Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.02.1999, Az.: 4 W 2/99

Zulässigkeit der Aussetzung eines schwebenden Verfahrens; Beschwerde gegen die Aussetzung eines Verfahrens bis zu einer anderweitigen Entscheidung des Amtsgerichts; Voraussetzungen der Aussetzung eines Rechtsstreits nach § 148 Zivilprozessordnung (ZPO)

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
09.02.1999
Aktenzeichen
4 W 2/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 30761
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1999:0209.4W2.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - AZ: 8 O 313/98

Fundstellen

  • FamRZ 2000, 1288 (Volltext mit red. LS)
  • NJW-RR 2000, 6 (Volltext mit red. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 1999, 261

In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die Beschwerde des Klägers vom 18. November 1998
gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 9. November 1998
durch
den Vorsitzenden Richter ... sowie
die Richter ... und ...
am 9. Februar 1999
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Beschwerdewert: 3.000 DM (1/5 von 14.818,52 DM).

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers ist gemäß § 252 ZPO zulässig, sie ist auch begründet.

2

Nach dem derzeitigen Sachstand ist die Aussetzung des vor dem Landgericht Lüneburg schwebenden Verfahrens nicht zulässig.

3

Der Kläger macht gegen die Beklagte, seine geschiedene Ehefrau, Gesamtschuldneransprüche geltend hinsichtlich des im gemeinsamen Eigentum beider Partelen stehenden Wohngrundstückes ... Mit Schriftsatz vom 18. September 1998 hat die Beklagte mitgeteilt, sie rechne auf mit Unterhaltsansprüchen gegen den Kläger, hinsichtlich derer bereits ein Verfahren vor dem Amtsgericht ... - ... - anhängig sei.

4

Im Hinblick auf die in diesem Verfahren geltend gemachte Aufrechnungsforderung, die zugleich Klageforderung vor dem Familiengericht ist, hat das Landgericht das Verfahren bis zur Entscheidung des Amtsgerichts ... - Familiengericht - ausgesetzt.

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die damit begründet wird, die Aussetzung des Verfahrens führe im Ergebnis dazu, dass keine der Parteien mehr die laufenden Kosten des Grundstücks zahle und damit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Objekt erfolgen würden.

6

§ 148 ZPO sieht die Möglichkeit der Aussetzung des Rechtsstreits vor, wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet. Zweck der Vorschrift ist, die doppelte Prüfung derselben Frage in zwei verschiedenen Verfahren zu vermeiden und der Gefahr divergierender Entscheidungen entgegenzuwirken. Entsprechend diesem Zweck ist die gesetzliche Voraussetzung, dass das Rechtsverhältnis "den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet", dahin zu präzisieren, dass das betreffende Rechtsverhältnis nicht nur von den Parteien in einem anderen Prozess geltend gemacht und in das Verfahren eingeführt worden ist, sondern dass aller Voraussicht nach auch mit einer Entscheidung über dieses Recht oder den betreffenden Anspruch zu rechnen ist. Denn nur dann kommt es in beiden Verfahren, wenn nicht ausgesetzt wird, zur doppelten Prüfung derselben Frage mit der Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen. Die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen besteht hier nicht, soweit der Kläger von, der Beklagten Gesamtschuldnerausgleich hinsichtlich des im gemeinsamen Eigentum stehenden Hausgrundstücks verlangt. Gegenstand des Verfahrens vor dem Amtsgericht ... - Familiengericht - ist lediglich die Unterhaltsforderung der Beklagten, nicht aber auch der vom Kläger rechtshängig gemachte Gesamtschuldnerausgleich. Hinsichtlich der hier rechtshängigen Klageforderung liegt deswegen eine Vorgreiflichkeit i.S. des § 148 ZPO nicht vor, so dass das Landgericht den Rechtsstreit nicht insgesamt aussetzen durfte.

7

Zu erwägen ist hier jedoch die Möglichkeit, gemäß § 145 Abs. 3 ZPO über die Klage und über die Aufrechnung getrennt zu verhandeln, da die mit der Klage geltend gemachte Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhang mit der Gegenforderung steht (Stein-Jonas, ZPO, 20. Aufl., § 145 Rdn. 33).

8

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 3.000 DM (1/5 von 14.818,52 DM).

Der Beschwerdewert richtet sich nach dem Interesse der Parteien an der Aussetzung (§ 3 ZPO; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, 57. Aufl., § 3 Anhang Stichwort "Aussetzung").