Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 15.08.2016, Az.: 10 A 2173/16

Glücksspiel; Zustandstörer

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
15.08.2016
Aktenzeichen
10 A 2173/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43319
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Glücksspielaufsichtsbehörde kann feststellen, dass eine bestandskräftig gegenüber dem Betreiber einer Internet-Seite verfügte Untersagung gegenüber dem Rechtsnachfolger Wirkung entfaltet, da dieser als Zustandsverantwortlicher in die Polizeipflicht des Rechtsvorgängers nachgerückt ist.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen glückspielrechtliche Maßnahmen des Beklagten.

Mit - nach Klagerücknahme vom 16. Dezember 2015 bestandskräftig gewordener - Verfügung vom 27. Februar 2015 untersagte der Beklagte der C. IoM Ltd. (……), einer Marke der D. Holdings} Ltd., „selbst oder durch Dritte - insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen - im Internet öffentliches Glücksspiel i. S. d. § 3 GlüStV insbesondere mit den unter der Domain www. E..com aufrufbaren Angeboten in Niedersachsen zu veranstalten, zu vermitteln oder zu bewerben. Gleichzeitig wird der C. IoM Ltd. untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 der Verfügung abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler Gewinne auszuzahlen.“

Mit Wirkung vom 1. Juli 2015 erwarb die F. (plc), Stockholm, 71 % der Aktien von G. und im Oktober 2015 weitere 4 %. Die Klägerin ist eine Tochterfirma der F.. Seither betreibt die Klägerin die Internetseite www. E..com. Die Webseite hat (abgelesen am 9. August 2016) das Impressum:

Der Betreiber dieser Webseite www. E..com ist A., maltesische Firmenregistrierungsnummer …., mit Firmensitz in ……. A-Stadt. Diese Webseite wird durch die Firma A. betrieben und ist genehmigt sowie reguliert durch die A-Stadt Gaming Authority: MGA/CL1/824/2012 und MGA/CL1/825/2012 (erhalten am 4. Oktober 2012), MGA/CL1/850/2012 (erhalten am 27. Mai 2013), MGA/CL1/905/2013 (erhalten am 17. März 2014) und MGA/CL1/975/2014 (erhalten am 2. Juni 2014).

Mit Verfügung vom 2. März 2016 untersagte der Beklagte der Klägerin, - Ziffer 1 - „selbst oder durch Dritte - insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen - im Internet, insbesondere auf der Internetseite www. E..com, öffentliches Glücksspiel gemäß § 3 GlüStV in Form von Casinospielen (insbesondere Poker, Blackjack, Roulette und Automatenspiele) in Niedersachsen zu veranstalten, zu vermitteln oder zu bewerben. Gleichzeitig wird der A. untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 der Verfügung abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler Gewinne auszuzahlen.“ Laut Ziffer 2 ist die Anordnung zu Ziffer 1 innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides zu erfüllen; die Umsetzung sei zeitgleich mitzuteilen. Nach Ziffer 3 wird der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro angedroht.

Mit Bescheid vom 29. Februar 2016 setzte der Beklagte gegen die Klägerin Kosten - Gebühren nach Nr. 57.7.1 und 57.7.2 der AllGO in Höhe von 1.276,50 Euro nebst Auslagen von pauschal 20 Euro - fest.

Die Klägerin hat am 7. April 2016 Klage gegen beide Bescheide erhoben. Sie dürfe aufgrund maltesischen Rechts die angebotenen Spiele anbieten. Dies sei ihr aufgrund der Verfügung vom 27. Februar 2015 nicht untersagt. Die Klägerin sei nicht als Rechtsnachfolgerin der C. IoM Ltd. polizeipflichtig geworden, denn die Verfügung vom 27. Februar 2015 sei nicht dinglich an den Betrieb der Seite www. E..com gebunden, sondern personenbezogen an den der Firma C. IoM Ltd. und deren Nutzung der Internet-Seite. Die heutigen Angebote auf der Internet-Seite unterschieden sich von denen der Firma C. IoM Ltd. Die Seite sei komplett neu aufgesetzt, Spiele seien neu integriert worden, die Inhalte nicht mehr mit den früheren identisch. Diese Verfügung unterscheide sich im Wortlaut der Ziffer 1 und in ihrem Regelungsgehalt von der älteren Verfügung, sodass aus Sicht eines objektiven Dritten von einer neuen Untersagungsverfügung hätte ausgegangen werden müssen und auch der Beklagte nicht von einem Übergang der Polizeipflichtigkeit ausgegangen sei. Auch liege hier kein „Umgehungsgeschäft“ vor. Die Klägerin sei nicht Zustandsstörerin. Das Telemediengesetz begründe keine Zustandsverantwortlichkeit, in die die Klägerin nachgefolgt wäre. Das Nds. Glücksspielgesetz besage, dass der Betreiber der Internet-Seite nur als Verhaltensstörer in Betracht komme. Auch sei eine Internet-Seite keine „Sache“ im Sinne dieses Gesetzes. Schließlich führe die Annahme der Rechtsnachfolge zu erheblichen Rechtsunsicherheiten.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 29. Februar 2016 und vom 2. März 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Verfügung vom 2. März 2016 habe sie wegen der unveränderten Gefahrenlage erlassen. Die Untersagungsverfügung vom 27. Februar 2015 „hafte“ an der Internet-Seite www. E..com. Da die Untersagung nicht im Ermessen stehe, sei gegenüber der Klägerin auch keine andere Entscheidung als gegenüber der C. IoM Ltd. möglich.

Ein Abgleich des Spieleangebots auf der Internet-Seite am 28. Oktober 2015 und
11. August 2016 ergebe, dass von den am 28. Oktober 2015 angebotenen Spielen nur das Spiel Shiva nicht mehr angebotenen werde, die übrigen 45 schon am 28. Oktober 2015 angebotenen Spiele seien noch im Angebot.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Sämtliche Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die gegen die Bescheide des Beklagten vom 29. Februar 2016 und vom 2. März 2016 gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, da die Bescheide Verwaltungsakte des Beklagten betreffen. Die Klagen sind jedoch weder im Hinblick auf die Untersagungsverfügung und deren Zwangsmittelandrohung noch auf den Kostenbescheid begründet. Die Verfügungen sind im Ergebnis rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) vom 15.12.2011 i. V. m. § 22 Abs. 4 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes vom 17. Dezember 2007 (Nds. GVBl. 2007, 756, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2013, Nds. GVBl. S. 310) - NGlüSpG. Nach § 22 Abs. 1, Abs. 4 i. V. m. § 23 Abs. 1 NGlüSpG überwacht der Beklagte als Glückspielaufsichtsbehörde die Erfüllung der durch dieses Gesetz und den Glücksspielstaatsvertrag begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, erteilt die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV und § 3 Abs. 3 Satz 1 NGlüSpG erforderlichen Erlaubnisse und hat die Veranstaltung und Vermittlung unerlaubter öffentlicher Glückspiele sowie die Werbung hierfür zu untersagen.

Aus der Pflicht des Beklagten zur Überwachung der Einhaltung insbesondere von § 4 GlüStV folgt auch die Befugnis, bei einem Wechsel des Anbieters eines Glücksspielangebots sicherzustellen, dass bestandskräftige Anordnungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i. V. m. § 22 Abs. 4 NGlüSpG weiter befolgt werden.

Das von der Klägerin nebst Kundenstamm erworbene Glücksspielangebot auf der über die Domain www. E..com erreichbaren Webseite war Gegenstand einer bestandskräftigen Ordnungsverfügung vom 27. Februar 2015, die der Beklagte an die damalige Anbieterin C. IoM Ltd. gerichtet hatte. Der Bescheid vom 2. März 2016 bestimmt, dass die gegenüber der C. IoM Ltd. konkretisierte Polizeipflicht, die ihre Grundlage in den auf der Webseite angebotenen Glücksspielangeboten und damit im Zustand der Webseite hatte, für die Klägerin gilt.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Untersagungsverfügung sich nicht auf die Bekanntgabe der Pflichtenübergangs beschränke, sondern eine neuerliche, rechtlich eigenständige Regelung im Hinblick auf die von ihr betriebene Webseite treffe, folgt ihr die Kammer nicht. Grundsätzlich ist der Inhalt eines Verwaltungsaktes mit der für die Auslegung von Willensäußerungen der Verwaltung im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1984 - 8 C 28.82 -, BeckRS 1984, 31253348). Maßgeblich für die Auslegung der Verfügung ist gem. § 133 BGB nicht das innere Vorstellungsbild des Beklagten, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.5.1984 – BVerwG 8 C 100.83 –, BeckRS 1984, 31259158). Insofern ist bei der Auslegung der Verfügung auch nicht ein von der Klägerin zitierter Aktenvermerk zu berücksichtigen, der ihr bei Bekanntgabe der Verfügung gar nicht bekannt war.

Nach dem erklärten Inhalt ist die Untersagungsverfügung vom 2. März 2016 als Bekanntgabe der bestandskräftigen Verfügung vom 27. Februar 2015 zu verstehen. Denn der Beklagte nimmt in der Begründung der Verfügung gegenüber der Klägerin ausdrücklich Bezug auf die frühere Verfügung, deren Bestandskraft und die Übernahme der dort gegenständlichen Glücksspielangebote durch die Klägerin. Außerdem erklärt der Beklagte spätestens in dem gerichtlichen Verfahren mit Schreiben vom 6. Juli 2016 und in der mündlichen Verhandlung, dass die Verfügung vom 2. März 2016 im obigen Sinne zu verstehen sei.

Die Auffassung der Klägerin, dass der Wortlaut der Verfügungen vom 2. März 2016 und 27. Februar 2015 sich inhaltlich unterscheide und beide damit Unterschiedliches regelten, teilt das Gericht nicht.

Der Tenor der Verfügung vom 2. März 2016 in Ziffer 1 weicht in der Grundstruktur nicht von demjenigen ab, den der Beklagte bereits mit der Verfügung vom 27. Februar 2015 wählte. Aus der Gegenüberstellung der unter Ziffer I. tenorierten Entscheidungen

… der Verfügung vom 2. März 2016 ….

und derjenigen vom 27. Februar 2015

Der A. wird untersagt, selbst oder durch Dritte - insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen - im Internet, insbesondere auf der Internetseite www. E.. com, öffentliches Glücksspiel gemäß § 3 GlüStV in Form von Casinospielen (insbesondere Poker, Blackjack, Roulette und Automatenspiele) in Niedersachsen zu veranstalten, zu vermitteln oder zu bewerben.
Gleichzeitig wird der A. untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 der Verfügung abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler Gewinne auszuzahlen.“

Der C. Ltd. wird untersagt, selbst oder durch Dritte - insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen - im Internet öffentliches Glücksspiel i. S. d. § 3 GlüStV insbesondere mit den unter der Domain www. E..com aufrufbaren Angeboten in Niedersachsen zu veranstalten, zu vermitteln oder zu bewerben.
Gleichzeitig wird der C. IoM Ltd. untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 der Verfügung abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler Gewinne auszuzahlen.“

folgt, dass die Verfügungen sich dadurch unterscheiden, dass die Wortfolge „insbesondere auf der Webseite www. E.. com“ in der Verfügung vom 2. März 2016 im Satz vorgezogen wird, ohne dass deshalb der Satz einen anderen Sinn erhält. Außerdem tritt an die Stelle der in der Verfügung vom 27. Februar 2015 gewählten Worte „mit den … aufrufbaren Angeboten“ der präzisierende Wortlaut „in Form von Casinospielen (insbesondere Poker, Blackjack, Roulette und Automatenspiele)“. Diese (der Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes geschuldete) Wortwahl regelt ersichtlich nicht eine andere neue Polizeipflicht, sondern wiederholt das in der Verfügung vom 27. Februar 2015 mit „aufrufbaren Angeboten“ Umschriebene. Aus der Begründung der Verfügung gegenüber der Klägerin folgt ebenso wenig, dass der Beklagte die Polizeipflicht der Klägerin aufgrund einer erneuten Prüfung der Notwendigkeit feststellt, gegen die Klägerin einzuschreiten. Sie bezieht sich (auf S. 3), wie die Verfügung vom 27. Februar 2015 (auf S. 5), auf „Merkur-Spiele“. Sie werden in der jüngeren Verfügung noch weiter umschrieben durch (auf S. 3) Automatenspiele in Form von Lotto und Bingo, bei denen die Gewinnzahlen von einem Zufallsgenerator gezogen werden, durch (auf S. 3) Casinospiele, die in terrestrischen Spielbanken gespielt werden (Poker, Roulette, Live-Blackjack, Live-Roulette), durch (auf S. 3) „Las Vegas Poker“ als eine Form von Videopoker und durch (auf S. 5) eine Definition der Casinospiele durch den Verweis auf die Spielordnung für öffentliche Spielbanken.

Dass das Verbot der Verfügung vom 2. März 2016 nicht auf einer neuen Überprüfung der Notwendigkeit zum Einschreiten beruht, folgt jedenfalls daraus, dass die Verfügung (auf S. 2) berichtet, dass bereits der C. IoM Ltd. untersagt worden sei, auf der Internetseite Glücksspiele zu veranstalten, zu vermitteln und zu bewerben (S. 2) und der Erlass einer neuen Verbotsverfügung nur aufgrund des Betreiberwechsels erforderlich wurde (S. 4), wobei die Klägerin in Kenntnis der Verfügung vom 27. Februar 2015 die Webseite erworben habe. Diese Hinweise wiegen schwerer als die umfangreichen (entbehrlichen) Ausführungen des Beklagten in der Verfügung vom 2. März 2016 zu der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung, die auch für sich betrachtet nicht den Schluss zulassen, der Beklagte habe eine Neuprüfung vorgenommen, sondern genauso als neuerliche Erklärung der Rechtslage auch der Klägerin gegenüber als Rechtsnachfolgerin betrachtet werden können.

Soweit die Klägerin aus der Verwendung der Worte in der Verfügung vom 27. Februar 2015 „oder durch Dritte - insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen“ ableiten will, dass der Beklagte seine Regelung ausdrücklich nur auf den jeweiligen Adressaten der Verfügung und eine Nachfolge in die Verantwortlichkeit damit ausschließen wollte, bietet der Wortlaut keinen Anhalt für diese Auslegung.

Nicht geteilt werden kann auch die Auffassung der Klägerin, der Bescheid vom 2. März 2016 sei ihr in der Form, dass für sie die bereits bestandskräftig geregelte Polizeipflicht festgestellt werde, nicht bekannt gegeben worden. Sie hat den Bescheid mit der hier zu entscheidenden Klage angegriffen. Indem der Beklagte mit Schreiben vom 6. Juli 2016 ausdrücklich auf Nachfrage des Gerichts äußerte, die Untersagungsverfügung vom 27. Februar 2015 „hafte“ an der beanstandeten Internet-Seite, erließ er keinen neuen Verwaltungsakt, sondern klärte vielmehr den rechtlichen Gehalt der Verfügung vom
2. März 2016.

Die materiellen Einwände der Klägerin gegen die angefochtene Untersagungsverfügung greifen nicht durch. Ein Verwaltungsakt, mit dem eine bestandskräftig konkretisierte Pflicht, die aus der Zustandsverantwortlichkeit herrührt, dem Rechtsnachfolger bekanntgegeben wird, ist nur hinsichtlich des Überganges dieser Pflicht anfechtbar und deshalb beispielsweise mit dem Einwand fehlender Rechtsnachfolge angreifbar (Gusy, Polizeirecht, 8. Aufl. 2011, Rn. 364; Denninger, in: Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Buchst. D, Rn. 124).

Auch die Einwände der Klägerin gegen ihre Zustandsverantwortlichkeit und die damit einhergehende Nachfolge in die konkrete Polizeipflicht greifen nicht durch.

Für den Zustand einer Webseite wie der streitbefangenen besteht grundsätzlich eine Verantwortlichkeit des Betreibers. Die Klägerin kann nicht damit durchdringen, eine solche Verantwortlichkeit bestehe nicht.

Der Glückspielstaatsvertrag oder das Niedersächsische Glücksspielgesetz treffen keine Regelungen zu den für eine Internet-Seite als verantwortlich in Anspruch zu nehmenden Personen. Die Eingriffsermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 5 GlüStV differenziert nicht zwischen Störern und Nichtstörern. In Hinsicht auf die glückspielrechtliche Verantwortlichkeit ist sonach mangels Spezialregelung auf die allgemeinen Grundsätze des Polizei- und Ordnungsrechts zurückzugreifen (VG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2011 - 27 K 458/10 -, MMR 2012, 846). Nach § 7 Abs. 1 Nds. SOG sind bei Gefahren, die von Sachen ausgehen, die Maßnahmen gegen diejenige Person zu richten, die die tatsächliche Gewalt innehat.

Entgegen der Einwände der Klägerin begründet § 7 Nds. SOG eine Zustandsverantwortlichkeit nicht nur für Sachen im Sinne körperlicher Gegenstände nach § 90 BGB, sondern auch für alle anderen sonstigen Gegenstände, die einen Zustand einnehmen und dadurch eine Gefahr verursachen können. Das Polizei- und Ordnungsbegriff folgt damit einem weiten Sachbegriff, der nicht mit dem Begriff des § 90 BGB gleichzusetzen ist, so dass der Frage nicht nachzugehen ist, ob eine auf einem nur flüchtigen (stromabhängigen) Speichermedium verkörperte Software als bewegliche Sache im Sinne von § 90 BGB anzusehen ist (vgl. dazu u. a. BGH, Urteil vom 15.11.2006 - XII ZR 120/04 -, NJW 2007, 2394; OLG Hamburg, Hinweisbeschluss vom 04.12.2014 - und Beschluss vom 24.03.2015 – 10 U 5/11 -, MMR 2015, 740). Die polizeirechtliche Sacheigenschaft ist - ungeachtet fehlender körperlicher stofflicher Existenz - etwa im Hinblick auf Flüssigkeiten und Gase, aber auch auf Grundstücke und Sachgesamtheiten längst anerkannt (vgl. nur Denninger – a. a. O. –, Rn. D 106; Nr. 7.1 der Ausführungsbestimmungen zum Nds SOG); für eine Webseite, die durch die darauf verfügbaren Inhalte einen Zustand einnimmt, gilt nichts anderes. Dass zugleich derjenige, der Inhalte auf einer Webseite verfügbar macht, Verhaltensverantwortlicher sein kann, steht der Annahme einer Zustandsverantwortlichkeit nicht entgegen, weil beide Verantwortlichkeiten nebeneinander bestehen können, ohne einander auszuschließen.

Das Kriterium der Bestimmbarkeit und Abgrenzbarkeit der Sache ist erfüllt. Eine bestimmte URL grenzt die Webseite der Klägerin mit dem darüber erreichbaren Software-Programmen gegenüber anderen Adressen ab (vgl. OLG Köln, Beschluss 18.01.1999 – 13 W 1/99 -, Beck online; Maume, Bestehen und Grenzen des virtuellen Hausrechts, MMR 2007, 620).

Auch aus dem (für Internetangebote) einschlägigen Fachrecht ergeben sich keine entgegenstehenden Anhaltspunkte. § 7 Abs. 1 des Telemediengesetzes vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Juli 2016 (BGBl. I S. 1766) geändert worden ist, - TMG - bekräftigt die Verantwortlichkeit von Inhaltsanbietern nach den allgemeinen Gesetzen und lässt damit den Rückgriff auf Regelungen des Ordnungsrechts zur Zustandsverantwortlichkeit offenkundig zu.

Nach § 7 Abs. 1 TMG ist jeder Diensteanbieter für eigene Informationen, die er zur Nutzung bereithält, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Nach § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Die (Rechtsvorgängerin der) Klägerin als Content-Provider ist eine solche Person. Telemedien sind (vgl. Müller-Broich, TMG, § 1 Rn. 6) alle Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht Telekommunikation im engeren Sinne oder Rundfunk sind, praktisch also jeder Online-Auftritt. Hierzu rechnet die streitbefangene Internet-Seite. Maßgeblich für die Verantwortlichkeit ist, dass der Diensteanbieter über den Inhalt und das Bereithalten des Dienstes bestimmen kann (vgl. LG B-Stadt I, Urteil vom 19.11.2013 – 33 O 9802/13 –, juris). Die Einschränkung des Haftungsprivilegs der Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG in § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG zeigt, dass auch eine Inanspruchnahme als Nichtverantwortlicher in Betracht kommt. Die Klägerin ist für den Inhalt der Webseite verantwortlich, selbst wenn sie nicht selbst den von ihr vorgefundenen Zustand verantwortet (zur Inanspruchnahme eines Nicht-Störers nach § 7 TMG: OVG Münster, Beschluss vom 26.01.2010 - 13 B 760/09 -, BeckRS 2010, 46309; die zivilrechtliche Zustandsverantwortlichkeit bejaht LG Leipzig, Urteil vom 13.11.2003 - 12 S 2595/03 -, MMR 2004, 263). Mit den Verpflichtungen im Sinne des § 7 TMG sind Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gemeint (Hoffmann, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 7 TMG, Rn. 38). Die Vorschrift begründet auch öffentlich-rechtlich eine Verantwortlichkeit (VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2002 - 15 L 4148/02 -, MMR 2003, 205; VG Karlsruhe, Urteil vom 25.7.2012 - 5 K 3496/10 -, MMR 2013, 134). Daraus folgt, dass auch das TMG davon ausgeht, dass zur Nutzung bereitgehaltene oder gespeicherte Informationen unabhängig von der Verhaltensverantwortlichkeit des Einzelnen einen rechtswidrigen Zustand begründen können, der nach Auffassung der Kammer Anknüpfungspunkt für die Verantwortlichkeit nach § 7 Nds. SOG ist.

Die Kammer geht auch davon aus, dass es sich bei dem Glücksspielangebot unter www. E..com nach wie vor um diejenige Webseite handelt, die Gegenstand der Verfügung des Beklagten vom 27. Februar 2015 war. Auf der Seite werden weiterhin Merkur-Automatenspiele angeboten, die Zahl der Spiele hat sich kaum geändert: die Klägerin bietet nur eines von 46 der ursprünglich von der C. IoM Ltd. angebotenen Spiele nicht mehr an. Selbst das Layout der Internet-Seite hat sich, wie die von dem Beklagten vorgelegten Screenshots belegen, kaum geändert, so dass es nicht ins Gewicht fällt, wenn die Klägerin, wie sie vorträgt, die Internet-Seite „vollkommen neu aufgesetzt“ hat und die Inhalte nicht mehr vollkommen identisch sind. Unbeachtlich ist auch, dass die physische Speicherung der Inhalte von einem Server auf der Isle of Man auf einen Server in A-Stadt oder andernorts verlagert worden ist, solange die Inhalte weiterhin über die Domain www. E..com erreichbar sind und inhaltlich im Wesentlichen unverändert geblieben sind. Hiervon ist auszugehen, weil der Beklagte nachvollziehbar belegt hat, dass die Seite nicht nur optisch weitgehend unverändert geblieben, sondern auch inhaltlich annähernd identisch ist. Auf die Verantwortlichkeit für die Webseite wirkt es sich auch nicht aus, dass die Klägerin als neue Verfügungsberechtigte die Zustimmung der Nutzer für neue Spielverträge eingeholt und neue Verträge mit dem Spieleanbieter Merkur abgeschlossen hat.

Der Einwand der Klägerin, dass sich glückspielrechtliche Maßnahmen nach § 22
Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG gegen diejenigen Personen zu richten haben, die unerlaubtes Glückspiel veranstalten und die Vorschrift danach an eine Handlung anknüpfe, spricht nicht gegen ihre Zustandsverantwortlichkeit. § 22 Abs. 4 Satz 2 NdsGlüSpG bestimmt nur den Adressaten einer Verfügung. Das glückspielrechtliche Einschreiten stellt entsprechend nicht auf den Anbieter von Glücksspielen ab, sondern nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs und der Werbung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.11.2011 - 8 C 13/11 -, juris, Rdn. 4).

Die Nachfolge der Klägerin in die Verantwortlichkeit für den Zustand der Internet-Seite www. E..com ist möglich. Haftet die Polizeipflichtigkeit einer Sache an und wird in Bezug auf diese Sache eine Polizeipflicht durch Verwaltungsakt bestandskräftig konkretisiert, geht die Verantwortlichkeit für die Sache bei einem Eigentumswechsel oder einer Übertragung der Sachgewalt auf den (Rechts-)Nachfolger über (vgl. zusammenfassend nur Denninger, a.a.O.Rn. 124 f.). In der Rechtsprechung ist dieser Gedanke anerkannt etwa für grundstücks- und anlagenbezogene Verwaltungsakte, die als sog. dingliche Verwaltungsakte ungeachtet personaler Elemente den öffentlich-rechtlichen Status einer Sache regeln, wie eine baurechtliche Beseitigungsanordnung (vgl. auch § 79 Abs. 1 Satz 5 NBauO; OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.11.2013 - 1 LA 65/13; BVerwG, Urteil vom 22.01.1971 - IV C 62/66 -, BauR 71, 188), eine wasserrechtliche Unterhaltungspflicht (VG B-Stadt, Urteil vom 09.06.2015 - M 2 K 13.5604), die Zuweisung eines Mieters an den über den Wohnraum Verfügungsberechtigten, bei der die Verpflichtung des Verfügungsberechtigten nicht höchstpersönlich ist (BVerwG, Urteil vom 19.03.1956 - BVerwG V C 265/54 -, BVerwGE 3, 208), eine Wiederaufforstungsanordnung (OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.03.1989 - 3 L 19/89 -, NuR 1990, 178) oder die Haltung eines Hundes (OVG Lüneburg, Beschluss vom 25.03.2013 - 11 ME 34/13 -, NdsRpfl 2013, 212; VG Hannover, Urteil vom 19.01.2015 - 10 A 13066/14 -, BeckRS 2015, 41279). Für diese Auslegung sprechen (so BVerwG, Urteil vom 22.01.1971 - IV C 62/66 -, BauR 71, 188):

„… nicht zuletzt praktische Erwägungen….. Überlegungen der Praktikabilität sind durchaus zulässige Auslegungsgesichtspunkte (…). Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß es nicht nur für die Praxis der Verwaltungsbehörden, sondern auch für die Verwirklichung des Rechtsstaats unbefriedigend sein müßte, wenn rechtmäßige und sogar durch evtl. mehrere Gerichtsinstanzen als rechtmäßig bestätigte Beseitigungsanordnungen nur deswegen nicht sollten durchgesetzt werden dürfen, weil ein möglicherweise nur vorgeschobener - Eigentumswechsel herbeigeführt worden ist. Das kann - in durchaus nicht nur seltenen Fällen - zur Folge haben, daß die Verwirklichung des Rechts praktisch für die Dauer verhindert wird.“

Die Klägerin hat die Nachfolge in die Verantwortlichkeit für den Zustand der Internet-Seite www. E..com angetreten.

Die Klägerin meint zu Unrecht, dass sie dadurch, dass sie die Internetseite ihrer Rechtsvorgängerin nur teilweise im Layout übernommen, aber sonst vollkommen verändert und andere Spiele aufgesetzt habe, eine andere Sache geschaffen habe als diejenige, die Gegenstand der Verfügung vom 27. Februar 2015 war. Anknüpfungspunkt der Verantwortlichkeit der Klägerin sind die über ihre Domain erreichbaren Glücksspiele. Die Domain ist geblieben, ebenso fast alle der betroffenen Spiele. Änderungen im Layout oder der Ansteuerung der weiter verwandten Glücksspiele können eine entscheidungserhebliche Veränderung der Sache nicht bewirken.

Die Klägerin hat unstreitig die Rechte erworben, über die Domain www. E..com zu verfügen und sie mit eigenen Zugriffsrechten zu gestalten. Es kann offen bleiben, ob dies - wovon der Beklagte ausgeht - durch den Kauf („Share Deal“) von Aktien der G. Holding mit der Marke C. IoM Ltd. durch die F. mit der Klägerin als deren Tochter geschah.

Die mit Verfügung vom 2. März 2016 in Ziffer 2 und 3 getroffene Zwangsmittelan-drohung ist rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 64 Abs. 1, § 65 Abs. 2, §§ 69, 74 Nds. SOG. Danach kann ein Verwaltungsakt, der auf eine Unterlassung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG ist unmittelbarer Zwang vor seiner Anwendung anzudrohen. Gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 Nds. SOG soll die Androhung mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Unterlassung aufgegeben wird, wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die streitbefangene Verfügung ist auf eine Unterlassung gerichtet. Die Verfügung ist zwar noch nicht unanfechtbar, die gegen sie gerichtete Klage hat aber keine aufschiebende Wirkung, da der Bescheid kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist (§ 9 Abs. 2 GlüStV).

Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 20.000,00 Euro liegt im mittleren Bereich des durch § 67 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG vorgegebenen Rahmens und berücksichtigt in Übereinstimmung mit Satz 2 dieser Vorschrift das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Nichtbefolgung der Verfügung in zulässiger Weise (vgl. VG Hannover, Urteil vom 01.12.2008 – 10 A 4171/06 –, juris).

II. Der Bescheid vom 29. Februar 2016 beruht auf der Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen (Allgemeine Gebührenordnung) vom 5. Juni 1997, zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Dezember 2015 (Nds. GVBl. S. 367) - AllGO. Der Beklagte setzte Gebühren in Höhe von 1.276,50 Euro aufgrund § 1 Abs. 1 AllGO i.V.m. Nummer 57.1.7.1 der Anlage zur AllGO - Untersagung der Veranstaltung oder Vermittlung unerlaubter öffentlicher Glücksspiele (§ 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG) - bzw. Nummer 57.7.2 der Anlage zur AllGO - Untersagung der Werbung für unerlaubte öffentliche Glücksspiele (§ 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG) - fest, ohne danach zu differenzieren, welche einzelne Gebühr in welchem Umfang als verwirklicht angesehen wird. Allerdings bemessen sich beide Gebühren jeweils „nach Zeitaufwand, jedoch mindestens 250 und höchstens 15.000 Euro“. Der Tatbestand für beide Gebühren ist jeweils eröffnet und damit eine Mindestgebühr von (2 x 250 Euro) 500 Euro angefallen. Die Kammer kann es nicht beanstanden, dass der Beklagte eine Gesamtgebühr und nicht zwei Einzelgebühren festgesetzt hat, da er sich angesichts einer möglichen Gesamtgebühr von (2 x 15.000 Euro) 30.000 Euro mit dem insgesamt festgesetzten Betrag von 1.276,50 Euro am unteren Ende der Gebührenspanne bewegt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

IV. Die Zulassung der Berufung findet ihre Grundlage in § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, da die Frage der Nachfolge in die Verantwortlichkeit für den Inhalt einer Internet-Seite eine soweit ersichtlich bislang nicht geklärte Rechtsfrage darstellt, deren Beantwortung auch für eine größere Zahl von gleichgelagerten Rechtsstreitigkeiten Bedeutung haben kann.