Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.01.1999, Az.: 7 W (L) 38/98

Hofübergabe zu Lebzeiten; Abfindung in Geld; Berechnung des Einheitswertes; Zu- oder Abschläge zum Hofeswert ; Abfindungslasten des Hoferben; Hinzurechnung von Vorempfängen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.01.1999
Aktenzeichen
7 W (L) 38/98
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 19635
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1999:0118.7W.L38.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wennigsen - 11.03.1998 - AZ: 2 LwH 42/93

Verfahrensgegenstand

Abfindung gemäß § 12 HöfeO aus dem im Grundbuch von ... eingetragenen Hof i. S. der Höfeordnung

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Der Abfindungsanspruch gegen den Hoferben bemisst sich gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 HöfeO grundsätzlich nach dem Hofeswert im Zeitpunkt des Erbfalls.

  2. 2.

    Als Hofeswert gilt das eineinhalbfache des zuletzt festgesetzten Einheitswertes.

  3. 3.

    Der Einheitswert setzt sich zusammen aus dem nach §§ 46, 47 Bewertungsgesetz für den Wirtschaftsteil eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes festgestellten Wirtschaftswert und dem Wohnungswert.
    Der Einheitswert ist damit in seinem wesentlichen Teil, nämlich dem Wirtschaftswert, ein Ertragswert, § 36 Bewertungsgesetz, und spiegelt insoweit die Ertragskraft des Betriebes wieder. Die Zuerkennung von Zu- oder Abschlägen zum Hofeswert unterliegt billigem Ermessen des Gerichts und hat sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

In der Landwirtschaftssache
hat der 7. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richterin am Oberlandesgericht ... als Berufsrichter sowie
die Landwirte ... und ... als ehrenamtliche Richter
am 18. Januar 1999
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Wennigsen vom 11. März 1998 abgeändert.

Dem Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1 121.455,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Januar 1994 zu zahlen.

Der auf diesen Hauptbetrag geltend gemachte weitergehende Zinsanspruch wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

1

I.

Der Beteiligte zu 1 begehrt Abfindung gemäß §§ 12, 17 Abs. 2 HöfeO nach Hofübergabe zu Lebzeiten. Er hat zunächst im Wege der Stufenklage Auskunft über die seinen Abfindungsanspruch stützenden Umstände verlangt und beziffert nach Erledigung dieses Auskunftsanspruchs seinen Zahlungsanspruch unter Berücksichtigung von Zuschlägen zum Hofeswert.

2

Der am 14. Februar 1959 geborene Beteiligte zu 1 ist wie der am 24. Februar 1956 geborene Beteiligte zu 2 und zwei weitere Schwestern Abkömmling des Landwirts W. und dessen Ehefrau ... W. war Eigentümer des im Grundbuch von ... eingetragenen Hofes zur Größe von 90.41.15 ha mit einem durch Bescheid vom 2. Dezember 1992 festgestellten Einheitswert per 1. Januar 1988 von 281.200 DM und einem Wohnungswert von 43.292 DM. Durch notariellen Übergabevertrag vom 25. Juni 1992 (UR-Nr. ... des Notars ... in ...) übertrug er diesen Hof mit Wirkung zum 30. Juni 1992 dem Beteiligten zu 2 und ließ sich und seiner Ehefrau ein übliches Altenteil mit einem angegebenen Jahreswert von 42.000 DM, darunter monatlich 3.000 DM bar, einräumen. In dem Verfahren 2 Lw 16/92 AG Wennigsen wurde der Vertrag vom Landwirtschaftsgericht genehmigt. Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 gegen diese Genehmigung hatten keinen Erfolg. Der Beteiligte zu 2 wurde am 10. Januar 1994 als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Nachdem er schon vor der Obergabe zusammen mit dem Obergeber gewirtschaftet hatte, bewirtschaftet er den Hof etwa seit September 1994 nicht mehr, sondern geht einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit nach.

3

Der Beteiligte zu 1 hält den Hofeswert von 421.800 DM als Grundlage seines Abfindungsanspruches für zu gering. Er hat auf den schlossähnlichen Charakter der Hofstelle verwiesen, die eine Größe von 31.38.18 ha mit Grünanlagen von 0.79.18 ha, einem Garten von 0.91.06 ha, ferner Grünland zur Größe von 1.41.49 hat und Nadelwald von 0.25.57 hat, insgesamt fast 6 ha. Unter Darlegung im einzelnen hat er ferner Zuschläge zum Hofeswert für das zum Hof gehörige Hausgrundstück ... Flurstück ... der Flur ..., mit einer Grundstücksgröße von 1.560 qm, für das Hausgrundstück ..., Flurstück ... der Flur ..., zur Größe von 900 qm sowie für die unbebauten Grundstücke ... Flurstück ... der Flur ..., zur Größe von 1.791 qm und ..., Flurstück ... der Flur ..., zur Größe von 7.238 qm verlangt. Mit Rücksicht auf seine jahrelang nicht voll entlohnte Arbeitsleistung für den Hof hat er in gleicher Weise einen Zuschlag für berechtigt gehalten und sich gegen die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten gewandt.

4

Unstreitig hat der Beteiligte zu 2 dem Beteiligten zu 1 auf der Grundlage des Hofeswertes eine Abfindung zunächst von 35.000 DM und sodann von weiteren 185,50 DM gezahlt.

5

Der Beteiligte 1 hat zuletzt beantragt,

dem Beteiligten zu 2 aufzugeben, ihm 846.520 DM abzüglich gezahlter 35.000 DM und abzüglich gezahlter 70 DM nebst 10 % Zinsen auf 176.226,55 DM abzüglich gezahlter 35.000 DM seit dem 1. Dezember 1993 sowie 10 % Zinsen auf den erhöhten Betrag seit Zustellung der Klage zu zahlen.

6

Der Beteiligte zu 2 hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

7

Er hat gemeint, dass mit den gezahlten Abfindungsbeträgen von 35.187,50 DM die Abfindungsansprüche des Beteiligten zu 1 erfüllt worden seien. Da er Hofesverbindlichkeiten von 842.368,50 DM übernommen habe, sei der Hof mit einem Hofeswert von 421.800 DM überschuldet. Dem Sachvortrag des Beteiligten zu 1 ist der Beteiligte zu 2 im einzelnen überwiegend nicht entgegengetreten.

8

Das Landwirtschaftsgericht hat die Gutachten des Sachverständigen ... in ... vom 7. Juni 1995 (Bl. 204 d. A.) und 29. Februar 1996 (Bl. 275 d. A.) eingeholt. Sodann hat es durch den angefochtenen Beschluss, der dem Beteiligten zu 1 ohne Rechtsmittelbelehrung und formlos zugegangen ist und auf den auch wegen des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, den Antrag des Beteiligten zu 1 abgewiesen.

9

Mit der dagegen gerichteten, am 11. Mai 1998 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 seine Ansprüche weiter und bezieht sich im Wesentlichen auf seinen Sachvortrag vor dem Landwirtschaftsgericht.

10

Er beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nach den in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.

11

Der Beteiligte zu 2 beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

12

Er wiederholt ebenfalls seinen gesamten erstinstanzlichen Vortrag und meint, dass das Landwirtschaftsgericht rechts fehlerfrei entschieden habe.

13

Wegen des Beschwerdevorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den Inhalt der im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

14

Dem Senat lagen die Akten 2 Lw 16/92 AG Wennigsen vor. Auf sie wird ebenfalls Bezug genommen.

15

II.

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist zulässig. Sie ist insbesondere rechtzeitig eingelegt worden. Das Landwirtschaftsgericht hat es versäumt, seinem Beschluss eine Rechtsmittelbelehrung beizufügen. Im übrigen hat es den Beschluss ausweislich der Akten nicht förmlich zugestellt.

16

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist, soweit darüber schon entschieden werden konnte, jedenfalls zum Teil begründet.

17

Gemäß § 12 Abs. 1 HöfeO steht den Miterben, die nicht Hoferben geworden sind, vorbehaltlich anderweitiger Regelung durch Übergabevertrag oder Verfügung von Todes wegen anstelle eines Anteils am Hof ein Anspruch gegen den Hoferben auf Zahlung einer Abfindung in Geld zu. Dieser Anspruch steht auch dem Abkömmling des Hofeigentümers zu, wenn der Hofeigentümer den Hof an einen anderen hoferbenberechtigten Abkömmling übergibt, § 17 Abs. 2 HöfeO. Der Hofübergabevertrag vom 25. Juni 1992, durch den der Vater der Beteiligten, W., seinen Hof im Sinne der Höfeordnung dem Beteiligten zu 2 übertragen hat, hat den gesetzlichen Abfindungsanspruch des Beteiligten zu 1 gemäß § 12 HöfeO fingiert. Der Hofübergabevertrag enthält keine anderweitige Regelung über die Abfindung der übrigen Abkömmlinge des Hofübergebers.

18

Der Abfindungsanspruch bemisst sich gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 HöfeO grundsätzlich nach dem Hofeswert im Zeitpunkt des Erbfalls. Als Hofeswert gilt das eineinhalbfache des zuletzt festgesetzten Einheitswertes. Dieser betrug im Zeitpunkt der Hofübergabe 281.200 DM, festgesetzt auf den 1. Januar 1988. Der Hofeswert beträgt danach 421.800 DM und ist als solcher nicht im Streit.

19

Kommen nach § 12 Abs. 2 S. 3 HöfeO besondere Umstände des Einzelfalles, die für den Wert des Hofes von erheblicher Bedeutung sind, in dem Hofeswert nicht oder ungenügend zum Ausdruck, so können auf Verlangen Zuschläge nach billigem Ermessen gemacht werden. Der Einheitswert setzt sich zusammen aus dem nach §§ 46, 47 Bewertungsgesetz für den Wirtschaftsteil eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes festgestellten Wirtschaftswert und dem Wohnungswert. Der Einheitswert ist damit in seinem wesentlichen Teil, nämlich dem Wirtschaftswert, ein Ertragswert, § 36 Bewertungsgesetz, und spiegelt insoweit die Ertragskraft des Betriebes wieder. Deswegen ist ein Zuschlag insbesondere in den Fällen angebracht, in denen werterhöhende Faktoren vorliegen, die im Einheits- bzw. Wirtschaftswert nicht zum Ausdruck kommen, weil sie als für den Ertrag des Hofes ohne Bedeutung dort nicht erfasst worden sind. Gleichwohl bedeuten sie Vermögenswerte, an denen der weichende Erbe und auch der Abkömmling gemäß §§ 17 Abs. 2, 12 HöfeO zu beteiligen ist, um der ohnehin ungerechten Behandlung bei der Hofvererbung und -Übergabe zu begegnen, sofern der höferechtliche Zweck, wie Erhaltung schutzwürdiger landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Betriebe in der Hand eines Erben oder Übernehmers dadurch nicht berührt wird. Die Zuerkennung von Zu- oder Abschlägen zum Hofeswert unterliegt billigem Ermessen des Gerichts und hat sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht des Landwirtschaftsgerichts gehört es nicht zu den Aufgaben eines Sachverständigen, die Berechtigung von Zu- oder Abschlägen zu beurteilen, und das Landwirtschaftsgericht darf dies dem Sachverständigen auch nicht übertragen. Dasselbe gilt im übrigen für die Anrechenbarkeit von Hofesverbindlichkeiten.

20

Unter diesen Voraussetzungen ist die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts fehlerhaft. Sie lässt nicht erkennen, dass sich das Gericht selbst mit dem Vorbringen des Beteiligten zu 1 materiell auseinandergesetzt und die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen ... kritisch beurteilt hat. Dazu gilt im einzelnen folgendes:

21

1.

Die zur Bewirtschaftung des Hofes vorhandene Hofstelle, die nach § 1 Abs. 1 S. 1 HöfeO als konstitutives Merkmal eines Hofes i. S. d. Höfeordnung vorhanden sein muss, entspricht nicht einer für einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Größe von rund 90 ha üblichen Hofstelle. Es drängt sich angesichts der Beschreibung und des vorliegenden Kartenblattes (Bl. 208 d. A.) auf, dass insoweit ein Zuschlag nicht ausgeschlossen erscheint. Der Sachverständige ... hat seine Untersuchungen darauf nicht erstreckt, und das Landwirtschaftsgericht hat eine Bewertung nicht veranlasst. Der Senat wird daher in dem noch zu erlassenden Beweisbeschluss das Gutachten eines Sachverständigen für seine Entscheidung einholen, ob auch insoweit ein Zuschlag gerechtfertigt ist. Demgemäß konnte zur Zeit nur ein Teilbeschluss ergehen.

22

2.

Zum Hof gehört ferner das Hausgrundstück ... Flurstück ... der Flur ..., mit einer Grundstücksgröße von 1.560 qm. Dieses Grundstück ist mit einer Haushälfte bebaut, die andere Haushälfte mit entsprechendem Grundstücksanteil ist bereits früher veräußert worden. Der Sachverständige ... hat von diesem Grundstück einen Teil von 700 qm dem Haus zugeordnet und dafür bei einem Preis von 80 DM pro qm für baureifes Land nach dem vom Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwert per 31. Dezember 1991 und 90 DM per 31. Dezember 1992 einen Mittelwert von 85 DM für angemessen gehalten, den er um 10 % gekürzt hat, weil das Flurstück nicht im Wohngebiet liege. Damit hat er den Quadratmeterpreis von 76,50 DM für das 700 qm große Hausgrundstück auf 53.550 DM festgesetzt, den Wert der Doppelhaushälfte auf 60.500 DM und den Wert eines auf dem Grundstück vorhandenen Schuppens auf 11.700 DM. Die beiden letzteren Werte will der Beteiligte zu 1 hinnehmen, für den Grundstückswert verlangt er einen Zuschlag und beanstandet insbesondere, dass der andere Teil dieses Grundstücks zur Größe von 860 qm nicht in gleicher Weise bewertet worden ist. Angesichts der Lage des Grundstücks im Bereich der bebauten Ortslage von ... - der Sachverständige sagt nicht, dass auf der von ihm unberücksichtigt gelassenen Grundstücksfläche nicht gebaut werden dürfe, wovon daher auch nicht ausgegangen werden kann - ist die andere Hälfte dieses Grundstücks unter dem Gesichtspunkt, dass zumindest von Bauerwartungsland auszugehen ist, mit demselben Grundstückspreis von 76,50 DM anzusetzen. Daraus errechnet sich ein Gesamtwert von 191.540 DM, mit dem dieses Grundstück zusätzlich zum Hofeswert zu veranschlagen ist.

23

3.

Das ebenfalls zum Hof gehörige Hausgrundstück ... ist ebenfalls mit einem Doppelhaus und einem Schuppen bebaut. Der Sachverständige ... hat dieses Grundstück, das an das zuvor geschilderte Grundstück angrenzt, mit 93,50 DM pro qm geschätzt, das Gesamtgrundstück mit 84.150 DM. Dem folgt der Senat. Zweifel ergeben sich indessen hinsichtlich der Bebauung, wobei die Bewertung des Schuppens mit 11.200 DM vom Beteiligten zu 1 hingenommen wird. Im Gegensatz zu der Doppelhaushälfte ... ist dieses Haus erheblich jüngeren Alters, es ist teilweise unterkellert, hat ein Vollgeschoss und ein ausgebautes Dachgeschoss. Es ist in den 70er Jahren durch Einbau von Bädern, Zentralheizung und Isolierglasfenstern durchgreifend modernisiert worden, stabil erbaut und gut im Stand. Aus welchen Gründen der Sachverständige für dieses Doppelhaus lediglich einen Wert von 156.000 DM (Sachwert 154.300 DM und Ertragswert 157.923 DM) festgesetzt sehen will, erscheint zweifelhaft im Verhältnis zu dem Wohnhaus .... Dieser Vergleich zwingt dazu, einen erheblichen Zuschlag zum Hauswert zu machen, den der Senat mit 44.000 DM schätzt. Es ergeben sich dann folgende Beträge: Für den Grund und Boden 84.150 DM, für das Haus 200.000 DM und für den Schuppen 11.200 DM, mithin 295.350 DM.

24

4.

Der Beteiligte zu 1 begehrt ebenfalls einen Zuschlag für das Flurstück ... der Flur ... zur Größe von 1.791 qm, das unbebaut ist und das der Sachverständige als dem landwirtschaftlichen Teil des Hofes zugeordnet festgestellt hat. Der Sachverständige hat dies unwidersprochen damit begründet, dass das Flurstück in der Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) als Außengebiet bezeichnet sei und nach Auskunft der Stadtverwaltung nicht daran gedacht werde, die Fläche ins (bebaubare) Dorfmischgebiet einzubeziehen. Dann aber besteht kein Anlass für die Annahme von Bauerwartungsland und mit dem Sachverständigen kein Argument, die Fläche als höherwertig anzusehen. Sie ist Teil der Grünfläche am Gehöft und liegt nicht an einem Erschließungsweg. Ein Zuschlag entfällt hier.

25

5.

Der Beteiligte zu 1 begehrt weiter einen Zuschlag für das Flurstück ... der Flur ... zur Größe von 7.238 qm. Dafür hat er ein Gutachten des Gutachterausschusses vorgelegt, das ihm der Beteiligte zu 2 früher selbst einmal ausgehändigt hatte und in dem der Verkehrswert per 21. Oktober 1992 mit 180.000 DM angesetzt worden ist. Das bestreitet der Beteiligte zu 2 ebensowenig, wie er zuvor irgendwelche Einzelheiten der obigen Feststellungen bestritten hat. Dieses Flurstück wird zur Zeit zwar noch landwirtschaftlich genutzt, es besteht aber offensichtlich eine gewisse Bauerwartung, nach dem Gutachten des Sachverständigen ... allerdings nur für den östlichen Bereich, der an die geschlossene Bebauung des Ortes ... anschließt. Der Senat hat indessen keinen Zweifel, dass der Gesamtwert unabhängig von der jeweiligen Aufteilung den Verkehrswert von 180.000 DM ausmacht, zumal da dieses Flurstück in mindestens zwei Bauplätze zum Preis von je 90.000 DM aufzuteilen wäre.

26

6.

In wenig differenzierter Weise weist der Beteiligte zu 1 darauf hin, dass der Beteiligte zu 2 im Laufe des langwierigen Verfahrens Flächen an die Stadtwerke ... veräußert habe und der Erlös dafür 300.000 DM betrage, möglicherweise auch mehr, dass jedenfalls unter Berücksichtigung der steuerlichen Belastung ein Zuschlag zum Hofeswert von 5.401.662,40 DM angebracht sei. Der Senat hatte keine Veranlassung, dem weiter nachzugehen, zumal da der Beteiligte zu 1 seinen Zahlungsanspruch damit, soweit ersichtlich, auch nicht begründet hat. Da ein Verkauf von Hofesgrundstücken nicht dazu führen kann, dass zum Hofeswert ein Zuschlag gemacht wird, der Beteiligte zu 1 andererseits nicht gehindert ist, insoweit Abfindungsergänzungsansprüche geltend zu machen, brauchte der Senat auf diesen Sachvortrag nicht weiter einzugehen.

27

7.

Einen weiteren Zuschlag verlangt der Beteiligte zu 1 dafür, dass er Jahre lang ohne vollen Lohnausgleich auf dem Betrieb seines Vaters gearbeitet hat. Diesen beziffert er auf 995.972,48 DM unter Darlegung im einzelnen. Der Senat legt diesen Sachvortrag unter dem Gesichtspunkt der §§ 2050 f BGB aus. Ob diese Vorschriften im Höferecht überhaupt anwendbar sind, war lange zweifelhaft und bestritten aus dem Gesichtspunkt, die Abfindungslasten des Hoferben gering zu halten, weil die mit der Ausgleichung eintretende Hinzurechnung der Vorempfänge zum Nachlass zu einer vergleichsweise höheren Abfindungsverpflichtung des Hoferben führt (vgl. Wöhrmann/Stöcker, 6. Aufl., Rdnr. 71 zu § 12 HöfeO). In der Rechtsprechung ist die Anwendbarkeit der die Ausgleichungspflicht betreffenden Vorschriften der §§ 2050 f BGB indessen bejaht worden, was auch die Literatur gebilligt hat. Hier kommt insbesondere § 2057 a BGB in Betracht, der durch das Nichtehelichen-Gesetz mit Wirkung vom 1. Juli 1970 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden ist und den ursprünglich gegebenen Voraus des Hoferben verdrängt hat. Voraussetzung ist, dass ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten und vermehrt wurde, bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen kann. Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrunde zusteht (§ 2057 a Abs. 2 BGB).

28

Der Beteiligte zu 1 hat ein angemessenes Entgelt für seine im einzelnen dargelegten Arbeitsleistungen in der Zeit vom 1. August 1975 bis 31. August 1988 bestritten. Er hat unbestritten behauptet, lediglich ein Taschengeld von 1.258,88 DM erhalten zu haben, während der Beteiligte zu 2 in dessen Zeit als Mitbewirtschafter ein Gehalt von 3.600 DM erhalten habe. Aus der Aufstellung über die schulische und berufliche Ausbildung des Beteiligten zu 1 (Band II Bl. 159 f d. A.) hat der Senat die Tätigkeit als staatlich geprüfter Wirtschafter auf dem Hof bis zu dessen Beendigung am 31. August 1988, die allein eine Ausgleichung rechfertigt, mit drei Jahren entnommen. Dabei sind kürzere Arbeitszeiten unberücksichtigt geblieben und zum Nachteil des Beteiligten zu 1 auch gewertet worden, dass die Tätigkeit nicht durchgängig, sondern immer wieder von Zwischenräumen unterbrochen war, was Einfluss auf den ohnehin nur zu schätzenden Vermögensvorteil für den Hofübergeber hat. Diesen schätzt der Senat auf 1.000 DM monatlich, sodass sich für drei Jahre ein zusätzlicher Abfindungsbetrag von 36.000 DM ergibt. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Beteiligte zu 1 etwa vorenthaltenen Lohn gegen den Hofübergeber praktisch nicht durchsetzen kann, weil Ansprüche aus Arbeits- oder Dienstvertrag offensichtlich nicht gegeben wären und ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung praktisch nicht beweisbar ist.

29

8.

Nach § 12 Abs. 3 S. 1 HöfeO sind von dem Hofeswert zuzüglich Zuschlägen die Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen, die im Verhältnis der Erben zueinander den Hof treffen und die der Hoferbe allein zu tragen hat. Dazu zählen zunächst die Altenteilsverpflichtungen mit einem im Übergabevertrag angegebenen Jahreswert von 42.000 DM, darunter eine Barleistung von jährlich 36.000 DM. Der Sachverständige ... hat die Kapitalisierung dieser Ansprüche zutreffend ermittelt. Der Übergeber war am 22. November 1925 geboren, er war am Tag des Vertragsschlusses 66 Jahre alt. Nach der Sterbetafel 1986/88 des Statistischen Bundesamtes betrug seine rechnerische Lebenserwartung 13,31 Jahre, der dafür anzuwendene Kapitalisierungsfaktor beträgt 8,273. Die Ehefrau des Obergebers war am 5. April 1933 geboren. Sie war am Stichtag 62 Jahre alt. Die statistische Lebenserwartung betrug 20,24 Jahre, der Kapitalisierungsfaktor lautet 11,484. Beide Altenteiler leben noch. Der Sachverständige hat für die statistische Differenzzeit zwischen Lebenserwartung des Vaters und der Mutter, nämlich rund 7 Jahre, die Differenz der Kapitalisierungsfaktoren mit 2,249 ermittelt und daraus den Wert des Altenteils wie folgt berechnet: 42.000 DM × Kapitalisierungsfaktor 8,723 + 30.000 DM (das ist der Betrag, den der Altenteilsverpflichtete beim Tod des ersten Altenteils schuldet) × Kapitalisierungsfaktor 2,249 = insgesamt 433.836 DM. Dieser Betrag ist von dem Hofeswert zuzüglich Zuschlägen abzuziehen.

30

Das Landwirtschaftsgericht hat weitere Verbindlichkeiten abgezogen, die es, dem Sachverständigen ... folgend, dem steuerlichen Jahresabschluss des Beteiligten zu 2 entnommen hat. Dem ist der Beteiligte zu 1 insoweit entgegengetreten, als er unwidersprochen behauptet hat, dass ein Großteil dieser dort ausgewiesenen Verbindlichkeiten keine Hofesschulden, sondern private Schulden des Übergebers bzw. des Beteiligten zu 2 gewesen seien. Dabei handelt es sich um folgende Beträge:

31

38.340 DM für ... die Mutter der Beteiligten, von denen der Beteiligte zu 1 behauptet, dass diese Verbindlichkeit nicht bestehe und das Geld nicht eingefordert werde, ein Darlehen bei der KSK Konto Nr. ... mit einem angeblichen Saldo von 8.600 DM, das nach der Angabe des Beteiligten zu 1 lediglich für Konsumaufwendungen abgesichert worden sei, während die Kreditaufnahme mit dem Hof nichts zu tun habe, ein Darlehensbetrag von 25.472,73 DM auf dem Konto KSK Konto Nr. ... das mit der Beschaffung eines Pkw Mercedes 200 für den Übergeber zu tun hat, also keine Hofesverbindlichkeit sei,

32

ein Darlehen über 53.333,36 DM bei der CKV Konto Nr. ... das für die Finanzierung des Reetdaches des Ferienhauses der Übergeber in Schleswig-Holstein gedient habe, das jetzt vom Übergeber genutzt werde, mithin auch nichts mit dem Hof zu tun habe,

33

das Darlehen über 15.052,73 DM auf dem Konto KSK Nr. ..., das ein Privatdarlehenskonto der Übergeber sei,

34

das Darlehen von 60.000 DM beim Calenberger Kreditverein, das erst am 30. Dezember 1992 aufgenommen worden sei.

35

Nachdem der Beteiligte zu 2 dem begründet nicht entgegengetreten ist, ist von den im steuerlichen Jahresabschluss mit 666.746,03 DM ausgewiesenen Verbindlichkeiten danach der größte Teil nicht hofzugehörig, jedenfalls ist dafür nichts dargetan. Danach bleiben lediglich 272.587,03 DM Hofesschulden, denen 100.296,65 DM Aktiva gegenüberstehen (vgl. Bl. 217 d. A.). Danach sind insgesamt (433.839 DM + 172.290,38 DM =) 606.126,38 DM als Hofesschulden vom Hofeswert mit Zuschlägen abzuziehen.

36

9.

Nach alledem ergibt sich folgende Abrechnung:

Hofeswert421.800,00 DM
...191.540,00 DM
...295.350,00 DM
Flurstück...180.000,00 DM
1.088.690,00 DM
abzüglich Hofesschulden606.126,38 DM
482.563,62 DM
davon 1/4-Anteil des Beteiligten zu 1120.640,90 DM
zuzüglich Ausgleichungsbetrag36.000,00 DM
abzüglich Abfindungszahlungen35.185,50 DM
121.455,40 DM
37

Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2 ist der gesetzliche Erbanteil der Mutter der Beteiligten bei der Abrechnung nicht zu berücksichtigen, weil diese das Altenteil in Anspruch nimmt. Der Beteiligte zu 2 hat nicht begründet dargelegt, dass der Hof eine Abfindung in dieser Höhe nicht tragen könne.

38

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 284, 288 BGB. Einen höheren Zinssatz als den gesetzlichen hat der Beteiligte zu 1 nicht behauptet und nicht belegt.

39

Eine Entscheidung über die Gerichtskosten und über eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kann der Senat erst mit der Schlussentscheidung treffen.