Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 26.02.2020, Az.: L 10 VE 70/14

Gewährung von Leistungen nach dem BVG; Teilnahme an den Aufräumarbeiten an dem havarierten Kernkraftwerk in Tschernobyl; Voraussetzungen eines Versorgungsanspruchs

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
26.02.2020
Aktenzeichen
L 10 VE 70/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 16220
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Osnabrück - 12.11.2014 - AZ: S 2 VE 12/12

Redaktioneller Leitsatz

1. Für einen Versorgungsanspruch muss eine gesundheitliche Schädigung vorliegen, die durch einen schädigenden Vorgang infolge des Wehrpflichtverhältnisses herbeigeführt worden ist.

2. Der schädigende Vorgang muss Ursache für eine Gesundheitsschädigung sein.

3. Die Gesundheitsschädigung wiederum muss die geltend gemachten gesundheitlichen Schädigungsfolgen wesentlich bedingt haben.

Tenor:

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 12. November 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren um die Gewährung von Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Die 1949 geborene Klägerin ist die Witwe des 1950 geborenen und 2006 verstorbenen Alexander I. (nachstehend Betroffener). Die Klägerin und ihr Ehemann stammen aus der Sowjetunion. Der Betroffene war deutscher Volkszugehörigkeit. Sie sind 1993 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und als Spätaussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz anerkannt worden.

Der Betroffene, der in der Sowjetunion vom 2. November 1969 bis zum 24. November 1971 seinen gesetzlichen Wehrdienst absolviert hatte, stellte am 25. August 2005 bei dem beklagten Land einen Antrag, ihm Versorgungsleistungen zu gewähren. Zur Begründung wies er darauf hin, er sei in der Sowjetunion in der Zeit vom 27. Juni 1987 bis zum 8. Dezember 1987 verpflichtet worden, an den Aufräumarbeiten bei dem havarierten Kernkraftwerk in Tschernobyl teilzunehmen. Nunmehr habe er eine Krebserkrankung. Diese sei auf die Verstrahlung anlässlich der Aufräumarbeiten in Tschernobyl zurückzuführen. Die Teilnahme an diesen Aufräumarbeiten sei in Erfüllung seiner gesetzlichen Wehrdienstpflichten im Vertreibungsgebiet erfolgt. Daher könne er Versorgung nach dem BVG beanspruchen. Seinem Antrag fügte er seinen Spätaussiedlerausweis bei.

Bei der Unfallkasse des Bundes hat der Kläger zugleich einen Anspruch nach dem Fremdrentengesetz in Verbindung mit den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) geltend gemacht. Im dortigen Verwaltungsverfahren hatte er angegeben, seine Erkrankung sei auf die langjährige Tätigkeit mit Aluminium zurückzuführen. Diesen Antrag hatte die Unfallkasse des Bundes mit Bescheid vom 25. Januar 2007 abgelehnt. Der Bescheid ist bindend geworden.

Der Betroffene ist an den Folgen seiner Tumorerkrankung während des laufenden Verwaltungsverfahrens am 28. März 2006 verstorben. Die Klägerin beanspruchte daraufhin mit Antrag vom 4. September 2006, ihr Hinterbliebenenleistungen zu gewähren und machte den bereits von dem Betroffenen geltend gemachten Anspruch weiter geltend.

Das beklagte Land lehnte den Antrag des Betroffenen sowie den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen mit hier angefochtenem Bescheid vom 7. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2008 ab. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Betroffene habe in der Zeit, in der er an den Aufräumarbeiten in Tschernobyl teilgenommen habe, nicht seinen gesetzlichen Wehrdienst oder Reservistendienst abgeleistet. Daher komme ein Anspruch auf Entschädigungsleistungen nach dem Versorgungsrecht nicht in Betracht.

Am 26. Juni 2008 ist Klage erhoben worden.

Die Deutsche Rentenversicherung hat dem Sozialgericht (SG) Osnabrück auf seine Anfrage mitgeteilt, die dortige Versichertenakte nebst dem Gutachtenheft seien bereits vernichtet worden. Der Rechtsstreit war für die Zeit vom 10. Februar 2010 bis zum 27. August 2012 ruhend gestellt (Beschluss des SG vom 10. Februar 2010). Anlässlich der Wiederaufnahme des Rechtsstreits hat die Klägerin diverse Unterlagen aus der Sowjetunion ergänzend vorgelegt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. November 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 3. Dezember 2014 zugestellte Urteil am 10. Dezember 2014 Berufung eingelegt. Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat sie sich zunächst dagegen gewandt, dass die Tätigkeit des Betroffenen nicht wehrdienstlich gewesen sei. Nach ergänzenden Ermittlungen des Senats, hat sie ausgeführt, sie sei nach wie vor von der Verursachung der Erkrankung des Betroffenen durch die Strahleneinwirkung in Tschernobyl überzeugt.

Die Berufungsklägerin beantragt,

1. Das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 12. November 2014 sowie den Bescheid des beklagten Landes vom 7. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2008 aufzuheben,

2. das beklagte Land zu verurteilen, ihr ab August 2005 Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz zu bewilligen.

Das berufungsbeklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt es nun nur noch Bezug auf die vom Senat durchgeführten Ermittlungen auf medizinischem Gebiet.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zunächst ein Gutachten der Sachverständigen J. vom Institut für Ostrecht in Regensburg vom 19. Oktober 2019 veranlasst. Die Sachverständige hat die vorliegenden Unterlagen durchgesehen und sodann in ihrem Gutachten die Rechtslage in der Sowjetunion zum Zeitpunkt des Reaktorunfalls in Tschernobyl dargestellt. Unter Heranziehung dieser Rechtslage ist sie zu dem Ergebnis gelangt, der Betroffene sei in Erfüllung seiner Reservistenpflicht zu den Aufräumarbeiten in Tschernobyl verpflichtet worden. Seine Tätigkeit sei letztlich in Erfüllung wehrdienstlicher Pflichten erfolgt.

Der Senat hat sodann weiter zur Aufklärung des Sachverhalts ein Gutachten des Strahlenbiologen Professor Dr. K. vom 17. September 2018 veranlasst. Dieser hat zunächst darauf hingewiesen, die vom Betroffenen durchgeführten Arbeiten seien ca. ein Jahr nach dem Reaktorunfall erfolgt. Es lägen keine verlässlichen Informationen darüber vor, was der Betroffene damals genau gemacht habe, und welche Strahlendosis er dabei empfangen habe. Das sei insoweit erstaunlich, weil diese Daten in ähnlichen Fällen durchaus bekannt seien. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang weiter darauf hingewiesen, er habe soeben einen vergleichbaren Fall bearbeitet, der in einem ähnlichen Zeitraum stattgefunden habe. Der dort Betroffene habe direkt am Reaktor gearbeitet und dabei eine Dosis von ca. 11 Millisievert empfangen. Im Fall des Betroffenen komme die besondere Schwierigkeit hinzu, dass bei seiner Erkrankung der Primärtumor nicht bekannt geworden sei. Zwar könnten alle Tumore auch durch Strahlung ausgelöst werden. Jedoch brauche es hierfür sehr unterschiedliche Strahlendosen. Unter Berücksichtigung der notwendigen Strahlendosis zur Auslösung von Krebs für die Krankheit, die zu ihrer Auslösung die geringste Strahlendosis brauche, komme er in der Konstellation, wie sie hier vorliege, nicht zur Annahme der Wahrscheinlichkeit für die Auslösung der Erkrankung des Betroffenen durch die damals empfangene Strahlendosis. Zur Sicherheit könne indessen ergänzend das Bundesamt für Strahlenschutz befragt werden.

Der Senat hat daher zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts eine ergänzende Auskunft des Bundesamtes für Strahlenschutz vom 30. August 2019 veranlasst. Dieses hat darauf hingewiesen, in der vorliegenden Konstellation sei sehr wenig über die tatsächliche Strahlenbelastung des Betroffenen bekannt. Von dort werde daher ein sehr konservatives Szenario zu Grunde gelegt, wodurch die Strahlenbelastung wahrscheinlich überschätzt werde. Selbst wenn aber dieses Szenario zu Grunde gelegt werde, liege die Belastung des Betroffenen dennoch unter der Schwelle, die es erlaube, von einer wahrscheinlichen Auslösung der Tumorerkrankung durch die Strahlenbelastung auszugehen. Die Verursachung der Erkrankung durch die Strahlenbelastung sei insgesamt als extrem unwahrscheinlich anzusehen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des beklagten Landes sowie weiter auf den ebenfalls beigezogenen Verwaltungsvorgang der Unfallkasse des Bundes Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Streitgegenständlich sind im vorliegenden Verfahren sowohl originäre Ansprüche des Betroffenen für die Zeit von Antragstellung im August 2005 bis zu seinem Tod im März 2006, die die Klägerin als Witwe und Rechtsnachfolgerin geltend macht, als auch Ansprüche der Klägerin auf Hinterbliebenenleistungen, da das beklagte Land auch diese Leistungen in den angefochtenen Bescheiden abgelehnt hat.

Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des beklagten Landes vom 7. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2008 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat aus §§ 38, 82 Abs. 2, 1 BVG keine Ansprüche gegen das beklagte Land, ihr Versorgungsleistungen - etwa in Gestalt einer Beschädigten- oder Hinterbliebenenrente - zu gewähren.

Nach diesen Vorschriften hat die Witwe eines Beschädigten Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente, wenn der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben ist. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn der Beschädigte an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war (§ 38 BVG). Versorgung können auch Vertriebene beanspruchen, die deutscher Volkszugehörigkeit sind, wenn sie nach dem 8. Mai 1945 in Erfüllung ihrer gesetzlichen Wehrpflicht nach den im Vertreibungsgebiet geltenden Vorschriften eine Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 erlitten haben. Dies gilt auch für Spätaussiedler (§ 82 Abs. 2 BVG).

Im vorliegenden Streitverfahren ist nunmehr - nach Erstattung des Gutachtens der Sachverständigen Himmelreich vom 19. Oktober 2019 - im Gegensatz zu den Annahmen in dem angefochtenen Bescheid und dem erstinstanzlichen Urteil zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig, dass der Betroffene an den Arbeiten in Tschernobyl in Erfüllung von wehrdienstlichen Pflichten nach dem damals geltenden Recht der Sowjetunion gehandelt hat und somit insoweit die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 82 Abs. 2 BVG erfüllt sind. Auch der Senat hält das Gutachten der Sachverständigen J. für nachvollziehbar und überzeugend. Diese hatte im Einzelnen dargetan, warum sich aus den vorliegenden Unterlagen ergibt, dass die Teilnahme des Betroffenen an den Aufräumarbeiten in Tschernobyl auf der Zuordnung zu den Reservestreitkräften der Sowjetunion beruht hat. Aufgrund dieses Gutachtens war dieser Punkt zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig (vergleiche Schriftsatz des beklagten Landes vom 3. Dezember 2019; vergleiche dazu auch die Angaben bei Petersen, MedSach 1997 Seite 178). Der Senat sieht daher insoweit von einer vertiefenden Darstellung ab.

Der Senat geht nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen auch davon aus, dass der Betroffene an den Folgen des zum Gegenstand seines Antrages an das beklagte Land gemachten Tumorleidens (Metastasen der Lymphknoten des Kopfes, des Gesichts und des Halses - Adenokarzinom - CUP-Syndrom) verstorben ist (vgl. Bescheinigung des Klinikums L. vom 28. März 2006 = Bl. 118 ff des Verwaltungsvorgangs).

Der Senat hat indessen nicht feststellen können, dass die Erkrankung des Klägers, die zu seinem Tod geführt hat, durch die Verstrahlung anlässlich der Aufräumarbeiten in Tschernobyl verursacht worden ist im Sinne von § 1 BVG.

Eine Gesundheitsschädigung kann nur einen Entschädigungsanspruch nach § 82 Abs. 2 i.V.m. § 1 BVG begründen, wenn sie durch Umstände des Wehrdienstes im Sinne der auch im gesamten sozialen Entschädigungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung verursacht worden ist. Nicht alle Umstände des Wehrdienstes kommen als geeignete Ursachen im Rechtssinne infrage, sondern nur solche, die als wehrdiensttypisch in den Schutzbereich des § 82 Abs. 2 BVG fallen. Dies sind nur diejenigen Umstände, die dem Wehrdienst seiner Art nach als spezifische Gefahren eigentümlich zuzurechnen sind und vor deren Folgen das Gesetz die Wehrdienstausübenden deshalb schützen soll.

Voraussetzung für einen Versorgungsanspruch ist daher das Vorliegen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen schädigenden Vorgang infolge des Wehrpflichtverhältnisses herbeigeführt worden ist. Ein solcher schädigender Vorgang muss eine Gesundheitsschädigung (im Sinne eines Primär- oder Erstschadens) verursacht haben. Sie muss wiederum die geltend gemachten gesundheitlichen Schädigungsfolgen - also die verbliebenen Gesundheitsstörungen - wesentlich bedingt haben, deren Feststellung als Versorgungsleiden der Betroffene bzw. die Klägerin durch die Versorgungsverwaltung begehrt. Dabei müssen sich die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang infolge des Wehrdienstes, Schädigung und Schädigungsfolgen) im Vollbeweis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang zwischen ihnen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zum sozialen Entschädigungsrecht, vergleiche zuletzt etwa BSG Urteil vom 12.9.2019 - B 9 V 2/18 R zitiert nach juris dort Rn. 20 f; vergleiche allgemein auch Knickrehm in dieselbe (Hrsg.) Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 BVG Rn. 26 ff mit weiteren Nachweisen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung).

Der Senat geht insoweit davon aus, dass allgemeinkundig feststeht, dass es am 25. April 1986 im Kernreaktor in Tschernobyl zu einer Explosion des Reaktors gekommen ist, in dessen Folge sowohl die Umgebung als auch weite Teile Europas radioaktiv belastet worden sind. Nach dieser Explosion sind sogenannte "Liquidatoren" mit der Beseitigung der Folgen des Reaktorunfalls beauftragt gewesen. Diese "Liquidatoren" sind - auch insoweit geht der Senat von Allgemeinkundigkeit aus - in ganz erheblichem Umfang strahlenbelastet gewesen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Strahlenbelastung in der ersten Zeit nach dem Reaktorunfall in erheblichem Maß über dem liegt, was in einer späteren zeitlichen Phase empfangen worden ist.

Von diesen allgemeinkundigen Tatsachen ausgehend kann der Senat nicht feststellen, dass die vom Betroffenen und der Klägerin zum Gegenstand ihrer Anträge bei dem beklagten Land gemachte Erkrankung des Betroffenen an einem CUP-Syndrom mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit auf die sicher vorhandene Belastung des Betroffenen anlässlich seiner halbjährigen Tätigkeit im zweiten Halbjahr des Jahres 1987 mit radioaktiver Strahlung zurückzuführen ist.

Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten von Professor Dr. K. vom 17. September 2018 sowie auf die Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutz vom 30. August 2019. Weder dem Gutachten noch der Stellungnahme ist die Klägerin entgegengetreten.

Weitere Untersuchungen des Betroffenen - wie sie von Petersen (a.a.O.; vergleiche auch Stephan, MedSach 97,180 ff) für möglich und erforderlich gehalten werden - waren dem Senat angesichts des Todes des Betroffenen nicht mehr möglich.

Der Senat hält aber sowohl das Gutachten als auch die Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutz für nachvollziehbar, überzeugend und ausreichend. Er macht sie sich zu eigen.

Sowohl Professor Dr. K. als auch das Bundesamt für Strahlenschutz haben darauf hingewiesen, dass die Strahlendosis, die der Betroffene anlässlich seiner Teilnahme an den Aufräumarbeiten an dem havarierten Kernkraftwerk in Tschernobyl empfangen hat, in keiner Weise bekannt ist. Da die Auslösung einer Tumorerkrankung durch radioaktive Strahlung aber von der Dosis der empfangenen Strahlung abhängig sei, sei die Abschätzung in diesem Fall extrem schwierig. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass der Betroffene in einer relativ späten Phase zu den Aufräumarbeiten herangezogen worden ist. Professor Dr. K. hat ergänzend auf die Besonderheit der Erkrankung des Betroffenen hingewiesen. Bei diesem hat ein sogenanntes CUP-Syndrom vorgelegen. Bei dieser Erkrankung sind im Moment der Diagnose lediglich Metastasen festzustellen. Bei dem Betroffenen ist letztlich nie festgestellt worden, welcher Primärtumor vorgelegen hat. Daher konnte auch nicht die notwendige Dosis festgestellt werden, die nach den derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen erforderlich ist, um eben diesen Primärtumor auszulösen. Professor Dr. K. ist daher für sein Gutachten davon ausgegangen, dass der Wert zugrunde gelegt wird für die Erkrankung, die die geringste Dosis erfordert (vgl. insoweit auch die Angaben bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., 2017, S. 1261 f.). Selbst bei dieser - für die Klägerin extrem günstigen - Grundannahme konnte Professor Dr. K. aber nicht feststellen, dass die von ihm zugrunde gelegte Verstrahlung ursächlich für die Tumorerkrankung des Betroffenen geworden ist. Hinsichtlich der von Professor Dr. K. zugrunde gelegten Strahlendosen hat das Bundesamt für Strahlenschutz in seiner Stellungnahme vom 30. August 2019 bestätigt, dass diese nicht zu gering zugrunde gelegt worden sind. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat die Verursachung der Erkrankung durch die Strahlenbelastung in Tschernobyl daher ebenfalls für extrem unwahrscheinlich gehalten.

Vor diesem Hintergrund kann der Senat nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen, dass es anlässlich der Tätigkeit des Betroffenen im zweiten Halbjahr 1987 bei Aufräumarbeiten in der Umgebung des Reaktors in Tschernobyl zu einer Schädigung gekommen ist, die ursächlich für die in weitem zeitlichem Abstand diagnostizierte Tumorerkrankung des Betroffenen geworden ist. Ein versorgungsrechtlicher Anspruch scheidet damit aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.

Anlass die Revision in Anwendung von § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen besteht nicht.