Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 10.02.2005, Az.: L 12 RA 23/02

Anspruch auf eine Witwerrente unter den sonstigen Voraussetzungen des geltenden Rechts; Befriedigung der Kosten der gemeinschaftlichen Lebensführung sowie der persönlichen Bedürfnisse der Familienangehörigen durch den Familienunterhalt; Privatentnahmen eines Selbstständigen aus dem Gewerbebetrieb als Beträge, die dem Unterhalt der Familie zur Verfügung stehen; Unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit eines Selbstständigen; Zur Verfügung stehen von Pflegedienstleistungen als Unterhaltsbeitrag für die Familie

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
10.02.2005
Aktenzeichen
L 12 RA 23/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 11240
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2005:0210.L12RA23.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 16.08.2002 - AZ: S 8 RA 164/99

Redaktioneller Leitsatz

Der Begriff des Familienunterhalts im Sinne des § 303 Satz 1 SGB VI umfasst insbesondere alle geldwerten Mittel, die den Ehegatten oder der Familie regelmäßig zur Verfügung stehen und die zugleich auch erforderlich sind, die Kosten der gemeinschaftlichen Lebensführung sowie der persönlichen Bedürfnisse der Familienangehörigen zu befriedigen. Maßgeblich sind die - ex post zu betrachtenden - tatsächlich bezogenen Einkünfte, d. h. die Beiträge der Ehegatten, die während des maßgebenden Zeitraums dem Familienunterhalt tatsächlich zur Verfügung standen. Diese Begriffsdefinition beinhaltet gleichzeitig, dass bei Selbstständigen eine Beschränkung auf das Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 Abs. 1 SGB IV nicht zulässig ist. Bei Selbstständigen sind auch Privatentnahmen aus dem Gewerbebetrieb - soweit dadurch nicht Verluste in einer anderen Firma ausgeglichen werden - Beträge, die dem Unterhalt der Familie zur Verfügung stehen. Verluste der Firma können Selbständige nicht als negativer Unterhaltsbeitrag abzuziehen. Zuschüsse der Pflegekasse zu den Unterbringungskosten in einem Pflegeheim sind nicht zu den Einkünften der Familie zuzurechnen.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 16. August 2002 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Witwerrente hat.

2

Der am 21. April 1914 geborene Kläger ist der Witwer der am 22. November 1915 geborenen und am 4. Oktober 1997 gestorbenen Elma Sommer (Versicherte). Die Eheleute hatten am 28. Dezember 1988 gemeinsam gegenüber der Beklagten erklärt, dass für sie die am 31. Dezember 1985 geltenden Rechtsvorschriften für Renten an Witwen und Witwer weiterhin anzuwenden sein sollten.

3

Einen im Februar 1998 gestellten Antrag auf Witwerrente, der zunächst nur für die ersten drei Monate nach dem Tode der Versicherten gelten sollte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 1998 mit der Begründung ab, die Versicherte habe im letzten Jahr vor ihrem Tode den Unterhalt der Familie nicht überwiegend bestritten.

4

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und vertrat die Auffassung, der Unterhaltsbeitrag seiner verstorbenen Ehefrau während des letzten Jahres vor ihrem Tode sei höher gewesen als sein eigener Unterhaltsbeitrag. Während er den Unterhaltsbeitrag der Versicherten auf DM 107.093,00 bezifferte, ging er von einem eigenen Unterhaltsbeitrag in Höhe von DM 57.819,00 aus.

5

Er machte hierzu - überwiegend gleich lautend auch bereits im Antragsverfahren - folgende Angaben:

6

Die Versicherte lebte seit Mai 1993 in einem Altenpflegeheim. Sie bezog Leistungen aus der Pflegeversicherung in Höhe von monatlich DM 2.800,00, jährlich DM 33.600,00, welche vollständig für die Kosten der Heimunterbringung aufzubringen waren. Sie erhielt Altersrente von der Beklagten in Höhe von DM 25.070,31. Sie war Eigentümerin des Einfamilienhauses, in dem die Eheleute bis April 1993 gemeinsam wohnten und welches seit Mai 1993 allein von dem Kläger bewohnt wurde; der Mietwert betrug DM 30.000,00 jährlich. Ferner war sie Eigentümerin einer vermieteten Eigentumswohnung mit Mieteinnahmen, die nach Abzug von Unkosten DM 18.423,00 betrugen.

7

Der Kläger selbst ist Kommanditist der Hans Sommer GmbH & Co. KG mit einer Beteiligung von 20 %. In der Zeit von Oktober 1996 bis September 1997 erlitt die Gesellschaft Verluste, die sich für den Kläger auf DM 47.056,00 beliefen. In diesem Zeitraum entnahm er DM 20.232,00, wobei es sich bei dieser Entnahme um die Rückzahlung von Darlehensbeträgen gehandelt hat, die in den Vorjahren durch Gewinngutschriften und durch Einlagen entstanden waren. Der Kläger hatte Kapitaleinkünfte in Höhe von DM 25.042,00 und eine Altersrente in Höhe von DM 32.777,00.

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Mit Schreiben vom 7. Dezember 1998 ist der Kläger dazu angehört worden, dass der für den Zeitraum von November 1997 bis Januar 1998 gewährte Vorschuss auf die Witwerrente in Höhe von DM 5.977,53 zurückgefordert werden soll.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, der Verlust aus dem Gewerbebetrieb sei nicht zu berücksichtigen, da es darauf ankomme, welche Beträge tatsächlich dem Familienunterhalt zur Verfügung gestellt worden seien. Deshalb seien die getätigten Privatentnahmen zu berücksichtigen. Nicht in die Berechnung einzubeziehen sei hingegen das Pflegegeld, da diese Leistung ausschließlich der Versicherten und nicht der Familie insgesamt zu-gute gekommen sei. Die Beklagte ging auf Grund dieser Erwägungen von folgender Berechnung aus:

10

Einkünfte des Einkünfte der Klägers Versicherten

RenteDM 32.777,49DM 25.070,31
Erlöse aus WertpapierenDM 25.042,00DM 0
MieteinnahmenDM 0DM 18.423,00
Mietwert des HausesDM 0DM 30.000,00
PrivatentnahmenDM 20.232,00DM 0
DM 78.051,49DM 73.493,31
11

Der Kläger hat am 27. September 1999 Klage beim Sozialgericht (SG) Bremen erhoben. Er hat zur Begründung ausgeführt, die in dem fraglichen Zeitraum entnommenen Gewinngutschriften und Einlagen seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb in vergangenen Jahren gewesen. Sie dürften nicht erneut im Zeitpunkt der Entnahme als Einkünfte berücksichtigt werden. Ferner seien die Leistungen aus der Pflegeversicherung als Einkommen der Versicherten zu sehen, welches der Familie insgesamt zugute komme. Es sei daher von folgenden Einkünften auszugehen:

12

Einkünfte des Einkünfte der Klägers Versicherten

RenteDM 32.777,49DM 25.070,31
Erlöse aus WertpapierenDM 25.042,00DM 0
MieteinnahmenDM 0DM 18.423,00
Mietwert des HausesDM 0DM 30.000,00
PflegeversicherungDM 0DM 33.600,00
DM 57.819,49DM 107.093,31
13

Das SG Bremen hat der Klage mit Urteil vom 16. August 2002 stattgegeben und sich zur Begründung auf Folgendes bezogen: Während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands von Oktober 1996 bis September 1997 habe die Versicherte die Familie überwiegend unterhalten. Die Privatentnahmen des Klägers dürften bei der Berechnung seiner Einkünfte nicht mitgezählt werden. Auch im Rahmen der Vorschrift des § 303 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI), welche die Anspruchsvoraussetzungen für eine Witwerrente nach altem Recht regele, sei bei Selbstständigen auf deren Arbeitseinkommen abzustellen. Das Arbeitseinkommen sei aber der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Würde man Privatentnahmen neben den Einkünften aus Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit als Einkommen berücksichtigen, käme dies einer unzulässigen Doppelerfassung von Gewinnen gleich. Als Einkünfte des Versicherten während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands seien daher nur seine Rente und die Erträge aus Wertpapieren zu berücksichtigen, ferner als negative Einkünfte der Verlust aus dem Gewerbebetrieb. Auf diesem Hintergrund könne es dahinstehen, ob in dem Verlust ggf. noch nicht berücksichtigungsfähige steuerliche Vergünstigungen enthalten seien und ob das Pflegegeld als Einkommen der Versicherten zu berücksichtigen sei.

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Gegen dieses ihr am 11. September 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10. Oktober 2002 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie trägt vor, es komme für den Anspruch auf Witwerrente nicht auf das Arbeitseinkommen von Selbstständigen an, sondern auf den jeweiligen Beitrag zum Unterhalt der Familie und damit auf das, was während des maßgebenden Zeitraums dem Familienunterhalt tatsächlich zur Verfügung gestanden habe. Bei Selbstständigen seien zu berücksichtigen die Gesamteinnahmen aus dem Betrieb, gemindert um die tatsächlichen Betriebsausgaben und die tatsächlich gezahlten Steuern. Komme es in diesem Rahmen zu einem Verlust, könnten dem Familienunterhalt Privatentnahmen aus vorhandenen liquiden Mitteln zugeflossen sein. Die Pflegesachleistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung seien allein der pflegebedürftigen Versicherten zugute gekommen und gehörten nicht zum Familienunterhalt. Im Übrigen hätten die Renteneinkünfte der Versicherten DM 24.827,49 und die des Klägers DM 32.458,95 betragen.

15

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 16. August 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

16

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

17

Er bezieht sich auf die nach seiner Auffassung zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil. Ergänzend trägt er zur Erwiderung vor, das Bundessozialgericht (BSG) habe nicht entschieden, dass Privatentnahmen auch dann als Beitrag zum Familienunterhalt zu berücksichtigen seien, wenn der Betrieb in dem fraglichen Zeitraum einen Verlust erlitten habe. Ferner sei eine Privatentnahme schon deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil es sich nicht um eine regelmäßig wiederkehrende Leistung zum Familienunterhalt handele. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei im Übrigen auch die Leistung aus der Pflegeversicherung als Unterhalt der Familie anzusehen.

18

Das Gericht hat die Rentenakte der Versicherten - Versicherungsnummer 68 221115 J 504 - beigezogen. Der Inhalt dieser Akte und der Prozessakte - L 12 RA 23/02, S 8 RA 164/99 - ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

19

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Die Klage ist abzuweisen, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Witwerrente.

20

Nach § 303 Satz 1 SGB VI besteht Anspruch auf eine Witwerrente unter den sonstigen Voraussetzungen des geltenden Rechts u.a. dann, wenn die Ehegatten bis zum 31. Dezember 1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts abgegeben haben und die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod überwiegend bestritten hat. Die Versicherte hat jedoch den Familienunterhalt in dem hier maßgebenden Zeitraum nicht überwiegend, d. h., nicht mehr als zur Hälfte, bestritten.

21

Das SG hat bereits dargelegt, dass der letzte wirtschaftliche Dauerzustand im vorliegenden Fall der Zeitraum vom 1. Oktober 1996 bis 30. September 1997 gewesen ist; hierauf wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

22

Der Anteil der Versicherten am Familienunterhalt betrug in diesem Zeitraum jedoch nicht mehr als die Hälfte. Dies ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Einkünfte des Klägers und der Einkünfte der Versicherten, wie sie im Widerspruchsbescheid vom 25. August 1999 vorgenommen worden ist (mit geringfügigen Modifikationen hinsichtlich der Rentenhöhe, wie sie die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung vom 5. November 2002 berechnet hat).

23

1.

Die Privatentnahmen des Klägers in Höhe von DM 20.332,00 sind Teil seines Unterhaltsbeitrags zum Familienunterhalt. Hingegen sind die Verluste aus der Firmenbeteiligung des Klägers nicht als negative Einkünfte abzuziehen. Der Begriff des Familienunterhalts im Sinne des § 303 Satz 1 SGB VI umfasst insbesondere alle geldwerten Mittel, die den Ehegatten oder der Familie regelmäßig zur Verfügung stehen und die zugleich auch erforderlich sind, die Kosten der gemeinschaftlichen Lebensführung sowie der persönlichen Bedürfnisse der Familienangehörigen zu befriedigen (BSG vom 1.2.1984, SozR 2200 § 1266 Nr. 23). Maßgeblich sind die - ex post zu betrachtenden - tatsächlich bezogenen Einkünfte, d. h. die Beiträge der Ehegatten, die während des maßgebenden Zeitraums dem Familienunterhalt tatsächlich zur Verfügung standen (BSG vom 27.4.1982, SozR 2200 § 1266 Nr. 21; Kasseler Kommentar - Gürtner § 303 SGB VI Rdnr. 29). Diese Begriffsdefinition beinhaltet gleichzeitig, dass bei Selbstständigen eine Beschränkung auf das Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) nicht zulässig ist. So hat das BSG (Urteil vom 23.4.1981, SozR 2200 § 1266 Nr. 17) ausdrücklich ausgeführt, dass bei Selbstständigen auch Privatentnahmen aus dem Gewerbebetrieb - soweit dadurch nicht Verluste in einer anderen Firma ausgeglichen werden - Beträge sind, die dem Unterhalt der Familie zur Verfügung stehen.

24

Diese Betrachtungsweise des BSG deckt sich im Übrigen auch mit dem zivilrechtlichen Unterhaltsrecht, ohne dass es auf die Frage einer Unterhaltsberechtigung bzw. Unterhaltsverpflichtung ankommt (Gürtner a.a.O. Rdnr. 27 m. w. H.). So hat das OLG Braunschweig (Urteil vom 28.4.1982 - 1 UF 111/81 -, zitiert nach JURIS) entschieden, dass sich die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit eines Selbstständigen nicht nach der Höhe seines steuerpflichtigen Einkommens bemisst. Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 6.4.1982 - 6 UF 221/81 -, zitiert nach JURIS) hat entschieden, die Privatentnahmen eines Selbstständigen aus seinem Unternehmen könnten ein Hilfsmittel sein, um das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen festzustellen. Einschränkend hat es Grenzen für die Anwendung dieses Hilfsmittels in solchen Fällen angesprochen, in denen der Selbstständige in seiner Geschäftsbilanz Verluste aufführt; dies gelte zumindest dann, wenn das Vermögen des Selbstständigen schon durch Kredite im Wesentlichen belastet und/oder sogar durch eingetretene Geschäftsverluste erschöpft ist, er aber weiter Gelder von Dritten ausleiht und diese Gelder im Wege der Privatentnahmen ganz oder teilweise dem Unternehmen entzieht. Ob eine derartige Einschränkung hier, wo es nicht um Ansprüche, sondern um faktische Beiträge zum Unterhalt geht, angebracht ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat der Kläger durch die in dem maßgeblichen Zeitraum vorgenommene Privatentnahme die Substanz der Firma, an der er beteiligt ist, nicht in der Form belastet, dass die Firma sich wegen dieser Privatentnahme verschulden musste. Vielmehr hat der Kläger nach seinem eigenen Vortrag lediglich die Rückzahlung eines an die Firma gegebenen Darlehens geltend gemacht. Zu der Darlehensgewährung seitens des Klägers an die Firma ist es dadurch gekommen, dass er Gewinngutschriften aus vergangenen Jahren nicht oder nicht vollständig abgehoben, sie vielmehr seinem Gesellschafterkonto gutgeschrieben hat. Nach der Rechtsprechung des BSG (vom 26.6.1990 - 5 RJ 54/89 -) gilt eine Tilgung von Darlehen als Unterhaltsleistung, wenn das Darlehen in früheren Jahren für Familienzwecke aufgenommen worden ist. Umgekehrt muss dann aber auch die empfangene Rückzahlung eines Darlehens, welches früher unter Verminderung des Familieneinkommens an Dritte gewährt worden ist, als Unterhaltsleistung gelten.

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Soweit der Kläger unter Hinweis auf die Kommentierung bei Wannagat (§ 303 SGB VI Rdnr. 25) eine Privatentnahme deshalb nicht zum Unterhalt rechnen will, weil es sich nicht um eine regelmäßig wiederkehrende Leistung zum Familienunterhalt handelt, kann ihm nicht gefolgt werden. Zum einen können bei den Einkünften von Selbstständigen, die auf Grund der Schwankungen von Gewinnen oder Verlusten allgemein nicht so gleich bleibend zu sein pflegen wie die von abhängig Beschäftigten, keine sehr hohen Anforderungen an eine Regelmäßigkeit gestellt werden. Zum anderen kann in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem erhebliche Gewinngutschriften aus früheren Jahren vorhanden sind, eine Privatentnahme aus dem Gewerbebetrieb durchaus regelmäßig in der Weise sein, dass sie sich je nach Gewinn- oder Verlustsituation des Betriebes als eine Auszahlung eines Gewinns oder eine Entnahme auf Grund früherer Gewinne darstellt.

26

Damit ist andererseits der in dem maßgebenden Zeitraum erzielte Verlust der Firma, der hinsichtlich des auf den Kläger entfallenden Anteils DM 47.056,00 betrug, nicht als negativer Unterhaltsbeitrag des Klägers abzuziehen. Er hat nämlich nach dem Obengesagten die tatsächliche Unterhaltsleistung des Klägers nicht beeinflusst. Ob in dem ausgewiesenen Verlust aus den Jahren 1996/97 Abschreibungen enthalten sind, die nicht zu berücksichtigen wären, kann auf diesem Hintergrund dahinstehen.

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2.

Die Zuschüsse der Pflegekasse zu den Unterbringungskosten in dem Pflegeheim, in dem die Versicherte seit 1993 lebte, sind nicht zu den Einkünften der Familie zu rechnen. Zwar ist durch die Unterbringung in dem Pflegeheim in rechtlichem Sinne die Familiengemeinschaft zwischen dem Kläger und der Versicherten nicht aufgehoben gewesen. Anders als ein Getrenntleben im Sinne von §§ 1361, 1567 BGB hebt eine schicksalhafte Trennung, wie sie bei einem Aufenthalt eines Ehegatten in einer Pflegeeinrichtung anzunehmen ist, die Familiengemeinschaft nicht auf (Verbandskommentar SGB VI § 303 Rdnr. 8). Der Beklagten ist jedoch darin zuzustimmen, dass Pflegesachleistungen z.B. bei häuslicher Pflege nach § 36 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) oder - wie hier - bei vollstationärer Pflege nach § 43 SGB XI solche Geldleistungen sind, die von vornherein wegen ihrer ausschließlichen Zweckbestimmung für nur ein Familienmitglied nicht als Unterhaltsbetrag für die Familie zur Verfügung stehen (Verbandskommentar a.a.O. Rdnr. 7). Anders könnte das Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen nach § 37 SGB XI zu beurteilen sein, welches abgesehen von der im Vergleich zu Pflegesachleistungen wesentlich niedrigeren Höhe dem Pflegebedürftigen zur eigenständigen Verwendung zur Verfügung gestellt wird.

28

3.

Der Mietwert des im Eigentum der Versicherten stehenden Einfamilienhauses kann mit DM 30.000,00 entsprechend den Angaben des Klägers zu Grunde gelegt werden. Da es nach der Gesamtberechnung nicht darauf ankommt, kann offen bleiben, ob auf Seiten des das Haus seit Mai 1993 allein bewohnenden Klägers Unterhaltsbeiträge dafür zu berücksichtigen sind, dass dieser durch eigene Tätigkeiten zum Erhalt des Wertes des Hauses beigetragen hat.

29

Im Übrigen war die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Witwerrente auch deshalb nicht uneingeschränkt aufrecht zu erhalten, weil die Beklagte für das Sterbevierteljahr die Rente (als Vorschuss) bereits gezahlt hat.

30

Nach allem war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

32

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).