Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 12.09.2023, Az.: 2 A 135/20
Flüchtlingscamp; Flüchtlingslager; Geschwister; Kernfamilie; Rückkehrprognose; Unverheiratete Frau; Flüchtlingsschutz für alleinstehende Yezidin aus dem Irak
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 12.09.2023
- Aktenzeichen
- 2 A 135/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2023, 35166
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2023:0912.2A135.20.00
Rechtsgrundlagen
- AsylG § 3 Abs. 1
- Asylg § 3b Abs. 1 Nr. 4
Fundstelle
- AUAS 2023, 259-263
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Im Rahmen einer realitätsnahen Rückkehrprognose sind Familienangehörige außerhalb der Kernfamilie, insbesondere Eltern und volljährige Geschwister erwachsener Kläger, nur zu berücksichtigen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Beistandsgemeinschaft im Herkunftsland tatsächlich gelebt werden und auf Dauer ausgerichtet sein wird.
- 2.
Steht die Rückkehr einer alleinstehenden weiblichen Klägerin in eine patriarchalisch geprägte Gesellschaft in Rede, braucht es bezüglich männlicher Verwandter außerhalb der Kernfamilie zudem die hinreichende Gewissheit, dass diese bereit und imstande sind, die Verantwortung für die Sicherheit der Betroffenen zu übernehmen.
- 3.
Einer alleinstehenden, yezidischen Frau ohne männliche "Beschützer" droht bei Rückkehr in ein Flüchtlingslager in der Autonomen Region Kurdistan-Irak Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe.
Tatbestand
Die Klägerin ist irakische Staatsangehöriger, kurdischer Volkszugehörigkeit und yezidischen Glaubens aus dem Dorf Dugure (auch: Duguri, Duger, Dhure, Arabisch: Hatin) in Sindschar.
Im Irak besuchte die Klägerin das Gymnasium bis zur 11. Klasse. Sie verließ den Irak am 19.08.2014 im Alter von 16 Jahren und reiste von dort aus zunächst in die Türkei, wo sie sich zusammen mit ihrer Zwillingsschwester, einem ihrer Brüder und ihrer Mutter bis Juni 2019 aufhielt. Sie besuchte dort noch 1,5 Jahre die Schule und arbeitete dann selbstständig als Schneiderin. Sodann reiste sie u. a. über Griechenland am 04.11.2019 gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester nach Deutschland ein. Sie stellte am 05.12.2019 einen förmlichen Asylantrag bei der Beklagten. In Deutschland leben auch die Mutter, sechs Schwestern und zwei Brüder der Klägerin. Drei ursprünglich im Irak verbliebene Schwestern der Klägerin sollen seit Juli 2023 in der Türkei leben. Ihr Vater ist im Jahr 2016 in der Türkei an einem Herzinfarkt verstorben.
Der ältere Bruder der Klägerin G. stellte bereits am 04.02.2016 mit seiner Familie einen Asylantrag bei der Beklagten. Ihm, seiner Frau und seinen Kindern wurde mit Bescheid vom 26.10.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Die jüngeren Schwestern der Klägerin H. und I. stellten am 23.09.2016 einen Asylantrag bei der Beklagten. Ihnen wurde jeweils mit Bescheid vom 19.12.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
In ihrer Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 14.02.2020 gab die Klägerin an, dass sie Deutschland nicht verlassen wolle, weil ihre gesamte Familie hier lebe. Außerdem sei ihre Mutter eine alte Frau und brauche ihre Unterstützung. In ihrer persönlichen Anhörung am selben Tag berichtete die Klägerin, dass sie bis zu ihrer Flucht aus dem Irak mit ihren Eltern, drei unverheirateten Schwestern und drei Brüdern mit ihren Ehefrauen und Kindern in einem eigenen Haus in dem Dorf Dugure gelebt habe. Sechs weitere Schwestern seien bereits verheiratet und hätten nicht mehr bei ihnen gelebt. Die Familie hätten sie ernährt, indem sie im Sommer in der Landwirtschaft gearbeitet hätten. Ihre Brüder hätten in Sulaimaniya auf Baustellen gearbeitet. Sie seien aus Furcht vor den Arabern nicht alleine aus dem Haus gegangen, sondern nur in Begleitung und auch nur zur Arbeit oder zur Schule. Es sei für sie auch nicht möglich gewesen, in eine andere Stadt zum Studieren zu gehen. Am 03.08.2014 seien sie wegen der Angriffe des sog. "Islamischen Staates" zunächst nach Zakho geflohen und von dort aus in die Türkei. Auf der Flucht habe man auf ihr Auto geschossen. Der "IS" habe yezidische Frauen und Mädchen entführt und vergewaltigt. Die Leute in ihrer Umgebung hätten dem "IS" geholfen und ihre Dörfer geplündert. Sie habe Leichen gesehen, doch ihr selbst sei nichts geschehen. Sie seien nie wieder in ihr Heimatdorf zurückgekehrt, hätten allerdings gehört, dass ihr Haus von Bomben zerstört worden sei. In der Türkei hätten sie zunächst im Flüchtlingslager und später in einer eigenen Wohnung gelebt. Ihre Schwestern im Irak lebten in Zelten in Flüchtlingscamps. Zu ihren im Irak verbliebenen Verwandten habe sie noch telefonischen Kontakt.
Mit Bescheid vom 11.05.2020 lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1), die Anerkennung als Asylberechtigte (Ziffer 2) und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3) ab, stellte das Fehlen von Abschiebungsverboten fest (Ziffer 4), drohte die Abschiebung in den Irak an (Ziffer 5) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate (Ziffer 6). Sie begründete die Ablehnung im Wesentlichen damit, dass die Terrormiliz "IS" seit ihrer Zurückdrängung aus der Provinz Ninive nicht mehr über Strukturen verfüge, die es ihr ermöglichten, yezidische Glaubenszugehörige systematisch im zu verfolgen, wie es Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung wäre. Auch finde im Irak keine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser Minderheiten durch staatliche Behörden statt. Ferner drohten der Klägerin keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen des im Irak bestehenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der festgestellte Grad willkürlicher Gewalt erreicht nicht das für eine Schutzgewährung erforderliche hohe Niveau, demzufolge jedem Antragsteller allein wegen seiner Anwesenheit im Konfliktgebiet ohne Weiteres subsidiärer Schutz gewährt werden müsste. Auch die allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage im Irak begründe kein Abschiebungsverbot. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin auch ohne nennenswertes Vermögen in der Lage sein werde, gegebenenfalls durch Gelegenheitsarbeiten, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen, sich damit zumindest ein Leben über dem Existenzminimum zu finanzieren und sich allmählich wieder in die irakische Gesellschaft zu integrieren. Sie könne zudem bei ihrer Rückkehr in die Republik Irak mit der Unterstützung ihrer Schwestern sowie ihrer im Ausland lebenden Angehörigen rechnen.
Die Zwillingsschwester der Klägerin J. stellte ebenfalls am 05.12.2019 einen Asylantrag bei der Beklagten. Für sie stellte die Beklagte mit Bescheid vom 03.08.2020 das Vorliegen eines Abschiebungsverbots hinsichtlich des Irak fest. Sie begründete die Feststellung damit, dass es sich bei der Schwester der Klägerin um eine junge, alleinstehende Frau handele, welche im Heimatland nicht mehr über schutzbereite, männliche Familienmitglieder verfüge. Ihre drei im Irak verbliebenen und in Flüchtlingscamps wohnhaften Schwestern und ihre Schwager seien aufgrund eigener schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse voraussichtlich nicht willens und in der Lage, sie aufzunehmen und für diese den notwendigen Schutz und Fürsorge erbringen zu erbringen. Zudem habe sie im Heimatland keinen Beruf erlernt. Die Tätigkeiten im Ausland als Schneiderin und Reinigungskraft blieben unberücksichtigt, da nicht zu erwarten stehe, dass sie diese mangels Familienstrukturen im Heimatdorf würde eigenständig anwenden können. Eine extreme Gefährdungslage läge damit darin begründet, dass unter Berücksichtigung der geschilderten Umstände die Schwester der Klägerin bei einer Rückkehr kaum in der Lage sein dürfte, angesichts der zurzeit herrschenden wirtschaftlichen Situation im Heimatland das dortige Überleben für sich auf absehbare Zeit zu sichern.
Der ältere Bruder der Klägerin K. reiste am 22.09.2020 nach Deutschland ein und stellte am 10.11.2020 einen Asylantrag bei der Beklagten. Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.03.2021 ab. Die Klage gegen den ablehnenden Bescheid ist beim Verwaltungsgericht Braunschweig unter dem Aktenzeichen 2 A 54/21 anhängig.
Die Klägerin hat am 21.05.2020 Klage gegen den Bescheid vom 11.05.2020 erhoben.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig und argumentiert, der "IS" sei in ihrer Heimatregion nach wie vor aktiv und die Türkei bombardiere die Region mit Kampfjets und Drohnen. Zudem sei ihrer Zwillingsschwester mit Bescheid vom 03.08.2020 ein Abschiebungsverbot zuerkannt worden. Ihr Heimatdorf sei nach wie vor unbewohnt und ihre zunächst im Irak verbliebenen Verwandten hätten mittlerweile auch das Land verlassen und lebten in der Türkei in einem Flüchtlingslager.
Die Klägerin beantragt,
ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irak bestehen, und den Bescheid der Beklagten vom 11.05.2020 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die elektronische Asylakte der Beklagten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Geschwister der Klägerin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Einzelrichterin (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 12.09.2023 teilgenommen hat, weil sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Folge hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 11.05.2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Klägerin steht im hier maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) ein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu.
Ein Ausländer ist Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Die Furcht vor Verfolgung ist im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ("real risk"), drohen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.10.2020 - 9 A 1980/17.A -, juris Rn. 32). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn sich die Rückkehr in den Heimatstaat aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen als unzumutbar erweist, weil bei Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände die für eine bevorstehende Verfolgung streitenden Tatsachen ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden Gesichtspunkte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23/12 -, juris; Urteil vom 05.11.1991 - 9 C 118/90 -, juris).
Bei einer Rückkehrprognose ist davon auszugehen, dass die Klägerin alleine in den Irak zurückkehren und sich dort voraussichtlich in eines der Flüchtlingslager in der Autonomen Region Kurdistan-Irak begeben würde.
Es kann bei realitätsnaher Betrachtung nicht mit der notwendigen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Mutter oder die erwachsenen Geschwister der Klägerin mit ihr gemeinsam in den Irak zurückkehren würden. Von einer gemeinsamen Rückkehr ist im Regelfall und bei Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte nur für Mitglieder der auch von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geschützten Kernfamilie (Eltern und minderjährige Kinder) auszugehen, wenn diese in tatsächlicher Lebensgemeinschaft leben. Dies gilt auch dann, wenn einzelnen Mitgliedern der Kernfamilie bereits ein Schutzstatus zuerkannt oder für sie nationaler Abschiebungsschutz festgestellt worden ist (BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 45/18 - juris Rn. 15). Ebenfalls kommt es für die Mitglieder der Kernfamilie nicht darauf an, ob die schützenswerte Lebensgemeinschaft erst im Bundesgebiet begründet worden ist (Nds. OVG, Urteil vom 14.03.2022 - 4 LB 20/19 -, juris Rn. 93). Die Klägerin ist indes weder minderjährig noch hat sie einen festen Lebenspartner oder eigene minderjährige Kinder.
Für sonstige Familienmitglieder, hier die Mutter und die erwachsenen Geschwister der volljährigen Klägerin, kann die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Regelvermutung gemeinsamer Rückkehr nicht gelten (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 21.02.2020 - W 10 K 19.31378 -, juris Rn. 49 f.; VG Wiesbaden, Urteil vom 17.11.2022 - 4 K 3363/17.WI.A -, juris). Für Verwandte außerhalb der Kernfamilie braucht es vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine Beistandsgemeinschaft im Herkunftsland tatsächlich gelebt werden und auf Dauer ausgerichtet sein wird. Steht die Rückkehr einer weiblichen Klägerin in eine patriarchalisch geprägte Gesellschaft wie hier in den Irak in Rede, braucht es bezüglich männlicher Verwandter zudem die hinreichende Gewissheit, dass diese bereit und imstande sind, die Verantwortung, d. h. zumindest zeitweilig die Rolle des "Versorgers" und dazu dauerhaft die Rolle des "Beschützers", für die Betroffene zu übernehmen. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn die männlichen Angehörigen bereits vor der Ausreise eine solche Schutzfunktion für die Betroffene wahrgenommen hatten und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihnen aufgrund veränderter tatsächlicher Umstände nunmehr die Bereitschaft oder die Fähigkeit dazu fehlt.
Was die Schwestern, die Mutter und den älteren Bruder G. der Klägerin betrifft, so spricht gegen eine gemeinsame Rückkehr in den Irak bereits, dass diese sämtlich entweder als international Schutzberechtigte anerkannt sind oder zumindest über ein Abschiebungsverbot hinsichtlich des Irak verfügen. Die Mutter und die Schwestern der Klägerin wären zudem nicht in der Lage, der Klägerin selbst Schutz zu bieten. Ihr Bruder G. hat in Deutschland eine eigene Familie und ist auch bereits drei Jahre vor der Klägerin nach Deutschland eingereist. Was den älteren Bruder K. der Klägerin angeht, dessen Schutzstatus noch ungeklärt ist (VG Braunschweig, 2 A 54/21), so reicht das gemeinsame Wohnen mit Geschwistern und Mutter im Haus der Familie in Lengede ebenfalls nicht aus, um anzunehmen, dass dieser willens und in der Lage sein wird, unabhängig vom Ausgang seines Verfahrens mit der Klägerin in den Irak zurückzukehren und dort auf Dauer die Aufgabe ihres männlichen Beschützers zu übernehmen. Zwar haben die Klägerin und ihr Bruder vor der Ausreise aus dem Irak im Jahr 2014 in familiärer Gemeinschaft gelebt. Allerdings war die Klägerin zum Zeitpunkt der Ausreise erst 16 Jahre alt und ihr Bruder 18 Jahre und bis zum Jahr 2016 fungierte der sodann verstorbene Vater der Klägerin als Familienoberhaupt. Daraus folgt, dass der Bruder der Klägerin bis heute noch nie die Verantwortung für seine Schwester hat übernehmen müssen. Hinzu kommt, dass beide auch nicht dauerhaft zusammengelebt haben, sondern dass die Klägerin bereits ein Jahr vor ihrem Bruder von der Türkei nach Deutschland eingereist ist.
Im Irak befinden sich nach den glaubhaften Angaben der Klägerin indes keine Familienangehörigen mehr, die sie im Falle einer Rückkehr aufnehmen würden. Insbesondere leben keine Verwandten der Klägerin mehr in ihrem Heimatdorf Dugure, sodass damit zu rechnen ist, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in Ermangelung an Alternativen eines der Flüchtlingslager in Kurdistan-Irak aufsuchen würde, in denen auch ihre Schwestern bis zu ihrer Ausreise aus dem Irak gelebt haben.
Basierend auf dieser Rückkehrprognose droht der Klägerin im Irak, auch unter Berücksichtigung individueller gefahrerhöhender Umstände, Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen ohne schutzbereite männliche Familienangehörige. Eine Gruppe gilt nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft. Diese Merkmale sind für die Gruppe der alleinstehenden Frauen im Irak erfüllt, weil sie von der irakischen Mehrheitsgesellschaft als andersartig wahrgenommen werden und diversen Verfolgungsmaßnahmen aufgrund dieser Zuschreibung ausgesetzt sind.
Allerdings lässt sich aufgrund der verfügbaren Erkenntnismittel nicht abschließend feststellen, ob speziell alleinstehenden Frauen im Irak eine Gruppenverfolgung im engeren Sinne nach den strengen Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts droht (so VG Hannover, Urteil vom 14.04.2023 - 12 A 4071/18 -, juris Rn. 21, VG des Saarlandes, Urteil vom 15.11.2022 - 6 K 323/21 -, juris Rn. 34; VG Augsburg, Urteil vom 18.11.2022 - Au 9 K 22.30990 -, juris Rn. 36; VG Greifswald, Urteil vom 16.02.2022 - 6 A 894/20 HGW -, juris S. 6 ff.; nicht ganz eindeutig: VG Bayreuth, Urteil vom 07.06.2022 - B 3 K 21.30696 -, juris S. 7 f.) oder ob nicht vielmehr eine Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit im Einzelfall aufgrund der individuellen Situation der jeweiligen Klägerin zu prüfen ist. Die Annahme einer Gruppenverfolgung setzt voraus, dass Verfolgungshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 23.12.2002 - 1 B 42/02 -, juris Rn. 5; Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158/94 -, juris Rn. 18). Die Prognose einer Einzelverfolgung, die neben anderen die Verfolgungsgefahr auslösenden Umständen auch die Zugehörigkeit zu einer dem Verfolger missliebigen Gruppe berücksichtigt, setzt demgegenüber nicht voraus, dass die Verfolgung von Angehörigen dieser Gruppe bereits eine Dichte erreicht hat, die die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigt. Für eine individuelle Verfolgungsbetroffenheit, die mit einer "Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit" begründet wird, gilt das Erfordernis der Verfolgungsdichte deshalb nicht (VG Hannover, Urteil vom 26.11.2021 - 12 A 11589/17 -, juris Rn. 32; BVerwG, Beschluss vom 22.02.1996 - 9 B 14/96 -, juris Rn. 4). Die nachfolgend aufgeführten, aktuellen Erkenntnismittel geben vorwiegend Auskunft über die schwierige Lage von Frauen im Irak im Allgemeinen und benennen das Fehlen eines männlichen "Beschützers" lediglich als gefahrerhöhendes Merkmal. Valide Statistiken über die Anzahl geschlechtsspezifischer Übergriffe auf alleinstehende Frauen in einem bestimmten Zeitraum existieren nach derzeitiger Kenntnis der Einzelrichterin nicht. Im Ergebnis kann die Frage der notwendigen Verfolgungsdichte aber offenbleiben, weil für die Klägerin jedenfalls angesichts der individuellen Umstände ihres Falles die beachtliche Gefahr einer Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe alleinstehender Frauen zu bejahen ist.
Während eines Großteils des 20. Jahrhunderts machten die Frauen im Irak erhebliche Fortschritte auf dem Weg zur Gleichberechtigung und erreichten relativ hohe Raten bei der Hochschulbildung und der Beschäftigung in Berufen und im öffentlichen Dienst. Viele dieser Fortschritte wurden in der zweiten Hälfte der Regierungszeit Saddam Husseins wieder zunichtegemacht. Seit der Militäraktion unter Führung der USA im Jahr 2003 führten bewaffnete Konflikte und das Wiedererstarken stammesbezogener und religiöser Einflüsse zu einer ernsthaften Verschlechterung der Lage der Frauen im Irak. Auch wenn die individuellen Umstände variieren, sind Frauen im gesamten Spektrum der irakischen Gesellschaft von Problemen wie einer hohen Rate häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt, einer geringen wirtschaftlichen Teilhabe, ungerechten Gesetzen, missbräuchlichen kulturellen Praktiken, dem Ausschluss von Entscheidungsprozessen und unzureichendem staatlichen Schutz betroffen (Australian Government Department of Foreign Affairs and Trade (DFAT), DFAT Country Information Report Iraq, 16.01.2023, S. 29).
Zwar ist in der irakischen Verfassung die Gleichstellung der Geschlechter festgeschrieben und eine Frauenquote von 25 % im Parlament (Autonome Region Kurdistan-Irak (RKI): 30 %) verankert. In politischen Entscheidungsprozessen spielen Frauen jedoch eine untergeordnete Rolle. Nur wenige Frauen nehmen Spitzenpositionen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft ein. Auf einfachgesetzlicher Ebene findet die verfassungsrechtlich garantierte Gleichstellung häufig keine Entsprechung. Defizite bestehen insbesondere im Familien-, Erb- und Strafrecht sowie im Staatsangehörigkeitsrecht. Die Stellung der Frau hat sich im Vergleich zur Zeit des Saddam-Regimes teilweise deutlich verschlechtert. Frauen sind im Alltag Diskriminierung ausgesetzt, die ihre gleichberechtigte Teilnahme am politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben im Irak verhindert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 28.10.2022, S. 11 f.). Die Bewegungsfreiheit von Frauen wird durch gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt. So hindert das Gesetz Frauen beispielsweise daran, ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters einen Reisepass zu beantragen oder ein Dokument zur Feststellung des Personenstands zu erhalten, welches für den Zugang zu Beschäftigung, Bildung und einer Reihe von Sozialdiensten erforderlich ist. Frauen wird überproportional häufig der Zugang zu Bildung und Teilnahme am Arbeitsmarkt verwehrt. Nur 14 % der Frauen sind erwerbstätig oder aktiv auf der Suche nach einem Arbeitsplatz, verglichen mit 73 % der Männer. Die Jugendarbeitslosigkeit bei Frauen und Mädchen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren wird auf etwa 63,3 % geschätzt (Stand 2017). Frauen, die nicht an der irakischen Arbeitswelt teilhaben, sind einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt, selbst wenn sie in der informellen Wirtschaft mit Arbeiten wie Nähen oder Kunsthandwerk beschäftigt sind (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation. Irak, 22.08.2022, S. 191; DFAT, DFAT Country Information Report Iraq, 16.01.2023, S. 30).
Alleinstehende Frauen sind in Irak, inklusive der Autonomen Region Kurdistan-Irak, gesellschaftlich kaum akzeptiert. Leben Frauen alleine, wird dies als unangemessen betrachtet, da sie keinen männlichen "Beschützer" haben. In der Folge werden sie häufig Opfer von (sexueller) Gewalt und Diskriminierung. Alleinstehende Frauen, die von ihrer Familie keine Unterstützung erfahren, sind hiervon besonders häufig betroffen, ebenso wie (Binnen-)Flüchtlinge (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderanalysen. Kurzinformation - Irak. Geschlechtsspezifische Gewalt, 01.05.2023, S. 5 f.; EUAA, Country Guidance: Iraq, 29.06.2022, S. 141). Während sexuelle Übergriffe, wie z. B. Vergewaltigung, sowohl gegen Frauen als auch gegen Männer strafbar sind, sieht Art. 398 des irakischen Strafgesetzbuches vor, dass Anklagen aufgrund von Vergewaltigung fallen gelassen werden können, wenn der Angreifer das Opfer heiratet. Dies gilt sowohl im Irak als auch in der Autonomen Region Kurdistan-Irak. Eine Bestimmung verhindert hierbei eine Scheidung innerhalb der ersten drei Ehejahre. Vergewaltigung innerhalb der Ehe stellt keine Straftat dar. Die Bemühungen irakischer Frauenrechtsorganisationen, das Parlament zur Verabschiedung eines Gesetzes zum Verbot geschlechtsspezifischer Gewalt zu bewegen, blieben bisher erfolglos (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation. Irak, 22.08.2022, S. 193).
Fälle von (tödlicher) geschlechtsspezifischer Gewalt kommen in ganz Irak, inklusive in der kurdischen Region, häufig vor (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes Irak, 26.06.2023, S. 4). 2020 wurden 30 Fälle von konfliktbezogener sexueller Gewalt durch bewaffnete Akteure, hauptsächlich gegen Frauen verzeichnet. In der RKI ist die Zahl der Frauenmorde gestiegen. Allein in den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 wurden in der RKI elf Frauen getötet, die meisten von ihnen durch Schüsse (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation. Irak, 22.08.2022, S. 193 f.). Landesweit soll im Jahr 2022 die Tötung von mindestens 150 Frauen mit dem Vorwand des "Ehrenmordes" gerechtfertigt worden sein (U. S. Department of State (USDOS), Iraq 2022 Human Rights Report, 20.03.2023, S. 51). Nach Ermittlungen des General Directorate for Combatting Violence Against Women (GDCVAW), einer Behörde des kurdisch-irakischen Innenministeriums, wurden im Jahr 2021 in Kurdistan-Irak 24 Frauen getötet, 26 Frauen begingen Selbstmord, 86 Frauen wurden verbrannt, 153 Frauen wurden sexuell belästigt und 13.259 Frauen berichteten über sonstige Gewalt gegen sie (Staatssekretariat für Migration Schweiz (SEM), Notiz Irak. Irakische Region Kurdistan - Gesetz gegen häusliche Gewalt, 09.02.2023, S. 7). Die Weltgesundheitsorganisation schätzte in einem Bericht aus 2022, dass 1,32 Millionen Menschen im Irak von verschiedenen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht sind, und mehr als 75 Prozent von ihnen sind Frauen und heranwachsende Mädchen (U. S. Department of State (USDOS), Iraq 2022 Human Rights Report, 20.03.2023, S. 51).
Flüchtlinge und Binnenvertriebene berichten von regelmäßiger sexueller Belästigung, sowohl in den Lagern als auch in den Städten. Nichtregierungsorganisationen berichten, dass das Sicherheitspersonal von Vertriebenenlagern weibliche Binnenvertriebene zu sexuellen Gefälligkeiten im Austausch für die Bereitstellung von Grundversorgungsleistungen aufforderte. Zu den Tätern sexuellen Missbrauchs gehören neben Lagerbewohnern und Personal manchmal auch Mitarbeiter von Hilfsorganisationen oder Behördenmitarbeiter (U. S. Department of State (USDOS), Iraq 2022 Human Rights Report, 20.03.2023, S. 54 ff.). Auch die Volksmobilisierungseinheiten (Popular Mobilization Forces, PMF) sollen häufig für die sexuelle Ausbeutung von Frauen in Vertriebenenlagern verantwortlich sein (EUAA, Country Guidance: Iraq, 29.06.2022, S. 74). Dabei ist zu beachten, dass sich Berichten zufolge die Truppenstärke der sogenannten Volksmobilisierungseinheiten innerhalb der letzten zwei Jahre verdoppelt hat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes Irak, 15.05.2023, S. 4). Insbesondere Frauen aus von Frauen geführten Haushalten in Binnenvertriebenenlagern sind sexueller Gewalt ausgesetzt, einschließlich Vergewaltigung und sexueller Ausbeutung durch Regierungstruppen und Lagerbewohner. Zudem greifen viele von ihnen auf negative Bewältigungsstrategien wie Sex zum Zwecke des Überlebens und frühe Heirat zurück (EUAA, Country Guidance: Iraq, 29.06.2022, S. 142).
Dementsprechend gab auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung an, dass sie sich aus Sicherheitsgründen nicht vorstellen könne, alleine in den Irak zurückzukehren. Wenn sie zurückkehren müsste, würde sie schnellstmöglich einen beliebigen irakischen Mann heiraten, um einen männlichen Beschützer zu bekommen, obwohl sie sich in Deutschland bewusst gegen eine baldige Heirat entschieden habe, um unabhängig zu bleiben und eine Ausbildung zur Krankenschwester abschließen zu können. Die Klägerin kann indes selbstverständlich nicht darauf verwiesen werden, zum Selbstschutz einen irakischen Mann zu heiraten, weil dies ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung gravierend verletzen würde. Auf Grundlage der aufgeführten Erkenntnisse ist demnach anzunehmen, dass die Befürchtungen der Klägerin berechtigt sind und ihr in einem irakischen Flüchtlingslager geschlechtsspezifische Verfolgung sowohl von Seiten staatlicher als auch nichtstaatlicher Akteure droht. Auch eine gewisse Gefahr einer Entführung und der Ausübung sexueller Gewalt durch Angehörige des sog. "Islamischen Staates" besteht nach wie vor, wenn auch nicht mehr in dem Maße wie vor der militärischen Niederlage der Terrormiliz (EUAA, Country Guidance: Iraq, 29.06.2022, S. 77). Für die Klägerin tritt als gefahrerhöhender Umstand hinzu, dass sie der Volksgruppe der Yeziden angehört. Die Yeziden waren in ihren traditionellen Siedlungsgebieten des Nordirak seit Sommer 2014 durch den Vormarsch der Terrororganisation "Islamischer Staat" systematischer Verfolgung allein wegen ihres Glaubens ausgesetzt, vor der sie weder hinreichenden Schutz von Seiten des irakischen Staates noch seitens schutzbereiter Organisationen erhielten. Im Rahmen der gezielten Verfolgung von yezidischen Glaubenszugehörigen durch den sog. "Islamischen Staat" wurden zwischen 30.000 und 40.000 Yeziden aus ihrem Stammland um Sindschar vertrieben. Tausende Yeziden wurden im Rahmen des Vormarsches des "Islamischen Staates" in ihren Dörfern in der Provinz Ninive getötet oder gefangengenommen. Es kam zu Zwangskonversion, Massenvertreibungen und -hinrichtungen sowie Verschleppungen und sexueller Gewalt, insbesondere gegen Frauen und Kinder (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 12.02.2018). Aktuellen Medienberichten ist zu entnehmen, dass die Ressentiments gegen Yeziden im Irak teilweise wieder zunehmen. Im April 2023 verbreiteten Hetzprediger die Falschnachricht, Yeziden hätten in Sindschar eine Moschee angezündet. Im Internet diskutierten muslimische Extremisten Angriffe auf Flüchtlingscamps und drohten mit einem neuen Völkermord (Berliner Morgenpost, Junge Jesiden im Irak: Es bleibt nur das Elend - oder Europa, 03.08.2023, https://www.morgenpost.de/politik/article239088167/jesiden-irak-terror-islamischer-staat-shingal.html). Sexuelle Gewalt gegen Mitglieder der yezidischen Gemeinschaft wird aufgrund der Angst vor Repressalien, der Stigmatisierung, des Fehlens von Diensten und der anhaltenden Sicherheitsbedenken nach wie vor nur in den wenigsten Fällen angezeigt. Die Vertriebenenlager sind insofern Orte mit erhöhtem Risiko (EUAA, Country Guidance: Iraq, 29.06.2022, S. 121).
Demnach ist der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen und die Ziffer 1) des Bescheides aufzuheben, da sie dem entgegensteht. Somit besteht für eine weitere Entscheidung über die Zuerkennung subsidiären Schutzes oder die Feststellung von Abschiebungsverboten kein Anlass mehr. Der Bescheid war auch insoweit aufzuheben.