Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.12.2001, Az.: 7 K 145/01

Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres eines Landwirts

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
11.12.2001
Aktenzeichen
7 K 145/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 34509
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:1211.7K145.01.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 25.03.2004 - AZ: IV R 49/02

Fundstelle

  • DStRE 2003, 711

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Sind die Voraussetzungen des § 8b Satz 2 Nr. 1 und 2 EStDV nicht gegeben, darf ein Land- und Forstwirt kein Rumpfwirtschaftsjahr bilden.

  2. 2.

    Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart ist nur zu Beginn eines Wirtschaftsjahres zulässig.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung der Streitjahre um die Frage, ob der Kläger in 1996 berechtigt war, ein Rumpfwirtschaftjahr zu bilden.

2

Der Kläger ist bilanzierender Landwirt und betrieb eine Baumschule als Einzelunternehmen. Mit Pachtvertr ag vom 25. September 1996 verpachtete der Kläger seinen gesamten Betrieb an die Firma OHG. Der Beginn der Verpachtung wurde auf den 1. Oktober 1996 festgelegt. Die Einnahmen aus der Verpachtung erklärte der Kläger weiter als land- und forstwirtschaftliche Einnahmen.

3

Seinen Verlust aus Land- und Forstwirtschaft für 1996 ermittelte er wie folgt: Für das Wirtschaftsjahr 1995/1996 setzte er einen anteiligen Gewinn i.H.v. 137. 600 DM an. Für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 bildete er bis zur Verpachtung ein Rumpfwirtschaftsjahr und ermittelte einen Verlust i.H.v. 247. 923 DM.

4

Für den Gewinn aus der Verpachtung des Baumschulbetriebes bildete der Kläger ebenfalls ein Rumpfwirtschaftsjahr. Für den Zeitraum vom 1. Oktober 1996 bis 30. Juni 1997 ermittelte er hierfür den Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und den so ermittelten Gewinn von 135. 787 DM berücksichtigte er zu 1/3 bei der Einkommensteuer 1996.

5

Mit Einkommensteuerbescheid vom 18. Januar 1996 veranlagte der Beklagte den Kläger insoweit antragsgemäß, stellte den Einkommensteuerbescheid 1996 jedoch unter den Vorbehalt der Nachprüfung. Nach einer Außenprüfung wurde der Einkommensteuerbescheid 1996 geändert und es wurden neben anderen Änderungen die gesamten Einnahmen aus der Verpachtung bis zum 30. Juni 1997 dem Gewinn des Wirtschaftsjahres 1996/1997 hinzugerechnet. Dies hatte zur Folge, dass auch die Einkommensteuerveranlagung der Kläger für 1994 wegen Rückgängigmachung eines Verlustabzuges verändert wurde. Zur Begründung dieser Änderungen führte der Außenprüfer aus, dass der Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 1 EStG zu § 4 Abs. 3 EStG innerhalb eines Wirtschaftsjahres nicht zulässig sei. Auch die Bildung von Rumpfwirtschaftsjahren sei nicht gerechtfertigt.

6

Hiergegen erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Zur Begründung ihrer Klage führen die Kläger aus, sie hätten bis zum 30. September 1996 eine Baumschule mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr (01.07. bis 30.06.) betrieben. Es sei eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG durchgeführt worden. Ab dem 01.10.1996 sei der Betrieb an die OHG verpachtet und eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durchgeführt worden. Er sei berechtigt gewesen, ein Rumpfwirtschaftsjahr bis zum Zeitpunkt der Verpachtung zu bilden, da es sich bei der Verpachtung um den gesamten Baumschulbetrieb ohne Rückbehalt von Flächen- oder Pflanzenbestand gehandelt habe. Da im Übrigen seine Buchführungspflicht, bezogen auf den von ihm bewirtschafteten Betrieb, auf den Pächter übergegangen sei, könne er nach diesem Übergang entscheiden, ob er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG ermittle.

7

Der Kläger, der zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, hat in der Klageschrift den Antrag formuliert,

8

die Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1996 in der Gestalt des Einspruchsbescheides dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Rumpfwirtschaftsjahre im Wirtschaftsjahr 1996/1997 und den daraus entstehenden Verlusterträgen zu den Kalenderjahren 1994 und 1995 festgesetzt wird.

9

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

10

Er weist darauf hin, dass es für die vom Kläger begehrte Bildung von Rumpfwirtschaftsjahren keine Rechtsgrundlage gebe. Auch sei der Kläger verpflichtet, bis zum Abschluss des Wirtschaftsjahres 1996/1997 nach § 4 Abs. 1 EStG seinen Gewinn zu ermitteln. Denn da der Kläger aus der Verpachtung seines Betriebes weiterhin in erheblichem Umfange Einnahmen erziele, bleibe nach § 141 Nr. 5 Abgabenordnung (AO) seine Buchführungspflicht bestehen. Ein Wechsel in der Gewinnermittlungsart könne schließlich erst nach Ende eines Wirtschaftsjahres begehrt werden.

11

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

12

Dem Gericht haben die vom Beklagten für die Kläger geführten Einkommensteuerakten unter der Steuernummer"einschließlich Betriebsprüfungsakten vorgelegen.

Gründe

13

Die Klage ist unbegründet.

14

Zu Recht hat es der Beklagte abgelehnt, das Wirtschaftsjahr 1996/1997 in Rumpfwirtschaftsjahre aufzuteilen. Eine gesetzliche Grundlage für die begehrte Aufteilung ist nicht gegeben.

15

Nach § 4 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bildet bei Land- und Forstwirten der Zeitraum vom 1. Juli bis 30. Juni ein Wirtschaftsjahr. Das Wirtschaftsjahr umfasst grundsätzlich dabei den Zeitraum von 12 Monaten (§ 8 b Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (E StDV)).

16

Nur unter den in § 8 b Satz 2 EStDV genannten Voraussetzungen kann der Zeitraum eines Wirtschaftsjahres weniger als 12 Monate betragen. Nach dieser Vorschrift kann der Zeitraum eines Wirtschaftsjahres unter 12 Monaten liegen, wenn so Nr. 1 dieser Vorschrift ein Betrieb eröffnet, erworben, aufgegeben oder veräußert wird oder so Nr. 2 ein Steuerpflichtiger von regelmäßigen Abschlüssen auf einen bestimmten Tag zu regelmäßigen Abschlüssen auf einen anderen bestimmten Tag übergeht.

17

Die Voraussetzungen des § 8 b Satz 2 Nr. 2 EStDV liegen unstreitig nicht vor.

18

Aber auch die Voraussetzungen des § 8 b Satz 2 Nr. 1 EStDV sind nicht gegeben. Denn der Kläger hat zum 1. Oktober 1996 seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb weder aufgegeben noch veräußert verbunden mit der Aufdeckung von stillen Reserven -. Denn der Kläger hat seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ab diesem Zeitpunkt verpachtet, seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als ruhenden Betrieb fortgeführt und die Pachteinnahmen als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt.

19

Der Kläger durfte somit kein Rumpfwirtschaftsjahr bilden.

20

Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. März 1965. Der Leitsatz des Urteils vom 11. März 1965 stimmt mit dem vom Senat gefundenen Ergebnis überein. Dort ist ausgeführt:

21

Überlässt ein Landwirt den Hof seinem Sohn zur Bewirtschaftung, ohne selbst das Eigentum an den wesentlichen Grundlagen des Betriebes aufzugeben, bleibt er Landwirt. Für die Ermittlung des Gewinns aus dem Wirtschaftsüberlassungsvertrag ist das Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni maßgebend.

22

Auch die in dieser Entscheidung unter Punkt 3 vom Kläger besonders gekennzeichneten Ausführungen des BFH stehen mit der vom Senat getroffenen Entscheidung nicht in Widerspruch. Sie betreffen vielmehr eine andere Rechtsfrage. Denn dort setzt sich der BFH mit der Frage auseinander, ob der land- und forstwirtschaftliche Gewinn des Verpächters und des Pächters bei Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebes innerhalb eines Wirtschaftsjahres zusammengezogen werden darf, und verneint diese Frage.

23

Die weiteren vom Klägervertreter vorgetragenen Hinweise betreffen die Umwandlung bzw. Einbringung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in eine Personengesellschaft, berühren einen anderen Sachverhalt und sind deshalb nicht einschlägig.

24

Da der Kläger somit seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb fortgeführt hat, war es ihm auch verwehrt, im Laufe des Wirtschaftsjahres die Gewinnermittlungsart zu wechseln. Denn ein Wechsel der Gewinnermittlungsart ist nur zu Beginn eines Wirtschaftsjahres zulässig (Schmidt/Heinicke, Kommentar zum Einkommensteuergesetz , 20. Auflage, § 4 Rz. 6 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

25

Hiergegen kann der Kläger nicht einwenden, dass mit der Verpachtung seiner Baumschule die Buchführungspflicht auf den Pächter übergegangen sei und für ihn deshalb keine Buchführungspflicht bestanden habe. Es kann hierbei dahinstehen, ob im Falle einer Verpachtung grundsätzlich die Buchführungspflicht für den Verpächter bis zum Abschluss des Wirtschaftsjahres bestehen bleibt. Denn der Kläger ist unabhängig von dieser Frage aufgrund des Umfangs seiner Pachteinnahmen nach § 141 Nr. 5 AO weiterhin buchführungspflichtig.

26

Da darüber hinaus die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre vom Kläger nicht angegriffen wurden und Falschbeurteilungen des Bekl. auch nicht ersichtlich sind, war die Klage insgesamt mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FinanzgerichtsordnungFGO abzuweisen.