Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 09.02.2005, Az.: L 3 KA 290/03
Ermächtigung des Krankenhausarztes zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten; Anspruch auf Erteilung der Ermächtigung bei fehlender Sicherstellung der ausreichenden Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Methoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten; Voraussetzungen für das Vorliegen eines quantitativ-allgemeinen Bedarfs und eines qualitativ-speziellen Bedarfs
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 09.02.2005
- Aktenzeichen
- L 3 KA 290/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 11784
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2005:0209.L3KA290.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 28.05.2003 - AZ: S 16 KA 375/02
Rechtsgrundlagen
- § 116 SGB V
- § 31a Ärzte-ZV
Fundstellen
- ArztR 2006, 47-48 (Kurzinformation)
- MedR 2005, 559-561 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
Der Bedarf einer speziellen ärztlichen Versorgung ist in der jeweiligen Gruppe der Gebietsärzte zu beurteilen. Der Zulassungsausschuss ist nicht berechtigt, die Grenzen der ärztlichen Fachgebiete anders zu ziehen als dies in den auch für das Vertragsarztrecht grundsätzlich maßgeblichen Vorschriften des Weiterbildungsrechts vorgegeben ist. Gibt es für ein Gebiet keinen Bedarfsplan, muss der Zulassungsausschuss Ermittlungen zur Bedarfslage anstellen.
Der Ausschluss eines älteren Krankenhausarztes von einer an sich notwendigen Ermächtigung verletzt dessen Recht auf Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz, weil er nicht durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt werden kann.
Tenor:
Die Berufungen werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden hat. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 1. als Gesamtschuldner.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zu ermächtigen ist.
Der 1942 geborene Kläger ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sowie Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie, Stimm- und Sprachstörungen. Er ist Direktor der Abteilung Phoniatrie und Pädaudiologie der F. -Universität G ... Die dortige Poliklinik ist gemäß § 117 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten ermächtigt. Im Zulassungsbezirk (Landkreis) G., in dem ein Bedarfsplan für Ärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie nicht besteht, sind zwei Ärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie als Vertragsärzte zugelassen. Leistungen der Phoniatrie/Pädaudiologie (Ziffern 1612 ff des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen &61500; EBM&61502;) werden darüber hinaus auch von HNO-Ärzten (teilweise mit der Zusatzbezeichnung: "Stimm- und Sprachstörungen") erbracht.
Am 8. Juni 1999 beantragte der Kläger bei dem Zulassungsausschuss G. für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit, ihn zur Teilnahme an der vertragsärztlichen phoniatrisch-pädaudiologischen Versorgung für Leistungen nach den folgenden EBM-Ziffern zu ermächtigen: 1, 2, 17, 18, 19, 42, 44, 72, 73, 74, 75, 533, 536, 805, 810, 811, 847, 850, 851, 890, 891, 892, 896, 953, 960, 1410, 1500, 1505, 1506, 1585, 1587, 1591, 1593, 1597, 1599, 1600, 1601, 1602, 1604, 1606, 1614, 1616, 1618, 1620, 1622, 1624, 1630, 1631, 1640, 1642, 1644, 1653, 7120, 7121. Die Ermächtigung wurde beantragt zur Diagnostik und Therapie bei Patienten mit Kommunikationsstörungen (Hör-, Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schluckstörungen) auf Überweisung von HNO-Ärzten, Kinderärzten, Phoniatern/Pädaudiologen, Neurologen und ermächtigten Ärzten im Rahmen deren Ermächtigungen. Beabsichtigt sei die hochspezialisierte Durchführung von Problemdiagnostiken und/oder zur Untersuchung von Problempatienten, bezogen auf verschiedene Indikationen in den Bereichen Stimme, Sprache/Sprechen/Schlucken und Hören. Die beantragte Ermächtigung zur persönlichen hochspezialisierten Leistungserbringung auf Überweisung impliziere einen nur begrenzten Leistungsumfang und sei damit wohl ohne Bedeutung für die ansonsten gültige Universitätspauschale.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit Beschluss vom 9. Mai 2001 ab, der dem Kläger am 30. Mai 2001 zuging. Die Voraussetzungen einer Ermächtigung auf dem Sektor der phoniatrisch-pädaudiologischen Versorgung lägen nicht vor, weil die vom Kläger angeführten Leistungen im Rahmen des Poliklinikvertrages weiterhin erbracht und abgerechnet werden könnten. Außerdem habe der Kläger das 55. Lebensjahr bereits vollendet, ohne dass ein Ausnahmetatbestand nach § 31 Abs. 9 Satz 2 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) ersichtlich sei. Angefügt war eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen den Beschluss binnen eines Monats nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle Widerspruch beim Beklagten erhoben werden könne.
Gegen diese Entscheidung rief der Kläger am 26. Juni 2001 den Beklagten an, ohne seinen Widerspruch zunächst zu begründen. Nachdem sein Prozessbevollmächtigter Akteneinsicht genommen hatte, teilte dieser dem Beklagten mit Schreiben vom 10. August 2001 - am 16. August 2001 eingegangen - mit, er habe gehofft, dort Angaben darüber zu finden, dass die behauptete ausreichende ärztliche Versorgung belegt sei; er stellte die Frage, ob die Beisitzer nur aus ihrem Gedächtnis heraus geurteilt hätten. Mit weiterem Schreiben vom 5. Juli 2002 führte er an, er gehe von einer Unterversorgung im südniedersächsischen Raum aus. Feststellungen über die Art und den Umfang der Versorgung mit den vom Kläger angeführten Leistungen seien im Antragsverfahren jedoch an keiner Stelle getroffen worden. Damit sei der Bescheid des Zulassungsausschusses rechtswidrig, da er nicht erkennen lasse, von welchen tatsächlichen Grundlagen und von welchen Ermessenserwägungen er ausgehe. Ergänzend verwies er darauf, dass der Leiter der Abteilung für Audiologie und Phoniatrie in der HNO-Klinik des Universitäts-Klinikums H. an der Freien Universität I. im Rahmen eines Vergleichs zur vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten in dem auch vom Kläger beantragten Umfang zugelassen worden sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 7. August 2002 zurück, weil eine Begründung hierfür fehle. Auf der Grundlage der Akten seien Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit des Beschlusses des Zulassungsausschusses nicht ersichtlich. Außerdem habe der Kläger die 55-Jahres-Grenze nicht unerheblich überschritten, ohne dass Gründe vorgetragen worden seien, die trotzdem eine Ermächtigung rechtfertigen könnten.
Gegen den am 13. September 2002 per Einschreiben zur Post gegebenen Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2002 Klage erhoben, die am 10. Oktober 2002 bei dem Sozialgericht (SG) Hannover eingegangen ist. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, es fehle nach wie vor an überprüfbaren Feststellungen, dass eine ausreichende Versorgung mit den angeführten Leistungen im südniedersächsischen Bereich gegeben sei. Solche Leistungen könnten von den ansässigen Ärzten teilweise gar nicht erbracht werden, etwa weil die apparative Ausstattung unzureichend sei; teilweise müssten die Patienten sehr lange auf eine Behandlung warten. Neben den in der Stadt G. zugelassenen zwei Ärzten für Phoniatrie und Pädaudiologie sei ansonsten kein Facharzt in der von seiner Klinik fachspezifisch zu versorgenden Region (Landkreise Göttingen, Osterode, Northeim, Holzminden, partiell Goslar und Hildesheim sowie einige Landkreise in Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen) tätig. Daneben gebe es niedergelassene HNO-Ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Sprach- und Stimmstörungen", die qualifikationsmäßig nicht gleichwertig seien. Von den zwei Fachärzten für Phoniatrie und Pädaudiologie in G. führe einer keine Warteliste, d. h. vergebe nur freie Termine und weise weitere Patienten ab. Die Klinik des Klägers selbst habe aktuelle Wartezeiten für "Erstdiagnostik Hören" von gut zwei Monaten, für "Kindersprache" von drei Monaten und für postoperative Stimmtherapien von vier Monaten. Weiterhin hat der Kläger näher dargelegt, in welchem Umfang kindliche Sprachentwicklungsstörungen, angeborene und frühkindlich erworbene Schallempfindungsschwerhörigkeiten, Schallleitungsschwerhörigkeiten, auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen, Stottern und Stimmfunktionsstörungen in der Bevölkerung verbreitet seien. Angesichts dessen sei eine ausreichende Versorgung durch zwei niedergelassene Phoniater und Pädaudiologen nicht nachvollziehbar, was im Übrigen dazu geführt habe, dass das Kapitel L.IV im zur Zeit gültigen EBM für HNO-Kollegen pauschal und ohne jegliche Qualifikationsbindung geöffnet worden sei. Die Erbringung der dort aufgeführten Leistungen sei aber für HNO-Ärzte fachfremd, was insbesondere im Hinblick auf die von diesen häufiger abgerechneten Ziffern 1614, 1620 und 1622 eine Versorgungslücke darlege.
Der Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, für die Bedarfsprüfung sei nicht der Versorgungsbereich der Poliklinik, sondern der Planungsbereich Göttingen zugrunde zu legen. Bezogen hierauf könnten die Bedarfs-Kennziffern für den Bereich der HNO-Ärzte herangezogen werden, weil diese berechtigt seien, die Leistungen des Abschnitts L.IV des EBM abzurechnen. Angesichts insgesamt 16 niedergelassener HNO-Ärzte im Planungsbereich G. - wovon zwei Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie seien und weitere acht Ärzte die Zusatzbezeichnung "Sprach- und Stimmstörungen" führten - sei der Bereich G. sehr komfortabel ausgestattet. Anhand der - von der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) vorgelegten - Abrechnungszahlen der Quartale I und II/02 sei überdies ersichtlich, dass es keine fachbezogene EBM-Ziffer gebe, die von den HNO-Ärzten in G. nicht erbracht werde. Hilfsweise hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger das 55. Lebensjahr und damit die Altersgrenze des § 31 Abs. 9 Ärzte-ZVüberschritten habe. Der Widerspruch des Klägers sei außerdem bereits unzulässig gewesen, weil er nicht innerhalb der Monatsfrist begründet worden sei. Schließlich hat der Beklagte bezweifelt, ob der Dienstherr des Klägers eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilen würde, wenn die Nebentätigkeit inhaltlich mit der Tätigkeit aus dem Hauptamt übereinstimme.
Mit Urteil vom 28. Mai 2003 hat das SG Hannover den Bescheid vom 7. August 2002 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen. Zutreffend habe der Kläger gerügt, dass hinsichtlich des tatsächlichen Bedarfs für die beantragten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden jegliche Sachverhaltsaufklärung des Beklagten fehle. Dieser habe keine Spekulationen über eine Nebentätigkeitsgenehmigung anzustellen, sondern die Unterlagen daraufhin zu überprüfen, ob eine solche vorliege. Für die Prüfung einer qualitativ-speziellen Versorgungslücke sei nicht der einzelne Planungsbereich zugrunde zu legen, vielmehr komme es allein auf das Bestehen eines tatsächlichen Bedarfs - ggf. auch landesweit - an. Die Überschreitung der 55-Jahre-Altersgrenze sei nur relevant, wenn die Ermächtigung des Klägers für die Schließung einer bestehenden Versorgungslücke nicht erforderlich sei. Der Widerspruch des Klägers sei weiterhin nicht unzulässig gewesen, weil die Rechtsbehelfsbelehrung keinen Hinweis auf das Erfordernis einer Begründung enthalten habe und damit unvollständig gewesen sei. Schließlich könnten auch nicht hilfsweise die Bedarfskennziffern für den HNO-Bereich herangezogen werden; es sei vielmehr zu prüfen, ob für das konkrete Patientenklientel im niedergelassenen Bereich ausreichende Behandlungsmöglichkeiten bestünden oder nicht. Der Beklagte müsse folglich die niedergelassenen Ärzte, insbesondere die beiden in J. n niedergelassenen Spezialisten, befragen, ob sie den vom Kläger beantragten Ermächtigungsumfang vollumfänglich abdeckten bzw. in welchen Punkten insoweit Lücken blieben.
Gegen das ihnen jeweils am 17. Juni 2003 zugestellte Urteil haben sowohl die Beigeladene zu 1. als auch der Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufung der Beigeladenen zu 1. ist am 4. Juli 2003, die des Beklagten am 10. Juli 2003 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingegangen.
Der Beklagte führt zur Begründung seiner Berufung aus, entgegen der Auffassung des SG komme es für die Prüfung eines qualitativ-speziellen Bedarfs grundsätzlich auf den jeweiligen Planungsbereich an. Nur wenn insoweit eine Unterversorgung festgestellt werde, müsse geprüft werden, ob die qualitative Versorgung des entsprechenden Planungsbereichs durch in den Nachbarplanungsbereichen niedergelassene Ärzte erfolgen könne. Unklar sei nach der erstinstanzlichen Entscheidung, wonach der Beklagte die beteiligten Ärzte nunmehr fragen solle; hierzu seien Informationen des Klägers erforderlich, welche Leistungen nur von ihm oder nur mit seiner Hilfe in genügendem Umfang erbracht werden könnten. Bereits hieran fehle es. Außerdem verweist der Beklagte erneut darauf, dass sämtliche im Planungsbereich Göttingen-Landkreis niedergelassenen HNO-Ärzte die Leistungen des EBM-Kapitels L.IV erbringen und abrechnen könnten und insbesondere die vier Ärzte einer Gemeinschaftspraxis in G. sämtliche Leistungen des Fachgebiets erbrächten. Schließlich wendet sich der Beklagte gegen die Ausführungen des SG zur Nebentätigkeitsgenehmigung und zur Altersgrenze.
Die Beigeladene zu 1. schließt sich der Berufungsbegründung des Beklagten an.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. Mai 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Bereits im Rahmen der Klagebegründung und dem Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 22. September 2003 habe er ausführlich dazu Stellung genommen, warum eine Versorgungslücke vorliege. Insbesondere weist er darauf hin, dass selbst Göttinger HNO-Ärzte Überweisungen an die Klinik vornähmen.
Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen sind zulässig. Insbesondere ist die Beigeladene zu 1. durch das angefochtene Urteil beschwert, weil die KÄVen auf Grund der ihnen übertragenen Verantwortung für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung durch Entscheidungen der Zulassungs- und Berufungsausschüsse stets und unmittelbar in eigenen Rechten betroffen sind (BSG SozR 3-2500 § 119 Nr. 1).
Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das SG hat der - als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässigen Klage - zu Recht stattgegeben; denn der Beschluss des Beklagten vom 7. August 2002, der nach der zum vertragsärztlichen Zulassungsrecht ergangenen ständigen Rechtsprechung (vgl. BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1) vorliegend alleiniger Verfahrensgegenstand ist, ist rechtswidrig.
Seiner sachlichen Überprüfung steht nicht entgegen, dass der Kläger die einmonatige Frist zur Einlegung des Widerspruchs (§ 84 SGG) nicht gewahrt hat. Wegen der Vorschrift des § 44 Satz 1 Ärzte-ZV setzt die Fristwahrung vorliegend voraus, dass der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses des Zulassungsausschusses auch begründet wird (BSG SozR 3-5520 § 44 Nr. 1); eine Begründung ist jedoch innerhalb eines Monats nach Zugang des Beschlusses beim Kläger - am 30. Mai 2001 - beim Beklagten nicht eingegangen. Diese Frage ist auch nicht etwa unerheblich, weil der Beklagte ausweislich der Begründung des Beschlusses vom 7. August 2002 "auf der Grundlage der Akten" entschieden hat und damit eine erneute Sachprüfung vorgenommen haben dürfte. Denn die Entscheidung über die Ermächtigung eines Krankenhausarztes ist ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, der sich sowohl auf die Rechtsposition des Arztes als auch auf die der KÄV auswirkt; in derartigen Fällen ist eine erneute Überprüfung in der Sache trotz Fristversäumnis nicht möglich (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.).
Zutreffend hat das SG aber dargelegt, dass die Rechtsbehelfsbelehrung im Beschluss des Zulassungsausschusses keinen Hinweis auf die Begründungspflicht enthielt und damit unrichtig war (vgl. auch BSG, Beschluss vom 16. Juli 2003 - B 6 KA 77/02 B), sodass vorliegend die 1-Jahres-Frist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG gilt. Diese Frist hat der Kläger mit seinem am 16. August 2001 beim Beklagten eingegangen Schreiben (noch) gewahrt. Dabei sind an das Vorliegen einer Begründung im Sinne des § 44 Satz 1 Ärzte-ZV keine strengen Anforderungen zu stellen, weil die dort geregelte Begründungspflicht ohnehin bereits eine dem allgemeinen Verfahrensrecht fremde Verschärfung darstellt; die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)) gebietet aber eine Auslegung und Anwendung der die Einlegung von Rechtsbehelfen regelnden Vorschriften, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs nicht in unzumutbarer, aus Rechtsgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (BVerfG SozR 3-1500 § 67 Nr. 22). Angesichts dessen ist es vorliegend als ausreichende Widerspruchsbegründung anzusehen, dass der Kläger in dem genannten Schreiben seine Zweifel daran zum Ausdruck gebracht hat, dass die vom Zulassungsausschuss behauptete ausreichende ärztliche Versorgung belegt ist.
Die Klage ist auch begründet; der Beklagte hat die Voraussetzungen einer Ermächtigung des Klägers rechtsfehlerhaft verneint.
Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV. Danach können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung und mit Zustimmung des Krankenhausträgers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung des Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Hiermit kommt zum Ausdruck, dass den niedergelassenen Vertragsärzten Vorrang bei der ambulanten Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zukommt und daneben die Einbeziehung von Krankenhausärzten in die vertragsärztliche Versorgung nur möglich ist, wenn ansonsten eine Lücke bei der ambulanten Versorgung vorläge. Dabei ist von zwei unterschiedlichen Bedarfssituationen auszugehen. Ein quantitativ-allgemeiner Bedarf liegt vor, wenn in einem Planungsbereich zu wenig niedergelassene Ärzte einer Arztgruppe vorhanden sind, um den Bedarf zu decken (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 24). Demgegenüber liegt ein qualitativ-spezieller Bedarf vor, wenn der Krankenhausarzt über besondere Untersuchungs- bzw. Behandlungsmethoden verfügt, die für die Versorgung notwendig sind, von den niedergelassenen Ärzten aber nicht oder nicht in ausreichendem Maße angeboten werden (BSG a.a.O.). Bei der Überprüfung der Frage, ob eine Versorgungslücke anzunehmen ist, steht den Zulassungsinstanzen nach ständiger Rechtsprechung (BSG SozR 5520 § 29 Nr. 8; SozR 3-2500 § 116 Nr. 2) ein Beurteilungsspielraum zu, in dessen Rahmen sich die Kontrolle der Gerichte darauf beschränkt, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsinstanzen die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten haben und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Die Grenzen dieses Beurteilungsspielraums hat der Beklagte jedoch überschritten, weil er keine hinreichenden Sachverhaltsermittlungen hinsichtlich des Bedarfs für eine Ermächtigung durchgeführt hat.
1.
Der Beklagte hat schon nicht in ausreichender Weise überprüft, ob im Planungsbereich Landkreis G., von dem bei der Bedarfsermittlung - zunächst - auszugehen ist, ein quantitativ-allgemeiner Bedarf für die vom Kläger angestrebte Ermächtigung zur Teilnahme an der phoniatrisch-pädaudiologischen Versorgung besteht; wäre dies zu bejahen, könnte auch ein Bedarf für die vom Kläger angebotene "hochspezialisierte Durchführung" nicht von der Hand zu weisen sein. Zu Unrecht hat der Beklagte für seine diesbezüglichen Erwägungen auch alle zugelassenen HNO-Ärzte berücksichtigt, die die vom Kläger angeführten phoniatrischen bzw. pädaudiologischen Leistungen erbringen. Dies widerspricht dem von der ständigen BSG-Rechtsprechung vorgegebenen Grundsatz, wonach nur der Bedarf in der jeweiligen Gruppe der Gebietsärzte maßgeblich ist (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 10); denn nach der insoweit maßgeblichen Weiterbildungsordnung (WBO) der Ärztekammer Niedersachsen (in Kraft seit dem 1. Oktober 1997) bilden die Phoniater und Pädaudiologen eine eigene Arztgruppe (vgl. dort Abschnitt IV Nr. 32).
Die Einbeziehung von HNO-Ärzten in die Bedarfsplanung wird auch nicht durch die Regelung im EBM (vor Ziffer 1612) ermöglicht, wonach einzelne Leistungen des Abschnitts L.IV auch von HNO-Ärzten berechnet werden können, weil der Bewertungsausschuss nicht berechtigt ist, die Grenzen der ärztlichen Fachgebiete anders zu ziehen als dies in den auch für das Vertragsarztrecht grundsätzlich maßgeblichen Vorschriften des Weiterbildungsrechts vorgegeben ist. Zum Fachgebiet der Phoniatrie und Pädaudiologie gehören ausweislich der Gebietsdefinition in Abschnitt IV Nr. 32 der WBO Erkrankungen und Störungen der Stimme, der Sprache und des Sprechens sowie kindliche Hörstörungen auf der Grundlage der anatomischen, physiologischen, diagnostischen und therapeutischen Grundlagen der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und der Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Kinderheilkunde und Stomatologie einschließlich Erkenntnissen aus Linguistik, Phonetik, Psychologie, Verhaltenswissenschaften, Pädagogik, Akustik, Kommunikationswissenschaften zur Berücksichtigung der ärztlichen Versorgung von Kranken mit Störungen der Stimme, der Sprache, des Sprechens und kindlicher Hörstörungen. Ein derart interdisziplinär begründeter Leistungsinhalt ist deshalb auch für die Erbringung phoniatrisch-pädaudiologischer Leistungen wie z.B. der EBM-Ziffern 1620, 1622 oder 1640 vorauszusetzen. Zur HNO-Heilkunde gehören (nach Abschnitt IV Nr. 10 WBO) zwar auch Störungen von Stimme, Sprache und Sprechen beim Kind und Erwachsenen sowie die besondere Diagnostik und Therapie von kindlichen Hörstörungen, jedoch ohne die umfassenden Bezüge zu nichtmedizinischen Wissenschaften wie bei den Phoniatern/Pädaudiologen. Dementsprechend sieht die WBO für HNO-Ärzte - unter Ziffer 10.1.1 - lediglich die Vermittlung und den Erwerb von Kenntnissen über Phoniatrie bzw. Pädaudiologie vor, nicht jedoch eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten. Phoniaterische und pädaudiologische Kenntnisse sind damit nur erforderlich, um die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit Phoniatern bzw. Pädaudiologen zu vermitteln; die entsprechenden Leistungen bleiben für HNO-Ärzte jedoch fachfremd (vgl. Senatsurteil v. 18. August 2004 - L 3 KA 103/02). Nichts anderes gilt für die HNO-Ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Stimm- und Sprachstörungen", weil derartige Zusatzqualifikationen nicht zu einer Ausweitung des im Rahmen der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung abrechnungsfähigen Gebietes führen (Senatsurteil a.a.O. m.w.N.). Folglich wird mit der Erbringung von phoniatrischen und pädaudiologischen Leistungen durch HNO-Ärzte nicht die in § 70 Abs. 1 S. 1 SGB V geforderte fachliche Qualität vertragsärztlicher Leistungen gewährleistet, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.
Wenn sich der Bewertungsausschuss entgegen dieser Vorgaben dazu entschlossen hat, Leistungen nach dem EBM-Abschnitt L.IV für HNO-Ärzte zu öffnen, ist dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass das quantitative Bedürfnis nach der Erbringung entsprechender Behandlungen durch die zugelassenen Phoniater/Pädaudiologen nicht gedeckt ist. Dies gilt umso mehr, als auch die vom Beklagten vorgelegten Abrechnungsunterlagen zu den Quartalen I und II/2002 - etwa im Hinblick auf die Ziffern 1620 und 1622 - zeigen, dass entsprechende Leistungen im Landkreis G. von einer größeren Zahl von HNO-Ärzten erbracht werden. Genauere Erkenntnisse zur Bedarfslage liegen jedoch zurzeit nicht vor, weil es für dieses Gebiet keinen Bedarfsplan gibt (zu dessen Maßgeblichkeit für den quantitativ-allgemeinen Versorgungsbedarf vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 und 10). Der Beklagte hat deshalb Ermittlungen dazu anzustellen, wie viele Phoniater/Pädaudiologen im Zulassungsbereich G. notwendig wären, um den dortigen Bedarf der Versicherten nach entsprechenden ambulanten ärztlichen Leistungen zu decken. Dabei kann er sich insbesondere der Hilfe des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bedienen, der gemäß § 100 SGB V für die Feststellung einer eventuellen Unterversorgung zuständig ist (vgl. hierzu BSG SozR3-2500 § 97 Nr. 2); denkbar ist auch die ergänzende Befragung des Bewertungsausschusses dazu, welche Umstände zur Öffnung einzelner Leistungen der Ziffern 1612 ff EBM für HNO-Ärzte geführt haben.
Sollten die nachzuholenden Ermittlungen zu dem Ergebnis führen, dass ein quantitativ-allgemeiner Bedarf für eine Ermächtigung in phoniatrisch-pädaudiologischen Problemfällen vorliegt, bedeutet dies allerdings nicht, dass ohne weiteres eine Ermächtigung zur Erbringung aller vom Kläger gewünschten Einzelleistungen auszusprechen wäre. Vielmehr müsste der Beklagte dann noch im Einzelnen untersuchen, ob im Hinblick auf die geltend gemachten EBM-Ziffern, die nicht ausschließlich zum Fachbereich der Phoniater und Pädaudiologen gehören (z.B. 533 und 536 oder 810, 811), eine Mitbehandlung durch niedergelassene HNO-Ärzte oder Ärzte anderer Fachgruppen - deren Vorrang in allen Abschnitten der Behandlung der Versicherten zu wahren ist, vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 24 - in Betracht kommt oder ob medizinische Notwendigkeiten dafür sprechen, auch diese zwingend vom Phoniater/Pädaudiologen durchführen zu lassen.
Ergeben die nachzuholenden Ermittlungen, dass der Behandlungsbedarf für phoniaterisch/pädaudiologische Leistungen im Zulassungsbezirk G. durch die dort niedergelassenen Ärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie gedeckt ist, wird der Beklagte im Rahmen seines Beurteilungsspielraums auch zu prüfen haben, ob ein entsprechender quantitativ-allgemeiner Bedarf in den beiden (noch zu seinem Zuständigkeitsbereich gehörenden) niedersächsischen Nachbarkreisen Northeim und Osterode vorliegt. Denn von dem Grundsatz, dass der Bedarfsermittlung für eine beantragte Ermächtigung der jeweilige regionalen Planungsbereich zu Grunde zu legen ist (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 10), sind im Einzelfall Ausnahmen möglich, etwa wenn besondere geografische Verhältnisse die zusätzliche Berücksichtigung eines benachbarten Planungsbereichs nahelegen (BSG SozR 3-2500 § 97 Nr. 2). Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tag (Az: L 3 KA 253/02) ausgeführt hat, kann ein derartiger atypischer Ausnahmefall auch vorliegen, wenn spezielle Leistungen in Frage stehen, die von einer zahlenmäßig kleinen Minderheit von Ärzten erbracht werden, sodass ein wohnortnahes Angebot nicht zu erwarten und eine planungsbereichsübergreifende Inanspruchnahme der wenigen Spezialisten üblich ist. Dies liegt im Hinblick auf die noch relativ junge Fachgruppe der Phoniater und Pädaudiologen nahe, weil es nach den Angaben des Beklagten (im Schriftsatz vom 5. Mai 2003) nur vier niedergelassene Phoniater/Pädaudiologen in Niedersachsen gibt.
2.
Führen die nach diesen Vorgaben durchgeführten Ermittlungen zum Ergebnis, dass der quantitativ-allgemeine Behandlungsbedarf für phoniaterisch/pädaudiologische Leistungen gedeckt ist, besteht grundsätzlich kein Bedarf mehr dafür, eine Ermächtigung aus qualitativ-speziellen Gesichtspunkten auszusprechen, um eine "hochspezialisierte" Leistungserbringung, etwa von Problempatienten, zu ermöglichen. Denn im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ist typischerweise davon auszugehen, dass auch die niedergelassenen Ärzte auf Grund ihres Aus- und Weiterbildungsstands dem Versorgungsanspruch der Versicherten voll entsprechen können (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 4), wobei sich dieser ohnehin nicht nach dem wissenschaftlichen Höchststand richtet (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1). Dies gilt auch im Hinblick auf seltene Erkrankungen oder schwierige und komplexe Krankheitsbilder (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 12). Etwas anderes kann insbesondere dann gelten, wenn die niedergelassenen Phoniater und Pädaudiologen - namentlich aus Gründen fehlender apparativer Ausstattung - über einzelne Leistungsangebote nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß verfügen, die der Kläger vorhält. Dies macht der Kläger im Hinblick auf die EBM-Ziffern 533,536, 810 und 811 substantiiert geltend (Schreiben vom 3. März 2003). Dem hat der Beklagte nachzugehen, wobei er - wie bereits dargelegt - auch untersuchen muss, ob diese Leistungen im Rahmen der phoniatrisch-pädaudiologischen Therapie überhaupt vom diesbezüglichen Gebietsarzt erbracht werden müssen. Schließlich erfordert die bisher völlig ungeklärte Bedarfssituation auch die ergänzende Untersuchung, ob trotz gegebenenfalls ausreichender quantitativer Versorgung eine qualitativ-spezielle Versorgungslücke bei einzelnen phoniatrisch-pädaudiologischen Leistungen besteht, wie sie vom Kläger in seinen Schreiben vom 23. Mai 2003 (z.B. Ziffer 1614, 1620, 1622) und vom 29. September 2004 (z.B. funktionale Stimmtherapie und Stimmrehabilitation) vorgetragen wird.
Auch für die Prüfung des qualitativ-speziellen Bedarfs ist zunächst von der im Landkreis Göttingen vorliegenden Bedarfssituation auszugehen, weil auch insoweit der Zuschnitt der regionalen Planungsbereiche grundsätzlich maßgeblich ist (BSG, Beschluss vom 20. April 1998 - B 6 KA 36/97 B; Senatsurteil vom 5. November 2003 - L 3 KA 100/01). Aus den bereits dargelegten Gründen hat der Beklagte aber für den Fall, dass im Zulassungsbezirk G. ein qualitativ-spezieller Bedarf nicht vorliegt, zu prüfen, ob ein solcher unter zusätzlicher Berücksichtigung der Zulassungsbezirke K. oder L. angenommen werden muss.
3.
Der beantragten Ermächtigung steht nicht entgegen, dass der Kläger 1942 geboren und damit älter als 55 Jahre ist.
§ 31a Abs. 3 Ärzte-ZV sieht allerdings die entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 7 bis 10 Ärzte-ZV vor. Nach § 31 Abs. 9 Satz 1 ist die Ermächtigung eines Arztes, der das 55. Lebensjahr vollendet hat, ausgeschlossen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann der Zulassungsausschuss hiervon in Ausnahmefällen abweichen, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung oder zur Vermeidung von unbilligen Härten erforderlich ist. Da die Notwendigkeit der Sicherstellung der Versorgung bereits zwingende Voraussetzung einer Ermächtigung nach § 31a ist, beinhaltet die in § 31a Abs. 3 angeordnete "entsprechende" Anwendung des § 31 Abs. 9, dass die im dortigen Satz 2 geregelte Abweichung von Satz 1 nicht nur in Ausnahmefällen, sondern in jedem Fall einer zu prüfenden Ermächtigung eines Krankenhausarztes möglich ist.
Soweit der in Satz 2 enthaltene Begriff "kann" eine Ermessensprüfung der Frage ermöglichen sollte, ob bei Krankenhausärzten, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, im Einzelfall entweder dem Ausschlusskriterium "Alter" oder der Sicherstellung Vorrang eingeräumt wird, ist der diesbezügliche Ermessensspielraum aus verfassungsrechtlichen Gründen auf Null reduziert (ebenso: Knittel in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Lsbls. - Std. Mai 2004 -, § 116 SGB V RdNr. 16). Der Ausschluss eines älteren Krankenhausarztes von einer an sich notwendigen Ermächtigung verletzt dessen Recht auf Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG), weil er nicht durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt werden kann (vgl. zu diesem Kriterium BVerfG NJW 2002, 1864, 1866) [BVerfG 18.10.2001 - 1 BvR 881/00]. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der §§ 25 (für niedergelassene Ärzte) und 31 Abs. 9 Ärzte-ZV durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 im Wesentlichen die Absicht verfolgt, eine Gefährdung der Wirtschaftlichkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung zu verhindern, die eintreten könne, wenn Ärzte, die die kassenärztliche Tätigkeit nur während einer relativ kurzen Zeit ausüben können, die Amortisation ihrer Praxisinvestitionen durch gesteigerte oder unwirtschaftliche Tätigkeit zu erreichen versuchen (BT-Drs. 11/2237, S. 195). Für eine derartige Befürchtung besteht jedoch kein Anlass, wenn der betroffene Arzt keine eigene Praxis gründen muss, sondern seine Existenzgrundlage bereits in seiner Tätigkeit im Krankenhaus gefunden hat. Auch der vom BSG zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des § 25 Ärzte-ZV als entscheidend hervorgehobene Umstand, dass mit der genannten Altersgrenze der steigenden Überversorgung mit Ärzten entgegengewirkt werden sollte (BSG SozR3-5520 § 25 Nr. 1), ist hier nicht durchgreifend, weil die Ermächtigung gerade notwendig ist, um eine ansonsten bestehende Unterversorgung zu verhindern. Angesichts der hierin zum Ausdruck kommenden Unterschiede zwischen der Zulassung eines ambulant tätigen Arztes und der Ermächtigung eines Krankenhausarztes könnte das Eingreifen der Alterbeschränkung im vorliegenden Fall auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass der zu ermächtigende Arzt nicht besser gestellt werden darf als der zulassungswillige. Der Zulassungsausschuss - bzw. hier: der Beklagte - ist mithin ungeachtet des Alters des Krankenhausarztes verpflichtet, eine Ermächtigung zu erteilen, wenn ein entsprechender Versorgungsbedarf vorliegt.
4.
Nach alledem musste die Berufung des Beklagten und der Beigeladen zu 1. erfolglos bleiben; lediglich zur Klarstellung war auszusprechen, dass der Beklagte eine erneute Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erteilen hat. Dabei hat der Beklagte bei seiner neuen Entscheidung auch zu beachten, dass er auf die Vervollständigung eines u.U unvollständigen Antrags hinzuwirken hat (§ 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, etwa im Hinblick auf die gemäß § 31a Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV notwendige Zustimmung des Krankenhausträgers. Sollte es zur Erteilung der begehrten Ermächtigung kommen, kann der Beklagte die Zahl der hiernach durch den Kläger abzurechnenden Leistungen begrenzen, um eine Verschiebung der Leistungserbringung zu Lasten der seiner Klinik bereits erteilten Ermächtigung nach § 117 SGB V zu verhindern (vgl. hierzu eingehend BSG SozR 3-5520 § 31 Nr. 9).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 sowie § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Senat hat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen.