Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.01.2014, Az.: 14 K 164/12

Steuerbefreiung einer Zugmaschine von der Kraftfahrzeugsteuer nach § 3 Nr. 7 a Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG)

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
08.01.2014
Aktenzeichen
14 K 164/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 13055
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2014:0108.14K164.12.0A

Fundstellen

  • EFG 2014, 959-961
  • UVR 2014, 208

Tatbestand

1

Streitig ist die Steuerbefreiung einer Zugmaschine von der Kraftfahrzeugsteuer nach § 3 Nr. 7 a Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG).

2

Der Kläger war nichtselbständig tätig. Im Rahmen einer nebenerwerblichen land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit nutzte er ca. 1 Hektar gepachtetes Grünland für eine Viehmast von einem Rind und einem Bullen. Darüber hinaus stand ihm aufgrund einer mit einem Landwirt abgeschlossenen Nutzungs- und Pflegeerlaubnis für ca. 5 Hektar Wald das Recht zum Holzeinschlag und zur eigenen Verwendung des angefallenen Holzes zu. Die Holz- und Fleischprodukte verwertete er für den Eigenverbrauch, im Tausch für Gegenleistungen oder durch Verkauf. Ferner erzielte er im Jahre 2010 aus dem Verkauf eines Bullen brutto 650,00 €.

3

Der Kläger hatte seit März 1998 eine 2-achsige Zugmaschine mit einer zulässigen Gesamtmasse von 2080 kg auf seinen Namen zugelassen. Die Zugmaschine war seitdem nach § 3 Nr. 7 a KraftStG als landwirtschaftlich verwendetes Fahrzeug steuerbefreit.

4

Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 30.09.2010 versagte der Beklagte die gewährte Steuerbefreiung und setzte die Kfz.-Steuer ab 17.03.2010 auf jährlich 124 € fest. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

5

Der Kläger behauptet, die Zugmaschine würde ausschließlich für land- und forstwirtschaftliche Zwecke für die Bergung von Holz und zur Beschaffung von Futter für die Rinder (Galloways) verwendet. Die forstwirtschaftliche Tätigkeit werde für den landwirtschaftlichen Betrieb ausgeführt und umfasse z. B. Pflegearbeiten an den Äckern oder in den Waldbeständen. Der jährliche Mindestviehbestand habe immer mindestens zwei Tiere betragen, da ein Tier allein nicht artgerecht gehalten werden könne. In der Regel sei ein Tier jährlich geschlachtet worden. Hiervon sei der größere Teil vermarktet worden. Ausnahmsweise sei in 2010 ferner ein Bulle verkauft worden. Von dem eingeschlagenen Holz sei jeweils der größere Teil ebenfalls vermarktet worden. Dies ergebe sich auch aus den dem Gericht vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen. Die Reihenfolge des Verbrauchs sowohl der Fleisch- wie der Holzproduktion sei erstens der Eigenbedarf, zweitens der Tausch gegen andere Leistungen und drittens der Verkauf, wobei jeweils die höhere Menge im Tausch gelegen habe. Der Traktor habe überwiegend stillgestanden. Soweit er genutzt worden sei, sei dies jedoch ausschließlich im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erfolgt.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß,

7

unter Aufhebung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom 30. September 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2012 die Zugmaschine nach § 3 Nr. 7 a KraftStG als landwirtschaftlich verwendetes Fahrzeug steuerbefreit zu behandeln.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Der Beklagte ist der Auffassung, die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung lägen nicht vor, da der Kläger eine tatsächliche, ausschließliche, nachhaltige Verwendung des Fahrzeugs in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht nachgewiesen habe. § 3 Nr. 7 a KraftStG begünstige die Produktion von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen für die Allgemeinheit. Voraussetzung für die Steuerbefreiung sei daher, dass die land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse in einem wirtschaftlich relevanten Umfang vermarktet würden. Eine Vermarktung seiner Produkte auf dem freien Markt habe der Kläger nicht nachgewiesen. Eine entsprechende Vermarktung ergäbe sich auch nicht aus den von ihm behaupteten Tauschvorgängen. Insofern fehle es an einer hinreichenden Konkretisierung, aus der sich eine tatsächliche Teilhabe des Klägers am Wirtschaftsleben in einem wirtschaftlich relevanten Umfang erkennen lasse.

Entscheidungsgründe

11

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat für seine Zugmaschine Anspruch auf die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 lit. a KraftStG.

12

1. Gemäß § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG ist das Halten u.a. von Zugmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer befreit, solange diese Fahrzeuge ausschließlich "in" land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.

a) Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb i.S. des § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG ist eine Wirtschaftseinheit, in der die Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit zusammengefasst sind und, aufeinander abgestimmt, planmäßig eingesetzt werden, um Güter zu erzeugen und zu verwerten oder Dienstleistungen bereitzustellen. Da keine Anhaltspunkte für eine spezifisch kraftfahrzeugsteuerrechtliche Bestimmung des Begriffs "landwirtschaftlicher Betrieb" bestehen, können insoweit die Vorschriften des Bewertungsrechts herangezogen werden. Die bewertungsrechtlichen Festlegungen sind kraftfahrzeugsteuerrechtlich zwar nicht bindend; es können aber auch für die Auslegung des § 3 Abs. 7 Buchst. a KraftStG die allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung des bewertungsrechtlichen Begriffs eines Betriebes der Landwirtschaft zugrunde gelegt werden (BFH-Urteil vom 06.03.2013 II R 55/11 BFHE 240, 418, BStBl II 2013, 518, m.w.N.). Nicht erforderlich ist, dass das Fahrzeug zu dem Betriebsvermögen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes gehört oder verkehrsrechtlich für ein solches Unternehmen zugelassen ist (vgl. BFH-Urteil vom 01.03.2001 VII R 79/99, BFHE 194, 473, BStBl II 2001, 424). Der erforderliche land- und forstwirtschaftliche Betrieb setzt weder eine Mindestgröße noch ein Betreiben mit Gewinnabsicht voraus. Er braucht auch keinen Mindestrohertrag abzuwerfen. Deshalb können auch Liebhabereibetriebe bewertungsrechtlich als landwirtschaftliche Betriebe in Betracht kommen. Erforderlich ist aber eine tatsächliche nachhaltige Nutzung von Grundstücksflächen und deren Zweckbestimmung durch den Eigentümer (BFH-Urteil vom 22.09.1992 VII R 45/92, BStBl II 1993, 200). Ferner muss der Steuerpflichtige erkennbar am Markt mit seinen land- und forstwirtschaftlichen Produkten und/oder Dienstleistungen auftreten, da nur so eine Abgrenzung dieser Betriebe von der privaten Vermögensverwaltung möglich ist und der vom Gesetzgeber für die Steuerbefreiung beabsichtigte Gesetzeszweck erreicht werden kann.

13

b) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den vom Kläger bewirtschafteten Flächen um einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 3 Nr. 7 lit. a KraftStG. Der Kläger verwendete den jährlichen Holzeinschlag und das produzierte Fleisch nicht ausschließlich zu privaten Zwecken, sondern verkaufte die Produkte teilweise oder erlangte im Rahmen von Tauschvorgängen Gegenleistungen anderer Art. Er hat damit seine Produkte am Markt angeboten und verwertet. Zur Überzeugung des Senats gehören auch die Tauschvorgänge zu einer Teilnahme des Klägers am Markt. Unerheblich ist, dass der Kläger seine Produkte nicht unmittelbar z.B. durch einen Marktstand auf einem öffentlichen Markt oder einem Internetforum angeboten hat. Ausreichend für eine Teilnahme am Markt ist vielmehr, dass der Kläger seine Produkte Dritten gegenüber im Rahmen einer Gegenleistung angeboten und verwertet hat. Damit liegt eine tatsächliche, nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung von Grundstücksflächen und deren Zweckbestimmung durch den Eigentümer in Gestalt einer wirtschaftlichen Vermarktung mit einer Preisbildung am Markt vor.

14

Damit sind auch die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erforderlichen Voraussetzungen für einen Nebenerwerbsbetrieb - wie er hier allenfalls vorliegt - gegeben, wonach eine nachhaltige Nutzung von Grundstücksflächen zu bejahen ist, wenn die Flächen hinsichtlich Arbeitseinsatz, Investitionen zur Erhaltung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit sowie erzielbarem Ertrag einem Vergleich mit einem durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb der gleichen Nutzungsart standhalten (vgl. BFH-Urteil vom 5.12.1980 III R 56/77, BFHE 133, 212, 216, BStBl II 1981, 498 - Grundstücksbewirtschaftung durch einen voll erwerbstätigen Finanzbeamten -). Mit seinem Arbeitseinsatz, den Investitionen für die Zugmaschine und für die für den Holzeinschlag erforderlichen Maschinen und den daraus erzielten Erträgen ist zur Überzeugung des Senats eine entsprechende Vergleichbarkeit gegeben.

15

Diese Auslegung des Senats entspricht auch dem Zweck der Steuerbefreiungsvorschrift. Sinn der Befreiungsvorschrift ist es, die Betriebskosten der für die Produktion von land- und forstwirtschaftlichen Produkte eingesetzten Fahrzeuge zu mindern und dadurch land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu entlasten, da dann im Allgemeinen erwartet werden kann, dass die diesen Betrieben gewährte Steuerentlastung über den Preis ihrer Leistungen mittelbar den land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben zu Gute kommt. Dies ist auch bei Tauschvorgängen der Fall. Zudem hat der Kläger seine landwirtschaftlichen Produkte teilweise auch unmittelbar durch Verkäufe verwertet.

16

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.