Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 04.02.1999, Az.: 11 U 238/95

Rechtliche Ausgestaltung der Abwicklung der von einem gemieteten und verunfallten Eisenbahn-Güterwagen verursachten Schäden; Mietvertragsrechtliche Ausgestaltung der Tauglichkeit von Eisenbahngüterwagen zum vertragsmäßigen Gebrauch hinsichtlich durchzuführender optischer Prüfungen der Sicherungen der Drehgestelle

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
04.02.1999
Aktenzeichen
11 U 238/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 32507
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1999:0204.11U238.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 12.06.1995 - AZ: 20 O 48/94

Fundstelle

  • TranspR 1999, 395-397 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 1999
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. C. sowie
die Richter am Oberlandesgericht H. und Dr. G.
fürRecht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 12. Juni 1995 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover insoweit abgeändert, als die Beklagte zu 2 verurteilt wird, an die Klägerin 35.307,40 DM nebst 7,45 % Zinsen seit dem 25. Mai 1993 zu zahlen.

Die Anschlussberufung der Beklagten zu 2 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die im Verfahren der zweiten Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 in vollem Umfange.

Die übrigen im Verfahren zweiter Instanz entstandenen Kosten einschließlich ihrer jeweiligen außergerichtlichen Auslagen trägt die Klägerin zu 91 % und die Beklagte zu 2 zu 9 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten zu 1 wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung von 31.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten zu 2 wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung von 22.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagten zu 2 bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 61.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer wird festgesetzt für die Klägerin auf 378.257,78 DM und für die Beklagte zu 2 auf 35.307,40 DM.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Schadensersatzansprüche aus Vertrag und unerlaubter Handlung geltend.

2

Die Klägerin hatte Ytong-Steine von E. nach B. S. zu transportieren. Der Transport sollte mittels Container auf Straße und Schiene erfolgen. Die Container sollten nach Befüllung von der Fa. B. Speditions GmbH zum Bahnhof E. verbracht und dort auf Bahnwagen aufgesetzt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag zwischen der Klägerin und der Fa. B. Spedition GmbH vom 3. Juni 1992 (Kopie Bl. 188-190 d.A.) verwiesen.

3

Zuvor hatte die Klägerin von der Fa. R. Tankbau, einem Schwesterunternehmen der Beklagten zu 1, Abrollcontainer gekauft, die sie wiederum an die Fa. E. vermietete.

4

Von der Beklagten zu 1 hatte die Klägerin 20 Stck. R.-Behälter-Tragwagen vom Typ RSS3/15/5750 mit je drei Drehrahmen zur Aufnahme von je drei Stck. Containern gemietet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 10. Juni/23. Juli 1992 (Kopie Bl. 18-25 d.A.) verwiesen. Diese Wagen waren im Juni 1992 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 abgenommen worden. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 schloss mit der Beklagten zu 1 einen Vertrag über die Einstellung der Wagen bei der D. R. am 9. Juli/4. August 1992 (Bl. 107 ff. d.A.). Bereits am 6. Mai 1992 hatte die Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 eine Transportvereinbarung getroffen (Bl. 16 f. d.A.). Baugleiche R.-Waggons waren bereits ab Mitte Oktober 1991 auf dem Streckennetz der Beklagten zu 2 eingesetzt worden, ohne dass es zu irgendwelchen Unfällen gekommen war. Es gab eine Kurzbetriebsanleitung für mechanisch schwenkbare R.-Waggons (Bl. 129 ff. d.A.).

5

Der erste Transport der mit Ytong-Steinen gefüllten Container fuhr am 9. September 1992 die Strecke E.-B. S.. Ein zweiter Zug mit neun R.-Containertragwagen wurde am 14. September 1992 auf dem Bahnhof E. von der Fa. B. beladen. Am 15. September 1992 verließ der Zug den Verladebahnhof. Zwischen den Bahnhöfen R. und H. schwenkte der auf einem R.-Wagen beförderte erste Container auf seinem Drehrahmen nach links in den Lichtraum des Gegengleises aus und stieß mit der Lokomotive des entgegenkommenden Güterzuges zusammen. Durch den Aufprall wurden die linke Seite der Lokomotive beschädigt sowie der Container und der Drehrahmen vom Wagen neben das Gleis gestoßen, wobei sie den Wagen und die zwei hinteren Container beschädigten und einen Fahrleitungsmast umrissen.

6

Nach dem Unfall wurden die Wagen gemäß Vereinbarung zwischen den Beklagten aus dem Verkehr gezogen und das Sicherungssystem der Schwenkrahmen geändert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindlichen Lichtbilder verwiesen.

7

Die Klägerin hat behauptet, dass das Transportsystem der von dem Beklagten zu 1 vermieteten Behältertragewagen völlig versagt habe. Es seien konstruktionsbedingte Systemmängel vorhanden gewesen. Fliehkräfte bei der Kurvenfahrt kurz vor dem Unfallort hätten das Entriegelungssystem überwunden, so dass das Schwenksystem mit den Ladebehältern seitlich ausschwenken konnte, wodurch es zum Unfall gekommen sei. Diese System- und Konstruktionsmängel des Verladesystems der Beklagten zu 1 hätten bereits von der bundesbahneigenen Zulassungsstelle BZA M. vor TÜV-Abnahme entdeckt werden können. Die Mitarbeiter der Fa. B. Speditions GmbH seien in das System eingewiesen gewesen und hätten die Beladung ordnungsgemäß vorgenommen, insbesondere auch die Sicherungshebel entsprechend betätigt. Die Lade- und Wagenmeister der Beklagten zu 2 seien hingegen nicht in das Transportsystem eingewiesen gewesen. Eine Haftungsbeschränkung gemäß §83 Abs. 1 a und c EVO greife zu Gunsten der Beklagten nicht ein, weil die Materialien in einem geschlossenen Behältnis transportiert worden und die Verladung ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Klägerin hat behauptet, dass ihr ein Schaden in Höhe von 379.939,78 DM entstanden sei. Wegen der Einzelheiten der Schadensposition wird auf die Klageschrift verwiesen.

8

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 379.939,78 DM zuzüglich 11,5 % Zinsen seit dem 25. Mai 1993 zu zahlen.

9

Die Beklagte zu 1 hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Die Beklagte zu 2 hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte zu 1 hat bestritten, dass das Transportsicherungssystem versagt habe. Ein Mangel des Verriegelungssystems habe nicht vorgelegen. Im Übrigen hat die Beklagte zu 1 die Schadensersatzforderung der Klägerin zur Höhe bis auf zwei Positionen bestritten.

12

Die Beklagte zu 2 hat ebenfalls behauptet, dass ein Systemmangel im Sicherungssystem der Container nicht vorgelegen habe. Ersatzansprüche der Klägerin würden außerdem nach §83 Abs. 1 a und c EVO ausscheiden. Die Höhe der Ersatzansprüche könnte wegen §§85 f. EVO nur aufgrund des Frachtvertrages berechnet werden.

13

Erstinstanzlich hatte die Beklagte zu 2 gegen die Klägerin Widerklage in Höhe von 308.384,66 DM erhoben.

14

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 21. Februar 1995 (Bl. 198 d.A.) durch Vernehmung der Zeugen B. und B. jun. zur Frage der Verladung der Container. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzungsniederschrift vom 15. Mai 1995 (Bl. 209 ff. d.A.) verwiesen.

15

Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen, die Beklagte zu 2 zum Schadensersatz in Höhe von 35.307,40 DM nebst 5 % Zinsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, dass Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 nicht bestehen. Ein Mangel der Sicherung des Schwenkrahmens habe nicht vorgelegen. Insbesondere sei es kein Mangel, dass der Verriegelungshaken beim Einklappen des Sicherungsbalkens möglicherweise nicht automatisch einklinkte. Eine derartige Automatik war nicht vorgesehen. Die Beklagte zu 2 hafte nur in Höhe von 35.307,40 DM gemäß §82, §85 EVO. Ein Haftungsbefreiungsgrund nach §82 EVO liege nicht vor. Die Beklagte zu 2 habe den ihr obliegenden Beweis für ein etwaiges Verschulden des Verfügungsberechtigten nicht geführt. Der Zeuge B. habe glaubhaft bekundet, dass er nach der durchgeführten Beladung die Arretierung der Drehgestelle optisch kontrolliert habe. Ein Haftungsausschluss nach §83 EVO sei ebenfalls nicht gegeben. Die Beklagte zu 2 hafte nach §85 Abs. 2 EVO auf Zahlung der Wertminderung der Geschädigten.

16

Gegen dieses Urteil, auf das zur näheren Sach- und Streitdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz. Sie ist der Ansicht, dass ein Konstruktionsmangel des Sicherungssystems vorgelegen habe. Zwar sei davon auszugehen, dass die Verladung durch die Fa. B. Speditions GmbH ordnungsgemäß erfolgt sei. Es werde bestritten, dass Unbefugte über Nacht den Sicherungshebel entsichert hätten. Die Beklagte zu 1 habe Aufkleber anbringen müssen, aus denen sich die Funktion der Sicherung ergeben. Schließlich bestätige der später erfolgte Umbau des Sicherungssystems den vorhandenen Fehler. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hannover vom 12. Juni 1995 abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin insgesamt 378.247,78 DM als Gesamtschuldner nebst 11,5 % Zinsen seit dem 25. Mai 1993 zu zahlen.

17

Die Beklagte zu 1 beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Beklagte zu 2 beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen sowie im Wege der Anschlussberufung die Klage in vollem Umfange abzuweisen.

19

Alle Parteien beantragen besondere Form der Sicherheitsleistung.

20

Die Beklagte zu 1 wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz. Sie ist der Ansicht, dass sich aus dem Privatgutachten V. ergebe, dass ein Konstruktionsmangel nicht vorliege. Sie ist der Ansicht, dass die Tatsache, dass keine Hinweise durch Aufkleber angebracht waren, ohne Bedeutung für den entstandenen Schaden sei.

21

Die Beklagte zu 2 ist der Ansicht, dass nach der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgegangen werden könne, dass die Beladung ordnungsgemäß erfolgt sei. Eine mechanisch wirkende Sicherung des Drehgestells reiche völlig aus. Die Gefährdungshaftung nach §82 EVO sei nach §83 a EVO ausgeschlossen, weil die Beförderung im offenen Wagen erfolgt sei.

22

Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 23. Januar 1997 (Bl. 361 ff. d.A.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob durch die Konstruktion der Drehgestelle eine hinreichende Sicherung des Drehrahmens gegen ein Ausschwenken gegeben war. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. P. vom 28. Juni 1998 (Bl. 431-436 d.A.) verwiesen.

23

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vor getragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur im Hinblick auf den Zinsausspruch teilweise Erfolg; die Anschlussberufung der Beklagten zu 2 ist unbegründet.

25

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1 weder Schadensersatzansprüche gemäß §537, §538, §823 ff. BGB noch Ansprüche auf Rückzahlung der bezahlten Miete aus §812 Abs. 1 BGB.

26

Mit Mietvertrag vom 10. Juni/23. Juli 1992 haben die Klägerin und die Beklagte zu 1 unter Einbeziehung der Allgemeinen Bedingungen für die Vermietung von Eisenbahn-Güterwagen ein Mietverhältnis über 20 Behälterwagen begründet. Zu diesen Wagen gehörte auch derjenige, der den Unfall am 15. September 1992 verursacht hatte. Ein mietvertraglicher Schadensersatzanspruch würde voraussetzen, dass ein die Tauglichkeit der Wagen zum vertragsmäßen Gebrauch aufhebender oder mindernder Fehler vorgelegen hätte. Maßstab für den vertragsgemäßen Gebrauch ist der Zustand, den die Parteien mit der Festlegung der jeweils geschuldeten Leistung bestimmt haben, so dass jede negative Abweichung davon ein Fehler ist. Es ist unerheblich, ob die Untauglichkeit durch die gemietete Sache selbst begründet ist oder sich aus ihren rechtlichen, tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ergibt, die nach Art und Dauer der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Brauchbarkeit und Wertschätzung haben. Daher ist ein Fehler auch dann anzunehmen, wenn die Sache nur mit der Befürchtung einer Gefahr genutzt werden kann, die infolge ihres Zustandes den Eintritt eines Schadens erwarten lässt. Ein Konstruktionsfehler einer gemieteten Sache stellt einen Fehler im Sinne des Mietrechts dar (BGH WM 1982, 1230, 1231). Für den bei Abschluss eines Mietvertrages vorhandenen Mangel haftet ein Vermieter ohne Verschulden. Auch auf die Erkennbarkeit oder Vermeidbarkeit des Fehlers kommt es nicht an.

27

Aufgrund der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht jedoch fest, dass die vermieteten Wagen keinen Konstruktionsmangel hatten. Der Sachverständige Prof. Dr. P. hat in seinem schriftlichen Gutachten, dem sich der Senat anschließt, ausgeführt, dass ausgeschlossen werden kann, dass bei ordnungsgemäßer Lage des gelben Sicherungshebels und eingerasteter Verriegelung der Sicherungshebel sich selbsttätig lösen kann. Nach dem Gutachten können für ein unbeabsichtigtes Entriegeln des Hebels Längsbeanspruchungen, die bei Anfahr- und Bremsvorgängen auftreten können, ausgeschlossen werden. Ein unbeabsichtigtes Entriegeln und Entsichern der Vorrichtung könnte nur aufgrund von vertikalen Kräften, die bei Weichen- und Kurvendurchfahrten auftreten können, erfolgen. Bei einem normalen Eisenbahnbetrieb ist aufgrund der von dem Sachverständigen durchgeführten Berechnungen ein selbstständiges Entriegeln auch durch vertikale Kräfte ausgeschlossen.

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Soweit der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten auf Seite 3 Werte für das genaue Bestimmen einer horizontalen Kraft für erforderlich hält, wären diese Werte nach dem Sachverständigengutachten nur erforderlich für den Fall, dass der Winkelhebel nicht komplett umgelegt war und damit der Verriegelungshebel nicht einrasten konnte. Die Klägerin hat jedoch selbst behauptet, dass nach Abschluss der Verladung alle Verriegelungshaken durch die Ösen geragt haben und die Sicherungsbalken sämtlichst sich in waagerechter Stellung befanden (Bl. 283 d.A.). Somit trägt die Klägerin ebenso wie die Beklagte zu 2. vor, dass jedenfalls vom Zeitpunkt der Beladung alle Winkelhebel komplett umgelegt waren und die Verriegelungen eingerastet waren. Damit kommt es auf die Fallgestaltung, die der Sachverständige auf Bl. 2 und 3 seines Gutachtens erläutert, für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht an.

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Unerheblich ist demgemäß auch, ob ein Hinweis auf das Sicherungssystem - insbesondere auf das Erfordernis des ordnungsgemäßen Einhakens in die Öse - in Form eines Aufklebers am Wagen erforderlich ist. Aufgrund des Vertrags der Parteien ist davon auszugehen, dass sämtliche Verriegelungen eingerastet waren. ImÜbrigen hat der Zeuge B. in seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, dass ihm bekannt gewesen sei, worauf es angekommen sei. Im Übrigen hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass die Fa. B. eingewiesen worden sei.

30

Zutreffend hat das Landgericht eine Haftung der Beklagten zu 2 nach §82 Abs. 1 EVO bejaht. Nach §82 Abs. 1 EVO haftet die Eisenbahn für den Schaden, der durch den gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Annahme zur Beförderung bis zur Ablieferung entsteht, es sei denn, dass der Schaden durch ein Verschulden des Verfügungsberechtigten, durch besondere Mängel des Gutes oder durch höhere Gewalt verursacht ist. Dies bedeutet, dass die Beklagte zu 2 ohne Rücksicht auf eigenes Verschulden auch für Zufall haftet und sich nur in engen Grenzen entlasten kann. Die Beklagte zu 2 hat jedenfalls nicht bewiesen, dass die Verladung der Container nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Beklagte zu 2 trägt im Gegenteil selbst vor, dass ihr Mitarbeiter W. alle Ausdrehsicherungen überprüft habe und dabei deren ordnungsgemäßes Aufliegen der Sicherungsbalken sowie die Sicherung dieser Balken durch den Haken überprüft habe. Außerdem hat der erstinstanzlich vernommene Zeuge B. bekundet, dass er den fraglichen Zug am 14. September 1992 auf beiden Seiten kontrolliert hat. Aufgrund des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme hat die Beklagte zu 2 jedenfalls nicht bewiesen, dass die Verladung nicht ordnungsgemäß war.

31

Die Beklagte zu 2 kann sich mit Erfolg nicht auf die Haftungsbeschränkung des §83 Abs. 1 a EVO berufen. Zwar handelt es sich bei der vorliegenden Beförderung um eine Beförderung mit offenen Wagen. Nach §66 Abs. 2 EVO sind offene Wagen solche ohne festes Dach. Die Container, auf deren Betrachtung als zu beförderndendes Gut abzustellen ist, befanden sich jedoch auf Waggons, die kein Dach hatten. Allerdings greift §83 Abs. 1 Ziff. a EVO nur dann, wenn sich die mit der Beförderung auf einem offenen Wagen verbundene Gefahr verwirklicht hat. Diese Gefahren bestehen darin, dass das Gut beim Transport mit offenen Wagen äußeren Einwirkungen ausgesetzt ist wie Witterungseinflüssen, Berührung der Fahrleitung oder von Tunnelwänden, böswilligen, mutwilligen, fahrlässigen oder zufälligen Handlungen Betriebsfremder oder das Herabfallen von Teilen der Ladung über die Seitenwände des Wagens (Finger, EVO, §83 Anm. 2 e). Dagegen scheiden Tatbestände aus, die bei der Beförderung von offenen und gedeckten Wagen zu derselben Gefährdung führen (Goltermann, EVO, §83 Anm. 2 baa (1) (b); Finger, a.a.O., §83 Anm. 2 g). Im vorliegenden Fall hat sich nicht die mit der Beförderung auf offenem Wagen typische Gefahrerhöhung verwirklicht, weil nicht die Ladung als solche herabgefallen oder sich auf dem offenen Wagen gedreht hat. Vielmehr hat sich der unter dem Container mit dem Waggon fest angebrachte Drehrahmen gedreht. Nicht die Ladung im eigentlichen Sinne hat den Unfall verursacht, sondern Bestandteile des Waggons. Auch die Sicherungshebel und die Verriegelungshaken waren Bestandteile des Waggons und an diesem fest angebracht. Die Sicherungssysteme, die ein unbeabsichtigtes Drehen des Drehgestells verhindern sollten, waren ausschließlich Bestandteile des Waggons und nicht Bestandteile der Container, die die Ladung auf den offenen Wagen darstellten.

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In der Berufungsinstanz hat sich die Beklagte zu 2 nicht mehr auf den Haftungsausschluss nach §83 Abs. 1 Ziff. c EVO berufen. Allerdings wäre die ordnungsgemäße Sicherung des Drehrahmens auf dem Waggon Verpflichtung der Beklagten zu 2, selbst wenn man davon ausgeht, dass das Verladen der Container Sache der Klägerin war. Jedenfalls steht aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nicht fest, dass die Verladung und Sicherung mangelhaft gewesen ist. Es kann insoweit auf das oben Gesagte verwiesen werden.

33

Die Höhe der Haftung der Beklagten zu 2 ist nach §85 Abs. 1 EVO auf den gemeinen Wert beschränkt, jedoch auf höchstens 100 DM für jedes fehlende Kilogramm. Die im Falle der Beschädigung zu zahlende Vergütung bemisst sich gemäß §85 Abs. 2 EVO nach dem im Falle des Verlustes zu zahlenden Satz. Die Höhe des Schadensersatzes ist von dem Landgericht zutreffend berechnet worden. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Landgerichts an.

34

Ebenso wie das Landgericht ist der Senat der Überzeugung, dass der Beklagten zu 2 der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht zu machen ist. Aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass der Zeuge W. die ordnungsgemäße Sicherung des Drehgestells optisch geprüft hat. Es stellt auch keine grobe Fahrlässigkeit dar, dass die Beklagte zu 2 nach dem Verladen undÜberprüfen des Zuges am Abend des 14. September 1992 nicht noch einmal am Morgen des 15. September 1992 unmittelbar vor Abfahrt des Zuges das Vorhandensein der Sicherungen überprüft hat.

35

Somit war die Anschlussberufung der Beklagten zu 2 zurückzuweisen. Die Berufung der Klägerin hatte im Hinblick auf die Beklagte zu 2 nur insoweit Erfolg, als sie nunmehr durch Vorlage der Bescheinigung vom 6. Januar 1997 der Kreissparkasse V. (Bl. 345 d.A.) nachgewiesen hat, dass sie Finanzierungsmittel von mindestens 400.000 DM seit dem 25. Mai 1993 beansprucht und hierfür Zinsen in Höhe von 7,45 % berechnet werden. Daher waren der Klägerin Zinsen in dieser Höhe zuzusprechen.

36

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Vortrag der Klägerin zur Schadenshöhe nach wie vor unschlüssig ist. Obwohl der Senat mit Beschluss vom 23. Januar 1997 die Klägerin auf ihren unschlüssigen Vortrag hingewiesen hatte, hat die Klägerin ihren Vortrag insoweit in keiner Weise ergänzt.

37

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §92, §97 Abs. 1, Abs. 2 ZPO. Die Klägerin hatte die Kosten der Berufung auch insoweit zu tragen, als sie im Hinblick auf die geltend gemachten Zinsen Erfolg hatte. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die Klägerin nicht bereits in der ersten Instanz die von ihr geltend gemachte Zinshöhe belegt hat.

38

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §546 Abs. 2, §708 Ziff. 10, §711 ZPO.