Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 04.11.2015, Az.: 3 A 88/14

Alternativenermittlung; Artenschutzrechtliche Einwendungen; Aussetzung Genehmigung; Berücksichtigung Umweltauswirkungen; Beurteilungsspielraum; Bewertung Umweltauswirkungen; Dokumentation; Drittschutz; Fehlerhafte UVP; Funktionale Äquivalenz; Heilung; Kausalitätsprüfung; Nationale Regelung; Planfeststellungsbeschluss; Planfeststellungsverfahren; Präklusion; Rechtsmissbrauch; Sachverhaltsermittlung; Sachverhaltsermittlungsfehler; Scoping Termin; Umweltauswirkungen; Umweltverträglichkeitsprüfung; Umweltvorsorge; UVP; UVP Pflichtigkeit; Verfahrensfehler; Zulassungsentscheidung; Zusammenfassende Darstellung

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
04.11.2015
Aktenzeichen
3 A 88/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45156
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die vor Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses nicht durchgeführten Verfahrensschritte nach §§ 11 und 12 UVPG führen dazu, dass von einer nicht stattgefunden Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist.
Bei den §§ 11 und 12 UVPG handelt es sich nicht um rein nationale Regelungen.
Wird der Planfeststellungsbeschluss seit seinem Erlass umgesetzt, kann keine ergebnisoffene Prüfung mehr erfolgen und die Anforderungen der §§ 11 und 12 UVPG können nicht während "des laufenden Betriebs" erfüllt werden.
Die Präklusionsregelungen der § 2 Abs. 3 UmwRG (so bereits VG Osnabrück, Urteil vom 27.02.2015 - 3 A 5/15 - juris, Rn. 153) und § 73 Abs. 4 VwVfG finden keine Anwendung (EuGH, Urteil vom 15.10.2015 - C-137/14 - juris-Langtext Rn 75 ff.).
Zum rechtsmissbräuchlichen Verhalten eines Umweltverbandes (hier: verneint).

Tenor:

Der wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 27.12.2011 sowie die Bescheide vom 11.06.2012, 05.11.2014, 07.08.2015 werden aufgehoben.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte und die Beigeladene können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger, eine anerkannte Umweltvereinigung im Sinne des § 3 UmwRG, die sich nach ihrer Satzung vorwiegend den Zielen des Naturschutzes und der Umweltpolitik verschrieben hat, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 27.12.2011, der den Abbau von Kiessand für die Bauindustrie auf dem Gebiet der Gemeinde N. (Gemarkung O., Flur P., Flurstücke Q.) – Feld R. – zum Gegenstand hat.

Das geplante Abbaugebiet liegt an der Landesstraße S. zwischen der Gemeinde N., Ortsteil T., und der Stadt U.. Es befindet sich innerhalb des „Naturparks V.“. Westlich an das geplante Abbaugebiet grenzt mit dem Naturschutzgebiet „W.“ ein Vorranggebiet für Natur und Landschaft. Nordöstlich erstreckt sich das EU - Vogelschutzgebiet X. „V.“ und östlich das FFH-Schutzgebiet Y. „V.“. Das Feld R. weist eine Größe von ca. 70,6 ha auf. Davon entfallen rund 60,5 ha auf die geplante Abbaufläche. Das Gebiet wird von Grünland dominiert, das durch Wege - und straßenbegleitende Gehölze strukturiert ist. Die vorherrschenden Böden sind stark zersetzte Niedermoortorfe mit einer mittleren Mächtigkeit von 1,8 m. Bevor es zum Kiesabbau mittels eines Schwimmbaggers kommt, soll das unmittelbar an der Oberfläche befindliche Niedermoortorf abgetragen werden. Das Gebiet wurde früher landwirtschaftlich genutzt. Es wurde im Zuge des beabsichtigten Abbaus in 13 Abschnitte eingeteilt. Mit dem Abbau des Torfes wurde inzwischen begonnen. Im Regionalen Raumordnungsprogramm des Beklagten ist das geplante Abbaugebiet seit 2004 als „Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung“ festgesetzt. Der Flächennutzungsplan der Gemeinde N. weist das Gebiet als Fläche für die Landwirtschaft aus.

Das Abgrabungsprojekt „R.“ wurde zunächst von der Firma Z. GmbH aus AA. betrieben. Auf deren Antrag hatte im Jahr 2000 ein erster Scoping–Termin als Vorbereitung eines Planfeststellungsverfahrens für die Zulassung des Bodenabbaus auf der genannten Fläche stattgefunden. Die Firma Z. hatte zwischen 2000 und 2003 Antragsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren ausarbeiten lassen, dann jedoch das Verfahren nicht weiter betrieben. Im Jahr 2007 gründeten die AB. und die Firma Z. die beigeladene G. GmbH. Im Zuge der Wiederaufnahme des geplanten Kiesabbauprojekts ließ die Beigeladene die bereits vorliegenden Antragsunterlagen (Kartierung der Flora und Fauna für die Umweltverträglichkeitsstudie und FFH–Verträglichkeitsstudie) der Firma Z. überarbeiten und aktualisieren. Geplant ist die Gewinnung von Kiessand im sog. Nassbaggerverfahren.

Daraufhin fand im Oktober 2008 ein erneuter Scoping–Termin statt, bei dem das von der Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro Dr.–Ing. V. AC. das geplante Vorhaben sowie die bereits vorliegenden und noch zu erarbeitenden Unterlagen und die hierfür durchgeführten Untersuchungen erläuterte. An dem Termin nahm auch eine Vertreterin des Klägers teil.

Im Dezember 2009 reichte die Beigeladene den Antrag auf Planfeststellung für die Nassauskiesung auf der Vorhabenfläche beim Beklagten ein. Den Antragsunterlagen waren u.a. ein hydrologisches Gutachten, eine verkehrstechnische Untersuchung, eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung, eine FFH–Verträglichkeitsstudie, eine Artenschutzverträglichkeitsuntersuchung sowie ein landschaftspflegerischer Begleitplan beigefügt. Die letztgenannten vier Untersuchungen wurden von dem Institut für Umweltstudien AD. GmbH erstellt.

Mit Schreiben vom 11.03.2010 beteiligte der Beklagte die Träger öffentlicher Belange, u.a. den Kläger, und veranlasste die öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt und den örtlichen Tageszeitungen. Vom 22.03.2010 bis 21.04.2010 lagen die Antragsunterlagen bei der Gemeinde N. zur Einsicht aus.

Mit Schreiben vom 03.05.2010 teilte der Kläger mit, dass die im landschaftlichen Begleitplan vorgeschlagenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen anzuerkennen seien. Jedoch enthielten die Pflanzenlisten des Sicherungsdamms und des Grünlandes Arten, die in dem betroffenen Gebiet auf keinen Fall ausgebracht werden sollten, da es sich um gebietsfremde Arten handele. Eine naturnahe Gestaltung bereits während des Abbaus sei ein zentraler Punkt im Rahmen der Kompensation. Dabei solle ein Teilbereich der Transportachse als Insel für Brut– und Rastvögel erhalten bleiben. Er empfahl, das erforderliche Saatgut im nahegelegenen Naturschutzgebiet „AE.“ zu gewinnen sowie zusätzliche Steinkauzröhren aufzuhängen und ein konsequentes Controlling durchzuführen. Hinsichtlich des Transports der gewonnenen Kiese und Sande solle die Möglichkeit der Bahnverfrachtung geprüft werden.

In einem weiteren Schreiben vom 12.09.2011 nahm der Kläger erneut zu dem beantragten Vorhaben Stellung. Die Rahmenbedingungen für den Kiesabbau hätten sich nach seiner ersten Stellungnahme gravierend geändert. Im Sommer 2011 habe sich gezeigt, dass die Wasserversorgung des Raums T. gefährdet sei. Zudem habe sich der Beklagte zwischenzeitlich das Ziel gesetzt, thermische Energie schrittweise bis zum Jahr 2015 ausschließlich aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, was mit der Freisetzung von CO2 im Zuge des Abbauvorhabens kollidiere. Aus den genannten Gründen werde das geplante Vorhaben daher abgelehnt.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 27.12.2011 stellte der Beklagte den Plan für die Durchführung eines Bodenabbaus für die Herstellung von Zuschlagstoffen für die Bauindustrie über einen Zeitraum von 30 Jahren fest, wies die erhobenen Einwände zurück und führte u.a. aus, dass eine abschnittsweise naturnahe Gestaltung von Uferzonen auch schon während des Abbaus vorgesehen sei und sich sukzessive einstellen werde. Das Belassen eines Inselbereichs an der Transportachse sei aus abbautechnischen Gründen nicht möglich. Die Verwendung gebietstypischer Pflanzen sei vorgesehen. Die Möglichkeit einer Bahnverfrachtung durch eine Reaktivierung der Bahnstrecke zwischen T. und N. sei u.a. wirtschaftlich nicht darstellbar. Die zweite Stellungnahme des Klägers sei nicht fristgerecht eingegangen. Die dort genannten Punkte seien jedoch im Rahmen des Erörterungstermins aufgrund anderer Stellungnahmen besprochen worden.

Der Beklagte ergänzte mit Bescheid vom 11.06.2012 die Begründung des obigen Planfeststellungsbeschluss um eine „zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG“ und eine (kurze) „Bewertung der Umweltauswirkungen und Berücksichtigung des Ergebnisses bei der Entscheidung nach § 12 UVPG“.

Der Kläger hat am 31.01.2012 gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

Da die Beigeladene bereits mit der Rodung der Gehölze auf der künftigen Abbaufläche begonnen hatte, hat der Beklagte am 23.02.2012 aufgrund des Antrags der Beigeladenen vom 14.02.2012 die sofortige Vollziehung angeordnet. Daraufhin hat der Kläger unter dem 26.03.2012 um die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht (2 B 4/12). Mit Beschluss vom 30.11.2012 ist dem Antrag des Klägers stattgegeben worden. Auf Grund der hiergegen seitens des Beklagten und der Beigeladenen eingelegten Beschwerde (13 ME 282/12) hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 06.03.2013 den Beschluss 2 B 4/12 abgeändert und den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss abgelehnt.

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hat durch den Beklagten am 05.11.2014 eine weitere „Ergänzung der Begründung meines Planfeststellungsbeschlusses vom 27. Dezember 2011 und der Ergänzung des Beschlusses vom 11. Juni 2012“ um eine „Bewertung der Umweltauswirkungen nach § 12 UVPG“ stattgefunden.

Im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger ein Gutachten des Herrn AF. (Ornithologische Gutachten und Fachplanungen, AG.) vom 06.11.2014 vorgelegt. Dieser kritisierte umfangreich das Brutvogel - Kapitel der Umweltverträglichkeitsstudie des Instituts für Umweltstudien und führte in seiner Zusammenfassung aus, dass zwei Kontrollen im späten Juli und August 2006 sowie Mitte April, Anfang Juni bzw. im Juli 2007 nicht die „gute fachliche Praxis“ erfüllen würden, die an eine entsprechende Studie zu stellen sei. Die Studie liefere zudem zahlreiche Ungereimtheiten und Widersprüche und sei insgesamt nicht plausibel. Auch die Ergebnisse der Studie seien nicht nachvollziehbar aufbereitet: Dies ergebe sich im Vergleich zu einer zur Brutzeit 2013 von einem anderen Büro vorgenommenen Kartierung. Soweit Vergleichsmöglichkeiten bestanden hätten, seien mehrere Reviere von mehreren Vogelarten übersehen worden. Auf das Gutachten im Weiteren wird Bezug genommen.

Die von der Beigeladenen bei dem Planungsbüro AH. (Verfasser: Herr Dipl. Biologe Herr AI.), AJ., in Auftrag gegebene „aktualisierte Artenschutzprüfung“ vom 13.07.2015 ist zusammenfassend zu folgendem Ergebnis gekommen:

„Bei Durchführung der Vermeidungs - und CEF - Maßnahmen sind keine negativen Auswirkungen auf lokale Populationen von Brutvogelarten zu erwarten. Dies wird durch eine Monitoring der Brutbestände überprüft. Weiterhin gibt es keine Hinweise darauf, dass vom Planungsvorhaben lokale Populationen anderer Arten negativ betroffen sein könnten. Insbesondere ist die nach § 44 Abs. 5 BNatSchG zu schützende „ökologische Funktion“ der Fortpflanzungs- und Ruhestätten durch die Planung für keine Population einer artenschutzrechtlich relevanten Art betroffen.

Außerdem ist nicht erkennbar, das sich durch das Planvorhaben für die im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen Arten ein Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ergibt. Damit stehen dem Planvorhaben keine artenschutzrechtlichen Bedenken entgegen.

Die von IUS (2009a-d) vorgelegten Ergebnisse sind weiterhin als aktuell gültig einzustufen. Es ergeben sich nur bei den Brutvögeln geringfügige Modifikationen aufgrund eines in der Zwischenzeit leicht veränderten Artenspektrums, das von AF. (2014) ermitteln wurde. Insgesamt stimmen die von IUS (2009 a-d) und AF. (2014) festgestellten Artenspektren bei Berücksichtigung der unterschiedlich großen Untersuchungsgebiete, natürlichen Veränderungen und Fluktuationen gut überein (Analyse in Anhang 3).“

Auf das Gutachten im Weiteren wird ebenfalls Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 07. August 2015 ist eine zweite „Ergänzung der Begründung meines Planfeststellungsbeschlusses vom 27.12.2011 und der Ergänzungen des Beschlusses vom 11.06.2012 und 05.11.2014“ erfolgt, indem der Beklagte als Nebenbestimmung aufnahm, dass die mit Prüfvermerk vom 05.08.2015 versehene aktualisierte Artenschutzprüfung des Planungsbüros AH. vom Juli 2015 als Bestandteil des Planfeststellungsbeschusses anzusehen sei und die artenschutzrechtlichen Vermeidungsmaßnahmen sowie die CEF - Maßnahmen nach der aktualisierten Artenschutzprüfung aus Juli 2015 „(zusammenfassende Darstellung auf S. 7 - 9) des Gutachtens“ durchzuführen seien. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die aktualisierte Artenschutzprüfung mit den dort aufgeführten Empfehlungen zu Vermeidungs- und CEF - Maßnahmen geprüft worden sei und der Beklagte Änderungen von unwesentlicher Bedeutung der bisher im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Nebenbestimmungen festgestellt habe. Die im Gutachten AH. vorgeschlagenen präzisierten Vermeidungs- und CEF Maßnahmen seien nach seiner - des Beklagten - Einschätzung ausreichend, um alle Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG auszuschließen. Im Hinblick auf die Befreiung von der Verordnung zum Schutz von Baumreihen, Hecken und Feldgehölzen im Landkreis AG. vom 28.02.1998 habe das Gutachten AH. auch nach erneuter Überprüfung zu keiner neuen Einschätzung geführt. Die nach § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BNatSchG aus Gründen des überwiegenden Interesses im Planfeststellungsbeschluss vom 27.11.2011 erteilte Befreiung sei notwendig, um die Rohstoffversorgung, insbesondere auch in der Region AG., sicherzustellen. Bei der streitgegenständliche Fläche handele es sich nach der Rohstoffsicherungskarte des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie des Landes Niedersachsen um eine Lagerstätte erster Ordnung; ferner sei die Fläche als Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung im Landesraumordnungsprogramm und im regionalen Raumordnungsprogramm ausgewiesen.

Zu dem „aktualisierten Artenschutzprogramm“ des Planungsbüros AH. hat Herr Dr. AK. von der AK. Umweltplanung, AL., am 29.08.2015 Stellung genommen. Seiner Einschätzung nach würden entgegen der Ausführungen des Planungsbüros AH. erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Ergebnisse der erfassten Arten in den Gutachten des Instituts für Umweltstudien und des Ornithologischen Gutachtens von Herrn AF. bestehen. Ferner erfolge in dem Gutachten des Büros AH. eine Ausblendung eines Großteils der nach § 44 BNatSchG besonders geschützten Arten, obwohl offensichtlich sei, dass alle auf dem Abbaufeld brütenden Vogelarten ihre Reviere verlieren würden. Weiter enthalte das Gutachten AH. grundsätzliche Fehleinschätzungen und Fehler in der Anwendung der Vorschriften wie etwa der nordrhein - westfälischen Verwaltungsvorschrift Artenschutz. Der Beklagte habe sich das Gutachten daher nicht ohne eine detaillierte kritische Auseinandersetzung zu Eigen machen dürfen. Darüber hinaus seien CEF - Maßnahmen denklogisch ausgeschlossen, da das gesamte Revier und dessen Umfeld unbrauchbar werden würden. Hinzu komme, dass die angeordneten CEF - Maßnahmen zum Zeitpunkt der Projektrealisierung noch nicht voll funktionsfähig sein und für eine Reihe von Vogelarten Revierverluste vorliegen würden, für die weder CEF - Maßnahmen noch irgendwelche Kompensationsmaßnahmen vorgesehen seien. Für diese Arten werde lediglich pauschal auf angeblich ausreichende Ansiedlungen im weiteren Umfeld verwiesen. Letztlich liege zudem eine unzureichend Würdigung des Störungsverbots des § 44 Abs. 1 Ziff. 2 BNatSchG vor.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 07.09.2015 die Begründung seines Planfeststellungsbeschlusses vom 27.12.2011 ergänzt, indem er im Hinblick auf die Befreiung von der Verordnung zum Schutz von Baumreihen, Hecken und Feldgehölzen ausführte, dass sich die Planungsbehörde zur Ausweisung des Vorranggebietes für Rohstoffgewinnung entschieden habe, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits die vorgenannte Verordnung in Kraft gewesen sei. Die Befreiung sei zudem auf Grundlage des vorgelegten landschaftspflegerischen Begleitplans erfolgt, der entsprechende Kompensationen vorsehe.

Der Verfasser des „aktualisierten Artenschutzprogramms“ des Planungsbüros AH., Herr AI., verteidigte sein Gutachten mit Anmerkungen am 07.09.2015 zu der Stellungnahme des Herrn Dr. AK. dahingehend, dass diese eine Vielzahl fachlich unzutreffender Beurteilungen und Ausführungen enthalte. Die grundlegenden biologischen Zusammenhänge würden fehlerhaft dargestellt: nur 30 - 40 % der Kleinvogelpopulation würden den Zeitraum bis zur nächsten Brutzeit überleben, Reviere lägen nicht statisch an einem Ort, sondern unterlägen einer ständigen Dynamik; Populationen müssten sich im Sinne von NATURA2000 in einem günstigen, nicht im optimalen Erhaltungszustand befinden, wobei anzustreben sei, dass sich möglichst alle Populationen in einem günstigen Erhaltungszustand befänden. Im Weiteren folgt eine detaillierte Auseinandersetzung im Hinblick auf die von Herrn Dr. AK. aufgeworfenen Kritikpunkte. Auf die Ausführungen wird Bezug genommen.

Unter dem 27.10.2015 ergänzte Herr AI. seine Anmerkungen zu den von Herrn Dr. AK. gemachten kritischen Einwänden im Hinblick auf Artenschutz und Kompensation weiter. Des Weiteren machte er ergänzende Ausführungen zur Feldlerche.

Der Kläger führt zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen aus, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung unter erheblichen formellen Fehlern leide, da der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss weder eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG ausgearbeitet, noch eine Bewertung nach § 12 UVPG vorgenommen habe. Es handele sich dabei um derart wesensbestimmende Verfahrensschritte („Herzstück der UVP“), dass von einer nicht durchgeführten UVP ausgegangen werden müsse. Nach den vorgenannten Vorschriften sei auch eine schriftliche Dokumentation unerlässlich. Eine bloße Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf die Planunterlagen genüge nicht. Darüber hinaus seien im Planfeststellungsbeschluss nicht einmal alle nach § 11 UVPG erforderlichen Informationen in Bezug genommen worden. Insbesondere fehle die Auseinandersetzung mit der Übersicht über die Alternativen und Auswahlgründe nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Die Bewertung der Umweltauswirkungen auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung und die Berücksichtigung dieser bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens seien das Herzstück der UVP. Unterbleibe beides vollständig, so sei die UVP nicht fehlerhaft, sondern nicht durchgeführt worden. Das Erfordernis einer zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen ergebe sich bereits unmittelbar aus dem Unionsrecht. § 11 UVPG sei keine rein nationale Rechtsvorschrift. Dies folge aus Art. 3 und 8 i.V.m. 6 Abs. 3 lit a) i.Vm. Art. 5 Abs. 3 lit e) der UVP–Richtlinie, wonach die Behörde verpflichtet sei, die erforderlichen Informationen aufzuarbeiten und zumindest die durch das Vorhaben hervorgerufenen Umweltauswirkungen festzuhalten. Des Weiteren stünde einer Rüge der Verletzung von §§ 11 und 12 UVPG§ 4 UmwRG nicht entgegen, da der Gesetzgeber die in der Vorschrift genannten Verfahrensfehler lediglich als Regelbeispiele aufgefasst habe. Ein Verstoß gegen § 11 UVPG könne auch durch einen Umweltverband gerügt werden, da Art. 11 UVP–Richtlinie Umwelt- und Naturschutzvereinigungen den Zugang zu gerichtlichen Überprüfungsverfahren sichere. Der EuGH habe in seiner sog. Trianel – Entscheidung diese Bestimmung der Richtlinie für unmittelbar anwendbar erklärt, so dass sich Umweltvereinigungen unmittelbar auf diese berufen könnten. Da der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung der UVP–Richtlinie im UmwRG den Anforderungen des Unionsrechts nicht hinreichend Rechnung getragen habe, sei die eigene Rügebefugnis auch nicht durch § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG beschränkt, da diese Vorschrift aufgrund ihrer Europarechtswidrigkeit nicht zur Anwendung komme.

Darüber hinaus sei er mit seinen Einwendungen bezüglich der fehlerhaft bzw. nicht durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung und der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht präkludiert. Zum Zeitpunkt der Rügemöglichkeit sei für ihn noch nicht ersichtlich gewesen, dass der Beklagte weder eine zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG abfassen noch eine mit den Anforderungen des § 12 UVPG vereinbare Bewertung der Umweltauswirkungen vornehmen würde. Des Weiteren verweise er auf das Urteil des EuGH vom 15.10.2015 - C 137/14 -, wonach eine nationale Beschränkung der Umweltauswirkungen auf Einwendungen, die bereits innerhalb der Einwendungsfrist im Planfeststellungsverfahren vorgebracht wurden, unionsrechtswidrig sei. Mit der Rüge, dass diese Verfahrensschritte nach dem Anhörungsverfahren nicht durchgeführt worden seien, könne er daher nicht ausgeschlossen sein. Des Weiteren werde das Fehlen einer Bewertung nach § 12 UVPG auch nicht durch die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss aufgenommenen Nebenbestimmungen kompensiert. Der bloße Hinweis, dem Entscheidungsprozess sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorausgegangen, reiche nicht aus. Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung würden verfehlt, wenn eine Entscheidung ohne Bewertung der gerichtlichen Überprüfung erfolge. Eine nachträglich durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung werde dem Anspruch des UVPG, eine frühzeitige und wirksame Umweltvorsorge sicherzustellen, nicht gerecht, und eine nachträgliche Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei zumindest nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht mehr möglich.

Auch eine nachträgliche Heilung des Fehlens einer zusammenfassenden Darstellung käme nicht in Betracht, da § 11 UVPG als Spezialgesetz keine Heilungsmöglichkeit vorsehe. Dies würde auch den unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 und 8 UVP - RL widersprechen, die konkrete Anforderungen an eine frühzeitige Darstellung stellen würden. Eine Heilung nach § 45 Abs. 1 Ziff. 2 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG sei bei einem Fehlen der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG nicht möglich. Eine Heilung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 45 Abs. 2 VwVfG und § 1 Nds. VwVfG sei ebenfalls nicht möglich, weil sich diese Norm gerade nicht auf § 11 UVPG beziehe. Im Rahmen der Ergänzungen habe der Beklagte keine neutrale Entscheidung in Form einer zentrierten Vorabprüfung unter Ausschluss sonstiger Belange, die für oder gegen das Vorhaben sprechen würden, treffen können. Sofern eine zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG fehle, könne auch keine Bewertung nach § 12 UVPG erfolgen. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 07.01.2004 - C 201/02) könne eine UVP nicht einfach nachgeholt werden, sondern es sei vor der Nachholung entweder eine Rücknahme des Zulassungsbescheides oder zumindest dessen Aussetzung, soweit das Recht des jeweiligen Mitgliedstaats eine solche erlaube, erforderlich. Auch das Bundesverwaltungsgericht fordere in seinem Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 31/10 -, dass bei einer unterbliebenen und nachzuholenden Umweltverträglichkeitsprüfung diese ergebnissoffen erfolgen und solange die Nichtvollziehbarkeit des Zulassungsbescheides sichergestellt werden müsse. Zudem könne in dem hier vorliegenden Fall die Berücksichtigung der Bewertung der Umweltauswirkungen im Rahmen der planerischen Abwägung einer Planfeststellungsentscheidung nicht vollständig gerichtlich nachgeprüft werden, womit der Gefahr einer nicht mehr ergebnisoffenen Prüfung bei einer ganz oder in wesentlichen Teilschritten unterlassenen UVP nicht mehr durch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle entgegen gewirkt werde. Hierin liege der Unterschied zum Urteil des BVerwG vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 -. Einer Heilung stehe ferner entgegen, dass es sich nach Ansicht der Literatur bei den UVP - Vorschriften nicht um rein verfahrensrechtliche Anforderungen handele, sondern diese auch einen materiell - rechtlichen Gehalt aufweisen würden. Das Fehlen der zusammenfassenden Darstellung führe zudem nicht zu einem Begründungsmangel, sondern zu einem Mangel beim Zustandekommen der Zulassungsentscheidung. Bei einer Prüfung von Umweltfolgen ohne deren zusammenfassende Darstellung und ohne deren Bewertung handele es sich nicht um eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Ferner stehe der Geltendmachung einer Rechtsverletzung auch nicht die sog. Kausalitätsrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen. Für Umweltvereinigungen sei mit dem Umweltrechtsbehelfsgesetz eine spezielle gesetzliche Grundlage geschaffen worden, bei der der Gesetzgeber bewusst auf ein Kausalitätserfordernis verzichtet habe. Im Übrigen sei der dem Beklagten obliegende Nachweis, dass der Planfeststellungsbeschluss ohne die festgestellten Mängel nicht anderes ausgefallen wäre, nicht geführt. Insbesondere bei Planfeststellungverfahren gebe die gebotene planerische Abwägung hinreichend Möglichkeiten, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen zu bewerten und angemessen bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. Es liege bei wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren keine Ermessensreduzierung auf Null vor. Auch der Erlass von geeigneten Nebenbestimmungen stehe im Ermessen der Planfeststellungsbehörde. Insbesondere sei nicht offensichtlich, dass bei einer rechtzeitigen und ordnungsgemäßen zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen und einer der Entscheidung über den Planfeststellungsantrag vorangehenden umweltinternen Bewertung der Umweltauswirkungen kein anderer Inhalt des Planfeststellungsbeschluss einschließlich sämtlicher dazu möglicher Nebenbestimmungen denkbar gewesen wären. Deshalb komme es auch nicht darauf an, ob sich aus dem Urteil des EuGH vom 15.10.2015 ergeben, dass § 46 VwVfG in der derzeit geltenden Fassung mit Art. 11 der Richtlinie 2011/92 unvereinbar sei oder ob diese Bestimmung noch europarechtskonform einengend ausgelegt werden könne.

Des Weiteren stelle die Ergänzung der Begründung des Planfeststellungsstellungsbeschlusses vom 05.11.2014 einen Planänderungsbeschluss im Sinne von § 76 Abs. 1 VwVfG dar, an dem er - der Kläger - hätte beteiligt werden müssen, was nicht geschehen sei. Weiter sei seine im Rahmen der Änderung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 63 Abs. 2 Ziff. 6 BNatSchG erforderliche Beteiligung nicht erfolgt. Auch setze sich der Beklagte nicht mit artenschutzrechtlichen Belangen auseinander. Es liege eine mangelnde Beachtung des Artenschutzes vor. Von dem Vorhaben gehe nach der Artenschutz - Verträglichkeitsuntersuchung eine „erhebliche Störung“ von Baumpieper, Kiebitz und Neuntöter aus. Die im landschaftspflegerischen Begleitplan festgelegten CEF - Maßnahmen seien nicht ausreichend, da diese nur Zugriffe nach § 44 Abs. 1 Ziff. 1 und 3 BNatSchG vermeiden würden, nicht aber auf hier vorliegende erhebliche Störungen nach § 44 Abs. 1 Ziff. 2 BNatSchG anwendbar seien. Durch die CEF- Maßnahmen würden neue Habitate geschaffen, was nicht verhindere, dass die Vögel in ihren alten Habitaten erheblich gestört werden. Die Ausführungen im landschaftspflegerischen Begleitplan seien insoweit unzutreffend; demnach hätte eine Ausnahme von den Verboten des § 44 BNatSchG nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt werden müssen. Des Weiteren sei die Methodik der Bestandserfassung problematisch, da eine unzureichende Datenerhebung vorliege. Darüber hinaus seien die Ermessenserwägungen zur Befreiung von der Verordnung zum Schutz von Baumreihen, Hecken und Feldgehölzen des Beklagten unzureichend. Aus der Begründung zur Befreiung ergebe sich nicht, dass die Befreiung aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig sei. Die Ausweisung eines Vorranggebiets beinhalte keine verbindliche Maßgabe für die Befreiungsentscheidung des Beklagten von den Verboten der Verordnung zum Schutz von Baumreihen, Hecken und Feldgehölzen im Landkreis AG.. Verbotstatbestände des Naturschutzrechtes würden dadurch nicht unbeachtlich und allein die Festsetzung des Vorranggebietes bedeute nicht das Vorliegen überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses. Zudem seien in die öffentlichen Interessen auch die nachteiligen Umweltauswirkungen miteinzubeziehen und nicht nur einseitig das der Kiesgewinnung zur Rohstoffversorgung im Raum AG.. Nicht geprüft werde zudem, inwieweit durch eine Reduzierung des Abgrabungsvorhabens das Ausmaß der Zerstörung von Hecken und Feldgehölzen hätte verringert werden können. Hinzutreten würden Fehlbewertungen, die der Beklagte unerkannt aus dem Gutachten des Dipl.-Biologen AM., Planungsbüros AH., in den Planfeststellungsbeschluss übernommen habe. Diesbezüglich verweise er auf die fachgutachterliche Stellungnahme des Herrn Dr. AK., Fa. AK. Umweltplanung, aus AL. vom 29.08.2015. Das Gutachten des Büros AH. würde nicht nachweisen, dass die Artenspektren der verschiedenen Untersuchungen ähnlich seien. Nur bei 39 % aller nachgewiesenen Arten ergäben sich ausweislich des Gutachtens weitgehende Übereinstimmungen zwischen den Erhebungen, die der ursprünglichen Genehmigung zugrunde gelegen hätten, und den aktuellen, mit Standardmethoden durchgeführten Erfassungen.

Auch in Bezug auf seine naturschutzrechtlichen, insbesondere artenschutzrechtlichen Bedenken liege keine Präklusion vor. Die zuzugestehende Dürftigkeit seiner ersten Stellungnahme sei keine böse Absicht gewesen. Aus seinem Verhalten im Scoping - Termin könne kein Vertrauensschutz in Bezug auf spätere Erkenntnisse hergeleitet werden. Er - der Kläger - habe sich auf Grund der ausgelegten Gutachten in seinen Befürchtungen hinsichtlich der erheblichen Störungen im Sinne von § 44 Abs. 1 Ziff. 2 BNatSchG und in das Vorliegen eines Eingriffs in den Artenschutz bestätigt gefühlt. Diese Erkenntnisse und Empfehlungen der Gutachter aber seien seitens des Beklagten erst im Planfeststellungsverfahren unzureichend umgesetzt worden. Es sei nicht seine Aufgabe, innerhalb der Einwendungsfrist bereits von Gutachtern vorgetragene Bedenken zu wiederholen oder förmlich zu bestätigen. Erfolge im Rahmen der Abwägung dann aber eine unzureichende Berücksichtigung der Bewertungen der Gutachter, so müsse weiterhin die Möglichkeit bestehen, dies zu rügen. Zudem habe der Beklagte wiederholt versucht, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss durch Ergänzungsbescheide zu ändern, was zur Folge habe, dass er - der Kläger - sich auch gegen diese Bescheide und die darin genannten aktualisierten Unterlagen wenden könne. Abgesehen davon lasse der Planfeststellungsbeschluss jegliche Abwägung zwischen den ökonomischen Interessen der Beigeladenen und den nachteilig betroffenen Umweltbelangen vermissen und verstoße daher gegen das Abwägungsgebot. Insbesondere die Umweltverträglichkeitsstudie und die FFH - Verträglichkeitsstudie würden keinen Niederschlag in der Abwägung finde. Im Hinblick auf die Kollision mit dem Regionalen Raumordnungsprogramm liege ein Abwägungsausfall vor. Letztlich habe der Beklagte landwirtschaftliche, wasserwirtschaftliche, städtebauliche sowie verkehrlicher Belange unzureichend berücksichtigt.

Der Kläger beantragt,

den wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss vom 27.12.2011 nach den §§ 68 und 70 WHG i. V. m. § 109 NWG des Landkreises Osnabrück für die Durchführung eines Bodenabbaus in der Gemeinde N., Gemarkung O., Flur P., Flurstücke AN., AO. sowie die Änderungsbescheide vom 11.06.2012, 05.11.2014 und 07.08.2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, die Stellungnahme des Klägers vom 03.05.2010 enthalte keine Gründe, die gegen die Zulässigkeit des Vorhabens sprächen. Die von ihm - dem Beklagten - gemachten Vorschläge bezögen sich nicht auf befürchtete Schutzgutverletzungen, sondern dienten lediglich dazu, die bereits ausreichenden Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen zu optimieren. Die in der Stellungnahme vom 12.09.2011 vorgebrachten Aspekte hätten keine rechtliche Substanz und seien verspätet. Gleichwohl habe er die vorgetragenen Anregungen und Bedenken in seine Abwägung einbezogen. Weitere, erst im gerichtlichen Verfahren geltend gemachte Einwendungen dürften aufgrund eingetretener Präklusion jetzt nicht mehr berücksichtigt werden. Der Kläger dürfe nicht über den Umweg des UmwRG die strengen Anforderungen des Planfeststellungsverfahrens „aushebeln“. Durch die von ihm vorgenommenen Ergänzungen der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses vom 11.06.2012 sei eine erneute Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens erfolgt. Zur besseren Übersichtlichkeit habe er in der erneuten Ergänzung vom 05.11.2014 seine Bewertung der Umweltauswirkungen in tabellarischer Form zur besseren Nachvollziehbarkeit dargestellt. Diese beruhe ausschließlich auf der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG sowie den im Planfeststellungsverfahren eingereichten Unterlagen und Stellungnahmen. Beide Ergänzungen führten zu keiner Planänderung im Sinne des § 76 VwVfG. Eine andere Entscheidung über den Planfeststellungsantrag hätte nicht ergehen können. Die Verfahrensfehler bei der UVP seien daher nicht kausal für die Entscheidung. Die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen und deren Bewertung hätten zu keinem anderen Ergebnis führen können, da diese keine über die Antragsunterlagen der Beigeladenen, die Informationen aus den Stellungnahmen der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange sowie aus dem Planfeststellungsbeschluss ersichtlichen Überlegungen hinausgehenden Aspekte enthalten hätten. Als Beleg dafür habe er die Anlagen bzw. Tabellen zu den Bescheiden vom 11.06.2012 und 05.11.2014 mit entsprechenden Fundstellen ergänzt. Eine separate Dokumentation im Sinne des UVPG sei in den Verwaltungsvorgängen zwar nicht enthalten. Es gebe aber ein zentrales Word - Dokument für die Fachabteilungen Wasser und Umwelt, in das jede Fachabteilung die jeweilige Stellungnahme hineinschreiben könne. Letztlich habe in jedem Fall eine Abwägung stattgefunden.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie legt unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers ihre Ansicht dar, dass die Klage keinen Erfolg haben könne, weil der angefochtene Planfeststellungsbeschluss zu Recht ergangen sei und kein Verstoß gegen §§ 11 und 12 UVPG vorliege. Sie führt im Wesentlichen aus, dass ein Verstoß gegen formelle Vorschriften des UVPG unbeachtlich sei und insbesondere nicht davon ausgegangen werden könne, dass eine UVP nicht durchgeführt worden wäre. Auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht sei in seinem Beschluss vom 06.03.2013 - 6 ME 282/12 - hiervon ausgegangen. Formale Vorgaben für die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen gemäß § 11 UVPG enthalte weder das UVPG noch die UVP–Richtlinie. Sinn und Zweck des § 11 UVPG sei, alle entscheidungserheblichen Tatsachen zusammenzufassen. Im Gegensatz zu der Beteiligung der Öffentlichkeit stelle die zusammenfassende Darstellung ein rein formales Kriterium dar, welches nicht dazu führe, dass es auf der Seite der entscheidenden Behörde zu einem Erkenntnisgewinn komme, da diese nur die Informationen beinhalte, die ohnehin bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ermittelt worden seien. Auch § 12 UVPG stelle lediglich eine formale Ordnungsvorschrift dar. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten beinhalte bereits eine Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens. Dies ergebe sich insbesondere aus den zahlreichen umweltbezogenen Nebenbestimmungen in dem Planfeststellungsbeschluss. Im Hinblick auf § 12 UVPG sei zudem davon auszugehen, dass ein Fehler in Bezug auf § 11 UVPG nicht notwendig zu einem Fehler nach § 12 UVPG führe, da durch die zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG die Behörde keine neuen Erkenntnisse erhalte. Ferner sei ein möglicher Verstoß gegen § 11 UVPG im Rahmen eines Klageverfahrens nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unbeachtlich. Die Wesentlichkeit von Fehlern im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung bestimme sich nach §§ 44 ff. VwVfG. Der Kläger könne sich auch nicht auf ein aus der UVP - Richtlinie abgeleitetes Anfechtungsrecht berufen. Selbst wenn dies aus unionsrechtlicher Sicht grundsätzlich zu bejahen wäre, würde ein möglicher Verstoß gegen § 11 UVPG hiervon nicht erfasst. Das Erfordernis einer zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen ergebe sich auch nicht aus der UVP - Richtlinie, sondern stelle eine rein nationale Anforderung dar. Der EuGH habe in seiner sog. Trianel - Entscheidung festgestellt, dass sich eine erweiterte Klagemöglichkeit im Rahmen des § 2 UmwRG nur auf umweltrechtliche Vorschriften beziehe, die aus dem Unionsrecht hervorgegangen seien. Im Übrigen eröffne Art. 11 UVP–Richtlinie lediglich ein Anfechtungsrecht wegen der Verletzung „wesentlicher Verfahrensvorschriften“. Hierzu gehörten insbesondere die Beteiligungsregelungen, die den Einfluss der Öffentlichkeit auf die Entscheidung sicherstellten. § 11 UVPG komme jedoch ausschließlich behördeninterne Funktion zu. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits in seinem Beschluss vom 30.10.1982 - 4 A 4/92 - bezweifelt, dass Dritte durch das Fehlen einer zusammenfassenden Darstellung in rechtlichen Interessen betroffen sein könnten. Zwar unterliege der verfahrensrechtliche Verstoß gegen § 11 UVPG nicht der Rügepräklusion. Der Verstoß sei jedoch unbeachtlich, da der Kläger im Planfeststellungsverfahren nicht einmal ansatzweise Art und Weise einer Beeinträchtigung materieller Schutzgüter der Umwelt vorgetragen habe.

Darüber hinaus habe der Beklagte die Umweltauswirkungen des Vorhabens auch in der nach § 12 UVPG erforderlichen Weise ausreichend bewertet. § 12 UVPG diene der Umsetzung der Art. 3 und 8 UVP–Richtlinie. Danach seien die Ergebnisse der Anhörungen und die im Rahmen einer Umweltprüfung (Art. 5, 6, 7 UVP–Richtlinie) eingeholten Angaben in einem Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Mit Art. 8 UVP-RL sei § 12 UVPG nur dann vereinbar, wenn eine Auslegung dahingehend erfolge, dass die Genehmigungsbehörde die Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens nach den §§ 6, 7 und 9 UVPG in ungekürzter Form zu berücksichtigen habe. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen, denn der Beklagte habe die Bewertung der Umweltauswirkungen auf der Grundlage der vom Projektträger vorgelegten Unterlagen vorgenommen und die Ergebnisse im Planfeststellungsbeschluss erläutert. Darüber hinaus enthalte § 12 UVPG keine Regelung zur Form. Es lasse sich der Vorschrift jedenfalls nicht entnehmen, dass die Bewertung und die Berücksichtigung der Umweltauswirkungen in der Genehmigungsentscheidung ausführlich schriftlich abgehandelt werden müssten. Zudem sei - wenn überhaupt - § 12 UVPG in seiner verfahrensrechtlichen Seite betroffen und nicht in seiner materiell - rechtlichen Komponente. Davon abgesehen könne eine zusammenfassende Darstellung jederzeit nachgeholt werden. Sie sei als Teil der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG einzustufen. Einer spezialgesetzlichen Regelung bedürfe es insofern nicht. Darüber hinaus lasse § 4 Abs. 1 S. 2 UmwRG i.V.m. § 45 S. 2 VwVfG die Möglichkeit der Nachholung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung zu. Dies müsse im Wege eines „Erst–Recht–Schlusses“ dann auch für die bloße Nachholung der zusammenfassenden Darstellung gelten. Auch Art. 3 und 8 UVP - RL würden Heilungsmöglichkeiten in Bezug auf § 11 UVPG nicht einschränken. Darüber hinaus sei bei einer Nachholung der zusammenfassenden Darstellung nicht mit einem anderen Ergebnis zu rechnen, so dass es keiner vom EuGH in seinem Urteil vom 07.01.2004 - C -201/02 - geforderten vorherigen Aussetzung oder Rücknahme der Zulassungsentscheidung bedürfe. Des Weiteren komme auch eine Heilung „durch Nachholung“ analog § 45 VwVfG in Betracht, da die in § 45 Abs. 1 VwVfG aufgezählten Heilungsmöglichkeiten nicht abschließend seien und Betroffene in der Wahrnehmung ihrer Rechte oder der Zweck der Regelung nicht beeinträchtigt werden würden. Dies sei hier der Fall, weil die Verfahrensschritte der §§ 11 und 12 UVPG nur verwaltungsinternen Zwecken dienen würden und nicht dem Schutz Betroffener. Ein etwaiger Fehler im Rahmen des § 11 UVPG stehe einer Heilung in Bezug auf § 12 UVPG zudem nicht entgegen. Die Behörde erhalte im Rahmen der zusammenfassenden Darstellung keine neuen Erkenntnisse; dann aber sei eine vorweggenommene Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen bei Nachholung der zusammenfassenden Darstellung heilbar, da dieser formelle Fehler in keiner Weise den Zweck des § 12 UVPG berühre. In diesem Zusammenhang verweise sie - die Beigeladene - auch auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.08.2008 - 4 C 11/07 -, wonach sogar eine gänzlich unterlassene UVP - Vorprüfung während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden könne und der Gefahr einer nicht ergebnisoffenen Prüfung bei Nachholung durch die tatrichterliche Kontrolle im anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren entgegengewirkt werden könne. Ferner verweise sie auf den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu der Änderung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C 72/12 (Altrip) [Bundestagsdrucksache 18/6385] vom 14.10.2015, in dem nunmehr Heilungsmöglichkeiten sowie die Aussetzung des Verfahrens zur Durchführung dieser Heilung enthalten seien. Dieser antizipierte Wille des Gesetzgebers müsse auch im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden.

Im Hinblick auf § 46 VwVfG entspreche die Aussage des EuGH in seinem Urteil vom 07.11.2013 - C 72/12 - (juris, Rn. 38) der Ansicht des BVerwG in seinen Urteilen vom 20.12.2011 - 9 A 30/12 - und vom 24.11.2011 - 9 A 23/10 -, wonach § 4 Abs. 1 UmwRG nicht unionsrechtswidrig sei, da Fehler bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung nur anfechtbar seien und einen Aufhebungsanspruch begründen würden, wenn sie gem. § 46 VwVfG kausal für das Entscheidungsergebnis seien. Den Anforderungen des EuGH an den Nachweis der fehlenden Kausalität eines Verfahrensfehlers habe der Beklagte genügt, indem er nachvollziehbar dargelegt habe, dass die behaupteten Fehler der unterlassenen zusammenfassenden Darstellung und der Bewertung der Umweltauswirkungen keinen Einfluss auf das Ergebnis der Planfeststellung gehabt hätten. Die dem Schriftsatz des Beklagten beigefügte Tabelle unter Angabe der jeweiligen Unterlage zeige deutlich, dass keine Auswirkungen des Vorhabens, die nicht bereits Gegenstand der Antragsunterlagen gewesen seien, vorlägen, und dass von dem Beklagten nicht versäumt worden sei, diese bei den Nebenbestimmungen zu berücksichtigen. Zudem erfasse die Rechtsprechung des EuGH naturgemäß nur unionsrechtliche Verfahrensvorschriften, nicht aber die Beurteilung der Fehlerfolge bei Verletzung von nationalen Verfahrensvorschriften. Nur letzteres sei hier einschlägig, da es sich bei §§ 11 und 12 UVPG um Vorschriften handele, die in der UVP - Richtlinie nicht vorgesehen seien. Bei der Planänderung mit Bescheid vom 07.08.2015 handele es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung nach § 76 Abs. 2 VwVfG, für die kein Planfeststellungsverfahren stattfinden müsse.

Weiter fehle es an der Kausalität des gerügten Fehlers in Bezug auf § 12 UVPG, da die Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen auch ohne die zusammenfassende Darstellung hätte vorgenommen werden können und es daher undenkbar sei, dass es bei einer Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Auch hier würde einem Aufhebungsanspruch unmittelbar aus Art. 11 UVP - RL entgegenstehen, dass der vom Kläger gerügte Fehler - Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen auf Grund einer zusammenfassenden Darstellung - nicht eine Anforderung betreffe, die von der UVP - RL gefordert werde. Es handele sich daher um ein rein nationales Verfahrenserfordernis, so dass unabhängig vom Kausalitätskriterium ein Verfahrensfehler nicht aus Art. 11 UVP - RL geltend gemacht werden könne.

Zweifelhaft sei auch, ob sich der Kläger überhaupt auf die Verletzung von Verfahrensfehlern im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung berufen könne. Selbst wenn man dies bejahe, könne ihm das nicht zum Erfolg im Klageverfahren verhelfen, da die geltend gemachten Verfahrensfehler im Hinblick auf den Planfeststellungsbeschluss unbeachtlich wären. Nach der sog. Kausalitätsrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, wenn im Einzelfall die konkrete Möglichkeit bestünde, dass die angegriffene Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre.

Soweit der Kläger auf Grund des Urteils des EuGH vom 15.10.2015 nicht mehr nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert sei, müsse dessen Vorbringen aber wegen unzulässiger Rechtsausübung durch rechtsmissbräuchliches Verhalten zurückgewiesen werden. Der Kläger habe im Scoping - Termin und im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren Gelegenheit gehabt, sich kritisch zu den durchgeführten Untersuchungen zu äußern bzw. weitere Untersuchungen zu verlangen, was er aber nicht getan habe. Er habe bei seinen Äußerungen den Eindruck erweckt, dass das Vorhaben aus seiner Sicht keinen artenschutzrechtlichen Bedenken unterliege. Erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren habe der Kläger dann konkrete Einwendungen formuliert. Dieses widersprüchliche Verhalten stelle einen Verstoß gegen Treu und Glauben und eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung des Verbandsklagerechts dar. Dies gelte insbesondere für die Berufung des Klägers auf artenschutzrechtliche Fehler bei der Planung. Soweit der Kläger Bedenken wegen des unzureichenden Artenschutzes vortrage, eine fehlerhafte Bestandsaufnahme geltend mache, und die Verletzung landwirtschaftlicher, wasserwirtschaftlicher, städtebaulicher sowie verkehrlicher Belange rüge, sei er mit diesem Vorbringen präkludiert, da er im Rahmen des über zwei Jahre laufenden Planfeststellungsverfahrens diesbezüglich keine auch nur ansatzweise substantiierten oder konkretisierten Einwendungen erhoben habe. Vermeintliche Fehler im artenschutzrechtlichen Gutachten könne der Kläger nicht mehr geltend machen, da er dies im Beteiligungsverfahren hätte rügen können. Die Zurückweisung wegen rechtsmissbräuchlichen Vorbringens verstoße auch nach Ansicht des EuGH, Urteil vom 15.10.2015 - C - 137/14 - nicht gegen das Unionsrecht. Zudem fehle es dem Kläger an der Rügebefugnis, da seine Einwendungen sich überwiegend nicht auf Rechtsvorschriften beziehen würden, die dem Umweltschutz dienten.

Darüber hinaus sei die Planänderung vom 07.08.2015 formell rechtmäßig, da es keiner Beteiligung des Klägers im Planänderungsverfahren bedurft habe. Daneben sei auch die Befreiungsentscheidung des Beklagten im Hinblick auf die Verordnung zum Schutz von Baumreihen, Hecken und Feldgehölzen nicht ermessensfehlerhaft.

Schließlich liege keine erhebliche Störung von Baumpieper, Kiebitz und Neuntöter nach § 44 Abs. 1 Ziff. 2 BNatSchG vor, da es keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population gebe. Diese Tatsache ergebe sich auch aus der Artenschutz - Verträglichkeitsuntersuchung. Auch hinsichtlich weiterer Vogelarten (Feldlerche, Großer Brachvogel, Grünspecht, Gartenrotschwanz, Kuckuck, Pirol, Rebhuhn, Sumpfohreule, Turteltaube, Waldohreule, Kampfläufer, Steinkauz, Misteldrossel, Schleiereule, Sperber, Wacholderdrossel) sei in der Artenschutz- Verträglichkeitsuntersuchung eine erhebliche Störung verneint worden. Ferner sei auch die Methodik der Bestandserfassung nicht zu beanstanden. Diese halte die bei SÜDBECK dargestellte Methode ein, welche auch vom Bundesverwaltungsgericht als allgemein anerkannt bezeichnet worden sei. In diesem Zusammenhang verweise sie auch auf die Stellungnahmen des Planungsbüros AH. zu den kritischen Anmerkungen des Herrn Dr. AK.. Es sei für jede Art geprüft worden, ob Verbotstatbestände erfüllt würden.

Durch CEF - Maßnahmen bzw. vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen würde es gerade nicht durch eine an sich gegebene Störung zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population kommen. Diese Maßnahmen hätten auf bestimmte Vogelarten den positiven (Neben-)effekt, dass sie von der Vorhabenswirkung abgeschirmt würden, sie die Möglichkeit hätten Störwirkungen auszuweichen, und die lokale Population gestützt werde. Sämtliche CEF - Maßnahmen würden auch in dem erforderlichen räumlichen Zusammenhang mit dem Eingriff bzw. dem Plangebiet stehen, was insbesondere für die Feldlerche gelte. Das Abbaufeld werde erst sukzessive in Anspruch genommen und nicht auf einen Schlag vollständig beräumt. Wenn die künstliche herzustellenden CEF - Maßnahmen vollständig wirksam seien, werde das Abbaufeld umfassend in Anspruch genommen, und die Vogelarten könnten entsprechend ausweichen. Zudem sei auch die naturschutzrechliche Eingriffsregelung in § 15 BNatSchG unter Berücksichtigung der im Plangebiet vorkommenden Vogelarten ordnungsgemäß abgearbeitet.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Verfahrensakten in diesem Verfahren und in dem Eilverfahren 2 B 4/12, 13 ME 282/12 sowie die hinzugezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig.

Im Hinblick auf die Klagebefugnis des Klägers nimmt die Kammer zur Begründung in vollem Umfang auf die Beschlüsse der 2. Kammer vom 30.11.2012 (2 B 4/12) und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 06.032013 (13 ME 282/12), die den Beteiligten bekannt sind, Bezug. An den dort angestellten Überlegungen hält das Gericht auch nach erneuter Prüfung und Auseinandersetzung mit der Sach- und Rechtslage fest.

II. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses ist dabei der Zeitpunkt seines Erlasses (BVerwG, Beschluss vom 17.1.2013 - 7 B 18.12 - juris, Rn. 27 m.w.N.).

1. Der Planfeststellungsbeschluss ist formell rechtswidrig, da § 11 UVPG (a), und § 12 UVPG (b) bei dessen Erstellung nicht berücksichtigt wurden. Es mangelt damit an der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP); diese ist nicht nachholbar (c). Begründungsalternativ und insoweit selbstständig tragend liegt eine fehlerhaft durchgeführte UVP vor, welche ebenfalls nicht durch Nachholung geheilt werden konnte (d).

Das Vorhaben ist nach § 3 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (NUVPG) i.V.m. Nr. 1 a) der Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 NUVPG (Liste der nach Landesrecht UVP–pflichtigen Vorhaben) umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. Denn bei dem Vorhaben handelt es sich um einen Abbau von Bodenschätzen mit einer Abbaufläche von mehr als 25 ha.

Der Beklagte hätte daher für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen müssen, in der er u.a. die Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 11 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung vom 14.10.2011 (UVPG) zusammenfassend darstellen und gemäß § 12 UVPG hätte bewerten sowie in der Entscheidung mitberücksichtigen müssen (BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2013, - 7 A 20/11 -, juris, Langtext, Rn. 14). § 11 Satz 1 UVPG verlangt diesbezüglich eine von der zuständigen Behörde zu erarbeitende "zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens ..." und bestimmt in Satz 4 ergänzend, dass die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Zulassungsentscheidung erfolgen kann. Daraus folgt, dass das Gesetz eine in sich geschlossene Darstellung, wenn auch nicht notwendig in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument, verlangt; das bloße Aneinanderreihen der Planunterlagen, behördlicher Stellungnahmen und sonstiger Schriftstücke hingegen genügt nicht (BVerwG, Beschluss vom 10.10.2006, - 9 B 27.05 -, juris, Langtext, Rn. 17; so auch die Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks 11/3919, Seite 26). Fehlt es aber an einer zusammenfassenden und vollständigen Darstellung durch den Beklagten, so können deren Ergebnisse auch bei der Bewertung und Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nicht berücksichtigt (§ 12 UVPG) werden. Die Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung und deren Berücksichtigung bei der Entscheidung über dessen Zulässigkeit ist aber Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung (BVerwG, Beschluss vom 11.07.2013, - 7 A 20/11 -, juris, Langtext, Rn. 14).

a) An einer derartigen zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG fehlt es vor dem Erlass des Planfeststellungbeschluss am 27.12.2011. Die Kammer verweist insoweit auf die Ausführungen in den Beschlüssen der 2. Kammer - 2 B 4/12 - (Bl. 16, 17) sowie des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - 13 ME 282/12 - (Bl. 7, 8) und schließt sich nach erneuter Prüfung und Auseinandersetzung mit der Sach- und Rechtslage auch der dortigen Einschätzung an. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen beinhaltet der hier streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss vom 27.12.2011 keine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen. Insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus den Nebenbestimmungen in dem Planfeststellungsbeschluss, da sich in diesen keinerlei Befassung mit den Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt findet, sondern lediglich Details der Umsetzung des Vorhabens geregelt werden. Soweit die Beigeladene sich darauf beruft, dass die zusammenfassende Darstellung in § 11 UVPG eine rein nationale Anforderung darstelle und der EuGH in der sog. Trianel - Entscheidung eine erweiterte Klagemöglichkeit nur auf umweltrechtliche Vorschriften beziehe, die aus dem Unionsrecht hervorgegangen seien, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da es sich bei § 11 UVPG um keine rein nationale Rechtsvorschrift handelt. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit einer Zusammenstellung des Datenmaterials als letztem Schritt des Beschreibens aus Art. 3 UVP - RL und aus der dort ebenfalls angeordneten Beachtung der umweltmedialen Wechselwirkungen, die über eine bloße Addition der Angaben und der (Umwelt-) Einflüssen eine gerade auch jene Synergismen erfassende Zusammenstellung verlangt (Erbguth /Schink, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 2. Auflage, § 11, Rn. 1).

b) Ferner ergibt sich ein Mangel im Hinblick auf § 12 UVPG. Auch diesbezüglich verweist die Kammer auf die Ausführungen in den Beschlüssen der 2. Kammer - 2 B 4/12 - (Bl. 16, 17) sowie des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - 13 ME 282/12 - (Bl. 9) und schließt sich nach erneuter Prüfung und Auseinandersetzung mit der Sach- und Rechtslage der dortigen Einschätzung an. Nach § 12 UVPG bewertet die zuständige Behörde die Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG und berücksichtig diese Bewertung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne der §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 2 und 4 nach Maßgabe der geltenden Gesetze. § 12 UVPG beinhaltet damit zwei Verfahrensschritte: Zum einen die Bewertung der Umweltauswirkungen und zum anderen die anschließende Berücksichtigung bei der Zulassungsentscheidung. Als letzter Akt des Dreiklangs „Ermitteln - Beschreiben - Bewerten“ (§ 2 Abs. 1 Abs. 1 S. 2 UVPG, wonach die UVP die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens umfasst) schließt § 12 das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP-Verfahren) ab. Die Berücksichtigung der Bewertungsergebnisse stellt dabei die verfahrensmäßige Verbindung zur materiellen Genehmigungsentscheidung her, und § 12 UVPG fungiert damit als Schnittstelle zwischen UVP und Zulassungsentscheidung (Wulfhorst in Landmann / Rohmer, Umweltrecht, Loseblattkommentar, Band I, Stand: Mai 2015, § 12 Rn. 2). Allein aus dem Wortlaut des § 12 UVPG und seiner Stellung im gesamten Verfahrensablauf im Rahmen des UVPG lässt sich daher ableiten, dass die Bewertung der Umweltauswirkungen zwingend vor deren Berücksichtigung in einer Zulassungsentscheidung bzw. vor dem Treffen einer Zulassungsentscheidung überhaupt zu erfolgen haben.

Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass ein Fehler im Hinblick auf § 11 UVPG nicht automatisch zu einem Fehler nach § 12 UVPG führe, da die Behörde ohnehin keine neuen Erkenntnisse erhalte, geht diese Ansicht von einem falschen Verständnis der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG und des ersten Verfahrensschritts des § 12 UVPG, der Bewertung der Umweltauswirkungen, aus. Die Behörde hat auf der Grundlage der Antragsunterlagen (§ 6 UVPG), der Stellungnahme beteiligter Behörden (§§ 7, 8 UVPG) und der Äußerungen der Öffentlichkeit (§§ 9, 9 a UVPG) eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen zu erarbeiten. Im Rahmen dessen hat sie gem. § 11 S. 2 UVPG ggf. auch eigene Ermittlungen anzustellen und mit einzubeziehen, woran deutlich wird, dass die zuständige Behörde die Angaben des Antragstellers und die Beiträge der anderen Verfahrensbeteiligten nicht ungeprüft übernehmen darf, sondern in eigener Verantwortung sicherzustellen hat, dass die Umweltauswirkungen sachgerecht und umfassend ermitteln werden (Sangenstedt in Landmann/Rohmer, aaO., § 1 Rn. 39; Beckmann in Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 11 Rn. 10). Darüber hinaus soll die zusammenfassende Darstellung Auskunft darüber geben, woher die jeweilige Information stammt, um bei der Bewertung der Information die von unterschiedlichen Interessen und Sichtweisen geprägten Informationen entsprechend einschätzen zu können (Wulfhorst in Landmann / Rohmer, aaO., § 11 Rn. 23). Die Behörde kann somit durchaus zu neuen Tatsachen und Einschätzungen gelangen, wenn sie den in § 11 UVPG beschriebenen Erarbeitungsweg einhält. In § 11 UVPG kommt damit deutlich zum Ausdruck, dass die Behörde die ihr gegebenen Informationen nicht in Form einer bloßen Zusammenfassung übernehmen darf, sondern eine für sich selbst objektivierte Zusammenfassung erstellen muss. Hinzu tritt der erste Teilschritt des § 12 UVPG, nämlich die Bewertung der Umweltauswirkungen auf Grund dieser zusammenfassenden Darstellung. Nimmt aber die zuständige Behörde - wie hier - eine Zulassungsentscheidung vor, bevor sie den von dem UVPG geforderten Dreiklang „Ermitteln - Beschreiben - Bewerten“ erarbeitet hat, so handelt es sich um einen formellen Mangel bei der Durchführung der UVP. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen enthält das UVPG damit durchaus formale Vorgaben und damit ein Verfahrensprogramm, welches es einzuhalten gilt, da jeder Schritt in diesem Verfahren auf dem anderen aufbaut, um eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne des § 1 UVPG zu gewährleisten, und so eine UVP als materiell durchgeführt ansehen zu können. Dabei kann dahinstehen, ob die Behörde gehalten ist, die Bewertung in der Begründung der Zulassungsentscheidung vorzunehmen (Erbguth / Schink, aaO., § 12 Rn. 5 c), oder die Begründung in einem behördeninternen Papier niederschreibt (Schmidt - Preuß, DVBl. 1995, 487, Peters / Baller, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 3. Auflage, § 11, Rn. 4). In jedem Fall ist eine schriftliche Dokumentation angesichts der Bedeutung beider Verfahrensschritte und der bei den betroffenen Vorhaben zu verarbeitenden Materialien unerlässlich (Wulfhorst in Landmann / Rohmer, aaO., § 12, Rn. 45). Die Beigeladene kann daher nicht mit ihrer Ansicht, es lasse sich der Vorschrift nicht entnehmen, dass die Bewertung und die Berücksichtigung der Umweltauswirkungen in der Genehmigungsentscheidung ausführlich schriftlich abgehandelt werden müssten, durchdringen. Selbst wenn dem Wortlaut des § 12 UVPG keine ausdrückliche Anforderung dahingehend zu entnehmen ist, die Verfahrensschritte des § 12 UVPG konkret im Genehmigungsbescheid abzuhandeln, ergibt sich aus dem oben Gesagten in jedem Fall, dass die Behörde dem § 12 UVPG nicht genügt, wenn sie ohne jegliche schriftliche Fixierung der Bewertung und Berücksichtigung eine Zulassungsentscheidung trifft.

Weiter führt die Beigeladene zwar zutreffend aus, dass § 12 UVPG die Art. 3 und 8 der UVP - RL bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) umsetzt und die Ergebnisse der Anhörungen sowie die im Rahmen einer Umweltprüfung (Art. 5, 6, 7 UVP–RL) eingeholten Angaben in einem Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen sind. Allerdings reicht es hierfür nicht aus, dass die Behörde nach §§ 6 - 9 a UVP -RL die Umweltauswirkungen des Vorhabens lediglich berücksichtigt. Vielmehr muss sich die Behörde mit den gewonnenen Erkenntnissen auch auseinandersetzten. Dass die Behörde dies getan hat, ist nur transparent und nachvollziehbar, wenn sie vor der Zulassungsentscheidung eine entsprechende Dokumentation vornimmt. Eine Dokumentation erst nach der Zulassungsentscheidung ist daher nicht ausreichend. An welcher Stelle in dem Planfeststellungsbescheid vom 27.12.2011 der Beklagte eine solche Dokumentation vorgenommen haben will, ist nicht erkennbar. Weder aus den Regelungen „A. bis O.“ noch aus den Nebenbestimmungen „A. - D.“ oder der Begründung ergibt sich eine Einzelbewertung der mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen auf die UVP - Schutzgüter oder eine Gesamtbewertung im Hinblick auf die Umweltauswirkungen. Es handelt sich bei den einzelnen Punkten vielmehr um Regelungen und Nebenbestimmungen, die durchweg der Genehmigung und der Sicherung der Durchführung des Vorhabens dienen. Indem der Beklagte auf Seite 2 des Planfeststellungsbeschlusses zu dessen Bestandteilen die mit seinen Feststellungsvermerken versehenen Antragsunterlagen und ergänzenden Stellungnahmen des Antragstellers zum Verkehrsgutachten macht, erfüllt er ebenfalls nicht die an ihn durch § 12 UVPG gestellte Anforderung. Hinzu tritt, dass der Beklagte an keiner Stelle, selbst nicht in den nachträglich erlassenen Bescheiden, Standort- oder Alternativenprüfungen vornimmt, was an dieser Stelle schwerpunktmäßig dazugehört hätte.

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen handelt es sich ebenfalls bei § 12 UVPG nicht um eine rein nationale Vorschrift. Der Bewertungsvorgang selbst ist vielmehr Art. 3 UVP- RL zu entnehmen, indem dieser verlangt, dass die ermittelten und beschriebenen Umweltauswirkungen eines Projektes in „geeigneter Weise“ bewertet werden. Hieraus ergibt sich ein Bewertungsgebot mit einem materiell - rechtlichen Ansatz (Wulfhorst in Landmann / Rohmer, aaO., § 12, Rn. 1; Beckmann in Hoppe/Beckmann, aaO., § 12 Rn. 7)

c) Die vor Erlass des Planfeststellungsbeschluss nicht durchgeführten Verfahrensschritte nach §§ 11 und 12 UVPG führen dazu, dass von einer nicht stattgefunden Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist (1). Diese konnte im gerichtlichen Verfahren auch nicht nachgeholt werden (2).

(1) Bei §§ 11 und 12 UVPG handelt es sich um unverzichtbare Verfahrensschritte im Rahmen der UVP. Denn fehlt es an der zusammenfassenden Darstellung und der Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens, können diese bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens (hier bei der fachplanerischen Abwägung) nicht berücksichtigt (§ 12 UVPG) werden. Die Berücksichtigung der zusammenfassenden Darstellung und der Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens bei der Entscheidung über dessen Zulässigkeit ist aber Sinn und Zweck der UVP (BVerwG, Urteil vom 11.07.2013 - 7 A 20/11 - juris, Langtext, Rn. 14). Wenn aber Sinn und Zweck der UVP nicht vor Erteilung einer Plangenehmigung erfüllt werden, kann nur von dem vollständigen Ausfall der UVP ausgegangen werden. Hinzu tritt der aus dem UVPG - Gesetz selbst erkennbare Schwerpunkt im Hinblick auf die §§ 11 und 12 UVPG. Die §§ 3 a bis 9 b UVPG und § 10 UVPG (Geheimhaltung und Datenschutz) widmen sich ausschließlich dem Verfahrensablauf, dem ersten Schritt des bereits oben erwähnte Trias des „Ermittelns - Beschreibens - Bewertens“. §§ 11 und 12 UVPG hingegen umfassen allein das „Beschreiben“ und „Bewerten“ und damit zwei wesentliche Teilschritte im Rahmen jeweils eines Paragraphen. Fallen diese beiden letzten Teilschritte weg, liegen lediglich Informationen zu den voraussichtlichen Umweltfolgen vor, ohne dass die verfahrensführende Behörde sich mit diesen überhaupt auseinandergesetzt hat. Die wesentliche Arbeit der Behörde aber beginnt erst ab der Zusammenstellung der Informationen (§ 11 UVPG), wofür sie nach § 11 S. 2 UVPG ggf. auch eigene Ermittlungen anzustellen hat. Der Ausfall der letzten beiden Verfahrensschritte im Rahmen einer UVP ist somit mit einer nicht durchgeführten UVP gleichzusetzen. Vergleichbar würde man auch bei der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens, bei dem es an einem Widerspruchsbescheid fehlt, nicht von einem „fehlerhaften“ Widerspruchsverfahren, sondern -mangels Widerspruchsbescheid- von einem „nicht durchgeführten“ Widerspruchsverfahren sprechen.

Soweit die Beigeladene einwendet, dass Art. 11 UVP–Richtlinie lediglich ein Anfechtungsrecht wegen der Verletzung „wesentlicher Verfahrensvorschriften“ eröffne und in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 30.10.1982 - 4 A 4/92 -) verweist, wonach zweifelhaft sei, dass Dritte durch das Fehlen einer zusammenfassenden Darstellung in rechtlichen Interessen betroffen sein könnten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Allein auf Grund des Wortlauts des § 11 S. 2 UVPG, wonach die zusammenfassende Darstellung möglichst innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung im Anhörungsverfahren nach § 9 Abs. 1 S. 2 UVPG zu erarbeiten ist bzw. die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen kann (S. 3), ergibt sich der einzuhaltende zeitliche Ablauf, der sich in einem entsprechenden Informationsanspruch gegenüber der Öffentlichkeit finalisiert. Darüber hinaus handelt es sich nach Ansicht der Kammer zwar - insoweit in Übereinstimmung mit weiten Teilen der Literatur- bei § 11 UVPG um eine Verfahrensvorschrift mit drittschützender Wirkung. Das gleiche nimmt die Kammer auch für § 12 UVPG an, da sich die Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des Vorhabens unmittelbar auf die Zulassungsentscheidung auswirkt, sodass die zugrundeliegenden materiellen Bewertungsmaßstäbe subjektiven Rechtsschutz vermitteln (Wulfhorst in Landmann / Rohmer, aaO, § 12 Rn. 56; Müller, Verfahrensartfehler, 2005, S. 187 f.; Scheidler, NVwZ 2005, 664 f.; Böhm, UPR 2014, 203, Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehler im Umweltrecht, 2013, S. 235 f.; a. A.Erbguth /Schinke, aaO, Einl. 117). Auf Grund des individualrechtlich bedeutsamen Gehalts u.a. der §§ 11, 12 UVPG kann auf eine entsprechende Bedeutung der Durchführung der UVP und insoweit auch des Planfeststellungsverfahrens geschlossen werden. Gerade bei komplexen Verwaltungsentscheidungen dient die Verfahrensfunktion dazu, einen Ausgleich zwischen den berührten Belangen zu schaffen. Insbesondere den im Planfeststellungsverfahren einzuhaltenden drittschützenden Verfahrensbestimmungen kommt daher ein besonderer Stellenwert zu, um einen Schutz subjektiv materieller Rechte Dritter durch das Verfahren zu gewährleisten. Im Unionsrecht leitet sich diese besondere Bedeutung des Verfahrensrechtes auch aus dem generell höheren Stellenwert des Verfahrens, der dort weitergehenden Anerkennung subjektiver Verfahrensrechte sowie dem Gebot der effektiven Geltung unionsrechtlicher Verfahrensvorgaben ab (Müller, aaO., S. 190 f.). Die §§ 11 und 12 dienen daher nicht ausschließlich nur verwaltungsinternen Zwecken, sondern ihnen kommt ebenfalls eine prozeduralen Rechtsschutzfunktion zu. Diese konnte hier nicht zum Tragen kommen, womit die UVP als nicht durchgeführt anzusehen ist.

(2) Eine Nachholung der Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 4 Abs. 1 S. 1 UmwRG kommt nicht in Betracht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann, sofern eine UVP - Vorprüfung nachgeholt wird und sich hierbei eine UVP - Pflichtigkeit des Vorhabens ergibt, die erforderliche UVP nicht nachgeholt werden (BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11/07 - juris, Langtext, Rn. 26). In seinem Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - (juris, Langtext, Rn. 36) unter Hinweis auf den EuGH (Urteil vom 03.07.2008 - Rs. C - 215/06) führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Mitgliedsstaaten nach Art. 2 Abs. 1 UVP - RL zu gewährleisten hätten, dass Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, "vor Erteilung der Genehmigung" einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Prüfungen, die erst nach der Zulassungsentscheidung erfolgten, sind danach grundsätzlich unbeachtlich (vgl. EuGH, Urteile vom 03.07.2008 - Rs. C-215/06 - Slg. 2008, I-4911 Rn. 49 und vom 24. November 2011 - Rs. C-404/09 - NuR 2012, 42 Rn. 83 und 93). Das schließt eine Behebung des Mangels in einem nach Abschluss des Rechtsstreits stattfindenden ergänzenden Verfahren lediglich dann nicht aus, wenn dadurch nicht die Möglichkeit eröffnet wird, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, und wenn die nachträgliche Legalisierung die Ausnahme bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 03.07.2008 a.a.O. Rn. 57). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit sicherstellt, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung wird in diesen Ausnahmefällen verhindert; diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten. Allerdings ist hierfür die Aussetzung einer bereits erteilten Genehmigung erforderlich, um das Projekt nachträglich einer UVP zu unterziehen (EuGH, Urteil vom 07.04.2004 - C - 201/02 - juris). Eine Nachholung der UVP quasi „im laufenden Betrieb“, ohne Aussetzung der Planungsentscheidung - wie hier - hingegen ist nicht vorgesehen (Fellenberg /Schiller, /Rohmer, aaO., § 4 Rn. 20).

Dieser Rechtsprechung folgt die Kammer.

Hier wird der Planfeststellungsbeschluss seit seinem Erlass umgesetzt, so dass eine ergebnisoffene Prüfung nicht möglich ist. Demnach konnte die Umweltverträglichkeitsprüfung durch die drei weiteren Bescheide des Beklagten auch nicht nachgeholt werden.

d) Begründungsalternativ und insoweit selbstständig tragend ist in jedem Fall von einer fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen (1), welche nicht nachgeholt werden konnte (2).

(1) Aus § 4 Abs. 1 Ziff. 1 UmwRG ergibt sich keine Regelung im Hinblick auf eine mit Fehlern behaftete Umweltverträglichkeitsprüfung. Ein Verfahrensfehler ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 07. November 2013 - C 72/12 - juris, Langtext, Rn. 37 f.) - entgegen des Wortlauts des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 UmwRG, wonach die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nur verlangt werden kann, wenn die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist - aber beachtlich, da die Anwendbarkeit der nationalen Vorschriften zur Umsetzung von dem damaligen Art. 10 a UVP - Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985, geändert durch die Richtlinie 2003/35/EG des Rates vom 26.05.2003; nunmehr gleichlautend Art. 11 Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten) nicht allein auf den Fall beschränkt werden kann, dass die Anfechtung der Rechtmäßigkeit auf das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung gestützt wird. Insoweit hat der EuGH ausgeführt:

„Der Ausschluss ihrer Anwendbarkeit in dem Fall, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwar durchgeführt wurde, aber mit – unter Umständen schwerwiegenden – Fehlern behaftet ist, würde den Bestimmungen der Richtlinie 85/337 über die Beteiligung der Öffentlichkeit weitgehend ihre praktische Wirksamkeit nehmen. Ein solcher Ausschluss liefe daher dem in Art. 10a der Richtlinie genannten Ziel zuwider, einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren.

Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass Art. 10a der Richtlinie 85/337 dahin auszulegen ist, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war.“

Diese Rechtsprechung in Zweifel zu ziehen, sah jüngst der EuGH in seinem Urteil vom 15.10.2015 - C -137/14 - keinen Anlass (juris, Langtext, Rn. 48 -50) und erklärte, dass § 4 Abs. 1 UmwRG demzufolge gegen Art. 11 der UVP - RL verstoße. Dem folgt die Kammer überzeugt.

(2) Im Falle einer fehlerhaften UVP gilt für die Frage der Möglichkeit einer Nachholung bzw. Heilung der UVP das bereits für den Fall einer nicht durchgeführten UVP gesagte. Einer Heilung steht bereits entgegen, dass die Beigeladene die Genehmigung bereits umsetzt und die Planungsentscheidung vollzogen wird. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 15.10.2015 für den Fall einer fehlerhaft durchgeführten UVP im Zusammenhang mit § 46 VwVfG zudem einen entsprechenden Auftrag an den nationalen Gesetzgeber formuliert, indem er ausführte:

„Zum Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland betreffend § 46 VwVfG, wonach dann, wenn zwar eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine Vorprüfung durchgeführt worden, diese aber mit einem Verfahrensfehler behaftet sei, unter den in diesem Artikel vorgesehenen Voraussetzungen ein gerichtlicher Rechtsbehelf möglich sei, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften einer Richtlinie in der Weise umgesetzt werden müssen, dass sie unzweifelhaft verbindlich und so konkret, bestimmt und klar sind, dass sie dem Erfordernis der Rechtssicherheit genügen (Urteile Dillenkofer u. a., C-178/94, C-179/94 und C-188/94 bis C-190/94, EU:C:1996:375, Rn. 48, sowie Kommission/Portugal, C-277/13, EU:C:2014:2208, Rn. 43), was hier nicht der Fall ist.

Zum anderen steht fest, dass diese nationale Rechtsvorschrift selbst die Einlegung eines Rechtsbehelfs im Sinne von Art. 11 der Richtlinie 2011/92 Beschränkungen unterwirft, deren Prüfung im Rahmen des zweiten Teils der zweiten Rüge erfolgt.“

Solche eindeutigen Regelungen liegen hier mit § 4 Abs. 1 UmwRG bisher nicht vor. Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang auf den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C 72/12 (Altrip) [Bundestagsdrucksache 18/6385] vom 14. Oktober 2015, wonach nunmehr Heilungsmöglichkeiten sowie die Aussetzung des Verfahrens zur Durchführung dieser Heilung enthalten seien, verweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen sind diese Regelungen noch nicht in Kraft, und zum anderen berücksichtigt der Gesetzesentwurf vom 14.10.2015 nicht die einen Tag später ergangene jüngsten Entscheidung des EuGH in der Sache C 137/14, in welcher sich der EuGH nochmals mit der Problematik auseinandergesetzt und entsprechend weitere Aufträge an den nationalen Gesetzgeber formuliert hat.

Auf Grund der laufenden Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses kommt auch keine Heilung nach § 4 Abs. 1 S. 3 UmwRG i. V. m. § 45 Abs. 2 VwVfG in Betracht. Nicht zu folgen ist in diesem Zusammenhang der Ansicht der Beigeladenen, dass wenn § 4 Abs. 1 S. 2 UmwRG i.V.m. § 45 S. 2 VwVfG die Möglichkeit der Nachholung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung zulasse, dann dies im Wege eines „Erst–Recht–Schlusses“ auch für die bloße Nachholung der zusammenfassenden Darstellung gelten müsse. Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, ein Fehler im Rahmen des § 11 UVPG sei auch deswegen unbeachtlich, da die Behörde im Rahmen der zusammenfassenden Darstellung keine neuen Erkenntnisse erhalte, eine vorweggenommene Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen bei Nachholung der zusammenfassenden Darstellung dann auch heilbar sei und dieser formelle Fehler in keiner Weise den Zweck des § 12 UVPG berühre, ist auf das unter Ziff. 1.) b) ausgeführte zu verweisen.

Im Hinblick auf § 11 UVPG verweist die Kammer ferner auf den Beschluss der Verwaltungsgericht Osnabrück - 2 B 4/12 - vom 30 November 2012 und folgt nicht der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in seinem Beschluss - 13 ME 282/12 - vom 06. März 2013. Die - 2. Kammer - führte diesbezüglich in ihrem Beschluss aus:

„Entgegen der Auffassung der Beigeladenen und des Antragsgegners ist die nach § 11 UVPG erforderliche zusammenfassende Darstellung auch nicht durch die „Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses“ vom 11.06.2012 wirksam nachgeholt, d.h. ihr Fehlen geheilt worden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG). Unabhängig davon, ob diese Ergänzung den Anforderungen des § 11 UVPG inhaltlich genügt, ist eine Nachholung der zusammenfassenden Darstellung im gerichtlichen Verfahren nicht mehr möglich. Denn eine nachträglich erstellte zusammenfassende Darstellung erfüllt nicht mehr den vom Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz geforderten Zweck. Die zusammenfassende Darstellung dient nach dem oben gesagten der Ermittlung des anschließend zu bewertenden Materials und ist damit notwendige Voraussetzung für die Erstellung einer fehlerfreien Umweltverträglichkeitsprüfung (BVerwG, Urteil v. 25.01.1996 – 4 C 5/95 –, aaO). Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll gewährleisten, dass die Umweltauswirkungen, die von einem Vorhaben ausgehen können, frühzeitig ermittelt, beschrieben und bewertet werden (vgl. § 1 Nr. 1 UVPG). Hierdurch soll eine auf die Umweltbelange beschränkte Vorabprüfung unter Ausschluss der sonstigen Belange, die sich für oder gegen das Vorhaben ins Feld führen lassen, erfolgen (BVerwG, Urteil v. 18.11.2004 – 4 CN 11.03 –, juris). Auch das Gemeinschaftsrecht (Art. 2 Abs. 1 UVP–Richtlinie) verlangt, die Umweltverträglichkeit von Projekten, bei denen u.a. aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor Erteilung der Genehmigung zu prüfen (EuGH, Urteile v. 03.07.2008 – C– 215/06, Irland und v. 25.07.2008 – C– 142/07, jeweils juris).“

Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - verweist, wonach eine unterbliebene UVP - Vorprüfung unter entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 1 VwVfG nachgeholt werden könne, ist dies nicht vergleichbar mit dem Fall einer fehlerhaft durchgeführten UVP. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Fehlerkorrektur in seinem Urteil auf eine unterbliebene UVP - Vorprüfung mit dem Ergebnis, dass das Vorhaben einer UVP habe nicht unterzogen werden müsse, beschränkt (juris, Langtext, Rn. 24, 25 und 28), und dies mit einer anderen Funktion der UVP - Vorprüfung gegenüber der UVP begründet (juris, Langtext, Rn. 26). Es führt zudem weiter aus, dass dies nicht mehr gilt, wenn eine UVP hätte durchgeführt werden müssen, da die UVP gewährleisten soll, dass die Umweltauswirkungen frühzeitig (§ 1 Ziff. 1 UVPG) ermittelt, beschrieben und bewertet werden (juris, Langtext, Rn. 26). In diesem Zusammenhang verweist es auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott, in dem Verfahren Rs. C - 142/07 wonach Maßnahmen, die erst im Anschluss an eine Genehmigung getroffen würden, unbeachtlich seien. Aus dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts kann somit nicht gefolgert werden, dass die fehlende zusammenfassende Darstellung in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG auf andere Verfahrenserfordernisse nach § 11 UVPG ebenfalls nachgeholt werden kann. Im Gegenteil; gerade der Verweis auf die in § 1 Ziff. 1 UVPG genannte frühzeitige und umfassende Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen und der Verweis auf den Schlussantrag der Generalanwältin Kokott lässt darauf schließen, dass im Falle einer fehlerhaft durchgeführten UVP eine Heilung nicht mehr möglich ist, allein schon auf Grund der Tatsache, dass nach dem Treffen der Zulassungsentscheidung das Ziel des § 1 Ziff. 1 UVPG nachträglich nicht mehr erreicht werden kann. Zudem erfolgte die Zulassung einer Heilung bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 45 Abs. 1 VwVfG analog unter der Einschränkung, dass der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, d.h. ohne Aufhebung oder jedenfalls Feststellung der Nichtvollziehbarkeit der Verwaltungsentscheidung, erreicht werden kann, was bei der UVP-Vorprüfung der Fall sei. Das Bundesverwaltungsgericht spricht hier die sog. funktionale Äquivalenz an, wonach die Heilung eines Fehlers nur insoweit eintritt, als die nachzuholende Verfahrenshandlung durch die Behörde formell ordnungsgemäß erfolgt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht werden kann. Die Heilung durch Nachholung muss in einer Art und Weise erfolgen, dass die mit dem Fehler verbundenen Nachteile vollständig beseitigt werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 45 Rn. 26 und 42). Dies aber ist hier unter Berücksichtigung der streng vorgegebenen Verfahrensschritte im UVPG nicht mehr möglich. Die zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG ist Voraussetzung für den drauffolgenden Verfahrensschritt der Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen (§ 12 UVPG). Bei einer nachgeschobenen zusammenfassenden Darstellung, nachdem die Zulassungsentscheidung bereits getroffen wurde, kann aber nicht mehr die eigentliche Funktion des § 11 erreicht werden. Die zusammenfassende Darstellung stellt - entgegen der Ansicht der Beigeladenen - mehr dar, als eine bloße Begründung, die nach § 45 Abs. 1 Ziff. 2 VwVfG nachgeholt werden kann. Primär dient § 11 UVPG dem Zweck, die Grundlage der Bewertung der Umweltauswirkungen gem. § 12 HS 1 UVPG zu bilden, und erst sekundär dem der Information der Öffentlichkeit (§ 11 S. 3 UVPG). Es geht demnach um die nachträgliche Heilung eines durch das UVPG einzuhaltenden notwendigen Verfahrensschritts im Zulassungsverfahren und gerade nicht um ein spezielles und damit grundsätzlich heilbares Begründungserfordernis. Die zusammenfassende Darstellung wird aus diesem Grund auch als verwaltungsinternes entscheidungsvorbereitendes Arbeits- und Koordinierungsmittel bezeichnet (BT-Drucksache 11/3919, 41 u. 51, Wulfhorst in Landmann/Rohmer, aaO., § 11 Rn. 3). Die entsprechende Anwendung ist daher jedenfalls auf § 45 Abs. 1 VwVfG zu beschränken. Darin aber ist die Nachholung fehlender Verfahrensschritte in einem UVP - Verfahren nicht vorgesehen. Eine Heilung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwVfG (auf Abs. 2 verweist § 4 Abs. 1 S. 3 HS 1 UmwRG) ist somit nicht möglich, was zu Folge hat, dass das Verfahren bis auf den Zeitpunkt der Behebung dieses Fehlers „zurückzudrehen“ ist (Ziekow, NVwZ 2007, 265). Der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck (zusammenfassende Darstellung vor der Bewertung der Umweltauswirkungen und der Berücksichtigung dieser im Zulassungsverfahren) kann daher ohne Aufhebung oder Feststellung der Nichtvollziehbarkeit der Verwaltungsentscheidung nicht mehr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erreicht werden. Dem steht auch nicht § 4 Abs. 1 S. 3 HS 2 UmwRG entgegen, der die Möglichkeit der Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens zur Heilung eines Verfahrensfehlers vorsieht. Nach der üblichen juristischen Terminologie bedeutet dies, dass eine anderweitig gegebene Regelung anwendbar bleibt. Danach käme § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 UmwRG nicht selbst als Rechtsgrundlage in Betracht, sondern würde eine solche voraussetzen. Die Verwaltungsgerichtsordnung enthält eine solche nicht (mehr), nachdem § 94 Satz 2 VwGO a.F. durch Gesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3987) ersatzlos gestrichen wurde. Danach konnte das Gericht auf Antrag die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern aussetzen, soweit dies im Sinne der Verfahrensökonomie sachdienlich war (Oberverwaltungsgericht Nordrhein - Westfalen, Urteil vom 09.12.2009 - 8 D 12/08. AK - juris, Langtext, Rn. 329; Fellenberg / Schiller in Landmann / Rohmer, aaO., § 4 Rn. 24). Eine Aussetzung des Verfahrens kommt danach nicht in Betracht.

Auf die Möglichkeit einer Heilung nach der funktionalen Äquivalenz stellt auch das vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zitierte Oberverwaltungsgericht Nordrhein - Westfalen in seinem Urteil vom 09.12.2009 - 8 D 12/08. AK - ab, indem es - diese bejahend - einen Bekanntmachungsfehler als geheilt ansah, da der Kläger noch die Möglichkeit gehabt habe, seine Einwendungen in den behördlichen Entscheidungsprozess miteinzubringen. Eine Heilung von Verfahrensfehlern sei dabei gerade bei Individualklägern möglich, weil eine individuell unterbliebene oder fehlerhaft durchgeführte Beteiligung ohne Weiteres im Verwaltungsverfahren nachgeholt werden könne. Der mit dem Fehler verbundene Nachteil sei hierdurch vollständig beseitigt worden (juris, Langtext, Rn. 92 - 114). Damit aber ist der hier vorliegende Fall nicht vergleichbar, zumal der Kläger hier ein Umweltverband und kein Individualkläger ist. In dem hier vorliegenden Verfahren kann die Funktion des § 11 UVPG nicht mehr nachgeholt werden, schlicht auf Grund der Tatsache, dass eine fehlende (basisbildende) zusammenfassende Darstellung nicht nachträglich als Grundlage einer zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung ebenfalls fehlenden Bewertung und Berücksichtigung von Umweltauswirkungen (§ 12 UVPG) gemacht werden kann.

Das angeführte Argument der Beigeladenen, die Gefahr der nicht mehr ergebnisoffenen Prüfung der Umweltauswirkungen durch die Behörde bei einer Umkehrung der Reihenfolge werde durch die Kontrolle im bereits anhängigen gerichtlichen Verfahren entgegengewirkt, ist nicht nachvollziehbar. Auch hier ist zwischen den unterschiedlichen Funktionen von UVP-Vorprüfung und der (fehlerhaften) Durchführung einer UVP zu unterscheiden. Die zusammenfassende Darstellung als vorbereitende Handlung für die Berücksichtigung der Bewertung der Umweltauswirkungen im Rahmen der planerischen Abwägung einer Planfeststellungsentscheidung kann im Nachhinein nicht mehr vollständig gerichtlich nachgeprüft werden, womit die Gefahr einer nicht mehr ergebnisoffenen Prüfung bei in wesentlichen Teilschritten fehlerhafter UVP nicht mehr entgegen gewirkt werden kann. Der Beklagte und die Beigeladene tragen in diesem Zusammenhang auch genau diese sich realisierende Gefahr vor, indem sie argumentieren, dass bei einer Nachholung der zusammenfassenden Darstellung nicht mit einem anderen Ergebnis zu rechnen sei, so dass es keiner vom EuGH in seinem Urteil vom 07.01.2004 - C -201/02 - geforderten vorherigen Aussetzung oder Rücknahme der Zulassungsentscheidung bedürfe.

Ebenfalls kommt eine Heilung des § 12 UVPG durch § 1 NVwVfG i.V.m. § 45 VwVfG nicht in Betracht. Der Beklagte hat zwar in dem ergänzenden Bescheid vom 11.06.2012 unter II. Ausführungen dahingehend gemacht, dass er auch nach der „Ergänzung der Begründung durch die zusammenfassende Darstellung“ bei der Bewertung der Zulässigkeit des Vorhabens bleibe, und durch einen weiteren ergänzenden Bescheid vom 05.11.2014 die Bewertung der Umweltauswirkungen nach § 12 UVPG nochmals im Einzelnen vorgenommen. Dies aber reicht nicht aus, um von einer Heilung des fehlerhaften Verfahrensablaufs auszugehen. Es handelt sich - wie bereits bei § 11 UVPG - weder um eine erforderliche Begründung, die nach § 45 Ziff. 2 VwVfG nachgeholt werden kann, noch kann als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens von in Abs. 1 nicht genannten Verfahrensfehlern durch Nachholung der fehlenden Handlung analog § 45 Abs. 1 VwVfG ausgegangen werden. Nach § 12 UVPG hat die Bewertung der Umweltauswirkungen und die Berücksichtigung dieser Bewertung zu einem Zeitpunkt zu erfolgen, in dem noch die Möglichkeit besteht, die Zulassung des Vorhabens wegen der Ergebnisse zu versagen. Diese Möglichkeit ist aber in dem Fall deutlich eingeschränkter, in dem das Vorhaben - wie hier - „in Vollzug“ gesetzt worden ist und die Behörde unter dem Eindruck der bereits erteilten Genehmigung (deren Auswirkungen durch das Gebrauchmachen von dem Planfeststellungsbeschluss durch die Beigeladene in umfangreichem Maße bereits sichtbar sind) eine Abwägung vornimmt, möglicherweise auch, um möglichen Regressansprüchen zu entgehen. Hinzu tritt, dass der Beklagte zur Nachholung der fehlenden Verfahrensschritte die Genehmigung nicht ausgesetzt hat, sondern versucht hat, quasi „im laufenden Betrieb“ eine nicht durchgeführte bzw. fehlerhaft durchgeführte UVP zu heilen. Darüber hinaus fehlt es auch bei der nachgeschobenen Bewertung der Umweltauswirkungen vom 05.11.2014 an einer Bewertung von Alternativen. Eine behördliche Überprüfung von Alternativen (insbesondere hinsichtlich Standortfragen) im Rahmen des bewertenden Teils der UVP entspricht jedoch der unionsrechtlich gebotenen Sammlung und Verarbeitung umfassender Informationen (Erbguth/Schlink, § 12 Rn. 15; Wulfhorst in Landmann/Rohmer, aaO., § 12 Rn. 34 m. w. N.). Damit bestätigt sich die fehlende „ergebnisoffene“ Durchführung des § 12 UVPG.

2. Der Planfeststellungsbeschluss ist auch materiell rechtswidrig. Wie bereits oben ausgeführt ergibt sich diese Rechtsfolge bei Annahme einer nicht durchgeführten UVP bereits aus § 4 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 UmwRG (a). Sofern von einer Verfahrensfehlerhaftigkeit der UVP ausgegangen wird, ist der Verfahrensfehler kausal und der Aufhebungsanspruch nicht nach § 46 VwVfG ausgeschlossen (b). Ferner ist der Kläger mit seinem gesamten Vorbringen nicht präkludiert (c).

a) Die Rechtswirkung des § 4 Abs. 1 UmwRG besteht darin, dass unabhängig von der Frage, ob sich ein Verfahrensverstoß ausgewirkt hat, bei einem Fehlen der UVP Umweltvereinigungen abweichend von § 46 VwVfG und der damit verbundenen Kausalitätsrechtsprechung einen Aufhebungsanspruch haben. § 4 Abs. 1 UmwRG erweitert damit den Anwendungsbereich der absoluten Verfahrensfehler, auf die § 46 VwVfG nicht anzuwenden ist (Kopp / Ramsauer, § 46, Rn. 18, Böhm, UPR 2014, 203 m.w.N.). Ein Aufhebungsanspruch kann nach dem Wortlaut aber immer dann auf § 4 Abs. 1 UmwRG gestützt werden, wenn eine UVP oder Vorprüfung erforderlich war und gänzlich unterblieben ist. Dies ist hier der Fall.

b) Liegen hingegen andere Verfahrensmängel im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung vor, so blieb nach tradierter Rechtsprechung § 46 VwVfG anwendbar, wenn nicht die konkrete Möglichkeit bestand, dass die angefochtene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (sog. Kausalitätserfordernis in der ständigen Rechtsprechung des BVerwG, vgl. u.a. Urteil vom 08. Juni 1995 - 4 C 4.94 - juris, m.w.N.). Diese Rechtsprechung hat das BVerwG dem EuGH zur Überprüfung vorgelegt (BVerwG, Vorlagebeschluss vom 10.01.2012 - 7 C 20.11 -, Rdnr. 39). Der EuGH hat in seinem Altrip - Urteil vom 07.11.2013 - C 72/12 - (juris, Langtext, Rn. 57; nochmals bestätigt in seinem jüngsten Urteil vom 15.10.2015 - C 137/14, juris, Langtext, Rn. 59, 60) die Frage des BVerwG dahingehend beantwortet, dass Art. 10 a Buchst. b der Richtlinie 85/337 bzw. Art. 11 der Richtlinie 201/92 dahin auszulegen sei, dass er einer nationalen Rechtsprechung nicht entgegenstehe, nach der keine Rechtsverletzung im Sinne dieses Artikels vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falls nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Rechtsbehelfsführer geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn das mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht oder die mit ihm befasste Stelle dem Rechtsbehelfsführer insoweit in keiner Form die Beweislast aufbürde und gegebenenfalls anhand der vom Bauherrn oder von den zuständigen Behörden vorgelegten Beweise und der gesamten dem Gericht oder der Stelle vorliegenden Akte zu dem Ergebnis fehlender Kausalität komme. Dabei sei u. a. der Schweregrad des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der Richtlinie 85/337 Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen. Die betroffene Öffentlichkeit müsse, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten werde, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können (EuHG, aaO. Rn. 48).

Dieser neuen Rechtsprechung folgt die Kammer. Danach ist hier von einer erheblichen Fehlerhaftigkeit der UVP auszugehen, da - wie bereits oben dargelegt - zwingend vorgeschriebene verfahrens- und öffentlichkeitserhebliche Schritte im Rahmen des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens nicht in der durch das UVPG bestimmten Reihenfolge durchgeführt wurden. Dieser Fehler war geeignet, der Öffentlichkeit bzw. dem Kläger Einwendungen und die Beteiligung an der Genehmigungsentscheidung abzuschneiden.

Darüber hinaus hat die Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland (C - 137/14) wegen derselben Fragestellung ein Vertragsverletzungsverfahren durchgeführt, in dem sie u.a. beantragt festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 11 UVP - RL und Artikel 25 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung - IE-RL-) verstoßen hat, indem sie die Aufhebung von Entscheidungen auf Grund von Verfahrensfehlern auf das vollständige Fehlen einer erforderlichen UVP oder das Fehlen einer erforderlichen Vorprüfung § 4 Abs. 1 UmwRG und auf Fälle, in denen der Kläger nachweist, dass der Verfahrensfehler für das Ergebnis der Entscheidung kausal war (§ 46 VwVfG) und eine Rechtsposition des Klägers betroffen ist, beschränkt.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 15.10.2015 - C 134/14 - (aaO., Langtext, Rn. 55 -56, ) diesbezüglich ausgeführt:

„Der Gerichtshof hat hierzu bereits entschieden, dass der Unionsgesetzgeber die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollte, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung hatte. Da die Richtlinie 2011/92 im Übrigen u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weitreichenden Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne dieser Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Gemeinde Altrip u. a., C-72/12, EU:C:2013:712, Rn. 47 und 48).

Da § 46 VwVfG vorschreibt, dass auf jeden Fall – selbst wenn es um Verfahrensfehler im Hinblick auf die Information und Beteiligung der Öffentlichkeit im fraglichen Bereich geht – ein Kausalzusammenhang zwischen dem geltend gemachten Verfahrensfehler und dem Ergebnis der angefochtenen Verwaltungsentscheidung bestehen muss, damit das zuständige Gericht sie aufheben kann, ist im Rahmen der vorliegenden Klage festzustellen, dass die Ausübung des Rechts auf Einlegung von Rechtsbehelfen im Sinne von Art. 11 der Richtlinie 2011/92 durch diese Bedingung übermäßig erschwert wird und sie dem Ziel dieser Richtlinie, den „Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit“ einen weitreichenden Zugang zu Gerichten zu gewähren, zuwiderläuft. …

Nach alledem stellt das Erfordernis des § 46 VwVfG, wonach dem Rechtsbehelfsführer als „Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit“ die Beweislast für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem von ihm geltend gemachten Verfahrensfehler und dem Ergebnis der Verwaltungsentscheidung aufgebürdet wird, einen Verstoß gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92 dar, so dass das erste Argument, auf das die Kommission den zweiten Teil ihrer zweiten Rüge stützt, begründet ist. …“

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs kommt eine Kausalitätsprüfung nicht mehr in Betracht, da es sich bei einem kompletten Ausfall der zusammenfassenden Darstellung um einen wesentlichen Verfahrensverstoß handelt (Wulfhorst in Landmann / Rohmer, aaO., § 11 Rn. 43), der sich auf Grund des Drittschutzes des § 11 UVPG unmittelbar auf die Information und die Beteiligung der Öffentlichkeit auswirkt.

Das gleiche gilt bei einem- wie hier - kompletten Ausfall des § 12 UVPG, dem (wie bereits oben dargelegt) ebenfalls drittschützende Wirkung zukommt (Wulfhorst in Landman / Rohmer, aaO., § 12 Rn. 56).

Hinzu tritt Art. 9 Abs. 1 lit. b) UVP - RL. Dieser fordert, die Zulassungsentscheidung der Öffentlichkeit gegenüber bekannt zu geben und ihr, nach Prüfung der von der betroffenen Öffentlichkeit vorgebrachten Bedenken und Meinungen, die Hauptgründe und -erwägungen, auf denen die Entscheidung beruht, einschließlich Angaben über das Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine dahinter zurückbleibende Bekanntmachung führt damit zu einem Informationsdefizit der Öffentlichkeit und einer Erschwerung der Entscheidung, ob die an der UVP mitwirkenden Umweltverbände oder Privatpersonen eine gerichtliche Kontrolle zu vornehmen lassen sollen (Erbguth / Schlink, aaO., § 12 Rn. 20). Zieht man in diesem Zusammenhang wiederum die Lehre der absoluten Verfahrensfehler heran, so verbietet sich eine Anwendbarkeit von § 46 VwVfG im Zusammenhang mit §§ 11 und 12 UVPG auch auf Grund der Tatsache, dass es sich dabei um Vorschriften handelt, die (auch) zum Schutz allgemeiner Interessen von Umweltschutzverbänden erlassen worden sind und einen drittschützenden Charakter vermitteln.

Darüber hinaus besteht bei Ermessensentscheidungen und Planfeststellungen - im Gegensatz zu gebunden Entscheidungen - immer die naheliegende Möglichkeit einer anderen Entscheidung auf Grund des der Entscheidungs- und Planfeststellungsbehörde zustehenden Ermessens oder (planerischen) Gestaltungsspielraums (Erbguth /Schlink, aaO., Einl. Rn. 133 im Hinblick auf die Nichtanwendbarkeit von § 46 VwVfG bei Ermessensentscheidungen und Planfeststellungen; Böhm UPR 2014, 204 f.). Bei Abwägungsentscheidungen wird man inhaltliche Konsequenzen von Verfahrensfehlern daher regelmäßig nicht ausschließen können. Gerade die prozedurale Ausgestaltung bei großen Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahrens soll einen angemessenen Ausgleich zwischen verschiedenen Belangen und Interessen sicherstellen. Es kann daher auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht ausgeschlossen werden, dass die hier streitige Entscheidung ohne die geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre.

Es ist daher nicht erforderlich und vom Kläger auch nicht darzulegen, dass die fehlende zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG und die fehlende Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen nach § 12 UVPG die Entscheidung beeinflusst hat.

c) Eine Präklusion des Klägers ist weder im Hinblick auf seine Einwände bezogen auf das UVPG (1 - 2) noch bezogen auf artenschutzrechtliche Fragen (3) eingetreten.

(1) Nach § 2 Abs. 3 UmwRG ist eine Vereinigung, wenn sie im Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat, im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

Allerdings hat die Kammer bereits in ihrem Urteil vom 27.02.2015 - 3 A 5/15 - (juris, Langtext, Rn. 153) wegen des Effektivitätsgrundsatzes Zweifel an der Unionsrechtskonformität von Präklusionsregelungen für Einwendungen von Umweltverbänden formuliert, welche ebenfalls Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission / Bundesrepublik Deutschland bei dem Europäischen Gerichtshof (C-137/14); BVerwG, Beschluss vom 16.09.2014 – 7 VR 1.14 –, juris, Rn. 17) waren.

Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Beschluss vom 05.01.2015 - 7 B 4/14 - die Revision gegen ein Urteil des OVG Sachsen - Anhalt vom 28.11.2013 - 5 L 157/12 - mit der Begründung zugelassen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO habe, da sie erneut die klärungsbedürftige Frage aufwerfe, ob die Bestimmungen über den Ausschluss von Einwendungen in § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG und § 2 Abs. 3 UmwRG mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar sei.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 15.10.2015 - C 137/14 - (aaO., Langtext Rn 75 ff.) schließlich festgestellt, dass § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 VwVfG besondere Bedingungen aufstelle, die die gerichtliche Kontrolle einschränken und die weder in Art. 11 der Richtlinie 2011/92 noch in Art. 25 der Richtlinie 2010/75 vorgesehen sind. Im Hinblick auf die Einwände der Rechtssicherheit und Effizienz des Verwaltungsverfahrens führte er aus (aaO., Langtext, Rn. 79 - 80):

„Diese dem Rechtsbehelfsführer auferlegte Beschränkung hinsichtlich der Art der Gründe, die er vor dem Gericht geltend machen darf, das für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der ihn betreffenden Verwaltungsentscheidung zuständig ist, kann nicht durch Erwägungen gerechtfertigt werden, die auf die Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit abstellen. Es ist nämlich keineswegs erwiesen, dass eine umfassende gerichtliche Kontrolle der sachlichen Richtigkeit dieser Entscheidung diesem Grundsatz abträglich sein könnte.

Was das Argument der Effizienz von Verwaltungsverfahren angeht, mag zwar in bestimmten Fällen der Umstand, dass ein Grund erstmals vor Gericht vorgetragen wird, den ordnungsgemäßen Ablauf dieses Verfahrens behindern, doch genügt der Hinweis darauf, dass das mit Art. 11 der Richtlinie 2011/92 und Art. 25 der Richtlinie 2010/75 angestrebte Ziel nicht nur darin besteht, den rechtsuchenden Bürgern einen möglichst weitreichenden Zugang zu gerichtlicher Überprüfung zu geben, sondern auch darin, eine umfassende materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu ermöglichen.“

Dem folgt die Kammer. Demnach ist der Kläger mit seinem Vorbringen wegen eines Verstoßes gegen §§ 11 und 12 UVPG aufgrund des aus dem Effektivitätsprinzip folgenden Verstoßes des § 2 Abs. 3 UmwRG gegen das Recht der Europäischen Union und der aus dem Vorrangprinzip des Unionsrechts folgenden Unanwendbarkeit des § 2 Abs. 3 UmwRG nicht präkludiert.

(2) Eine Präklusion liegt darüber hinaus und insoweit selbstständig tragend selbst unter Anwendung von § 2 Abs. 3 UmwRG nicht vor, da der Kläger die vorgebrachten Verfahrensfehler nicht hätte früher rügen können. Mit der Präklusionsvorschrift sollen Umweltvereinigungen im Verwaltungsverfahren zwar angehalten werden, ihren Sachverstand einzubringen, damit die Behörde etwaigen Bedenken nachgehen kann und der von der Verwaltungsentscheidung Begünstigte vor einem überraschenden Prozessvortrag geschützt wird (Fellenberg / Schiller in Landmann / Rohmer, aaO., § 2 UmwRG, Rn. 53). Erfasst werden hiervon aber auch im Planfeststellungsverfahren nur Einwendungen die der Betroffene innerhalb der Frist hätte vortragen können. Dies ist nur der Fall, wenn die Betroffenheit aus den ausgelegten Unterlagen erkennbar war, nicht aber bei erst nachträglich entstandenen Einwendungen (Kopp / Ramsauer, aaO. § 73, Rn. 94).

Der Kläger hat sich im Planfeststellungsverfahren mit Schreiben vom 03.05.2010 innerhalb der bis zum 05.05.2010 laufenden Einwendungsfrist zu dem Vorhaben geäußert. Eine weitere Äußerung erfolgte am 12.09.2011. Zu beiden Zeitpunkten hatte der Kläger auf Grund der ihm bis dahin vorliegenden Unterlagen nicht von einer im Hinblick auf §§ 11 und 12 UVPG fehlerhaft durchgeführten UVP ausgehen müssen. Wie der Kläger vielmehr zutreffend ausführt, konnte er vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die fehlende zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG und die fehlende Bewertung der Umweltauswirkungen und deren Berücksichtigung im Rahmen des Vorhabens nach § 12 UVPG nicht rügen. Es war zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar, dass der Beklagte die UVP in diesen Punkten nicht vollständig bzw. überhaupt nicht durchführen würde. Demnach liegt ein Fall des § 2 Abs. 3 a. E. UVPG vor, wonach dem Kläger eine entsprechende Geltendmachung im vorherigen Planfeststellungsverfahren und auch im laufenden UVP - Verfahren nicht möglich gewesen war.

Die Kammer teilt insofern nicht die Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.03.2013, wonach der Kläger nur die im Schreiben vom 3. Mai 2010 geltend gemachten Einwendungen im gerichtlichen Verfahren weiterverfolgen kann. Aus den oben genannten Gründen kann der Kläger schon nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 UmwRG nicht entgegengehalten werden, er sei mit seinem Vorbringen im Hinblick auf §§ 11 und 12 UVPG präkludiert.

Soweit der Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf das jüngste Urteil des EuGH wegen unzulässiger Rechtsausübung eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung des Verbandsklagerechts durch den Kläger geltend macht, da dieser bei seinen Äußerungen im Verwaltungsverfahren den Eindruck erweckt habe, dass das Vorhaben aus seiner Sicht keinen verfahrensrechtlichen und auch artenschutzrechtlichen Bedenken unterliege, und erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Kläger konkrete Einwendungen formuliert habe, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

Der EuGH führte zwar in seinem Urteil vom 15.10.2015 - C 134/14 - (aaO., Langtext Rn. 81) aus, dass der nationale Gesetzgeber spezifische Verfahrensvorschriften vorsehen könne, nach denen z. B. ein missbräuchliches oder unredliches Vorbringen unzulässig ist, und die geeignete Maßnahmen darstellen, um die Wirksamkeit des gerichtlichen Verfahrens zu gewährleisten. Hier aber konnte - wie bereits oben dargelegt - der Kläger eine Verletzung der §§ 11 und 12 UVPG zuvor nicht geltend machen, so dass schon kein missbräuchliches oder unredliches Verhalten zu erkennen ist.

Soweit die Beigeladene auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.07.2011 - 9 A 12/10 - verweist, wonach bei einem verfahrensrechtlichen Verstoß (sachliche Zuständigkeit) die Rüge einer Umweltvereinigung zwar nicht der Präklusion unterliege, der Verstoß aber als unerheblich einzustufen sei, da die Umweltvereinigung im Anhörungsverfahren keine Beeinträchtigung von Naturgütern eingewendet habe, die mit dem Verstoß in einem ursächlichen Zusammenhang gestanden hätte, führt diese Einwendung zu keinem anderen Ergebnis. Dem Kläger war es in dem vorhergehenden Planfeststellungverfahren nicht möglich, einen Verstoß gegen Umweltbelange in verfahrensrechtlicher Hinsicht, d.h. im Hinblick auf eine nicht stattgefundene bzw. fehlerhafte UVP, geltend zu machen. Ob eine solche sachgerecht nach den Vorschriften des UVPG durchgeführt wurde, stellt sich üblicherweise erst im laufenden Verwaltungsverfahren bis zur Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens heraus. Den Umweltverbänden als Sachwalter der Natur aber muss die Geltendmachung der fehlerhaften Einhaltung des UVPG auch nach Ablauf von Präklusionsvorschriften möglich sein.

(1)Ob der Kläger mit seinen Einwendungen in artenschutzrechtlicher Hinsicht letztlich Erfolg haben wird, kann dahinstehen, da die Klage des Klägers schon aus den Gründen zu 2.) a) und b) Erfolg hat. Mit seinen materiellen - rechtlichen Einwendungen gegen den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die artenschutzrechtliche Betroffenheit im Planungsraum ist der Kläger aber jedenfalls nicht präkludiert

Wie sich bereits aus den oben gemachten Ausführungen (2.) c) (1)) ergibt, legt die Kammer die Rechtsansicht des EuGH in seinem Urteil vom 15.10.2015 zugrunde, wonach § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 VwVfG die Gründe, auf die ein Rechtsbehelfsführer seinen Rechtsbehelf gegen eine unter Art. 11 der Richtlinie 2011/92 und Art. 25 der Richtlinie 2010/75 fallende Verwaltungsentscheidung stützen kann, in unzulässiger Weise auf die im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Einwendungen beschränken. Die vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 06. März 2013 - 13 ME 282/12 - gemachten Ausführungen zur Präklusion des Klägers sind unter Berücksichtigung dessen nicht mehr zutreffend.

Auch im Hinblick auf die artenschutzrechtlichen Einwendungen kann dem Kläger kein - wie die Beigeladene meint - rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt als allgemeiner Rechtsgedanke auch im Verwaltungsrecht. Er wird aus § 242 BGB abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Der genannte Grundsatz bedarf wegen seiner Allgemeinheit der Konkretisierung. Diese erfolgt durch Typisierung anhand von Fallgruppen (BVerwG, Urteil vom 23.11.1993 - BVerwG 1 C 21.92 - BVerwGE 94, 294 <298> = Buchholz 451.64 BBankG Nr. 3; Beschluss vom 30.04.2008 - BVerwG 6 B 16.08 - juris Rn. 7). Im Öffentlichen Recht spielt vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle, die dann gegeben ist, wenn eine atypische Situation vorliegt, die die Geltendmachung eines an sich vorgesehenen Rechtes als missbräuchlich erscheinen lässt. Dabei ist für den Rechtsmissbrauch die Herbeiführung eines grob unbilligen Ergebnisses typisch (vgl. Urteil vom 23.11.1993 a.a.O. S. 299) (BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 - 5 C 22/11 -, juris, Langtext, Rn. 25).

Die Herbeiführung eines grob unbilligen Ergebnisses aber liegt hier nicht vor. Es kann schon nicht von einem missbräuchlichen Verhalten des Klägers ausgegangen werden, da keine Anhaltspunkte für eine Arglist des Klägers erkennbar ist. Vielmehr entspricht das Verhalten des Klägers dem vom EuGH in seinem Urteil vom 15.10.2015 angesprochenen Ziel des Art. 11 Abs. 1 der UVP - RL, nämlich im Rahmen des Umweltschutzes einen weitreichenden Zugang zu Gerichten zu gewähren und eine umfassende materiell - rechtliche und verfahrensrechtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu ermöglichen.

Des Weiteren kann einem ehrenamtlich tätigen Umweltverband nicht im Nachhinein vorgeworfen werden, im Laufe des Verfahrens „schlauer“ bzw. erfahrener geworden zu sein. Selbst wenn der Kläger im Rahmen des Scoping - Termins keinerlei Einwendungen in artenschutzrechtlicher Hinsicht ausgesprochen haben sollte, ist es ihm erlaubt, im Verfahren „dazuzulernen“ und nach erneuten Überlegungen nunmehr zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Dies entspricht auch dem Grundsatz des „fair trial“ im Verwaltungsverfahren, in dem ja auch der Beklagte versucht hat, die gegebene Begründung des Planfeststellungsbeschlusses durch zahlreiche Bescheide zu ergänzen und seiner neueren Erkenntnislage anzupassen. Ebenso muss auch einem Umweltverband Gelegenheit gegeben werden, auf Grund neuer eigener gewonnener Erkenntnisse sein Verhalten entsprechend zu ändern.

Darüber hinaus - und insoweit selbstständig tragend - spricht der EuGH in seinem Urteil von spezifischen Verfahrensvorschriften, die der nationale Gesetzgeber vorsehen kann. Solche besonderen Vorschriften sind im Rahmen der Verbandsklage im Umwelt- und Naturschutzrecht bisher nicht existent und können nicht durch Rückgriff auf aus Treu und Glauben entwickelten Fallgruppen eingeführt werden.

Nach alledem war der angefochtene Planfeststellungsbeschluss aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO; die Beigeladene hat einen Antrag gestellt und hat daher ebenfalls die Kosten zu tragen. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Kostenentscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen erfolgreichen Antrag gestellt, so dass eine Kostenerstattung nicht in Betracht kommt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.