Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.02.1999, Az.: 18 UF 91/95
Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Scheidung; Versicherungen mit "primärer Rentenautomatik" und Kapitalwahlrecht; Einbeziehung von Lebensversicherungen mit ihrem ehezeitlich erworbenen Anteil in den Versorgungsausgleich bei fehlender Inanspruchnahme des Kapitalwahlrechts; Abstellen auf die Verhältnisse am letzten Tag der Ehezeit als dem maßgebenden Bewertungsstichtag; Ausgleich im Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings ; Umwandlung der Rentenanwartschaft durch einseitige Erklärung in einen Kapitalbetrag ; Herausnahme der Versorgungsanwartschaften aus der Ausgleichsbilanz durch einseitige Verfügung des ausgleichspflichtigen Ehegatten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.02.1999
- Aktenzeichen
- 18 UF 91/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 30860
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1999:0209.18UF91.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Stade - 29.03.1995 - AZ: 42 F 181/93
Rechtsgrundlagen
- § 1587 Abs. 2 BGB
- § 1587c Nr. 2 BGB
Fundstelle
- FamRZ 1999, 1200-1203 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Ehescheidung
hier: Versorgungsausgleich
In der Ehesache
hat der 18. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richterin am Oberlandesgericht ...
am 09. Februar 1999 beschlossen:
Tenor:
- 1.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Stade vom 29. März 1995 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Vom Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden, bezogen auf den 31. Juli 1993 als Ende der Ehezeit, monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 74,20 DM im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Ziff. 1 VAHRG auf das Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte übertragen. Der zu übertragende Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Der Antragsgegner hat auf dem Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 94,88 DM, bezogen auf den 31. Juli 1993 als Ende der Ehezeit, durch Beitragszahlung in Höhe von 18.534,48 DM zu begründen. Der Monatsbetrag der zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
- 2.
Die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stade vom 29. März 1995 wird zurückgewiesen.
- 3.
Für das Beschwerdeverfahren werden gerichtliche Kosten nicht erhoben. Die Parteien tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
- 4.
Beschwerdewert: 1.450 DM.
- 5.
Die weitere Beschwerde wird in dem in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umfang zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien haben am 27. August 1958 die Ehe geschlossen. Auf den am 18. August 1993 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien durch Urteil vom 10. Mai 1994 - rechtskräftig seit dem 28. Juni 1994 - geschieden. Das Verfahren zum Versorgungsausgleich hatte es zuvor abgetrennt. Durch den angefochtenen Beschluss vom 29. März 1995 hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich durchgeführt. Es hat vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) im Wege des erweiterten Splittings gemäß § 3 b Abs. 1 Ziff. 1 VAHRG monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 74,20 DM auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA übertragen. Zudem hat es dem Antragsgegner aufgegeben, zur Begründung weiterer Rentenanwartschaften der Antragstellerin in Höhe von 54,20 DM, bezogen auf den 31. Juli 1993 als Ende der Ehezeit, weitere 10.587,85 DM auf ihr Versicherungskonto bei der BfA zu zahlen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin und die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners.
Beide Parteien haben während der Ehezeit Versorgungsanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA begründet, und zwar die Antragstellerin - nach der gesetzlichen Neubewertung der Kindererziehungszeiten seit dem 1. Juli 1998 - in Höhe von monatlich 814,91 DM. Der Antragsgegner bezieht seit dem 1. Juli 1998 eine Vollrente wegen Alters, deren Ehezeitanteil sich auf monatlich 481,82 DM beläuft.
Zusätzlich hat der Antragsgegner während der Ehezeit Versorgungsanwartschaften der betrieblichen Altersversorgung bei der N. Versicherungsgesellschaft (N.) erworben. Er war dort in der Zeit vom 1. Oktober 1969 bis zum Eintritt in den Vorruhestand am 31. Dezember 1993 beruflich tätig. Seit dem 1. Juli 1996 bezieht der am 30. Juni 1933 geborene Antragsgegner daraus eine lebenslange Rente in Höhe von monatlich 911,40 DM. Die Versorgung ist weder im Anwartschafts- noch im Leistungsstadium volldynamisch. Der Versorgungsträger ist nicht öffentlich-rechtlich organisiert und lässt in seiner Versorgungsregelung eine Realteilung nicht zu.
Weiterhin hat der Antragsgegner während der Ehezeit Versorgungsanwartschaften aus zwei Lebensversicherungen bei der C. Lebensversicherungs AG (C.) erworben. Das Deckungskapital betrug zum Ende der Ehezeit am 31. Juli 1993 für den Vertrag Nr. 05209046 001 = 15.732,72 DM und für den Vertrag 05209046 003 = 31.465,72 DM. Es handelte sich dabei um Lebensversicherungen auf Rentenbasis mit Kapitalwahlrecht. Mit Schreiben vom 21. August 1995 hat der Antragsgegner während des Beschwerdeverfahrens von der Kapitaloption nach Ablauf der Aufschubzeit (Rentenbeginn bzw. Ablauftermin) Gebrauch gemacht. Ohne Wahl der Kapitaloption wäre die erste Rente am 1. Oktober 1998 gezahlt worden. Die Versicherungsverträge hatte der Antragsgegner während der Ehezeit am 1. Februar 1993 abgeschlossen.
Bei einem weiteren Vertrag des Antragsgegners bei der C. (Nr. 05209046 002) handelt es sich um eine Kapitalversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die allerdings bis zum Ende der Ehezeit nicht in Anspruch genommen war. Gleiches gilt für eine Kapitalversicherung bei der W. Versicherung (W., Versicherungsnummer 110335097-9). Diese Versicherung wurde erst zum Dienstaustritt am 31. Dezember 1993 nach Ende der Ehezeit beitragsfrei gestellt. Bei der A. Lebensversicherungs AG (A., Versicherungsnummer 2034252) hat der Antragsgegner während der Ehezeit ebenfalls Anwartschaften auf eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung erworben. Auch aus dessen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wurden bis zum Ende der Ehezeit keine Leistungen erbracht.
Eine weitere Lebensversicherung des Antragsgegners bei der D. (D., Versicherungs-Nr. 02036002/0) ist bereits vor Ende der Ehezeit am 1. März 1993 ausgezahlt worden.
Neben der Bewertung der einzelnen Versicherungsverträge streiten die Parteien im wesentlichen darüber, ob das Deckungskapital der Lebensversicherungen bei der C. im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist, nachdem der Antragsgegner nach Ende der Ehezeit aber vor einer rechtskräftigen Entscheidung von seiner Kapitalwahloption Gebrauch gemacht hat.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet, die weitere Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet.
1.
Auf Seiten des Antragsgegners sind bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs neben den Ehezeitanteilen der Versorgungsanwartschaften bei der BfA und der N. auch die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte bei der C. (Endnummer 001 und 003) zu berücksichtigen. Die diesen Versicherungsverträgen zugrunde liegenden allgemeinen Versicherungsbedingungen der Renten-Kapital-Versicherung (AVB) sehen zu den Versichertenleistungen u.a. vor:
"§ 9 Versicherte Leistungen
1. Die versicherten Leistungen für den Erlebensfall bestehen entweder
a)
in einer lebenslänglichen Altersrente mit 5jähriger Mindestlaufzeit und Einschluss einer um 5 Jahre aufgeschobenen Witwenrentenanwartschaft oder
b)
in einer entsprechend höheren lebenslänglichen Altersrente mit 5jähriger Mindestlaufzeit ohne Witwenrentenanwartschaft oder
c)
in einer einmaligen Kapitalzahlung.
Die Witwenrentenanwartschaft nach a) kann auf Antrag des Versicherungsnehmers schon bei Vertragsabschluss ausgeschlossen werden.
2.
Die versicherten Leistungen für den Fall des vorzeitigen Todes des Versicherten bestehen entwedera)
in einer lebenslänglichen Witwenrente mit einer vom Alter bei Rentenbeginn abhängigen Mindestlaufzeit zwischen 15 und 5 Jahren und einer zusätzlichen Kapitalzahlung oder
b)
in einer einmaligen Kapitalzahlung.
3.
Spätestens 3 Monate vor dem im Versicherungsschein angegebenen Leistungstermin kann der Versicherungsnehmer nach rechtzeitig ergangener Aufforderung seitens der Gesellschaft zwischen den in Ziff. 1 angegebenen Leistungsarten wählen. Er kann auch für einen Teil der Versicherung die einmalige Kapitalzahlung in Anspruch nehmen und für den übrigen Teil die entsprechend herabgesetzte Rente. Die Rente muss jedoch die geschäftsplanmäßige Mindesthöhe haben.4.
Wird das Wahlrecht nach Ziff. 3 nicht fristgerecht ausgeübt und erleben der Versicherte und die mitversicherte Person den im Versicherungsschein angegebenen Leistungstermin, so besteht nur ein Anspruch auf die Leistungen nach Ziff. 1 a). Lebt die mitversicherte Person nicht mehr, so ist die Leistung nach Ziff. 1 b) zu erbringen...."
Bei diesen Versicherungsverträgen handelt es sich somit um Versicherungen mit "primärer Rentenautomatik" und Kapitalwahlrecht. Solche Lebensversicherungen sind mit ihrem ehezeitlich erworbenen Anteil jedenfalls dann in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, wenn von dem Kapitalwahlrecht kein Gebrauch gemacht worden ist (BGH FamRZ 1993, 793, 794) [BGH 10.02.1993 - XII ZB 80/88].
Einer Berücksichtigung der ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften bei der C. steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner während des Beschwerdeverfahrens und somit nach Ende der Ehezeit i.S. von § 1587 Abs. 2 BGB von seinem Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht hat. Die Höhe eines in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechts bestimmt sich grundsätzlich nach den Verhältnissen am letzten Tag der Ehezeit als dem maßgebenden Bewertungsstichtag. Zwar sind aus Gründen der Prozessökonomie bereits im Erstverfahren auch nachehezeitliche, auf individuellen Verhältnissen beruhende Änderungen der Versorgungsanrechte im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, die rückwirkend den ehezeitbezogenen Wert ändern (BGH FamRZ 1988, 1148, 1150 und seitdem ständig; RGRK/Wiek BGB, 12. Aufl. § 1587 Rn. 36; Münch Komm./Dörr 3. Aufl. § 1587 Rn. 17; Staudinger/Rehme BGB, 12. Aufl. § 1587 a Rn. 285; Soergel/Schmeiduch BGB, 12. Aufl. § 1587 a Rn. 56). Allgemein sind damit alle nachehezeitlich veränderten Umstände, die nach § 10 a VAHRG zu einer Abänderung der rechtskräftigen Entscheidung führen würden, schon im Erstverfahren zu berücksichtigen (Johannsen/Henrich/Hahne, EheR, 3. Aufl. § 1587 Rn. 37).
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in Fällen, in den eine im Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings auszugleichende ehezeitlich erworbene Versorgungsanwartschaft nach Ende der Ehezeit entfallen ist, auf den Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung abgestellt. Fällt danach eine Anwartschaft auf landwirtschaftliches Altersgeld (BGH FamRZ 1986, 892, 893 f.), ein bestehendes Versorgungsanrecht bei der Ärzteversorgung (BGH FamRZ 1992, 45, 46) [BGH 18.09.1991 - XII ZB 92/89] oder unter Verstoß gegen § 10 d VAHRG ein Versorgungsanrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung (BGH FamRZ 1995, 31 f.) nach Ende der Ehezeit weg, kann dieses grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden, da nur im Zeitpunkt der Entscheidung noch vorhandene Anrechte ausgeglichen werden können. In diesen Fällen betrifft die Frage, ob eine Versorgungsanwartschaft noch besteht, nicht die Wertermittlung sondern über die Ausgleichsform des Splittings die Durchführung des Versorgungsausgleichs überhaupt. Versorgungsanrechte, die im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht mehr vorhanden sind, können naturgemäß auch nicht mehr im Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings ausgeglichen werden. In diesen Fällen würde die Entscheidung die Solidargemeinschaft der entsprechenden Versorgungsträger wirtschaftlich belasten, da diese Erstattungsleistungen an den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbringen müsste, ohne auf Beitragsleistungen des anderen Ehegatten zurückgreifen zu können (BGH FamRZ 1992, 45, 46) [BGH 18.09.1991 - XII ZB 92/89]. Entsprechend hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 1987 die Vorschrift des § 10 d VAHRG geschaffen, welche den Versorgungsträger verpflichtet, bis zum wirksamen Abschluss eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich Zahlungen an den Versorgungsberechtigten zu unterlassen, die auf die Höhe eines in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechts Einfluss haben können (vgl. insoweit BGH FamRZ 1995, 31, 32) [BGH 19.10.1994 - XII ZB 158/93]. Auf private Rentenversicherungsverträge mit Kapitalwahlrecht kann diese Vorschrift allerdings keine Anwendung finden, weil der Berechtigte aufgrund der vertraglichen Vereinbarung seine Rentenanwartschaft durch einseitige Erklärung in einen Kapitalbetrag umwandeln kann. Entfällt andererseits nach Ehezeitende eine beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaft, erlangt er stattdessen im Wege der Nachversicherung Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, sodass zwar nicht mehr die Anwartschaften der Beamtenversorgung aber die Anwartschaften auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden können (BGH FamRZ 1981, 856, 861; 1982, 362, 363; RGRK/Wick a.a.O., § 1587 a Rn. 17).
Diese Gründe, die einer Einbeziehung entfallener Versorgungsanwartschaften in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich entgegenstehen, sind nicht geeignet, gleichsam die wertmäßige Berücksichtigung nach Ausübung der Kapitaloption einer privaten Rentenversicherung auszuschließen. Durch die Ausübung der Kapitaloption ist der Versorgungswert nicht ersatzlos entfallen sondern er hat lediglich nach Ende der Ehezeit seinen Charakter als Rentenanwartschaft verloren.
Eine unzulässige Belastung der Versichertengemeinschaft ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die wertmäßige Berücksichtigung dieser Anwartschaften nicht zu einer Belastung des privatrechtlich organisierten Versorgungsträgers führen kann, zumal eine Realteilung dieser Versorgungsanwartschaften nicht vorgesehen ist. Entsprechend kann eine Versorgungszusage, die nach ihrer tatsächlichen Ausgestaltung auf die Zahlung einer Rente gerichtet ist, auch deswegen bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht ausgeklammert bleiben, weil der Begünstigte beabsichtigt, seine Pensionsansprüche später durch einen Kapitalbetrag abfinden zu lassen (BGH FamRZ 1993, 684, 685 f.) [BGH 13.01.1993 - XII ZB 75/89].
Entscheidend ist aber darauf abzustellen, dass ein Wegfall von Versorgungsanwartschaften durch Ausübung des Kapitalwahlrechts nach § 1587 c Nr. 2 BGB unberücksichtigt bliebe, wenn sich dadurch die ehezeitlichen Versorgungsanwartschaften des Berechtigten vermindern würden. Zwar ist diese Vorschrift nicht entsprechend anwendbar, wenn der gemäß § 1587 a Abs. 1 Satz 1 BGB ausgleichspflichtige Ehegatte in Erwartung oder nach der Scheidung das Entstehen eines Ausgleichsanspruches verhindert oder verkürzt hat (BGH FamRZ 1985, 687, 688; RGRK/Wick a.a.O., § 1587 c Rn. 66; a.A. OLG Karlsruhe, FamRZ 1986, 917, 918). Nach den Motiven der gesetzlichen Vorschrift des § 1587 c Nr. 2 BGB erscheint eine Ausdehnung des dieser Vorschrift zugrunde liegenden Gedankens auch auf den Ausgleichsverpflichteten "im Hinblick auf die notwendige Erhaltung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit und der beruflichen Mobilität der Ehegatten unangemessen" (BT-Drucksache 7/650 Seite 162 f.). Diese Begründung ist - da sie sich auf beide Ehegatten und nicht lediglich den Verpflichteten bezieht - allerdings nicht geeignet, eine einseitige Verfügung des Ausgleichspflichtigen zulasten des Ausgleichsberechtigten nach Ende der Ehezeit zu rechtfertigen.
Die Frage, ob der Ausgleichspflichtige durch einseitige Verfügung Versorgungsanwartschaften bereits der Ausgleichsbilanz entziehen kann, ist zudem unter Berücksichtigung einer nötigen Harmonisierung zwischen Versorgungs- und Zugewinnausgleichsregelung zu entscheiden (BGH Z 81, 196 ff. = FamRZ 1981, 1169, 1172; BGH FamRZ 1984, 156, 158; Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O., § 1587 Rn. 26, § 1587 a Rn. 224). Durch die Ausübung des Kapitalwahlrechts nach Ende der Ehezeit ist der letztlich ausgezahlte Kapitalbetrag der Lebensversicherung dem Zugewinnausgleich entzogen. Auch dieses spricht dafür, die zum Ende der Ehezeit noch vorhandenen Versorgungsanwartschaften im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, um den während der Ehezeit erworbenen zusätzlichen Vermögenswert zulasten des Ausgleichspflichtigen, der die Kapitalabfindung tatsächlich erhalten hat, unter den Ehegatten auszugleichen.
Eine private Rentenversicherung fällt demnach grundsätzlich in den Versorgungsausgleich und zwar auch dann, wenn sie mit einem Kapitalwahlrecht ausgestattet ist, wenn nicht das Wahlrecht bis zum maßgebenden Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ausgeübt und die Versicherung dadurch in eine Kapitallebensversicherung umgewandelt worden ist (im Ergebnis so bereits BGH FamRZ 1993, 793, 794 [BGH 10.02.1993 - XII ZB 80/88] und zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 673, 674) [OLG Karlsruhe 19.10.1995 - 5 UF 115/95]. Der abweichenden Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg (FamRZ 1987, 721) vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
2.
Damit ergeben sich für den Antragsgegner folgende zu berücksichtigende ehezeitliche Versorgungsanwartschaften:
a)
Der Ehezeitanteil der vom Antragsgegner seit dem 1. Juli 1998 bezogenen Vollrente wegen Alters beträgt ausweislich der Auskunft der BfA vom 26. Oktober 1998, auf die Bezug genommen wird, monatlich 481,82 DM.
b)
Aus seiner betrieblichen Rentenversicherung bei der N. bezieht der Antragsgegner seit dem 1. Juli 1996 eine endgültige monatliche Rente in Höhe von 911,40 DM, deren Ehezeitanteil ebenfalls in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist (BGH FamRZ 1982, 33, 35). Der Ehezeitanteil dieser betrieblichen Altersversorgung ist gemäß § 1587 a Abs. 2 Ziff. 3 b BGB zu ermitteln, indem der Monatsbetrag der Rente durch die gesamte Betriebszeit von 291 Monaten (1. Oktober 1969 bis 31. Dezember 1993) dividiert und mit der Dienstzeit während der Ehezeit von 286 Monaten (1. Oktober 1969 bis 31. Juli 1993) multipliziert wird. Das ergibt einen Ehezeitanteil der laufenden Versorgung in Höhe von 895,74 DM. Da diese Betriebsrente nicht in nahezu gleicher Weise wie die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung steigt, ist sie gemäß § 1587 a Abs. 4, Abs. 3 Nr. 2 BGB in eine dynamische Rentenanwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen, dem zunächst gemäß § 5 Abs. 1 BarwertVO der Barwert dieser Rente errechnet wird. Dabei ist von dem Jahresbetrag des Ehezeitanteils der gezahlten Rente, der sich auf 10.748,88 DM (895,74 × 12) beläuft, auszugehen. Da die Rente erst seit dem 1. Juli 1996 und somit nach Ende der Ehezeit gezahlt wird, ist für die Berechnung des Barwertes nicht die Tabelle 7 sondern die Tabelle 1 der Barwertverordnung anzuwenden. Allerdings ist dem Antragsgegner die Rente bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres, also zwei Jahre vor Vollendung des 65. Lebensjahres, bewilligt worden. Deswegen ist der Wert der Tabelle 1 entsprechend der Anmerkung zu dieser Tabelle zu erhöhen, mindestens auf den Wert der Tabelle 2 unter Berücksichtigung dessen Anmerkung 1. Für den bei Ehezeitende 60 Jahre alten Antragsgegner ergibt sich aus der Tabelle 1 ein Tabellenbetrag von 6,6, der wegen des vorzeitigen Rentenbeginns um 16 % (2 × 8 %) zu erhöhen ist, damit ergibt sich aus der Tabelle 1 ein Wert in Höhe von 7,656. Allerdings übersteigt der gemäß Anmerkung zu Tabelle 1 mindestens zu berücksichtigende Wert der Tabelle 2 diesen Multiplikator. Danach ergibt sich für den bei Ehezeitende 60 Jahre alten Antragsgegner ein Tabellenwert in Höhe von 6,1, der um 28 % (2 × 14 %) zu erhöhen ist. Damit ergibt sich der zu berücksichtigende - höhere - Multiplikator von 7,808 (6,1 + 28 %). Mit diesem Wert ist der Jahresbetrag des Ehezeitanteils zu multiplizieren, woraus sich ein Barwert in Höhe von 83.927,26 DM (10.748,88 × 7,808) ergibt. Dieser Barwert ist sodann mit dem Umrechnungsfaktor, der für das Ende der Ehezeit 0,0001150612 beträgt, in Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Das ergibt - auf 4 Stellen gerundet - 9,6568 Entgeltpunkte. Diese wiederum sind mit dem für das Ende der Ehezeit geltenden allgemeinen Rentenwert von 44,49 DM zu multiplizieren. Das ergibt während der Ehezeit erworbenen dynamische Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung des Antragsgegners in Höhe von 429,63 DM (9,6568 × 44,49).
c)
Wie oben ausgeführt, sind weiterhin die bei Ehezeitende vorhandenen Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der C. Versicherung zu berücksichtigen. Da auch diese bei Ehezeitende bestehenden Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der C. Versicherung nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigen wie die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung oder die Beamtenversorgung, sind diese gemäß § 1587 a Abs. 3 Nr. 1 BGB in eine dynamische Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Dabei ist die Regelaltersrente zu errechnen, die sich ergäbe, wenn der während der Ehezeit gebildete Teil des Deckungskapitals als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde.
Für die Versicherung mit der Endnummer 001 ergibt das folgende Berechnung:
Das während der Ehezeit gebildete Deckungskapitel in Höhe von 15.732,72 DM ist mit dem Umrechnungsfaktor 0,0001150612 in Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Das ergibt - auf 4 Stellen gerundet - 1,8102 Entgeltpunkte. Diese sind mit dem für das Ende der Ehezeit geltenden allgemeinen Rentenwert von 44,49 DM zu multiplizieren. Das ergibt dann während der Ehezeit erworbene volldynamische Anwartschaften dieses Versicherungsvertrages bei der C. in Höhe von 80,54 DM (1,8102 × 44,49).
Für die Lebensversicherung mit der Endnummer 003 ergibt sich folgende Berechnung:
Das während der Ehezeit gebildete Deckungskapital in Höhe von 31.465,72 DM ist wiederum mit dem Umrechnungsfaktor von 0,0001150612 in Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Dieses ergibt - auf 4 Stellen gerundet - 3,6205 Entgeltpunkte. Diese sind wiederum mit dem für das Ende der Ehezeit geltenden allgemeinen Rentenwert in Höhe von 44,49 DM zu multiplizieren. Das ergibt während der Ehezeit erworbene volldynamische Anwartschaften aus diesem Versicherungsvertrag in Höhe von 161,08 DM (3,6205 × 44,49).
3.
Damit sind auf Seiten des Antragsgegners im Rahmen des Versorgungsausgleichs ehezeitlich erworbene Anwartschaften in Höhe von insgesamt 1.153,07 DM (481,82 + 429,63 + 80,54 + 161,08) zu berücksichtigen.
Dem stehen Versorgungsanwartschaften der Antragstellern in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 814,91 DM gegenüber. Damit übersteigen die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners die der Antragstellerin um 338,16 DM (1.153,07 - 814,91). In Höhe der Hälfte dieses Betrages, also in Höhe von 169,08 DM, ist der Antragsgegner der Antragstellerin gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB dem Grunde nach ausgleichspflichtig.
4.
Ein Ausgleich von Versorgungsanwartschaften im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB ist nicht möglich, weil der nach § 1587 a Abs. 1 BGB ausgleichspflichtige Antragsgegner allein in der gesetzlichen Rentenversicherung (481,82 DM) geringere Anwartschaften erworben hat als die Antragstellerin (814,91 DM). Da die Versorgungsordnungen der N. und der C. eine Realteilung der dort begründeten Anwartschaften nicht zulassen, ist eine solche nach § 1 Abs. 2 VAHRG ausgeschlossen. Auch ein Quasi-Splitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG scheidet aus, zumal die Versorgungsträger nicht öffentlich-rechtlich organisiert sind.
Das Amtsgericht hat allerdings zu Recht von der Möglichkeit des § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG Gebrauch gemacht und wegen der weitergehenden betrieblichen Anwartschaften und der einzubeziehenden Anwartschaften aus den Versicherungsverträgen des Antragsgegners einen Ausgleich im Wege des erweiterten Splittings unter Rückgriff auf anderweit vorhandene gesetzliche Rentenanwartschaften durchgeführt. Allerdings ist diese Möglichkeit des Ausgleichs nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VAHRG auf einen Höchstbetrag beschränkt, der sich zum Ende der Ehezeit auf 74,20 DM belief. Danach verbleibt eine dem Grunde nach noch auszugleichende monatliche Anwartschaft in Höhe von 94,88 DM (169,08 - 74,20), der im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich weder durch Splitting noch durch Realteilung ausgeglichen werden kann.
5.
Um einen vollständigen Ausgleich der ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften im Wege des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs durchzuführen, macht der Senat von der Möglichkeit des § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG Gebrauch, den Antragsgegner zu verpflichten, für den Berechtigten Beiträge zur Begründung von Anrechten auf eine Rente in der verbleibenden Höhe zu zahlen. Die zur Begründung der restlichen Anwartschaften in Höhe von 94,88 DM notwendigen Beiträge ergeben sich, indem der Rentenbetrag durch den allgemeinen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von 44,49 DM dividiert wird. Dieser geringere und für den Antragsgegner günstige allgemeine Rentenwert zum Ende der Ehezeit ist nach § 187 Abs. 5 SGB VI deswegen zu berücksichtigen, weil die Beitragszahlungen als im Zeitpunkt des Endes der Ehezeit gezahlt gelten, wenn sie bis zum 3. Kalendermonat nach Zugang der Mitteilung über die Rechtskraft der Entscheidung gezahlt werden. Das ergibt - auf 4 Stellen gerundet - 2,1326 Entgeltpunkte (94,88: 44,49). Diese Entgeltpunkte sind mit dem für das Ende der Ehezeit geltenden Umrechnungsfaktor von 8.691,025 in Beiträge der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Das ergibt einen Betrag in Höhe von 18.534,48 DM (2,1326 × 8.691,025) der notwendig ist, um - bezogen auf das Ende der Ehezeit - Versorgungsanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 94,88 DM zu begründen.
Die Verpflichtung zur Beitragszahlung ist dem Antragsgegner auch zumutbar, zumal dieser während des laufenden Beschwerdeverfahrens weitaus höhere Zahlungen durch die Umwandlung seiner Versicherungsverträge bei der C. ausbezahlt erhalten hat. Die Beitragszahlung belastet ihn auch deswegen nicht übermäßig, weil er neben seinen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung und der N. über diverse weitere Kapitallebensversicherungen bei der W., der A. und der C. (Endnummer 002) verfügt, deren Versicherungsbeträge jedenfalls hälftig zusätzlich seiner Altersversorgung dienen.
Die Beitragszahlung ist auch noch zulässig, zumal die Antragstellerin als Berechtigte die Voraussetzungen für eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht erfüllt.
Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte beruht auf § 1587 b Abs. 6 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a ZPO. Von der Erhebung von Gerichtskosten war gemäß § 8 Abs. 1 GKG abzusehen. Die Entscheidung über den Beschwerdewert folgt aus § 17 a GKG.
6.
Der Senat hat die weitere Beschwerde wegen der Frage zugelassen, ob eine Versorgungsanwartschaft aufgrund eines privaten Versicherungsvertrages mit primärer Rentenautomatik auch dann in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist, wenn der nach § 1587 a Abs. 1 BGB Ausgleichspflichtige nach Ende der Ehezeit während des laufenden Beschwerdeverfahrens die vertraglich vereinbarte Kapitaloption ausgeübt hat. Dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung (§§ 621 e Abs. 2, 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), die der Senat abweichend von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg (FamRZ 1987, 721) beurteilt, und die ausdrücklich vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden ist.