Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 22.02.2022, Az.: 4 U 64/20

Nichtbeachtung eines möglichen Altlastenverdachts bei der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens; Erstattung der notwendigen Sanierungskosten zur Herstellung eines von radiologischen und chemischen Altlasten freien Zustands

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.02.2022
Aktenzeichen
4 U 64/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 67410
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 26.03.2020 - AZ: 4 O 30/14

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2022 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 26. März 2020 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 57.098,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 45.880,48 € seit dem 27. Februar 2014 und auf 11.218,45 € seit dem 15. August 2014 zu zahlen abzüglich

    am 26. Februar 2015 gezahlter 34.897,38 €,

    am 13. August 2015 gezahlter 330 €,

    am 25. August 2015 gezahlter 1.060,20 €,

    am 13. Dezember 2016 gezahlter 703 € und

    am 13. März 2020 gezahlter 4.437,94 €.

    Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 10.803,93 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2018.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin zu 45% und die Beklagte zu 55% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung jeweils abzuwenden gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei Sicherheit leistet in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

  4. 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

  5. 5.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 52.434,21 €.

[Gründe]

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Nichtbeachtung eines möglichen Altlastenverdachts bei der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens auf Schadensersatz in Anspruch. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten als Sachverständige dem Grunde nach war in einem zwischen den Parteien vor dem Landgericht Hannover (Az. 4 O 362/11) und dem Senat (Az. 4 U 15/13) geführten Rechtsstreit zuvor rechtskräftig festgestellt worden.

Erstinstanzlich haben die Parteien insbesondere darüber gestritten, ob die von der Klägerin veranlassten Arbeiten zur Aufbringung einer radondichten Beschichtung auf die Außenwände des Kellergeschosses, zur altlastenfreien Sanierung des Vorgartens der streitbefangenen Immobilie sowie zur teilweisen altlastenfreien Sanierung des Innenhofes im Rahmen des Beschichtungsauftrags erforderlich waren, ferner ob sie wie nachfolgend abgerechnet durchgeführt worden waren. Auf eine Zwischenfeststellungsklage der Klägerin, mit der diese zur Klärung gestellt hatte, zum einen in welchem Umfang (Bodentiefe) die Beseitigung von angeblich kontaminiertem Boden von der Haftpflicht der Beklagten umfasst sei, und zum anderen ob sich die Klägerin einen teilweisen Vorteil anrechnen lassen müsse, da ihr Gesellschafter zu 1 der ehemals das Eigentum an dem Grundstück haltenden Erbengemeinschaft angehört hatte, hat das Landgericht das der Zwischenfeststellungsklage teilweise stattgebende Teilurteil vom 15. Dezember 2016 (Bl. 399 ff. d.A.) und der Senat das der Zwischenfeststellungsklage insgesamt stattgebende Urteil vom 8. August 2017 (Az. 4 U 10/17; Bl. 548 ff. d.A.) erlassen. Da die Beklagte im Verlauf des Verfahrens mehrere Zahlungen erbracht hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit jeweils entsprechend für teilweise erledigt erklärt. Zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand und die sonstigen tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 26. März 2020, insbesondere auf die Wiedergabe des Parteivortrages und die gestellten Anträge, Bezug genommen. Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N. und Dr. G. sowie der Zeugin Ni..

Im Umfang der fortdauernden Rechtshängigkeit der Forderungen der Klägerin - und soweit für die Berufungen relevant - hat das Landgericht der Klage überwiegend stattgegeben. Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten hat es als im Vorprozess der Parteien rechtskräftig festgestellt zugrunde gelegt. Ferner stehe als Ergebnis der Zwischenfeststellungsklage u.a. fest, dass die Beklagte der Klägerin alle Sanierungskosten zu erstatten habe, die für die Herstellung eines von radiologischen und chemischen Altlasten freien Zustandes notwendig seien. Die Altlastenbelastung als solche sei gleichfalls bereits rechtskräftig festgestellt. Im Streit stünden noch die Fragen der tatsächlichen Durchführung der Sanierungsmaßnahmen in dem jeweils abgerechneten Umfang sowie deren jeweilige Erforderlichkeit.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass die abgerechneten Massen tatsächlich erbracht worden seien. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen betreffend zum einen den radiologisch belasteten und zum anderen den chemisch belasteten Bodenaushub sowie aus der Aussage des Zeugen N.. Dieser habe für den Vorgarten der Immobilie den angefallenen Bodenaushub rechnerisch ermittelt; der Aushub sei ferner beim Entsorger tatsächlich gemessen worden. Auf derselben Grundlage habe der Zeuge die Massen für den Innenhof berechnet.

Die Durchführung von weitergehenden Sanierungsmaßnahmen als denen, die die zuständige Gefahrenabwehrbehörde als ausreichend angesehen habe, sei zur Schadensbeseitigung erforderlich gewesen. So sei hinsichtlich der radondichten Beschichtung der Kelleraußenwände bereits aufgrund der Präambel zu der Vereinbarung der Klägerin mit der Gefahrenabwehrbehörde (Anlage K 10 = Bl. 100 ff. d.A.) von der Erforderlichkeit dieser Maßnahme auszugehen. Hinsichtlich des radiologisch belasteten Bodens sei von dem von der Klägerin behaupteten Umfang von 206,74 t auszugehen. Dies ergebe sich daraus, dass der tatsächlich ausgehobene Boden konkret gemessen worden sei. Ausweislich der vorgelegten Messprotokolle sei der kritische Grenzwert für eine Entsorgung des Aushubs auf der Spezialdeponie jeweils überschritten gewesen. Hiervon sei aufgrund der Aussagen der sachkundigen Zeugin Ni. und des sachkundigen Zeugen Dr. G. auszugehen, die ihr Vorgehen jeweils detailliert, widerspruchsfrei und einleuchtend geschildert und erläutert hätten.

Hinsichtlich der von der Klägerin weiter geltend gemachten Kosten u.a. für die Beauftragung von insgesamt drei Anwaltskanzleien mit der Vertretung der Klägerin in einem Rechtsstreit gegen die Gefahrenabwehrbehörde vor dem Verwaltungsgericht Hannover sei die Klage hingegen unbegründet. Die Kosten stellten keinen ersatzfähigen Schaden dar, sondern resultierten daraus, dass die Klägerin den Rechtsstreit angestrengt habe mit dem Ziel, das Grundstück nicht nur in dem beschränkten Umfang der gegen sie ergangenen Ordnungsverfügung zu sanieren, sondern weit darüber hinaus. Dieser Schaden liege nicht mehr innerhalb des Schutzzwecks des § 839a BGB. Denn es handele sich nicht um Folgen, die in den Bereich der Gefahren fielen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden sei. Vielmehr habe die Einleitung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf einem eigenverantwortlichen Entschluss der Klägerin beruht. Die Klägerin habe sich nicht gegen ihre grundsätzliche und unstreitige Sanierungsverpflichtung gerichtet, sondern lediglich eine zeitlich befristete Zurückstellung derselben erstrebt.

Im Herbst 2019 hat die Klägerin die Sanierung des Innenhofes "weitestgehend abgeschlossen". Sie erhebt insoweit weitere Erstattungsforderungen gegen die Beklagte in Höhe von insgesamt 155.688,86 € (Bl. 1066 d.A.). Die Parteien korrespondierten hierzu außergerichtlich; die Beklagte leistete - soweit erkennbar - bisher nicht. Diese Kosten sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Gegen die teilweise Abweisung der Klage wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren überwiegend weiterverfolgt. Sie beschränkt das Rechtsmittel auf zwei der zunächst drei streitbefangenen Anwaltsrechnungen. Die sich daraus ergebende Gesamtforderung korrigiert sie der Höhe nach durch eine - zuvor unterbliebene - Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr für außergerichtliche Tätigkeit auf die später angefallene gerichtliche Verfahrensgebühr. Hinzu rechnet sie Gerichtskosten. Insoweit ist die Klägerin sodann der Ansicht, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die Kosten für die Rechtsverfolgung mit der ursprünglich unrichtigen Gutachtenerstellung der Beklagten nichts zu tun hätten. Es handele sich nicht um eine "eigenverantwortliche" Entscheidung ihrerseits, welche völlig beziehungslos und ohne jeglichen Zurechnungszusammenhang zu der schadenstiftenden Handlung der Beklagten stehe. Vielmehr sei die Klägerin aufgrund ihrer Schadenminderungsobliegenheit aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet gewesen, sich gegen die Ordnungsverfügung zu wenden. Hierzu legt die Klägerin unter Wiederholung und punktueller Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens dar, dass sie, wäre sie der Ordnungsverfügung gefolgt und hätte sie zunächst einen Bodenaustausch bis zu einer Tiefe von (nur) 35 cm veranlasst, im Zuge der späteren Umsetzung ihres Vorhabens, eine vollständige Altlastenfreiheit des Grundstücks herbeizuführen, die bereits durchgeführten Sanierungsmaßnahmen wieder hätte beseitigen müssen, um in größere Bodentiefen vordringen zu können; anschließend hätte der bereits durchgeführte Sanierungsschritt notgedrungen noch einmal ausgeführt werden müssen. Dies hätte eine entsprechende erhöhte Kostenlast für die Beklagte mit sich gebracht.

Die Klägerin beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des LG Hannover vom 26. März 2020, Az.: 4 O 30/14, wird die Beklagte über die im vorgenannten Urteil zuerkannten Beträge hinaus verurteilt, an die Klägerin weitere 7.790,21 € nebst Zinsen hierauf i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil gegen die Berufung der Klägerin.

Sie wendet sich ihrerseits gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit sie darin zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 44.643,99 € aus der Rechnung der G. mbH (Anlagen K 3, K 4 = Bl. 34 f., 36 f. d.A.) verurteilt worden ist. Hierzu geht sie zum einen davon aus, dass die abgerechneten Massen nicht nachgewiesen worden seien. Der Zeuge N. habe lediglich eine Berechnung vorgenommen, deren Grundlagen sich nicht erschlössen. Die Aussage der Zeugin Ni. rechtfertige eine Verurteilung der Beklagten gleichfalls nicht, da sie nicht sämtliche geltend gemachte Massen selbst auf eine Kontamination überprüft habe. Den Wiegescheinen komme hinsichtlich der Existenz einer Kontamination keine Aussagekraft zu. Zum anderen vertritt die Beklagte die Auffassung, dass hinsichtlich der radondichten Beschichtung der Kelleraußenwände jegliche Feststellung des Landgerichts zur Erforderlichkeit dieser Maßnahme fehle. Die Vereinbarung der Klägerin mit der Ordnungsbehörde hierzu rechtfertige schwerlich eine Eintrittspflicht der Beklagten. Die Anwendung des § 287 ZPO sei insoweit rechtsfehlerhaft.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hannover vom 26. März 2020 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin [gemeint sein dürfte die Beklagte] zu einer Zahlung von mehr als 26.474,33 € verurteilt worden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Im Umfang der Berufung der Beklagten verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil. Sie hält die Massenzusammenstellungen für rechtsfehlerfrei nachgewiesen. Die Erforderlichkeit der Aufbringung einer radondichten Beschichtung auf die Kelleraußenwände sieht sie durch das in die Vereinbarung der Kläger mit der Gefahrenabwehrbehörde aufgenommene Verlangen derselben nach einer solchen Beschichtung als hinreichend dargelegt an. Die Klägerin nimmt jeweils auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung Bezug.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung sowie die weiteren zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Die Verfahrensakten des Landgerichts Hannover, Az. 4 O 362/11, lagen zu Informationszwecken vor.

II.

A) Berufung der Klägerin

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Ein weitergehender Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwalts- und Gerichtskosten steht der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu. Die streitbefangenen Kosten der Rechtsverfolgung sind vom Schutzzweck des § 839a BGB nicht erfasst. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es auch für die Frage der Schadenskausalität - in erster Linie - auf die (Un-)Richtigkeit des ermittelten Verkehrswerts an, nicht hingegen z.B. auf die in dem Verkehrswertgutachten enthaltenen beschreibenden Angaben zum Zustand von Grund und Boden oder des Gebäudes (vgl. BGH, Urteile vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345/12, zitiert nach juris Rn. 37; vom 9. März 2006 - III ZR 143/05, zitiert nach juris Rn. 7; OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Januar 2017 - 2 U 119/14, zitiert nach juris Rn. 60; zu § 839 BGB: BGH, Urteil vom 13. September 2001 - III ZR 228/00, zitiert nach juris Rn. 8 f.). Entsprechendes gilt im Hinblick auf etwaige Folgekosten, die i.E. aus der eingesehenen Objektbeschreibung resultieren. Es war nicht Aufgabe des bei der Beklagten in Auftrag gegebenen Verkehrswertgutachtens nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG, die Klägerin als Erwerberin von Rechtsanwalts- und Verfahrenskosten im Zusammenhang mit - außergerichtlichen und gerichtlichen - Auseinandersetzungen mit der zuständigen Ordnungsbehörde freizuhalten, mögen diese auch auf die in die Verkehrswertermittlung nicht einbezogene radiologische und chemische Bodenbelastung zurückzuführen sein (vgl. BGH und OLG Braunschweig jeweils a.a.O.). Auf den Grund, auf den die kostenauslösenden Streitigkeiten im Einzelfalls zurückzuführen sind, kommt es insoweit nicht an. Mithin verfangen auch die Ausführungen der Klägerin zu ihrer Obliegenheit zur Schadensminderung nicht.

B) Berufung der Beklagten

B1)

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Zwar ist der mit der Begründungsschrift vom 3. August 2020 formulierte Berufungsantrag seinem Wortlaut nach vorbehaltlos auf eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von nicht mehr als (insgesamt) 26.474,33 € gerichtet, mithin auch auf eine Abwendung jeglicher Zinslast. Zu einer solchen verhält sich die Berufungsbegründung nicht, § 520 Abs. 3 ZPO. Angesichts der ihm unmittelbar nachfolgenden Begründung ist der Rechtsmittelantrag aber dahin auszulegen, dass die Beklagte sich neben der Höhe der Hauptforderung nicht zugleich gegen ihre Verpflichtung zur Zahlung von Prozesszinsen insgesamt wendet, sondern diese lediglich in dem Umfang reduziert wissen will, wie sie eine Herabsetzung der von ihr zu erstattenden Hauptforderung begehrt. Damit ist die Berufung nicht insoweit als unzulässig zu verwerfen, als die Beklagte nach dem Wortlaut des Antrags eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils auch hinsichtlich der Prozesszinsen begehrt, die auf den mit dem Rechtsmittel nicht angefochtenen Teil der Hauptforderung entfallen.

B2)

Die Berufung ist im Ergebnis begründet. Denn trotz Hinweises des Senats vom 21. Dezember 2020 (Ziffer I 3; Bl. 1027 ff. d.A.) hat die Klägerin nicht dargelegt, dass sie nach der Differenztheorie einen Schaden jedenfalls in Höhe der hier in Rede stehenden Sanierungskosten erlitten hat.

1. Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten aus § 839a BGB dem Grunde nach hat der Senat mit dem rechtkräftigen Urteil vom 31. Juli 2013 in dem Verfahren Landgericht Hannover, Az. 4 O 362/11, festgestellt. Hieran ist der Senat gebunden.

2. Gleichfalls gebunden ist der Senat an die Feststellung in dem Zwischenfeststellungsurteil vom 8. August 2017 (Bl. 548 ff. d.A.), wonach sich die Erstattungspflicht der Beklagten betreffend die Kosten der Sanierung des streitbefangenen Grundstücks nicht auf die von den zuständigen Gefahrabwehrbehörden angeordneten Maßnahmen beschränkt, sondern die Klägerin weitergehend diejenigen Sanierungskosten erstattet verlangen kann, die zur Herstellung eines von radiologischen und chemischen Altlasten freien Zustands notwendig sind.

Die Rechtskraftwirkung dieser Feststellung erstreckt sich auf das hierfür präjudizielle Rechtsverhältnis der Parteien, aufgrund dessen die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin - wie von dieser im vorliegenden Rechtsstreit begehrt - so zu stellen, als hätte sie (die Klägerin) das streitbefangene Grundstück nicht ersteigert. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gehört zu dem im Rahmen des § 839a BGB ersatzfähigen Schaden jeder durch das - hier aufgrund des Zwischenfeststellungsurteils anzunehmende - unrichtige Gutachten sowie die darauf beruhende gerichtliche Entscheidung adäquat verursachte und in den Schutzbereich der verletzten Sachverständigenpflicht fallende Vermögensschaden. Der zu leistende Schadensersatz soll die Vermögenslage herstellen, die bei pflichtgemäßem Verhalten des Sachverständigen - d.h. bei korrekter Ermittlung des Grundstückswerts - eingetreten wäre. Danach kann der Schadensersatz entweder dahin gehen, dass der Geschädigte so gestellt wird, als hätte er das Objekt nicht ersteigert, oder darauf gestützt werden, dass der Geschädigte bei korrekter Wertfestsetzung das Grundstück zu einem niedrigeren Meistgebot hätte ersteigern können (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345/17, zitiert nach juris Rn. 36 m.w.N.). Der hier rechtskräftig festgestellte Umfang der Verpflichtung der Beklagten zur Befreiung der Klägerin von Sanierungskosten ist allein für diejenige Schadensermittlung relevant, nach der die Klägerin von den Folgen des Erwerbs freizuhalten ist. Die Klägerin verlangt gerade nicht die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten Bargebot in Höhe von 541.000 € und einem niedrigeren Meistgebot erstattet zu erhalten, welches sie bei zutreffender Festsetzung des Verkehrswertes lediglich hätte erbringen müssen. Für diese Art der Schadensermittlung wäre die vorgenannte Feststellung des Senats vom 8. August 2017 nicht vorgreiflich gewesen.

Für den vorliegenden Rechtsstreit hat der Senat damit davon auszugehen, dass jedenfalls die streitbefangenen Kosten für den Bodenaustausch bis in eine - von den zuständigen Gefahrenabwehrbehörden für erforderlich und zugleich ausreichend erachtete - Bodentiefe von 35 cm und auch darüber hinaus, des Weiteren die Kosten für die Erdarbeiten zum Aufbringen einer gleichfalls der Schadstoffbeseitigung (Radonbelastung in der Raumluft) dienenden radondichten Neubeschichtung der Kelleraußenwände nebst der Aufbringung selbst dem Grunde nach der Schadensersatzpflicht der Beklagten aus § 839a BGB unterfallen.

3. Begehrt die Klägerin danach, so gestellt zu werden, als hätte sie das streitbefangene Objekt nicht ersteigert, so ist der zu ersetzende Schaden nach der Differenzhypothese zu ermitteln. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass die in der Berufung noch in Streit stehende Kostenbelastung einen ausgleichsfähigen Schaden bildet.

a) Der erstattungsfähige Schaden besteht in der Differenz zwischen zwei Güterlagen, nämlich der tatsächlich durch das Schadensereignis geschaffenen und der unter Ausschaltung dieses Ereignisses gedachten. Ein Vermögensschaden ist gegeben, wenn der jetzige tatsächliche Wert des Vermögens des Geschädigten geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde. Die Vermögenslage des Geschädigten muss sich objektiv verschlechtert haben (Grüneberg/Grüneberg, BGB 81. Aufl. Vorb. v. § 249 Rn. 10 m.w.N.).

Damit hängt die Frage eines Vermögensschadens von einem Vergleich der Vermögenslage, wie sie sich infolge der Ersteigerung des schadstoffbelasteten Grundstücks tatsächlich ergeben hat, mit derjenigen ab, wie sie sich bei einem Absehen von der Ersteigerung ergeben hätte. Diese Differenzrechnung erfordert einen Vergleich aller von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen Vermögenspositionen. Zu der konkreten Berechnung des Schadens gehört die Darlegung aller Vermögensveränderungen, die sich im Falle des Absehens von dem Grundstückserwerb ergeben hätten, sowie derjenigen, die sich infolge des haftungsbegründenden Ereignisses tatsächlich bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ergeben. Es ist unzureichend, lediglich einzelne Rechnungsposten herauszugreifen, ohne im Wege der Saldierung einen Gesamtvermögensvergleich vorzunehmen. Unberücksichtigt bleiben dürfen lediglich diejenigen Posten, deren Entwicklung von dem haftungsbegründenden Ereignis unbeeinflusst geblieben ist, denn sie würden sich in beiden zu vergleichenden Vermögenslagen wiederfinden und sich daher rechnerisch ausgleichen. Daher hat der Geschädigte, hier die Klägerin, zunächst unter Berücksichtigung des Immobilienerwerbs die tatsächliche Vermögensentwicklung sowie - im Rahmen des Möglichen - den hypothetischen Verlauf darzulegen. Verbleibenden Unsicherheiten kann sodann auf der Grundlage freier Schadensschätzung nach § 287 ZPO Rechnung getragen werden (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 6/13, zitiert nach juris Rn. 10; vom 26. Februar 1988 - V ZR 234/86, zitiert nach juris Rn. 27; vom 11. Februar 1983 - V ZR 191/81, zitiert nach juris Rn. 15).

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist, wie ausgeführt, derjenige des Schlusses der mündlichen Verhandlung.

b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin trotz Hinweises des Senats vom 21. Dezember 2020 (Bl. 1027 ff. d.A.) nicht gerecht.

aa) Die Klägerin hatte im Rahmen ihrer Schadensersatzforderung zunächst außer Betracht gelassen, dass sie eine werthaltige - in den vergangenen Jahren, der allgemeinen Entwicklung des Grundstücksmarktes folgend, wohl im Wert nicht unerheblich gestiegene - Immobilie zu Eigentum erworben hat und sie dieses Eigentum, als erheblichen Vermögenswert, nach wie vor hält. Ebenfalls nicht berücksichtigt hatte die Klägerin die laufenden Mieteinnahmen, die sie seit der Übernahme des immerhin aus acht vermietbaren Wohnungen bestehenden Mehrfamilienhauses erzielte und weiterhin erzielt. Zu etwaigen weiteren Vorteilen, die die Klägerin aus der fiktiv hinwegzudenkenden Ersteigerung gezogen hat und zukünftig ziehen wird, hatte sie sich noch nicht erklärt. Gleiches galt hinsichtlich etwaiger weitergehender Belastungen neben den streitbefangenen Sanierungskosten, welche u.U. gleichfalls adäquat kausal auf dem erfolgreichen Meistgebot der Klägerin beruhten, insbesondere Finanzierungskosten.

bb) Auf den entsprechenden Hinweis des Senats hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Februar 2021 (Bl. 1058 ff. d.A.) vorgetragen, dass sie, hätte sie von dem Altlastenverdacht gewusst, nicht die streitbefangene Immobilie ersteigert, stattdessen aber in ein anderes Objekt investiert hätte. Dieses hätte sämtliche Eigenschaften des realen Gebäudes aufgewiesen - eine vergleichbar gute Lage, exakt dieselbe Größe, dieselbe Wertentwicklung, denselben Renovierungsbedarf etc. - mit Ausnahme des Sanierungsbedarfs infolge der Schadstoffbelastungen (Bl. 1060 d.A.). Da aufgrund des Erwerbs dieses - von ihr so bezeichneten - "Hauszwillings" ihr Vermögen sich grundsätzlich identisch - wenn nicht bei Hinwegdenken eines, wie behauptet, zwischenzeitlichen sanierungsbedingten Liquiditätsmangels noch günstiger - entwickelt hätte, ihr die Sanierungskosten jedoch erspart geblieben wären, stellten diese sich als von der Beklagten zu erstattende Vermögensschäden dar.

cc) Der neue Vortrag ist prozessual zulässig. Er ist jedoch unschlüssig. Den Erwerb eines eigenschaftsidentischen "Hauszwillings" als solchen zugunsten der Klägerin zu Argumentationszwecken unterstellt, hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt, dass sie einen solchen "Hauszwilling" zu denselben Konditionen wie den tatsächlich eingetretenen hätte erwerben können und sodann ihre Vermögenslage dieselbe, wenn nicht sogar eine noch positivere Entwicklung genommen hätte wie bzw. als tatsächlich erfolgt. Denn ihre Ausführungen zu dem Wert und den Erwerbsbedingungen des "Hauszwillings" stehen in entscheidenden Punkten in Widerspruch zu ihrem bisherigen Vorbringen. In der Gesamtschau hat die Klägerin ihre Grundannahme damit selbst widerlegt.

(1) Die Berechnungen der Klägerin basieren maßgeblich auf der Annahme, dass sie "den Versteigerungserlös" in Höhe von 135.000 € - gemeint ist wohl ein der Erbquote des Gesellschafters zu 1 der Klägerin (als Mitglied der früheren Erbengemeinschaft zu 1/4) entsprechender Anteil an einem nicht näher dargelegten Versteigerungserlös, den der Gesellschafter zu 1 offenbar in die Klägerin eingebracht oder ihr zumindest zur Verfügung gestellt hat - sowie ein - angeblich auch real aufgenommenes - Darlehen in Höhe von 400.000 € in den "Hauszwilling" investiert und mit diesen Mitteln den "Hauszwilling" erworben hätte.

(2) Gerade hiervon ist aber nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht auszugehen. Vielmehr ist ihrem Vortrag zu entnehmen, dass ihre hypothetische Vermögensentwicklung sowohl durch einen erhöhten Vermögenszuwachs als auch einen korrespondierenden erhöhten Finanzierungsaufwand gekennzeichnet worden wäre als von ihr angenommen, da sie, hätte sie von einem Gebot auf das streitbefangene Objekt abgesehen, auf ein höherwertiges Ersatzobjekt hätte ausweichen müssen, für welches sie einen nicht unerheblich höheren Kaufpreis hätte aufwenden und diesen mit einem entsprechend höheren Aufwand hätte finanzieren müssen. Zugleich wäre ihr aus der Versteigerung des streitbefangenen Objekts ein weiterer finanzieller Vorteil zugeflossen, den sie sich anzurechnen lassen hat.

(a) So hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Februar 2017 (Seite 10 = Bl. 451 d.A.) - bezüglich eines Grundstückserwerbs durch Zwangsversteigerung - vorgetragen, dass es "für den bei einer Zwangsversteigerung erzielten Erlös ganz entscheidend auf das jeweilige Erwerbsinteresse der zufällig an der Zwangsversteigerung teilnehmenden Bieter" ankomme. Es sei "nicht gesagt, dass diese ihr Erwerbsinteresse überhaupt von den (ohnehin nicht abschätzbaren) Kosten einer etwaigen späteren Sanierung des Grundstücks abhängig machen". Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2017 (Seite 9 = Bl. 537 d.A.) hat sie weiter behauptet, dass, hätte die Klägerin nicht auf das streitbefangene Grundstück geboten, ihr Gesellschafter zu 1 "möglichst viele potentielle Erwerbsinteressenten von dem Versteigerungstermin informiert", also gleichsam auf Verkäuferseite "Werbung" für das streitbefangene Objekt gemacht hätte. Angesichts dieser "hypothetischen Aktivitäten" sei es "wahrscheinlich, dass bei bekanntem Altlastenverdacht ein höheres Bargebot als 541.000 € [dem Zuschlagspreis der Klägerin] abgegeben worden wäre". Der Gesellschafter zu 1 der Klägerin hat ein erzielbares Bargebot in Höhe von 560.000 € angenommen. Zugleich geht die Klägerin davon aus, dass man im Jahr 2006 in der Gegend des Standortes der streitbefangenen Immobilie "nichts falsch machen" konnte (Bl. 536 unten d.A.).

(b) Dass nicht nur bei Zwangsversteigerungen, sondern auch bei Immobilienverkäufen auf dem freien Markt ein reges Erwerberinteresse die Preise in die Höhe schnellen lassen kann, ist allgemein bekannt und entspricht den generellen Regeln von Angebot und Nachfrage. Wäre aber der "Hauszwilling" "in gleich guter Lage befindlich gewesen" (Bl. 1060 d.A.) wie die reale Immobilie, in deren Gegend man nach Auskunft eines Immobilienkaufmannes aus dem Jahr 2006 "nichts falsch machen" konnte, so ist damit zu rechnen, dass die Klägerin auf mehrere Konkurrenten gestoßen wäre, die in gleichem Maße wie sie zum Erwerb entschlossen gewesen wären. Um dessen ungeachtet dennoch erfolgreich sein zu können, hätte sie - dem von ihr eingeführten Gedanken einer verkäuferseitigen "Werbung" für das jeweilige Verkaufsobjekt folgend - schon aus diesem Grund für den Immobilienerwerb einen höheren Kaufpreis aufbringen müssen. Zumindest ist nicht ersichtlich, dass sie hinsichtlich des "Hauszwillings" von einem "Geheimtipp" Kenntnis erlangt und sich außerhalb des üblichen Bewerberfeldes um den Erwerb bemüht hätte.

(c) Vorgesagtes gilt erst recht im Hinblick darauf, dass der "Hauszwilling" nicht mit einem Altlastenverdacht behaftet gewesen wäre. Zwar sei ein solcher Verdacht nach dem Vorbringen der Klägerin nicht notwendig geeignet, den Verkehrswert der entsprechenden Immobilie und darauf beruhend die Gebote anderer Bieter zu drücken. Umgekehrt ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass das Fehlen eines solchen - immerhin, so die Klägerin, nicht abschätzbare Kosten erwarten lassenden - Verdachts die Preise im Bieterwettkampf freier und "ungehemmter" hätte ansteigen lassen.

Von einer entsprechenden wertsteigernden Wirkung eines fehlenden Altlastenverdachtes geht letztendlich auch die Klägerin aus. Zwar behauptet sie im vorliegenden Verfahren, anders als noch im Vorprozess der Parteien (Beiakten Bl. 155 d.A.), dass sie das streitbefangene Grundstück, bezogen auf den Verkehrswert, allenfalls leicht "überteuert" erworben habe; der tatsächliche Verkehrswert wäre bei zutreffender Ermittlung von dem auf 535.000 € festgesetzten Verkehrswert (Stichtag 13. Mai 2003) "vermutlich kaum" abgewichen (Schriftsätze 6. Januar 2015, Seite 4 = Bl. 157 d.A.; vom 20. Februar 2017, Seite 3 = Bl. 444 d.A.; ferner Bl. 451, 536 f., 555 d.A.). Mit ihrer Stellungnahme vom 5. Februar 2021 weicht sie aber selbst hiervon ab, indem sie ausführt, dass - selbst ungeachtet einer schon erfolgreich ausgeführten Sanierung - der Umstand, "ein Grundstück mit sanierter Altlast zu sein und nach wie vor im Altlastenkataster eingetragen zu sein", sich "nicht wertsteigernd" auswirke. Aus diesem Grund hätte, so die Klägerin, der "Hauszwilling" im Zuge der allgemeinen Wertsteigerung von Grundstücken zum Stichtag 8. Januar 2020 (Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht) den Verkehrswert des streitbefangenen Objekts mindestens erreicht, "mit ausreichender Wahrscheinlichkeit" sogar überschritten (a.a.O. Seite 4, Bl. 1061 d.A.). Wenn danach schon dem bloßen Fortbestand der Eintragung im Altlastenkataster - trotz erfolgreicher Altlastensanierung - eine die allgemeine Wertsteigerung mindernde Wirkung zukommen soll, muss dies erst recht für die vorangegangene Wertentwicklung angenommen werden, die ein Grundstück, das sich einem noch nicht behobenen Altlastenverdacht ausgesetzt sah, genommen hätte im Vergleich zu einem nicht "makelbehafteten", da von vornherein altlastenfreien "Hauszwilling" bis zum Zeitpunkt seines hypothetischen Erwerbs.

(3) Vor diesem Hintergrund hat die Kläger die hypothetische Entwicklung ihres Vermögens nicht schlüssig dargelegt. Im Gegenteil ist auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens davon auszugehen, dass die Entwicklung einen von ihren Darlegungen vom 5. Februar 2021 erheblich abweichenden Verlauf genommen hätte. Dieser wäre gekennzeichnet gewesen v.a. durch einen merklichen, für den Senat nicht fassbaren Vermögenszuwachs in Höhe der Differenz der Werte der streitbefangenen Immobilie zu dem eines altlastenverdachtsfreien "Hauszwillings" schon im Zeitpunkt des fiktiven Erwerbs der Ersatzimmobilie, erst recht im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Gegenzurechnen wären erhöhte Aufwendungen für die anzunehmende Finanzierung des zum Erwerb des höherwertigen "Hauszwillings" aufzuwenden Kaufpreises; diese sind gleichfalls nicht greifbar.

Bei hypothetischer Vermögensbetrachtung als positiven Zuwachs anrechnen lassen müsste sich die Klägerin ferner den behaupteten Mehrerlös aus der Versteigerung des streitbefangenen Objekts, hätte der Gesellschafter zu 1 der Klägerin, wie vorgetragen, für diese erfolgreich im Bekanntenkreis geworben (vgl. vorstehend unter 3. b)cc)(1)). Dies ist aufgrund der Ungewissheiten im Übrigen hier i.E. nicht relevant.

(4) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist auf der Grundlage ihres wie vorstehend wiedergegebenen Vorbringens eine Schätzung der haftungsausfüllenden Kausalität nach § 287 ZPO weder zulässig noch möglich. Denn für eine solche Schätzung müssten die Grundlagentatsachen zumindest schlüssig dargelegt worden sein. § 287 ZPO verlangt für die Schadensberechnung die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen. Diese sind die Grundlage, auf der das richterliche Ermessen bei einer Beweiswürdigung nach § 287 ZPO gründet. Für die Schadensberechnung benötigt der Richter als Ausgangssituation greifbare Tatsachen, da sich nur anhand eines bestimmten Sachverhalts sagen lässt, wie die Dinge sich weiterentwickelt haben würden (BGH, Urteil vom 15. März 1988 - VI ZR 81/87, NJW 1988, 3016 unter II 1 a; MünchKomm-ZPO/Prütting, 6. Aufl. § 287 Rn. 14). Hieran fehlt es vorliegend.

Ein hilfsweiser Rückgriff auf "den gewöhnlichen Verlauf der Dinge" oder etwaige Durchschnittswerte kommt nicht in Betracht. Denn anders als ein "Reitschulpferd-Zwilling", ein "Lkw-Zwilling" oder ein "Maschinen-Zwilling" zeichnet sich gerade ein gebrauchtes (Mehrfamilien-)Haus durch seine jeweiligen Spezifika (Lage, Größe, Alter, Ausstattung etc.) sowie seine hieraus abgeleitete Wertentwicklung aus. Bei Gebrauchtimmobilien kann nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass im Hinblick sowohl auf die tatsächliche Verfügbarkeit als auch, wie hier von entscheidender Relevanz, auf die für den Erwerber hiermit einhergehende Wert- und Vermögensentwicklung das eine Haus gleichsam ohne Reibungsverluste durch das andere ersetzt werden könnte. Hiervon geht nach dem Vorgesagten die Klägerin letztendlich selbst aus.

(5) Auf die Ausführungen der Klägerin, auch in der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2022, im Übrigen einschließlich ihres dortigen Vorbringens zur faktischen Verfügbarkeit eines "Hauszwillings" in Hannover kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Denn wie dargelegt ist schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin gerade nicht davon auszugehen, dass sich die von ihr vorgetragene tatsächliche Entwicklung gleichsam "1:1" auf das hypothetische Alternativgeschehen übertragen lässt, mit Ausnahme des in Streit stehenden "realen" Kostenaufwands für die Altlastensanierung.

dd) Hätte sich nach dem Vorgesagten die Vermögenslage der Klägerin im Falle des Erwerbs eines Ersatzobjekts - mit Ausnahme der Sanierungskosten - gerade nicht identisch entwickelt, so führt nach der anzustellenden Gesamtbetrachtung der aktuellen Vermögenslage jedenfalls die Kostenbelastung der Klägerin aus der Rechnung der G.A.A mbH in Höhe von 44.643,99 € nicht zu einer auszugleichenden Belastung des Vermögens der Klägerin.

So trägt die Klägerin mit ihrer Stellungnahme vom 5. Februar 2021 (Bl. 1061 ff. d.A.) vor, dass der Verkehrswert des Grundstücks von 535.000 € (Bewertungsstichtag 13. Mai 2003) bis zum 8. Januar 2020 (Schluss der mündlichen Verhandlung in der I. Instanz) auf ca. 800.000 € gestiegen sei, mithin um 265.000 €. Ferner habe sie im Zeitraum März 2006 bis zum 8. Januar 2020 Mieteinnahmen erzielt in Höhe von 443.720 €. Der Finanzierungsaufwand für Zins und Tilgung habe sich in diesem Zeitraum auf 417.503,76 € belaufen. Die beiden Wohnungen im 1. OG seien für ca. 80.000 € renoviert worden. Ferner habe die Klägerin 40.000 € für die Modernisierung der Heizungsanlage im Haus investiert.

Dies führt zu folgender Gegenüberstellung:

Zuwächse: 265.000 €Abflüsse:417.503,76 €
443.720 €80.000 €
____________40.000 €
708.720 €537.503,76 €

Es verbleibt eine Differenz zugunsten der Klägerin in Höhe von 171.216,24 €. Diese übersteigt die hier erstattet verlangten Sanierungskosten, soweit diese Gegenstand der Berufung sind, um ein Vielfaches mit der Folge, dass sich die mit der Berufung der Beklagten angegriffene Kostenlast in Höhe von 44.643,99 € nicht als erstattungsfähiger Schaden der Klägerin darstellt.

Auf einen etwaigen zwischenzeitlichen weiteren Wertgewinn des streitbefangenen Grundstücks sowie die Höhe der seit dem 8. Januar 2020 vereinnahmten zusätzlichen Mieteinnahmen der Klägerin kommt es hier nicht an.

3. Die mit der Berufungsbegründung erhobenen Einwendungen der Beklagten gegen das angefochtene Urteil können nach dem Vorgesagten dahinstehen.

4. Ungeachtet des Erfolgs der von ihr geführten Berufung ist die weitergehende Zahlungspflicht der Beklagten, soweit diese nach dem erstinstanzlichen Urteil in Rechtskraft erwachsen ist, wegen der Beschränkung der übereinstimmenden Teilerledigungen auf die Hauptsache in dem aus Ziffer 1 des Tenors ersichtlichen Umfang zu tenorieren. Die danach noch zur Zahlung der Beklagten ausstehende Hauptforderung beläuft sich auf ([101,742,92 € - 44.643,99 € =] 57.098,93 € - 34.897,38 € - 330 € - 1.060,20 € - 703 € - 4.437,94 € =) 15.670,41 € + 10.803,93 € = 26.474,34 €, was - ungeachtet der rechnerischen Abweichung um 1 ct. - inhaltlich dem Berufungsbegehren der Beklagten entspricht.

III.

Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, Satz 2 i.V.m. § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen; ein Zulassungsgrund i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegt nicht vor. Es handelt sich um einen Einzelfall, dessen Entscheidung von den tatsächlichen Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung abhängig ist und dem deshalb grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt. Weder setzt sich der Senat in Widerspruch zu der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, noch ist in Bezug auf die konkrete Fallgestaltung eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ersichtlich.

Der Streitwert bemisst sich nach dem jeweiligen Interesse der Parteien an einer Abänderung des angefochtenen Urteils (Berufung der Klägerin: 7.790,21 €; Berufung der Beklagten: 44.644 € (= mit dem angefochtenen Urteil ausgeurteilte [101.742,92 € abzgl. erhaltener Zahlungen in Höhe von 34.897,38 €, 330 €, 1.060,20 €, 703 € und 4.437,94 € =] 60.314,40 € zzgl. weiterer 10.803,93 € abzgl. der aus der Summe mit dem Berufungsantrag akzeptierten 26.474,33 €). Die Gegenstandswerte sind zu addieren gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.