04.2011, a.a.O., Rn. 12). Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Den Vorbescheid erwähnte der Beklagte in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht, sondern stellte stattdessen die planungsrechtliche Zulässigkeit erneut ausdrücklich fest (Seite 13 der Genehmigung). Sein Hinweis auf die regionalplanerischen Zielsetzungen, die Ausweisung als Konzentrationszone und das gemeindliche Einvernehmen, die vorsorgliche Erteilung einer Ausnahme vom Tötungsverbot nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie die Auflage des Gondelmonitorings für Fledermäuse sind Teil der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens. Auch die untere Naturschutzbehörde des Beklagten gab in ihrer Stellungnahme vom 21.01.2014 (Bl. 1162 Beiakte D zu 2 A 430/14) im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Einwendungen des Klägers - ohne Bezugnahme auf den Vorbescheid aber in Wiederholung der Ausführungen aus dem landschaftspflegerischen Begleitplan - an, das Vorhaben sei mit dem FFH-Gebiet „Mausohr Jagdgebiet Belm“ verträglich.

(4) Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist daher im Hinblick auf den Inhalt des Vorbescheides vom 24.10.2012 als Zweitbescheid anzusehen, der uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Mit seinem rechtzeitig dagegen erhobenen Widerspruch konnte der Kläger somit auf dem Habitatschutzrecht beruhende Einwendungen noch geltend machen.

d) Der Vorbescheid ist wie die immissionsschutzrechtliche Genehmigung rechtswidrig, indem er eine FFH-Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich des Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ für entbehrlich erachtet.

Ob der Vorbescheid auch deshalb rechtswidrig ist, weil der Beklagte bei dessen Erteilung die Auswirkungen der geplanten Windenergieanlage möglicherweise mangels prüffähiger Unterlagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 – 4 C 1.12 –, BVerwGE 147, 118, juris, Rn. 9) nicht ausreichend beurteilen konnte (§ 9 Abs. 1 BImSchG) - insbesondere vor dem Hintergrund, dass für den Beklagten und den Vorhabenträger die Entbehrlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung schon vier Monate nach Beginn der Arbeiten zum landschaftspflegerischen Begleitplan und Durchführung nur der Hälfte der Kartierungstermine für Fledermäuse feststand - kann offen bleiben.

e) Der Einwand einer unzureichenden FFH-Vorprüfung und deshalb zu Unrecht unterbliebenen FFH-Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich des Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ ist nicht präkludiert.

aa) Nach § 2 Abs. 3 UmwRG ist eine Vereinigung, wenn sie im Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat, im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

§ 2 Abs. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist zunächst dem Wortlaut nach nicht anwendbar, da für die betroffene Windenergieanlage keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. unter I.).

Zum anderen hat die Kammer wegen des Effektivitätsgrundsatzes Zweifel an der Unionsrechtskonformität von Präklusionsregelungen für Einwendungen von Umweltverbänden. Diese sind zudem Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens bei dem Europäischen Gerichtshof (Rs. C-137/14; s.a. BVerwG, Beschluss vom 16.09.2014 – 7 VR 1.14 –, juris, Rn. 17).

Schließlich war die Problematik der unzureichenden FFH-Vorprüfung und FFH-Verträglichkeitsprüfung Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, da der Kläger in der Stellungnahme vom 25.07.2013 eine fehlende FFH-Prüfung bezüglich des Wochenstubengebietes und unberücksichtigte Transferflüge zwischen Übertagungsquartieren und Jagdgebieten in großer Höhe beanstandete (Bl. 1069 Beiakte D zu 2 A 430/14), in der Widerspruchsbegründung auf Art. 6 FFH-RL verwies (Bl. 1369 f. Beiakte I zu 2 A 430/14) und der Beklagte selbst daraufhin nochmals ausführte, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung bezüglich des Gebietes „Mausohr Jagdgebiet Belm“ nicht erforderlich sei (Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 21.01.2014, Bl. 1162 Beiakte D zu 2 A 430/14, und Seite 12 des Widerspruchsbescheides).

bb) Eine Präklusion nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG wegen der Versäumung von Einwendungen gegen den Bauvorantrag oder den Genehmigungsantrag nach Auslage der Unterlagen ist ebenfalls nicht gegeben.

§ 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG sieht einen grundsätzlichen Ausschluss von Einwendungen vor, die nicht innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Frist für die Auslage der Unterlagen des Antragstellers für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung schriftlich erhoben wurden. Für Vorbescheide gilt diese Regelung entsprechend (§ 10 Abs. 9 BImSchG). Dass der Beklagte das Vorhaben im Jahre 2011 oder 2012 öffentlich bekannt machte oder die Unterlagen zu der Bauvoranfrage öffentlich auslegte, ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen nicht. Gleiches gilt für die Unterlagen zum späteren Genehmigungsverfahren im Jahr 2013. Daher lässt sich für die Genehmigung nicht feststellen, dass die Frist nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG vor Abgabe der Stellungnahme vom 25.07.2013 abgelaufen war. Darüber hinaus ist auch die Unionsrechtskonformität dieser Präklusionsregelung zweifelhaft.

cc) Eine Präklusion gemäß § 11 BImSchG scheidet schon deshalb aus, weil der Vorbescheid für den Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch anfechtbar war.

2. Da sich die Genehmigung und der Vorbescheid bereits wegen einer unzureichenden, den habitatrechtlichen Anforderungen entsprechenden FFH-Vorprüfung und einer deshalb unterbliebenen FFH-Verträglichkeitsprüfung als rechtswidrig erweist, muss nicht mehr entschieden werden, ob auch die weiteren, vom Kläger angeführten Gründe der Klage zum Erfolg verhelfen könnten.

Es bleibt ausdrücklich dahingestellt, ob die Genehmigung und der Vorbescheid das Zugriffsverbot des § 44 BNatSchG in Bezug auf Fledermausarten, Rotmilan, Rohrweihe, Uhu, Schwarzstorch, Kiebitz, Mäusebussard, Feldlerche und Turmfalke verletzen, insbesondere ob die Ausnahmenerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG und das Gondelmonitoring rechtmäßig sind.

3. Die Kammer weist abschließend darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde die Einschätzungen der Verfasser eines landschaftspflegerischen Begleitplanes einer kritischen Würdigung zu unterziehen hat. Sie darf sich nicht darauf beschränken, die dortigen Ergebnisse zu übernehmen ohne zu hinterfragen, ob die Planverfasser die nötige Sachkunde besitzen und nach den erforderlichen methodisch-wissenschaftlichen Standards arbeiten, insbesondere wenn eine anerkannte Umweltvereinigung diesbezüglich Einwendungen erhebt. Dies gilt umso mehr, wenn sich Interessenverflechtungen zwischen dem Vorhabenträger und den Verfassern eines landschaftspflegerischen Begleitplans nicht ausschließen lassen.

Die Genehmigungsbehörde hat ihre Akten vollständig zu führen. Zu den Verwaltungsvorgängen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens gehören auch Unterlagen über zuvor erteilte Vorbescheide einschließlich aller diesbezüglichen Eingaben. Es muss dokumentiert sein, dass bei der behördlichen Entscheidungsfindung alle relevanten Informationen berücksichtigt wurden. Dies ist nicht der Fall, wenn die verschiedenen Ämter Teilakten anlegen, die nicht zusammengeführt werden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 3 VwGO und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene ist mit dem von ihr gestellten Sachantrag unterlegen. Es entspricht deshalb der Billigkeit, dass sie keine Kostenerstattung beanspruchen kann.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.