Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 14.03.2022, Az.: 6 B 247/22
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 14.03.2022
- Aktenzeichen
- 6 B 247/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 13342
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2022:0314.6B247.22.00
Tenor:
Im Wege der einstweiligen Anordnung wird festgestellt, dass die Antragstellerin zu 1 bis zum 25. April 2022 als genesene Person gilt und dass die Antragstellerin zu 3 bis zum Abschluss ihrer theoretischen Führerscheinprüfung, längstens bis zum 25. April 2022, als genesene Person gilt, wie jeweils am 8. November 2021 in den vom Antragsgegner ausgestellten "Genesennachweisen" bescheinigt. Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.
Die Gerichtskosten tragen die Antragsteller zu 2 und 4 zu je 1/4 und der Antragsgegner zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und 3 trägt der Antragsgegner und die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners tragen die Antragsteller zu 2 und 4 zu je 1/4. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine Kosten selbst.
Der Streitwert wird auf 20 000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller möchten erreichen, dass festgestellt wird, dass sie bis zum 25. April 2022 als genesene Personen im Sinn von § 2 Nummer 4 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) gelten, wie sich das aus ihren Genesenennachweisen ergibt.
Die Antragsteller zu 1 und 2 sind miteinander verheiratet und die Eltern der 17-jährigen Antragstellerin zu 3 und der 14-jährigen Antragstellerin zu 4.
Alle Antragsteller sind nach ihren Angaben nicht gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 geimpft. Bei allen Antragstellern wurde am 25. Oktober 2021 eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 nachgewiesen.
Mit an den jeweiligen Antragsteller adressiertem und als "Genesenennachweis" bezeichnetem Schreiben vom 8. November 2021 teilte der Antragsgegner den Antragstellern mit, dass diese für den Zeitraum vom 22. November 2021 bis zum 25. April 2022 "als genesene Person nach § 2 Nr. 4, 5 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmeV) sowie § 5a Absatz 3 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Nds. Corona-Verordnung)" gelten. Weiter heißt es in dem Schreiben:
"Gemäß § 2 Nr. 4 der SchAusnahmV sowie § 5a Absatz 3 der Nds. Corona-Verordnung ist eine genesene Person eine Person, deren vorherige Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 mittels Testung durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis bestätigt wurde. Diese Testung muss mindestens 28 Tage sowie maximal 6 Monate zurückliegen.
Eine genesene Person gilt als geimpfte Person, wenn sie über einen Impfnachweis über eine Schutzimpfung mit einer verabreichten Dosis mit einem der vom Paul-Ehrlich-Institut genannten Impfstoffe verfügt. Hierzu muss diese Covid-19 Impfung durch eine separate Bescheinigung (z.B. Impfpass) nachgewiesen und zusammen mit diesem Genesenennachweis vorgelegt werden.
Die vorgesehenen Erleichterungen und Ausnahmen gelten dabei trotz des Genesenennachweises nicht für Personen, die
1.typische Symptome einer Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 aufweisen oder
2.bei denen aktuell eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 nachgewiesen ist.
Bitte beachten Sie, dass trotz des Genesenennachweises jegliche Regelungen zur- Mund-Nasen-Bedeckung,- Abstandsregeln im öffentlichen Raum sowie- Vorgaben in Hygiene- und Schutzkonzepten unberührt bleiben."
Mit E-Mail vom 7. Februar 2022 baten die Antragsteller den Antragsgegner darum festzustellen, wie lange der "Genesenenstatus" für sie noch gelte. Ein schriftliches Dokument hätten sie dazu noch nicht erhalten.
Der Antragsgegner antwortete mit E-Mail vom 8. Februar 2022:
"Die Genesenennachweise wurden und werden aufgrund der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) ausgestellt. Diese Verordnung wurde mit Wirkung vom 14.01.2022 geändert und ist in Kraft getreten. In § 2 Nr. 5 SchAusnahmV wird der Genesenenstatus erläutert und auf die Kriterien des Robert-Koch-Instituts verwiesen, die den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft vorgeben. Das Robert-Koch-Institut hat mitgeteilt, dass die Dauer des Genesenenstatus von 6 Monate auf 90 Tage reduziert wurde, da die bisherige wissenschaftliche Evidenz darauf hindeutet, dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion einen im Vergleich zur Deltavariante herabgesetzten und zeitlich noch stärker begrenzten Schutz vor einer erneuten Infektion mit der Omikronvariante haben.
Die Änderung der Verordnung gilt für alle ausgestellten Genesenennachweise und die bisherigen Nachweise mit einer Gültigkeit von sechs Monaten verlieren zwar nicht ihre grundlegende Gültigkeit, jedoch gelten auch sie nur noch 90 Tage ab positiver PCR-Testung. Die rechtliche Grundlage hat sich geändert und für alte Genesenennachweise gibt es keinen Bestandsschutz.
Sofern Sie bereits mindestens eine Corona-Schutzimpfung vor der Infektion erhalten haben, gelten Sie mit einer Durchbruchsinfektion in Niedersachsen bis auf weiteres als geboostert und sind von der Testpflicht bei Anwendung der 2Gplus-Regelung befreit.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat kürzlich die Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage für verfassungswidrig erklärt. Dieser Beschluss ist allerdings noch nicht rechtskräftig und hat daher auch keine allgemeine Gültigkeit, sondern gilt nur für den Antragsteller.
Das Verwaltungsgericht begründete die Entscheidung unter anderem damit, dass es an einer wissenschaftlich fundierten Grundlage für die Verkürzung fehle. Mittlerweile hat das Robert-Koch-Institut eine wissenschaftliche Begründung nachgereicht und diese veröffentlicht. Dort heißt es, dass diese fachlichen Vorgaben für den Genesenennachweis sich ausschließlich auf Personen beziehen, die ungeimpft sind, d.h. weder vor, noch nach ihrer durchgemachten Infektion eine Impfung erhalten haben.
Das bedeutet, dass für Personen, die vor oder nach ihrer durchgemachten Infektion eine Impfung erhalten haben, in der Regel der Impfpass oder das ausgestellte digitale Impfzertifikat der EU als Vorlage ausreichend ist.
In der aktuell sehr dynamischen pandemischen Lage mit diversen Regelungsänderungen, kann davon ausgegangen werden, dass es bald weitere Informationen dazu geben wird, bzw. wie das Bundesgesundheitsministerium auf diese Rechtsprechung reagiert. Weiterhin haben sich kürzlich die EU-Staaten auf eine Gültigkeit von sechs Monaten in Bezug auf Grenzübertritte geeinigt. Diese Empfehlung ist jedoch nicht bindend und bei der Einreise bzw. in Deutschland gilt das nationale Recht und dementsprechend gilt weiterhin die SchAusnahmV, in Verbindung mit den Vorgaben des RKI. Aber auch hier wird es sicherlich bald zu weiteren Entscheidungen / Regelungen kommen. Aufgrund dessen kann sich die Lage also schnell wieder ändern."
Die Antragsteller haben am 22. Februar 2022 den vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
Zur Begründung führen sie aus, dass der Genesenenstatus mittels dynamischer Verweisung auf die Internetseiten des Robert-Koch-Instituts durch Änderung von § 2 Nummer 5 SchAusnahmV am 14. Januar 2022 auf 90 Tage verkürzt worden sei. Seit dem 25. Januar 2022 würden sie daher nicht mehr als genesen gelten und seien daher durch die Regelungen der Coronaverordnungen der Länder Niedersachsen und B-Stadt in nahezu allen Bereichen des Lebens drastischen Einschränkungen unterworfen. Zum Teil seien sie gezwungen, sich täglich auf eine Corona-Infektion testen zu lassen. Dies betreffe die Antragstellerin zu 1. Diese sei als Fachkraft für Anästhesie und Intensivmedizin am Klinikum Q. tätig und dürfe dort ab dem 15. März 2022 nur noch arbeiten, wenn sie geimpft oder genesen sei. Es betreffe auch den Antragsteller zu 2, der in R. arbeite und sich vor Arbeitsbeginn täglich auf eine Infektion mit dem Coronavirus testen lassen müsse. Die Antragstellerin zu 3 habe ihre theoretische Führerscheinprüfung nicht absolvieren können, da der TÜV Nord sie nicht in die Prüfungsräume gelassen habe.
Ihr Antrag sei als Feststellungantrag gemäß § 123 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. In der Hauptsache wäre eine Feststellungsklage statthaft. Die Antragsteller könnten ihr Begehren nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen. Unabhängig davon, ob es sich bei den "Genesenennachweisen" des Antragsgegners vom 8. November 2021 um (feststellende) Verwaltungsakte handele, bescheinigten diese gerade den Genesenenstatus der Antragsteller bis zum 25. April 2022, so dass ein Antrag auf Neuausstellung dieser Bescheinigungen ins Leere ginge. Überdies ergebe sich weder aus der Coronaverordnung des Landes Niedersachsen noch aus der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung ein Anspruch auf (Neu-)Ausstellung einer solchen Bescheinigung oder auf Feststellung oder Bestätigung der Weitergeltung der ausgehändigten Bescheinigung. Selbst wenn es jedoch einen solchen Anspruch gäbe, ginge ein entsprechender Antrag ins Leere, da der Antragsgegner beziehungsweise das ihm als Dienststelle zugeordnete Gesundheitsamt gemäß Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes an § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 gebunden wäre und einen "Genesenenstatus" der Antragsteller bis zum 25. April 2022 nicht neu bescheinigen, bestätigen oder feststellen könnte, weil dem die Neufassung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV entgegenstünde. Außerdem habe der Antragsgegner auf die Bitte des Antragstellers zu 2 die Feststellung, dass der "Genesenenstatus" der Antragsteller bis zum 25. April 2022 gilt, abgelehnt. Ein Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO sei nicht einschlägig. Beim "Genesenenstatus" handele es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Die Antragsteller hätten auch ein Feststellungsinteresse. Die vielfältigen Einschränkungen durch die Coronaverordnungen der Länder Niedersachsen und B-Stadt für Ungeimpfte oder Nicht-Genesene schränkten die persönliche Freiheit der Antragsteller seit dem 25. Januar 2022 in nahezu allen Lebensbereichen ganz erheblich ein. Die Antragsteller seien entweder zum Rückzug aus dem täglichen Leben oder zum täglichen Testen gezwungen. Die Antragsteller hätten einen Anspruch Feststellung der Gültigkeit ihres "Genesenenstatus" bis zum 25. April 2022 aus § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 8. Mai 2021. § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der seit dem 14. Januar 2022 geltenden Fassung sei verfassungswidrig und damit unwirksam. Es werde diesbezüglich vollumfänglich auf VG Osnabrück, Beschluss vom 4. Februar 2022 (Az.: 3 B 4/22), einschließlich der dort zitierten Publikationen verwiesen, sowie auf VG Ansbach, Beschluss vom 11. Februar 2022 (Az.: AN 18 S 22.00234). Ergänzend dazu werde auf eine Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts verwiesen, wonach eine Antikörperreaktion nach durchgemachter Coronainfektion noch 430 Tage nachweisbar sei.
Der Anordnungsgrund folge aus der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit. Die Antragsteller gälten im Falle der Wirksamkeit des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der seit dem 14. Januar 2022 geltenden Fassung seit dem 25. Januar 2022 nicht mehr als genesen und seien daher vielfältigen Einschränkungen durch die Coronaverordnungen der Länder Niedersachsen und B-Stadt unterlegen. Eine Entscheidung in einer noch zu erhebenden Klage käme mit Sicherheit zu spät, so dass dem Grundrecht auf effektiven Rechtschutz aus Artikel 19 Absatz 4 GG nur durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung im beantragten Umfang Rechnung getragen werden könne.
Die Antragsteller beantragen wörtlich,
im Wege einstweiliger Anordnung festzustellen, dass der Genesenenstatus der Antragsteller nach wie vor bis zum 25.04.2022 fortbesteht und durch die Änderung von § 2 Nr. 5 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) in der seit dem 14.01.2022 geltenden Fassung keine Änderung erfahren hat.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er tritt dem Vorbringen der Antragsteller entgegen und meint, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei unzulässig. Eine Feststellung im Wege der einstweiligen Anordnung sei nicht statthaft. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis bestehe nicht. Unter einem Rechtsverhältnis seien die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen. Für die rechtlichen Beziehungen, die ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis begründen, sei wesensnotwendig, dass sie zumindest ein subjektives öffentliches Recht zum Gegenstand hätten. Subjektiv öffentliche Rechte des Bürgers seien Ansprüche, Beherrschungsrechte sowie Gestaltungsrechte. Ein solches konkretes Rechtsverhältnis liege hier nicht vor. Aus § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der seit dem 14. Januar 2022 geltenden Fassung ergebe sich kein Anspruch auf Feststellung der Weitergeltung der ausgehändigten Genesenen-Bescheinigung. Diese Norm regele lediglich, ab wann eine Person als "genesen" gelte bzw. für welchen Zeitraum diese Person als "genesen" gelte. Eine konkrete Leistung bzw. ein konkreter Anspruch, etwa auf Einstufung als "genesen", lasse sich daraus nicht ableiten. Da hier ebenfalls kein Beherrschungsrecht beziehungsweise Gestaltungsrecht des Bürgers streitgegenständlich sei, mangele es an einem konkreten Rechtsverhältnis. Vielmehr handele es sich um eine bloße Vorfrage, die erst in einem weiteren Schritt Rechte und Pflichten begründen würde. Bloße Elemente, unselbstständige Teile oder Vorfragen von Rechtsverhältnissen, die nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründen, sondern nur Voraussetzungen solcher Rechte und Pflichten seien, seien nicht feststellungsfähig. Aus diesem Grund mangele es auch an der Antragsbefugnis der Antragsteller aus § 42 Absatz 2 VwGO analog. Jedenfalls sei eine etwaige Feststellungsklage als subsidiär im Sinne des § 43 Absatz 2 VwGO anzusehen. Denn die Antragsteller seien zwar nicht auf ein Normenkontrollverfahren im Sinne von § 47 VwGO zu verweisen, sie hätten jedoch eine Verpflichtungs- beziehungsweise eine allgemeine Leistungsklage erheben können und müssen.
Überdies sei der Antrag jedenfalls nicht begründet. Den Antragstellern stehe kein Anordnungsanspruch zu. Die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung sehe einen solchen nicht vor. Die Norm habe lediglich gestaltende Wirkung, jedoch keine Leistungswirkung. Sie spreche dem Einzelnen keinen konkreten Rechtsanspruch zu. Soweit sich die Antragsteller auf eine Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts beriefen, befände sich diese auf dem Stand von Anfang Dezember 2021. Im Zuge der Corona-Maßnahmen und der damit verbundenen intensiven Forschung, komme es nahezu täglich zu neuen Erkenntnissen. Der Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV liege eine Einstufung des Robert-Koch-Institutes mit Stand vom 3. Februar 2022 zugrunde. Es sei davon auszugehen, dass die Bundesregierung bei Erlass der bezeichneten Verordnung den aktuelleren Stand des Robert-Koch-Institutes zugrunde gelegt habe. Auch ein Anordnungsgrund sei für die Antragsteller nicht ersichtlich. Die Antragsteller seien auf das EU-Genesungszertifikat nach der Verordnung (EU) 2021/953 zu verweisen. Eine besondere Eilbedürftigkeit sei auch deshalb nicht gegeben, weil das Land Niedersachsen bereits am 23. Februar 2022 in seiner Coronaverordnung umgehende "Lockerungen" im Bereich des öffentlichen Lebens geschaffen habe. Erste Lockerungen, auch für ungeimpfte Personen, seien bereits am 24. Februar 2022 in Kraft getreten, weitere Erleichterungen folgten am 4. und 19. März 2022. Letztendlich ergebe sich die fehlende Dringlichkeit des Antrags auch daraus, dass die Antragsteller bereits seit dem 25. Januar 2022 und damit fast einen Monat vor Stellung des gerichtlichen Antrags am 22. Februar 2022, als "nicht-mehr-genesen" gegolten hätten. Spätestens mit der Bestätigung des Antragsgegners vom 8. Februar 2022 hätten die Antragsteller schnellstmöglich tätig werden können. Jedoch seien bis zur Antragstellung weitere zwei Wochen vergangen, ohne dass dafür ein Grund bestanden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen, die Beiakte BA001.
II.
1. Das Gericht versteht die Anträge dahin, dass sie sich auf die seit dem 15. Januar 2022, nicht 14. Januar 2022, geltende Fassung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV beziehen. Die Antragsteller haben offensichtlich den Tag des Erlasses der Verordnung vom 14. Januar 2022 mit dem Tag des Inkrafttretens der Änderung verwechselt.
2. Die Anträge haben, so verstanden, nur zum Teil Erfolg, denn nur die Anträge der Antragstellerinnen zu 1 und 3 sind zulässig und begründet. Die Anträge der Antragsteller zu 2 und 4 sind unzulässig.
Gemäß § 123 Absatz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch, wie hier, zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Voraussetzung ist dann, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, dass diese Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gemäß § 123 Absatz 3 VwGO und § 920 Absatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Antragsteller sowohl die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) als auch seine materielle Anspruchsberechtigung (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.
Der Antrag ist ausnahmsweise als Feststellungsantrag zulässig. Ein Feststellungsantrag ist im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich nicht statthaft. Wird eine Feststellung "vorläufig" begehrt, widerspricht dies dem Charakter einer gerichtlichen Feststellung: Nach § 43 Absatz 1 VwGO kann durch das Gericht festgestellt werden, ob ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht oder ob ein Verwaltungsakt nichtig ist. Ein Rechtsverhältnis kann nicht "vorläufig bestehen" oder "vorläufig nicht bestehen" und ein Verwaltungsakt kann nicht "vorläufig nichtig" sein. Gegenstand einer einstweiligen Anordnung kann zudem nur ein Anspruch sein, der im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann (VG Stade, Beschluss v. 10. März 2021 - 6 B 252/21 -, juris Rn. 58). Eine Feststellung ist im Verfahren nach § 123 VwGO dagegen nicht ausgeschlossen, wenn sie als endgültige Feststellung ergehen kann. Das ist der Fall, wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren vorliegen. Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung ausschließlich dazu, von einem Antragsteller schlechterdings unzumutbare künftige Nachteile abzuwenden, die diesem drohen, wenn seinem Begehren nicht stattgegeben wird. Sie ist hingegen nicht dafür gedacht, dem Betreffenden schneller, als dies in einem Klageverfahren möglich ist, zu seinem Recht zu verhelfen, sofern nicht eine besondere Dringlichkeit gegeben ist, die es unzumutbar erscheinen lässt, den Ausgang eines Klageverfahrens abzuwarten. Wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung wirksamen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, gilt das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache aber wegen der Rechtsschutzgarantie in 19 Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) nicht. Das setzt voraus, dass die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und irreparabel wären und zudem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. VG Stade, Beschluss v. 12. April 2021 - 6 B 395/21 -, juris Rn. 27 m.w.N.).
a. Nach diesem Maßstab sind die Anträge des Antragstellers zu 2 und der Antragstellerin zu 4 nicht zulässig, weil für den Antragsteller zu 2 und die Antragstellerin zu 4 nicht dargelegt und glaubhaft gemacht ist, dass die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache vorliegen. Für den Antragsteller zu 2 und die Antragstellerin zu 4 fehlt es an einem zwingenden Grund, der die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise rechtfertigen könnte. Durch eine - grundsätzliche - Verweisung auf ein Hauptsacheverfahren entstehen den Antragstellern zu 2 und 4 zwar voraussichtlich Nachteile. Der Antragsteller zu 2 müsste seinem Arbeitgeber weiterhin für jeden Arbeitstag bis zum 25. April 2022 durch ein negatives Testergebnis nachweisen, dass bei ihm keine Coronainfektion vorliegt. Die Antragstellerin zu 4, die nach ihren Angaben gerne ins Kino geht, kann nach § 8 Absatz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung jedenfalls noch bis zum 20. März 2022 nur nach Vorlage eines negativen Testergebnisses ein Kino besuchen. Diese zu erwartenden Nachteile sind aber offensichtlich nicht unzumutbar. Denn die drohenden Nachteile treten nicht zwingend ein, sondern können mit dem Nachweis eines negativen Coronatests abgewendet werden. Ein solcher Coronatest kann den Antragstellern zu 2 und 4 zugemutet werden, um die ihnen drohenden Nachteile abzuwenden. Gründe, aus denen ein solcher Test nur zu unzumutbaren Bedingungen oder auch nur zu besonders erschwerten Bedingungen möglich sein sollte, sind nicht dargetan. Die zu erwartenden Nachteile halten sich insbesondere im Fall der Antragstellerin zu 4 auch in einem sehr engen zeitlichen Rahmen. Auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache oder eine weitere Abwägung kommt es für die Antragsteller zu 2 und 4 danach nicht an.
b. Die Feststellungsanträge der Antragstellerinnen zu 1 und 3 sind zulässig. Die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache liegen für die Antragstellerinnen zu 1 und 3 vor:
(1) Für die Antragstellerin zu 1 ergibt sich ein schwerer und unzumutbarer Nachteil daraus, dass sie als Fachkraft für Anästhesie und Intensivmedizin nach dem von ihr zur Glaubhaftmachung übersandten Dienstplan ab dem 15. März 2022 nicht mehr zum Dienst eingeteilt wurde und ihr deshalb droht, nicht mehr arbeiten zu dürfen. Für die Antragstellerin zu 3 ergibt sich ein schwerer und unzumutbarer Nachteil daraus, dass sie nicht zur theoretischen Führerscheinprüfung zugelassen wird, so wie sie bereits einmal nicht zur theoretischen Führerscheinprüfung eingelassen wurde, so dass die Prüfungsvorbereitungen durch Zeitablauf entwertet zu werden drohen.
(2) Für die Antragstellerinnen zu 1 und 3 besteht auch ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Antragsgegner, dem Landkreis S.. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, das heißt es muss die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein. Das gilt auch für eine Feststellung im Wege der einstweiligen Anordnung. Das setzt voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss v 7. Februar 2022 - 20 CE 22.226 -, juris Rn. 6 unter Verweis auf BVerwG, Urteil v. 16. April 2015 - 4 CN 2.14 -, juris Rn. 11 ff.).
Im Regelfall besteht ein Rechtsverhältnis zwischen einem Normadressaten und einem Normanwender, wobei als Normanwender die Vollzugsbehörde zu verstehen ist, oder deren Rechtsträger, soweit die Behörde selbst nicht beteiligt sein kann. Dies gilt grundsätzlich auch für selbstvollziehende (sog. "Self-executing") Vorschriften. Das sind solche, aus denen sich ohne verwaltungsmäßige Umsetzung bereits Rechte, Pflichten oder Rechtsfolgen wie ein Status ergeben. Auch bei solchen Normen können sich normbetroffene Personen und eine die Norm im weiteren Sinn vollziehende Behörde gegenüberstehen. Im Regelfall ist es Behörden als Verwaltungsaufgabe auch anvertraut zu überwachen, ob die Normadressaten die selbstvollziehenden Vorschriften befolgen. Der Antragsgegner ist in diesem Sinn Normanwender der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (VG Ansbach, Beschluss v. 25. Februar 2022 - AN 18 E 22.00402 -, juris Rn. 33; VG Halle, Beschluss v. 16. Februar 2022 - 1 B 41/22 HAL, BeckRS 2022, 2190 und VG München, Beschluss v. 22. Februar 2022 - M 26b E 22.730 -, https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2022-N-3491?hl=true). Allerdings überwacht er nicht die Einhaltung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung selbst, weil diese selbst keine überwachungsfähigen Regelungen trifft. Denn sie regelt nur Ausnahmen von Schutzmaßnahmen, die in anderen Vorschriften oder Anordnungen geregelt sind; nur jene sind überwachungsfähig. Und diese Schutzmaßnahmen sind im Regelfall nicht von den Genesenen zu beachten, sondern von Dritten, wie insbesondere von den Kirchen, Schulen, Kindertagesstätten oder Pflegeeinrichtungen und von den Betreibern von Restaurants, Kinos, Theatern, Sportanlagen, Beherbergungsbetrieben, Einzelhandelsbetrieben oder Diskotheken. Dementsprechend überwacht der Antragsgegner infektionsschutzrechtliche Vorschriften, unter Beachtung des § 2 Nummer 4 und 5 SchAusnahmV, insoweit nicht gegenüber den Antragstellerinnen zu 1 und 3, sondern gegenüber Dritten als Normadressaten, und macht gegebenenfalls diesen Dritten gegenüber von Eingriffsbefugnissen Gebrauch oder hat diesen Dritten gegenüber ordnungswidrigkeitenrechtliche Befugnisse. Nur gegenüber der Antragstellerin zu 1 wird sich eine Überwachungsaufgabe des Antragsgegners in Zukunft ergeben, weil der Antragsgegner ab 15. März 2022 nach § 20a IfSG Immunitätsnachweise von Personen zu überwachen haben wird, die wie die Antragstellerin zu 1 in einem der in § 20a Absatz 1 Satz 1 IfSG aufgezählten Gesundheitsberufe tätig sind. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den beiden Antragstellerinnen zu 1 und 3 und dem Antragsgegner besteht aber schon gegenwärtig unter dem Gesichtspunkt, dass der Antragsgegner darüber hinaus diejenige öffentliche Stelle ist, die damit befasst ist, § 2 Nummer 4 und 5 SchAusnahmV anzuwenden (dazu Schoch/Schneider, VwGO, Rdnr. 25a zu § 43 VwGO unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1976 - VII C 71/75, NJW 1976, 1648, 1649) und zwar auch gegenüber den Antragstellerinnen zu 1 und 3. Insoweit ist der Antragsgegner im weiteren Sinn Normanwender. Der Antragsgegner hat diese Vorschriften gegenüber den Antragstellerinnen zu 1 und 3 angewendet, indem er deren Genesenennachweise ausgestellt hat.
Der Streit der Beteiligten betrifft die Bedeutung und Tragweite von Vorschriften des öffentlichen Rechts in Beziehung zu einem bereits überschaubaren konkreten Sachverhalt: Nach § 2 Nummer 4 SchAusnahmV ist eine genesene Person eine asymptomatische Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Genesenennachweises ist. Nach § 2 Nummer 5 SchAusnahmV ist ein Genesenennachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens eines durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutzes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn
nach der bis zum 14. Februar 2022 geltenden Fassung: die zugrundeliegende Testung durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist und mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt, beziehungsweise
nach der seit dem 15. Februar 2022 geltenden Fassung: der Nachweis den vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse www.rki.de/covid-19-genesenennachweis unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft veröffentlichten Vorgaben hinsichtlich der in den nachfolgenden Buchstaben a bis c geregelten Kriterien entspricht.
Die Antragstellerinnen zu 1 und 3 machen geltend, dass sie die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung in ihrer aktuellen Fassung für verfassungswidrig halten und dass deswegen ein Rechtsverhältnis derart besteht, dass sie bis zum 25. April 2022 als "genesen" gelten, wie der Antragsgegner das bescheinigt hatte, jetzt aber für hinfällig hält.
Mit der Feststellungsklage und dem Feststellungsantrag kann zwar die Gültigkeit oder Anwendbarkeit von untergesetzlichen Normen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überprüft werden. Die Gültigkeit einer Norm selbst kann jedoch nur in Ausnahmefällen zum Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Klage gemacht werden. Bei untergesetzlichen Normen scheidet die allgemeine Feststellungsklage deshalb regelmäßig aus, weil die Gültigkeit oder Nichtigkeit einer Norm eine rechtliche Qualifizierung ist, die kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis darstellt. Nur nach Maßgabe des §?47 VwGO können untergesetzliche Normen selbst zum Streitgegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung werden. Die allgemeine Feststellungsklage eröffnet jedoch die Möglichkeit, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Gültigkeit einer Norm nicht selbst, sondern inzident überprüfen zu lassen, indem die Feststellung beantragt wird, dass wegen der Ungültigkeit oder Unanwendbarkeit einer Rechtsnorm kein Rechtsverhältnis zu dem anderen Beteiligten begründet ist oder dass ein anderes Rechtsverhältnis besteht, als dieser annimmt. Im Rahmen der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann das Gericht inzident prüfen, ob eine Norm eines Gesetzes oder einer Verordnung gültig oder anwendbar ist. Gegenstand einer solchen Feststellungsklage ist allerdings nicht unmittelbar die gesetzliche Norm, sondern es sind die von deren Gültigkeit abhängigen Rechte und Pflichten (Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 43 Rn. 58 ff. m.w.N.) oder der davon abhängige rechtliche Status.
(3) Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht nicht die Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Absatz 2 Satz 1 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Feststellungsklage nicht zulässig, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
Die Antragstellerinnen zu 1 und 3 können ihre Rechte nicht mit einem Gestaltungs- oder Leistungsantrag verfolgen. Für einen Gestaltungsantrag wäre erforderlich, dass der Antragsgegner gegenüber den Antragstellerinnen zu 1 und 3 durch Verwaltungsakt gehandelt hätte oder zu handeln hätte. Das ist nicht der Fall. Weder bei der Erteilung eines Genesenennachweises im Sinn des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der bis zum 14. Januar 2022 geltenden Fassung noch bei dem Genesenennachweis selbst handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt.
Ein Verwaltungsakt ist nach § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Der Genesenennachweis im Sinn des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der bis zum 14. Januar 2022 geltenden Fassung hat jedenfalls keine Regelungswirkung. Es handelt sich um eine bloße Wissenserklärung des Ausstellers (Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss v. 17. Februar 2022 - 1 B 7/22; offengelassen: VG Dresden, Beschluss v. 11. Februar 2022 - 6 L 97/22, beide zitiert nach juris). Deren Inhalt ist gesetzlich abschließend geregelt, der Aussteller hat keinen Spielraum etwas hinzuzufügen oder wegzulassen: Damit ein Genesenennachweis vorliegt, muss bestätigt werden, dass mit einem Test durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis das Vorliegen einer vorherigen Infektion nachgewiesen wurde; ein Genesenennachweis im Sinn des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV alter Fassung liegt nur vor, wenn der Test mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate zurückliegt. - Dabei war nicht vorgeschrieben, dass der Genesenennachweis sich dazu zu äußern hätte, wie lange der Test zurückliegt, das konnte vielmehr auch auf andere Weise nachgewiesen werden. Denn § 2 Nummer 5 SchAusnahmV a.F. regelte keine Voraussetzungen für die Ausstellung (s.o.). - Der Nachweis selbst legt weder Rechte und Pflichten, noch einen Status fest (a.A. VG Osnabrück, Beschluss v. 4. Februar 2022 - 3 B 4/22, VG Halle, Beschluss v. 16. Februar 2022 - 1 B 41/22, zitiert nach juris). Daran hat sich nichts Erhebliches dadurch geändert, dass in der aktuellen Fassung weitere Inhalte verbindlich vorgegeben wurden.
Der Genesenenstatus ist nämlich nicht im Genesenennachweis geregelt, sondern abschließend in § 2 Nummer 4 SchAusnahmV. Welche rechtliche Bedeutung dieser Genesenenstatus nach § 2 Nummer 4 SchAusnahmV hat, welche Rechte oder Pflichten dieser Status begründet, ist ebenfalls nicht im Genesenennachweis geregelt, sondern abschließend in abstrakten Rechtsnormen, im Fall der Antragsteller insbesondere in der Niedersächsischen Corona-Verordnung und wegen der Arbeitsstelle der Antragstellerin zu 1 in den entsprechenden Bremischen Regelungen. Für den Aussteller des Nachweises besteht weder Raum noch Befugnis, zu der rechtlichen Bedeutung des Nachweises oder sonst zu diesem irgendwelche eigenen Regelungen zu treffen. Dafür spricht auch, dass es keine Zuständigkeits- oder Befugnisnorm gibt, die die Ausstellung des Genesenennachweises betrifft (vgl. VG Stade, Beschluss v. 22. Dezember 2021 - 6 B 1445/21 -, juris Rn. 28). Jedenfalls die niedersächsischen Gesundheitsbehörden werden nicht aufgrund einer Befugnisnorm, sondern auf der Grundlage der Aufgabenzuweisung tätig, wenn sie solche Nachweise ausstellen. Dafür, dass kein Verwaltungsakt vorliegt, spricht auch der Wortlaut des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV, nach dem ein Genesenennachweise im Sinn der Vorschrift weder von öffentlichen noch auch nur von deutschen Stellen ausgestellt werden muss. Denn es werden als Genesenennachweise ausdrücklich auch Unterlagen in - allein - englischer, französischer, italienischer und spanischer Sprache definiert. Die Verwendung dieser Sprachen durch öffentliche deutsche Stellen bedürfte wegen § 23 Absatz 1 VwVfG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften einer gesetzlichen Zulassung; eine solche ist nicht ersichtlich. Etwas Anderes folgt nicht aus Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 VO (EU) Nummer 953/2021. Danach stellen zwar die Mitgliedstaaten oder benannte Stellen, die im Namen der Mitgliedstaaten handeln, die in Artikel 3 Absatz 1 VO (EU) Nummer 953/2021 genannten Zertifikate aus. Aber diese Vorschrift befasst sich zum einen nur mit dem EU-Zertifikat, zum anderen zeigt die Erforderlichkeit dieser EU-Regelung, dass auch nicht öffentliche Stellen Nachweise ausstellen könnten, solange eine solche ausdrückliche Zuweisung - wie im deutschen Recht - nicht erfolgt ist.
Ob daneben auch Rechtsschutz gegen den Normgeber zulässig wäre, kann dahinstehen (ablehnend OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v- 1. März 2022 - OVG 9 S 5/22 -, juris), namentlich weil wegen der Rechtsprechung des örtlich zuständigen Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (a.a.O.) einstweiliger Rechtsschutz gegen den Normgeber jedenfalls tatsächlich nicht gewährleistet ist. Im Regelfall besteht kein Rechtsverhältnis zwischen Normadressat und Normgeber, da der Normgeber an der Umsetzung der Norm gegenüber dem Adressaten nicht beteiligt ist. Ausnahmsweise kann aber eine allgemeine Feststellungsklage gegen den Normgeber in Betracht kommen. Über den Ausnahmefall der zulässigen Normerlassklagen hinaus ist eine Feststellungsklage gegen den Normgeber zulässig, wenn mangels administrativen Vollzugs kein konkretes Rechtsverhältnis zwischen Normanwender und Normadressat begründet, die Rechtsbeeinträchtigung bereits unmittelbar durch die Norm bewirkt wird und effektiver Rechtsschutz nur im Rechtsverhältnis zwischen Normgeber und Normadressat gewährt werden kann. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn sich eine öffentlich-rechtliche Norm im Privatrechtsverkehr auswirkt und eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzugs nicht vorgesehen ist. Fehlt ein Verwaltungsvollzug, wird das streitgegenständliche Rechtsverhältnis vor allem durch die Grundrechte der Normadressaten konkretisiert (VG Berlin, Beschluss v. 18. Februar 2022 - 14 L 15/22 u.ö. -, juris).
Die Antragstellerinnen zu 1 und 3 können im Sinn des § 43 Absatz 2 VwGO ihre Ansprüche auch nicht durch eine Leistungsklage verfolgen. Als Leistungsklage käme nur eine Normerlassklage in Betracht. Auf eine solche können die Antragstellerinnen zu 1 und 3 nicht verwiesen werden, weil eine Normerlassklage über ihr Rechtsschutzinteresse weit hinausginge. Den Antragstellerinnen zu 1 und 3 geht es nicht um eine abstrakt generelle Klärung der Definition des Genesenennachweises, sondern nur darum, in ihren Einzelfällen zu klären, ob ihr bereits bestehender Genesenenstatus durch die Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV abgekürzt worden ist.
3. Die Anträge der Antragstellerinnen zu 1 und 3 sind begründet. Die Antragstellerinnen zu 1 und 3 haben dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ein Recht oder rechtlich geschütztes Interesse (Anordnungsanspruch) besteht, das durch das Verhalten der öffentlichen Gewalt gefährdet ist (Anordnungsgrund).
a. Ein Anordnungsgrund ist hier gegeben. Die Antragstellerin zu 1 ist nach ihrem glaubhaften Vortrag ab dem 15. März 2022 nicht mehr zum Dienst eingeteilt. Das kommt tatsächlich einer Suspendierung, einer Kündigung oder einem Berufsverbot gleich. Die Antragstellerin zu 3 kann ihre theoretische Führerscheinprüfung nicht absolvieren und ist bereits einmal abgewiesen worden. Durch den Zeitablauf werden ihre Prüfungsvorbereitungen entwertet.
b. Es besteht auch ein Anordnungsanspruch. Die Nachteile, die entstehen, wenn der Genesenenstatus nach § 2 Nummer 5 SchAusnahmV n.F. beurteilt wird, wiegen schwerer als diejenigen, die entstehen, wenn der Genesenenstatus nach § 2 Nummer 5 SchAusnahmV a.F. beurteilt wird. Es ist festzustellen, dass der Genesenenstatus der Antragstellerinnen zu 1 und 3 nach wie vor bis zum 25. April 2022 fortbesteht und durch die Änderung von § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der seit dem 15. Januar 2022 geltenden Fassung nicht geändert worden ist. Demzufolge bleiben die "Genesenennachweise", die der Antragsgegner den Antragstellerinnen von am 8. November 2021 ausstellte, noch bis zum 25. April 2022 "gültig". Das Gericht hat für diese Bewertung die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache zu berücksichtigen. Es muss aufgrund einer Abwägung der beteiligten öffentlichen und privaten Interessen über den Erlass der Anordnung entscheiden, wobei diese Interessenabwägung nach den gleichen Grundsätzen zu erfolgen hat, welche die Gerichte bei der Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Absatz 5 VwGO zu leiten haben (Bayerischer VGH, Beschluss v. 11. April 2001 - 25 ZWE 01.926; BVerfG, Beschluss v. 13. Juni 1979 - 1 BvR 699/77 m.w.N., beide zitiert nach juris; a.A. Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Band VwGO, Rn. 65 f. zu § 123 m.w.N.).
Die Erfolgsaussichten einer Klage in der Hauptsache sind nicht eindeutig zu bewerten oder offensichtlich. Denn dass die Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV durch die Verordnung vom 14. Januar 2022 (BAnz AT 14.01.2022 V1) offensichtlich oder eindeutig rechtmäßig oder offensichtlich oder eindeutig rechtswidrig ist, ist bei summarischer Prüfung im Eilverfahren nicht feststellbar (Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss v. 17. Februar 2022 - 1 B 7/22 im Anschluss an BVerfG, Beschluss v. 10. Februar 2022 - 1 BvR 2649/21 -, beide zitiert nach juris):
(1) Ein Verstoß der Änderung gegen das Verkündungsgebot des Artikel 82 Absatz 1 GG ist jedenfalls nicht offensichtlich und nicht eindeutig. Eine Verweisung auf eine Internetseite ist grundsätzlich zulässig, selbst eine Verweisung auf einen Text einer privaten Stelle ist grundsätzlich zulässig. Maßgeblich ist, dass der Betroffene sich von dem Text, auf den verwiesen wird, verlässlich und ohne erhebliche Schwierigkeiten Kenntnis verschaffen kann, dass also die Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht in unzumutbarer Weise erschwert ist, und dass der Text, auf den verwiesen wird, von einer amtlichen Stelle archivmäßig gesichert wird (BVerwG, Urteil v. 27. Juni 2013 - 3 C 21.12 -, juris Rn. 12 ff. m.w.N.). Die öffentliche Zugänglichkeit der Internetseite des Robert-Koch-Instituts, auf die in § 2 Nummer 5 SchAusnahmV verwiesen wird (www.rki.de/covid-19-genesenennachweis), ist nicht zweifelhaft und vom Gericht mehrfach überprüft worden. Dass Betroffene, die nicht über einen Internetzugang verfügen, sich einen solchen verschafften müssen, steht dem nicht entgegen. Denn das ist, gerichtsbekannt, ohne erhebliche technische oder finanzielle Hindernisse für jedermann möglich. Das Robert-Koch-Institut wäre offensichtlich eine amtliche Stelle, die die veröffentlichten Texte, auf die verwiesen wird, archivmäßig sichern könnte. Ob das geschieht, und ob es in hinreichender Weise geschieht, ist nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich und kann bei summarischer Prüfung nicht festgestellt werden. Auf diesen Befund lässt sich jedoch nicht die Bewertung stützen, dass insoweit Rechtsfehler vorliegen. Dass die Veröffentlichung auf einer Internetseite kurzfristig geändert werden kann, ist insoweit unerheblich. Denn bei der erforderlichen archivmäßigen Sicherung ist stets nachvollziehbar, auf welchen Text zu welchem Zeitpunkt verwiesen wurde. Und die Möglichkeit einer kurzfristigen Veröffentlichung ist gerade Zweck einer Veröffentlichung im Internet. Dieser stehen grundsätzlich Bedenken nicht entgegen. Das Gegenteil ist angesichts des Umstands der Fall, dass § 5 Absatz 1 Satz 1 des Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetzes (VkBkmG), gerade um besonders schnelle Veröffentlichungen zu gewährleisten, bestimmt, dass das Bundesministerium der Justiz den Bundesanzeiger - nur noch - elektronisch herausgibt, der nach Satz 2 der Vorschrift -
nur noch - unter der Adresse www.bundesanzeiger.de zu erreichen ist. Die Möglichkeit der schnellen Veröffentlichung im Internet ist auch der Grund, aus dem die Verordnung vom 14. Januar 2022 mit der hier maßgeblichen Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV nicht im Bundesgesetzblatt, sondern nur im Bundesanzeiger im Internet veröffentlicht wurde.
(2) Ebenso ist nicht offensichtlich oder eindeutig, dass mit der Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV die Grenzen der Verordnungsermächtigung überschritten wurden. Dieser Fragenkreis wird auch unter den Schlagworten Rechtsstaats- und Demokratieprinzip, Wesentlichkeitsgrundsatz, Subdelegation oder verdeckte Subdelegation diskutiert (VG Osnabrück, Beschluss v. 4. Februar 2022 - 3 B 4/22; VG Ansbach, Beschluss v. 11. Februar 2022 - AN 18 S 22.00234; VG Hamburg, Beschluss v. 14. Februar 2022 - 14 E 414/22; VG Frankfurt am Main, Beschluss v. 22. Februar 2022 - 5 L 363/22.F; VG Gießen, Beschluss v. 22. Februar 2022 - 10 L 271/22.GI, alle zitiert nach juris).
Nach Artikel 80 Absatz 1 Satz 2 und 4 GG müssen bei einer Verordnungsermächtigung Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Ist durch Gesetz vorgesehen, dass eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung. Die Verordnung vom 14. Januar 2022 stützt sich auf § 28c und auf § 36 Absatz 8 Satz 1 bis 4, Absatz 10 Satz 1 Nummer 1, 1a, 2 Buchstabe a, b, c, d, g und i, Nummer 3 und Absatz 12 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) als Ermächtigungsgrundlage. Die Ermächtigungen in § 36 IfSG sind für die Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV nicht einschlägig. Ob die Verordnungsermächtigung in § 28c IfSG den Anforderungen der sogenannten Wesentlichkeitslehre des Bundesverfassungsgerichts genügt (zweifelnd: Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung: Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung des Genesenennachweises durch Rechtsverordnung, S. 4 ff.) ist durch das Gericht nicht selbst zu überprüfen, weil es sich bei § 28c IfSG um ein formelles nachkonstitutionelles Gesetz handelt. Das Gericht kommt bei summarischer Prüfung jedenfalls nicht zu der Bewertung, dass es § 28c IfSG im Sinn des Artikels 100 Absatz 1 GG für verfassungswidrig hält. § 28c IfSG bestimmt den Inhalt, den Zweck und das Ausmaß der Verordnung zureichend: Durch die Rechtsverordnung dürfen für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist oder die ein negatives Ergebnis eines Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen können, Erleichterungen oder Ausnahmen von Geboten und Verboten nach dem fünften Abschnitt dieses Gesetzes oder von aufgrund der Vorschriften im fünften Abschnitt dieses Gesetzes erlassenen Geboten und Verboten geregelt werden. In der Rechtsverordnung kann vorgesehen werden, dass Erleichterungen und Ausnahmen für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist, nur bestehen, wenn sie ein negatives Ergebnis eines Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen können. § 2 Nummer 5 SchAusnahmV n.F. überschreitet diese Begrenzung von Inhalt, Zweck und Ausmaß nicht.
(3) Eine Überschreitung liegt auch nicht offensichtlich oder eindeutig im Hinblick auf die Regelung vor (a.A. VG Osnabrück, Beschluss v. 4. Februar 2022 - 3 B 4/22; VG Ansbach, Beschluss v. 11. Februar 2022 - AN 18 S 22.00234; VG Hamburg, Beschluss v. 14. Februar 2022 - 14 E 414/22; VG Frankfurt am Main, Beschluss v. 22. Februar 2022 - 5 L 363/22.F; VG Gießen, Beschluss v. 22. Februar 2022 - 10 L 271/22.GI, alle zitiert nach juris), dass der Nachweis den vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse www.rki.de/covid-19-genesenennachweis unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft veröffentlichten Vorgaben hinsichtlich folgender Kriterien zu entsprechen hat: a) Art der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion, b) Zeit, die nach der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion vergangen sein muss, oder Nachweis zur Aufhebung der aufgrund der vorherigen Infektion erfolgten Absonderung, c) Zeit, die die Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion höchstens zurückliegen darf. Diese Regelung ist nicht rechtswidrig, weil sie unzulässig die Rechtssetzungsbefugnis durch eine sogenannte Subdelegation weitergäbe, denn sie enthält keine solche Subdelegation. Eine Subdelegation liegt im Sinn des Artikels 80 Absatz 1 Satz 4 GG vor, wenn in einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung vorgesehen ist, dass eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann. Dann muss diese Weiterübertragung durch eine Rechtsverordnung erfolgen. § 28c IfSG sieht in Satz 4 und 5 eine solche Weiterübertragung vor, und zwar an die Landesregierungen, die ihrerseits Weiterübertragungen vornehmen dürfen.
Eine solche Weiterübertragung an das Robert-Koch-Institut ist in § 2 Nummer 5 SchAusnahmV n.F. offensichtlich nicht angeordnet. Dieses wird nicht ermächtigt, eine Verordnung zu erlassen, sondern § 2 Nummer 5 SchAusnahmV n.F. verweist darauf, dass das Robert-Koch-Institut eine Veröffentlichung von bestimmten Vorgaben vornimmt. Diese Verweisung auf die "veröffentlichten Vorgaben" setzt denkgesetzlich voraus, dass eine Veröffentlichung erfolgt ist und setzt deshalb auch voraus, dass die Befugnis für diese Veröffentlichung sich aus einer Regelung außerhalb des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV ergibt. Ob außerhalb des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV eine solche Befugnis, Ermächtigung oder Weisung zur Veröffentlichung, insbesondere eine verwaltungsinterne, vorliegt, ist bei summarischer Prüfung im Eilverfahren nicht feststellbar.
Es ist auch nicht offensichtlich oder eindeutig, dass § 2 Nummer 5 SchAusnahmV eine "verdeckte Subdelegation" enthält. Die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (a.a.O. S. 9 f.) hält eine Interpretation der Regelung als eine "verdeckte Subdelegation" für "vertretbar" und hält demzufolge die Möglichkeit dieses Verständnisses als verdeckte Subdelegation für" rechtlich bedenklich", weil die Ermächtigung zur Subdelegation in § 28c Satz 4 und 5 IfSG auf die Landesregierungen und die von diesen ermächtigten Stellen beschränkt ist. Ein offensichtlicher oder eindeutiger Fehler lässt sich auf dieser Grundlage nicht feststellen.
Eine verdeckte Subdelegation kann schließlich nicht allein deshalb angenommen werden, weil es Definitionsmerkmal des Genesenennachweises ist, dass er den Vorgaben der Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts entspricht. - Damit verweist § 2 Nummer 5 SchAusnahmV auf einen Text außerhalb der Verordnung, der nachträglich geändert werden kann. - Es ist nicht offensichtlich oder eindeutig, dass durch diese Gesetzgebungstechnik einer dynamischen Verweisung eine unzulässige verdeckte Subdelegation angeordnet wurde. Ob eine dynamische Verweisung Rechtssetzungsbefugnisse unzulässig weggibt oder entzieht, ist nach den jeweiligen Umständen zu beurteilen. Ob ein Gesetz- oder Verordnungsgeber sich durch eine dynamische Verweisung seiner Rechtsetzungsmacht in einer Weise begibt, die mit den maßgeblichen Verfassungsbestimmungen oder gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr vereinbar ist, ergibt sich nach dem Fachrecht (für die Ausgestaltung des Verkündungsvorgangs: BVerwG, Urteil v. 27. Juni 2013 - 3 C 21.12 - juris Rn. 20 m.w.N). Insoweit ist maßgeblich, dass die Veröffentlichung der Vorgaben durch das Robert-Koch-Institut erfolgt. Das Robert-Koch-Institut ist eine nachgeordnete, weisungsgebundene, Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Es ist nach § 4 IfSG die Fachbehörde des Bundes zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen. Zu den Aufgaben gehört u.a. nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 IfSG die infektionsepidemiologische Auswertung der Daten zu meldepflichtigen Krankheiten und meldepflichtigen Nachweisen von Krankheitserregern, die ihm nach diesem Gesetz und nach § 11 Absatz 5, § 16 Absatz 4 des IGV-Durchführungsgesetzes übermittelt worden sind und nach § 4 Absatz 2 Nummer 3 die Zurverfügungstellung dieser Auswertungen insbesondere an die jeweils zuständigen Bundesbehörden. Schließlich ist als Aufgabe des Robert-Koch-Instituts in § 2 Absatz 2 Nummer 4 IfSG geregelt, dass die Ergebnisse der infektionsepidemiologischen Auswertungen periodisch veröffentlicht werden. Bei einer Zugehörigkeit zu einem Mitglied des Verordnungsgebers, einer Weisungsgebundenheit gegenüber einem Mitglied des Verordnungsgebers, einem derart konkret geregelten Aufgabenrahmen des Robert-Koch-Instituts, in dem sich die fragliche Veröffentlichung hält, der Bindung des Robert-Koch-Instituts an den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und angesichts des Umstands, dass der Verordnungsgeber eben diese veröffentlichte Vorgabe wegen der Fachbehördenstellung nach § 4 IfSG in der Sache ohnehin zugrunde legen würde, wenn er die Frage selbst regelte, ist nicht offensichtlich oder eindeutig, dass die Bundesregierung durch eine dynamische Verweisung auf die Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts eigene Rechtsetzungsbefugnisse in unzulässigem Umfang weggegeben hat. Bei der engen Bandbreite der Verweisung kann zudem davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber die in Bezug genommenen Regelungen so im Blick behält, dass er auf Änderungen umgehend reagieren kann, die den vorgegebenen Rahmen nicht einhalten oder von ungewünschte Ergebnisse haben (dazu BVerwG, Urteil v. 27. Juni 2013 - 3 C 21.12 -, juris Rn. 43 m.w.N.).
(4) Die dynamische Verweisung führt auch nicht aus anderen Gründen zu einer Rechtswidrigkeit der Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV, insbesondere nicht deshalb, weil sich durch die Verordnungsermächtigung in § 28c IfSG und die Verweisung in § 2 Nummer 5 SchAusnahmV eine "doppelte dynamische Verweisung" ergäbe. Das Gericht lässt insoweit dahinstehen, ob eine Verordnungsermächtigung überhaupt als dynamische Verweisung auf die Verordnung zu bewerten ist. Denn unter dem Aspekt dieser "doppelte dynamische Verweisung" ergibt sich jedenfalls nicht offensichtlich eine Rechtswidrigkeit (Schleswig-Holsteinische VG, a.a.O. unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss v. 10. Februar 2022 - 1 BvR 2649/21, beide zitiert nach juris). Das ist insbesondere deshalb nicht der Fall, weil nach dem bereits Ausgeführten offen ist, ob dem Robert-Koch-Institut überhaupt eine Rechtssetzungsbefugnis übertragen wurde.
(5) Auch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit und Normenklarheit ist eine Rechtswidrigkeit der Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV nicht offensichtlich oder eindeutig festzustellen. Bestimmtheit und Normenklarheit sind Anforderungen, die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip des Artikels 20 Absatz 3 GG ergeben.
Die Bestimmtheit oder die Normenklarheit werden durch die Verweisung auf die Internetadresse der Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts nicht beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung ergibt sich nicht aus technischen Gründen, weil die Seite technisch nicht immer erreichbar sein könnte (a.A. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages a.a.O. S. 11 f.). Dieses Risiko sieht der Gesetzgeber als hinnehmbar an. Das ergibt sich aus der bereits angeführten generellen Zulässigkeit der Veröffentlichung von Rechtsnormen des Bundes im Internet nach § 5 VkBkmG. Es ist bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass die Internetseite des Robert-Koch-Instituts technisch anders zu bewerten sein könnte als die des Bundesanzeigers. Bestimmtheit und Klarheit werden auch nicht durch die Möglichkeit beeinträchtigt, die Veröffentlichung schnell zu ändern (a.A. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages a.a.O. S. 11 f.). Zum einen ist die Möglichkeit der schnellen Änderung gerade Grund und Rechtfertigung der Veröffentlichung im Internet (s.o.) und ist in Niedersachsen auch für Landesverordnungen in § 1 Absatz 4 des Niedersächsisches Gesetzes über Verordnungen und Zuständigkeiten ausdrücklich zugelassen. Zum anderen ist es unzureichend, für die Bestimmtheit oder Klarheit der Veröffentlichung insoweit nur auf den Veröffentlichungsakt abzustellen, denn inhaltlich erfordert die Veröffentlichung außerdem eine Erarbeitung und Festlegung des Inhalts der Veröffentlichung. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Erarbeitung und Festlegung des Inhalts so schnell erfolgen könnten, dass ein Rechtsanwender "ständig überprüfen" müsste, welchen Inhalt die Veröffentlichung gerade hat, und dass die Bestimmtheit oder Klarheit gerade hierunter leiden könnte. Denn einer willkürlichen schnellen Änderung ist in § 2 Nummer 5 SchAusnahmV dadurch vorgebeugt, dass das Robert-Koch-Institut an den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft gebunden wird. Auch allein der Aspekt, dass sich aus der Natur der Sache kein Grund ersehen lasse, aus dem eine schnelle Änderung der Veröffentlichung geboten wäre, und dass es auch ausreichen würde, wenn die jeweiligen Daten, wie in der alten Fassung, in § 5 Nummer 2 SchAusnahmV selbst angegeben würden (Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages a.a.O. S. 11), macht nicht offensichtlich, dass es der Vorschrift an Bestimmtheit oder Klarheit fehlen könnte. Es handelt sich um rechtspolitische Erwägungen, die im Rechtsetzungsermessen des Verordnungsgebers stehen. Schließlich ist auch nicht offensichtlich oder eindeutig, dass besonders hohe Anforderungen an Bestimmtheit und Klarheit zu stellen seien, weil die Regelung ordnungswidrigkeitenrechtliche Relevanz habe (a.A. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages a.a.O. S. 11 f.). Dafür wird auf § 73 Absatz 1a Nummer 7h IfSG abgestellt. Nach dieser Vorschrift handelt ordnungswidrig, wer entgegen § 20a Absatz 5 Satz 1 IfSG einen Nachweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt. § 20a Absatz 5 Satz 1 bestimmt, dass die Angehörigen der in Absatz 1 Satz 1 angeführten Gesundheitsberufe ab dem 15. März 2022 dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung oder das Unternehmen befindet, in der sie tätig sind, auf Anforderung einen Impfnachweis, Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis, vorzulegen haben, dass sie nicht geimpft werden können. Es ist bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass die Verweisung in § 2 Nummer 5 SchAusnahmV eine Bedeutung für eine Ordnungswidrigkeit nach § 73 Absatz 1a Nummer 7h IfSG haben kann. Die Tatbestandsvariante "nicht vorlegt" kann offensichtlich gar nicht berührt sein, weil sie vom Vorliegen und vom Inhalt eines Nachweises unabhängig ist. Die Tatbestandsvarianten "nicht richtig vorlegt", "nicht vollständig vorlegt" und "nicht rechtzeitig vorlegt" können bei summarischer Prüfung nur durch die Merkmale beeinflusst werden, die § 2 Nummer 5 SchAusnahmV für den Genesenennachweis festlegt. Diese sind aber bereits in der Verordnung selbst festgelegt. Die Ausfüllung dieser Merkmale durch die Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts hat bei summarischer Prüfung keine Auswirkung auf die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Rechtzeitigkeit des Genesenennachweises. Denn dieser ist nur ,unrichtig', wenn falsche Daten eingetragen werden; das ist unabhängig von den Anforderungen der Verordnung und von denen der Veröffentlichung. Er ist nur ,unvollständig', wenn nicht alle nach der Verordnung erforderlichen Daten eingetragen oder nachgewiesen werden; das ist unabhängig von den Anforderungen der Veröffentlichung. Und er ist, abgesehen von einer schlichten Nichteinhaltung einer Vorlagefrist, nur ,nicht rechtzeitig', wenn bei unrichtigen oder unvollständigen Nachweisen die Korrektur nicht fristgerecht erfolgt. Auch das ist unabhängig von den Anforderungen der Veröffentlichung. - Dies alles ungeachtet des Umstands, dass nach § 2 Nummer 5 SchAusnahmV, wenn eines der dort geregelten Merkmale nicht erfüllt ist, schon gar kein Genesenennachweis im Sinn der Verordnung und damit auch kein Genesenennachweis im Sinn des § 73 IfSG vorläge und deshalb auch nicht falsch oder unvollständig vorgelegt werden könnte, sondern immer "nicht vorgelegt" wäre.
Es führt auch nicht zu einer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit, dass in § 2 Nummer 5 SchAusnahmV eine Regelung für den Beginn der Geltung der Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts fehlt. Es kann dahingestellt bleiben, wie es zu bewerten ist, dass mit einer Anwendbarkeit ab Veröffentlichung im Internet eine erhebliche Unsicherheit über den genauen Geltungsbeginn entstehen würde, zumal nicht ersichtlich ist, dass das Robert-Koch-Institut bei seinen beiden bisherigen Veröffentlichungen die genaue Zeit der Veröffentlichung angegeben hätte. Jedenfalls ist Artikel 82 Absatz 2 Satz 2 GG zu entnehmen, dass eine fehlende Bestimmung über den Geltungszeitbeginn nicht zu einer Nichtigkeit einer Rechtsnorm führen soll; entsprechendes hat für die fehlende Bestimmung des Geltungszeitbeginns einer Veröffentlichung zu gelten, auf die eine Rechtsnorm verweist.
(6) Das Gericht sieht sich schließlich nicht in der Lage, summarisch zu beurteilen, ob die medizinisch-fachliche Beurteilung des Robert-Koch-Instituts zutrifft oder nicht (a.A. VG Osnabrück, Beschluss v. 4. Februar 2022 - 3 B 4/22 -, juris). Dafür fehlt ihm der medizinische Sachverstand. Allein der Umstand, dass das Robert-Koch-Institut in seiner inzwischen veröffentlichten Begründung nur drei Veröffentlichung anführt, ist für eine medizinisch-fachliche Bewertung unergiebig. Das gilt auch, wenn andere medizinische Fachveröffentlichung die Bewertung nicht teilen, die in den vom Robert-Koch-Institut angeführten Veröffentlichungen vertreten wird. Zum einen ist die Art und Weise der Zitierung von Fachveröffentlichung eine methodische Frage, nicht aber eine inhaltliche. Eine methodische Bewertung wäre aber für die inhaltliche medizinisch-fachliche Bewertung ungenügend. Zum anderen kann eine quantitative Auswertung von medizinisch-fachlichen Ergebnissen nichts über die fachliche Richtigkeit der einzelnen Ergebnisse oder die Wahrscheinlichkeit deren Richtigkeit aussagen.
Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob im Fall einer Verfassungswidrigkeit der Änderung des § 2 Nummer 5 SchAusnahmV die alte Fassung dieser Vorschrift ohne weiteres weiter angewendet werden kann oder ob die geänderte Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts erkennen lässt, dass der Verordnungsgeber diese alte Fassung endgültig nicht mehr angewendet sehen will.
b. Die Abwägung der privaten Interessen der Antragstellerinnen zu 1 und 3 am Erhalt ihres Genesenenstatus, wie er in § 2 Nummer 4 in Verbindung mit Nummer 5 SchAusnahmV a.F. geregelt war, und des öffentlichen Interesses daran, den Genesenenstatus der Antragstellerinnen zu 1 und 3 nach neuem Recht zu beurteilen, überwiegen die Interessen der Antragstellerinnen.
(1) Das Interesse der Antragstellerin zu 1 besteht darin, ihrer Berufstätigkeit bis zum 25. April 2022 aufgrund ihres Genesenenstatus nachgehen zu können und damit von ihrem Grundrecht aus Artikel 12 GG Gebrauch zu machen. Dies würde vollständig vereitelt, wenn der Antrag keinen Erfolg hätte.
Es ist kein öffentliches Interesse oder privates Interesse Dritter feststellbar, dass gegenüber diesem Interesse überwöge. Ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse privater Dritter folgt nicht aus einer besonderen Schutzbedürftigkeit der Patienten in der Klinik T. vor einer Corona-Infektion durch die Antragstellerin zu 1 in der Zeit bis zum 25. April 2022. Denn der Antragsgegner hat insoweit nichts dargelegt. Und das Gericht kann bei summarischer Prüfung allgemein zugänglichen amtlichen Unterlagen ein bewertbares Infektionsrisiko nicht entnehmen. Diese können nur auf allgemeine Folgerichtigkeit und Nachvollziehbarkeit geprüft werden: Das Risiko, dass Krankenhauspatienten von medizinischem Pflegepersonal infiziert werden, ist nicht erkennbar besonders hoch. Die Impfquote für medizinisches Pflegepersonal (hohes Expositionsrisiko) lag nach der Studie des Robert-Koch-Instituts, die der Deutsche Bundestag für die Einführung des § 20a IfSG zugrunde legte (BT-Drs. 20/188 S.37 ff.) vor knapp fünf Monaten zum 18. Oktober 2021 bereits bei 90,2 Prozent (RKI, COVID-19 Impfquoten-Monitoring in Deutschland, Report 8 S.9). Dass seit der Testung der Antragstellerin zu 1 mehr als 90 Tage vergangen sind, bedeutet nicht nachvollziehbar notwendig, dass bei ihr ein Schutz gegen eine Corona-Infektion nicht mehr besteht. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wie ein solches Risiko entweder individualisierbar oder pauschaliert bewertet werden kann. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Abkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage bedeutete, dass danach bei der Antragstellerin zu 1 ein Schutz nicht mehr bestehen würde: Nach der wissenschaftlichen Begründung des Robert-Koch-Instituts für die aktuelle Veröffentlichung auf der bezeichneten Internetseite können der Grad und die Dauer des Schutzes individuell stark schwanken. Der Zeitraum von 90 Tagen seit der Testung für das Ende bzw. 28 Tagen seit der Testung für den Beginn des Genesenenstatus ergibt sich nach der Begründung des Robert-Koch-Instituts auf der angeführten Internetseite daraus, dass für alle Teilnehmer der dort in Fußnote 2 angeführten britischen Studie, geimpft wie ungeimpft, eine Reinfektion als eine Infektion definiert wurde (SARS-CoV-2 variants of concern and variants under investigation in England Technical briefing 34 S. 26), die 28 Tage nach der Feststellung von Antikörpern, die zu einer vorhergehenden Infektion stimmig war, festgestellt wurde oder 90 Tage nach einem vorhergehenden positiven PCR-Test PCR-positiv festgestellt wurde. Diese Studie gibt allerdings keinen Aufschluss über die Dauer des Schutzes nach durchgemachter Infektion und differenziert insoweit auch nicht erkennbar nach geimpften Erkrankten und ungeimpften Erkrankten. Die Studien, die die Begründung des Robert-Koch-Instituts in den Fußnoten 1 (Neil Ferguson, Azra Ghani, Wes Hinsley and Erik Volz on behalf of the Imperial College COVID-19 response team, Report 50: Hospitalisation risk for Omicron cases in England) und 3 (Altarawneh et al.: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.01.05.22268782v1) zitiert, sagen nichts Erkennbares über die Dauer des Schutzes nach durchgemachter Infektion aus. Soweit die Begründung des Robert-Koch-Instituts darauf abstellt, dass ab etwa 15 Wochen nach der Grundimmunisierung (zwei Impfstoffdosen) die Wirksamkeit gegenüber symptomatischen Erkrankungen durch die Omikronvariante so stark reduziert sei (<20%), dass nicht mehr von einem ausreichenden Schutz vor Erkrankung ausgegangen werden könne, bezieht sich das auf die Dauer eines Impfschutzes und erlaubt hier keine Bewertung der Dauer des Schutzes nach durchgemachter Infektion. Auch soweit dort auf die höhere Fähigkeit der sogenannten Omikron-Variante abgestellt wird, den Immunschutz von Genesenen zu umgehen, erlaubt das hier keine Bewertung der Wahrscheinlichkeit einer Reinfektion der Antragstellerin zu 1 bis zum 25. April 2022. Das allgemeinen Interesse, die Folge zu vermeiden, dass bestehende Regeln unbeachtet bleiben und dass Berufungsfälle vermieden werden, überwiegt ebenfalls nicht den konkreten individuellen Nachteil für die Antragstellerin zu 1. Schließlich lässt sich ein überwiegendes öffentliches Interesse nicht aus der in Fußnote 4 der Begründung des Robert-Koch-Instituts zitierten "wissenschaftlichen Begründung der Ständigen Impfkommission für die Empfehlung zur Verkürzung des Impfabstands zwischen Grundimmunisierung beziehungsweise Infektion und Auffrischimpfung auf einen Zeitraum ab 3 Monaten" herleiten. Zwar ist es aus der Natur der Sache nachvollziehbar, dass es als zweckmäßig angesehen wird, die Fristen für die Auffrischungsimpfung und für die Dauer des Genesenenstatus aneinander anzupassen. Dass es verwaltungspraktisch zweckmäßig erscheint, die Fristen zu vereinheitlichen, überwiegt als öffentliches Interesse aber nicht das dargestellte Interesse der Antragstellerin zu 1.
Ein überwiegendes öffentliches Interesse folgt schließlich nicht aus der einrichtungsbezogenen Impflicht nach § 20a IfSG ab dem 15. März 2022. Diese ist insoweit neutral, denn sie sieht in § 20a Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 gerade vor, dass anstelle eines Impfnachweises auch ein Genesenennachweis nach § 2 Nummer 5 SchAusnahmV in der jeweils geltenden Fassung vorgelegt werden kann.
Die Möglichkeit, dass die Antragstellerin zu 1 bis zum 25. April 2022 Corona-Viren aufnimmt und an Patienten weitergibt, liegt auf der Hand. Da das als Risiko aber summarisch nicht bewertbar ist, kann es sich nicht gegen das Interesse der Antragstellerin zu 1 durchsetzen.
(2) Bei der Antragstellerin zu 3 ist ein öffentliches Interesse an der Beurteilung des Impfstatus nach neuem Recht für die Zeit bis zur theoretischen Führerscheinprüfung nicht ersichtlich. Die Antragstellerin zu 3 ist vom TÜV U. für ihre theoretische Führerscheinprüfung nicht in die Prüfungsräume eingelassen worden. Eine Notwendigkeit für eine solche Beschränkung aus öffentlichem Recht besteht nicht oder jedenfalls nicht mehr. Dem TÜV U. ist es zwar unbenommen, im Rahmen eines Hygienekonzepts gleichwohl "2 G"-Anforderungen für die Zulassung zu stellen. Daran besteht aber ein öffentliches Interesse nicht. Auch private Interessen Dritter überwiegen das Interesse der Antragstellerin zu 3 nicht, weil sie keine strengeren Einschränkungen für die Zulassung erfordern. Denn nach § 8 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bestehen keine Beschränkungen mehr für Veranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmern. Für Veranstaltungen mit mehr als 50 bis zu 2 000 Teilnehmern sieht der Verordnungsgeber in § 8 Absatz 4 den Nachweis der Impfung, der Genesung oder der negativen Testung als ausreichend an. Für die Zeit nach der theoretischen Führerscheinprüfung ist dagegen ein überwiegendes privates Interesse der Antragstellerin zu 3 nicht dargetan oder ersichtlich. Ab dem Abschluss dieser Prüfung gilt Entsprechendes wie für die Antragsteller zu 2 und 4.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO und § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Absatz 1 Zivilprozessordnung.
5. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 39 Absatz 1 und § 53 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 52 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes in Anlehnung an die Nummern 1.5 Satz 2 und 1.1.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Demnach ist für jeden der vier Antragsteller der Auffangstreitwert von 5 000 Euro zu Grunde zu legen (4 x 5 000 = 20 000). Von einer Reduzierung dieses Betrages im Eilverfahren sieht das Gericht ab, weil eine Vorwegnahme der Hauptsache beantragt wird.