Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.02.2020, Az.: L 16 KR 253/18
Kostenübernahme für einen ausgebildeten Begleithund nach Fetalem Alkoholsyndrom; Unterschiedliche Zweckrichtung eines Blindenführhundes und eines Begleithundes; Unmittelbarer Behinderungsausgleich
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 18.02.2020
- Aktenzeichen
- L 16 KR 253/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 16219
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - 14.05.2018 - AZ: S 29 KR 168/17
Rechtsgrundlage
- § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V
Redaktioneller Leitsatz
1. Ein Blindenführhund dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich.
2. Demgegenüber dient ein Assistenzhund oder Begleithund nicht der Herstellung oder Verbesserung einer beeinträchtigten Körperfunktion und damit nicht dem unmittelbaren Behinderungsausgleich.
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 14. Mai 2018 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für einen ausgebildeten "Fetales Alkoholsyndrom (FAS) - Begleithund".
Der Kläger wurde im Jahre 2011 als viertes von sechs Kindern einer alkoholkranken Mutter geboren. Diese hatte während der Schwangerschaft in erheblichen Mengen Alkohol konsumiert und Hilfen zur Stabilisierung der Lebenssituation nicht angenommen. Nach der Geburt wurde der Kläger in Obhut genommen und lebt seither bei seinen jetzigen Pflegeeltern.
Aufgrund des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft besteht bei dem Kläger ein FAS mit Entwicklungsverzögerung, allgemeiner Muskelhypotonie, taktil vestibulärer Unreife, Hirnnervenstörung und Sprach- und Entwicklungsverzögerung. Der Pflegegrad III ist zuerkannt. Das FAS wirkt sich nach den Angaben der behandelnden Kinderorthopädin K. u.a. in Form von Zappeligkeit, Logorrhoe, starken Bewegungsimpulsen und Vermeidungsstrategien aus.
Ab dem Jahre 2016 besucht der Kläger die Grundschule L ... Bereits im Kindergarten wurde für den Kläger eine Integrationshelferin eingesetzt, die ihn nunmehr auch als Schulassistenz begleitet.
Mit Verordnung vom 16. August 2016, ausgestellt durch die Kinderorthopädin K., beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten die Gewährung eines Behindertenbegleithundes. Als Diagnosen wurden eine Entwicklungsverzögerung, eine Alkoholembryopathie mit Hirnnervenstörung, eine Muskelhypotonie und taktil vestibuläre Unreife genannt.
Mit Bescheid vom 1. September 2016 führte die Beklagte aus, dass der begehrte Therapiehund nicht in den Aufgabenbereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gehöre. Es handele sich vielmehr um eine allgemeine Haustierhaltung.
Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, dass ein Behindertenbegleithund notwendig sei. Es sei inzwischen anerkannt, dass gerade Kinder mit FAS durch Behinderten- oder Therapiebegleithunde nicht nur vor drohenden Gefahren geschützt werden, sondern solche Hunde auch bestehende Defizite ausgleichen oder in ihrer Intensität reduzieren könnten. Insgesamt würden ähnliche Voraussetzungen wie bei einem Blindenhund oder einem Assistenzhund vorliegen.
Mit Kaufvertrag vom 16. Oktober 2016 erwarb die Pflegemutter des Klägers die Golden Retriever Hündin "M.", die sie am 30. November 2016 zur Hundeschule anmeldete. In der Zeit von Dezember 2016 bis Februar 2017 wurde eine Ausbildung zum FAS-Begleithund begonnen, jedoch nicht fortgeführt.
Die Beklagte forderte Unterlagen der behandelnden Ärzte an und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung. Unter dem 5. April 2017 führte dieser aus, dass es sich bei einem FAS-Assistenzhund nicht um ein Hilfsmittel der Gesetzlichen Krankenversicherung handele, da es weder die Krankenbehandlung sichere, noch einer Behinderung vorbeuge, noch die Behinderung bei der Befriedigung der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens ausgleiche. Einem entsprechenden Hilfebedarf würde vielmehr mit zuerkannter Pflegestufe Rechnung getragen. Ferner erfülle der Hund auch nicht die Voraussetzungen einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode. Es bliebe offen, inwieweit die Maßnahme gesichert sei und welche standardisierten Voraussetzungen gegeben sein müssten, um mit dem Einsatz des Tieres nach seiner Ausbildung die gewünschten Erfolge zu erzielen. Auch zusammen mit dem Tier solle das Kind nicht unbeaufsichtigt bleiben. Die Wirksamkeit eines FAS Assistenzhundes sei bislang auch nicht durch Studien belegt. Es sei nachvollziehbar, dass der Einsatz eines solches Hundes gewünscht werde. Das diesbezügliche Engagement der Eltern sei uneingeschränkt zu würdigen. Eine sozialmedizinische Empfehlung sei jedoch nicht möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei Blindenführhunden handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) um Hilfsmittel im Sinne des § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die auch im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt seien. Bei Assistenzhunden (Behindertenbegleithunde, Diabeteswarnhunde, Epilepsiehunde) sei dies jedoch nicht der Fall. Außerdem sei der Hund auch nicht im Rahmen eines Einsatzes zur Lebensbewältigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse erforderlich. In dieser Hinsicht stützte sich die Beklagte auf das Gutachten des MDK.
Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stade erhoben. Zur Begründung hat er sich insbesondere auf die Ausführungen der Kinderorthopädin K. gestützt. Diese hat mit Bescheinigungen vom 18. August 2017 und 30. März 2017 insbesondere auf die starken Bewegungsimpulse in Form von "Zappeligkeit" und die sensomotorischen Wahrnehmungsstörungen hingewiesen.
Ziel der Anschaffung des Begleithundes sei es, unvermitteltes Handeln von vornherein zu unterbinden. Zu dem mit den Erscheinungsformen des fetalen Alkoholsyndroms vergleichbaren Fall des Autismus sei bekannt, mit einem Assistenzhund Übersprungshandlungen wie das Weglaufen verhindern zu können. In einem umfassenden Sinne gehe es darum, den Kläger in seiner geistigen, emotionalen und körperlichen Entwicklung zu unterstützen. Der Begleithund, der speziell auf die Bedürfnisse des Klägers ausgebildet werde, werde beispielsweise in der Lage sein, den Kläger mittels seiner körperlichen Anwesenheit zu beruhigen, etwa durch Auflegen der Pfote. Interaktionen mit dem Begleithund seien zur besseren Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion geeignet. Mittelbar könne die Fähigkeit zur Fremdwahrnehmung geschult werden. Darüber hinaus würden Selbstständigkeit und Verantwortungsübernahme durch die Notwendigkeit gefördert, mit dem Hund spazieren zu gehen und ihn zu versorgen. In der gegebenen Familienkonstellation dürften Spaziergänge mit dem Hund und dessen Versorgung zu den Aufgaben zählen, die dem Kläger übertragen werden könnten.
Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung die Pflegeeltern des Klägers angehört. Diese haben ausgeführt, dass durch den Hund Weglauftendenzen verhindert und soziale Kontakte aufrechterhalten werden sollten. Die angeschaffte Hündin M. würde diese Funktion schon teilweise abdecken, bedürfe aber einer umfassenderen Ausbildung. Mit fortschreitendem Alter des Klägers würden die Einsatzmöglichkeiten wachsen. Die erwarteten Ausbildungskosten könnten möglicherweise bei 15.000 bis 30.000 Euro liegen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Hündin M. für den Einsatz als FAS Hund nicht geeignet sei. Das Tier begleite den Kläger seit 1 ½ Jahren und dies habe sich in vielfältiger Hinsicht positiv ausgewirkt. Die Begleitung durch den Hund ermögliche es dem Kläger, soziale Kontakte zu Gleichaltrigen zu pflegen. Der Hund helfe ihm dabei, sich zu beruhigen, an einem Ort verweilen zu können und nicht spontan wegzulaufen. Beispielsweise sei schon das Auflegen der Hundepfote erfolgreich. Der Kläger sei dann abgelenkt und werde nicht zuletzt in seinem permanenten Redefluss unterbrochen.
Mit Urteil vom 14. Mai 2018 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidung verurteilt, die Kosten für die Ausbildung eines Behindertenbegleithundes in Umsetzung der Verordnung der Fachärztin K. vom 16. August 2016 zu übernehmen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass der Hund als Hilfsmittel notwendig sei, um den Kläger in den Kreis gleichaltriger Kinder und Jugendlicher zu integrieren und ihm den Schulbesuch zu ermöglichen. Die Hündin M. dürfte nach Auffassung des SG zumindest in wesentlicher Hinsicht dazu beigetragen haben, dem Kläger soziale Kontakte zu Gleichaltrigen und seinen Mitschülern zu ermöglichen und diese Kontakte zu unterhalten. Abgesehen davon sei das Hilfsmittel auch dazu geeignet, das Wahrnehmen der Grundbedürfnisse des Sehens, Hörens und Gehens positiv zu beeinflussen. Denn den Sinnesbetätigungen und der Mobilität wohnten als notwendiger Bestandteil Mindestmaße an Sozialverträglichkeit inne. Hier seien günstigen Auswirkungen auf die Beobachtung des Straßenverkehrs zu erwarten, außerdem eine Verminderung von spontanen Weglauftendenzen.
Gegen das 29. Mai 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. Juni 2018 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Sie weist weiterhin daraufhin, dass Blindenführhunde als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V anzusehen seien, nicht jedoch Assistenzhunde. Bei Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses habe der GKV Spitzenverband Blindenführhunde in eine neue Produktgruppe überführt und gleichzeitig bewusst davon abgesehen, weitere Hunde (als Begleit- oder Therapiehunde) in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Dies spräche dafür, dass diese Tiere gerade nicht als Leistung der GKV anzusehen seien. In medizinischer Hinsicht verweist sie weiterhin auf das Gutachten des MDK. Der Hund sei zur Integration im Rechtssinne auch nicht geeignet. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21. November 2002, B 3 KR 8/02 R) sei ein Dreirad bei Kindern und Jugendlichen dann nicht zur Integration geeignet, wenn dieses nur in Anwesenheit einer erwachsenen Begleitperson genutzt werden könne. Im vorliegenden Falle könne auch der Kläger mit einem Tier nicht unbeaufsichtigt bleiben. Eine positive Beeinflussung der Grundbedürfnisse des Sehens, Hörens und Gehens sei ebenfalls nicht gegeben, da hier nur Teilbereiche der Grundbedürfnisse betroffen seien. Diesbezüglich hat sie auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 9. September 2009, L 54 KR 60/08 zum Behindertenbegleithund verwiesen. Ferner habe die Pflegemutter ausgeführt, dass es auch sein könne, dass der Hund doch nicht zur Ausbildung geeignet sei. Insgesamt diene der Hund der Aufrechterhaltung der bestehenden sozialen Kontakte. Er werde gerade nicht mit zur Schule genommen. Die Aussagen der Pflegemutter und die Entscheidungsgründe des SG seien komplett konträr. Ferner äußert die Beklagte Zweifel am konkreten Streitgegenstand, da mit der vorgelegten Verordnung die Kostenübernahme für einen Behindertenbegleithund beantragt wurde, von dem SG sei die Beklagte jedoch zur Übernahme der Ausbildungskosten verurteilt worden. Die Einhaltung des Beschaffungsweges erscheine fraglich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 14. Mai 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 14. Mai 2018 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für einen ausgebildeten oder kurzfristig auszubildenden Assistenzhund zu tragen und im Übrigen die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und schließt sich den dort genannten Gründen an. Er hält den Hund weiterhin für erforderlich. In den vergangenen Jahren hätten Tests an einem N. Gymnasium zum Einsatz von Therapiehunden in allen Altersstufen positive Erfolge gezeigt. Zutreffend sei, dass die Ausbildung des Hundes zwar begonnen habe, sie sei aus Kostengründen nicht fortgesetzt wurde. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2020 hat er darauf hingewiesen, dass das Höchstalter des vorhandenen Hundes nach Ansicht der Ausbilderin angesichts der Dauer der Ausbildung und der anschließenden Einsatzphase bereits überschritten sei. Es sei nunmehr die Anschaffung eines neuen Hundes erforderlich. Der Kläger hat eine Kopie des Zeugnisses der Grundschule L. für das 1. Schulhalbjahr 2019/20 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die der Entscheidung zugrunde gelegen haben.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist gemäß §§ 143 f Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgemäß erhoben worden und auch im Übrigen zulässig.
Sie ist auch begründet. Dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Stade vom 14. Mai 2018 vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Die Beklagte hat vielmehr mit Bescheid vom 1. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2017 die Gewährung eines Behindertenbegleithundes zu Recht abgelehnt.
1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4 SGG zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat in seinem Urteil lediglich über die Ausbildungskosten eines Behindertenbegleithundes entschieden. Da der vorhandene Hund M. nach den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren für eine Ausbildung zum Behindertenbegleithund mittlerweile zu alt ist, ist Gegenstand des Rechtsstreites (wieder) die Gewährung eines ausgebildeten Behindertenbegleithundes als Sachleistung. Der Senat konnte über dieses Begehren, das der Ausgangsverordnung der Kinderorthopädin K. und dem ursprünglichen Klageantrag vom 19. Juli 2017 entsprach, nach den Grundsätzen des Heraufholens von Prozessresten mit Zustimmung der Beteiligten entscheiden (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 18. September 2019 - B 14 AS 317/14 mwN; Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R Rn 27).
Die Einhaltung des Beschaffungswegs ist nach neuerlicher Geltendmachung des Ausgangsbegehrens nicht zu problematisieren und wird von der Beklagten auch nicht weiter in Zweifel gezogen.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte jedoch keinen materiellen Leistungsanspruch auf Gewährung eines FAS-Behindertenbegleithundes.
Anspruchsgrundlage ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach dieser Norm können Hilfsmittel drei unterschiedlichen Zielrichtungen dienen: der Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung (1. Var), dem Vorbeugen von Behinderung (2. Var) oder dem Behinderungsausgleich (3. Var). Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung im Hinblick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüberhinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen.
Bei der Beurteilung ist auch dem neugefassten Behinderungsbegriff in § 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) Rechnung zu tragen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist für den Versorgungsanspruch nach § 33 SGB V nunmehr zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Behinderungsbegriff in § 2 SGB IX neu gefasst hat und dabei dem Wechselwirkungsansatz noch mehr Gewicht beigemessen hat als nach bisher geltendem Recht. Danach kommt es nicht allein auf die wirklichen oder vermeintlichen gesundheitlichen Defizite an. Im Vordergrund stehen vielmehr das Ziel der Teilhabe (Partizipation) an den verschiedenen Lebensbereichen sowie die Stärkung der Möglichkeiten einer Lebensplanung und -gestaltung unter Berücksichtigung des Sozialraums und der individuellen Bedarfe (BSG, Urteile vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R Rn 46 mwN; B 3 KR 4/16 R Rn 54 mwN).
a. Dem möglichen Anspruch auf einen Begleithund bzw. Assistenzhund steht grundsätzlich nicht entgegen, dass dieser - im Gegensatz zum Blindenführhund - im Hilfsmittelverzeichnis (HVM) der GKV nicht aufgeführt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG schon zur Rechtslage nach § 128 SGB V in der durch das Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) begründeten und bis zur Außerkraftsetzung durch Art 1 Nr 94 des GKV-WSG zum 1. April 2007 insoweit im Wesentlichen unveränderten Fassung verkörpert das Hilfsmittelverzeichnis keine abschließende, die Leistungspflicht der Kranken- und Pflegekassen im Sinne einer "Positivliste" beschränkende Regelung. Es handelt sich vielmehr um eine reine Auslegungs- und Orientierungshilfe für die medizinische Praxis und hat für die Gerichte nur die Qualität einer unverbindlichen Auslegungshilfe. Einerseits steht deshalb dem Leistungsbegehren eines Versicherten nicht entgegen, dass ein von ihm beanspruchtes Hilfsmittel (noch) nicht im HMV eingetragen ist. Andererseits vermag aus diesem Grund umgekehrt allein die Aufnahme eines Gegenstands in das HMV den Leistungsanspruch eines Versicherten nicht zu stützen, wenn sich die Aufnahmeentscheidung gemessen an den Voraussetzungen des § 33 SGB V als fehlerhaft darstellt. Anspruch auf Versorgung hat ein Versicherter ungeachtet der Fassung des HMV nur, wenn die beanspruchte Hilfe tatsächlich als Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs 1 S 1 SGB V zu qualifizieren ist (BSG vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 22/11 R mwN, juris Rn 13).
b. Die Voraussetzungen des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V sind nicht erfüllt. Bei einem ausgebildeten Assistenzhund/Behindertenbegleithund handelt es sich grundsätzlich um ein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V und nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. September 2009 - L 5 KR 60/108; LSG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 17. November 2017 - L 13 VG 28/16 Rn 21). Die Versorgung mit einem ausgebildeten Behindertenbegleithund dient jedoch keinem der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele und ist im vorliegenden Einzelfall nicht erforderlich.
c. Die Versorgung mit einem Begleithund dient keinem der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele.
aa. Der Assistenzhund dient zunächst ersichtlich nicht der Vorbeugung einer drohenden Behinderung iSv § 33 Abs 1 Satz 1 2. Var SGB V, da die Beeinträchtigungen des Klägers im Wesentlichen feststehend sind.
bb. Ebenfalls wird durch den Assistenzhund keine Behinderung ausgeglichen. Hinsichtlich der Bestimmung eines Hilfsmittels zum Ausgleich einer Behinderung iSd § 33 Abs 1 Satz 1 3. Var SGB V ist nach stRspr des BSG zwischen dem unmittelbaren und dem mittelbaren Behinderungsausgleich zu unterscheiden. Bei dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dient das Hilfsmittel - unmittelbar - dem Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion, während im Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleichs das Hilfsmittel zum Ausgleich der direkten und indirekten Behinderungsfolgen eingesetzt wird (vgl nur BSG, Urteil vom 30. September 2015 - B 3 KR 14/14 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 48 Rn 18; BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R Rn 34). Diese Differenzierung wird als notwendig angesehen, weil unter Einbeziehung einer historischen Betrachtung unzweifelhaft sei, dass der Ausfall einer Körperfunktion den Krankheitsbegriff in der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt, und es daher zu deren Aufgabenbereich gehört, ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktionen soweit wie möglich wiederherzustellen oder zu verbessern (vgl BSG, Urteil vom 30. September 2015 - B 3 KR 14/14 R Rn 18; BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R Rn 34). Bei dem mittelbaren Behinderungsausgleich geht es demgegenüber darum, einem behinderten Menschen, dessen Beeinträchtigung durch medizinische Leistungen einschließlich des Einsatzes von Hilfsmitteln nicht weiter behoben werden kann, das Leben mit den Folgen dieser Beeinträchtigung zu erleichtern (BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17 R Rn 34). Dabei ist es nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, jegliche Behinderungsfolgen in allen Lebensbereichen auszugleichen. So ist es beispielsweise Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme, einen Ausgleich für spezielle berufliche Anforderungen zu schaffen. Auch nach dem der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen gewidmeten SGB IX ist die gesetzliche Krankenversicherung nur für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie für unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, nicht aber für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuständig (nur BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R Rn 18).
(1) Ein unmittelbarer Behinderungsausgleich liegt hier nicht vor. Im Gegensatz zum Blindenführhund, der nach der Rechtsprechung des BSG dem unmittelbaren Behinderungsausgleich iSv § 33 Abs 1 Satz 1 Alt 3 SGB V dient, weil er die durch die Blindheit erschwerte Orientierungsfähigkeit und damit die erschwerte Möglichkeit der unbehinderten Fortbewegung ausgleicht und damit einen Funktionsausgleich bietet, der unmittelbar die Behinderung betrifft und nicht erst bei den Folgen der Behinderung in bestimmten Lebensbereichen einsetzt (BSG, Urteil vom 25. Februar 1981 - 5a/5 RKn 35/78 - BSGE 51, 206, 207 f mwN) dient der Assistenzhund oder Begleithund nicht der Herstellung oder Verbesserung einer beeinträchtigten Körperfunktion und dient damit nicht dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. November 2016 - L 4 VG 15/15). (2) Der beantragte Begleithund dient auch nicht dem mittelbaren Behinderungsausgleich. Soweit der Hund dem Ausgleich der Folgen der Behinderung dienen mag, scheidet ein Leistungsanspruch nach dem SGB V vorliegend aus, weil er nicht der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens dient. Um den Aufgabenbereich der GKV abzugrenzen, ist ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich von der Krankenkasse nach stRspr des BSG nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mindert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (stRspr, vgl nur BSG, Urteil vom 30.September 2015 - B 3 KR 14/14 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 48 Rn 18 mwN; BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R Rn 43 f mwN). Räumlich bezieht sich das Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen oder geistigen Freiraums im Bereich der Mobilität nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den Bewegungsradius, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Dazu ist der Versicherte nach Möglichkeit zu befähigen, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang an die Luft zu kommen oder um üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegende Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 3 KR 4/08 R Rn 16). Darüber hinaus kann auch ein Anspruch zur sozialen Integration in der Entwicklungsphase von Kindern und Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger bestehen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 27; 33; 46). Maßgebend ist dabei, ob der Versicherte aufgrund seiner Behinderung nicht oder nur sehr eingeschränkt am üblichen Leben seiner Altersgruppe teilnehmen kann, wodurch Isolation droht (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 S 158). Zum allgemeinen Grundbedürfnis gehört nach der Rechtsprechung des BSG auch die Herstellung und Sicherung der Schulfähigkeit eines Schülers bzw der Erwerb einer elementaren Schulausbildung (vgl BSGE 30, 151, 154 [BSG 18.11.1969 - 3 RK 75/66]; BSG SozR 2200 § 182 Nr 73; BSG SozR 2200 § 182b Nr 28; BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 22, 40; BSG, Urteil vom 3. November 2011 - B 3 KR 8/11 R = BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 37 Rn 15; Nolte, Kasseler Kommentar, Stand: Dezember 2019, § 33 Rn 12 f). Die Schulfähigkeit ist soweit als allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens iS des § 33 SGB V anzusehen als es um die Vermittlung von grundlegendem schulischen Wissen und Können an Schüler im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht geht (so ausdrücklich BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 6 Rn 16; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 36 Rn 17; BSGE 109, 199 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37 Rn 16).
Nach dieser Maßgabe kommt die Gewährung des Begleithundes als Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich nicht in Betracht.
Nach der Auskunft der behandelnden Kinderorthopädin K. und den Ausführungen der Pflegeeltern des Klägers soll der Hund Geborgenheit vermitteln und soziale Kontakte des Klägers fördern, er soll ihn bei Abgelenktheit und Unruhezuständen beruhigen und er soll seinen häufigen Redefluss durchbrechen. Die behandelnde Ärztin K. hat in ihrem Bericht vom 30. März 2017 dargelegt, dass ein Hund dem Kläger in seiner geistigen, emotionalen und körperlichen Entwicklung helfe. Durch die Interaktion entstehe eine bessere Selbstreflektion und eine bessere Selbstwahrnehmung. Der Kläger erlange mehr Unabhängigkeit, Selbstsicherheit eine bessere Lebensqualität und Geborgenheit. Selbstständiges Handeln werde auch dadurch gefördert, dass der Kläger sich um den Hund selber kümmern müsste (füttern, bürsten, spazieren gehen). Entgegen der Auffassung des SG dient der Hund damit gerade nicht der Befriedigung des Grundbedürfnisses des Sehens, Hörens und Gehens oder der Fähigkeit die Wohnung zu verlassen, um im Nahbereich liegende Stellen zu erreichen. Eine positive Beeinflussung des Wahrnehmens der Grundbedürfnisse des Sehens, Hörens und Gehens reicht dazu nicht aus. Dabei verkennt der Senat nicht, dass durch einen Behindertenbegleithund Hilfen im Alltag gewährt werden und Erleichterungen verschafft werden. Sofern - wie hier - einzelne Tätigkeiten aus dem Bereich von Grundbedürfnissen erleichtert werden, reicht dies aber gerade nicht aus (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. September 2009 - 5 KR 60/08). Ein Behindertenbegleithund versetzt nämlich allein in die Lage, in einzelnen Bereichen begrenzt Hilfen zu leisten, er erschließt jedoch kein Grundbedürfnis, wie etwa im Falle des Blindenführhundes (LSG Schleswig-Holstein aaO). Die Integration in den Kreis Gleichaltriger wird von der Kinderorthopädin K. nicht als Versorgungsziel genannt. Insoweit weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das BSG den Anspruch auf ein Hilfsmittel verneint hat, wenn es nur bei Anwesenheit einer erwachsenen Begleitperson genutzt werden kann (BSG, Urteil vom 21. November 2002 - B 3 KR 8/02 R Rn 19). Im vorliegenden Fall kann der Kläger aber auch mit dem Tier nicht völlig unbeaufsichtigt bleiben. Zudem soll der Hund nach dem Vorbringen der Pflegemutter im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG lediglich helfen, bestehende Kontakte zu pflegen, so dass nicht von einer Integration eines sozial ausgeschlossenen Menschen in eine Gruppe zur Vermeidung von Isolation ausgegangen werden kann, denn aus dem "Hilfeplan gemäß § 36 SGB VIII" des Landkreises O. und dem eigenen Vortrag ergibt sich, dass der Kläger im Kindergarten ein beliebter Junge war und sich sein Handicap in der Grundschule, in der sich die Kinder seit dem Kindergartenalter kennen, noch nicht wesentlich ausgewirkt hat. Der Senat vermag sich auch nicht der Auffassung des SG anzuschließen, dass der Begleithund dem Schulbesuch des Klägers dient. Zum einen ist eine Begleitung des Klägers durch einen Hund in der Schule nicht sein vorrangiges Versorgungsziel. Zum anderen ist der Schulbesuch durch die Schulassistenz ermöglicht, mit der der Kläger versorgt ist und die ihn bereits seit dem Besuch des Kindergartens begleitet. Wie sich aus der Vorlage des Zeugnisses der Grundschule L. für das 1. Halbjahr 2019/20 vom 31. Januar 2020 ergibt, erfolgt der Schulbesuch mit der Schulassistenz mit gutem Erfolg. Der Kläger erzielte in den Fächern Deutsch, Religion, Mathematik und Kunst jeweils die Note 2 und im Sachunterricht, Textiles Gestalten und Sport jeweils eine 1. Das Arbeits- und Sozialverhalten entsprach den Erwartungen.
cc. Der Begleithund dient vorliegend auch nicht dem Versorgungsziel der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung (§ 33 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGB V). Dies ist der Fall, soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V) eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen (BSG, Urteil vom 07. Oktober 2010 - B 3 KR 5/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 32 Rn 21 mwN; zur Auslegung des § 33 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGB V unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte: BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 KR 9/06 R - BSGE 98, 213 Rn 11 mwN; siehe auch BSG, Urteil vom 15. März 2012 - B 3 KR 2/11 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 38 Rn 17; BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R Rn 24 ). Der spezifische Bezug zu der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des begehrten Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V als erforderlich anzusehen ist (BSG, Urteil vom Urteil vom 07. Oktober 2010 - B 3 KR 5/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 32 Rn 21). Der Hund ist jedoch nicht in einem ärztlichen Therapieplan eingebunden. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich auch eine Betrachtung der gewünschten Versorgung unter dem möglichen Gesichtspunkt einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode.
d. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 33 SGB V liegen nicht vor. Das Hilfsmittel ist nicht erforderlich iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. Erforderlich ist ein Hilfsmittel, wenn es ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig ist (§ 12 Abs 1 SGB V, § 2 Abs 1 SGB V- vgl Nolte, Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2019, § 33 Rn 17). Es ist dabei auf die individuellen Verhältnisse im Einzelfall abzustellen (BSG SozR 3- 2500 § 33 Nr 27 S 158). Der Begleithund ist auch unter Berücksichtigung des Ziels der Partizipation in verschiedenen Lebensbereichen und der Stärkung der Möglichkeit einer individuellen und persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und Gestaltung unter Berücksichtigung des Sozialraums hier nicht notwendig. Der Kläger kann am Schulalltag der Grundschule mithilfe der Schulassistenz teilhaben. Die von der Kinderorthopädin K. beschriebenen Ziele werden überwiegend durch den bereits vorhandenen Familienhund M. erreicht. Der Vertreter des Klägers hat selbst eingeräumt, dass auch nicht fachlich ausgebildete Hunde in der Lage sind, zur Bewältigung von Unruhe, Stresssituationen und Ausfällen beizutragen. Die Pflegemutter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG geschildert, dass bereits der nicht als Begleithund ausgebildete Hund M. dem Kläger hilft, soziale Kontakte zu Gleichaltrigen zu pflegen, sich zu beruhigen, sich abzulenken, an einem Ort verweilen zu können und seinen permanenten Redefluss zu unterbrechen. Der Senat erkennt das Engagement der Pflegeeltern für den Kläger uneingeschränkt an und bezweifelt nicht, dass der Umgang mit einem Hund für den Kläger insgesamt förderlich ist und auf ihn in jeder Hinsicht eine positive Wirkung hat. Es besteht allerdings nur ein Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf die Optimalversorgung (BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R Rn 44), zumal die GKV auch nach der neueren Rechtsprechung des BSG nicht für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuständig ist (vgl BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R Rn 18).
e. Da der Behindertenbegleithund nicht den Versorgungszielen iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V dient und im Einzelfall nicht erforderlich ist, kann es offenbleiben, ob bei erwarteten Kosten von möglicherweise 15.000 bis 30.000 Euro hier auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 12 SGB V entgegenstünde (verneinend: LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. September 2009 - L 5 KR 60/08).
3. Eine Sachleistungspflicht kann schließlich auch nicht auf § 40 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gestützt werden. Trotz einer grundsätzlichen Leistungszuständigkeit der sozialen Pflegeversicherung kann ausnahmsweise die Krankenkasse und damit die Beklagte für die Versorgung mit einem Pflegehilfsmittel zuständig sein. Nach § 40 Abs 5 S 1 SGB XI idF des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl 2983) gilt nunmehr: Für Hilfsmittel und Pflegemittel, die sowohl den in § 23 und § 33 SGB V als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Der Begleithund ist nach dem Vortrag des Klägers gleichzeitig ein dem mittelbaren Behinderungsausgleich zuzuordnendes Hilfsmittel nach § 33 SGB V und soll nach seinem Vorbringen der selbstständigeren Lebensführung des Pflegebedürftigen dienen. Damit hatte die Beklagte grundsätzlich die Pflicht, den Leistungsantrag sowohl in krankenversicherungsrechtlicher als auch in pflegeversicherungsrechtlicher Hinsicht zu prüfen (vgl BSG Urteil vom 16. Juli 2014 - B 3 KR 1/14 R Rn 46).
Vorliegend kommt der Begleithund als Pflegehilfsmittel aber nicht in Betracht. Nach § 40 Abs 1 S 1 SGB XI haben Pflegebedürftige Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen. Grundsätzlich müssen dabei elementare Belange der Lebensführung betroffen sind (vgl. BSG SozR 4- 3300 § 40 Nr 9 Rn 11; SozR 3-3000 § 40 Nr 4 S 22; Leitherer, Kasseler Kommentar, § 40 SGB XI Rn 37). Derartige elementare Lebensbedürfnisse, wie das Bedürfnis sich im Freien aufhalten oder fortbewegen zu können oder der Schulbesuch sind jedoch -wie bereits ausgeführt - auch ohne einen ausgebildeten Behindertenbegleithund möglich.
Mithin ist der Berufung der Beklagten antragsgemäß zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision ist nicht gegeben (§ 160 Abs 2 SGG).