Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 01.11.2022, Az.: 3 A 201/18

Außenbereich; begrenzte Vorteilswirkung; Elastizität der Widmung; Gemeindestraße; Gemeindeverbindungsstraße; Grundstück Inanspruchnahme; Straßenausbaubeitrag; Widmung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
01.11.2022
Aktenzeichen
3 A 201/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59708
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Einordnung als Gemeindeverbindungsstraße (§ 47 Nr. 2 NStrG) oder andere Gemeindestraßen im Außenbereich (§ 47 Nr. 3 NStrG) bestimmt sich nach den Gesamtverhältnissen im konkreten Fall. Maßgeblich sind insoweit objektive Umstände, dabei kommt vor allem der Verbindungs- und Anschlussfunktion maßgebliches Gewicht zu. Unbeachtlich ist dagegen die subjektive Einschätzung der Gemeinde, insbesondere kommt es nicht auf einen "funktionsbestimmenden Willen" der Gemeinde oder die Praxis der öffentlichen Förderung an.
2. Die in § 6 Abs. 6 NStrG geregelte Ausnahme vom Erfordernis der förmlichen Widmung für Ergänzungen der Straße kann sich nur auf unselbständige Bestandteile, Anlagen oder Teileinrichtungen beziehen (Elastizität der Widmung). Nicht hiervon erfasst ist die Verlängerung einer bestehenden Straße.
3. Auch großflächige Grundstücke im Außenbereich, die an mehrere Straßen grenzen, werden durch den Ausbau jeder dieser Straßen hinsichtlich ihrer gesamten Fläche bevorteilt. Eine Ausnahme aufgrund einer begrenzten Vorteilswirkung kommt nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für Ausbauarbeiten an einer Straße im Außenbereich.

Der Kläger ist Eigentümer mehrerer Außenbereichsgrundstücke nördlich der Gemeinde A-Stadt – Ortsteil F. –, einer Mitgliedsgemeinde der beklagten Samtgemeinde, unter anderem des Grundstücks mit der Flurstücksnummer G., Flur H., Gemarkung F.. Dieses landwirtschaftlich genutzte Grundstück hat eine Fläche von 28.122 m² und grenzt mit der westlichen Grundstücksgrenze an die D. -E..

Im Jahr 2017 führte die Gemeine A-Stadt Ausbauarbeiten an der D. -E. sowie an dem I. J. durch. Die D. -E. verläuft – beginnend ab dem Ende der beiderseitigen Bebauung im Ortsteil F. – gerade in nordwestliche Richtung. Nach ca. 450 m zweigt in annähernd westliche Richtung der I. J. ab, in Verlängerung der D. -E. setzt sich die Straße unter der Bezeichnung K. über gut 1.100 m weiter geradeaus fort, bis sie auf die L. E. (L 283) trifft. Der I. J. verläuft auf einer Länge von ca. 730 m in westliche Richtung bis zur Einmündung in die L. E. (L 283). An seinem westlichen Ende ist der I. J. auf einer Länge von ca. 200 m (Flurstück M. der Flur N., Flurstücke O. und P. der Flur Q.) nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet. Diese Flächen standen zunächst im Privateigentum und wurde im Jahr 2003 an die Gemeinde übertragen, damit die Wegeverbindung der D. -E. zur L 283 gesichert werden sollte. Die Straße verläuft in diesem Bereich zudem in geringem Umfang über eine Teilfläche des im Privateigentum stehenden Grundstücks mit der laufenden Nummer N. des Buchungsblattes R. (hier Flurstück S., Flur Q., Gemarkung A-Stadt).

Durch die Gemeinde A-Stadt wurden die D. -E. vom Ortsausgang bis zur Abzweigung des I. J. es sowie der I. J. auf ganzer Länge ausgebaut. Die vorhandene Asphaltfahrbahn (Tragschicht und Deckschicht) wurde in einer Tiefe von 7 cm abgefräst und neu eingebaut, der Fahrbahnrand wurde befestigt. Vor dem Ausbau wiesen die D. -E. sowie der I. J. zahlreiche Aus- und Aufbrüche sowie Netzrisse auf. Die Fahrbahn hat eine Breite von ca. 3,80 m.

Am 5. April 2018 beschloss der Rat der Gemeinde A-Stadt ausdrücklich als Voraussetzung für die Beitragsabrechnung die Bildung eines Abrechnungsabschnittes auf der dargestellten Ausbaustrecke.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 14. September 2018 zog die Beklagte den Kläger zu einem Straßenausbaubeitrag für Erneuerungsmaßnahmen in Höhe von 1.652,73 EUR heran. Für zwei weitere an der D. -E. liegende Grundstücke des Klägers ergingen ebenfalls Heranziehungsbescheide (vgl. die Parallelverfahren 3 A 202/18 und 3 A 203/18). Von dem Aufwand in Höhe von insgesamt 129.614,03 EUR seien Zuwendungen (T. -Mittel) für den ländlichen Wegebau in Höhe von 93.520,64 EUR abzuziehen, so dass beitragsfähige Aufwendungen in Höhe von 36.093,39 EUR verblieben. Hiervon sei ein Anliegeranteil von 75 %, d. h. in Höhe von 27.070,04 EUR, umlagefähig. Aufgrund einer beitragspflichtigen Fläche von insgesamt 15.338,25 m² ergebe sich ein Beitragssatz von 1,7648715 EUR/m². Die Grundstückfläche des klägerischen Grundstücks von 28.122,00 m² sei mit einem Nutzungsfaktor von 0,0333 in die Beitragsermittlung einzustellen, so dass sich insoweit eine Beitragsfläche von 936,46 m² und ein Straßenausbaubeitrag in Höhe von 1.652,73 EUR ergebe.

Hiergegen hat der Kläger am 16. Oktober 2018 Klage erhoben. Er macht geltend, dass es sich bei der ausgebauten Straße nicht um eine Gemeindestraße im Sinne von § 47 Nr. 3 NStrG, sondern um eine Gemeindeverbindungsstraße (§ 47 Nr. 2 NStrG) handele, für die die Gemeinde keine Straßenausbaubeiträge erheben dürfe. Es finde ein für dörfliche Verhältnisse reger Durchgangsverkehr von und zur L. E. (L 283) statt. Dabei handele es sich um Pkw, aber auch um Lieferfahrzeuge und Lkw sowie Fahrräder und Fußgänger. Von den Bauern werde die Straße relativ wenig genutzt, um auf die angrenzenden Felder zu gelangen. Dies habe eine Verkehrszählung im Februar 2017 ergeben. In den Sommermonaten erhöhe sich die Verkehrsdichte durch das südlich gelegene Schwimmbad A-Stadt/F. erheblich. Es gebe keine Nutzungs- oder Geschwindigkeitsbegrenzungen, wie sie bei Wirtschaftswegen üblich seien. Der Generalverkehrsplan der Gemeinde weise die Straße als Hauptverkehrsstraße aus. Der Plan sei zwar nicht offiziell beschlossen worden, sei aber Grundlage weiterer Infrastrukturplanungen. Entgegen der Ansicht der Beklagten handele es sich auch um eine Gemeindeverbindungsstraße, wenn der Verkehr zu anderen öffentlichen Verkehrswegen vermittelt werde. Aus § 98 NKomVG ergebe sich nicht, dass die Samtgemeinde Eigentümerin einer Gemeindeverbindungsstraße würde. Auch aus der Fahrbahnbreite von 3,80 m lasse sich nicht ableiten, dass es sich nur um einen Wirtschaftsweg handele. Nach den Richtlinien für den ländlichen Wegebau sei für zweistreifige Verkehrswege eine Fahrbahnbreite von 4,75 m definiert, die Mindestbreite einstreifiger Verbindungswege betrage 3 m bzw. 3,50 m. Eine Förderung aus ZILE-Mitteln erfolge entgegen der Argumentation der Beklagten auch für Verbindungswege.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. September 2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bei den abgerechneten Straßen handele es sich gemäß dem Ratsbeschluss nach natürlicher Betrachtungsweise um eine einheitliche Abrechnungsstrecke. Der Wirtschaftsweg sei keine Gemeindeverbindungsstraße, er verbinde weder Gemeinden noch Ortsteile und stehe auch nicht im Eigentum der Beklagten. Für Gemeindeverbindungsstraßen seien Fahrbahnbreiten von 6,25 m vorgeschrieben. Der Ortsteil F. sei auch kein Ort, der regionalen oder überregionalen Verkehr aufzunehmen habe; für den Verkehr von und nach F. kämen die Kreisstraße K 46 und die Landesstraße L 284 in Betracht. Von der L 283 kommend sei der Ortsteil F. auch nicht ausgeschildert. Zudem sei der Ausbau nach dem T. -Programm gefördert worden, was nur bei einem Wirtschaftsweg möglich sei. Auch die Kommunalaufsicht des Landkreises habe die Eigenschaft als Wirtschaftsweg mit einem Anliegeranteil von 75 % bestätigt. Der Generalverkehrsplan sei in dieser Form nie beschlossen und in der Folge verworfen worden. Hinsichtlich des westlichen Endes des I. J. es handele es sich um eine unwesentliche Erweiterung der öffentlichen Straße, so dass es nach dem Grundsatz der Elastizität der Widmung keiner förmlichen Widmung dieser dem Verkehr übergebenen Teilstrecke bedürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, hat aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Soweit mit dem Bescheid vom 14. September 2018 ein Ausbaubeitrag von mehr als 781,93 EUR festgesetzt worden ist, ist der Bescheid rechtswidrig und aufzuheben. Im Übrigen ist der Beitragsbescheid der Beklagten rechtmäßig und vermag den Kläger nicht in seinen Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage der Beitragserhebung ist die „Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde A-Stadt“ - im Folgenden: Straßenbaubeitragssatzung (SBS) - vom 28. November 2013 (Amtsblatt für den Landkreis Celle vom 12.12.2013, S. 423, in Kraft getreten zum 1. Januar 2013) i. V. m. § 6 Abs. 1 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz - NKAG -. Nach § 1 Abs. 1 SBS erhebt die Gemeinde zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Straßen, Wege und Plätze (öffentliche Einrichtungen) – insgesamt, in Abschnitten oder Teilen – von den Grundstückseigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet (Anlieger), Beiträge nach Maßgabe dieser Satzung, sofern Erschließungsbeiträge nach den §§ 127 ff. BauGB nicht erhoben werden können. Zu den öffentlichen Einrichtungen zählen gemäß § 1 Abs. 2 SBS auch die Straßen im Außenbereich nach § 47 Nr. 3 NStrG, die die Gemeinde für den öffentlichen Verkehr gewidmet hat. Gemäß § 1 Abs. 3 SBS ermittelt die Gemeinde den beitragsfähigen Aufwand jeweils für die einzelne Ausbaumaßnahme, abweichend hiervon kann der Aufwand gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 3 SBS für bestimmte Teile einer Maßnahme (Aufwandsspaltung) oder für einen selbständig nutzbaren Abschnitt einer Maßnahme (Abschnittsbildung) gesondert ermittelt werden.

Außerdem bestimmt § 4 Abs. 1 SBS, dass die Gemeinde den Aufwand bei der Ermittlung mehrerer Maßnahmen zu einer Abrechnungseinheit zusammenfassen kann. Entsprechend hat der Rat der Gemeinde A-Stadt vom 5. April 2018 beschlossen, dass der im Außenbereich verlaufende Teil der D. -E. bis zur Einmündung des I. J. es sowie der I. J. bis zur Einmündung in die Landesstraße L 283 als Abrechnungsstrecke festgelegt werden soll. Die Satzungsbestimmung ist in dieser Form jedoch nicht zulässig und ein entsprechender Ratsbeschluss ist rechtswidrig und damit unwirksam. Nach § 6 Abs. 1 NKAG ist Gegenstand der Beitragserhebung eine beitragsfähige Maßnahme an einer bestimmten öffentlichen Einrichtung. Eine Zusammenfassung mehrerer selbständiger öffentlicher Einrichtungen zu einer Abrechnungseinheit ist nach niedersächsischem Straßenausbaubeitragsrecht nicht zulässig (Nds. OVG, Urt. v. 24.11.2013 - 9 LB 43/12 -, juris Rn. 22; Rosenzweig/Freese/v. Waldthausen, NKAG, Stand: Februar 2022, § 6 Rn. 67). Zwar sieht § 6c NKAG in der ab dem 2. November 2019 geltenden Fassung die Zusammenfassung von Verkehrsanlagen zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung vor; anwendbar ist diese Norm, die zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten sowie bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheides noch nicht in Kraft getreten war, jedoch ohnehin nur bei der Erhebung wiederkehrender Beiträge (vgl. Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes und anderer Gesetze, LT-Drs. 17/5422, S. 15 f.). Maßgeblich ist daher auch im vorliegenden Fall die jeweilige - selbständige - öffentliche Einrichtung i. S. d. § 6 Abs. 1 NKAG.

Im Übrigen sind Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Bestimmungen dieser Satzung, soweit sie vorliegend entscheidungserheblich sind, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2. Die Beklagte war für den Erlass der streitgegenständlichen Bescheide zuständig. Sie nimmt als Samtgemeinde gemäß § 98 Abs. 5 NKomVG die Festsetzung von Gemeindeabgaben wie Straßenausbaubeiträgen nach §§ 1 Abs. 1, 6 NKAG als eigene Aufgabe für ihre Mitgliedsgemeinden, zu denen auch die Gemeinde A-Stadt zählt, wahr und ist im vorliegenden Verfahren passivlegitimiert (vgl. hierzu Nds OVG, Urt. v. 9.5.1978 - IX A 127/77 -, juris).

3. Maßgebliche öffentliche Einrichtung ist vorliegend die D. -E., beginnend ab dem Ende der beiderseitigen Bebauung und endend an der Einmündung des I. J. es aus Richtung Westen.

a) Öffentliche Einrichtung im Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts ist jeder Straßenzug, den der unbefangene Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise als selbständiges, von anderen Straßen abgegrenztes Element des gemeindlichen Straßenverkehrsnetzes ansieht, wobei insbesondere die Länge, Breite, Führung, Ausstattung und äußere Gestaltung der Straße zu berücksichtigen sind (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 9.4.2015 - 9 LC 320/13 -, juris Rn. 25 f.). Der straßenausbaubeitragsrechtliche Einrichtungsbegriff stimmt grundsätzlich mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff überein (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.5.2019 - 9 LC 110/17 -, juris Rn. 86). Erscheint eine Verkehrsfläche augenfällig als abgegrenztes, eigenständiges Element des Straßennetzes, liegt eine selbstständige Verkehrsanlage vor (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 9.4.2015 - 9 LC 320/13 -, juris Rn. 25 f..; SächsOVG, Urt. v. 31.3.2016 - 5 A 99/14 -, juris Rn. 23, Beschl. v. 20.2.2013 - 5 A 541/10 -, juris Rn. 16, Urt. v. 3.9.2008 - 5 B 289/04 -, juris Rn. 47; OVG Magdeburg, Beschl. v. 21.12.2009 - 4 L 137/09 -, juris Rn. 8; BayVGH, Beschl. v. 6.5.2008 - 6 CS 08.105 -, juris Rn. 6). Maßgeblich für die Beurteilung dieser Umstände sind die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 9.4.2015 - 9 LC 320/13 -, juris Rn. 25 f.).

Nach Maßgabe dessen erscheint nach natürlicher Betrachtungsweise die geradlinig verlaufende D. -E. mit ihrer Verlängerung unter der Bezeichnung K. bis zur Einmündung in der Landesstraße L 283 als einheitliche öffentliche Einrichtung. Weder kommt der Einmündung des I. J. es aus Richtung Westen eine trennende Wirkung zu, noch setzt sich die öffentliche Einrichtung D. -E. aus Richtung Südosten kommend um den Kurvenbereich im I. J. nach Richtung Westen fort.

Ausweislich von der Beklagten vorgelegten Fotos des Einmündungsbereiches des I. J. es sowie der Beschreibung der Ausbaubreite lässt sich hinsichtlich der Fahrbahnbreite kein signifikanter Unterschied zwischen der D. -E. südlich der Einmündung des I. J. es und der Straße K. unmittelbar nördlich der Einmündung des I. J. es erkennen. Die Fahrbahn setzt sich insoweit im Wesentlichen unverändert und absolut geradlinig über den Einmündungsbereich des I. J. es hinaus fort. Dem „Geradeaus“ einer Straße kommt in der Regel nur dann keine ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn besondere Umstände, wie Kreuzungsbereiche oder Straßenverbreiterungen, dominant wirken und damit die gerade Straßenführung als nebensächlich erscheinen lassen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 20.7.2015 - 9 LB 203/13 -, n.v.). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Zwar ist der Einmündungsbereich des I. J. es verbreitert, um das Abbiegen von der D. -E. auf den I. J. und umgekehrt zu erleichtern. Der I. J. biegt auch nicht rechtwinklig, sondern in einem Winkel von ca. 120 Grad von der D. -E. ab. Dies führt jedoch nicht dazu, dass sich der I. J. hinter dem Einmündungsbereich nach natürlicher Betrachtungsweise als Fortsetzung der D. -E. darstellt und die geradlinige und in unveränderter Breite weiterführende Straße K. als demgegenüber untergeordnet erscheint.

Dass der Fahrbahnbelag der Straße K. im weiteren Verlauf von Asphaltbauweise zu einem mit Schotter befestigten Weg in gleicher Breite wechselt, führt nicht zu einer Unterbrechung in Höhe der Einmündung des I. J. es, da dieser Wechsel der Fahrbahnoberfläche nach den von der Beklagten vorgelegten Lichtbildern aus Richtung der D. -E. nicht erkennbar ist bzw. nicht maßgeblich ins Gewicht fällt.

Fiele der Wechsel des Fahrbahnbelags in der Straße K. nach natürlicher Betrachtungsweise maßgeblich ins Gewicht, wäre jedenfalls bereits aus diesem Grund von zwei –D. -E. und K. – bzw. drei selbständigen Einrichtungen –D. -E., K. und I. J. – auszugehen.

b) Die nach natürlicher Betrachtungsweise einheitliche öffentliche Einrichtung D. -E. /K. zerfällt jedoch ohnehin aus Rechtsgründen in mehrere selbständige Einrichtungen. Die maßgebliche öffentliche Einrichtung beginnt im Südosten ab dem Übergang in den Außenbereich und endet hinter der Einmündung des I. J. es.

Anders als im Erschließungsbeitragsrecht kommt der Verkehrsfunktion der abzurechnenden Anlage eine maßgebliche Bedeutung für die Höhe des auf die Beitragspflichtigen umzulegenden Aufwandes zu, da die Gemeinden nach § 6 Abs. 5 NKAG verpflichtet sind, die Höhe des Gemeindeanteils und damit entsprechend des Anliegeranteils nach Straßenarten zu staffeln. Aufgrund dieser unterschiedlichen beitragsrechtlichen Einstufung tritt zum einen die natürliche Betrachtungsweise in den Hintergrund, wenn ein Teil einer Verkehrsanlage im Innenbereich und ein anderer Teil im Außenbereich verläuft. Stellt sich ein Straßenzug teils als U. und teils als V. dar, sind sie straßenausbaubeitragsrechtlich verschiedenen Straßenkategorien zuzuordnen, so dass die V. dort endet, wo sie zur U. wird (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 4.3.2016 - 9 LA 154/15 -, juris Rn. 41; Beschl. v. 21.12.2005 - 9 ME 327/05 -, juris Rn. 10). Insoweit hat die Beklagte den Beginn der öffentlichen Einrichtung im Südosten zutreffend mit dem Ende der W. (tatsächlicher Beginn der Ausbaustrecke) bestimmt.

Zum anderen ist im Hinblick auf § 6 Abs. 5 NKAG eine Ausnahme geboten, wenn wesentliche Teilstrecken einer nach natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen öffentlichen Einrichtung unterschiedlichen Straßentypen zuzuordnen sind (Nds. OVG, Beschl. v. 12.3.2004 - 9 ME 45/04 -, juris Rn. 8). Nur bei einer funktionsbezogenen Betrachtungsweise, die das natürliche Erscheinungsbild vernachlässigt, kommt man in solchen Fällen zu dem sich von der Sache her aufdrängenden Ergebnis, dass für die Anlieger an den beiden Teilstrecken jeweils unterschiedliche Anteilssätze gelten müssen. Voraussetzung für eine Abweichung vom herkömmlichen Einrichtungsbegriff und eine Anwendung verschiedener Anteilssätze ist aber immer, dass den unterschiedlich genutzten Teilstrecken eine jeweils eigenständige Bedeutung als Straße zukommt, sie also im Blick auf die Gesamtanlage nicht lediglich von untergeordneter Natur sind. Hiervon ist dann auszugehen, wenn die Teilstrecken jeweils mehr als 100 m lang sind und mindestens etwa ein Fünftel der Ausdehnung der gesamten Verkehrsanlage ausmachen (Nds. OVG, Beschl. v. 12.3.2004 - 9 ME 45/04 -, juris Rn. 9; vgl. BVerwG, Urt. v. 6.12.1996 - 8 C 32.95 -, juris Rn. 18 „etwa ein Fünftel“).

Nach Maßgabe dessen stellen sich die D. -E. und die Straße K. als unterschiedliche Einrichtungen der grundsätzlich einheitlichen Verkehrsanlage dar. Es ist nach der nachvollziehbaren Argumentation des Klägers unter Berücksichtigung der auch von der Beklagten vorgelegten Unterlagen, etwa zur erstrebten Anbindung des Ortsteils X. an die Landesstraße L 283 über die D. -E., davon auszugehen, dass über die D. -E. – anders als über die Straße K. – ein maßgeblicher Anteil an Fremdverkehr zwischen dem innerörtlichen Bereich des Ortsteils F. und der L 283 verläuft. Dabei ist von ausschlaggebender Bedeutung, welcher Verkehr in Beziehung auf die zugrunde zu legende öffentliche Einrichtung zu den vom Straßenausbau bevorteilten Anlieger- und Hinterliegergrundstücken hinführt und von ihnen ausgeht, und welchen Anteil dieser sogenannte Ziel- und Quellverkehr zu und von den bevorteilten Grundstücken am Gesamtverkehrsaufkommen der Einrichtung ausmacht. Als vom Straßenausbau bevorteilt anzusehen sind im vorliegend Fall die landwirtschaftlich genutzten bzw. mit Wald bestandenen Grundstücke entlang der D. -E. und der Straße K.. Anliegerverkehr von und zu diesen Grundstücken beschränkt sich im Wesentlichen auf die zur Bewirtschaftung dieser Flächen notwendigen Fahrten. Die D. -E. wird jedoch darüber hinaus als Zuführung zu der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Landesstraße L 283 genutzt, die über Y. weiter nach Z. führt und dort innerorts auf die Bundesstraße B 191 trifft. Zwar ist die Argumentation des Klägers, die D. -E. werde auch genutzt, um von Norden kommend das im Ortsteil F. befindliche Freibad anzufahren, nach dem Kartenmaterial, das dem Gericht vorliegt und anhand dessen die Lage im Verkehrswegenetz in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden, nicht naheliegend. Vielmehr erscheint es nachvollziehbar, dass das Freibad sowie der daneben gelegene Sportplatz und der Tennisverein auch von Norden über die L 283 verkehrsgünstig über die Ortslage A-Stadt (I. E. –AA. – Straße AB.) angefahren werden können, ohne über den Ortsteil F. zu fahren. Nachvollziehbar ist jedoch, dass die D. -E. und der I. J. nach der Lage im Verkehrswegenetz und aufgrund des Ausbauzustandes jedenfalls von den Anwohnern des Ortsteils F. in nicht nur untergeordnetem Maße als Verkehrsverbindung zur L 283 in Richtung Norden genutzt werden. Insoweit würde es tatsächlich einen maßgeblichen Umweg darstellen, von F. zunächst in Richtung Süden durch die Ortslage A-Stadt auf die L 283 zu fahren, um sich von dort aus erneut in Richtung Norden zu wenden.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist davon auszugehen, dass im Bereich der D. -E. der Anliegerverkehr jedenfalls nicht deutlich überwiegt, sondern die Anlage durch Anlieger und die Allgemeinheit im Wesentlichen gleichgewichtet in Anspruch genommen wird. Demgegenüber findet auch nach dem Vorbringen des Klägers ein Durchgangsverkehr im Bereich der Straße K. allenfalls in einem ganz untergeordneten Maße statt. Im Hinblick auf den Ausbauzustand nach, aber auch bereits vor der streitgegenständlichen Ausbaumaßnahme ist dies auch nachvollziehbar, selbst wenn die Straße K. allein von der Lage und Ausrichtung eine eventuell sogar direktere Anbindung vom Ortsteils F. auf die L 283 in Richtung Norden darstellt.

Dem unterschiedlichen Maß der Inanspruchnahme der D. -E. und der Straße K. durch die Anlieger und die Allgemeinheit wird die Beitragssatzung der Gemeinde A-Stadt durch die Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 5 SBS auch gerecht. Auch bei Außenbereichsstraßen muss der Gemeindeanteil in der Beitragssatzung vorteilsgerecht abgestuft sein, und zwar sowohl im Verhältnis der Außenbereichsstraßen zueinander als auch in deren Verhältnis zu den Innerortsstraßen. Nur wenn die ausgebaute Straße einem der Typen von Außenbereichsstraßen, für die der Anliegerteil/Gemeindeanteil in der Straßenausbaubeitragssatzung festgelegt ist, nach dem Ausmaß der Inanspruchnahme durch Anlieger und Allgemeinheit bei typisierender Betrachtung in etwa entspricht, liegt eine für die Abrechnung ausreichende Bestimmung des Gemeindeanteils nach § 6 Abs. 5 Satz 4 NKAG vor (Nds. OVG, Beschl. v. 2.9.2015 - 9 LA 274/14 -, juris Rn. 5). Nach der genannten Satzungsbestimmung beträgt der Anteil der Beitragspflichtigen am Aufwand 75 v.H. bei Gemeindestraßen im Sinne von § 47 Nr. 3 NStrG, die deutlich überwiegend von Anliegern genutzt werden, und 50 v.H. in allen anderen Fällen. Dass hierdurch die notwendige Abstufung nach den genannten Maßstäben für die im Gebiet der Gemeinde A-Stadt liegenden Einrichtungen nicht ausreichend abgebildet wird, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

Den Teilen der nach natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen öffentlichen Einrichtung mit unterschiedlichen Verkehrsfunktionen kommt auch nach ihrer Ausdehnung jeweils eine eigenständige Bedeutung zu, da die D. -E. mit 450 m Länge und die Straße Detzloh mit 1.100 m Länge jeweils 1/3 bzw. 2/3 der Gesamtlänge aufweisen.

c) Bei der D. -E. handelt es sich nicht um eine Gemeindeverbindungsstraße bzw. um einen Teil einer solchen.

Gemeindeverbindungsstraßen sind nach § 47 Nr. 2 NStrG solche Gemeindestraßen im Außenbereich, die vorwiegend den nachbarlichen Verkehr der Gemeinden und Ortsteile untereinander oder den Verkehr mit anderen öffentlichen Verkehrswegen vermitteln.

Zutreffend ist der Kläger davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig und daher aufzuheben wäre, wenn es sich bei der Ausbaustrecke um eine Gemeindeverbindungsstraße handeln würde. Träger der Straßenbaulast für Gemeindeverbindungsstraßen auf dem Gebiet der Gemeinde A-Stadt ist nach §§ 47 Nr. 2, 48 Satz 1 NStrG i. V. m. § 98 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 NKomVG die beklagte Samtgemeinde (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 22.2.2012 - 7 LC 83/10 -, juris Rn. 64). Die Beklagte ist hinsichtlich der Gemeindeverbindungsstraßen sowohl ausbaupflichtig als auch zur Beitragserhebung für eigene Ausbaumaßnahmen berechtigt; ein für die abrechnende Mitgliedsgemeinde ergangener Ausbaubeitragsbescheid könnte jedoch nicht in einen Bescheid der Beklagten auf eigene Rechnung umgedeutet werden (Nds. OVG, Urt. v. 23.1.1991 - 9 L 242/89 -, juris Rn. 13).

Nach derzeitiger Einschätzung liegt jedoch eine Gemeindeverbindungsstraße nicht vor. Die Einordnung als sonstige Gemeindestraße im Außenbereich oder als Gemeindeverbindungsstraße bestimmt sich nach den Gesamtverhältnissen im konkreten Fall (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 21.12.2005 – 9 ME 327/05 -, juris Rn. 11). Nicht erforderlich ist, dass die Straße durchgehend von einer geschlossenen Ortschaft zur anderen führt, ausreichend ist auch, dass ihr eine vermittelnde Funktion zu anderen Verkehrswegen zukommt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 15.10.1980, Nds. RPfl 1981, S. 129, 131; Wendrich, Nds. Straßengesetz, 4. Aufl. 2000, § 47 Rn. 2; Nedden/Mecke, Handbuch des Niedersächsischen Straßenrechts, 1964, § 47 Anm. 2). Auch ist nicht Voraussetzung, dass die Samtgemeinde als Eigentümerin der Straßenflächen im Grundbuch bereits eingetragen ist. Jedenfalls wird die Samtgemeinde Eigentümerin der Flächen oder hat zumindest einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums (vgl. Thiele, NKomVG, 2. Aufl. 2017, § 98 Rn. 19). Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung zum Kostenausgleich steht einem Übergang der Straßenbaulast von der Gemeinde auf die Samtgemeinde ebenfalls nicht entgegen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 28.8.2018 - 7 LC 82/16 -, juris Rn. 43). Unbeachtlich ist zudem die subjektive Einschätzung der Gemeinde, insbesondere kommt es nicht auf einen „funktionsbestimmenden Willen“ der Gemeinde oder die Praxis der öffentlichen Förderung an (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 5.11.2008 - 9 LA 275/05 -, n.v.; a.A. VG Lüneburg, Urt. v. 10.3.2004 - 3 A 158/03 -, juris Rn. 37).

Als Kriterien zur Abgrenzung sonstiger Gemeindestraßen im Außenbereich können dagegen folgende objektive Umstände herangezogen werden: die tatsächliche Nutzung und eventuelle Nutzungsbeschränkungen, der Ausbauzustand sowie die Anbindung an andere Straßen und die Funktion der Straße im Verkehrsnetz (vgl. VG Lüneburg, Urt. v. 10.3.2004 - 3 A 158/03 -, juris Rn. 29 ff.). Maßgebliches Gewicht kommt insoweit vor allem der Verbindungs- und Anschlussfunktion der Gemeindeverbindungsstraße im Hinblick auf den nachbarlichen Verkehr zu (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 21.12.2005 - 9 ME 327/05 -, juris Rn. 11; Beschl. v. 5.9.2008 - 9 LA 275/05 -, n.v.). Vorrangige Funktion der Wirtschaftswege bzw. der sonstigen Gemeindestraßen im Außenbereich ist demgegenüber in erster Linie die Erschließung der angrenzenden, vor allem landwirtschaftlich genutzten Grundstücke (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12.12.1989 - 9 A 62/88 -, NST-N 1990, 118 f.).

Jedenfalls fehlt derzeit die für die Annahme einer Gemeindeverbindungsstraße erforderliche Verbindungs- und Vermittlungsfunktion. Zwar mag die D. -E. hier in tatsächlicher Hinsicht als überörtliche Verbindungsstrecke genutzt werden, da sie vom Ortsteil F. aus über den I. J. die naheliegende und in dem hierfür erforderlichen Umfang ausreichend ausgebaute Anbindung zur L 283 in Richtung Norden darstellt. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, dass der westliche Teil des I. J. es vor der Einmündung in der L 283 auf einer Länge von 200 m nicht gewidmet ist. Es besteht daher kein Anschluss der Einrichtung an das öffentliche Verkehrswegenetz über den östlichen Teil des I. J. es hinaus, vielmehr endet das öffentliche Straßennetz an dieser Stelle. Eine formlose Widmung durch tatsächliche Verkehrsübergabe ist aufgrund von § 6 Abs. 3 NStrG ausgeschlossen.

Die mit der Eintragung in das Straßenverkehrsverzeichnis nachgewiesene Widmung des östlichen Teils des I. J. es erstreckt sich auch nicht aufgrund der „Elastizität der Widmung“ auf den westlichen Teil bis zur Landesstraße L 283. Nach § 6 Abs. 6 NStrG gilt – wenn eine Straße verbreitert, begradigt, unerheblich verlegt oder ergänzt wird – der neue Straßenteil durch die Verkehrsübergabe als gewidmet, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 NStrG vorliegen. Die mit § 6 Abs. 6 NStrG geregelte Ausnahme vom Erfordernis der förmlichen Widmung erfasst aber nicht die Verlängerung einer bestehenden Straße (vgl. VG Oldenburg, Beschl. v. 14.12.2007 - 7 B 3307/07 -, juris Rn. 8; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 24.10.2005 - 6 B 01.2426 -, juris Rn. 43 zu Art. 6 Abs. 7 BayStrWG). Bereits begrifflich ist unter einer Ergänzung lediglich eine Hinzufügung von unselbständigen Bestandteilen, Anlagen oder auch Teileinrichtungen zu verstehen (vgl. etwa Nds. OVG, Urt. v. 9.8.2016 - 9 LC 2915 -, juris Rn. 34; Kodal, Straßenrecht, 8. Aufl. 2021, Kap. 7 Rn. 65). Überdies ist die Verlängerung einer gewidmeten Straße um 200 m bereits aufgrund der Ausdehnung nicht als unerhebliche Ergänzung anzusehen.

Hinzu kommt, dass nach § 6 Abs. 2 NStrG Voraussetzung einer Widmungserstreckung wäre, dass der Träger der Straßenbaulast Eigentümer des der Straße dienenden Grundstücks ist oder der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt haben oder der Träger der Straßenbaulast den Besitz durch Vertrag, durch Einweisung nach § 41a NStrG oder in einem sonstigen gesetzlich geregelten Verfahren erlangt hat. Nach dem Kartenmaterial, welches dem Gericht vorliegt, befindet sich im Bereich des nicht gewidmeten Abschnitts ein Teil des Straßenkörpers auf einem Privatgrundstück (lfd. Nr. N. des Buchungsblattes R., hier Flurstück S., Flur Q., Gemarkung A-Stadt). Insoweit mag eine Nutzung durch den Eigentümer tatsächlich gestattet bzw. geduldet werden, es ist jedoch nicht ersichtlich, dass insoweit eine wirksame Zustimmung zu Widmung bereits vorliegt.

Eine Einstufung der Anbindung der D. -E. über die Straße K. zur Landesstraße L 283 als Gemeindeverbindungsstraße scheidet aufgrund des aus den vorgelegten Lichtbildern ersichtlichen Ausbauzustandes der Straße K., aus.

4. Die durchgeführten Ausbauarbeiten an der Fahrbahn stellen auch eine beitragsfähige Maßnahme in Form der Erneuerung dar.

Von einer beitragsfähigen Erneuerung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz NKAG (und auch § 1 Abs. 1 SBS) ist auszugehen, wenn eine nicht mehr (voll) funktionsfähige, also erneuerungsbedürftige Straße bzw. Teileinrichtung der Straße nach Ablauf der für sie üblichen Nutzungsdauer in einen Zustand versetzt wird, der mit ihrem ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist (Nds. OVG, Urt. v. 26.5.2020 - 9 LC 121/18 -, juris Rn. 44 und Urt. v. 9.8.2016 - 9 LC 29/15 -, juris Rn. 38), mithin von im Wesentlichen gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart ist (Bay. VGH, Urt. v. 11.12.2015 - 6 BV 14.584 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Urt. v. 10.1.1989 - 9 A 53/87 -, juris). Eine Erneuerung setzt danach voraus, dass zum einen die übliche Nutzungsdauer der Anlage abgelaufen ist und zum anderen ein tatsächlicher Erneuerungsbedarf besteht. Zur Ausfüllung des Begriffs der Erneuerung sind die besonderen technischen Bauvorschriften für den Straßenbau ergänzend heranzuziehen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 10.1.1989 - 9 A 53/87 -, NVwZ-RR 1989, 383, 385).

Bedenken gegen die Beitragsfähigkeit der Maßnahme sind weder geltend gemacht, noch sonst ersichtlich. Durch das Abfräsen und erneute Aufbringen einer Tragdeckschicht von 7 cm Stärke sowie das Befestigen der Fahrbahnränder wurde die Funktionsfähigkeit der Fahrbahn, die ausweislich der vorgelegten Lichtbilder zahlreiche Ausrisse und Aufbrüche aufwies, in einen Zustand versetzt, der dem ursprünglichen Ausbauzustand im Wesentlichen vergleichbar ist. Die ausgebaute Fahrbahndecke (Tragschicht und Deckschicht) stellt auch einen hinreichend selbständigen Teil der Teileinrichtung Fahrbahn dar. Dass die Gemeinde das ihr hinsichtlich des Ausbaus zustehende Ermessen überschritten hätte, ist nicht ersichtlich.

5. Die Höhe der beitragsfähigen Kosten ist gegenüber dem streitgegenständlichen Bescheid zu reduzieren, da die Beklagte der Abrechnung die Ausbaukosten für die Gesamtstrecke der D. -E. und des I. J. es bis zur Einmündung in die Landesstraße L 283 zugrunde gelegt hat.

Der beitragsfähige Aufwand umfasst grundsätzlich alle Kosten, die der Gemeinde für die Verwirklichung einer dem dafür aufgestellten Bauprogramm entsprechenden beitragsfähigen Maßnahme im Rahmen der Erforderlichkeit entstanden sind. Anhaltspunkte, die gegen die Erforderlichkeit der ermittelten Gesamtkosten für die Ausbauarbeiten an der D. -E. und am I. J. sprechen würden, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Von diesen Gesamtkosten des Bauvorhabens hat die Beklagte zutreffend zunächst die Förderung nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung (T.) abgesetzt. Die Förderung erfolgte nach dem Bescheid des Amtes für regionale Landesentwicklung vom 22. November 2017 unter der Bedingung, dass mit der bewilligten Zuwendung der beitragsfähige Aufwand vor der Verteilung auf Gemeinde und Anlieger zu vermindern ist (vgl. § 5 Abs. 3 SBS).

Von dem verbleibenden Aufwand in Höhe von 36.093,39 EUR entfallen entsprechend dem Verhältnis der Straßenlängen (insgesamt 1.198 m, D. -E. 445 m) anteilig 13.406,98 EUR als beitragsfähig auf die D. -E..

6. Der umlagefähige Aufwand ist mit 6.703,49 EUR zu beziffern.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 SBS tragen die Beitragspflichtigen den Teil des Aufwandes, der nicht auf die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch die Allgemeinheit oder die Gemeinde entfällt. Bei Gemeindestraßen im Sinne von § 47 Nr. 3 NStrG, die nicht deutlich überwiegend von Anliegern genutzt werden, beträgt dieser Anteil nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 b) SBS 50 v.H. des beitragsfähigen Aufwandes. Für die Festlegung des besonderen Vorteils der Allgemeinheit im Sinne des § 6 Abs. 5 Satz 4 NKAG ist in Beziehung auf die zugrunde zu legende öffentliche Einrichtung von ausschlaggebender Bedeutung, welcher Verkehr zu den vom Straßenausbau bevorteilten Anlieger- und Hinterliegergrundstücken hinführt und von ihnen ausgeht, und welchen Anteil dieser sogenannte Ziel- und Quellverkehr zu und von den bevorteilten Grundstücken am Gesamtverkehrsaufkommen der Einrichtung ausmacht. Dem tragen hier die den Anteil der Beklagten am beitragsfähigen Aufwand festlegenden Regelungen in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 AC. wie bereits dargelegt in hinreichender Weise Rechnung.

Die D. -E. ist, anders als von der Beklagten im Rahmen der Beitragsermittlung mit dem streitgegenständlichen Bescheid angenommen, als Außenbereichsstraße i. S. v. § 5 Abs. 2 Nr. 5 b) SBS einzustufen. Es ist aufgrund der Lage im Verkehrsnetz und unter entsprechender Würdigung der Schilderungen des Klägers davon auszugehen, dass die Straße nicht deutlich überwiegend von Anliegern genutzt wird. Ziel und Quellverkehr an der Einrichtung ist vorliegend der Verkehr, der zu den landwirtschaftlich genutzten Anliegergrundstücken hinführt und von diesen ausgeht, d.h. im Wesentlichen die zur Bewirtschaftung nötigen Fahrten. Demgegenüber stellt der von den Anwohnern des Ortsteils F. zwischen diesem und der L 283 ausgelöste Verkehr hinsichtlich der D. -E. Fremdverkehr dar. Dieser Verkehr ist gegenüber dem Anliegerverkehr im Umfang nicht als derart untergeordnet anzusehen, dass der Anliegerverkehr deutlich überwiegen würde (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 a) SBS).

Der von dem Kläger angeführten Verkehrszählung kommt allerdings keine Aussagekraft zu, da sie ohnehin nur eine Momentaufnahme darstellt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.2.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 139). Dies wird auch darin deutlich, dass sie nach den Angaben des Klägers im Februar und damit zu einer Jahreszeit durchgeführt wurde, zu der nach allgemeiner Lebenserfahrung landwirtschaftliche Flächen nur in einem geringen Umfang angefahren werden, was sich somit einseitig auf das Verhältnis der Anteile von Fremd- und Anliegerverkehr auswirkt. Bei Anwendung des satzungsmäßigen Maßstabs auf die jeweiligen Verhältnisse im Einzelfall ist vielmehr eine typisierende Betrachtung vorzunehmen, die zwar die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse zugrunde legen muss, diese aber (zumindest im Regelfall) nur anhand von Erfahrungswerten zu ermitteln braucht (Nds. OVG, Urt. v. 19.2.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 139).

Nach Maßgabe dessen spielt die DEA-Straße für die Anbindung des Ortsteils F. in Richtung Norden nach Ansicht des Gerichts eine nicht nur untergeordnete Rolle, vielmehr erlaubt diese Querverbindung ein schnelleres Erreichen der Landesstraße L 283. Der Kläger konnte überzeugend darlegen, dass diese Querverbindung auch bereits im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten in maßgeblichem Umfang tatsächlich genutzt wurde. Auch wenn es nach der Lage im Verkehrswegenetz, wie bereits dargelegt, nicht überzeugend erscheint, dass von Norden kommend das weiter südlich liegend Schwimmbad und die angrenzenden Einrichtungen über die D. -E. und nicht über die Ortslage A-Stadt angefahren werden, gibt es bei typisierender Betrachtungsweise in hier beachtlichem Umfang Verkehr zwischen dem Ortsteil F. und der Landesstraße L 283 über die D. -E.. Nach dem Dafürhalten des Gerichts erscheint es auch nicht fernliegend, dass die Gemeinde die Flächen am westlichen Ende des I. s J. s vor der Einmündung in die L 283 von dem Eigentümer erworben hat, um gerade diese Verkehrsverbindung dauerhaft zu ermöglichen.

7. Die beitragspflichtigen Flächen umfassen insgesamt 8.028,31 m².

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 SBS sind diejenigen Grundstückseigentümer beitragspflichtig, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung besondere wirtschaftliche Vorteile bietet. Ein solcher Sondervorteil, der sich von dem der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet, kann bereits n einer Erhöhung des Gebrauchswerts des Grundstücks bestehen (Nds. OVG, Urt. v. 2.2.2015 - 9 LB 132/12 -, juris Rn. 24). Maßgeblich für die Frage, ob eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit vorliegt, ist daher, ob von dem jeweiligen Grundstück aus die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besteht und die Straße dem Eigentümer die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks ermöglicht. Dies gilt selbst dann, wenn das Grundstück seine primäre Erschließung über eine andere Straße erhält (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.5.2020 - 9 LC 121/18 -, juris Rn. 82).

Die in dem streitgegenständlichen Bescheid angeführten beitragspflichtigen Grundstücksflächen beziehen sich sowohl auf die D. -E. als auch auf den I. J. und sind daher entsprechend auf die Anliegergrundstücke zur DEA-Straße zu beschränken.

Dabei ist das Grundstück des Klägers mit der Flurstücksnummer AD., Flur AE., welches ebenfalls mit Bescheid vom 14. September 2018 zu einem Straßenausbaubeitrag herangezogen wurde (Parallelverfahren 3 A 202/18), anders als in der dem Bescheid zugrundeliegenden Berechnung, mit seiner vollen Grundfläche in die Ermittlung der Beitragsfläche einzustellen. Auch das Grundstück mit der Flurstücksnummer AF., Flur AE., ist mit seiner vollen Grundstücksgröße zu berücksichtigen, eine Reduzierung um 0,5 wie mit der vorgelegten Alternativberechnung ist dagegen nicht zu nicht vorzunehmen.

Grundsätzlich werden auch großflächige Grundstücke, die an mehrere Straßen grenzen, durch den Ausbau jeder dieser Straßen hinsichtlich ihrer gesamten Fläche bevorteilt. Eine Begrenzung des beitragsrelevanten Vorteils auf eine bestimmte Teilfläche des Grundstücks, etwa in Form einer Tiefenbegrenzungsregelung oder rechnerischer Aufteilung der Fläche findet in der Regel nicht statt, so dass das gesamte Buchgrundstück bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands zu berücksichtigen ist (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 14.12.2011 - 9 LB 96/11 -, n.v.; Beschl. v. 18.4.2011 - 9 LA 23/10 -, juris Rn. 17; Beschl. v. 16.10.2003 - 9 ME 150/03 -, juris Rn. 2).

Das klägerische Grundstück mit der Flurstücksnummer AD., Flur AE., grenzt mit seiner westlichen Grundstücksgrenze teilweise an die D. -E. und teilweise an die Straße K.. Eine Berücksichtigung nur eines Teils der Grundstücksfläche entsprechend der Länge der an der D. -E. anliegenden Grundstücksgrenze scheidet nach den dargestellten Maßstäben aus.

Das Grundstück mit der Flurstücksnummer AF., Flur AE., hat einen L-förmigen Grundstückszuschnitt; es grenzt mit der östlichen Grundstücksgrenze an die D. -Straße und mit der nördlichen Grundstücksgrenze an den I. J.. Es ist durch den Ausbau jeder dieser Straßen als bevorteilt anzusehen und nach den dargestellten Grundsätzen mit seiner gesamten Grundstücksfläche von insgesamt 73.270 m² bei der Beitragsermittlung zu berücksichtigen. Eine Reduzierung der Beitragsfläche kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil das Grundstück größer ist als die übrigen Anliegergrundstücke. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts kann nur ausnahmsweise bei außergewöhnlich tiefen und bereits über andere Straßen erreichbaren Grundstücken eine Reduzierung der maßgeblichen Grundstücksfläche eines Anliegergrundstücks geboten sein, wenn besondere Umstände – wie die einseitige Ausrichtung der inneren Erschließung von Teilflächen zu bestimmten Straßen hin bzw. die unterschiedliche, verschiedenen Straßen zuzuordnende Nutzung von Teilflächen – es nahe legen, dass bei realistischer Betrachtungsweise davon auszugehen ist, die ausgebaute Straße werde aller Wahrscheinlichkeit nach nur von bestimmten Teilflächen des Grundstücks in Anspruch genommen (begrenzte Vorteilswirkung, vgl. Nds. OVG, Urt. v. 14.12.2011 - 9 LB 96/11 -, n.v.; Beschl. v. 18.4.2011 - 9 LA 23/10 -, juris Rn. 17; Beschl. v. 16.10.2003 - 9 ME 150/03 -, juris Rn. 2; Urt. v. 12.7.1994 - 9 L 2945/92 -, n.v.,). Derartige besondere Umstände sind auch unter Berücksichtigung der Größe des Grundstücks hier jedoch nicht ersichtlich.

Somit sind unter Berücksichtigung der nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SBS maßgeblichen Nutzungsfaktoren die folgenden Flächen als beitragspflichtig anzusehen:

 Flurstück

 Flur 

 Grundfläche

 Nutzungsfaktor

 Beitragsfläche

 21.740 m²

 0,0333

 723,94 m²

 21.600 m²

 0,0333

 719,28 m²

 12.049 m²

 0,0333

 401,23 m²

 28.122 m²

 0,0333

 936,46 m²

 40.159 m²

 0,0333

 1.337,29 m²

 72.832 m²
438 m²

 0,0333
0,0167

 2.425,31 m²
7,31 m²

 44.369 m²

 0,0333

 1.477,49 m²

 gesamt

 8.028,31 m²

8. Bei Berücksichtigung eines umlagefähigen Aufwands in Höhe von 6.703,49 EUR und einer Beitragsfläche von insgesamt 8.028,31 m² ergibt sich ein Beitragssatz in Höhe von 0,83498035 EUR/m².

Für das hier streitgegenständliche Grundstück des Klägers (Flurstück G., Flur H.) mit einer beitragspflichtigen Fläche von 936,46 m² ist danach ein Straßenausbaubeitrag in Höhe von 781,93 EUR zu ermitteln.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.