Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 25.01.2006, Az.: 11 A 3618/05

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
25.01.2006
Aktenzeichen
11 A 3618/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 44758
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2006:0125.11A3618.05.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 21.02.2008 - AZ: 11 LC 74/06

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Schiedsstelle für den Rettungsdienst des Landes Niedersachsen (§ 18 NREttDG) steht grds. kein gerichtlicher Überprüfung entzogener Beurteilungsspielraum zu. Ihr verbleibt lediglich in Detailfragen (Berechnungsmodalitäten) eine eng bemessene Einschätzungsprärogative (siehe auch Urteil der Kammer vom 25. Januar 2006 - 11 A 3611/05).

  2. 2.

    Hat die Schiedsstelle wegen der unzutreffenden Beantwortung einer Vorfrage über einen Schiedsstellenantrag in der Sache noch nicht entschieden, ist deshalb das Gericht nicht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt die fraglichen Kosten des Rettungsdienstes zu ermitteln. In diesem Fall ist die Schiedsstelle vielmehr zur Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) zu verpflichten.

  3. 3.

    Bei der Ermittlung der dem Rettungsdienst zuzurechnenden Kosten der im Krankenhaus tätigen Notärzte kann im Hinblick auf die insoweit zulässigen Pauschalierungen auf Gutachten, die hinsichtlich eines anderen Rettungsdienstträgers erstellt worden sind, zurückgegriffen werden.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Träger des Rettungsdienstes. Sein Beauftragter ist u.a. die Gesellschaft Rettungsdienst Friesland, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter der Kläger und zwei DRK-Kreisverbände sind.

2

Seit dem 1. Januar 1993 wird die notärztliche Versorgung des bodengebundenen Rettungsdienstes bei dem Notarztstandort Sanderbusch durch die F.-Kliniken (früher und heute wieder: Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch) gewährleistet. Die F.-Kliniken waren bis zum 31. Dezember 2004 ein Eigenbetrieb des Klägers.

3

Grundlage der notärztlichen Versorgung war eine Vereinbarung zwischen dem o.g. Beauftragten des Klägers und dem Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch. Deren Inhalt lautet im Wesentlichen wie folgt:

4

"1. Die Bereitstellung von ärztlichem Personal für die Sicherstellung der notärztlichen Versorgung sowie der Aus- und Fortbildung des Rettungsdienstpersonals des bodengebundenen Rettungsdienstes für die Einzugsbereiche der Rettungswachen Jever und Sande vom Standort der Rettungswache Sande aus wird vom NWK ab 01.01.1993 sichergestellt.

5

2. Das NWK gewährleistet, dass das vom Rettungsdienst vorgehaltene Notarzteinsatzfahrzeug zu jeder Zeit unverzüglich und unmittelbar mit einer entsprechend qualifizierten Notärztin oder einem Notarzt besetzt wird. - Die Alarmierung erfolgt über Funkmeldeempfänger.

6

3. Der Rettungsdienst gewährleistet den Abschluss einer entsprechenden Fahrzeug- und Insassenversicherung, die dem eingesetzten Personal den größtmöglichen Versicherungsschutz nach den geltenden Regelungen des Kommunalen Schadensausgleich Hannover gewährt.

7

4. Der Rettungsdienst erstattet dem NWK für die Sicherstellung dieses Aufgabenbereichs für 1993 Personalkosten für insgesamt 2,2 Ärzte. Grundlage für diese Berechung ist ein Gutachten der Wirtschafts- und Beratungsgesellschaft mbH (WRG), Gütersloh. Da die Bedarfsplanung für den Rettungsdienstbereich und den Bereich des qualifizierten Krankentransportes im Landkreis Friesland z.Z. noch von den Kostenträgern des Rettungsdienstes bestritten wird, kann diese Erstattungsregelung zunächst nur für die Jahre 1993 und 1994 gelten.

8

Über diese ggf. erforderliche gerichtliche Entscheidung hinaus können sich aber künftig aufgrund steigender Auslastungen dieses Notarztdienstes Verschiebungen in der dienstlichen Verfügbarkeit des ärztlichen Personals ergeben, die zwangsläufig zu einer Neubewertung der Entschädigungsanteile führen. Entsprechende Aufzeichnungen können jeweils von der einheitlichen Leitstelle des Landkreises Friesland zur Auswertung zur Verfügung gestellt werden.

9

Die Vertragsparteien werden die in Zukunft entweder im Verhandlungswege zwischen dem Landkreis Friesland und den Kostenträgern oder aufgrund einer schiedsrichterlichen oder gerichtlichen Entscheidung verbindlich festgelegten Erstattungsregelungen akzeptieren. Sie werden nach Auswertung der Aufzeichnungen unter Anwendung der vorgegebenen Erstattungsregelungen und einer entsprechenden Bedarfsberechnung jährlich für das laufende Jahr die Erstattungsanteile gemeinsam abstimmen.

10

5. Diese Vereinbarung gilt zunächst für die Dauer der Jahre 1993 und 1994. Sie verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn sie nicht drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Jahres schriftlich gekündigt wird."

11

Mit Schreiben vom 25. Februar 2003 baten die F.-Kliniken den Kläger um eine einvernehmliche Aufhebung der Vertrages zum 30. Juni 2003. Diese wurde am 16. November 2004 zwischen dem o.g. Beauftragten des Klägers und den F.-Kliniken zum 31. Dezember 2004 vereinbart.

12

Für die Jahre 2003 und 2004 haben der Kläger und die Beigeladenen am 22. Januar und 10. Juni 2004 Entgeltvereinbarungen geschlossen. Eine abschließende Einigung über die Kosten der notärztlichen Versorgung am Notarzteinsatzstandort Sanderbusch konnte jedoch für diese Zeiträume nicht erzielt werden. Die Beigeladenen haben als Fortschreibung der bisher vereinbarten Beträge anhand der Grundlohnsummensteigerung für das Jahr 2003 150  000 € und für das Jahr 2004 152  500 € akzeptiert.

13

Am 6. August 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten u.a., die Beigeladenen zu verpflichten, für die Vorhaltung von Notärzten am Notarztstandort Sanderbusch im Jahr 2003 265  834 € und für das Jahr 2004 269 826,47 €, mindestens jedoch jeweils 247 000 € anzuerkennen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden: In den F.-Kliniken erfolge der notärztliche Einsatz lediglich durch Anästhesisten. Deren Einsatzmöglichkeiten im Krankenhaus seien während der Notarztbereitschaft erheblich eingeschränkt. Diese könnten keine Operationen durchführen und seien daher während der Arbeitszeiten planbar nicht einzusetzen. Das Krankenhaus sei deshalb gezwungen, 4,5 Arztstellen für den Rettungsdienst einzusetzen. Es müssten dabei das Arbeitszeitgesetz und die Regelungen des BAT berücksichtigt werden. Selbst wenn man, wie in der Vereinbarung mit den F.-Kliniken festgelegt, dem Rettungsdienst nur 2,2 Arztstellen zuordnen würde, würde sich bei Anwendung des BAT der geltend gemachte Betrag ergeben.

14

Die Beigeladene zu 1) hat erklärt, dass die Kostenträger für das Jahr 2004 bereit seien, 166 022,06 € anzuerkennen. Für 2003 bleibe es bei der bisherigen Regelung, weil die Schiedsstelle erst nach der Entgeltvereinbarung für 2004 angerufen worden sei. Zu diesen Zeitpunkt seien die Ist-Kosten für 2003 bereits einvernehmlich festgesetzt gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger keinen weiteren Betrag an die F.-Kliniken gezahlt. Im Übrigen verkenne der Kläger, dass er nicht verpflichtet sei, die komplette ärztliche Leistung zu refinanzieren, da die Ärzte nur zum Teil für den Rettungsdienst tätig werden würden. In der anderen Zeit seien sie in der Klinik einsetzbar. Der erwähnte Betrag für das Jahr 2004 ergebe sich aus einer Anwendung eines Gutachtens der Forplan Forschungs- und Planungsgesellschaft für das Rettungswesen mbH vom 30. März 1999 betr. den Landkreis Aurich. Dessen Ergebnisse seien auf jedes Notarztsystem in Niedersachen übertragbar. Es sei zudem darauf hinzuweisen, dass der Kläger für die Luftrettung im Jahre 2004 lediglich 97 400 € geltend gemacht habe, obwohl auch dort Notärzte rund um die Uhr vorzuhalten seien.

15

Mit Schiedsspruch der Beklagten vom 20. September 2004, zugestellt am 11. Oktober 2004, wurden u.a. die Anträge des Klägers betreffend die Plankosten für Notärzte in Sanderbusch mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass für das Jahr 2004 166 022,06 € anzusetzen seien. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden: Es sei unerheblich, ob in Zukunft eine andere Bewertung der Vergütung der Notarzteinsätze der F.-Kliniken erforderlich sei. Maßgeblich sei, dass der Vertrag zwischen dem Beauftragten des Klägers und den F.-Kliniken für die Jahre 2003 und 2004 noch verbindlich sei. Dieser sei für die hier streitigen Zeiträume weder aufgehoben noch gekündigt worden.

16

Am 3. November 2004 hat der Kläger Klage erhoben.

17

Er trägt im Wesentlichen vor: Der Vertrag zwischen der Gesellschaft Rettungsdienst Friesland und dem Nordwest-Krankenhaus stehe einer höheren Erstattung der Notarzteinsätze nicht entgegen. Dieser regele die Übernahme der anteiligen Kosten lediglich hinsichtlich der Jahre 1993 und 1994. Für die weitere Zeit ermögliche die Vereinbarung dagegen eine Anpassung der Leistungen. Die notärztlichen Tätigkeiten sollten dem Krankenhaus entsprechend der Erstattungsfähigkeit durch die Kostenträger vergütet werden. Letztlich sei vereinbart, sie in dem Umfang, in dem sie bei wirtschaftlicher Betriebsführung anfielen, zu übernehmen. Weder der Kläger noch die Beigeladenen seien bei den Entgeltvereinbarungen davon ausgegangen, dass eine Anpassung ausscheide, weil der Vertrag nicht förmlich gekündigt worden sei. Nr. 4 des Vertrages sehe für jeden Zeitraum einvernehmliche Regelungen vor. Die vertraglichen Vereinbarungen seien damit eine Ausprägung des Grundsatzes des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Diese sei auch im Hinblick auf die Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof zur Arbeitszeitrichtlinie anzunehmen. Chefarzt Dr. V habe gegen ihn, den Kläger, bereits arbeitsgerichtlich eine höhere Zahl von Abteilungsarztstellen durchgesetzt. Außerdem seien Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst stets unberücksichtigt geblieben. Es sei lediglich eine Grundlohnsummensteigerung eingerechnet worden. Die geltend gemachten Mehrkosten seien ihm, dem Kläger, auch tatsächlich entstanden, da er Träger der F.-Kliniken gewesen sei.

18

Selbst wenn man als Berechnungsgrundlage lediglich die im Vertrag vorgesehenen 2,2 Arztstellen zu Grunde lege, ergebe sich, wie aus der Darlegung im Schiedsstellenverfahren ersichtlich, der nunmehr geltend gemachte Betrag. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass in den F.-Kliniken lediglich Anästhesisten als Notärzte tätig werden würden. Diese seien zu 70 % der Zeiten im Operationsdienst und deshalb als Notärzte nicht einsetzbar. Lediglich 30 % der Tätigkeit bestünden aus Aufklärungsgesprächen, Prämedikationsvisiten, Schmerztherapien und Schriftverkehr. Daher seien diese bei einer Notarztbereitschaft auch während der regelmäßigen Arbeitszeit nur in geringem Umfang für den Krankenhausbetrieb einsetzbar. Ein dienstplanmäßige Einteilung eines Arztes, der für die Notfallrettung eingeteilt sei, sei daher praktisch nicht möglich. Es sei unrealistisch, dass sich Ärzte nach Notfalleinsätzen nahtlos in die Krankenhaustätigkeit einfügen könnten. Einschließlich der Regie- und Verwaltungskostenanteile ergebe sich pro Arztstelle etwa ein Aufwand von 107 000,-- € im Jahr. Die durchschnittlichen Arztkosten betrügen nach KGSt. pro Stelle 97 320,-- €.

19

Dass von der Beigeladenen zu 1) angesprochene Gutachten der F. GmbH betreffe den Landkreis Aurich und sei auf ihn, den Kläger, nicht übertragbar. Es beruhe auf den arbeitszeitrechtlichen Grundlagen des Jahres 1999 und sei vor den maßgeblichen Entscheidungen des EuGH zur Arbeitszeitrichtlinie erstellt worden. Darüber hinaus sei bei den Berechnungen der Beigeladenen zu 1) zu beachten, dass neben der Dauer der Einsatzzeit von 58 Minuten auch ein Mehraufwand durch die Begleitung der Patienten in das Krankenhaus bzw. die Übergabe an behandelnde Ärzte entstehe. Darüber hinaus seien weitere Vor- und Nachbereitungszeiten zu berücksichtigen, so dass sich letztlich Abwesenheitszeiten von knapp 124 Minuten ergäben. Als Nettojahresarbeitszeit seien auch lediglich 1 586 Stunden anzusetzen. Die durchschnittliche Vergütung in Höhe von 65 042,28 €, die die Kostenträger anerkannt hätten, gäben nicht die Kosten eines Anästhesisten wieder. Mindestens seien Gehälter von 73 993,33 € bzw. 75 477,93 € zu berücksichtigen.

20

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, die Beigeladenen zu verpflichten, als Kosten für die Vorhaltung von Notärzten für die Notfallrettung am Notarztstandort Sanderbusch bei den F.-Kliniken für das Jahr 2003 265  834 € (weitere 115 834 €) und für das Jahr 2004 269 826,47 € (weitere 103 804,41 €) anzuerkennen und den Schiedsspruch der Beklagten vom 20. September 2004 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

21

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

22

Sie erwidert im Wesentlichen: Die Vereinbarung zwischen dem Beauftragten für den Rettungsdienst und den F.-Kliniken habe für 2003 und 2004 noch Bestand gehabt, wie sich aus den Kündigungsregelung in Nr. 5 des Vertrages ergebe. Eine solche einseitige Vertragsbeendigung sei nicht ausgesprochen worden. Die Ausführungen des Klägers zum Wegfall der Geschäftsgrundlage seien daher ohne rechtliche Bedeutung. Es handele sich um einen gültigen Vertrag zwischen zwei rechtlich selbständigen Persönlichkeiten. Der Kläger müsse sich insoweit an der von ihm selbst gewählten rechtlichen Konstruktion festhalten lassen. Darüber hinaus habe der Kläger noch nicht einmal dargelegt, dass die rechtlich selbständigen F.-Kliniken tatsächlich höhere Personalkosten in Rechnung gestellt hätten und diese von dem Kläger erstattet worden seien. Es werde unzutreffend unterstellt worden, dass der Kläger selbst die Notarztversorgung vorhalte. Fiktive Personalkostenberechnungen seien daher ohne Bedeutung. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die F.-Kliniken selbst gegenüber dem Kläger lediglich Notarztkosten in Höhe von 55 000 € pro Arzt und Jahr angesetzt hätten, was bei 2,2 Stellen lediglich einen Betrag von 121 000 € ergebe. Die Personalkostenberechnungen seien zudem wegen der Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Insofern sei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Schiedsstelle nach § 94 BSHG entsprechend anwendbar.

23

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

24

Die Beigeladene zu 1) hat im Wesentlichen ausgeführt: Der Vertrag zwischen dem Beauftragten des Klägers und den F.-Kliniken sei für 2003 und 2004 rechtlich bindend. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei nicht festzustellen. Der Kläger habe bei der Schiedsstellenverhandlung eingeräumt, die Kündigung des Vertrages versäumt zu haben. Es bestünden somit vertraglichen Beziehungen zwischen dem rechtlich eigenständigen Beauftragten des Rettungsdienstes und dem Krankenhaus. Der Kläger gehe unzutreffend davon aus, dass die Notärzte nur für den Rettungsdienst eingesetzt würden. Die rettungsdienstliche Auslastung betrage nach Berechnungen anhand des F.-Gutachtens vom 30. März 1999 lediglich zwischen 11 und 12 %. Es müsse zudem von der Klinik geprüft werden, ob neben den Anästhesisten auch andere Ärzte für den Notarztdienst herangezogen werden könnten. Die Höhe der in den Berechnungen angesetzten durchschnittlichen Kosten für einen Arzt entsprächen den von dem Kläger gemachten Angaben. Ggf. müssten die Gehaltskonten der Notärzte der F.-Kliniken geprüft werden. Auffällig sei schließlich, dass die Kosten für die Notärzte im Laufe des Verfahrens immer höher geworden seien. Die von dem Kläger angesetzten Gemeinkosten seien nicht als Personalkosten zu berücksichtigen.

25

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

26

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beigeladenen verpflichtet, die im Klageantrag geltend gemachten Kosten für die notärztliche Versorgung durch die F.-Kliniken anzuerkennen. Die Beklagte ist aber verpflichtet, insoweit über den Schiedsantrag des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

27

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 NRettDG vereinbart der Träger des Rettungsdienstes mit den Kostenträgern privatrechtliche Entgelte für seine Leistungen des Rettungsdienstes. Zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Trägern des Rettungsdienstes und den Kostenträgern ist gem. § 18 NRettDG die Beklagte eingerichtet worden. Deren Entscheidung ist an § 15 Abs. 1 Sätze 3 und 4 NRettDG zu messen. Danach muss die Summe der Entgelte die Gesamtkosten des Rettungsdienstes decken. Dabei sind einschränkend allerdings nur die Kosten eines wirtschaftlich arbeitenden Rettungsdienstes zu berücksichtigen. Dem entspricht es, nur die als notwendig anzusehenden Aufwendungen einzurechnen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 7. Dezember 2005 - 11 LC 91/04 -).

28

Bei Anwendung dieser Grundsätze stehen (1.) der von dem Kläger geltend gemachten Berechnung der Notarztkosten bei den F.-Kliniken weder die Vereinbarung zwischen der Gesellschaft Rettungsdienst Friesland und dem Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch noch andere Gründe entgegen. In Anbetracht eines begrenzt anzuerkennenden Beurteilungsspielraumes der Beklagten muss (2.) die Höhe der von den Beigeladenen zu berücksichtigenden Kosten der notärztlichen Versorgung in Sanderbusch von der Beklagten noch ermittelt werden. Soweit die Beklagte hierbei eine Berechnung in Anlehnung an das Gutachten der F. GmbH betreffend den Landkreis A. vom 30. März 1999 zu Grunde legen sollte, wären hierbei (3.) einige Maßgaben zu beachten.

29

1. Der Vertrag zwischen dem Träger des Rettungsdienstes und den F.-Kliniken trifft bei verständiger Würdigung nach dem sog. verobjektivierten Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) für die Jahre 2003 und 2004 keine abschließende Regelung über die Höhe der dem Krankenhaus zu erstattenden Notarztkosten. Die fehlende Kündigung (Ziff. 5 des Vertrages) steht deshalb der Anerkennung der insoweit von dem Kläger geltend gemachten Beträge nicht entgegen.

30

In Ziffer 1 und 2 der Vereinbarung ist geregelt, dass das Krankenhaus grundsätzlich verpflichtet ist, Personal für die notärztliche Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ziffer 3 betrifft den Versicherungsschutz für die Rettungswagen und die Notärzte. Ziffer 4 sieht vor, dass der Rettungsdienst dem Krankenhaus deshalb die Personalkosten für 2,2 Ärzte erstattet. Ausdrücklich wird jedoch in Absatz 1 der Ziffer 4 angeführt, dass diese Quote zunächst lediglich für die Jahre 1993 und 1994 gelten soll. Absatz 2 der Ziffer 4 bestimmt darüber hinaus, dass auf Grund einer steigenden Auslastung eine Neubewertung der Entschädigungsanteile erfolgen könne. In Absatz 3 ist schließlich geregelt, dass sich in Zukunft die Erstattung der Notarztkosten nach den Vereinbarungen des Klägers und der Kostenträger bzw. den Bestimmungen in einem Schiedsspruch oder einer gerichtlichen Entscheidung richten soll. Es solle dann eine gemeinsame jährliche Abstimmung auf Basis dieser Erstattungsregelung und einer entsprechenden Bedarfsberechnung erfolgen.

31

In Ziffer 4 ist mithin ersichtlich eine flexible Regelung über die Erstattung der Kosten der Notarztgestellung getroffen worden. Mit Ausnahme der Jahre 1993 und 1994 ist eine abschließende Bestimmung nicht festzustellen. Letztlich sollte den F.-Kliniken das erstattet werden, was dem Kläger insoweit bei den Entgeltvereinbarungen mit den Kostenträgern bzw. einem anschließenden Schiedsstellen- oder gerichtlichen Verfahren zugestanden wird. Es sollten damit für jedes Jahr die wirtschaftlichen und notwendigen Kosten (§ 15 Abs. 1 Sätze 3 und 4 NRettDG) der Notarzteinsätze berücksichtigt werden. Der Vertrag hing mithin lediglich hinsichtlich des "Ob" einer Notarztgestellung (Ziff. 1 bis 3) von der Kündigung innerhalb der in Ziff. 5 vorgeschrieben Frist ab, während bezüglich der Höhe der hierfür nach 1994 zu erstattenden Kosten eine jederzeitige Anpassung möglich sein sollte.

32

Der Festsetzung von höheren statt der bisher von den Beigeladenen akzeptierten Kosten steht auch nicht entgegen, dass die F.-Kliniken dem Beauftragten des Klägers für den Rettungsdienst möglicherweise keine höheren Beträge in Rechnung gestellt haben. Denn die F.-Kliniken sind im hier maßgeblichen Zeitraum ein Eigenbetrieb des Klägers gewesen und waren damit gem. § 108 Abs. 2 Nr. 1 NGO, § 65 NLO rechtlich nicht selbständig. Die Kosten des Krankenhauses für die Notärzte sind damit dem Kläger selbst entstanden.

33

Dass der Schiedsantrag betreffend das Jahr 2003 erst im Folgejahr gestellt worden ist, ist unerheblich, da ein Schiedsspruch auch für bereits abgelaufene Zeiträume getroffen werden kann (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. März 2000 - 11 L 458/99 -). Ferner ergibt sich aus § 1 der Entgeltvereinbarung für 2004 vom 10. Juni 2004, dass weiterhin keine Einigkeit über die Notarztkosten des Jahres 2003 erzielt werden konnte, so dass auch für 2004 nur eine vorläufigen Regelung getroffen worden ist. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Rahmen der Entgeltverhandlungen 2004, bei denen auch die Ist-Kosten für das Vorjahr vereinbart wurden, auf ein Schiedsstellenverfahren betreffend das Jahr 2003 verzichtet hat.

34

2. Das Gericht ist nicht verpflichtet, die Höhe der Notarztkosten in den fraglichen Jahren selbst zu bestimmen, sondern die Beklagte hat insoweit eine erneute Entscheidung zu treffen.

35

Insoweit ist mit der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 7. November 1997 - 7 L 7458/95 -), der die Kammer folgt, davon auszugehen, dass der Beklagten ein der gerichtlichen Überprüfung entzogener Beurteilungsspielraum grundsätzlich nicht zuzubilligen ist. Der Kostendeckungsgrundsatz nach § 15 Abs. 1 Satz 3 NRettDG ist ein grundsätzlich (§ 5 Abs. 1 Satz 2 NKAG, § 3 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG) im Ansatz voller gerichtlicher Kontrolle unterliegender Rechtsbegriff. Die Wirtschaftlichkeit des Rettungsdienstes (§ 15 Abs. 1 Satz 4 NRettDG) markiert lediglich dessen rechtliche Grenze. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Februar 2002 - 5 C 25.01 - BVerwGE 116, 7885; Urteil vom 1. Dezember 1998 - 5 C 17.97 - BVerwE 108, 4752 f.) zur Schiedsstelle nach § 94 BSHG ist hierauf nicht übertragbar. Bei den Vereinbarungen zwischen dem Träger einer Einrichtung und dem Träger der Sozialhilfe nach § 93 Abs. 2 BSHG besteht mehr Spielraum als dies nach den erwähnten Regelungen des NRettDG der Fall ist. Nach § 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG ist lediglich zu beachten, dass die Vereinbarungen den "Grundsätzen" der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit zu entsprechen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht ein Beurteilungsspielraum auch bei der behördlichen Genehmigung von Schiedsstellensprüchen nach § 18 Abs. 4 KHG nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1984 - 3 C 45.81 - NJW 1984, 26482649)

36

Die im Ansatz volle gerichtliche Überprüfung des Schiedsstellenspruches führt jedoch auch nach der angeführten Entscheidung des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 7. November 1997 (a.a.O.) nicht dazu, dass das Gericht verpflichtet wäre, jegliche Spielräume der Beklagten außer Acht zu lassen. Die Beklagte muss nämlich bei ihrer Festsetzung nicht genauer sein als eine Satzung nach § 16 NRettDG bzw. eine Vereinbarung gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 NRettDG. Hierbei sind, schon weil es sich um Prognoseentscheidungen handelt, überschlägige Betrachtungen und Wertungen notwendig, die sich der Natur der Sache nach einer vollständigen gerichtlichen Beurteilung entziehen und nur auf ihre Vertretbarkeit zu untersuchen sind. Dies entspricht auch einer sachgerechten Aufgabenverteilung zwischen der mit sachkundigen Personen besetzten Schiedsstelle (§ 18 Abs. 2 NRettDG) und dem Verwaltungsgericht, welches den Schiedsspruch anhand der erwähnten rechtlichen Maßstäbe nachvollziehen, aber grds. keine eigenen Schätzungen und Bewertungen in Detailfragen vornehmen soll (vgl. dazu auch: BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 ff.). Der der gerichtlichen Überprüfung entzogene Spielraum ist damit aber nur eng bemessen. Die grundsätzliche Bewertung, ob Kosten als wirtschaftlich anzusehen sind, ist uneingeschränkt justiziabel. Entsprechendes gilt auch für die Höhe der Kosten, soweit es sich hierbei um Grundfragen handelt. Ein Spielraum der Beklagten besteht dagegen bei der Bestimmung einzelner Berechnungsmodalitäten.

37

Vor diesem rechtlichen Hintergrund war die Beklagte zur Neubescheidung des Schiedsantrages des Klägers zu verpflichten, da sie sich auf Grund ihrer Auffassung, dass der Vertrag des Beauftragten des Klägers mit den F.-Kliniken entgegenstehe, ausdrücklich über die als Kosten des Rettungsdienstes zu berücksichtigenden Aufwendungen für die Notärzte an den F.-Kliniken nicht geäußert hat.

38

Die Schiedsstelle hätte in rechtlich vertretbarer Weise nämlich mehrere Möglichkeiten, die Kosten, die dem Rettungsdienst zuzuordnen sind, festzustellen. Zum einen könnte eine gutachterliche Ermittlung an Hand der konkreten Verhältnisse in den F.-Kliniken erfolgen, wie sie von der Beklagten etwa betreffend den Landkreis Aurich in Auftrag gegeben wurde. Zum anderen wäre es nach Auffassung der Kammer aber auch rechtlich zulässig, wie von der Beigeladenen zu 1) vorgebracht, auf das Gutachten der F. GmbH vom 30. März 1999 betreffend den Landkreis Aurich zurückzugreifen und die hierbei gewonnenen Erkenntnisse unter Berücksichtigung von einzelnen Besonderheiten auf den Kläger zu übertragen. Dies entspricht der Erkenntnis, dass es unter Beachtung des Prognosecharakters eines Schiedsstellenspruchs und unter Praktikabilitäts- und Kostengesichtspunkten nicht sachgerecht erscheint, für jedes Notarztsystem der verschiedenen Rettungsdienstträger ein gesondertes kostenintensives Gutachten einzuholen. Ohne dem werden zwar die tatsächlichen Kosten der Notarzteinsätze nicht abschließend festgestellt, jedoch an Hand empirischer Untersuchungen gewonnene Erkenntnisse zu Grunde gelegt, die den wirklichen Verhältnissen nahe kommen. In der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (a.a.O.) ist geklärt, dass die Heranziehung von Gutachten betreffend andere Rettungsträger möglich ist, sofern sich nicht signifikante Abweichungen ergeben. Schließlich wird die Beklagte auch darüber hinaus zu prüfen haben, ob es noch weitere Modelle gibt, die eine sachgerechte Aufteilung der Arztkosten zwischen Krankenhaus und Rettungsdienst gewährleisten.

39

Das Gutachten der F. GmbH vom 30. März 1999 ist nach Auffassung der Kammer sachgerecht und kann grds. auf die Verhältnisse an den F.-Kliniken übertragen werden. Die hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers greifen nicht durch.

40

Soweit der Kläger vorträgt, dass auch während der regelmäßigen Arbeitszeit von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr (montags bis donnerstags) bzw. 7.30 Uhr bis 14.30 Uhr (freitags) - für die übrigen Zeiten des Bereitschaftsdienstes ist nicht streitig, dass ein Einsatz für das Krankenhaus nicht möglich ist (vgl. auch Gutachten F. GmbH vom 30. März 1999, S. 22 f.) - ein Einsatz der Notärzte im Klinikbetrieb nur in geringem Umfang möglich sei, so dass deren Kosten zu einem ganz überwiegenden Teil dem Rettungsdienst zuzuordnen seien, überzeugt dies das Gericht nicht. Nach dem hier noch maßgeblichen Bundesangestellten-Tarifvertrag, SR 2 c, Nr. 3, Abs. 2 Satz 1, obliegt es den Klinikärzten als Haupttätigkeit auch, am Rettungsdienst in Notarztwagen und Hubschraubern teilzunehmen. Nach dem fraglichen F.-Gutachten betreffend den Landkreis Aurich (S. 21 f.) waren an den dortigen Krankenhäusern während der regelmäßigen Arbeitszeit lediglich etwa 26 % der Tätigkeit rettungsdienstbezogen. In den übrigen Zeiten konnten diese Ärzte für das Krankenhaus tätig sein und etwa Prämedikationsvisiten, sowie Verwaltungs-, Stations- und andere Routinetätigkeiten wahrnehmen, so dass es sich um eine typische Mischtätigkeit handelt (vgl. a.a.O., S. 10). Es ist daher für das Gericht kein durchgreifender Grund erkennbar, dass sich dies bei den F.-Kliniken anders darstellt. Im Gegenteil sind nach den Berechnungen der Beigeladenen zu 1) die Anteile, die den Rettungsdienst betreffen, im Falle der F.-Kliniken geringer (zwischen 11 und 12 %). Soweit der Kläger vorträgt, dass für den Notdienst lediglich Anästhesisten eingesetzt würden, die nur wenige Möglichkeiten hätten, während der Notarztbereitschaft im normalen Krankenhausdienst eingesetzt zu werden, überzeugt dies die Kammer nicht. Nach den obigen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen ist eine solche Verteilung der Notarzteinsätze nicht notwendig und damit nicht wirtschaftlich im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 4 NRettDG ist. Die F.-Kliniken müssen vielmehr auch andere Mediziner ihres Hauses heranziehen, deren Aufgaben im Krankenhaus sich einfacher mit denen der Notfallrettung vereinbaren lassen.

41

Im Übrigen berücksichtigt das erwähnte Gutachten der F. GmbH in angemessener Weise, dass der Übergang zwischen dem Notarzteinsatz und der Tätigkeit im Krankenhaus nicht ohne Zeitverlust möglich ist. Es sind dort Nachbereitungs- und Wechselzeiten in Rechnung gestellt worden (a.a.O., S. 19 ff.). Darüber hinaus wurden Zeiten für die Vorbereitung der Notarztbereitschaft und ein allgemeiner organisatorischer Aufwand eingerechnet (a.a.O.). Weitere "Leerlaufzeiten" sind daher nicht anzuerkennen.

42

Nach Auffassung der Kammer ist es auch sachgerecht, dass in dem Gutachten der F. GmbH vom 30. März 1999 die durchschnittlichen Personalkosten, die die an den Notfalleinsätzen beteiligten Ärzte verursachen, zuzüglich der Überstundenvergütung für den Bereitschaftsdienst und der Kosten für Einsatzzuschläge veranschlagt werden (a.a.O, S. 28 ff.). Dass darüber hinaus Sach- und Gemeinkosten (vgl. dazu die von dem Kläger vorgelegte Berechnung nach dem KGSt-Bericht 7/2003, S. 8 ff.) nicht eingerechnet werden, erscheint nachvollziehbar, weil die Krankenhaustätigkeit als Hauptaufgabe die deutlich überwiegende Arbeitszeit in Anspruch nimmt.

43

Die Änderungen des Arbeitzeitgesetzes durch das Gesetz zu Reformen auf dem Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I., S. 3002) sind für tarifgebundene Arbeitnehmer in den hier maßgeblichen Zeiten noch nicht anwendbar gewesen (§ 25 ArbZG). Im Übrigen ist F. (a.a.O., S. 10 f.) von den auch 2003 und 2004 noch maßgeblichen Regelungen des Bundesangestellten-Tarifvertrages über die Bereitschaftsdienste ausgegangen, so dass unerheblich ist, dass - wie der Kläger vorträgt - deren Einhaltung heute stärker überwacht wird als Ende der 90er Jahre. Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeitrichtlinie führen nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts, die sich an derjenigen des Bundesarbeitsgerichtes orientiert, nicht zu einer Veränderung der Vergütung der Ärzte, sondern hat lediglich arbeitsschutzrechtliche Bedeutung (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 7. Dezember 2005, a.a.O.).

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3. Für den Fall, dass die Beklagte die Notarztkosten nach dem F.-Gutachten vom 30. März 1999 ermittelt, weist das Gericht darauf hin, dass die bisherigen Berechnungen der Beigeladenen zu 1) im Wesentlichen die Vorgaben des Gutachtens zutreffend wiedergeben, jedoch einige Maßgaben zu beachten sind. Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes:

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Die angesetzte Vorbereitungszeit von 11,5 Minuten je Notarzteinsatz wird geringfügig zu erhöhen sein. Nach den Feststellungen im F.-Gutachten (S. 19) beträgt der durchschnittliche Zeitaufwand hierfür 12,3 Minuten. Bei den Nachbereitungs-, Wechsel- und Organisationszeiten sind in sachgerechter Weise die von F. ermittelten Werte herangezogen worden (a.a.O., S. 19 ff.).

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Daneben wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass neben der reinen von der Rettungsleitstelle festgehaltenen Einsatzdauer für das Notarzteinsatzfahrzeug noch eine Zeit, in der der Notarzt den Patienten in die Klinik begleitet und an das dortige Personal übergibt, anfällt (vgl. F.-Gutachten, S. 17). Die Vertreter des Klägers haben in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass - wie beim Landkreis Aurich - das Notarzteinsatzfahrzeug auf "frei" geschaltet werde, wenn dieses - ggfs. auch ohne Notarzt - an seinen Standort zurückgekehrt sei. Das Gericht würde insoweit die beim Landkreis Aurich ermittelte durchschnittliche Zeit von 13,2 Minuten (a.a.O., S. 16 f.) für angemessen halten.

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Die von der Beigeladenen zu 1) im Schiedsstellenverfahren zu Grunde gelegte Einsatzzeit von 53,87 Minuten war sachgerecht, weil sie den Feststellungen des Klägers aus dem Jahre 2002 entsprachen. Allerdings wäre es nunmehr ebenso rechtlich nicht zu beanstanden, die jetzt feststehenden tatsächlichen Einsatzzeiten in den Jahren 2003 und 2004 anzusetzen. Entsprechendes gilt für die Zahl der Notarzteinsätze.

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Hinsichtlich der von der Beigeladenen zu 1) berücksichtigten durchschnittlichen Vergütung je Arztstelle in Höhe von 65 042,28 € pro Jahr wird noch abschließend zu klären sein, ob dies - wie der Kläger bestreitet - den tatsächlichen Kosten für eine ärztliche Vollkraft bei den F.-Kliniken entspricht. Dabei werden - im Hinblick auf die obigen Ausführungen (zu 2.) zur wirtschaftlichen Verteilung der Notarztaufgaben auf alle Ärzte des Krankenhauses - nicht nur diejenigen Ärzte (Anästhesisten) zu berücksichtigen sein, die tatsächlich am Notarztdienst teilnehmen, sondern sämtliche, die hierfür grundsätzlich geeignet sind. Hingewiesen sei insoweit auch darauf, dass selbst die F.-Kliniken zunächst lediglich von einem Betrag in Höhe von 55 000,-- € pro Jahr und Arzt ausgegangen sind (vgl. Schreiben an den Kläger vom 25. Februar 2003). Ferner ist zu beachten, dass in dem Gutachten der F. GmbH (S. 28) Beträge von 100 000,-- DM bis 111 500,-- DM berücksichtigt wurde, so dass der bisher berücksichtigte Betrag von rund 65 000,-- € unter Zugrundelegung von Tariferhöhungen nicht unplausibel erscheint.

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Die von der Beigeladenen zu 1) angesetzten 1666,23 Nettojahresarbeitsstunden sind der sich nach den Feststellungen von F. (a.a.O., S. 24) ergebende Durchschnittswert. Die von dem Kläger angegebenen Zeit von 1586 Nettojahresarbeitsstunden erscheint der Kammer nicht plausibler.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Der Rechtsstreit hat wegen der Fragen, wie die Kosten der Notfalleinsätze der Krankenhausärzte zu ermitteln sind und ob und ggf. inwieweit der Beklagten ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht, grundsätzliche Bedeutung