Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.06.2013, Az.: 10 UF 90/12

Nachträglicher Ausgleich eines im Rahmen des Versorgungsausgleichs übergangenen Anrechtes durch gerichtliche Umsetzung einer von den beteiligten Versorgungsträgern gebilligten Vereinbarung der Ehegatten

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.06.2013
Aktenzeichen
10 UF 90/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 42184
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:0625.10UF90.12.0A

Fundstellen

  • FF 2014, 36
  • FamFR 2013, 446
  • FamRZ 2013, 1900

Amtlicher Leitsatz

Ist im Rahmen der Scheidung der Versorgungsausgleich durchgeführt, dabei jedoch ein auszugleichendes Anrecht übergangen worden, kommt auch nach Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich jedenfalls insofern ein nachträglicher Ausgleich des übergangenen Anrechtes in Betracht, als das Gericht eine entsprechende Vereinbarung, die die Ehegatten geschlossen und die beteiligten Versorgungsträger gebilligt haben, durch entsprechenden Beschluss umsetzt.

Tenor:

1. Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern (Pers.-Nr. ...) zugunsten der Ehefrau auf deren Versicherungskonto Nr. ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht in Höhe von monatlich 1.014,82 €, bezogen auf den 31. Januar 2010, begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

2. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen sowie der am 25. Juni 2013 vor dem Senat geschlossenen Vereinbarung der beteiligten Eheleute werden zwischen letzteren gegeneinander aufgehoben.

3. Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 1.000 € (§ 50 Abs. 1 FamGKG).

Gründe

I.

Die am 25. August 1972 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten ist auf am 9. Februar 2010 zugestellten Scheidungsantrag hin im vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Hannover zum Aktenzeichen 609 F 6682/09 geführten Verfahren, in dem die Ehefrau nicht anwaltlich vertreten war, mit Beschluss vom 1. September 2010 geschieden worden. Zugleich hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich geregelt; dabei sind allerdings lediglich gesetzliche Anwartschaften beider Ehegatten ausgeglichen worden, obwohl der Ehemann seinerzeit bereits angegeben hatte, über eine Anwartschaft auf "Beamtenversorgung" gegenüber der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern zu verfügen. Der amtsgerichtliche Scheidungsbeschluss ist am 9. Oktober 2010 rechtskräftig geworden.

Mit am 13. Januar 2011 beim Amtsgericht eingereichtem Antrag verfolgt der geschiedene Ehemann das Ziel, nachträglich einen Ausgleich der seinerzeit übergangenen beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft durchzuführen.

Das Amtsgericht hat - nach Beteiligung der Ehefrau und Gewährung rechtlichen Gehörs - mit Beschluss vom 2. April 2012 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der begehrte nachträgliche Ausgleich unzulässig sei. Entgegen der Auffassung des Verfahrensbevollmächtigten des Ehemannes würden von § 9 VersAusglG allein die Fälle erfasst, in denen der Versorgungsausgleich wegen Aufhebung der Ehe oder im Rahmen einer Auslandsscheidung ohne Versorgungsausgleich unterblieben sei. Auch die §§ 225 ff. FamFG seien nicht anwendbar. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen nach § 48 FamFG nicht vor. Eine Korrekturmöglichkeit ergebe sich allenfalls im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs, der ggf. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen von der Ehefrau zu beantragen wäre.

II.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Ehemannes, der sein Ziel eines nachträglichen Versorgungsausgleichs weiter verfolgt.

Der Senat hat eine Auskunft der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern eingeholt; danach beläuft sich der Ausgleichswert gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG für die im Wege externer Teilung auszugleichende Anwartschaft auf Beamtenversorgung des Ehemannes auf monatlich 1.014,82 €.

Der Senat hat die beteiligten Ehegatten unter Nachweisen im Einzelnen darauf hingewiesen, dass es sehr umstritten ist, ob und ggf. wie ein im Rahmen des nach neuem Recht durchgeführten Versorgungsausgleichs vergessenes Anrecht in einem neuen Verfahren nachträglich ausgeglichen werden kann. Er hat weiter darauf hingewiesen, dass aber jedenfalls dann keine Bedenken gegen einen insofern von beiden Ehegatten gewünschten ergänzenden Ausgleich bestehen, wenn er auf einer Vereinbarung der Ehegatten beruht, der die beteiligten Versorgungsträger zustimmen.

Daraufhin haben sowohl die Ehegatten ihre dahingehende Absicht mitgeteilt als auch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern sowie die Deutsche Rentenversicherung Bund ausdrücklich ihr Einverständnis mit einer entsprechenden Vorgehensweise erklärt.

Im (durch eine zeitweilige schwere Erkrankung der Ehefrau bedingt erst) am 25. Juni 2013 durchgeführten Termin haben die Ehegatten auf Vorschlag des Senates folgende Vereinbarung geschlossen:

"1. Bei der Scheidung unserer Ehe ist das vom Antragsteller in der Ehezeit (1. August 1972 bis 31. Januar 2010; § 3 Abs. 1 VersAusglG) erworbene Anrecht bei der Ev.-luth. Kirche in Bayern (Pers.-Nr. ...) im Versorgungsausgleich versehentlich unberücksichtigt geblieben. Dieses Anrecht soll mit dem vom Versorgungsträger mitgeteilten Ausgleichswert von monatlich 1.014,82 €, bezogen auf den 31. Januar 2010, nachträglich durch externe Teilung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 VersAusglG, d h. durch Begründung einer gesetzlichen Rentenanwartschaft, umzurechnen in Entgeltpunkte, zugunsten der Antragsgegnerin ausgeglichen werden.

2. Die Kosten des Verfahrens und dieser Vereinbarung werden zwischen uns gegeneinander aufgehoben."

Die Vereinbarung zu Ziffer 1. entspricht vollinhaltlich derjenigen Regelung, die im Rahmen des Scheidungsverfahrens bei vollständiger Durchführung des Versorgungsausgleichs (zusätzlich) zu treffen gewesen wäre (zur Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 VersAusglG auf beamtenähnliche Versorgungen vgl. auch Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 212). Sie ist - da sie ausdrücklich auch durch die beiden betroffenen Versorgungsträger gebilligt wird - daher durch Senatsbeschluss umzusetzen.