Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 28.02.2022, Az.: 2 U 124/21

Ansprüche wegen Beschädigung bzw. nicht gehöriger Rückgabe einer Mietsache; Nichtvornahme von Schönheitsreparaturen; Einrede der Verjährung; Voraussetzungen für eine Verjährungshemmung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.02.2022
Aktenzeichen
2 U 124/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 24476
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 03.11.2021 - AZ: 6 O 142/20

In dem Rechtsstreit
S. S., ...,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro L. & Kollegen, ...,
gegen
M. K., ...,
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro Anwälte ..., ...,
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ...und den Richter am Landgericht ... am 28. Februar 2022 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 3. November 2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

  2. 2.

    Den Parteien wird Gelegenheit zur Stellungnahme und dem Kläger ggf. zur Rücknahme seiner Berufung aus Kostengründen bis zum 23. März 2022 gegeben.

  3. 3.

    Der Senat beabsichtigt, den Gegenstandswert des Berufungsverfahrens auf 9.118,69 € festzusetzen.

Gründe

I.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dürfte nicht erforderlich sein. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die von den tatsächlichen Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung abhängig ist. Gegenteiliges zeigt die Berufung des Klägers auch nicht auf.

II.

Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Das am 3. November 2021 verkündete klagabweisende Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg dürfte nach vorläufiger Würdigung der Sach- und Rechtslage Bestand haben.

1. Die Klage war zunächst nicht wegen (teilweise) entgegenstehender Rechtskraft bereits unzulässig.

Ist allerdings über den Streitgegenstand einer Klage bereits verhandelt und rechtskräftig entschieden worden, ist eine neue Klage grundsätzlich wegen des Fehlens einer von Amts wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzung unzulässig (MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl. 2020, § 322 Rn. 40). Auch wenn der Kläger mit den nunmehr geltend gemachten Ansprüchen in dem zunächst vor dem Amtsgericht Celle und sodann im Berufungsrechtszug vor dem Landgericht Lüneburg geführten Rechtsstreit 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20 die Aufrechnung gegen eine gegen ihn geführte Klage auf Rückzahlung der Mietsicherheit erklärt hat, ist dort keine Rechtskraftwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO ergangen.

Ausweislich der Verfahrensakten dieses Vorprozesses, die der Senat entsprechend dem Antrag des Klägers im Schriftsatz vom 2. Juni 2021 (Seite 7 = Bl. 90 d. A.) beigezogen hat, ergibt sich zwar, dass das Amtsgericht Celle die klägerseits erklärte Aufrechnung mit am 9. September 2021 verkündetem Urteil (dort Seite 6 = Bl. 160 R I d. A. 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20) zurückgewiesen hat, weil die Gegenansprüche nur pauschal erhoben worden waren. Eine insofern der Rechtskraft fähige Entscheidung konnte indes hierdurch nicht ergehen. Denn der damalige Klägervortrag beschränkte sich ohne weitere Darlegung der einzelnen zugrundeliegenden Forderungen auf den Verweis auf den Mahnbescheidsantrag und den dort niedergelegten Gesamtbetrag von 9.708,51 € (Schriftsatz vom 23. Juni 2021, Seite 2 f. = Bl. 148 R f. I d. A. 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20). Damit ging die Aufrechnung mit den die damalige Klageforderung von 1.350,00 € betraglich übersteigenden Forderungen aus dem Mahnbescheid, bei denen es sich um eine Mehrzahl von selbstständigen Einzelansprüchen handelt (s. dazu näher unten II.2.b.bb), ins Leere, weil die Aufrechnung mangels Bestimmtheit nicht zu einem individualisierbaren Erlöschen der Forderung geführt haben kann, sodass eine der Rechtskraft fähige Teilaberkennung der Forderungen nicht möglich war (vgl. Zöller/Geger, 24. Aufl. 2022, § 145 Rn. 16a; Musielak/Voit, 18. Aufl. 2021, § 322 Rn. 83). An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger die Aufrechnungsforderungen mit Berufungsbegründung vom 14. Dezember 2020 (Seiten 9 ff. = Bl. 199 ff. I) näher konkretisierte, nachdem das Amtsgericht die Aufrechnung mit am 9. September 2021 verkündetem Urteil (dort Seite 6 = Bl. 160 R I d. A. 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20) als zu pauschal zurückgewiesen hatte. Denn das Landgericht hat diesen ergänzenden Vortrag nach Hinweis vom 3. Juni 2021 (Seiten 5 f. = Bl. 226 f. d. A. 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20) in seinem auf § 522 Abs. 2 ZPO gestützten Beschluss vom 10. November 2021 (Seiten 2 f. = Bl. 262 R f. II d. A. 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20) nach §§ 529, 531 ZPO nicht zugelassen, womit zudem die Geltendmachung einer individualisierten Gegenforderung unzulässig war. Auch insofern ist in dem vorgenannten Verfahren keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die im Mahnbescheid enthaltenen Forderungen ergangen (vgl. MüKo-ZPO/Gottwald, 6. Aufl. 2020, § 322 Rn. 203).

2. Hinsichtlich der Unbegründetheit der Klage ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass etwaige klägerische Ansprüche wegen Beschädigung oder nicht gehöriger Rückgabe der Mietsache bzw. wegen der Nichtvornahme von Schönheitsreparaturen gemäß § 548 Abs. 1 BGB verjährt sind und daher gemäß § 214 Abs. 1 BGB nicht mehr geltend gemacht werden können.

a) Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Nach Satz 2 dieser Bestimmung beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.

Von einem Zurückerhalten im Sinne dieser Vorschrift ist auszugehen, wenn eine Veränderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters eingetreten ist und dieser die unmittelbare Sachherrschaft über die Mietsache in einer Weise erlangt hat, dass er in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache zu machen. Zugleich muss der Mieter den Besitz einer Mietsache vollständig und eindeutig aufgeben, wovon der Vermieter Kenntnis erlangen muss (Guhling/Günter/Guhling, 2. Aufl. 2019, § 548 Rn. 27).

Ausgehend von diesen Grundsätzen neigt der Senat unter Zugrundelegung des Klägervorbringens, die Schlüssel zum Objekt durch den Beklagten auf dem Postwege an seine Prozessbevollmächtigten am 29. Oktober 2019 erhalten zu haben, dazu, diesen Zeitpunkt als Zeitpunkt des Rückerhalts anzusehen. Denn durch die Übersendung der Schlüssel hat der Beklagte sich nicht nur seines Zugriffs auf die Mietsache begeben, sondern dies auch dem Kläger gegenüber zum Ausdruck gebracht. Von diesem Zeitpunkt an konnte der Kläger - wenngleich über seine Prozessbevollmächtigten - nunmehr seinerseits auf die Mietsache zugreifen. Dem entsprechend stellt auch die höchstrichterliche Rechtsprechung für den Verjährungsbeginn auf den Zeitpunkt ab, in dem ein Beauftragter des Vermieters einen Schlüssel zum Mietobjekt erhält (BGH, Urt. v. 4. Februar 1987 - VIII RZ 355/85, NJW 1987, 2071 [BGH 25.02.1987 - IVa ZR 263/85] unter 2.b).

Soweit der Beklagte unter Hinweis darauf, dass ein Kostenvoranschlag des Klägers zur Reparatur einer beschädigten Außenmarkise bereits am 28. August 2019 erstellt wurde, einen Rückerhalt im Sinne der Verjährungsvorschrift vor diesem Zeitpunkt behauptet (Schriftsatz vom 11. Mai 2021, Seite 2 = Bl. 54 d. A.), fehlt es dem Vortrag an der nötigen Substanz. Während nämlich der Kläger die postalische Rücksendung einschließlich eines Datums konkret dargelegt hat, hätte es dem Beklagten nach § 138 Abs. 3 ZPO oblegen, die Art und Weise einer früheren Rückgabe einschließlich eines bestimmten Datums im Einzelnen vorzutragen. Denn es handelt sich hierbei um eine Verpflichtung, auf deren Erfüllung er selbst unmittelbaren Einfluss haben dürfte.

Andererseits vermag der Senat auch Gründe für die Annahme eines späteren Beginns der Verjährung nicht zu erkennen. Allein der Umstand, dass die Mietsache aus praktischen Gründen, nämlich der Entfernung zwischen dem Kanzleiort und dem Ort des Mietobjekts, erst am 3. November 2019 tatsächlich in Augenschein genommen konnte, ändert an den Besitzverhältnissen nichts. Das gleiche gilt, anders als das Landgericht meint, soweit ein zwischen den Parteien beim Landgericht Lüneburg anhängiger Räumungsrechtsstreit (10 O 286/19) erst am 4. November 2019 für erledigt erklärt wurde. Denn die Erledigungserklärung ist zuvörderst ein prozessuales Gestaltungsmittel, mit dem der Kläger auf den nachträglichen Wegfall seines Klagegrundes reagiert. Einen Rückschluss darauf, ob der Beklagte seiner Rückgabepflicht willentlich nachgekommen ist, lässt sich hieraus nicht ableiten.

Nach alledem begann die Verjährung am 29. Oktober 2019 und endete grundsätzlich gemäß § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB am 29. April 2020.

b) Die nach den vorstehenden Erwägungen mit Ablauf des 29. April 2020 eingetretene Verjährung wurde auch nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 ZPO durch Erlass eines Mahnbescheids rechtzeitig gehemmt, sodass die am 13. April 2021 zugestellte Anspruchsbegründung in diesem Verfahren die Verjährung nicht ihrerseits hätte hemmen können.

Allerdings hat der Kläger am 29. April 2020 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids beim Amtsgericht Coburg gestellt. Auf diesen wurde am 30. April 2020 Mahnbescheid gegen den Beklagten erlassen (20-7307809-0-0), der diesem am 6. Mai 2020 zugestellt wurde. Auch wenn insofern gemäß § 167 ZPO davon auszugehen ist, dass die Zustellung demnächst erfolgt und daher für die Wirkung des § 204 BGB nicht der Tag der Zustellung, sondern der Tag des Eingangs des Antrags maßgeblich ist, war der Mahnbescheid dennoch nicht geeignet, eine die Verjährung hemmende Wirkung zu entfalten. Denn die geltend gemachten Ansprüche waren nicht im Sinne des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend bestimmt bezeichnet.

aa) Die in § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB normierte Hemmungswirkung tritt grundsätzlich nur ein, wenn die geltend gemachten Ansprüche im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids in einer den Anforderungen des § 690 Abs. Nr. 3 ZPO entsprechenden Weise hinreichend individualisiert werden. Dazu ist erforderlich, dass der den Streitgegenstand bildende prozessuale Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will (BGH, Urt. v. 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/08, NJW 2008, 1220 f. [BGH 23.01.2008 - VIII ZR 46/07] Tz. 13; Urt. v. 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Tz. 9; OLG Stuttgart, B. v. 6. März 2020 - 5 U 540/19, juris Rn. 29). Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (BGH, Urt. v. 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Tz. 9). Dabei verlangt die Bestimmung des § 690 Abs. Nr. 3 ZPO nur eine knappe Kennzeichnung des geltend gemachten Anspruchs und der begehrten Leistung. Umfangreiche Erläuterungen wären mit der auf eine schnelle Erledigung ausgerichteten Zielsetzung des Mahnverfahrens nach §§ 688ff. ZPO nicht vereinbar. Maßgeblich ist allein, dass für den beklagten Mieter - nicht auch für außenstehende Dritte - im Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids erkennbar ist, auf welchen Lebenssachverhalt die klagende Partei ihre Forderungen gründet (BGH, Urt. v. 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 f. Tz. 9, 12).

In diesem Zusammenhang ist es daher vollkommen ausreichend, wenn im Mahnbescheid zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs auf Rechnungen oder andere Unterlagen Bezug genommen wird; ist ein solches Schriftstück dem Antragsgegner bereits bekannt ist, braucht es dem Mahnbescheid nicht in Abschrift beigefügt zu werden (BGH, Urt. v. 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Tz. 9; s. auch Urt. v. 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/08, NJW 2008, 1220, 1221 [BGH 23.01.2008 - VIII ZR 46/07] Tz. 18). Allein der Umstand, dass vorgerichtlich Forderungen erhoben wurden, genügt bei einer Mehrzahl von Einzelforderungen allerdings nicht, wenn es an einer Bezugnahme hierauf im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids fehlt; dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Mahnbescheid ohne jede weitere Konkretisierung der geltend gemachten Ansprüche allgemein auf Ansprüche aus dem Mietvertrag lautet (OLG Stuttgart, B. v. 6. März 2020 - 5 U 540/19, juris Rn. 35 f.).

Macht der Vermieter ferner einen aus mehreren Teilbeträgen zusammengesetzten Gesamtbetrag geltend, ist für die Frage der Individualisierung zu unterscheiden. Das Erfordernis, einen angegebenen Gesamtbetrag bereits im Mahnbescheid hinreichend aufzuschlüsseln, besteht nur dann, wenn eine Mehrzahl von Einzelforderungen in einem Gesamtbetrag zusammengefasst geltend gemacht wird. Ist Gegenstand des Mahnbescheids dagegen eine einheitliche Schadensersatzforderung, die sich lediglich aus mehreren unselbstständigen Rechnungsposten zusammensetzt, wie es z. B. bei den Auswirkungen eines einzigen Schimmelbefalls anzunehmen ist, ist eine Aufschlüsselung nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613, 614 Tz. 12; Urt. v. 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/08, NJW 2008, 1220, 1221 [BGH 23.01.2008 - VIII ZR 46/07] Tz. 19). Verfolgt ein Kläger aber Ersatzansprüche wegen verschiedener Mängel, so liegen in aller Regel mehrere Einzelansprüche vor, sodass, um dem Erfordernis der Individualisierung zu genügen, die einzelnen Mängel, aus denen die Ansprüche resultieren, im Mahnantrag zu bezeichnen sind. Einzelne Mängel, auch wenn sie aus ein und demselben Vertragsverhältnis resultieren, sind nämlich keine Rechnungsposten eines einheitlichen Anspruchs, sondern Gegenstand verschiedener, aus dem Vertrag abgeleiteter Einzelansprüche (OLG Stuttgart, B. v. 6. März 2020 - 5 U 540/19, juris Rn. 31). Dem entsprechend ist bei einer Klageforderung auf Schadensersatz wegen verschiedener Beschädigungen der Mietsache von einer Mehrzahl selbstständiger Ansprüche auszugehen (vgl. so jedenfalls in der Tendenz wohl BGH, Urt. v. 14. Juli 2010 - VIII ZR 229/09, NJW-RR 2010, 1455, 1456 Tz. 16). Ebenso betreffen bei Rückgabe einer Mietsache vermieterseits behauptete Beschädigungen, mangelhaft ausgeführte Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten und vorgetragene Verschmutzungen unterschiedliche Entstehungssachverhalte, die zeitlich und gegenständlich unabhängig voneinander sind und - anders als mehrere Schadenspositionen bei einem Unfallgeschehen - nicht auf einem sie verknüpfenden auslösenden Ereignis beruhen, weshalb ein bloßer Hinweis auf den Mietvertrag im Mahnbescheid zur Individualisierung nicht genügt (OLG Stuttgart, B. v. 6. März 2020 - 5 U 540/19, juris Rn. 32 f.). Dafür, dass der Umstand der Beendigung des Mietverhältnisses und die darauf beruhende Rückgabe der Mietsachen solche Einzelansprüche nicht verknüpft, spricht schließlich bereits der Wortlaut des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB, der von Ansprüchen in der Mehrzahl spricht (OLG Stuttgart, B. v. 6. März 2020 - 5 U 540/19, juris Rn. 34). Diese Bewertung fügt sich im Übrigen auch in die in anderem Kontext ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 13. Oktober 2015 - II ZR 281/14, NJW 2016, 1083, 1084 f. Tz. 21 ff.) ein, der ein auf "Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung, Ansprüche aus Delikt, ungerechtfertigter Bereicherung im Zusammenhang mit Partnerstellung bei der Ast. vom 1.1.2009-21.12.2012" lautenden Mahnbescheid nicht für ausreichend zur Hemmung der Verjährung erachtet. Denn aus dieser Angabe heraus ist bereits nicht erkennbar, aus welchen Vorgängen diese Ansprüche hergeleitet werden sollen und ob es sich um unterschiedliche Anspruchsgrundlagen im materiellen oder im prozessualen Sinn handelt, welche Pflichtverletzung oder unerlaubte Handlung dem Beklagten vorgeworfen wird bzw. wodurch und in welchem Umfang sich der Beklagte ungerechtfertigt bereichert haben soll.

bb) Gemessen an diesen Maßstäben genügt der vorliegende Mahnbescheid nicht zur Individualisierung der nunmehr klageweise geltend gemachten Ansprüche, weil er nur auf "Schadensersatz aus MIET-Vertrag gem. Vertrag vom 22.01.13" lautet.

Ausweislich der Anspruchsbegründung vom 7. April 2021 (dort Seite 3 ff. = Bl. 19 ff. d. A.) beansprucht der Kläger Ersatz für Beschädigungen an einer Außenmarkise, an Boden- und Wandfliesen, an Wänden und Decken, an einer Tür sowie für das Fehlen von Steckdosenbestandteilen. Insofern dürfte es sich, auch wenn die einzelnen Mängel nicht mit Substanz dargelegt sind, um Ansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 bzw. § 823 Abs. 1 BGB wegen sogenannter Substanzverletzungen handeln. Soweit ferner Renovierungs- und Reinigungsarbeiten wegen ebenfalls nicht substantiierten Verschmutzungen liquidiert werden, dürfte jeweils ein Fall des § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 281 BGB vorliegen, wobei insofern für eine Fristsetzung (nach behaupteter Beanstandung am 18. Oktober 2019 und angesichts vor Rückgabe erfolgter Arbeiten) nichts vorgetragen ist. Die beanspruchten Kosten für die Baustelleneinrichtung und den Schuttabtransport dürften sich auf die vorgenannten Einzelschäden verteilen.

Bereits aus den vorstehenden Einzelmängeln, die im Falle ihrer Begründetheit zudem auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen zu ersetzen wären, wird deutlich, dass es sich, anders als der Kläger meint, nicht um einen einheitlichen Mangel handelt, welcher durch die Rückgabe zu einem einheitlichen Schadensvorgang verknüpft wird. Abgesehen davon, dass eine zusammenfassende Sichtweise in der Rechtsprechung wie dargelegt verworfen wird, wird insbesondere bei den geltend gemachten Beschädigungen an verschiedenen Teilen des Mietobjekts (Markise, Tür, Bodenfliesen, Wandfliesen, Wände, Decken, Steckdosen) mehr als deutlich, dass hier im Grunde genommen voneinander abgrenzbare Einzelbeschädigungen vorliegen, die jeweils unterschiedliche Entstehungsgründe haben. Überdies sind sie von den nicht substanzverletzenden Leistungspflichtverletzungen zu unterscheiden, bei denen vertragliche Reinigungs- bzw. Dekorationspflichten verletzt werden.

Liegen damit aber verschiedene Mängel vor, wäre eine Konkretisierung zum Zwecke der Individualisierung im Mahnbescheid erforderlich gewesen. Dieses Erfordernis wurde auch vorliegend nicht durch ein taugliches Surrogat ersetzt. Für einen vorprozessualen Schriftverkehr ist nichts vorgetragen und der Mahnbescheid enthält dem entsprechend auch keine Bezugnahme. Eine solche Bezugnahme wird auch nicht dadurch ersetzt, dass der Kläger auf eine Begehung des Mietobjekts am 18. Oktober 2019 hinweist, indem dem Beklagten alle nunmehr klagegegenständlichen Mängel durch vertretungsberechtigte Zeugen noch vor Rückgabe zur Kenntnis gebracht worden sein sollen. Selbst wenn dieser Klägervortrag zutreffen sollte, ist die Ortsbegehung jedenfalls nicht im Mahnbescheid in Bezug genommen worden. Auch ändert dies nichts daran, dass es sich um unterschiedliche Mängel handelt und diese daher - auch um dem Beklagten die Nachprüfung betreffend jede Einzelposition zu ermöglichen - hätten aufgeschlüsselt werden müssen. Dies gilt im Übrigen umso mehr, als der Beklagte nach dem klägerischen Vorbringen nach der Begehung noch Arbeiten durchgeführt haben soll, wenngleich der Kläger diese für nicht genügend hält.

Vor diesem Hintergrund greift nach Auffassung des Senats auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. November 2010 (VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613, 614 Tz. 13 f.) nicht ein, wonach die Bezeichnung "Schadensersatz aus Mietvertrag" ausreichte, weil dem dortigen Beklagten der Schadensersatzanspruch aus einem anderen Verfahren bekannt gewesen und weitere rechtliche Beziehungen zwischen den damaligen Parteien nicht bestanden hatten. Die Fallgestaltungen weichen in einem wesentlichen Punkt voneinander ab, als im damaligen Fall ein einzelner Mangel in Form eines Schimmelbefalls verfahrensgegenständlich war, dessen Auswirkungen sich lediglich in mehrere unselbstständige Schadenspositionen auffächerten. Auch dort hielt der Bundesgerichtshof daran fest, dass bei einer Mehrzahl von selbstständigen Einzelforderungen - wie hier - eine Individualisierung durch Aufschlüsselung erforderlich ist.

Eine andere Beurteilung ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass Schadensersatzansprüche des Klägers Gegenstand anderer zwischen den Parteien geführter Rechtsstreite gewesen wären.

Soweit der Beklagte den Kläger vor dem Amtsgericht Celle im Verfahren 110 C 728/19 auf Rückzahlung der Mietsicherheit in Anspruch genommen und der Kläger die Aufrechnung erklärt hat (s. bereits unter Ziff. II.1), hat der Kläger keinen ausreichenden Vortrag gehalten, der zu einer Konkretisierung des Mahnantrags hätte führen können. Mit Schriftsatz vom 25. März 2020 (Seite. 2 = Bl. 112 I d. A. 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20) wurde ohne nähere Darlegung und unter Vorbehalt der Erhebung einer Widerklage ohne Bezifferung lediglich vorgetragen, das Mietobjekt sei in einem nicht vertragsgemäßen Zustand, nicht besenrein und mit Beschädigungen zurückgegeben worden. Erstmals in bereits verjährter Zeit erklärte der Kläger sodann mit Schriftsatz vom am 23. Juni 2020 (Seite 2 f. = Bl. 148 R f. I d. A. 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20) unter Hinweis auf den hiesigen Mahnbescheid die Aufrechnung, ohne aber die Einzelforderungen näher darzulegen. Dies erfolgte vielmehr erst mit der im vorgenannten Verfahren abgegebenen Berufungsbegründung vom 14. Dezember 2020 (Seiten 9 ff. = Bl. 199 ff. I 110 C 728/19 bzw. 6 S 69/20), sodass auch dies erst nach Verjährungseintritt eine fehlende Individualisierung im Mahnbescheidsantrag nicht ersetzen konnte.

Soweit zur Rückgabe ein Räumungsrechtstreit ebenfalls vor dem Landgericht Lüneburg (10 O 286/19) anhängig gewesen war, ist auch insofern nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass in diesem Rahmen eine rechtezeitige und ausreichende Individualisierung der hier streitgegenständlichen Forderungen bewirkt worden wäre.

3. Die beabsichtigte Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.