Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 06.04.2017, Az.: L 8 AY 40/13
Widerspruch im Bereich des AsylbLG; Kostenerhebung; Rechtsbehelf gegen den durch Kostenbescheid festgesetzten Kostenanspruch; Verjährungsunterbrechung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 06.04.2017
- Aktenzeichen
- L 8 AY 40/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 35387
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 12.03.2013 - AZ: 12 AY 184/10
Rechtsgrundlage
Redaktioneller Leitsatz
1. Ein Rechtsbehelf i.S. des § 8 Abs. 3 S. 1 NVwKostG kann ausschließlich ein Rechtsbehelf gegen den durch Kostenbescheid festgesetzten Kostenanspruch sein.
2. Die in § 8 Abs. 3 Satz 1 NVwKostG aufgeführten Tatbestände der Verjährungsunterbrechung setzen sämtlich eine vorherige Kostenfestsetzung durch Verwaltungsakt voraus.
3. Dies ist für die Zahlungsaufforderung und die Stundung offensichtlich, denn beides ergibt ohne vorherige Kostenfestsetzung keinen Sinn.
4. Gründe, weshalb für die in § 8 Abs. 3 S. 1 NVwKostG genannten Rechtsbehelfe anderes gelten soll, sind nicht ersichtlich.
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 12. April 2013 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Weitere Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung des Beklagten, für die Entscheidung über einen Widerspruch im Bereich des AsylbLG Kosten zu erheben. Vorab ist die mögliche Verjährung eines etwaigen Kostenanspruchs zu prüfen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Kläger) und die Klägerin, soweit bekannt staatenlose Jeziden mit zwei gemeinsamen in Deutschland geborenen minderjährigen Kindern, waren 2001 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, lebten zuletzt bis Februar 2009 in G. bzw. anschließend in einer Asylbewerberunterkunft in H. und bezogen dort Leistungen nach § 3 AsylbLG (u.a. Bescheid vom 15. April 2008 für Mai 2008, anschließend monatliche Zahlungen ohne Bescheid).
Am 9. Februar 2009 schlossen die Kläger mit Zustimmung des Beklagten einen Mietvertrag über eine eigene Wohnung in H ... Bereits vorher hatte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme der für die Wohnung erforderlichen Mietkaution in Höhe von 930,00 EUR beantragt. Ausweislich einer Verhandlungsniederschrift vom 29. Januar 2009 hat er sodann um darlehensweise Übernahme der Mietkaution und Ratenzahlung in Höhe von monatlich 50,00 EUR gebeten, die Beträge sollten danach monatlich von den laufenden Leistungen einbehalten werden. Mit an beide Kläger gerichtetem Bescheid vom 12. März 2009 stimmte der Beklagte dem Antrag zu, überwies den Betrag in Höhe von 930,00 EUR an den Vermieter und stundete den Betrag in der Weise, dass ab dem 1. April 2009 monatlich 50,00 EUR von den monatlichen Leistungen einbehalten werden sollten. Hiergegen erhob der Kläger am 24. März 2009 Widerspruch und vertrat die Auffassung, dass der monatliche Abzug von 50,00 EUR rechtswidrig sei.
Mit an beide Kläger gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 4. November 2010 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Weiter heißt es: "Für die Entscheidung über den Widerspruch werden Kosten erhoben".
Die Bewilligung als Darlehen sei antragsgemäß erfolgt, eine Hilfegewährung als Beihilfe komme nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruhe auf den §§ 1, 3, 5, 9, 11 Abs. 2 und 13 des niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) in Verbindung mit der laufenden Nummer 110.6 des Kostentarifs der Anlage zur Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen (AllGO) vom 5. Juni 1997. Die Höhe der Kosten werde durch einen gesonderten Bescheid festgesetzt.
Am 6. Dezember 2010 haben die Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Hildesheim erhoben und beantragt, den Widerspruchsbescheid vom 4. November 2010 aufzuheben, soweit der Beklagte den Klägern Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach auferlegt hat. Auf die Verfahren nach dem AsylbLG fänden die Vorschriften des SGB X Anwendung. Nach § 63 SGB X seien die Widerspruchsverfahren kostenfrei. Im Übrigen habe die Klägerin selber keinen Widerspruch erhoben, sodass sie schon grundsätzlich keine Kosten verursacht haben könne. Der Beklagte hat daraufhin mit Schreiben vom 21. Januar 2011 den Widerspruchsbescheid in Bezug auf die Klägerin aufgehoben. Eine Reaktion der anwaltlich vertretenen Kläger erfolgte insoweit nicht, es wurde lediglich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Nachdem auch der Beklagte einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt hatte, hat das SG mit Urteil vom 12. April 2013 den Widerspruchsbescheid vom 4. November 2010 hinsichtlich der Kostengrundentscheidung aufgehoben, die Klage im Übrigen abgewiesen, den Beklagten verurteilt, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten und die Berufung zugelassen. Hinsichtlich der Klägerin sei die Klage unzulässig geworden, weil die Kostengrundentscheidung nach der ihr gegenüber erfolgten Aufhebung durch den Beklagten keine Beschwer mehr entfalte und es insoweit an einer Klagebefugnis mangele. Im Übrigen sei die statthafte Anfechtungsklage begründet. § 64 SGB X finde auf Widerspruchsverfahren im Rahmen des AsylbLG analoge Anwendung, wie das LSG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 26. Mai 2011 (L 1 AY 16/10) ausführlich begründet habe; diesen Ausführungen schließe sich das SG an.
Hiergegen hat der Beklagte am 13. Mai 2013 Berufung eingelegt. Hinsichtlich der Klägerin sei der Widerspruchsbescheid bereits aufgehoben worden, sodass sich die Entscheidung des SG nicht erschließe. Die vom SG zitierte Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz werde von dem Beklagten nicht geteilt. Eine Analogie komme nur in Betracht, wenn eine von der Rechtsprechung zu schließende Gesetzeslücke bestehe. Dies sei hier nicht der Fall; der Gesetzgeber habe im AsylbLG nur bestimmte Regelungen des SGB X für anwendbar erklärt, im Übrigen solle das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht sowie das Kostenrecht gelten. Nach Auffassung des Beklagten handelnde es sich bei der Entscheidung über die Kosten um eine Entscheidung nach Landesrecht, für die ein gesondertes - hier nicht vorliegendes - Widerspruchsverfahren vorgesehen ist; bei einer solchen Streitigkeit wäre zudem fraglich, ob es der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnet ist. Die Verjährung hinsichtlich der Gebührenschuld sei durch die Erhebung der vorliegenden Klage.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 12. April 2013 aufzuheben und die Klage vollständig abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie haben sich im Berufungsverfahren durch ihren Prozessbevollmächtigten lediglich dahingehend geäußert, dass durch die Klageerhebung eine Hemmung der Verjährung hinsichtlich der Kostenentscheidung eingetreten sei.
Außer den Gerichtsakten lag ein Ordner Verwaltungsakten des Beklagten, Ausdrucke aus dem Leistungsvorgang der Kläger betreffend, vor. Er war Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Beiakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG i.V. mit § 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung über die kraft Zulassung durch das SG gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Beklagten.
Soweit das SG die Klage abgewiesen hat, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Dies betrifft die Klage, soweit sie von der Klägerin erhoben worden war. Nachdem der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 4. November 2010 in Bezug auf die Klägerin während des erstinstanzlichen Verfahrens aufgehoben hatte, fehlte letzterer, wie das SG zutreffend (ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre) festgestellt hat, das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Auf die ausschließlich von dem Beklagten eingelegte Berufung hat der Senat folglich nur darüber zu befinden, ob das SG die Kostengrundentscheidung in dem nach der Aufhebung hinsichtlich der Klägerin nur noch den Kläger betreffenden Widerspruchsbescheid vom 4. November 2010 zu Recht aufgehoben hat.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist unzulässig, weil ihm als Berufungsführer ab dem 1. Januar 2014 das erforderliche Rechtsschutzinteresse für die Weiterführung der Berufung fehlt.
Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt regelmäßig das Vorliegen einer materiellen Beschwer des Rechtsmittelführers voraus. Eine Beschwer liegt nur dann vor, wenn sie zumindest rechtlich geschützte Interessen berührt, also nicht nur formal besteht (sog. formelle Beschwer), sondern auch sachlich von Bedeutung ist (sog. materielle Beschwer; hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1969 - IV C 83.66 - juris Rn. 11).
In formeller Hinsicht ist der Beklagte durch das Urteil des SG beschwert, weil dieses die allein angefochtene Kostengrundentscheidung des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2010 aufgehoben und damit eine vom Beklagten erlassene Regelung geändert hat.
Bei dieser Regelung handelt es sich um die Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen und damit um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG. Da es sich um eine Nebenentscheidung handelt, ist eine nochmalige Widerspruchseinlegung bzgl. der Kostenentscheidung nicht geboten. Ein Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid oder auch nur eine darin getroffene Kostengrundentscheidung sieht weder die VwGO (hierzu ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 12. August 2014 - 1 C 2/14 - juris Rn. 12, 16) noch das SGG vor. Diese kann vielmehr unabhängig von der weiteren Regelung im Widerspruchsbescheid (hier: Der Widerspruch wird als unbegründet zurückgewiesen) angefochten werden, weil sie eine eigenständige den Kläger erstmals belastende zusätzliche Beschwer enthält.
Zwar enthält § 95 SGG anders als die Parallelvorschrift des § 79 VwGO keine entsprechende ausdrückliche Regelung. Während § 95 SGG (insoweit identisch mit § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) als Klagegegenstand nur den ursprünglichen Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, bezeichnet, ist nach § 79 Abs. 1 Satz 2 VwGO Gegenstand der Anfechtungsklage auch der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann der Widerspruchsbescheid auch dann alleiniger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbstständige Beschwer enthält. Für den Geltungsbereich der VwGO folgt daraus direkt, dass der Widerspruchsbescheid alleiniger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein kann. Das Fehlen einer derartigen Regelung für das sozialgerichtliche Verfahren bedeutet nicht, dass im Geltungsbereich des SGG in vergleichbaren Fällen keine isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheides möglich ist. Vielmehr ist der Rechtsgedanke des § 79 VwGO auch dort zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 25. März 1999 B 9 SB 14/97 R juris Rn. 20 ff. mit näherer Begründung; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014 § 95 Rn. 3).
Die auch ansonsten zulässige Anfechtungsklage war entgegen der vom Beklagten im Berufungsverfahren geäußerten Bedenken zulässig, der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit war gegeben (zur fehlenden Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts hinsichtlich des beschrittenen Rechtswegs s. § 17a Abs. 5 GVG). Für die Klage konnte der Kläger auch ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse geltend machen. Zwar enthält der angefochtene Widerspruchsbescheid keine Kostenrechnung. Mit der Formulierung, für die Entscheidung über den Widerspruch werden Kosten erhoben, und dem Hinweis in den Entscheidungsgründen des Widerspruchsbescheides, die Höhe der Kosten werde durch gesonderten Bescheid festgesetzt, hat der Beklagte jedoch hinreichend deutlich gemacht, dass er den Kläger wegen der Kosten in Anspruch nehmen will. Dabei ist insoweit unbeachtlich, dass ein Kostenanspruch seit dem 1. Januar 2014 wegen Verjährung erloschen ist (hierzu später) und der Beklagte jedenfalls unter Berücksichtigung der von ihm im Widerspruchsbescheid genannten Vorschriften (hier: § 11 Abs. 2 Satz 2 NVwKostG) vorher von einer Festsetzung der Kosten hätte absehen oder diese hätte niederschlagen können. Maßgebend ist allein, dass der Kläger bei Klageerhebung und auch noch zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung durch den Beklagten mit einer finanziellen Belastung durch die Entscheidung im Widerspruchsbescheid rechnen musste.
Zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung am 13. Mai 2013 war der Beklagte durch das Urteil des SG auch in materieller Hinsicht noch beschwert. Bis zum 31. Dezember 2013 hätte er die aus seiner Sicht gerechtfertigten Kosten für das Widerspruchsverfahren erheben können. Hieran war er weder durch die Klage noch durch das Urteil des SG gehindert. Zwar hatte die Klage gegen den Widerspruchsbescheid aufschiebende Wirkung (weil mit der darin enthaltenen und mit der Klage angefochtenen Kostengrundentscheidung keine "Anforderung" im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG verbunden war und damit die aufschiebende Wirkung der Klage nicht entfiel), daraus folgte für den Beklagten aber nur ein Verbot, während des Klageverfahrens rechtliche oder tatsächliche Konsequenzen direkt aus dem angefochtenen Verwaltungsakt zu ziehen (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014 § 86a Rn. 5). Eine konkrete Erhebung der Kosten für das Widerspruchsverfahren durch einen Kostenfestsetzungsbescheid folgt jedoch nicht direkt aus der Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid und setzt nicht deren Rechtmäßigkeit voraus. Dies ergibt sich u.a. aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG, nach dem für einen Kostenansatz im Rechtsbehelfsverfahren auf die "Erfolglosigkeit" des Rechtsbehelfs und nicht auf die ggfs. erst nach einem gerichtlichen Verfahren festgestellte Rechtmäßigkeit der Widerspruchsentscheidung abgestellt wird. § 12 Abs. 2 Satz 2 NVwKostG bestimmt folgerichtig für den Fall, dass ein Gericht nach § 113 VwGO (entsprechend § 131 SGG) die Rechtswidrigkeit der Amtshandlung festgestellt hat, eine Verpflichtung zur Rückzahlung einer bereits gezahlten Gebühr.
Die Beschwer des Beklagten ist seit dem 1. Januar 2014 entfallen, weil die hier streitige und im Folgenden als gegeben unterstellte Kostenschuld gemäß § 8 Abs. 1 NVwKostG (in der seit dem 1. Januar 2007 geltenden und soweit hier relevant unverändert geltenden Fassung vom 25. April 2007, Nds. GVBl. 2007, 172) durch Verjährung erloschen ist und von dem Beklagten nicht mehr gefordert werden kann. Er hat ausdrücklich erklärt, dass eine Kostenfestsetzung vorher nicht erfolgt ist. Unbeachtlich ist insoweit, dass gegen den Widerspruchsbescheid Klage erhoben wurde.
Die Erhebung von Gebühren (neben Auslagen Teil der Kosten i.S. des NVwKostG; vgl. dort § 1 Abs. 1) und damit auch eine Kostenfestsetzung kann allenfalls nach dem NVwKostG erfolgen. § 1 Abs. 2 NVwKostG bestimmt insoweit, dass Gebühren aufgrund anderer Rechtsvorschriften für dieselbe Amtshandlung nicht erhoben werden dürfen, wenn aufgrund des NVwKostG eine Amtshandlung für gebührenpflichtig oder für gebührenfrei erklärt wird.
Eine entsprechende Regelung enthält § 12 NVwKostG. Dabei unterstellt der Senat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung des Beklagten, dass die Vorschriften des NVwKostG und der dort in § 3 in Bezug genommenen Gebührenordnung die Erhebung von Gebühren bei Entscheidungen über förmliche Rechtsbehelfe auch in den Fällen ermöglichen, in denen die angefochtene Entscheidung selber (hier: Einbehalt von monatlich 50,00 EUR bei den Leistungen nach dem AsylbLG) eindeutig nicht gebührenpflichtig war (dazu auch gleich). Nach dem NVwKostG werden für Amtshandlungen im übertragenen Wirkungskreis der Gebietskörperschaften und anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts in Niedersachsen Kosten erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben. Der Beklagte als niedersächsischer Landkreis hatte in dem hier zugrundeliegenden Verfahren im übertragenen Wirkungskreis (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des AsylbLG - AufnG - vom 11. März 2004, Nds. GVBl. S. 100) über Leistungen nach dem AsylbLG entschieden. Mit der Erhebung des Widerspruchs hatte der Kläger Anlass für die Amtshandlung des Erlasses des Widerspruchsbescheides gegeben.
Ein Kostenanspruch nach dem NVwKostG erlischt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG durch Verjährung. Nach Abs. 2 der Vorschrift beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Kostenschuld entstanden ist; die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. Eine (zu den Kosten i.S. des Gesetzes gehörende, s. oben) Gebührenschuld entsteht nach § 6 Abs. 1 NVwKostG mit der Beendigung der Amtshandlung oder mit der Rücknahme des Antrages.
Amtshandlung in diesem Sinne ist grundsätzlich auch die Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wie sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG ergibt ("Soweit ein Rechtsbehelf erfolglos bleibt, beträgt die Gebühr für die Entscheidung über den Rechtsbehelf das Eineinhalbfache der Gebühr, die für die angefochtene Entscheidung anzusetzen war.").
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob die Erhebung von Gebühren bei erfolglosen Rechtsbehelfen auch dann von § 6 Abs. 1 NVwKostG gedeckt ist, wenn die angefochtene Entscheidung nicht gebührenpflichtig war. Zweifel sind angebracht, weil für den Bereich des AsylbLG weder die AllGO noch andere landesrechtliche Regelungen oder das AsylbLG eine Gebührenpflicht vorsehen. Dessen ungeachtet beträgt nach 110.6.1.2 AllGO (vom 5. Juni 1997, Nds. GVBl. S. 171) die Gebühr für einen erfolglos gebliebenen Rechtsbehelf 30,- EUR bis 3.000,- EUR, wenn für die angefochtene Amtshandlung eine Gebühr nicht vorgesehen oder die Amtshandlung gebührenfrei war. Hierauf scheint sich der Beklagte zu stützen, der als Rechtsgrundlage für seine Kostenentscheidung §§ 1, 3, 5, 9, 11 Abs. 2 und 13 NVwKostG in Verbindung mit der laufenden Nummer 110.6 AllGO annimmt.
Ein derartiger, von dem Beklagten angenommener, Kostenanspruch war drei Jahre nach seinem Entstehen am 1. Januar 2014 erloschen. Während allgemein bei der Verjährung einer Forderung der Schuldner berechtigt ist, die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB; Einrede der Verjährung), bestimmt § 8 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG das Erlöschen des Anspruchs von Gesetzes wegen, ohne dass es einer Einrede des Kostenschuldners bedarf. Mit Eintritt der Verjährung darf ein Kostenanspruch folglich nicht mehr gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden, sofern die Verjährung nicht durch Zahlungsaufforderung, durch Stundung oder durch Rechtsbehelfe unterbrochen worden ist (§ 8 Abs. 3 Satz 1 NVwKostG).
Keine dieser Ausnahmen liegt hier vor. Eine Zahlungsaufforderung ist mangels Vorliegen eines Kostenbescheides mit einer konkreten Kostenfestsetzung gerade nicht erfolgt, desgleichen keine Stundung. Das scheint auch der Beklagte nicht in Abrede zu stellen, der sogar einen "rechtlichen Zusammenhang der Kostengrundentscheidung mit einer konkreten späteren Kostenfestsetzung" nicht zu erkennen vermag.
Durch die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 4. November 2010 ist die dreijährige Verjährungsfrist nicht unterbrochen worden.
Ein Rechtsbehelf i.S. des § 8 Abs. 3 S. 1 NVwKostG kann ausschließlich ein Rechtsbehelf gegen den durch Kostenbescheid festgesetzten Kostenanspruch sein (so auch zu der vergleichbaren Vorschrift des § 6 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt im Ergebnis VG Magdeburg Urteil vom 20. Januar 2015 - 4 A 111/14 - juris Rn. 19 m.w.N., welches ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal annimmt). Die in § 8 Abs. 3 Satz 1 NVwKostG aufgeführten Tatbestände der Verjährungsunterbrechung setzen sämtlich eine vorherige Kostenfestsetzung durch Verwaltungsakt voraus. Dies ist für die Zahlungsaufforderung und die Stundung offensichtlich, denn beides ergibt ohne vorherige Kostenfestsetzung keinen Sinn. Gründe, weshalb für die in § 8 Abs. 3 S. 1 NVwKostG genannten Rechtsbehelfe anderes gelten soll, sind nicht ersichtlich (ebenso VG Magdeburg a.a.O.).
Durch die Klage ist auch keine Hemmung der Verjährung durch den Widerspruch hinsichtlich der Kostenentscheidung eingetreten. Eine allenfalls in Betracht kommende Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt die Erhebung einer Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils voraus. Damit sind, wie sich aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt, Handlungen des Gläubigers gemeint, der damit einen ihn möglicherweise treffenden Rechtsverlust verhindern kann. Hier hat der potentielle Schuldner, der Kläger, ein Rechtsmittel eingelegt und nicht der sich als Gläubiger gerierende Beklagte.
Es bedurfte hier keiner Entscheidung, ob der Beklagte berechtigt war, für die Entscheidung über den Widerspruch Kosten zu erheben, oder ob nach Bundesrecht für Widersprüche gegen Entscheidungen im Asylbewerberleistungsrecht keine Kosten erhoben werden dürfen (die Ausfüllung einer Gesetzeslücke durch eine entsprechende Anwendung des § 64 Abs. 1 SGB X auf das Verwaltungsverfahren nach dem AsylbLG annehmend LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 26. Mai 2011 - L 1 AY 16/10 juris Rn. 19 ff., Sächsisches LSG vom 19. Dezember 2011 - L 7 AY 4/11 juris Rn. 18 ff, SG Mannheim Urteil vom 20. Mai 2011 - S 9 AY 4431/10 - juris Rn. 19, Scheider in Hohm, GK-AsylbLG § 9 AsylbLG Rn. 62; a. A. OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Februar 1999 - 12 L 4133/98 - juris Rn. 35 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Beklagte den Widerspruchsbescheid hinsichtlich der Klägerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren aufgehoben und die Klagabweisung insoweit rechtskräftig geworden ist, kommt eine Erstattung von der Klägerin im Berufungsverfahren möglicherweise entstandenen außergerichtlichen Kosten nicht in Betracht. Unbeachtlich ist, dass der Beklagte wohl in Verkennung der erstinstanzlichen Entscheidung in seiner Berufungsschrift die Klägerin ausdrücklich mit einbezogen hat. Ein Rechtsschutzinteresse der durchgehend anwaltlich vertretenen Klägerin bestand nach der Aufhebung des sie betreffenden Widerspruchsbescheides nicht mehr.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.