Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 26.10.2022, Az.: 3 A 339/21

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
26.10.2022
Aktenzeichen
3 A 339/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59307
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Widmung der Straße „F.“ (Flurstücks G. Flur H. Gemarkung A-Stadt), weil er der Rechtsauffassung ist, dass die Beklagte sein Recht auf Zustimmung nach dem Niedersächsischen Straßengesetz (NStrG) verletzt habe.

Die Beklagte ist Eigentümerin des Flurstücks G. (ehemals mit der Bezeichnung I.). Dieses Flurstück dient der verkehrlichen Erschließung des beplanten Neubaugebiets „J.“. Es dient als Zu- bzw. Ausfahrt dieses Baugebiets von und hin zur K. und ist verkehrsberuhigt hergestellt worden.

Südwestlich des Flurstück G. grenzt das Flurstück L. der Flur H. in der Gemarkung A-Stadt mit der postalischen Anschrift A-Straße an, das dem Kläger und seiner Ehefrau zu je einem ½ ideellen Miteigentumsanteil gehört. Der Kläger und seine Ehefrau haben ihr mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück durch notariellen Kaufvertrag vom 2. Oktober 1998 zur Urkundenrolle Nr. M. des Notars Dr. N. O. von dem Landwirt Herrn P. Q. als Bauplatz erworben.

In der Kaufvertragsurkunde heißt es u.a. wie folgt:

㤠5
Rückübertragung, Dienstbarkeit

Das östlich und südlich an das Flurstück L. angrenzende Gelände, das z. Z. landwirtschaftlich genutzt wird und gleichfalls im Eigentum des Verkäufers steht, wird eventuell als Bauland ausgewiesen. In diesem Fall nimmt die Gemeinde R. möglicherweise einen 3 m breiten Streifen entlang der Nord- und einen bis zu 5 m breiten Streifen entlang der Westgrenze des verkauften Flurstücks L., auf der anliegenden Lageskizze grün markiert, für Straßen- und/oder Erschließungszwecke in Anspruch. Die Käufer verpflichten sich, die in der Anlage nördlich grün markierte Fläche und den Teil der in der Anlage westlich grün markierten Fläche, den die Gemeinde R. für Straßen- und Erschließungszwecke in Anspruch nimmt, unentgeltlich dem Verkäufer zurück oder einem von diesem bestimmten Dritten weiter zu übertragen.

Zur Sicherung dieser Verpflichtung bewilligen und beantragen die Käufer im Zuge der Eigentumsumschreibung eine Rückauflassungsvormerkung für den Verkäufer im Grundbuch eintragen zu lassen, […].

Sofern und soweit die auf der Anlage grün markierten Flächen des Flurstücks L., wie oben bezeichnet, für Straßen- und/oder Erschließungszwecke nicht in Anspruch genommen werden, verpflichten sich die Käufer, diese Flächen ihrerseits zu kaufen, und zwar im Hinblick auf die durch das neue Baugebiet erfolgte Aufwertung zu einem Preis von …DM/qm und im Übrigen zu dem vorliegenden Vertrag entsprechenden Bedingungen. […].

Der jeweilige Eigentümer des Flurstücks L. ist berechtigt, das Flurstück I. Flur H. Gemarkung A-Stadt auf seine Kosten als Zuwegung und zur Verlegung von Erschließungseinrichtungen für das Flurstück L. (Elt, Gas, Wasser, Kanal, Telefon, TV etc.) zu benutzen und es zur Instandhaltung und Wartung dieser Einrichtungen jederzeit zu betreten; der Verkäufer bestellt dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks L. eine entsprechende Grunddienstbarkeit zu Lasten des Flurstücks I. und bewilligt und beantragt die Eintragung dieser Grunddienstbarkeit im Grundbuch von A-Stadt Bl. S.. […].“

Die Beklagte erwarb das Flurstück G. (ehemals L.) und nahm es für Straßen- und Erschließungszwecke in Anspruch. Ausweislich der Eintragungsbekanntmachung des Amtsgerichts D-Stadt vom 17. Oktober 2019 umfasst die am 12. Januar 1999 eingetragene Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Klägers und seiner Frau gemäß Bewilligung vom 1. Oktober 1998 (UR. M., Notar Dr. N. O., D-Stadt) auch ein Wegerecht an diesem Flurstück.

Der Rat der Beklagten hat die Widmung u.a. der Gemeindestraße „F.“ (Gemarkung A-Stadt, Flur H., Flurstücke G. und T., von der Einmündung „K.“) am 6. Mai 2021 als Allgemeinverfügung beschlossen. Die Widmung wurde auch im Amtsblatt für den Landkreis D-Stadt Nr. 53 vom 11. Mai 2021 und im Amtlichen Mitteilungsblatt der Gemeinde R. vom 12. Mai 2021 bekanntgemacht.

Der Kläger hat am 27. Mai 2021 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 2 des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrG) bedürfe die Widmung zwingend seiner Zustimmung. Daran fehle es hier. Gegen eine teleologische Reduktion der Vorschrift dahingehend, dass seine Zustimmung ausnahmsweise entbehrlich sei, spreche insbesondere § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Niedersächsischen Enteignungsgesetzes (NEG). Das Gesetz erkenne dingliche Rechte - wie die Grunddienstbarkeit - als entschädigungspflichtige Rechtspositionen an. Eine Einschränkung des Wortlautes finde sich auch in § 15 Abs. 3 Nr. 1 NEG nicht, so dass der Gesetzgeber dingliche Rechte offenkundig ohne Einschränkung sowohl für entschädigungs- als auch zustimmungspflichtig halte. Seine Rechtsposition aus der Grunddienstbarkeit werde durch die Widmung und den Gemeingebrauch nach § 14 NStrG nicht aufgefangen. Die Grunddienstbarkeit vermittele ihm vielmehr ein exklusives Nutzungsrecht, welches er nun zugunsten eines Gemeingebrauchs opfern müsse. Aufgrund der Widmung sei er verpflichtet, sich die Zufahrt mit dem gesamten Zu-und Abfahrtsverkehr eines kompletten Baugebietes zu teilen.

Der Kläger beantragt,

die Allgemeinverfügung der Beklagten vom 6. Mai 2021 zur Widmung der Straße „F.“ (Gemarkung A-Stadt, Flur H.) für den öffentlichen Verkehr aufzuheben, soweit sie das Flurstück G. vor der Einmündung zur „K.“ betrifft.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert, dass es im vorliegenden Fall an einer Rechtsgutsverletzung des Klägers fehle. Von der Zustimmungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 NStrG seien in der Rechtsprechung Ausnahmen entwickelt worden, und zwar konkret für den Fall eines Wegerechts. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg habe bereits mit Urteil vom 22. Juli 1969 - II OVG A 91/68 - entschieden, dass eine Zustimmung nur bei Rechten in Betracht komme, „(…) deren Ausübung entsprechend dem umfassenden Eigentumsrecht der Zweckbindung der öffentlichen Straße nicht nur formal, sondern in der Sache entgegensteht.“ Dem Zustimmungserfordernis nach § 6 Abs. 2 NStrG komme durch diese Beschränkung nicht nur eine formale, sondern insbesondere auch eine sachliche Funktion zu. Sachlich sei der Kläger allerdings in seinen sich aus der Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1998 ergebenden Rechten in keiner Weise beeinträchtigt. Die von der Beklagten auf dem Flurstück G. errichtete Pflasterstraße ermögliche es dem Kläger und seiner Ehefrau als derzeitigen Eigentümern des Flurstücks L. vielmehr, das dienende Flurstück als Zuwegung zu ihrem eigenen Grundstück zu benutzen. Der Kläger sei sogar fortan berechtigt, das Wege-Flurstück nunmehr als öffentliche Straße im Rahmen des öffentlichen Gemeingebrauchs nach § 14 NStrG zu nutzen. Seine Rechtsposition habe sich damit infolge der Widmung des Wege-Flurstücks und darüber hinaus aufgrund des hochwertigen und im Übrigen auch verkehrsberuhigenden Ausbaus verbessert und nicht etwa verschlechtert.

Jedenfalls sei die gegen die Widmung gerichtete Klage rechtsmissbräuchlich und treuwidrig gemäß § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Ausweisung des östlich und südlich an das Grundstück des Klägers und seiner Ehefrau angrenzenden Geländes als Bauland sei bereits im Rahmen des Grundstückskaufvertrages im Jahre 1998 bekannt gewesen; dieser Fall sei konkret zwischen den damals kaufvertragsschließenden Parteien geregelt worden. Es sei dem Kläger unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, von der Beklagten eine „Entschädigung“ als Gegenleistung für seine Zustimmungserklärung zu verlangen. Der Kläger habe den Zustand seines Grundstücks und des angrenzenden Wege-Flurstücks bereits bei Abschluss des Grundstückkaufvertrages positiv gekannt und in dessen Kenntnis auf dem Grundstück sein Einfamilienhaus errichtet.

Der Kläger repliziert: Aus dem von der Beklagten zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg sei in den letzten 50 Jahren keine gefestigte Rechtsprechung erwachsen. Seit 1969 sei § 6 NStrG zweimal geändert worden. Weder die Fassungen vom 24. September 1980 noch die vom 19. September 1989 hätten den eindeutigen Wortlaut eingeschränkt. Offensichtlich habe der niedersächsische Gesetzgeber eine Einschränkung des Wortlautes auf bestimmte dingliche Rechte für nicht zweckmäßig gehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündlichen Verhandlung.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger als (Mit-)Eigentümer des Flurstücks L. und als Inhaber der Grunddienstbarkeit gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Danach ist die Klage zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies ist hier der Fall. Der Kläger als Inhaber der Grunddienstbarkeit hat darlegt, dass die Widmung ohne seine Zustimmung erfolgt sei und nach § 6 Abs. 2 NStrG einer Zustimmung bedurft hätte. Damit ist eine Verletzung seines (Zustimmungs-)Rechts gemäß § 6 Abs. 2 NStrG möglich und der Kläger folglich klagebefugt.

Die Klage ist indes unbegründet.

Die angefochtene Widmung der Straße „F.“ vom 6. Mai 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Seine Zustimmung zur Widmung gemäß § 6 Abs. 2 NStrG war im vorliegenden Fall entbehrlich.

Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 (1. Variante) VwGO ist die statthafte Klageart, weil die Widmung einer Straße eine Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 Satz 2 VwVfG ist. Bei der Widmung nach § 6 Abs. 2 NStrG handelt es sich um einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, welcher in der Form der Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 VwVfG ergeht. Durch die Widmung wird die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft über die Straße begründet, der Gemeingebrauch gemäß § 14 NStrG eröffnet und das Eigentumsrecht an der Straße überlagert (Nds. OVG, Beschl. v. 28. Oktober 2016 - 7 LA 78/16 -, juris Rn. 12).

Die Widmung als Allgemeinverfügung ist nicht nichtig im Sinne des § 44 VwVfG. An dieser Stelle ist es unerheblich, ob hier tatsächlich eine erforderliche Zustimmung zur Widmung durch den Kläger als Nutzungsberechtigten fehlt. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte dies nicht die Nichtigkeit der Widmung zur Folge (OVG Lüneburg, Urt. v. 11.2.1988 - 12 A 109/85 -, juris nur Leitsätze; vgl. BayVGH zu Art. 67 III und 4 BayStrWG, Urt. v. 19.11.1997 - 8 B 96.2966 -, juris Leitsätze, DÖV 1998, 556, 557). Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts ist stets als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz angesehen worden, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trage und vom Bürger nur auf dem Rechtsweg beseitigt werden könne (vgl. BVerwGE 1, 67; 23, 237/238; BVerwG vom 13.10.1986, NVwZ 1987, 230). So ist etwa anerkannt, dass ein Verwaltungsakt nicht allein schon deshalb nichtig ist, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. BVerwGE 19, 284/287). Folglich ist die Widmung nicht nichtig.

Die Widmung ist auch rechtmäßig.

Nach § 6 Abs. 2 NStrG ist Voraussetzung für die Widmung, dass der Träger der Straßenbaulast Eigentümer des der Straße dienenden Grundstücks ist oder der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt haben oder der Träger der Straßenbaulast den Besitz durch Vertrag, durch Einweisung nach § 41 a oder in einem sonstigen gesetzlich geregelten Verfahren erlangt hat.

Die Beklagte ist gemäß § 48 Satz 1 NStrG Trägerin der Straßenbaulast für die Gemeindestraße „F.“ und Eigentümerin des Flurstücks G. der Flur H. der Gemarkung A-Stadt. Im Grundsatz muss der sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter, d.h. hier der Kläger, der Widmung zugestimmt haben. Im vorliegenden Fall ist die Zustimmung des Klägers als Berechtigter der Grunddienstbarkeit gemäß Bewilligung vom 1. Oktober 1998 bezogen auf ein Wegerecht ausnahmsweise entbehrlich. Nach Sinn und Zweck der Widmungsvoraussetzungen kann es auf die Zustimmung sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter nicht allein aus formalen Gründen ankommen, sofern sie in der Sache nicht entgegenstehen. Letzteres ist hier gegeben, weil die öffentliche Widmung als Gemeindestraße „F.“ als Verkehrsfläche mit dem privatrechtlichen Wegerecht des Klägers nicht kollidiert.

Denn an die Stelle der Ausübung des privaten Wegerechts tritt als Folge der Widmung zur öffentlichen Straße der jedermann im Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften zum Verkehr gestattete Gemeingebrauch gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 NStrG. Damit wird dem Kläger als Grunddienstbarkeitsberechtigten Ersatz geboten durch eine öffentlich-rechtliche Befugnis, die der sachlichen Funktion und dem wirtschaftlichen Wert des privaten Rechts zumindest gleichkommt. Indem die Ausübung des Wegerechts in öffentlich-rechtlicher Gestalt aufrechterhalten bleibt, und zwar unter weitgehender Deckungsgleichheit zwischen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Rechtsstellung, wird eine durch die öffentliche Zweckbestimmung bedingte Beeinträchtigung des dinglich Wegeberechtigten, wie sie das Zustimmungserfordernis des § 6 Abs. 2 NStrG voraussetzt, ausgeschlossen. Die nunmehr durchgeführte Einbeziehung der Straße „F.“ in das öffentliche Straßennetz verlagert zwar die formale Rechtsposition des Klägers in das öffentliche Recht, lässt aber die sachliche und wirtschaftliche Funktion seines Wegenutzungsrechts im Wesentlichen unberührt. Inhalt und Gegenstand des Gemeingebrauchs werden gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 NStrG durch den Begriff „zum Verkehr” bestimmt, der sich zumindest mit dem grundbuchlichen Wege- bzw. Überfahrtsrecht deckt. In dem hierdurch gesteckten inhaltlichen Rahmen ist die Ausübung des Gemeingebrauchs auch rechtlich geschützt; gegenüber der rechtswidrigen Behinderung der Teilnahme an dem einmal eröffneten Gemeingebrauch ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Allerdings unterliegt die Ausübung des Gemeingebrauchs den Schranken, die durch die Verkehrsvorschriften, durch den Mitgebrauch Dritter und durch Maßnahmen im Interesse der Straße - etwa Bauarbeiten und Verhütung von Schäden - gefordert werden. Auch insoweit ergibt sich aber für den Kläger kein wesentlicher Unterschied im Verhältnis zu der Rechtslage, wie sie vor der Widmung bestand. Auch für Privatstraßen kann der Eigentümer einen allgemeinen Verkehr gestatten, und die tatsächliche Öffentlichkeit der Privatstraße unterwirft den Straßenverkehr den verkehrspolizeilichen Beschränkungen (vgl. dazu OVG Lüneburg, Urt. v. 22.7.1996 - II OVG A 91/68 -; NJW 1979, 75 [OVG Bremen 15.09.1978 - II T 17/78; II BA 62/78] m.w.N.). Folglich ist eine Beeinträchtigung des Klägers als dinglich Wegeberechtigten, wie sie das Zustimmungserfordernis des § 6 Abs. 2 NStrG voraussetzt, ausgeschlossen.

Der Fall wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn der Kläger zugleich auch Eigentümer des Wegegrundstücks wäre (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 13.9.2012 - 7 LB 84/11 -, juris Rn. 26), was hier nicht der Fall ist.

Auch in der Literatur ist anerkannt, dass die Rechtmäßigkeit der Widmung nicht schlechthin von der Zustimmung aller dinglich Berechtigten abhängig ist. Es kommt vielmehr auf den Inhalt des jeweiligen dinglichen Rechts an (Kodal-Herber, Handbuch Straßenrecht, 8. Auflage 2021, 7. Kapitel Rn. 24). Durch den Absatz 2 des § 6 NStrG wird klargestellt, dass die öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung der Straße den Vorrang vor bürgerlich-rechtlichen Beziehungen hat. Die Eigentumsrechte und sonstige dingliche Rechte sind insoweit eingeschränkt als die Zweckbestimmung der öffentlichen Straße ihnen entgegensteht (Nedden/Mecke, Handbuch des Niedersächsischen Straßenrechts, 1964, § 6 Rn. 7 m.w.N.; Kodal-Herber, Handbuch Straßenrecht, 8. Auflage 2021, 7. Kapitel Rn. 24). Fahrtrechte an einem oder über einen zu widmenden bisherigen Privatweg als Grunddienstbarkeiten werden - wenn auch unter Wandlung in einen öffentlich-rechtlichen Teilhabeanspruch, aber ohne Beeinträchtigung der sachlichen und wirtschaftlichen Funktion - durch den als Folge der Widmung eröffneten Gemeingebrauch absorbiert, so dass auch bei diesen das Erfordernis der Zustimmung entfällt (Kodal-Herber, Handbuch Straßenrecht, 8. Auflage 2021, 7. Kapitel Rn. 24).

Soweit der Kläger vorträgt, ihm stünde aufgrund der Grunddienstbarkeit ein exklusives Wegerecht zu, dass Dritte an der Nutzung des Flurstücks als Verkehrsfläche ausschließe, trifft dies nicht zu. Ein derartiger Inhalt lässt sich weder dem im Grundbuch eingetragen Wegerecht noch dem notariellen Kaufvertrag vom 2. Oktober 1998 entnehmen. Es ist auch nicht erklärlich, weshalb dem Kläger ein derart exklusives Wegerecht hätte eingeräumt werden sollen. Dies hätte die ausweislich des Vertrags möglichen Erschließung weiterer Nachbargrundstücke über das Flurstück G. (ehemals I.) von vornherein vereitelt. Ungeachtet dessen ist zu berücksichtigen, dass die dem Kläger zustehende Grunddienstbarkeit generell nicht dazu berechtigt, Dritte vom Gebrauch des Grundstücks auszuschließen, solange nicht ihr Überfahrtsrecht beeinträchtigt wird (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 22.7.1996 - II OVG A 91/68 -; NJW 1979, 75 [OVG Bremen 15.09.1978 - II T 17/78; II BA 62/78]). Eine derartige Beeinträchtigung besteht hier nicht.

Der Einwand des Klägers, der Gesetzgeber habe seit dem Jahr 1969 trotz zweimaliger Änderung des NStrG offenbar keine Veranlassung gesehen, in § 6 Abs. 2 NStrG klarzustellen, dass das Zustimmungserfordernis nur bei tatsächlicher Beeinträchtigung des Nutzungsberechtigten gilt, verfängt nicht. Denn aus dem Umstand allein, dass der Gesetzgeber den § 6 Abs. 2 NStrG inhaltlich nicht geändert hat, kann ein Schluss im Sinne des Klägers nicht zwingend gezogen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.