Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 01.04.2022, Az.: 6 B 246/22
Genesenennachweis
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 01.04.2022
- Aktenzeichen
- 6 B 246/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 15284
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2022:0401.6B246.22.00
Rechtsgrundlagen
- IfSG § 22a
- SchAusnahmV § 2
- VwGO § 123
Tenor:
Das Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 1 wird eingestellt.
Im Wege der einstweiligen Anordnung wird festgestellt, dass die Antragstellerin zu 1 bis zum 1. Mai 2022 als genesene Person gilt, wie am 22. November 2021 in dem von dem Antragsgegner zu 2 ausgestellten "Genesenennachweis" bescheinigt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Von den Gerichtskosten tragen die Antragstellerin zu 1 und der Antragsgegner zu 2 je 1/4, der Antragsteller zu 2 trägt 1/2 der Gerichtskosten. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 1 tragen die Antragsteller je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1 trägt der Antragsgegner zu 2 zur Hälfte, die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 2 trägt der Antragsteller zu 2 zur Hälfte. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine Kosten selbst.
Der Streitwert wird auf 10 000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller möchten erreichen, dass festgestellt wird, dass sie bis zum 1. Mai 2022 beziehungsweise 3. Mai 2022 als genesene Personen im Sinn von § 2 Nummer 4 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) gelten, wie sich das aus ihren Genesenennachweisen ergibt.
Die Antragsteller sind miteinander verheiratet. Sie sind nach ihren Angaben nicht gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 geimpft. Bei der Antragstellerin zu 1 wurde am 1. November 2021 eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 nachgewiesen, beim Antragsteller zu 2 am 3. November 2021. Der Antragsgegner zu 2 ordnete deshalb für jeden der Antragsteller eine häusliche Isolation an.
Mit Schreiben vom 17. November an den Antragsteller zu 2 und mit Schreiben vom 22. November 2021 an die Antragstellerin zu 1 hob der Antragsgegner zu 2 jeweils die "angeordnete häusliche Isolation" auf und übermittelte jedem der Antragsteller eine Bescheinigung, die er als "Genesenennachweis" bezeichnete. In der Bescheinigung wird der Adressat jeweils als "genesene Person" bezeichnet und es wird bescheinigt, dass die oben genannte Person eine laborbestätigte COVID-19-Erkrankung durchgemacht habe. Außerdem wird dort das Datum des ersten PCR-Tests mit positivem Ergebnis genannt, das ist für die Antragstellerin zu 1 der 1. November 2021 und für den Antragsteller zu 2 der 3. November 2022. Schließlich wird ausgeführt: "Die o.g. Person gilt im Sinne des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV als genesene Person", wobei für die Antragstellerin zu 1 ein Zeitraum vom 29. November 2021 bis zum 1. Mai 2022 und für den Antragsteller zu 2 ein Zeitraum vom 1. Dezember 2021 bis zum 3. Mai 2022 angegeben ist. Weiter heißt es in der Bescheinigung:
"Eine genesene Person gilt als geimpfte Person, wenn sie über einen Impfnachweis über eine Schutzimpfung mit einer verabreichten Dosis mit einem der vom Paul-Ehrlich-Institut genannten Impfstoffe verfügt. Hierzu muss diese Covid-19 Impfung durch eine separate Bescheinigung (z.B. Impfpass) nachgewiesen und zusammen mit diesem Genesenennachweis vorgelegt werden."
Die Antragsteller haben am 22. Februar 2022 ihre Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie haben sich zunächst gegen die I., vertreten durch das J. oder hilfsweise das K. gewandt. Auf einen gerichtlichen Hinweis hin haben sie erklärt, dass eine Verweisung des Verfahrens nach L. nicht gewünscht sei und dass der Landkreis M. Antragsgegner sein solle. Die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen N. schließe die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen den Landkreis M. nicht aus.
Zur Begründung führen sie aus, dass sie die an den Genesenennachweis geknüpften Vergünstigungen, wie den Besuch von 2-G-pflichtigen Veranstaltungen, kein tagesaktueller Testnachweis für den Einlass zur Arbeitsstätte, kurzfristiger Wochenendaufenthalt im In- und Ausland (ohne Einhaltung einer Quarantäne) in Anspruch nehmen könnten. Mit der Verkürzung der Geltungsdauer des Genesenenstatus auf drei Monate durch das Robert-Koch-Institut seien ihnen über Nacht durch die Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV alle Erleichterungen und Ausnahmen von den infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen entzogen worden, die unter der alten Rechtslage noch gelten würden. Das sei rechtsstaatlich unzulässig. Sie hätten darauf vertraut, dass sie bis zum Ablauf der bescheinigten Daten uneingeschränkt die mit dem Genesenenstatus verbundenen Vergünstigungen in Anspruch nehmen könnten. Es sei nicht richtig, dass ein bestehender Verwaltungsakt über Nacht und aufgrund einer nicht verfassungskonformen Grundlage nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufgehoben werde, aber in den anderen europäischen Ländern weiterhin gültig sei. Dafür berufen die Antragsteller sich auf Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Osnabrück, Hamburg und D-Stadt. Dass das Robert-Koch-Institut für Geimpfte die Dauer des Genesenenstatus wieder auf sechs Monate angehoben habe, sei verfassungswidrig, weil damit die berechtigte Personengruppe unzulässig getrennt werde. Weil die Verkürzung des Genesenenstatus mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sein dürfe, stehe ihnen ein Anordnungsanspruch zu.
Die Sache sei eilbedürftig, weil ihnen unzumutbare und irreversible Nachteile drohten. Der Ausschluss von der Teilnahme am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben habe eine hohe Grundrechtsrelevanz. Die Antragstellerin zu 1 treffe es besonders schwer. Sie sei Betreuungskraft in der Altenpflege O.. Sie sei wegen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ab 16. März 2022 gehindert, ihre Arbeitsstätte zu betreten und ihr Tätigkeit als Altenpflegerin auszuüben. Ihr Arbeitgeber habe mitgeteilt, dass ab dem 16. März 2022 nur noch Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden dürften, die über einen vollständigen Impfschutz verfügten, das heiße, diese müssten auch "geboostert" sein. Der Antragsteller zu 2 dürfe seine Arbeitsstätte, die P. in Q., nur betreten, wenn er einen tagesaktuellen Testnachweis vorlege, obwohl er davon noch bis zum 3. Mai ausgenommen wäre. Er könne zudem von der vertraglich vereinbarten Gleitzeit nicht mehr Gebrauch machen. R. habe die Ausweise aller Arbeitnehmer gesperrt, seit die 3-G-Regelung gelte. Die Ausweise würden erst wieder freigeschaltet, wenn ein Impf- oder Genesenennachweis vorgelegt worden sei. Erst dann sei der Zutritt zu Arbeitsstätte uneingeschränkt möglich. Der Ausweis des Antragstellers zu 2 sei seit der Verkürzung des Genesenenstatus wieder gesperrt. Er werde von einem Mitarbeiter der Sicherheitsfirma am Eingang des Geländes ab 7 Uhr morgens freigeschaltet, wenn der Antragsteller zu 2 einen aktuellen negativen Schnelltest vorlege. Die Sicherheitsfirma nehme ihren Dienst nicht vor 7 Uhr morgens auf.
Es sei zweifelhaft, ob ein EU-Genesungszertifikat ihnen die Rechte wieder einräumen würde, die sie vor Inkrafttreten der Verkürzung des Genesenenstatus in Deutschland gehabt hätten.
Ein Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bestehe zwischen ihnen und dem Landkreis M.. Dieser sei Vollzugsbehörde. Da nach Artikel 83 des Grundgesetzes (GG) die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführten, eröffne sich ein Rechtsverhältnis zwischen dem Normadressaten und dem Normanwender. Dieses sei auch hinreichend konkret, weil die Kreisverwaltungsbehörde für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes und der Niedersächsischen Corona-Verordnung zuständig sei und die Einhaltung der Ge- und Verbote der Verordnungen nach § 32 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), insbesondere des § 7 Absatz 6 und, für die Antragstellerin zu 1, des § 17 Absatz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, deren Rechtswirkungen unmittelbar an den Immunitätsstatus im Sinn des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV anknüpften und von diesem abhingen. Außerdem seien mit dem Genesenenstatus auch unmittelbar durch Bundesrecht begründete Rechte und Pflichten aus § 20 a Absatz 2 Nummer 2, § 28b, § 28c, jeweils in Verbindung mit den §§ 3 bis 6 SchAusnahmV, verbunden.
Die Antragsteller sind der Auffassung, § 2 Nummer 5 SchAusnahmV sei in der Fassung vom 14. Januar 2022 verfassungswidrig und berufen sich dafür auf Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Hamburg und D-Stadt und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dass § 22a IfSG ab dem 19. März 2022 auch für ihre bereits vorhandenen Genesenennachweise anzuwenden sein soll, halten die Antragsteller für eine unzulässige Rückwirkung.
Die Antragsteller haben ursprünglich beantragt,
im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anzuordnen, dass die den Antragstellern am 22. November 2021 und am 17. November 2021 ausgestellten Genesenennachweise Bestand haben und die Antragstellerin zu 1 mithin bis zum 1. Mai 2022 und der Antragsteller zu 2 bis zum 3. Mai 2022 als Genesene gelten.
Sie beantragen,
im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass die Antragsteller zu 1 und 2 bis einschließlich 1. Mai 2022 und 3. Mai 2022 im Sinn des § 2 Nummer 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung in der Fassung vom 8. Mai 2021 als Genesene gelten.
Der Antragsgegner zu 2 beantragt,
den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.
Die Antragsgegnerin zu 1 verwies auf die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts L..
Der Antragsgegner zu 2 tritt dem Vorbringen der Antragsteller entgegen und meint, die Antragsteller könnten keinen Anordnungsgrund geltend machen. Es sei nicht erkennbar, dass kurzfristig schwere und unzumutbare Nachteile drohten. Die Berufsausübungsfreiheit werde nicht schwer und unzumutbar eingeschränkt: die geplanten Neuregelungen des Infektionsschutzgesetzes seien am 20. März 2022 in Kraft getreten. Damit werde § 22a Absatz 2 IfSG geändert. Der Genesenenstatus werde auf drei Monate festgelegt. Damit entfielen die Bezugnahmen auf Feststellungen des Robert-Koch-Instituts und es werde auch dem Publizitäts- und Bestimmtheitsgebot Rechnung getragen. Spätestens jetzt ergäbe sich ein vorläufiger Anspruch der Antragsteller nicht mehr, bis zum 1. Mai 2022 beziehungsweise bis zum 3. Mai 2022 als Genesene zu gelten.
Insbesondere müsse die Antragstellerin zu 1 mit Blick auf vorrangige Maßnahmen und auf die Dauer eines gestreckten Verwaltungsverfahrens nicht kurzfristig damit rechnen, vom Gesundheitsamt als Pflegekraft mit einem Betretens- oder Beschäftigungsverbot nach § 20a Absatz 5 Satz 3 IfSG überzogen zu werden. Ein Bußgeldverfahren drohe erst nach fruchtlosem Fristablauf im Anschluss an eine Aufforderung des Gesundheitsamts. Zudem sei nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die Antragstellerin zu 1 mit arbeitsrechtlichen Folgen zu rechnen hätte. Sie wäre deshalb auch nicht gezwungen, sich vorzeitig impfen zu lassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte mit den Verwaltungsvorgängen Bezug genommen, die der Antragsgegner zu 2 mit seiner Stellungnahme eingereicht hat.
II.
Das Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 1 wird entsprechend § 92 Absatz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingestellt, weil sich der Antragsgegnerwechsel gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 als Antragsrücknahme darstellt (Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, Rdnr. 22 zu § 91).
Die Anträge haben nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Der mit Schriftsatz der Antragsteller vom 11. März 2022 erklärte Wechsel zum Landkreis M. als Antragsgegner ist eine Klageänderung im Sinn von § 91 VwGO (Riese in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 41. EL Juli 2021, Rdnr. 39 zu § 91 m.w.N.). Diese ist nach § 91 Absatz 1 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Änderung ist sachdienlich, wenn sie die endgültige Beilegung des Streites fördert, und wenn der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt. Das Gericht hält die Änderung des Antragsgegners für sachdienlich. Denn sie dient der endgültigen Beilegung des Streitstoffs, weil sie eine gerichtliche Prüfung in der Sache zulässt, die wegen der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts D-Stadt-Brandenburg (Beschluss vom 1. März 2022 - OVG 9 S 5/22, zitiert nach Juris) anderenfalls nicht möglich wäre. Der Streitstoff ist im Wesentlichen derselbe.
Die Anträge gegen den Antragsgegner zu 2 haben nur teilweise Erfolg, denn nur der Antrag der Antragstellerin zu 1 ist zulässig und begründet. Der Antrag des Antragstellers zu 2 ist unzulässig.
Der klarstellend formulierte Antrag ist als vorläufiger Feststellungsantrag unstatthaft. Gemäß § 123 Absatz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Voraussetzung ist dann, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, dass diese Regelung nötig erscheint, insbesondere um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Ein Antrag auf vorläufige Feststellung ist im einstweiligen Anordnungsverfahren grundsätzlich unzulässig: Nach § 43 Absatz 1 VwGO kann durch das Gericht festgestellt werden, ob ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht oder ob ein Verwaltungsakt nichtig ist. Ein Rechtsverhältnis kann nicht "vorläufig bestehen" oder "vorläufig nicht bestehen" und ein Verwaltungsakt kann nicht "vorläufig nichtig" sein (VG Stade, Beschluss vom 10. März 2021 - 6 B 252/21 - und öfter, zitiert nach Juris). Es ist nicht dem Argument zu folgen, dass nach § 123 Absatz 5 VwGO der § 123 Absatz 1 VwGO für alle Streitsachen gelten solle, die keine Anfechtungssachen sind. Ebenso erfordert Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 GG nicht, einen Feststellungsantrag im Verfahren nach § 123 VwGO als zulässig anzusehen, weil sonst kein lückenloser Rechtsschutz gewährleistet wäre (so aber Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rdnr. 217 m.w.N.). Denn zum einen regelt § 123 Absatz 5 VwGO gerade nicht, dass § 123 Absatz 1 VwGO für alle Streitsachen gilt, die keine Anfechtungssachen sind. Vielmehr regelt § 123 Absatz 5 VwGO, dass die Absätze 1 bis 3 nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a gelten. Das bedeutet wegen des insoweit eindeutigen Wortlauts der Absätze 1 bis 3 nur, dass die §§ 80 und 80a VwGO gegenüber Sicherungs- und Regelungsanordnungen vorrangig sind. § 123 Absatz 5 VwGO regelt also nur, wann § 123 Absatz 1 bis 3 nicht anzuwenden sind, bestimmt aber nichts dazu, welchen Inhalt § 123 Absatz 1 bis 3 VwGO haben, wenn sie anzuwenden sind. Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass ohne "vorläufige Feststellungen" im Rahmen von § 123 VwGO einerseits und von § 80 und § 80a VwGO andererseits kein effektiver Eilrechtsschutz gewährleistet wäre. Im Gegenteil ist in allen Fällen, in denen Eilrechtsschutz nicht nach den §§ 80 oder 80a VwGO oder durch eine Sicherungsanordnung möglich ist, dieser Rechtsschutz grundsätzlich durch eine Regelungsanordnung möglich (Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, Rdnr. 8 zu § 123).
Eine Feststellung ist im Verfahren nach § 123 VwGO dagegen nicht ausgeschlossen, wenn sie als endgültige Feststellung ergehen kann. Das ist der Fall, wenn die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren vorliegen.
Das Gericht versteht den Antrag als einen solchen Antrag auf eine endgültige Feststellung. Nach § 122 Absatz 1 in Verbindung mit § 88 VwGO ist das Gericht an die Fassung der Anträge nicht gebunden, soweit diese auslegungsfähig sind. Es darf aber über das Antragsbegehren nicht hinausgehen. Weil der Antrag sich darauf richtet, die Dauer des Genesenenstatus gerade gegenüber dem Antragsgegner zu 2 "festzustellen", da dessen Gesundheitsamt die Genesenennachweise ausgestellt hat, versteht das Gericht sie dahingehend, dass die Antragsteller erreichen wollen, dass das Gericht gegenüber dem Antragsgegner zu 2 - endgültig - feststellt, dass diese Genesenennachweise mit ihrem ursprünglichen Inhalt Bestand haben.
So verstanden, ist der Antrag der Antragstellerin zu 1 statthaft, derjenige des Antragstellers zu 2 unstatthaft.
Der Antrag der Antragstellerin zu 1 ist ausnahmsweise als Feststellungsantrag zulässig, weil für sie die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren vorliegen; für den Antragsteller zu 2 ist dies nicht der Fall: Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung ausschließlich dazu, bis zu einer Entscheidung im Klageverfahren von einem Antragsteller schlechterdings unzumutbare künftige Nachteile abzuwenden, die diesem drohen, wenn seinem Begehren nicht stattgegeben wird. Sie ist hingegen nicht dafür gedacht, dem Betreffenden schneller, als dies in einem Klageverfahren möglich ist, zu seinem Recht zu verhelfen, sofern nicht eine besondere Dringlichkeit gegeben ist, die es unzumutbar erscheinen lässt, den Ausgang eines Klageverfahrens abzuwarten. Nur wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung wirksamen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, gilt das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache wegen der Rechtsschutzgarantie in Artikel 19 Absatz 4 GG nicht. Das setzt voraus, dass die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und irreparabel wären und zudem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (VG Stade, Beschluss v. 12. April 2021 - 6 B 395/21, zitiert nach Juris Rdnr. 27 m.w.N.).
a. Nach diesem Maßstab ist der Antrag des Antragstellers zu 2 nicht zulässig, weil für den Antragsteller zu 2 nicht dargelegt und glaubhaft gemacht ist, dass die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache vorliegen. Für den Antragsteller zu 2 fehlt es an einem zwingenden Grund, der die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise rechtfertigen könnte. Durch eine - grundsätzliche - Verweisung auf ein Hauptsacheverfahren entstehen dem Antragsteller zu 2 zwar voraussichtlich Nachteile. Der Antragsteller zu 2 erhält den Ausweis für seine Arbeitsstelle nicht bis zum 3. Mai 2022 durchgehend freigeschaltet und wird mit dem gesperrten Ausweis nicht in die Betriebsstätte eingelassen. Aber dieser Nachteil tritt nicht zwingend ein, sondern kann mit dem Nachweis eines negativen Coronatests jeweils für den aktuellen Tag abgewendet werden. Ein solcher werktäglicher Coronatest kann dem Antragsteller zu 2 zugemutet werden, um die ihm drohenden Nachteile abzuwenden. Gründe, aus denen ein solcher Test nur zu unzumutbaren Bedingungen oder auch nur zu besonders erschwerten Bedingungen möglich sein sollte, sind nicht dargetan. Auch der Nachteil, dass der Antragsteller zu 2 erst ab 7 Uhr morgens mit der Arbeit beginnen kann, führt nicht zu einem schweren oder unzumutbaren Nachteil. Das Gericht sieht diesen Nachteil vielmehr als vorübergehende Unbequemlichkeit an. Denn es ist nicht dargelegt oder ersichtlich, dass der Antragsteller zu 2 aus schwerwiegenden Gründen darauf angewiesen wäre, seine Arbeit vor 7 Uhr morgens aufzunehmen, insbesondere etwa, um sie zu einem bestimmten Zeitpunkt beenden zu können. Auch dass der Antragsteller zu 2 ohne einen Genesenenstatus bis zum 3. Mai 2022 von der Teilnahme am sozialen, kulturellen oder wirtschaftlichen Leben in einem Umfang konkret ausgeschlossen sein könnte, der als unzumutbar anzusehen wäre, ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller zu 2 ist und bleibt zwar nach der aktuellen Niedersächsischen Corona-Verordnung (Fassung vom 18. März 2022) ohne Impf- oder Genesenennachweis von einigen Aktivitäten ganz ausgeschlossen. Soweit er ohne einen Impf- oder Genesenennachweis von diesen Aktivitäten ausgeschlossen bleibt, ist es jedoch nicht dargetan, dass ihn dies bis zum 3. Mai 2022 unzumutbar belasten wird. Denn in welchem Umfang der Antragsteller zu 2 konkret von Aktivitäten ausgeschlossen bliebe, für die nach der Niedersächsischen Corona-Verordnung eine "2-G"-Regelung gilt, ist nicht dargetan oder ersichtlich - es handelt sich dabei seit dem 19. März 2022 nach § 8 Absatz 4 Satz 1 Halbsatz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nur noch um die Teilnahme an Veranstaltungen mit mehr als 2 000 Teilnehmern und nach § 12 um den Besuch von Diskotheken, Clubs, Shisha-Bars und ähnlichen Einrichtungen. Im Übrigen führt es nicht zu einem schweren oder unzumutbaren Nachteil, dass der Antragsteller zu 2 sich auch für die meisten anderen Aktivitäten einen negativen Test besorgen muss.
Auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache, eine weitere Abwägung oder auf die Änderungen der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung und des Infektionsschutzgesetzes kommt es für den Antragsteller zu 2 danach nicht an.
b. Der Feststellungsantrag der Antragstellerin zu 1 ist zulässig. Die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache liegen für die Antragstellerin zu 1 vor:
(1) Für die Antragstellerin zu 1 ergibt sich ein schwerer und unzumutbarer Nachteil daraus, dass nach dem von ihr zur Glaubhaftmachung übersandten Schreiben ihres Arbeitgebers ab dem 16. März 2022 dort nur noch Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden dürften, die über einen vollständigen Impfschutz verfügten, das heiße, diese müssten auch "geboostert" sein.
(2) Für die Antragstellerin zu 1 besteht auch ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Antragsgegner zu 2. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, das heißt es muss die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein. Das gilt auch für eine Feststellung im Wege der einstweiligen Anordnung. Das setzt voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. Februar 2022 - 20 CE 22.226, zitiert nach Juris Rdnr. 6 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 16. April 2015 - 4 CN 2.14, zitiert nach Juris Rdnr. 11 ff.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 18. März 2022 - 14 ME 153/22, zitiert nach Juris).
Im Regelfall besteht ein Rechtsverhältnis zwischen einem Normadressaten und einem Normanwender, wobei als Normanwender die Vollzugsbehörde zu verstehen ist. Dies gilt grundsätzlich auch für selbstvollziehende (sog. "Self-executing") Vorschriften. Das sind solche, aus denen sich ohne verwaltungsmäßigen Vollzug bereits Rechte, Pflichten oder solche Rechtsfolgen wie ein Status ergeben. Auch bei solchen Normen können sich von einer Norm betroffene Personen und eine die Norm im weiteren Sinn vollziehende Behörde gegenüberstehen: Im Regelfall ist es Behörden als Verwaltungsaufgabe auch aufgegeben zu überwachen, ob die Normadressaten die selbstvollziehenden Vorschriften befolgen.
Der Antragsgegner ist in diesem Sinn Normanwender der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (vgl. hierzu VG Stade, Beschluss vom 14. März 2022 - 6 B 247/22; VG Ansbach, Beschluss vom 25. Februar 2022 - AN 18 E 22.00402; VG Halle, Beschluss vom 16. Februar 2022 - 1 B 41/22 HAL, beide zitiert nach Juris; VG München, Beschluss vom 22. Februar 2022 - M 26b E 22.730 -, https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2022-N-3491?hl=true).
Der Streit der Beteiligten betrifft die Bedeutung und Tragweite von Vorschriften des öffentlichen Rechts in Beziehung zu einem bereits überschaubaren konkreten Sachverhalt. Die Antragstellerin zu 1 macht geltend, dass sie die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung in ihrer Fassung vom 14. Januar 2022 und § 22a Absatz 2 IfSG für verfassungswidrig halte und dass - sinngemäß - deswegen ein Rechtsverhältnis derart bestehe, dass sie bis zum 1. Mai 2022 als "genesen" gelte, wie der Antragsgegner zu 2 das bescheinigt hatte. Insoweit ergibt sich durch die Änderung des § 22a IfSG und die Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung zum 19. März 2022 nichts Abweichendes.
Nach § 2 Nummer 4 SchAusnahmV ist eine genesene Person eine asymptomatische Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Genesenennachweises ist.
Nach § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der bis zum 19. März 2022 geltenden Fassung war ein Genesenennachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens eines durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutzes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn
nach der bis zum 14. Februar 2022 geltenden Fassung: die zugrundeliegende Testung durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist und mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt, beziehungsweise
nach der seit dem 15. Februar 2022 geltenden Fassung: der Nachweis den vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse www.rki.de/covid-19-genesenennachweis unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft veröffentlichten Vorgaben hinsichtlich der in den nachfolgenden Buchstaben a bis c geregelten Kriterien entspricht.
Durch Artikel 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 18. März 2022 (BGBl. I S. 478) ist § 2 Nummer 5 SchAusnahmeV zum 19. März 2022 weggefallen. Nunmehr ist der "Genesennachweis" im Infektionsschutzgesetz geregelt: Nach § 22a Absatz 2 IfSG in der ab dem 19. März 2022 geltenden Fassung ist ein Genesenennachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens eines durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutzes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn
1. die vorherige Infektion mittels eines direkten Erregernachweises nachgewiesen wurde und
2. die Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion mindestens 28 Tage und höchstens 90 Tage zurückliegt.
Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin zu 1 und dem Antragsgegner zu 2 besteht unter dem Gesichtspunkt, dass der Antragsgegner zu 2 gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD) für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes und der aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erlassenen Verordnungen zuständig ist. Der Antragsgegner zu 2 überwacht damit im Rahmen seiner örtlichen Zuständigkeit die Einhaltung der Ge- und Verbote des Infektionsschutzgesetzes (vgl. § 20a Absatz 5 IfSG), der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung sowie der Verordnungen nach § 32 Satz 1 IfSG, insbesondere der Niedersächsischen Corona-Verordnung (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. März 2022 - 14 ME 153/22, zitiert nach Juris Rdnr. 27 m.w.N.). Außerdem vollzieht er § 22a Absatz 2 IfSG und § 2 Nummer 4 SchAusnahmV, indem er - wie hier - Genesenennachweise ausstellt.
Die Gültigkeit einer Norm selbst kann nur in Ausnahmefällen zum Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage gemacht werden. Die allgemeine Feststellungsklage eröffnet jedoch auch die Möglichkeit, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren statt der Gültigkeit einer Norm im Allgemeinen deren Anwendbarkeit im Einzelfall überprüfen zu lassen, indem die Feststellung beantragt wird, dass wegen der Ungültigkeit oder Unanwendbarkeit einer Rechtsnorm kein Rechtsverhältnis zu dem anderen Beteiligten begründet ist oder dass ein anderes Rechtsverhältnis besteht, als dieser annimmt. Im Rahmen der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann das Gericht inzident prüfen, ob eine Norm eines Gesetzes oder einer Verordnung gültig oder anwendbar ist. Gegenstand einer solchen Feststellungsklage ist allerdings nicht unmittelbar die gesetzliche Norm, sondern es sind die von deren Gültigkeit abhängigen Rechte und Pflichten (Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, Rdnr. 58 ff. zu § 43 m.w.N.) oder der davon abhängige rechtliche Status. So liegt der Fall hier.
(3) Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht nicht die Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Absatz 2 Satz 1 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Feststellungsklage nicht zulässig, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
Die Antragstellerin zu 1 kann ihre Rechte nicht mit einem Gestaltungs- oder Leistungsantrag verfolgen. Für einen Gestaltungsantrag wäre erforderlich, dass der Antragsgegner zu 2 gegenüber der Antragstellerin zu 1 durch Verwaltungsakt gehandelt hätte oder zu handeln hätte. Das ist nicht der Fall. Weder bei der Erteilung eines Genesenennachweises im Sinn des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der bis zum 14. Januar 2022 geltenden Fassung noch bei dem Genesenennachweis selbst handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Daran hat sich durch die neuen Regelungen zum 19. März 2022 nichts geändert.
Ein Verwaltungsakt ist nach § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Der Genesenennachweis im Sinn des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der bis zum 14. Januar 2022 geltenden Fassung hat jedenfalls keine Regelungswirkung. Es handelt sich um eine bloße Wissenserklärung des Ausstellers (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 14. März 2022 - 14 ME 175/22 -, zitiert nach Juris Rdnr. 37 und vom 18. März 2022 - 14 ME 153/22 -, zitiert nach Juris Rdnr. 16; Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss v. 17. Februar 2022 - 1 B 7/22; offengelassen: VG Dresden, Beschluss v. 11. Februar 2022 - 6 L 97/22, beide zitiert nach Juris). Deren Inhalt ist gesetzlich abschließend geregelt, der Aussteller hat keinen Spielraum etwas hinzuzufügen oder wegzulassen: Damit ein Genesenennachweis vorliegt, muss bestätigt werden, dass mit einem Test durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis das Vorliegen einer vorherigen Infektion nachgewiesen wurde; ein Genesenennachweis im Sinn des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV alter Fassung liegt nur vor, wenn der Test mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate zurückliegt. - Dabei war nicht vorgeschrieben, dass der Genesenennachweis sich dazu zu äußern hätte, wie lange der Test zurückliegt, das konnte vielmehr auch auf andere Weise nachgewiesen werden. Denn § 2 Nummer 5 SchAusnahmV a.F. regelte keine Voraussetzungen für die Ausstellung (s.o.). - Der Nachweis selbst legt weder Rechte und Pflichten, noch einen Status fest (a.A. VG Osnabrück, Beschluss vom 4. Februar 2022 - 3 B 4/22, VG Halle, Beschluss vom 16. Februar 2022 - 1 B 41/22, zitiert nach Juris). Daran hat sich nichts Erhebliches dadurch geändert, dass in der Fassung vom 14. Januar 2022 oder in 22a Absatz 2 IfSG in der ab 19. März 2022 geltenden Fassung weitere Inhalte oder Voraussetzungen verbindlich vorgegeben wurden.
Der Genesenenstatus war bei Ausstellung des Genesenennachweises durch den Antragsgegner zu 2 nämlich nicht im Genesenennachweis geregelt, sondern abschließend in § 2 Nummer 4 SchAusnahmV. Daran hat sich durch die Änderungen vom 14. Januar 2022 nichts geändert. Auch nach § 22a Absatz 2 IfSG in der ab dem 19. März 2022 geltenden Fassung ist es bei dieser Regelung geblieben. Denn die grundsätzliche Regelung, wer Genesener ist, findet sich nach wie vor in der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung; neu ist dazu nur der hin- und-her-Verweis von § 2 Nummer 4 SchAusnahmV auf § 22a IfSG und wieder zurück auf § 2 Nummer 4 SchAusnahmV. Welche rechtliche Bedeutung dieser Genesenenstatus nach § 2 Nummer 4 SchAusnahmV hat, welche Rechte oder Pflichten dieser Status begründet, ist ebenfalls nicht im Genesenennachweis geregelt, sondern abschließend in abstrakten Rechtsnormen, im Fall der Antragstellerin zu 1 insbesondere in der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Für den Aussteller des Nachweises besteht weder Raum noch Befugnis, zu der rechtlichen Bedeutung des Nachweises oder sonst zu diesem irgendwelche eigenen Regelungen zu treffen. Dafür spricht auch, dass es keine Zuständigkeits- oder Befugnisnorm gibt, die die Ausstellung des Genesenennachweises betrifft (VG Stade, Beschluss vom 22. Dezember 2021 - 6 B 1445/21, zitiert nach Juris Rdnr. 28). Jedenfalls die niedersächsischen Gesundheitsbehörden werden nicht aufgrund einer Befugnisnorm, sondern auf der Grundlage der Aufgabenzuweisung tätig, wenn sie solche Nachweise ausstellen. Dafür, dass kein Verwaltungsakt vorliegt, spricht auch der Wortlaut des § 22a Absatz 2 IfSG, nach dem ein Genesenennachweis im Sinn der Vorschrift weder von öffentlichen noch auch nur von deutschen Stellen ausgestellt werden muss. Denn es werden als Genesenennachweise ausdrücklich auch Unterlagen in - allein - englischer, französischer, italienischer und spanischer Sprache definiert. Die Verwendung dieser Sprachen durch öffentliche deutsche Stellen bedürfte wegen § 23 Absatz 1 VwVfG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften einer gesetzlichen Zulassung; eine solche ist nicht ersichtlich. Etwas Anderes folgt nicht aus Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 VO (EU) Nummer 953/2021. Danach stellen zwar die Mitgliedstaaten oder benannte Stellen, die im Namen der Mitgliedstaaten handeln, die in Artikel 3 Absatz 1 VO (EU) Nummer 953/2021 genannten Zertifikate aus. Aber diese Vorschrift befasst sich zum einen nur mit dem EU-Zertifikat, zum anderen zeigt die Erforderlichkeit dieser EU-Regelung, dass auch nicht-öffentliche Stellen Nachweise ausstellen könnten, solange eine solche ausdrückliche Zuweisung - wie im deutschen Recht - nicht erfolgt ist.
Ob daneben auch Rechtsschutz gegen den Normgeber zulässig wäre, kann dahinstehen (ablehnend OVG D-Stadt-Brandenburg, Beschluss vom 1. März 2022 - OVG 9 S 5/22 -, zitiert nach Juris), namentlich weil wegen der Rechtsprechung des örtlich zuständigen Oberverwaltungsgerichts D-Stadt-Brandenburg (a.a.O.) einstweiliger Rechtsschutz gegen den Normgeber jedenfalls tatsächlich nicht gewährleistet ist.
Die Antragstellerin zu 1 kann im Sinn des § 43 Absatz 2 VwGO ihre Ansprüche auch nicht durch eine Leistungsklage verfolgen. Als Leistungsklage käme nur eine Normerlassklage in Betracht. Auf eine solche kann die Antragstellerin zu 1 nicht verwiesen werden, weil eine Normerlassklage über ihr Rechtsschutzinteresse weit hinausginge. Der Antragstellerin zu 1 geht es nicht um eine abstrakt generelle Klärung der Definition des Genesenennachweises, sondern nur darum, in ihrem Einzelfall zu klären, ob ihr bereits bestehender Genesenenstatus durch die Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV abgekürzt worden ist oder durch § 22a Absatz 2 IfSG in der vom Bundestag am 18. März 2022 beschlossenen Fassung abgekürzt wird.
(4) Die Antragstellerin zu 1 hat schließlich auch ein berechtigtes Interesse im Sinn des § 43 Absatz 1 VwGO an der baldigen Feststellung, dass die Geltungsdauer ihres Genesenenstatus nicht nach Maßgabe von § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 verkürzt worden ist und nicht nach § 22a Absatz 2 IfSG in der vom Bundestag am 18. März 2022 beschlossenen Fassung verkürzt wird. Das berechtigte Interesse - als Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses - schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Feststellung geeignet erscheint, die Rechtsposition der Antragstellerin zu 1 in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14. März 2022 - 14 ME 175/22, zitiert nach Juris). Das ist hier der Fall. Der Arbeitgeber der Antragstellerin ist der Auffassung, dass er ab 16. März 2022 nur noch vollständig Geimpfte beschäftigen dürfe, also nicht die Antragstellerin zu 1, denn die Antragstellerin zu 1 ist nicht vollständig geimpft. Zudem bestehen für Personen, die nicht im Sinn des § 2 Nummer 2 SchAusnahmV geimpft oder im Sinn des § 2 Nummer 4 SchAusnahmV in Verbindung mit § 22a Absatz 2 IfSG genesen sind, zumindest noch in einigen Bereichen des sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens Beschränkungen durch die derzeit gültige Niedersächsische Corona-Verordnung (s.o.). Verstöße hiergegen werden gemäß § 21 der Niedersächsischen Corona-Verordnung als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Der Antragsgegner zu 2 geht als Normanwender nach seiner Antragserwiderung davon aus, dass die Geltungsdauer des Genesenenstatus auf 90 Tage verkürzt wurde. Die Antragstellerin zu 1 kann nicht darauf verwiesen werden, dass eine Nichtbeachtung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wegen der Dauer eines gestreckten Verwaltungsverfahrens bis zum 1. Mai 2022 keine Folgen haben werde oder dass ein Bußgeld erst nach fruchtlosem Ablauf einer Aufforderung des Gesundheitsamts drohe. Denn zum einen hat der Antragsgegner zu 2 seine Ausführungen nicht mit einer entsprechenden Zusicherung verbunden, zum anderen kann der Antragstellerin zu 1 nicht zugemutet werden, ein Verwaltungsverfahren mit einem für sie belastenden Ergebnis oder ein Bußgeld zu riskieren, um dann in einem Rechtsbehelfsverfahren klären zu lassen, ob sie sich rechtskonform verhalten hat (vgl. VG Stade, Urteile vom 23. Juli 2021 - 6 A 1524/20, vom 6. Januar 2021 - 6 A 863/19 u.ö., zitiert nach Juris). Das berechtigte Interesse entfällt auch nicht wegen der am 18. März 2022 vom Bundestag beschlossenen Änderung des § 22a IfSG. Diese sieht keine hier erheblichen inhaltlichen Änderungen vor und hat sowohl den Eingangsteilsatz des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV a.F. als auch die Befristung auf höchstens 90 Tage übernommen.
(5) Der Antrag der Antragstellerin zu 1 ist begründet. Die Antragstellerin zu 1 hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ein Recht oder rechtlich geschütztes Interesse (Anordnungsanspruch) besteht, das durch das Verhalten der öffentlichen Gewalt gefährdet ist (Anordnungsgrund).
(a) Ein Anordnungsgrund ist hier gegeben. Der Arbeitgeber der Antragstellerin zu 1 ist nach ihrem glaubhaften Vortrag der Auffassung, dass er ab dem 16. März 2022 nur noch Mitarbeiter beschäftigen darf, die vollständig geimpft, das heißt auch "geboostert" sind. Das kommt tatsächlich der Ankündigung einer Suspendierung, einer Kündigung oder eines Berufsverbots gleich.
(b) Es besteht auch ein Anordnungsanspruch. Die Nachteile, die entstehen, wenn der Genesenenstatus nach § 22a Absatz 2 IfSG in der aktuellen Fassung oder nach § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der Fassung bis zum 18. März 2022 beurteilt wird, wiegen schwerer als diejenigen, die entstehen, wenn der Genesenenstatus nach § 2 Nummer 5 SchAusnahmV a.F. beurteilt wird. Es ist festzustellen, dass der Genesenenstatus der Antragstellerin zu 1 nach wie vor bis zum 1. Mai 2022 fortbesteht und durch die Änderung von § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der seit dem 15. Januar 2022 geltenden Fassung und durch § 22a Absatz 2 IfSG in der ab dem 19. März 2022 geltenden Fassung nicht geändert worden ist. Demzufolge bleibt der "Genesenennachweis", die der Antragsgegner zu 2 der Antragstellerin zu 1 am 22. November 2021 ausstellte, noch bis zum 1. Mai 2022 "gültig". Das Gericht hat für diese Bewertung die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache zu berücksichtigen. Es muss aufgrund einer Abwägung der beteiligten öffentlichen und privaten Interessen über den Erlass der Anordnung entscheiden, wobei diese Interessenabwägung nach den gleichen Grundsätzen zu erfolgen hat, welche die Gerichte bei der Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Absatz 5 VwGO zu leiten haben (Bayerischer VGH, Beschluss v. 11. April 2001 - 25 ZWE 01.926; BVerfG, Beschluss v. 13. Juni 1979 - 1 BvR 699/77 m.w.N., beide zitiert nach juris; a.A. Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Band VwGO, Rn. 65 f. zu § 123 m.w.N.).
(c) Die Erfolgsaussichten einer Klage in der Hauptsache sind nicht eindeutig zu bewerten oder offensichtlich. Denn dass die Änderung des § 22a IfSG durch das Gesetz vom 18. März 2022 (BGBl. I S. 473) offensichtlich oder eindeutig verfassungsmäßig oder offensichtlich oder eindeutig verfassungswidrig ist, ist bei summarischer Prüfung im Eilverfahren nicht feststellbar (vgl. zu § 2 Nummer 5 SchAusnahmV ausführlich VG Stade, Beschluss v. 14 März 2022 - 6 B 247/22 -, zitiert nach Juris Rdnr. 53 ff. unter Verweis auf Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss v. 17. Februar 2022 - 1 B 7/22 im Anschluss an BVerfG, Beschluss v. 10. Februar 2022 - 1 BvR 2649/21 -, beide zitiert nach Juris). Zwar hat das Gericht die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nicht in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Vielmehr ist nach Artikel 100 Absatz 1 Satz 1 GG das Verfahren auszusetzen und wenn es sich um die Verletzung des Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Grundsätzlich gilt vielmehr, dass die Fachgerichte selbst für den Fall, dass sie eine für die Hauptsacheentscheidung erhebliche Regelung für verfassungswidrig erachten, nicht dadurch an vorläufigem Rechtsschutz gehindert sind, dass sie über die Frage der Verfassungswidrigkeit nicht selbst entscheiden können. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Artikel 100 Absatz 1 Satz 1 GG ist bei Eilentscheidungen nur ausnahmsweise geboten, insbesondere wenn in dem Verfahren eine abschließende Entscheidung ergeht oder wenn die beantragte vorläufige Regelung die endgültige Entscheidung weitgehend vorwegnehmen würde. Wenn es nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird, ist dagegen schon vor einer im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorläufiger Rechtsschutz durch die Fachgerichte zu gewährleisten (Bayerischer VGH, Beschluss vom 20. Januar 2022 - 11 CS 21.2856; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. Juli 1996 - 1 BvL 39/95 - m.w.N., beide zitiert nach Juris).
Zwar sind formelle und verfahrensmäßige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der bis zum 18. März 2022 geltenden Fassung durch die Änderungen des § 22a Absatz 2 IfSG und des § 2 SchAusnahmV ab 19. März 2022 hinfällig. Das Gericht sieht sich jedoch nicht in der Lage, summarisch zu beurteilen, ob die medizinisch-fachliche Beurteilung des Robert-Koch-Instituts zur "Dauer" des Genesenenstatus zutrifft oder nicht (a.A. VG Osnabrück, Beschluss v. 4. Februar 2022 - 3 B 4/22 -, juris). Dafür fehlt ihm der medizinische Sachverstand. Allein der Umstand, dass das Robert-Koch-Institut in der Begründung zu seiner Internetveröffentlichung (www.rki.de/covid-19-genesenennachweis, inzwischen nur noch über eine Verlinkung von dieser Seite einsehbar) nur drei Veröffentlichung anführte, ist für eine medizinisch-fachliche Bewertung unergiebig. Das gilt auch, wenn andere medizinische Fachveröffentlichung die Bewertung nicht teilen, die in den vom Robert-Koch-Institut angeführten Veröffentlichungen vertreten wird. Zum einen ist die Art und Weise der Zitierung von Fachveröffentlichung eine methodische Frage, nicht aber eine inhaltliche. Eine methodische Bewertung wäre aber für die inhaltliche medizinisch-fachliche Bewertung ungenügend. Zum anderen kann eine quantitative Auswertung von medizinisch-fachlichen Ergebnissen nichts über die fachliche Richtigkeit der einzelnen Ergebnisse oder die Wahrscheinlichkeit deren Richtigkeit aussagen. Danach kann dahingestellt bleiben, ob im Fall einer Verfassungswidrigkeit der Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV die alte Fassung dieser Vorschrift ohne weiteres weiter angewendet werden kann, ob die geänderte Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts erkennen ließ, dass der Verordnungsgeber diese alte Fassung endgültig nicht mehr angewendet sehen will oder ob aus der Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV ab dem 19. März 2022 folgt, dass der Verordnungsgeber diese alte Fassung endgültig nicht mehr angewendet sehen will. Das Gericht sieht sich auch nicht in der Lage, die Verfassungsmäßigkeit von § 22a Absatz 2 IfSG in der vom Bundestag am 18. März 2022 beschlossenen Fassung summarisch zu beurteilen. § 22a Absatz 2 IfSG hat sowohl den Eingangsteilsatz des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV als auch die Befristung auf höchstens 90 Tage übernommen. Eine eigene medizinisch-fachliche Begründung ist in den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 20/958, BT-Drs. 20/1070 und BT-Drs. 20/1094) nicht enthalten. Der Bundestag übernimmt vielmehr die Bewertung des Robert-Koch-Instituts und fasst diese lediglich in die Form eines Gesetzes. Das folgt daraus, dass es dort heißt (BT-Drs. 20/958 S. 2, wortgleich S. 13 f.):
"Die an verschiedenen Stellen auch im IfSG in Bezug genommenen Definitionen des Impf-, des Genesenen- und des Testnachweises sind bisher in § 2 der COVID19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) und in § 2 der Coronavirus-Einreiseverordnung (CoronaEinreiseV) geregelt. Sie verweisen weitgehend auf konkretisierende Internetveröffentlichungen des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Impf-, Genesenen- und Testnachweise sollen diese Begriffe im IfSG definiert werden. Die Bundesregierung darf durch Rechtsverordnung hiervon abweichende Regelungen treffen, muss aber ausreichende Übergangsfristen vorsehen, damit sich die Bürgerinnen und Bürger auf die neue Rechtslage einstellen können. Zur Rechtsbereinigung wird die CoronaEinreiseV angepasst."
In der besonderen Begründung (BT-Drs. 20/958 S. 17) wird lediglich der Wortlaut der Regelung wiederholt. Das Gericht vermag im Eilverfahren nicht zu beurteilen, ob diese Verkürzung auf höchstens 90 Tage medizinisch-fachlich begründbar oder gerechtfertigt ist (s.o.). Ob die gesetzliche Regelung die von den Antragstellerin beanstandete Rückwirkung enthält, kann danach für das Eilverfahren dahinstehen.
(d) Die Abwägung der privaten Interessen der Antragstellerin zu 1 am Erhalt ihres Genesenenstatus, wie er in § 2 Nummer 4 in Verbindung mit Nummer 5 SchAusnahmV a.F. geregelt war, und des öffentlichen Interesses daran, den Genesenenstatus der Antragstellerin zu 1 nach neuem Recht zu beurteilen, überwiegen die Interessen der Antragstellerin zu 1.
Das Interesse der Antragstellerin zu 1 besteht darin, ihrer Berufstätigkeit bis zum 1. Mai 2022 aufgrund ihres Genesenenstatus nachgehen zu können und damit von ihrem Grundrecht aus Artikel 12 GG Gebrauch zu machen. Dies würde vollständig vereitelt, wenn der Antrag keinen Erfolg hätte.
Es ist kein öffentliches Interesse oder privates Interesse Dritter feststellbar, dass gegenüber diesem Interesse überwöge.
Ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse privater Dritter folgt nicht aus einer besonderen Schutzbedürftigkeit der Bewohner des Seniorenheims, in dem die Antragstellerin zu 1 tätig ist, vor einer Corona-Infektion durch die Antragstellerin zu 1 bis zum 1. Mai 2022. Es ist insoweit nicht dargelegt, dass das Risiko, dass sich Bewohner des Seniorenheims bei der Antragstellerin zu 1 anstecken, ab dem 91. Tag nach ihrer Genesung signifikant erhöht. Solches ist auch nicht ersichtlich, namentlich nicht aus der oben angeführten Begründung des Robert-Koch-Instituts.
Das allgemeinen Interesse, die Folge zu vermeiden, dass bestehende Regeln unbeachtet bleiben und dass Berufungsfälle vermieden werden, überwiegt ebenfalls nicht den konkreten individuellen Nachteil für die Antragstellerin zu 1.
Insbesondere lässt sich ein überwiegendes öffentliches Interesse nicht aus der in Fußnote 4 der Begründung des Robert-Koch-Instituts zitierten "wissenschaftlichen Begründung der Ständigen Impfkommission für die Empfehlung zur Verkürzung des Impfabstands zwischen Grundimmunisierung beziehungsweise Infektion und Auffrischungsimpfung auf einen Zeitraum ab 3 Monaten" herleiten. Zwar ist es aus der Natur der Sache nachvollziehbar, dass es als zweckmäßig angesehen wird, die Fristen für die Auffrischungsimpfung und für die Dauer des Genesenenstatus aneinander anzupassen. Dass es verwaltungspraktisch zweckmäßig erscheint, die Fristen zu vereinheitlichen, überwiegt als öffentliches Interesse aber nicht das dargestellte Interesse der Antragstellerin zu 1.
Ein überwiegendes öffentliches Interesse folgt schließlich nicht aus der einrichtungsbezogenen Impflicht nach § 20a IfSG ab dem 15. März 2022. Diese ist insoweit neutral, denn sie sieht in § 20a Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 gerade vor, dass anstelle eines Impfnachweises auch ein Genesenennachweis nach § 22a Absatz 2 IfSG vorgelegt werden kann - also nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung oder der Ausgestaltung durch den Verordnungsgeber.
Die Möglichkeit, dass die Antragstellerin zu 1 bis zum 1. Mai 2022 Corona-Viren aufnimmt und an Bewohner weitergibt, ist nicht ausgeschlossen. Da das als Risiko aber summarisch nicht bewertbar ist, kann es sich nicht gegen das Interesse der Antragstellerin zu 1 durchsetzen. Dem Risiko, dass sich Bewohner des Seniorenheims bei der Antragstellerin zu 1 im Falle einer Reinfektion anstecken könnten, könnte überdies gegebenenfalls auch mit einer regelmäßigen Testverpflichtung der Antragstellerin zu 1 begegnet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO, § 155 Absatz 2 VwGO und § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Absatz 1 der Zivilprozessordnung. Sie umfasst auch die Entscheidung über die Kosten der ausscheidenden Antragsgegnerin zu 1 (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 11. Februar 1999 - 4 C 99.227 -, zitiert nach Juris Rdnr. 11).
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 39 Absatz 1 und § 53 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 52 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes in Anlehnung an die Nummern 1.5 Satz 2 und 1.1.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach ist für jeden der zwei Antragsteller der Auffangstreitwert von 5 000 Euro zu Grunde zu legen (2 x 5 000 = 10 000). Von einer Reduzierung dieses Betrages im Eilverfahren sieht das Gericht ab, weil eine Vorwegnahme der Hauptsache beantragt wird. Der Streitwert ist nur einmal für jeden der Antragsteller anzunehmen, weil sich durch die Änderung des Antragsgegners kein neuer Streitgegenstand ergeben hat und deshalb auch kein zusätzlich zu bewertendes Interesse.