Landgericht Verden
Urt. v. 31.05.2021, Az.: 10 O 47/19

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
31.05.2021
Aktenzeichen
10 O 47/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70782
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für eine sogenannte „HorseAirium Sole Mehrschritt-Therapie“ wie folgt zu werben:

a) „HORSEAIRIUM – Soletherapie für Pferde bei Atemwegserkrankungen, COPD und Hautproblemen“,

b) „Anwendungsgebiete der Sole-Therapie für Pferde u. a.:

„Allergien“

und/oder

„Ekzemen und andere Hautproblemen“

und/oder

„Atemwegserkrankung – COPD – RAO“

und/oder

„Stärkung des Immunsystems“

und/oder

„Steigerung der Leistungsfähigkeit“,

c) „Unsere Behandlung mit dem echten „REIZKLIMA NORDSEE“ bei COPD hilft durch ihre schleimlösende Wirkung störende Teilchen aus der Lunge zu befördern. Sole hat keine Nebenwirkungen, wie z. B. Cortison, das auch bei Atemwegserkrankungen eingesetzt wird. Die vernebelte Sole lässt die Entzündungen abklingen und reinigt zusätzlich die Lunge. Die behandelnden Pferde kommen oft nach der Behandlung über einen längeren Zeitraum ohne Medikamente aus ...“;

sofern dies jeweils geschieht wie aus angefügter Anlage K 3 ersichtlich.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.07.2019 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Unterlassung von Äußerungen über eine von der Beklagten durchgeführte Soletherapie an Pferden.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des unlauteren Wettbewerbs eingehalten werden.

Die Beklagte bewarb im Internet unter ihrer Domain „###“ eine „Horse-Airium Sole-Mehrschritt-Therapie“ mit den streitgegenständlichen Aussagen. Kern der Werbeaussage der Beklagten ist es, dass sie mit dieser Therapie Pferde gegen Allergien, Atemwegserkrankungen wie COPD wie RAO, aber auch Ekzeme und andere Hauterkrankungen behandeln kann. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten auszugsweise Internetwerbung der Beklagten in der Anlage K 3, Bl. 56, 57 d. A., Bezug genommen.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 18.01.2019 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung auf. Für die Beklagte legitimierte sich der jetzige Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 01.02.2019 und rügte die Aktivlegitimation des Klägers. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 15.02.2019 eine aktuelle Mitgliederliste übersandt hatte, übermittelte die Beklagte eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 12.04.2019 (Anlage K 9, Bl. 93 d. A.). Hierin verpflichtete sich die Beklagte auflösend bedingt durch den wissenschaftlichen Nachweis der Wirkungsbehauptungen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken u. a. die Behandlung von Pferden mit hypertoner Sole als Therapie zu bezeichnen, soweit eine solche Angabe dergestalt verstanden werden kann, dass eine einmalige Behandlung für einen dauerhaften Behandlungserfolg ausreichend ist, des weiteren zu behaupten, dass Sole keine Nebenwirkungen habe, wie z. B. Cortison, das auch bei Atemwegserkrankungen eingesetzt werde, zu behaupten, die vernebelte Sole reinige zusätzlich die Lunge, die Formulierung „Stärkung des Immunsystems“ als Anwendungsgebiet der Behandlung mit hypertoner Sole für Pferde zu verwenden, und/oder die Formulierung „Steigerung der Leistungsfähigkeit“ als Anwendungsgebiet der Behandlung mit hypertoner Sole zu verwenden. Wegen weiterer Einzelheiten diesbezüglich wird auf die entsprechende Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung Bezug genommen.

Die Kosten der außergerichtlichen Abmahnung begehrt der Kläger i. H. v. 178,50 €.

Der Kläger ist der Meinung, er sei gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt und behauptet, ihm gehörten eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden an, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte anböten. Er ist der Ansicht, die Werbung der Beklagten sei irreführend und die Beklagte verstoße mit ihrer Werbung spürbar gegen die Vorschriften des Wettbewerbsrechts. Er behauptet, die Werbeaussagen der Beklagten seien falsch. Ein wissenschaftlicher Nachweis für die Werbeaussagen fehle. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht durch die Unterlassungserklärung vom 12.04.2019 ausgeräumt worden, da sie nicht bedingungslos erteilt worden sei.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für eine sogenannte „HorseAirium Sole Mehrschritt-Therapie“ wie folgt zu werben:

a) „HORSEAIRIUM – Soletherapie für Pferde bei Atemwegserkrankungen, COPD und Hautproblemen“,

b) „Anwendungsgebiete der Sole-Therapie für Pferde u. a.:

„Allergien“

und/oder

„Ekzemen und andere Hautproblemen“

und/oder

„Atemwegserkrankung – COPD – RAO“

und/oder

„Stärkung des Immunsystems“

und/oder

„Steigerung der Leistungsfähigkeit“,

c) „Unsere Behandlung mit dem echten „REIZKLIMA NORDSEE“ bei COPD hilft durch ihre schleimlösende Wirkung störende Teilchen aus der Lunge zu befördern. Sole hat keine Nebenwirkungen, wie z. B. Cortison, das auch bei Atemwegserkrankungen eingesetzt wird. Die vernebelte Sole lässt die Entzündungen abklingen und reinigt zusätzlich die Lunge. Die behandelnden Pferde kommen oft nach der Behandlung über einen längeren Zeitraum ohne Medikamente aus ...“;

sofern dies jeweils geschieht wie in Anlage K 3 wiedergegeben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Kläger handele rechtsmissbräuchlich. Es liege seitens des Klägers ein selektives Vorgehen gegen Nichtmitglieder vor. Die außergerichtliche Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung enthalte keine unzulässige Bedingung, sondern beziehe sich gerade auf den Streit der Parteien, ob es eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung/Belege gebe. Die positive Wirkung der verabreichten Solen sei hinreichend durch Studien und Testreihen belegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger begehrt zu Recht die Unterlassung der im Klageantrag genannten Behauptungen im Zusammenhang mit der Soletherapie für Pferde.

I.

Die Klage ist zulässig.

Die Klage ist nicht wegen Rechtsmissbrauchs gem. § 8 Abs. 4 UWG unzulässig. Ein Missbrauch in diesem Sinne liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Sie müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs ist jeweils unter sorgfältiger Prüfung und Abwägung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei sich die Motive und Zwecke der Geltendmachung des Anspruchs in der Regel nur aus den äußeren Umständen erschließen lassen. Dabei ist vor allem auf das Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung dieses und anderer Verstöße, auf die Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes sowie das Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß und das Verhalten sonstiger Anspruchsberechtigter abzustellen. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten können sich u. a. daraus ergeben, dass dem Anspruchsberechtigten schonendere Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung zur Verfügung stehen, die er aber nicht nutzt. Ein Indiz für einen Missbrauch kann darüber hinaus darstellen, dass der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen fordert.

Gemessen an diesen Grundsätzen kann ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers gegen die Beklagte nicht gesehen werden. Wesentlicher Streitpunkt zwischen den am Rechtsstreit beteiligten Parteien ist, ob die Werbebehauptungen der Beklagten hinreichend gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Wenn aber dieser Streitpunkt geklärt werden soll, ist nicht ersichtlich, warum das Vorgehen des Klägers einen Rechtsmissbrauch darstellt. Es gibt kein milderes Mittel als den Streit durch eine gerichtliche Entscheidung zu klären. In diesem Fall erhält auch die Beklagte Rechtsklarheit und kann ihr Verhalten anpassen.

Ein bloßes Kosteninteresse des Klägers ist ebenso wenig ersichtlich. Die vom Kläger geltend gemachten Abmahnkosten i. H. v. 178,50 € sind nicht unangemessen hoch. Sie liegen weit unterhalb dessen, was ein anwaltlicher Vertreter durch eine vorgerichtliche Abmahnung gebührenrechtlich abrechnen könnte. Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger etwaige Wettbewerbsverstöße seiner Mitglieder nicht verfolgt. Grundsätzlich ist ein selektives Vorgehen nicht missbräuchlich (vgl. Köhler/Feddersen, UWG, 2019, § 8 Rd.-Nr. 4.21). Es steht dem Verletzten frei, seinerseits gegen die anderen Verletzer vorzugehen. Im Einzelfall kann es missbräuchlich sein, wenn ein Verband i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig duldet. Andererseits gibt es keine Obliegenheit eines Verbandes, auch gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich der außenstehende Dritte berufen könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als eigentlich Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Die Beklagte hat weder substantiiert vorgetragen, dass der Kläger planmäßig etwaige Wettbewerbsverstöße seiner Mitglieder duldet, noch dass das Vorgehen gegen Dritte die eigentliche Triebfeder seines Handelns darstellt. Der Kläger hat eine Mitgliederliste mit 64 Seiten vorgelegt. Dass der Kläger keines dieser Mitglieder wegen etwaiger Wettbewerbsverstöße in Anspruch nimmt, ist nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Die von der Beklagten zitierten Werbeaussagen, die allerdings mit den streitgegenständlichen Aussagen nur bedingt vergleichbar sind, sind vom Kläger nicht bestritten worden. Der Kläger hat allerdings mit der Replik angekündigt, dass er das Vorbringen zur Kenntnis genommen hat und im Anschluss an diesen Rechtsstreit eine Prüfung durchführen wird. Gleiches hat er in der mündlichen Verhandlung wiederholt.

II.

Die Klage ist auch begründet.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert.

a) Bei dem Kläger handelt es sich um einen rechtsfähigen Verein zur Förderung gewerblicher Interessen i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Unstreitig ist der klagende Verein nach seiner Satzung berufen, die Interessen seiner Mitglieder und die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs zu fördern. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger in der Lage ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Der Kläger ist ausweislich der unstreitig in diesem Sinne ergangenen Entscheidung seit Jahren als klagebefugt anerkannt. Aufgrund dessen spricht eine nicht widerlegte tatsächliche Vermutung dafür, dass der Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen.

Dem Kläger gehört auch eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern an, die Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte anbieten. Der Begriff „gleiche oder verwandte Art“ i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist weit auszulegen. Die beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen müssen sich dabei ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmens durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potenzielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wir wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zumindest angrenzenden Branche begründet. Danach ist maßgeblich für die Beurteilung, ob die Mitglieder des Klägers der Beklagten auf denselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen, also um Kunden konkurrieren können. Nicht maßgeblich ist der Markt für das Anbieten von Soletherapien. Die Beklagte strebt mit ihrer beworbenen Behandlung die Behandlung von Atemwegserkrankungen und Ekzemen sowie Allergien, eine Stärkung des Immunsystems und eine Steigerung der Leistungsfähigkeit an. Sie vergleicht ihre Behandlung mit einer medikamentösen Behandlung, wie beispielsweise Cortison, und bewirbt ihre Therapie mit der Aussage, dass die behandelten Pferde oft längere Zeit ohne Medikamente auskommen würden. Zum Markt der beworbenen Heilbehandlung und Optimierung des Gesundheitszustandes gehören deshalb neben der Tierphysiologie mithin auch Hersteller und der Vertrieb von Arzneimitteln und Naturheilmitteln, wie Apotheken und Geschäfte für Tierzubehör, in denen auch Produkte zur Optimierung der Leistungsfähigkeit und Stärkung angeboten werden.

Danach ist die Mitgliederliste des Klägers ausreichend, um der Kammer im Wege des Freibeweises die notwendige Gewissheit von der Mitgliederstruktur des Vereins zu verschaffen. Nach der zur Akte gereichten Mitgliederliste ist nur beispielhaft auf folgende Mitglieder zu verweisen, die demselben sachlich und räumlich relevanten Markt zugeordnet werden können:

H. A. e. V.

BV T. e. V.

A. N.,

B. O. e. V.

Die ab Seite 21 der Mitgliederliste genannten pharmazeutischen Unternehmen, die auch die Arznei- und Tierarzneimittel in den Verkehr bringen, Anbieter von Tierbedarf (Seite 59 – 61 der Mitgliederliste) sowie zahlreiche Unternehmen der Heilmittelbranche und Händler, die u. a. Tierbedarf anbieten (siehe Seite 7, 8 der Klage).

Für die Frage, ob eine erhebliche Zahl von Mitgliedsunternehmen in Rede steht, ist keine Mindestanzahl erforderlich. Es müssen lediglich Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise repräsentativ vertreten sein, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann. Demgemäß ist es auch nicht erforderlich, dass die Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und in ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind, weshalb der Kläger im Prozess auch nichts zur Bedeutung und zum Umsatz seiner Mitglieder vortragen muss. Vielmehr reichte es aus, wenn sich im Wege des Freibeweises feststellen lässt, dass es dem Verband nach der Struktur der Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht, was vorliegend der Fall ist.

2. Es liegt ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten vor. Dieser folgt aus § 3 HWG i. V. m. § 3 a UWG. Unlauter i. S. d. UWG handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Die geschäftliche Handlung der Beklagten ist in der geschalteten Werbung im Internet für die Soletherapie bei Pferden zu sehen.

§ 3 HWG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung einer Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3 a UWG. Diese Norm findet gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG Anwendung u. a. für die Bewerbung von Verfahren und Behandlung, soweit sich die Werbeaussage auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch und Tier bezieht. Damit ist der Anwendungsbereich des § 3 HWG eröffnet. Nach § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG liegt eine unzulässige irreführende Werbung insbesondere dann vor, wenn Verfahren und Behandlungen eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkung beigelegt werden, die sie nicht haben. Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und des Tierwohl gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht (vgl. OLG Celle in GRUR-RR 2019, 87). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn dem Werbenden jegliche wissenschaftliche gesicherte Erkenntnis fehlt, um die werbliche Behauptung stützen zu können oder mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben wird, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen.

Der Nachweis, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, obliegt grundsätzlich dem Kläger als Unterlassungsgläubiger. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es keine geeignete wissenschaftlich fundierte Lang- oder auch nur Kurzzeitstudie für die Solebehandlung von Pferden hinsichtlich von Atemwegserkrankungen, COPD, Hautproblemen oder Ekzemen sowie zur Steigerung der Leistungsfähigkeit und Stärkung des Immunsystems gibt und auch nicht dazu, ob diese Solebehandlung den Einsatz von Medikamenten ersetzen kann.

Es gibt Untersuchungen bezogen auf den Menschen, die die Beklagte vorgelegt und in Bezug genommen hat. Allerdings hat die Beklagte keinen wissenschaftlichen Nachweis dazu vorgelegt, dass die Physiologie von Pferden denen des Menschen in dieser Hinsicht vollständig vergleichbar ist. Allgemein bekannt ist, dass es diverse nicht nur äußerliche Unterschiede gibt. Deshalb kann nach Ansicht der Kammer die Studie, bezogen auf Menschen, nicht auf Pferde übertragen werden. Die von der Beklagten vorgelegte Dissertation aus dem Jahr 2011 und die Abhandlung in der Zeitschrift „Pferdeheilkunde 25“ aus dem Jahr 2009 (Anlage B 12, Bl. 274 d.A.) sind nicht geeignet, entsprechende wissenschaftliche Nachweise zu erbringen.

Welche Anforderungen an den Nachweis einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer Gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet werden. Die Anlage B 4 enthält eine Aufstellung ausgewählter „Patienten“ mit Namen, Alter, Behandlungsdauer, Diagnose und zu behandelnden Tierarzt. Dass und warum diese Aufstellung den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung entspricht, ist von der Beklagten nicht dargelegt worden, ergibt sich auch nicht im Übrigen. Es fehlen insbesondere objektiv feststehende Kriterien und die Angabe der Bedingungen im Einzelfall, um dieser Aufstellung eine wissenschaftliche Grundlage zu geben. Der als Anlage B 12 eingereichte Aufsatz über die Möglichkeiten der Inhalationstherapie zur Behandlung der chronisch obstruktiven Bronchitis des Pferdes ist ebenfalls nicht die Darstellung einer wissenschaftlichen Untersuchung, sondern vielmehr die Beschreibung, wie derartige Behandlungsmöglichkeiten aussehen können. In den Kopien Anlage B 13, Bl. 280 d.A., U.-V. Bremen, wird die Studienlage als „sehr überschaubar und teilweise kontrovers“ bezeichnet.

Die Kammer war nicht gehalten, den Beweisantritten der Beklagten, bezogen auf die Erhebung einer wissenschaftlichen Studie durch die Zivilkammer nachzukommen, um die Wirksamkeit ihrer Behandlung und damit die Richtigkeit ihrer Behauptungen zu beweisen. Dieser Beweisantritt liefe auf eine Ausforschung hinaus. Die von der Beklagten getätigten Werbeaussagen sind damit irreführend und unzulässig, denn der angewandten Therapie wird eine therapeutische Wirksamkeit und Wirkung beigelegt, die sie zumindest nicht erwiesenermaßen hat. Mit ihrer Werbung auf der Internetseite vermittelt die Beklagte den Eindruck, dass die Wirksamkeit der eingesetzten Sole zur Therapie der benannten Krankheit wissenschaftlich abgesichert sei. Hierin ist die besagte Irreführung zu sehen.

Auch der Verweis auf die praktischen Erfahrungen genügen nicht als Nachweis. Wird nämlich für den Nachweis der Wirkung oder Wirksamkeit auf praktische Erfahrungen verwiesen, so müssen diese hinreichend gesichert sein. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein hinreichender praktischer Erfahrungen liegt insoweit beim Werbenden. Diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

3. Die Beklagte hat die Wiederholungsgefahr nicht widerlegt.

Ist es zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr. Diese beschränkt sich dabei nicht auf die identische Verletzungsform, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen. Mit der Unterlassungserklärung vom 12.04.2019 hat die Beklagte zwar einige Werbeaussagen aufgenommen, die Unterlassungserklärung allerdings unter die auflösende Bedingung „durch den wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeitsbehauptungen“ gestellt. Zudem ist die Vertragsstrafe der Höhe nach nicht mit einem Betrag bestimmt worden. Diese Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ist bereits aufgrund der formulierten auflösenden Bedingung nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Die Abgabe von Unterlassungserklärungen jeweils unter der auflösenden Bedingung einer allgemein verbindlichen Klärung, also einem entsprechenden wissenschaftlichen Nachweis, ist nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, weil hierunter jeder Nachweis/jede Studie fallen würde, also auch Studien/Nachweise, die in Fachkreisen umstritten diskutiert werden oder nicht nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt wurden. Damit ist die von der Beklagten formulierte auflösende Bedingung nicht hinreichend klar formuliert worden und nicht geeignet, den Streit der Parteien tatsächlich zu beseitigen. Dieser Streit würde sich durch die bedingte Abgabe des Vertragsstrafeversprechens in das etwaige Vertragsstrafeverfahren verlagern. Solange ein wissenschaftlicher Beweis bezüglich aller behaupteten Aussagen der Beklagten nicht vorliegt, ist die bedingungslose Abgabe der Unterlassungserklärung erforderlich.

4. Die beantragte Androhung der Ordnungsmittel hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 ZPO.

5. Bezüglich der Höhe der Abmahnkosten hat die Kammer gem. § 287 ZPO keine Bedenken.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO und § 709 Satz 1 ZPO.