Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 29.02.2012, Az.: 5 A 1690/11

häusliches Abwasser; Abwasser; ländliches Abwasser; Bestandsschutz; Kleinkläranlage; Sanierung; Stand der Technik; Untergrundverrieselung; Verhältnismäßigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
29.02.2012
Aktenzeichen
5 A 1690/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44287
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine wasserrechtliche Anordnung des Beklagten, die ihm die Sanierung der vorhandenen Kleinkläranlage nach den neu gefassten Regeln der Technik nebst Nachweispflichten auferlegt.

Der Kläger betreibt auf seinem im Außenbereich gelegenen Wohngrundstück K… (vormals: G. ..) in O. (Flurstück … der Flur .. der Gemarkung S.) eine Mehrkammerausfaulgrube mit anschließender Untergrundverrieselung. Der Beklagte hatte dem Rechtsvorgänger des Klägers am 31. August 1981 eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung des anfallenden gereinigten häuslichen Abwassers in den südöstlich angrenzenden Graben erteilt und die Kleinkläranlage am 4. Mai 1982 abgenommen. Bedeutsame Investitionen in die Anlage wurden seither nicht getätigt. Funktionsstörungen oder Mängel beim Betrieb wurden bislang nicht bekannt. In den Verwaltungsvorgängen des Beklagten findet sich der vom Kläger vorgelegte Wartungsbericht des Wartungsservice W. vom 23. August 2010.

Anlässlich eines Ortstermins am 10. Mai 1999 stellte ein technischer Mitarbeiter des Beklagten fest, dass die Kleinkläranlage zwar grundsätzlich ausreichend bemessen sei, zumal der Kläger das Haus alleine bewohne. Die vorhandene Verrieselung (ca. 30 m) sei aber nicht mehr zeitgemäß. Sie könne durch 24 m Filtergraben oder ein 20 qm großes Wurzelbeet ersetzt werden, um den nunmehr geltenden anerkannten Regeln der Technik zu genügen. Entsprechende Antragsunterlagen händigte er dem Kläger aus. Seitdem streiten die Beteiligten darüber, ob die Kleinkläranlage änderungsbedürftig ist, ob der Kläger eine Änderung der wasserrechtlichen Einleitungserlaubnis zu beantragen und ob er die hierfür vom Beklagten geforderten Unterlagen (etwa Grundstücksentwässerungsplan, Zeichnung der Hausentwässerung) vorzulegen habe. In zahlreichen Schreiben, verstärkt ab dem 4. Juni 2010 und anlässlich eines weiteren Ortstermins am 8. November 2010 erläuterte der Beklagte dem Kläger den gesehenen Sanierungsbedarf sowie die Alternativen zum Einbau einer biologischen Reinigungsstufe mit Zwangsbelüftung, etwa eine abflusslose Sammelgrube oder ein Wurzelraumentsorgungsbeet zur Nachklärung. Gleichzeitig stellte er in Aussicht, die weitere Einleitung der anfallenden Abwässerung zu untersagen und die Verschließung der Kleinkläranlage sowie die regelmäßige Fäkalschlammabfuhr anzuordnen.

Nach Anhörung gab der Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 7. Februar 2011 auf, bis zum 16. März 2011 diverse Unterlagen (aktueller Auszug aus der Liegenschaftskarte vom Katasteramt B., Grundstücksplan als Entwässerungsplan; Konstruktionszeichnung der Kleinkläranlage; Zeichnung der Hausentwässerung) vorzulegen (Nr. 1), bis zum 30. Juni 2011 Sanierungsmaßnahmen eines zugelassenen Fachunternehmens zu veranlassen (Nr. 2) und binnen einer Woche nach vorgenannter Sanierung den erforderlichen Wartungsvertrag, die Fertigstellungsanzeige über den ordnungsgemäßen Einbau und die Übereinstimmung der Kleinkläranlage mit der Bauartzulassung für die zu errichtende Anlage vorzulegen (Nr. 3). Für den Fall der Säumnis drohte er ihm jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 250,-- Euro an. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen darauf, dass sich mit der Änderung der Abwasserverordnung - AbwV - und der Neufassung der DIN 4261 Teil 1 (Kleinkläranlagen ohne Abwasserbelüftung) die Anforderungen an Kleinkläranlagen geändert hätten. Die vorhandene Nachreinigung durch Untergrundverrieselung widerspreche den neu gefassten anerkannten Regeln der Technik, so dass zum Schutz von Wasser und Grundwasser eine zeitgemäße biologische Reinigungsstufe bzw. eine gleichwertige Nachbehandlung eingebaut werden müsse.

Den Widerspruch des Klägers vom 14. Februar 2011 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2011 unter Vertiefung der Begründung und Zitierung der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts zurück. Auch nach nochmaliger Würdigung der vom Kläger unterbreiteten Belange sei die Verfügung verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei.

Der Kläger hat am 3. August 2011 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Sanierungsanordnung mit den flankierenden Vorlagepflichten von Unterlagen sei rechtswidrig. Die Anordnungen bzw. schon die ihnen zugrunde liegenden Vorschriften verletzten seinen aus Art. 14 Abs. 1 GG abzuleitenden Bestands- und Vertrauensschutz. Es fehle an einer hinreichenden einzelfallbezogenen Prüfung und Abwägung. Er könne sich auf Ebene der Tatbestandsvoraussetzungen, jedenfalls aber bei der Abwägung von Verhältnismäßigkeit und Ermessen auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG berufen, weil ländliche Abwasser (Gülle und Jauche) in § 95 Abs. 2 des Niedersächsischen Wassergesetzes - NWG - dem strengen Regime der Abwasserbeseitigung in §§ 54 ff. Wasserhaushaltsgesetz - WHG - entzogen seien, obwohl ein ungleich größeres Gefahrenpotential für das Grundwasser und den Wasserhaushalt bestehe. Zu Unrecht habe der Beklagte anstelle der Gemeinde O. entschieden, die im Bereich Abwasserbeseitigung Satzungsautonomie habe und nach § 96 Abs. 4 Satz 4 NWG bestimmte Arten von Kleinkläranlagen vorschreiben könne, hierüber aber in jüngerer Zeit keine Festlegungen getroffen habe. Es fehle an den Eingriffsvoraussetzungen für die Sanierungsanordnung, weil er den - rechtlich gebotenen - anderen Nachweis der Einhaltung der Einleitungsanforderungen nach der Abwasserverordnung - AbwV - durch Vorlage des Wartungsberichts des zertifizierten Wartungsunternehmers W. vom 23. August 2010 erbracht habe. Dieser bescheinige die deutliche Unterschreitung des CSB-Wertes (um fast die Hälfte) sowie die Einhaltung des BSB5-Wertes des Abwassers sogar vor der vierten Zwischenkammer und der späteren Einleitungsstelle. Wolle man ihm diesen Nachweis unter Hinweis auf systembedingte Nachweisschwierigkeiten verwehren, würden die Regelungen der §§ 3 und 6 AbwV rechtswidrig außer Kraft gesetzt, weil haltlos unterstellt würde, jenseits der anerkannten und vorgeschriebenen Kleinkläranlagenkonzeptionen könnten generell keine belastbaren Messergebnisse ermittelt werden. Die Einschränkung der Nachweismöglichkeiten lasse sich auch nicht unter Hinweis auf die Amortisierung der für die Kleinkläranlage früher getätigten Investitionen nach Ablauf von 15 Jahren rechtfertigen, zumal eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Begrenzung der Nutzungsdauer einer satzungsgemäß errichteten und abgenommenen Kleinkläranlage fehle. Jedenfalls sei die Sanierungsanordnung unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft. Das alleinige Abstellen auf die technische Vorschrift in DIN 4261 ohne Blick auf andere technische Standards sei unzureichend. Ebenso wenig habe der Beklagte die Besonderheiten dieses Einzelfalls gesehen. So habe dieser unzureichend den Umstand gewürdigt, dass er - der Kläger - das Haus alleine und nur zeitweise bewohne, was in vielen vergleichbaren Regelungsbereichen Anlass für Sonderbeurteilungen sei. Fehlerhaft verkenne der Beklagte, dass es hier nicht um eine schlichte Abwägung allein privater Interessen mit öffentlichen Belangen gehe, sondern die weitere Abwasserbehandlung durch die vorhandene Kleinkläranlage in seinem Fall auch im öffentlichen Interesse geboten sei. Unzureichend gewürdigt sei ferner, dass eine konkrete Verbesserung der Gewässerqualität durch die geforderte Sanierung nicht feststehe bzw. nicht nachgewiesen sei. Angesichts der Beweidung umliegender Flächen mit Milchkühen bzw. der Aufbringung landwirtschaftlicher Abwässer hätte der sich aufdrängende Wertungswiderspruch zur privilegierten Behandlung landwirtschaftlicher Abwässer gewürdigt werden müssen. Schließlich hätten sein hohes Alter und die nunmehr gesundheitsbedingt absehbare Aufgabe der Wohnnutzung berücksichtigt werden müssen. Derzeit biete er Wohnhaus und Grundstück zum Verkauf an. Die Zielvorgabe des Niedersächsischen Umweltministeriums, alle etwa 200.000 Kleinkläranlagen in Niedersachsen bis 2017 nach den neuen Regeln der Technik sanieren zu lassen, biete dem Beklagten hinreichend Spielraum. Die geforderte Vorlage der unter Nr. 1 bezeichneten Unterlagen sei zu unbestimmt. Es werde nicht deutlich, was er vorzulegen habe bzw. welchem Zweck die vorzulegenden Unterlagen dienen sollten. Ein Grundstücksplan als Entwässerungsplan im Sinne der Ist-Situation liege dem Beklagten bereits vor. Ein solcher für die Sanierungs-Situation könne nicht gefordert werden. Die geforderte Zeichnung der Hausentwässerung mit allen Nasszellen sei rechtsmissbräuchlich, weil sie sachlich keinesfalls geboten erscheine. Schließlich seien die Fristen der Anordnungen zu kurz bemessen, da die Handlungen in der gesetzten Zeit nicht realisierbar seien. Geeignete Fachbetriebe in der Region hätten vor Ende April 2012 keine Kapazitäten für die geforderte Sanierung. Die im Juli 2010 vom Beklagten übermittelte Auflistung angeblicher Fachunternehmen sei wenig hilfreich gewesen, da er einen Großteil der genannten Unternehmer nicht hinreichend qualifiziert für die geforderte Sanierung erachte.

Der Kläger beantragt,

die wasserrechtliche Anordnung des Beklagten vom 7. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2011 aufzuheben,

hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und

die Hinzuziehung seines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erwidert ergänzend: Weder die wasserrechtliche Sanierungsanordnung nebst der flankierend geforderten Unterlagenvorlage noch die zugrundeliegenden Vorschriften seien rechtlich zu beanstanden. Da die Nutzung des klägerischen Grundstücks - anders als die als Grünland-Acker ausgewiesenen angrenzenden Flächen der Landwirte - als Gebäude- und Freifläche bzw. Wohnen klassifiziert sei, könne sich der Kläger nicht auf die Privilegierung landwirtschaftlicher Abwasser in § 95 Abs. 2 NWG berufen, die dazu bestimmt seien, auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht zu werden. Die Ungleichbehandlung dieser auch tatsächlich wesentlich unterschiedlichen Sachverhalte sei rechtlich nicht zu beanstanden. Schon systembedingt durch die vorhandene Kleinkläranlage könne der Kläger den Nachweis der Einhaltung der Einleitungsanforderungen nach der AbwV nicht führen. Der Wartungsbericht vom 23. August 2010 sei hierzu ungeeignet, da es sich nicht um eine Wasserprobenentnahme durch ein staatlich anerkanntes Institut handele. Die Besonderheiten des Einzelfalls seien im Rahmen der Verhältnismäßigkeits- und Ermessenserwägungen berücksichtigt worden. Zum Schutz der Güter Wasser, Wasserhaushalt und insbesondere dessen Reinhaltung sei eine Verschärfung der Anforderungen für Abwassereinleitungen gerechtfertigt. Dies sei in der neu gefassten AbwV auch für Kleinkläranlagen der Größenklasse 1 mit entsprechenden Einleitungswerten und dem Abwasserverdünnungsverbot in § 3 Abs. 3 AbwV geschehen. Die geforderte Sanierung belaste den Kläger weniger, als ein Neubau einer Kleinkläranlage. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel gebe es nicht. Als Alternative für eine biologische Reinigungsstufe sei dem Kläger mehrfach der Einbau einer abflusslosen Sammelgrube oder eines Wurzelraumentsorgungsbeets angeboten worden. Die im Wesentlichen 1981/82 getätigten Investitionen für Errichtung und Unterhaltung der Anlage hätten sich hinreichend amortisiert. Der Bestandsschutz solcher Anlage bestehe grundsätzlich nur 15 Jahre lang. Ein weitergehender Vertrauens- oder Bestandsschutz stehe dem Kläger nicht zu. Eine baldige alters- oder krankheitsbedingte Aufgabe der Wohnnutzung durch den Kläger sei zweifelhaft, jedenfalls aber irrelevant. Maßgeblich für die Heranziehung sei allein das Grundstückseigentum, zumal auch ein Rechtsnachfolger die wasserrechtlichen Bestimmungen einhalten müsse. Anlässlich von Ortsterminen und im Rahmen der Anhörung sei keineswegs von einer kurzfristig bevorstehenden Aufgabe der Nutzung oder Grundstücksveräußerung die Rede gewesen. Innerhalb der gesetzten Frist von mehr als vier Monaten hätte der Kläger die geforderte Sanierung über einen der aufgelisteten qualifizierten Betriebe (etwa die Firma W.) veranlassen können.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte 5 A 532/11 und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die wasserrechtliche Anordnung des Beklagten vom 7. Februar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für die geforderte Sanierung der Kleinkläranlage in Anpassung an den weiter entwickelten Stand der Technik nebst flankierender Vorlagepflicht der in Nr. 1 und 3 bezeichneten Unterlagen ist § 100 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG -) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) in der Fassung des Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1163) i.V.m. § 128 des Nds. Wassergesetzes - NWG - vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 64) zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 17. Dezember 2010 (Nds. GVBl. S. 631). Nach dieser Vorschrift obliegt es dem Beklagten als Unterer Wasserbehörde, das Wasserhaushaltsgesetz und das Niedersächsische Wassergesetz sowie die aufgrund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen zu vollziehen und Gefahren für Gewässer abzuwehren. Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben ordnet er nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung wasserrechtlicher Verpflichtungen sicher zu stellen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Bescheide, insbesondere des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2011 (Feststellung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO). Darin hat der Beklagte - in Anknüpfung an die Rechtsprechung der Kammer (Urteil vom 7. September 2010 - 5 A 2964/09 - juris, bestätigt durch Beschluss des Nds. OVG vom 26. Januar 2012 - 13 LA 201/10 - vgl. obiter dictum unter Nr. 2; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 10. November 2010 - 13 ME 171/10 - zu einer Stilllegungsverfügung) - die wasserrechtlichen Anforderungen an Kleinkläranlagen nach § 60 WHG und das Einleiten von (häuslichen) Abwässern in ein Gewässer nach § 3 der Abwasserverordnung - AbwV - dargestellt. Ferner hat er ohne Rechtsfehler erläutert, dass die 1982 vom Rechtsvorgänger des Klägers errichtete Kleinkläranlage mit Untergrundverrieselung als alleinige biologische Reinigungsstufe weder nach der zum Dezember 2002 verschärften einschlägigen technischen Vorschrift DIN 4261 Teil 1 (Kleinkläranlagen) oder der europäischen technischen Vorschrift EN 12566 noch nach der zum 1. August 2002 verschärften AbwV mehr als allgemein anerkannten Regel der Technik bzw. Stand der Technik angesehen werden kann. Diese auf das genannte Urteil der Kammer zurückgehenden Erwägungen erweisen sich als belastbar.

Die Kammer ist der Auffassung, dass ihre zum alten Wasserrecht gemachten Ausführungen auch unter Geltung des zum 1. März 2010 durch die oben genannten Vorschriften neu gefassten Wasserrechts Geltung haben. Hiervon ausgehend erweisen sich die genannten Neufestlegungen der Anforderungen für Abwassereinleitungen und die Anpassungspflichten für Altanlagen als verfassungsgemäß, die Annahme des Beklagten, der Kläger könne die Einhaltung der verschärften Anforderungen an die Abwassereinleitung nicht mehr nachweisen, als zutreffend und die daran anknüpfenden Verhältnismäßigkeits- sowie Ermessenserwägungen bei der geforderten Sanierung nebst Nachweisvorlage als fehlerfrei. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beklagte als Untere Wasserbehörde keineswegs daran gehindert, zur Abwehr einer hinreichend konkreten Gefährdung des Grundwassers durch den nicht mehr zeitgemäßen Betrieb seiner Kleinkläranlage Anordnungen zu erlassen, weil der Gemeinde O. nach § 96 Abs. 4 Satz 4 NWG im Rahmen der ihr zugestandenen Satzungsautonomie im Bereich der Abwasserbeseitigung auch die Möglichkeit eingeräumt wurde, bestimmte Bauarten von Kleinkläranlagen vorzuschreiben. Eine solche Festlegung, die sich im Übrigen auch am hier geltenden Stand der Technik zu orientieren hätte, ist unstreitig nicht erfolgt. Die zuständige Untere Wasserbehörde ist auch nicht im Hinblick auf eine zukünftige ungewisse Regelung in diesem Bereich gehindert, Anordnungen der Gefahrenabwehr zu erlassen.

Die Kammer bekräftigt nicht nur ihre Auffassung, dass die hier relevanten Neufestlegungen der Anforderungen für Abwassereinleitungen und die Anpassungspflichten für ältere Kleinkläranlagen zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sind, die die betroffenen Eigentümer zum Schutz der hohen Rechtsgüter Wasser, Wasserhaushalt und insbesondere dessen Reinhaltung grundsätzlich hinzunehmen haben. Sie hegt auch keinerlei Bedenken an deren Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf den zu beachtenden Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung häuslicher Abwässer aus Kleinkläranlagen und landwirtschaftlicher Abwässer, die auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht werden, und dem strengen Abwasserregime für häusliche Abwässer nicht unterliegen, ist nicht erkennbar. Es handelt sich offensichtlich um in vielfacher Hinsicht tatsächlich unterschiedliche Lebenssachverhalte, die der Gesetzgeber bereichsspezifisch verschieden regeln darf. Insofern ist unter Berücksichtigung des großen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, dass er in § 95 Abs. 2 NWG landwirtschaftliche Abwässer wie Jauche und Gülle, die dazu bestimmt sind, auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gärtnerisch benutzte Böden aufgebracht zu werden, vom Regime der Abwasserbeseitigung in §§ 54 bis 61 WHG und §§ 96 bis 100 NWG ausgenommen hat. Im Übrigen ist nicht erfindlich, wieso der Kläger trotz einer in seinem Fall gegebenen hinreichend konkreten Gefährdung des Grundwassers dadurch von einer Ordnungsverfügung freigestellt sein sollte, falls sich die gesetzliche Privilegierung der genannten landwirtschaftlichen Abwässer - entgegen der vorstehenden Auffassung - wegen einer vergleichbar bedeutsamen Wassergefährdung als rechtswidrig erweisen sollte.

Die Kammer ist ferner mit dem Beklagten der Auffassung, dass der Kläger die Einhaltung der verschärften Anforderung zur Abwassereinleitung auch nicht in anderer Weise, etwa durch den Wartungsbericht des Wartungsunternehmers W. vom 23. August 2010, erbracht hat. Nach der verschärften AbwV ist für einen solchen Nachweis grundsätzlich kein Raum mehr. Ob die neu festgelegten Werte für den chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) und den biochemischen Sauerstoffbedarf in fünf Tagen (BSB5) auch bei einer Nachbehandlung durch Untergrundverrieselung eingehalten werden, lässt sich systembedingt und wegen des in § 3 Abs. 3 AbwV festgelegten Verdünnungsverbotes nicht unmittelbar feststellen. Der Verordnungsgeber hat gleichzeitig mit der Verschärfung der Werte für Praxis und Verwaltungsvollzug die Erleichterung geschaffen, dass die geforderten Werte als eingehalten gelten, wenn eine Kleinkläranlage eingebaut oder betrieben wird, die eine bauaufsichtliche Zulassung, eine europäisch-technische Zulassung oder eine sonstige Zulassung nach Landesrecht besitzt (Anhang 1, lit. C Abs. 1 und 4 AbwV). Entgegen der Auffassung des Klägers sind damit hinreichend bestimmbare Festlegungen getroffen, bei welcher Bauart Kleinkläranlagen regelmäßig die geforderten Werte eingehalten werden. Die Vorteile und Nachteile dieser Standardisierung haben Anlagenbetreiber und Verwaltungsbehörden gleichermaßen. Ein davon abweichender Einzelfallnachweis könnte allenfalls im Wege einer aufwendigen Beprobung durch eine staatliche Überwachungsstelle (vgl. § 6 Abs. 1 AbwV) oder eine private Messstelle aufgrund eines behördlich anerkannten Überwachungsverfahrens (vgl. § 6 Abs. 5 AbwV) erfolgen, die den Anlagenbetreiber allerdings regelmäßig mit hohen Kosten belasten würde. Dem genügt der Wartungsbericht vom 23. August 2010 nicht. Es ist nicht erkennbar, dass der private Wartungsservice W. anlässlich seines einmaligen Wartungstermins belastbare CSB- und BSB5-Werte in einem behördlich anerkannten Überwachungsverfahren ermittelt hat. Bezeichnenderweise findet sich zum BSB5-Wert kein ordnungsgemäßer Formulareintrag. Zudem fehlt jeglicher Hinweis auf das angewandte Überwachungsverfahren und eine etwaige hoheitliche Anerkennung. Die besondere Bedeutung des Schutzgutes Wasser rechtfertigt die qualifizierten Anforderungen an einen Individualnachweis der Einhaltung vorgeschriebener Abwasserwerte.

Zudem erweist sich die wasserrechtliche Anordnung weder als unverhältnismäßig noch als ermessensfehlerhaft. Trotz der sprachlichen Anlehnung an die Begründung des o.g. Kammerurteils sind die Erwägungen des Beklagten frei von rechtlichen Bedenken; strukturell ähneln sich Einwendungen der von Sanierungsanordnungen betroffener Betreiber von Kleinkläranlagen deutlich. Jedenfalls in der Sache hat er sämtliche in den langjährigen Verfahren vom Kläger unterbreiteten Umstände gesehen und in seine Abwägung eingestellt. Nach § 114 Satz 1 VwGO bedeutsame Ermessensfehler konnte die Kammer bei den im Widerspruchsbescheid aufgeführten - und in Randbereichen im Klageverfahren ergänzten - Erwägungen nicht feststellen. Keineswegs ist zu beanstanden, dass der Beklagte es unter Berücksichtigung aller Umstände abgelehnt hat, zugunsten des Klägers noch länger auf die gebotene Sanierung der Kleinkläranlage zu verzichten. Zutreffend betont er in diesem Zusammenhang zusätzlich im Klageverfahren, dass weder die kleine Haushaltsgröße und der geringer Nutzungsumfang noch eine (angeblich) bevorstehende Veräußerung des Grundstücks aus Gründen von Krankheit und Alter ein weiteres Zuwarten gebietet. Denn bedeutsam für die Heranziehung ist maßgeblich das Grundstückseigentum, zumal auch ein Rechtsnachfolger die verschärften wasserrechtlichen Bestimmungen einhalten muss. Folglich profitiert der Kläger selbst dann von den Verkehrswert erhöhenden Investitionen, wenn er die sanierte Anlage persönlich nicht mehr lange nutzen würde. Im Übrigen bedürfen die zutreffenden Erwägungen hier keiner Wiederholung. Sie stehen schließlich im Einklang mit den jüngst veröffentlichten ermessenslenkenden Vorgaben des Umweltministeriums (vgl. RdErl. vom 21. Dezember 2011 - 22-62410/01 (A) - Nds. MBl. S. 927 unter Nr. 2.1). Der Zeitrahmen bis Ende 2017 soll nur für solche Kleinkläranlagen ausgeschöpft werden, die bis zeitnah zum 31. Dezember 2002 errichtet oder wesentlich geändert wurden, um auch diesen Bestandsschutz während des 15-jährigen Abschreibungszeitraums der Investitionen zuzubilligen. Hierzu zählt die Kleinkläranlage des Klägers, in die seit 1981/82 nicht mehr wesentlich investiert wurde, nicht.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Sanierungsfrist bis zum 30. Juni 2011 rechtlich nicht zu beanstanden. Innerhalb der gesetzten Frist von mehr als vier Monaten hätte er die geforderte Sanierung über einen der aufgelisteten qualifizierten Betriebe (etwa die Firma W.) veranlassen können. Ohne Weiteres hätte er ggf. eine maßvolle Fristverlängerung erhalten, wenn er dem Beklagten die verbindliche Beauftragung eines bestimmten Unternehmens und dessen Terminsschwierigkeiten nachgewiesen hätte.

Die flankierenden Vorlagepflichten unter Nr. 1 erweisen sich ebenfalls als rechtmäßig. Ihr Inhalt und ihr Sinn erschließen sich durch die textlichen Erläuterungen im Ausgangsbescheid und den Zusammenhang mit der Sanierungsanordnung unter Nr. 2. Sie sind angesichts der langjährigen Vorkorrespondenz der Beteiligten und mehrfacher Ortstermine mit mündlichen Erläuterungen durch die Mitarbeiter des Beklagten keineswegs zu unbestimmt. Bei verständiger Auslegung geht es dem Beklagten um die Pläne und Zeichnungen des Entwässerungssystems in Kombination von vorhandener Mehrkammerausfaulgrube mit einer sanierten biologischen Nachreinigungsstufe bzw. einer zugelassenen Ersatzlösung. Derartige auf die künftig gebotenen Verhältnisse bezogene Unterlagen liegen dem Beklagten nicht vor. Die Vorlagepflicht belässt dem Kläger einerseits die Wahl, in welcher Weise und in welchem Umfang er die Sanierung durchführen lässt. Sie ermöglicht zudem eine rechtzeitige Prüfung der Unteren Wasserbehörde, ob auf dem vorgeschlagenen Weg das vorgegebene Sanierungsziel zu erreichen ist, und ggf. einen ergänzenden Abstimmungsprozess, noch bevor größere Investitionen getätigt sind und weitere Änderungen mit Akzeptanzschwierigkeiten verbunden wären. Auch die Anforderung einer Zeichnung der Hausentwässerung "mit allen Nasszellen (Toiletten, Waschbecken, usw.)" ist sachlich gerechtfertigt. Damit wird der Beklagte in die Lage versetzt zu prüfen, ob durch die gegenwärtigen bzw. künftigen Verhältnisse, die sich so nicht aus den alten Unterlagen in den Verwaltungsvorgängen herauslesen lassen, Gefahren für das Grundwasser ausgehen - etwa falls Nasszellen nicht ausreichend an das sanierte Entwässerungssystem angeschlossen wären. Die Vorlagefrist von etwas mehr als einem Monat erscheint als angemessen.

Ferner hat der Beklagte die flankierenden Vorlagepflichten unter Nr. 3 zum Nachweis einer abgeschlossenen und ordnungsgemäßen Sanierung rechtmäßig verfügt.

Rechtliche Bedenken gegen die Zwangsgeldandrohungen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Daher war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.