Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 24.03.2009, Az.: 7 B 457/09

Alkohol; Fahrerlaubnis; Fahrrad; Streitwert

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
24.03.2009
Aktenzeichen
7 B 457/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 44481
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2009:0324.7B457.09.0A

Amtlicher Leitsatz

Hat ein Fahrerlaubnisinhaber als Radfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille oder mehr am Straßenverkehr teilgenommen, darf ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn zu erwarten ist, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug in fahruntüchtigem Zustand führen wird.

Gründe

1

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers vom 3. Februar 2009 (Az.: 7 A 456/09) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 26. Januar 2009, mit dem er dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen entzogen und zur Abgabe seines Führerscheins (Klasse Drei -alt-) aufgefordert hat, bleibt ohne Erfolg.

2

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat eine Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in einer - wie hier - den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Art und Weise die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung im öffentlichen Interesse angeordnet hat.

3

Für den Erfolg eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO ist entscheidend, ob das private Interesse eines Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu bewerten ist. Bei dieser Interessenabwägung sind mit der im vorläufigen Verfahren gebotenen Zurückhaltung auch die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Bei einer offensichtlich Erfolg versprechenden Klage überwiegt das Suspensivinteresse des Betroffenen jedes denkbare öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, insbesondere wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist.

4

Voraussichtlich wird der angegriffene Bescheid des Antragsgegners im Hauptsacheverfahren Bestand haben, weil er zu Recht dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen hat.

5

Diese Verfügung begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken, zumal der Antragsgegner den Antragsteller zuvor hinreichend angehört hat (Schrreiben vom 1. Dezember 2008).

6

Auch in materieller Hinsicht ist sie nicht zu beanstanden: Der angegriffene Bescheid erweist sich als rechtmäßig. Danach ist davon auszugehen, dass der Antragsteller gegenwärtig als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist. Der Antragsgegner musste ihm deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) die Fahrerlaubnis entziehen.

7

Nach § 3 Abs. 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel u.a. der Anlage 4 zur FeV vorliegen und dadurch die Kraftfahreignung ausgeschlossen ist. Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entfällt im Regelfall, wenn der Betroffene das Führen eines Kraftfahrzeuges und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht sicher trennen kann (Nr. 8.1 Anlage 4 zur FeV). Dabei kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit der Entziehung auf den Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage der letzten behördlichen Entscheidung an ( Nds. OVG, Beschluss vom 6. März 2008 - 12 LA 404/07 - V.n.b.).

8

Gemäß §§ 46 Abs. 3, 13 Nr. 2c FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung ihrer Entscheidung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn der Betroffene ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr führte.

9

Diese Voraussetzungen erfüllte der Antragsteller bei seiner Trunkenheitsfahrt am 8. Juni 2008 in Marienhafe, da zu den Fahrzeugen i.S.d. vorgenannten Vorschrift auch Fahrräder gehören ( Nds. OVG, Beschluss vom 22. November 2007 - 12 PA 327/07 - V.n.b.; vgl. §§ 16, 64a StVZO). Nach dem Strafbefehl des Amtsgerichts Norden - Cs 455 Js 15392/08 - vom 18. Juli 2008, mit dem er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, befuhr er zur Tatzeit mit einer Blutalkoholkonzentration in Höhe von 1,81 ‰ mit dem Fahrrad öffentlichen Verkehrsraum.

10

Entscheidend für die Beurteilung der Kraftfahreignung ist, ob vom Antragsteller ein Verstoß gegen das Trennungsgebot der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV zu erwarten ist. Ein die Fahreignung ausschließender Eignungsmangel im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV (Missbrauch von Alkohol) liegt vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann (vgl. auch Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kapitel 3.11.1). Der Wortlaut des Klammerzusatzes in Nr. 8.1 erhellt, dass das erforderliche Trennungsvermögen bei der Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug bestehen muss. Dem ist das Führen eines Fahrrades nicht gleichzusetzen (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 10. April 2008 - 7 B 767/08 - zitiert nach juris; Nds. OVG, Beschluss vom 11. Juli 2008 - V.n.b.; BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 - 3 C 32/07 - zitiert nach juris). Doch kann das Führen eines Fahrrades unter Alkoholeinfluss Zweifel an der Kraftfahreignung wecken und Bedenken dahingehend erzeugen, dass künftig auch ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt wird. Daher ist bei dem Gutachten nach § 13 FeV das Augenmerk darauf zu legen, ob aufgrund der alkoholisierten Verkehrsteilnahme mit dem Fahrrad Eignungszweifel deshalb bestehen, weil Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ebenso künftig das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Dies ergibt sich insbesondere unter Berücksichtigung von Ziffer 1. Buchstabe f zur Anlage 15 der FeV, welche Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten nach den §§ 13 und 14 FeV zum Gegenstand hat. Nach Buchstabe f Satz 1 ist Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche künftige Verhalten des Betroffenen, insbesondere, ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol führen wird. Eine negative Prognose setzt nicht voraus, wie der in Satz 1 von Buchstabe f als erstes genannte Fall belegt ("dass er nicht ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol führen wird"), dass es auch in der Vergangenheit bereits zu einer Trunkenheitsfahrt gerade mit einem Kraftfahrzeug gekommen ist. Das in der Vergangenheit liegende Verhalten ist lediglich der Grund dafür, weshalb die Kraftfahreignung kritisch zu überprüfen ist (BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008, a.a.O.).

11

Diese fehlt, wenn nach der zurückliegenden Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad und einem Blutalkoholgehalt von - wie hier - mehr als 1,6 ‰, ihren Begleitumständen sowie dem bisherigen und zu erwartenden Umgang des Betroffenen mit Alkohol die Gefahr besteht, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug unter unzulässigem Alkoholeinfluss führen wird. Bei einer Alkoholproblematik ist demgemäß eine grundlegende Einstellungs- und gefestigte Verhaltensänderung erforderlich, die einen Rückfall unwahrscheinlich erscheinen lässt. Denn für eine Trunkenheitsfahrt ist in der Regel ein falscher und unreflektierter Umgang mit dem Alkohol verantwortlich. Deshalb erfordert eine konsolidierte Einstellungs- und Verhaltensänderung eine nachhaltige, d.h. hinreichend motivierte und sich als ausreichend stabil erweisende Änderung des Alkoholtrinkverhaltens sowie eine Unterstützung dieses veränderten Trinkverhaltens durch eine entsprechende tiefergehende und umfassende selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Fehlverhalten und dessen Ursachen sowie die Entwicklung eines entsprechenden Problembewusstseins ( VG Mainz, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 7 L 34/08.MZ - zitiert nach juris).

12

Das Gutachten nach §§ 46 Abs. 3, 13 Nr. 2c FeV hilft dem Rechtsanwender bei der Beantwortung der Frage, ob der Betroffene gegenwärtig zum Führen von Fahrzeugen bzw. Kraftfahrzeugen geeignet ist. Er muss jedoch den Einzelfall selbst kritisch würdigen und unter die maßgeblichen Vorschriften subsumieren (vgl. VG München, Beschluss vom 19. Februar 2008 - M 6b S 08 278 - zitiert nach juris). Die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist eine Prognose, da die auf § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis nicht repressiv vorangegangene Verkehrsverstöße ahndet, sondern der Abwehr von Gefahren dient, die künftig durch die Teilnahme von nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeigneten Fahrern am Straßenverkehr entstehen können. Hierfür ist zunächst maßgeblich, dass mit einer Blutalkoholkonzentration über 1,6 ‰ auffällig gewordene Personen bereits über deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit verfügen und doppelt so häufig rückfällig werden wie Personen mit geringeren Blutalkoholkonzentrationen (vgl. hierzu VG Ansbach, Beschluss vom 23. März 2007 - AN 10 S 07.00527 - zitiert nach juris). Ein hoher festgestellter Blutalkoholgehalt allein reicht jedoch noch nicht aus, um eine Fahrungeeignetheit annehmen zu können.

13

Die negative Prognose des Antragsgegners in seinem Bescheid vom 26. Januar 2009 ist indes auf der Grundlage des Gutachtens des Medizinisch-Psychologischen Instituts - Begutachtungsstelle für Fahreignung - des TÜV Nord vom 4. November 2008 nicht zu beanstanden. Es kommt zu dem Ergebnis, dass "zu erwarten" ist, der Antragsteller künftig "ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen wird". Es trägt den Grundsätzen für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten gemäß Anlage 15 zur FeV Rechnung und nimmt mit dem zitierten Ergebnis zu der hier allein maßgeblichen Frage Stellung, ob zu erwarten ist, dass der Antragsteller in Zukunft ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen wird. Das Gutachten verkennt insbesondere nicht, dass der Antragsteller die Trunkenheitsfahrt am 8. Juni 2008 mit einem Fahrrad begangen hat. Dieser Umstand wird der verkehrspsychologischen Beurteilung ausdrücklich zugrunde gelegt und in Beziehung gesetzt zu der Gefahr eines Führens eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss. Es ist nicht fehlsam, dass das Gutachten insoweit eine negative Prognose abgibt, da es feststellt, dass der Antragsteller Alkohol gewöhnt ist, aber uneinsichtig in das überhöhte Ausmaß seiner Trinkgewohnheiten oder die Notwendigkeit einer Veränderung ist, in hohem Maße uneinsichtig sogar hinsichtlich der enthemmenden Wirkung des Alkohols bei großen Trinkmengen.

14

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Antragsteller bei seiner Begutachtung durchaus Angaben gemacht hat, die jedenfalls ansatzweise auch Bestandteil einer positiven Prognose hätten sein können. Auch stellt er im Anhörungsverfahren des Antragsgegners und im gerichtlichen Verfahren auf die nach seiner Auffassung anzunehmende Singularität des Ereignisses ab. Aufgrund des gesamten Vorbringens des Antragstellers bei seiner Begutachtung und im Hinblick auf den Sachverstand der Gutachter, zudem unter Berücksichtigung der vom Antragsgegner ergänzend noch zum weiteren Vorbringen des Antragstellers eingeholten Stellungnahmen des TÜV Nord, zu denen der Antragsteller hinreichende Möglichkeit zur Stellungnahme hatte, beanstandet das Gericht das Gesamtergebnis der Begutachtung des Antragstellers nicht.

15

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Gutachten des TÜV Nord in Einklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung steht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Eignung für das Führen von Kraftfahrzeugen wegen Alkoholmissbrauchs zu verneinen, wenn nach der zurückliegenden Trunkenheitsfahrt (dort: mit einem Fahrrad) und ihren Begleitumständen sowie dem bisherigen und zu erwartenden Umgang mit Alkohol die Gefahr besteht, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug unter unzulässigen Alkoholeinfluss führen wird ( BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 - 3 C 32/07 -, zitiert nach juris). Bei einem Fahrerlaubnisinhaber, der sich mit hoher Blutalkoholkonzentration am Straßenverkehr beteiligt und damit eine Verkehrsstraftat nach § 316 StGB - wie hier der Antragsteller am 8. Juni 2008 - begeht, ist in der Regel bei vernünftiger lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründet, er werde in alkoholisiertem Zustand nicht stets die nötige Selbstkontrolle aufbringen, vom Führen eines Kraftfahrzeuges abzusehen. Die Teilnahme am Straßenverkehr in erheblich alkoholisiertem Zustand lässt häufig den Schluss zu, dass der Betreffende auch künftig mit einem Kraftfahrzeuge, betrunken am Straßenverkehr teilnehmen könnte ( BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 1989 - 7 B 9.89 - und vom 9. September 1996 - 11 B 61.96 - zitiert nach juris). Das große Gewicht, das der Trunkenheitsfahrt des Antragstellers zukommt, geht darauf zurück, dass die Teilnahme im Straßenverkehr unter erheblicher Alkoholisierung mit einem Fahrzeug eine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bedeutet. Dies in der Vergangenheit liegende Verhalten ist der Grund dafür, weshalb die Kraftfahreignung kritisch zu überprüfen ist. Nach dem aktuellen Stand der Alkoholforschung deutet eine Blutalkoholkonzentration ab 1,6 ‰ auf deutlich normal abweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit hin ( BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 - 3 C 32/07 - a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht begründet das Gefährdungspotenzial, das mit einer solchen Alkoholgewöhnung einhergeht, mit den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, die als Niederschlag sachverständiger Erfahrungen von Gewicht sind. Nach ihrer Nr. 3.11 ist die Annahme eines chronischen Alkoholkonsums mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos gerechtfertigt, wenn Werte um oder über 1,5 ‰ angetroffen werden. Bei solchen Menschen pflege in der Regel ein Alkoholproblem vorzuliegen, das die Gefahr weiterer Alkoholauffälligkeit im Straßenverkehr in sich berge. Häufiger Alkoholkonsum führe zur Gewöhnung an die Giftwirkung und damit zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung und des dadurch ausgelösten Verkehrsrisikos (BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 - a.a.O.).

16

Ein an diesen Erkenntnissen und der vergangenen Alkoholauffälligkeit im Straßenverkehr anknüpfendes Gutachten - wie hier das eingeholte Gutachten des TÜV Nord - hat das Trinkverhalten des Betroffenen anhand seiner Vorgeschichte und Entwicklung sowie sein Persönlichkeitsbild unter dem Blickwinkel, ob für die Zukunft auch die Gefahr einer Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug besteht, aufzuklären und zu bewerten. Insoweit kommt es darauf an, ob die Trunkenheitsfahrt Ausdruck eines Kontrollverlustes war, der erneut zu einer Verkehrsteilnahme mit einem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen kann. Ist danach vom Betroffenen eine Änderung seines Trinkverhaltes zu fordern, so muss diese hinreichend stabil sein, damit die künftige Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bejaht werden kann. Dies setzt u.a. ein angemessenes Problembewusstsein und eine hinreichende Integration der Änderung in das Gesamtverhalten voraus. Der Änderungsprozess muss zudem vom Betroffenen nachvollziehbar aufgezeigt werden (s. auch Nr. 3.11.1 b der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung - BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008, a.a.O.).

17

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen die Angriffe des Antragstellers gegen das Gutachten des TÜV-Nord fehl. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, dem die Kammer insoweit folgt, hat zur auch hier einschlägigen Bewertung ausdrücklich festgehalten (12. Senat, Beschluss vom 29. Dezember 2008, 12 ME 286/98 ):

"Ein Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV liegt dann vor, wenn nach den Begleitumständen sowie dem bisherigen und zu erwartenden Umgang des Betroffenen mit Alkohol zu erwarten ist, dass das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann (vgl. dazu BVerwG, Urt.v. 21.5.2008 - 3 C 32.07 -, NJW 2008, 2601). Dieser Blickwinkel ist dem medizinisch-psychologischen Gutachten zugrunde zu legen, das nach § 13 FeV beizubringen ist. Die zu dieser Fragestellung getroffene, hier im Einzelnen begründete gutachtliche Feststellung rechtfertigt daher bereits die Annahme einer fehlenden Eignung, ohne dass es auf das Erfordernis einer konkreten Gefährdung anderer bei der Trunkenheitsfahrt oder das Vorliegen einer Alkoholkrankheit ankommt. Die gutachterliche Prognose muss daher auch nicht - entgegen der Auffassung des Antragstellers - durch medizinische Ergebnisse bestätigt werden, die Hinweise auf eine Alkoholkrankheit ergeben. Soweit der Antragsteller darüber hinaus mit seiner Beschwerde vorbringt, dass er grundsätzlich einen bewussten Umgang mit Alkohol pflege, setzt er seine Bewertung an die Stelle der Gutachter. Auch sein nicht weiter substantiiertes Vorbringen, auf Feierlichkeiten keinen Alkohol mehr zu trinken, ist nicht geeignet, den erforderlichen gefestigten Einstellungswandel zu belegen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt.v. 21.5.2008, a.a.O.; ferner OVG Berlin-Brandenburg, Beschl.v. 7.3.2007 - 5 S 9.07 -, NJW 2007, 519)."

18

Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage kommt es auf das sonstige Beteiligtenvorbringen nicht weiter an.

19

Zugleich darf nach allem offenbleiben, ob sich der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dezidiert auch gegen die weiter im angegriffenen Bescheid getroffenen Maßnahmen des Antragstellers richtet (Androhung eines Zwangsmittels, Kostenfestsetzung), zumal sich diese voraussichtlich aus den dortigen, im wesentlichen zutreffenden Gründen als rechtmäßig erweisen dürften, § 117 Abs. 5 VwGO entsprechend.

20

Die Kostenlast folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

21

2.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich grundsätzlich an den Ziffern 46.1 ff. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ( NVwZ 2004, 1327 ff.). Hiernach ist ein Wert von 5 000,00 € anzusetzen, weil bei wirtschaftlicher Betrachtung des jeweiligen Rechtsbehelfs, die für die Festsetzung des Streitwerts bedeutsam ist, hier die Erlaubnis einer einzigen Klasse (nach altem Recht: Klasse Drei) in Rede steht.

22

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass aus den Gründen des Bestandschutzes die Führerscheinklasse Drei (alt) etliche Erlaubnisklassen nach neuerem Recht umfasste (z.B. A1, B, C1, BE, C1E, M, L, sofern sie vor dem 1. April 1980 erworben war), hält jedoch im Verfahren der Erlaubnisentziehung aus denselben Gründen des "Bestandschutzes" den Auffangwert entsprechend Ziff. 46.3 für angemessen, während sie im Neu- bzw. Wiedererteilungsverfahren einzelne Werte für die jeweilige Klasse (neu) veranschlagt und - ggfls. - addiert.

23

Da im vorliegenden Eilverfahren lediglich eine vorläufige Regelung getroffen wird, ist der Wert zu halbieren.