Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 22.06.2020, Az.: 6 A 1634/17
Bestandsregister; CC-Sanktion; Cross Compliance; Cross Compliance-Verstoß; Datenbank; HIT-Datenbank; Jährlichkeit; Kalenderjahr; Kontrolle; Sanktionsarithmetik; Wiederholungsverstoß; Direktzahlungen - Antragsjahr 2016 -
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 22.06.2020
- Aktenzeichen
- 6 A 1634/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 23988
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2020:0622.6A1634.17.00
Rechtsgrundlagen
- VO 1760/2000 Artikel 7 V
- VO 640/2014 Artikel 39 I
- VO 640/2014 Artikel 39 IV
Amtlicher Leitsatz
Wenn Verstöße gegen dasselbe Prüfkriterium in einem Kalenderjahr zu verschiedenen Zeitpunkten festgestellt werden, handelt es sich bei den späteren Verstößen um Wiederholgunsgverstöße. Für diese ist die Sanktion zu verschärfen. Führt ein Landwirt sein Betandsregister in der HIT-Datenbank, ist nur ein Verstoß sanktionierbar, nicht sowohl eine Verstoß im Bereich Datenbank, als auch ein Verstoß im Bereich Bestandsregister.
[Tatbestand]
Der Kläger wendet sich gegen eine Cross-Compliance-Sanktion bei seinen Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016.
Der Kläger führt einen landwirtschaftlichen Betrieb in H., auf dem er Rinder hält.
Bei einer Kontrolle am 5. Mai 2015 hatte der Prüfdienst der Beklagten Verstöße gegen die Prüfkriterien "Kennzeichnung", "Bestandsregister", "Datenbank HIT" und "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße im Kalenderjahr" festgestellt. Diese stufte die Beklagte als fahrlässige Verstöße ein.
Am 29. Februar 2016 hatte das Veterinäramt I. beim Kläger eine Kontrolle vorgenommen. Dabei stellte es Verstöße gegen die Prüfkriterien "Kennzeichnung", "Bestandsregister", "Datenbank HIT" und "Anzahl Tiere mit einer Ohrmarke, die zwei Ohrmarken tragen müssen", fest. Das Veterinäramt stufte die Kennzeichnungsverstöße als vorsätzliche Verstöße ein.
Am 8. Dezember 2016 kontrollierte der Prüfdienst der Beklagten den Betrieb des Klägers. Dabei ergaben sich erneut Verstöße gegen die Prüfkriterien "Bestandsregister", "Datenbank HIT" und "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße im Kalenderjahr". Diese stuften die Prüfer bei den Prüfkriterien "Datenbank HIT" und "Bestandsregister" als leicht ein, bei der "übermäßigen Anzahl behobener Meldeverstöße im Kalenderjahr" als mittel.
Am 4. April 2017 kontrollierte der Prüfdienst der Beklagten erneut den Betrieb des Klägers. Dabei ergaben sich Verstöße gegen die Prüfkriterien "Bestandsregister", "Datenbank HIT" und "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße im Kalenderjahr". Diese stuften die Prüfer alle als leicht ein.
Am 24. April 2017 bewilligte die Beklagte dem Kläger für das Antragsjahr 2016 eine Basisprämie von 21 971,67 Euro, eine Umverteilungsprämie von 1 273,09 Euro, eine Greeningprämie von 10 039,33 Euro und eine Erstattung von Mitteln aus der Haushaltsdisziplin des EGFL von 452,85 Euro. Sie verhängte dabei für Verstöße gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) 7, Tierkennzeichnung Rind, eine CC-Sanktion von 35 Prozent, und zwar bei der Basisprämie 11 830,90 Euro, bei der Umverteilungsprämie 685,51 Euro, bei der Greeningprämie 5 405,80 Euro und bei der HHD-Erstattung 243,85 Euro (insgesamt rund 18 000 Euro). Die Beklagte ermahnte den Kläger mit einem Schreiben vom 27. April 2017 wegen den Verstößen bei den Prüfkriterien "Bestandsregister", "Datenbank HIT" und "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße". Sie wies, erstmals, darauf hin, dass bei Wiederholungen davon auszugehen sei, dass der Verstoß vorsätzlich begangen sei.
Der Kläger hat am 12. Mai 2017 Klage erhoben. Er macht geltend, dass der Satz von 35 Prozent nicht nachvollziehbar und nicht erklärt sei. Die Ergebnisse der Kontrollen des Veterinäramtes seien nicht beziehungsweise nur mit Änderungen zum Nachteil des Klägers für die CC-Sanktion berücksichtigt worden. Es sei auch nicht begründet worden, warum die Beklagte bei der Bewertung des Vorsatzes von zunächst 15 Prozent auf 20 Prozent gewechselt habe. Der Kläger meint, dass bei dem Prüfkriterium "Anzahl der Tiere mit einer Ohrmarke, die zwei Ohrmarken tragen müssten", widersprüchliche Bewertungen getroffen worden seien. So seien für 2015 6,7 Prozent Verstöße festgestellt worden, ein Verstoß sei dafür nicht angenommen worden. Im Februar 2016 seien 0,0 Prozent bzw. 0,05 Prozent Verstöße festgestellt wurden. Das sei als Verstoß gewertet worden, und zwar mit 1 Prozent, außerdem als vorsätzlicher Verstoß. Im Dezember 2016 seien 3 Prozent Verstöße festgestellt worden, das sei nicht als Verstoß angesehen worden. Schließlich seien im Jahr 2017 2,6 Prozent Verstöße festgestellt worden und das sei als fahrlässiger Verstoß mit 1 Prozent gewertet worden. Der Kläger beanstandet, dass 2017 4,20 Prozent verfristete Meldungen festgestellt worden seien. Diese seien mit 1 Prozent bewertet worden; der Kläger könne nicht nachvollziehen, ab welcher Prozentzahl ein Verstoß angenommen werde.
Der Kläger meint insbesondere, dass nach der Informationsbroschüre über die einzuhaltenden Verpflichtungen bei Cross Compliance 2016 mehrere Verstöße in einem Bereich innerhalb desselben Jahres wie ein Verstoß sanktioniert werden müssten. Es sei deshalb unzulässig, hier einen Wiederholungsverstoß anzunehmen. Davon, dass innerhalb einer Grundanforderung einmal Vorsatz und einmal Fahrlässigkeit angenommen werden könnten und beide Bewertungen auch noch addiert werden könnten, stehe in der Broschüre nichts. Bei dem Prüfkriterium übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße im Kalenderjahr führe die Auffassung der Beklagten dazu, dass alle Verstöße, die im Februar festgestellt worden waren, im Dezember noch einmal festgestellt worden seien und als Verstöße ein zweites Mal zulasten des Klägers berücksichtigt worden seien.
Der Kläger hält es außerdem für fehlerhaft, für die Prüfkriterien "Kennzeichnung" und "Tiere mit einer Ohrmarke, die zwei Ohrmarken tragen müssten", im Februar 2016 Vorsatz anzunehmen. Der Kläger habe zum Jahreswechsel 2015 auf 2016 und Anfang 2016 einige Probleme gehabt. Der Kläger habe eine geistig behinderte Tochter, die in einer Einrichtung in J. gelebt habe. Weil es dort zu Problemen gekommen sei, habe der Kläger sie aber ab Oktober 2015 übergangsweise zu sich auf den Betrieb genommen. Die Betreuung der Tochter habe ihm viel Zeit und Energie abverlangt. Seit Mai 2016 lebe die Tochter in einer Einrichtung in K.. Am 14. Dezember 2015 sei eine Tierseuche auf dem Betrieb des Klägers festgestellt worden. In der Folgezeit hätten mehrere Male vom Veterinäramt Proben genommen werden müssen. Bei dieser Gelegenheit seien dem Veterinäramt alle Tiere gezeigt worden und es sei aufgefallen, dass einige wenige Tiere keine Ohrmarken getragen hätten. Das sei allerdings nichts Außergewöhnliches, bei Verlust einer Ohrmarke werde diese kurzfristig nachbestellt. Anfang Februar 2016 seien auf dem Betrieb des Klägers Hemmstoffe in der Milch gefunden worden. Niemand habe gewusst, woher diese gekommen seien. Der Kläger habe über sechs Wochen die Milch wöchentlich beproben müssen.
Das Veterinäramt habe dem Kläger nicht mitgeteilt, dass am 29. Februar 2016 geprüft werden sollte, ob alle Rinder mit Ohrmarken gekennzeichnet seien. Für diesen Termin sei lediglich eine Probenentnahme angekündigt gewesen. Deshalb habe der Kläger den Kontrollbericht des Veterinäramtes auch nicht unterzeichnet. Eine fehlende Ohrmarke mit der Nummer L. habe am 29. Februar bereits vorgelegen. Das habe die Prüferin des Veterinäramts auch gewusst. Eine zweite Ohrmarke mit der Nummer L. habe am 29. Februar 2016 aber nicht vorgelegen. Jenes Tier habe bis kurz vor der Kontrolle noch eine zweite Ohrmarke getragen, sie dann anscheinend aber rausgeworfen oder rausgerissen.
Die Beklagte habe selber nicht nachvollziehen können, warum die Kontrolleurin des Veterinäramts Vorsatz angenommen habe. Sie sehe sich offenbar genötigt, das Vorbringen des Veterinäramts zu übernehmen. Das sei aber unrichtig. Die Prüferin sei offensichtlich überfordert gewesen. Der Kläger habe Kritik vorgetragen, wie bei der Untersuchung und Behandlung der Salmonelleninfektion im Bestand vorzugehen war. Er habe den Eindruck gehabt, dass es bei der Behandlung sehr lange dauern würde, bis die Sperre aufgehoben werden könne. Immerhin sei es dabei um seine wirtschaftliche Existenz gegangen. Der Kläger habe sich deshalb auch an die Tierseuchenkasse und den Amtsleiter des Veterinäramts gewandt. Die Prüferin sei auf Nachfragen schnell aus der Haut gefahren oder habe mit Vorhaltungen reagiert. Sie habe wegen der Kuh mit der Nummer L. überreagiert, indem sie dem Kläger aus blauem Himmel Vorsatz attestiert habe. Hinweise auf die Kennzeichnungspflicht habe das Veterinäramt nicht gegeben, oder jedenfalls nur im Zusammenhang mit irgendwelchen überzogenen Vorwürfen, sodass die Hinweise nicht als solche erkennbar gewesen seien. Im Hinblick auf die Tierseuchenbekämpfung falle der Fehler bei der Kennzeichnung nicht ins Gewicht. Die Kuh sei außerdem mit einem Kaltbrand mit einer betriebseigenen Tiernummer gekennzeichnet gewesen. Eine Identifizierung sei auch ohne Ohrmarken möglich gewesen. Allerdings sei eine Ohrmarke stets am Tier gewesen.
Das Tier, dessen Verbleib nicht nachgewiesen werden konnte, sei ein verendetes Kalb gewesen. Das sei ordnungsgemäß gekennzeichnet gewesen und abgemeldet worden. Die Tierkörperbeseitigung in M. habe bei der Meldung die Ohrmarkennummer mit einem Zahlendreher übertragen. Der Verbleib des Tieres sei also keineswegs unklar.
Der Kläger meint, dass für das Jahr 2016 der Verstoß beim Bestandsregister mit 1 Prozent hätte bewertet werden müssen. Denn es habe nur einen Verstoß gegeben, nicht aber wie später aufgelistet 413 Verstöße. Das soll schon deshalb nicht möglich gewesen, weil nach dem Bestandsregister nur 405 Tiere vorhanden gewesen seien. Hier sei eine Falscheingabe erfolgt.
Der Verstoß beim Prüfkriterium "Tiere mit einer Ohrmarke, die zwei Ohrmarken tragen müssten", sei kein Wiederholungsverstoß. Er liege bei unter 1 Prozent und müsse deshalb als marginaler Fehler eingestuft werden. Artikel 99 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 "des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates", Artikel 38 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 "der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance" und Artikel 39 Absatz 1 Unterabsatz 2 VO 640/2014 räumten der zuständigen Behörde die Möglichkeit ein, keine Kürzung vorzunehmen. Dazu habe die Europäische Kommission mit Schreiben vom 8. September 2016 die Möglichkeit eröffnet, geringfügige Verstöße als marginale Fehler zu bewerten und nicht zu sanktionieren. Zur Anwendung dieser "Regelung" bestehe ein Bund-Länder-Leitfaden.
Schließlich wäre eine Sanktionierung allenfalls mit 9 Prozent zulässig, nicht jedoch mit 15 Prozent. Die Beklagte sei zu Unrecht von drei Einzelverstößen gegen die Prüfkriterien 1, 2, 3, 4 und 5 bei der GAB 7 ausgegangen. Richtigerweise habe der Kläger allenfalls gegen drei Grundanforderungen verstoßen. Diese ergeben sich nach dem Anhang 2 zur VO 1306/2013. Dieser verweise für die GAB 7 auf die Artikel 4 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 "des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates". Aus Artikel 4 folge die Anforderung der Kennzeichnung der Tiere mit Ohrmarken. Aus Artikel 7 folgten die zwei Anforderungen, ein Register auf dem neuesten Stand zu halten und der zuständigen Behörde die genauen Daten jeder Umsetzung von Tieren in dem oder aus dem Betrieb sowie aller Tiergeburten und Todesfälle innerhalb von 3 bis 7 Tagen mitzuteilen.
Der Kläger macht außerdem geltend, dass er sein Bestandsverzeichnis über die HIT-Datenbank führe. Es sei nicht zulässig, in einem solchen Fall verfristete Meldungen außerdem auch noch als Fehler im Bestandsregister zu werten.
Der Kläger beantragt,
den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 24. April 2017 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger weitere Basisprämie von 9 802,75 Euro, weitere Umverteilungsprämie von 567,99 Euro und weitere Greeningprämie in Höhe von 4 479,09 Euro, insgesamt somit weitere 14 849,83 Euro jeweils nebst Zinsen von 6 Prozent jährlich seit Klageerhebung, zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aus der Verwaltungsakte sei ersichtlich, dass es sich zum einen um eine Kürzung von 20 Prozent handelt, die für einen vorsätzlichen Verstoß im Bereich "Kennzeichnung" sowie "Tier mit 1 Ohrmarke" verhängt wurde. Dafür legte die Beklagte zugrunde, dass bei ihrer Prüfung 2015 bereits ein Verstoß bei der Kennzeichnung vorgelegen hatte. Diesen habe sie mit 1 Prozent bewertet gehabt. Bei der Prüfung des Veterinäramts im Februar 2016 seien Verstöße in beiden Kategorien festgestellt worden und als vorsätzlich gewertet worden. Bei der Prüfung der Beklagten im Dezember 2016 sei ein Verstoß im Bereich "Kennzeichnung" festgestellt worden. Dieser sei als fahrlässiger Wiederholungsverstoß angesehen worden. Das bewertete die Beklagte für die Sanktion als vorsätzlichen Verstoß, für den sie eine Sanktion von 20 Prozent verhängte. Zum anderen handelt es sich um drei fahrlässige Verstöße, nämlich in den Bereichen "Bestandsregister", "Datenbank HIT" und "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße". Beim Bestandsregister seien 2015 3 Prozent verhängt worden, im Februar 2016 5 Prozent und im Dezember 2016 wiederum 1 Prozent. Das bewerte die Beklagte insgesamt mit 15 Prozent. Beim Prüfkriterium: Datenbank HIT seien 2015 3 Prozent verhängt worden, im Februar 2016 3 Prozent und im Dezember 2016 1 Prozent. Das bewerte die Beklagte insgesamt mit 9 Prozent. Beim Prüfkriterium: übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße sei 2015 1 Prozent verhängt worden, im Februar 2016 nichts und im Dezember 2016 3 Prozent. Das bewertet die Beklagte insgesamt mit 9 Prozent. Daraus errechnet sie für die fahrlässigen Verstöße die Summe von 33 Prozent für die Sanktion. Diese seien bei 15 Prozent zu kappen. Aus dem Satz von 20 Prozent für die vorsätzlichen und dem Satz von 15 Prozent für die fahrlässigen Verstöße ergebe sich der Satz von 35 Prozent für die verhängte Sanktion 2016.
Der Kläger sei nach § 2 Absatz 1 des Agrarzahlungen-Verpflichtungengesetzes (AgrarZahlVerpflG) verpflichtet, seinen Betrieb nach den in Artikel 93 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit Anhang II der VO 1306/2013 bezeichneten Grundanforderungen an die Betriebsführung zu führen. Würden die Grundanforderungen in einem Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt und sei dieser Verstoß dem Begünstigten unmittelbar anzulasten, so werde eine Verwaltungssanktion verhängt.
Bei den beiden Kontrollen 2016 seien Verstöße gegen die Prüfkriterien "Kennzeichnung", "Tiere mit einer Ohrmarke, die zwei Ohrmarken tragen müssen", "Bestandsregister", "Datenbank HIT" und "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße im Kalenderjahr" festgestellt worden. Die Kontrollkonzepte zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern für die Jahre 2015 und 2016 sähen für die Bewertung von Verstößen gegen die Prüfkriterien "Kennzeichnung", "Bestandsregister" und "Datenbank HIT" folgendes vor: die Anzahl der Beanstandungen je Prüfkriterium sei in das Verhältnis zur Zahl der Tiere im Bestand zu setzen. Ein Beanstandungsprozentsatz bis 7 Prozent führe zu einer Bewertung als leichter Verstoß mit 1 Prozent. Ein Beanstandungsprozentsatz von mehr als 7 Prozent bis weniger als 35 Prozent führe zu einer Bewertung als mittlerer Verstoß mit einer Sanktion von 3 Prozent. Ein Beanstandungsprozentsatz 35 Prozent führe zu einer Bewertung als schwerer Verstoß mit einer Sanktion von 5 Prozent.
Beim Prüfkriterium "Kennzeichnung" seien am 5. Mai 2015 0,92 Prozent Verstöße festgestellt worden. Das sei als leichter Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden. Am 29. Februar 2016 seien 0,99 Prozent Verstöße festgestellt worden. Das sei als leichter Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden, aber als vorsätzlich begangener Verstoß eingestuft worden. Am 8. Dezember 2016 seien 0,21 Prozent Verstöße festgestellt worden. Das sei als leichter Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden.
Beim Prüfkriterium "Bestandsregister" seien am 5. Mai 2015 8,78 Prozent beanstandet worden. Das sei als mittlerer Verstoß mit einem Kürzungssatz von 3 Prozent bewertet worden. Am 29. Februar 2016 seien 101,72 Prozent beanstandet worden. Das sei als schwerer Verstoß mit einem Kürzungssatz von 5 Prozent bewertet worden. Am 8. Dezember 2016 seien 3,81 Prozent beanstandet worden. Das sei als leichter Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden.
Beim Prüfkriterium "Datenbank" seien am 5. Mai 2015 8,78 Prozent beanstandet worden. Das sei als mittlerer Verstoß mit einem Kürzungssatz von 3 Prozent bewertet worden. Am 29. Februar 2016 seien 4,43 Prozent beanstandet worden. Das sei als leichter Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden. Am 8. Dezember 2016 seien 3,81 Prozent beanstandet worden. Das sei als leichter Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden.
Beim Prüfkriterium "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße im Kalenderjahr" seien für 2015 und 2016 unterschiedliche Vorgaben zu beachten gewesen. 2015 sei ein leichter Verstoß bei Überschreitungen von mehr als 30 Prozent bis 60 Prozent anzunehmen gewesen, ein mittlerer Verstoß bei Überschreitungen von mehr als 60 Prozent bis 80 Prozent und ein schwerer Verstoß bei Überschreitungen von mehr als 80 Prozent. 2016 sei ein leichter Verstoß bei mehr als 0 Prozent bis 40 Prozent anzunehmen gewesen, ein mittlerer Verstoß bei Überschreitungen von mehr als 40 Prozent bis 70 Prozent und ein schwerer Verstoß bei Überschreitungen von mehr als 70 Prozent. Am 5. Mai 2015 seien 55,40 Prozent beanstandet worden. Das sei 2015 als leichter Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden. Am 8. Dezember 2016 seien 50,10 Prozent beanstandet worden. Im Jahr 2016 sei das als mittlerer Verstoß mit einem Kürzungssatz von 3 Prozent bewertet worden.
Beim Prüfkriterium "Anzahl Tiere mit einer Ohrmarke, die zwei Ohrmarken tragen müssen" führe es im Regelfall nicht zu einer Sanktion, wenn ein Tier nur eine Ohrmarke habe, aber ansonsten eindeutig zu identifizieren sei, wenn sich die Zahl der entsprechenden Tiere innerhalb der normalen Grenzen bewege. Das sei der Fall, wenn höchstens 15 Prozent des Gesamtbestandes betroffen seien. Am 29. Februar 2016 hätten drei Rinder nur eine Ohrmarke getragen. Das sei als leichter Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden, aber als vorsätzlicher Verstoß eingestuft worden. Das sei zunächst nicht begründet gewesen. Am 23. November 2016 habe das Veterinäramt die Begründung elektronisch übermittelt: Im Dezember 2015 sei beim Kläger eine Tierseuche festgestellt worden. Zu mehreren Terminen seien dann vom Veterinäramt Proben entnommen worden. Dabei sei festgestellt worden, dass ungekennzeichnete Tiere im Bestand gewesen seien. Die Kontrolleurin des Veterinäramts habe den Kläger mehrfach auf die Kennzeichnungspflicht hingewiesen, insbesondere bei einer Tierseuche. Sie habe auch eine anlassbezogene CC-Kontrolle angedroht. Zur Kontrolle habe sie festgestellt, dass die Ohrmarken seit längerem im Betrieb vorhanden gewesen seien. Der Kläger habe daher gewusst, dass ein Tier nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet gewesen sei. Es sei bekannt gewesen, dass insbesondere für die Probenahme erforderlich gewesen sei, dass alle Tiere gekennzeichnet waren. Gleichwohl habe er wiederholt nicht dafür gesorgt, dass alle Tiere gekennzeichnet waren. Einige Monate später habe die Bestandssperre nur verzögert aufgehoben werden können, weil der Kläger den Verbleib eines Rindes nicht habe nachweisen können, das bei der letzten Untersuchung des Bestandes nicht mehr beprobt worden sei. Er habe dann das Tier in der Datenbank als im April verendet gemeldet. Diese Meldung sei aber nicht plausibel. Denn das Tier sei nach April noch zweimal beprobt worden.
Das Veterinäramt habe als Kürzungssatz für den vorsätzlichen Verstoß 15 Prozent in die Datenbank eingetragen. Dabei sei es irrtümlich davon ausgegangen, dass dies der Regelkürzungssatz für einen vorsätzlichen Verstoß sei. Richtigerweise sei der Regelsatz aber 20 Prozent. Deshalb sei der Kontrollbericht korrigiert worden. Insbesondere wegen der Tierseuche sehe die Beklagte keinen Grund, den Kürzungssatz zu vermindern. Die privaten Probleme des Klägers berücksichtige sie nicht. Die Verstöße seien auch Ende 2016 und im April 2017 festgestellt worden. Das spreche dagegen, dass die privaten Probleme sich auf die Betriebsführung ausgewirkt hätten.
Die Beklagte tritt der Auffassung des Klägers entgegen, dass er nur gegen drei Anforderungen verstoßen habe. Nach Artikel 3 VO 1760/2000 beruhe das System der Kennzeichnung und Registrierung von Rindern auf den vier Elementen: Ohrmarken zur Kennzeichnung von Tieren, elektronischen Datenbanken, Tierpässen sowie Einzelregistern in jedem Betrieb. Daraus folgten nach Artikel 4 VO 1760/2000 in Verbindung mit § 27 der Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV) die Prüfkriterien 1 und 2, "Kennzeichnung der Bestandstiere" und "Anzahl der Tiere mit einer Ohrmarke, die zwei Ohrmarken tragen müssen". Aus Artikel 7 VO 1760/2000 in Verbindung mit § 32 ViehVerkV folge das Prüfkriterium 3 "Führung des Bestandsregisters". Aus Artikel 7 VO 1760/2000 in Verbindung mit § 29 ViehVerkV folgten die Prüfkriterien 4 und 5 "Bestandsführung in der HIT-Datenbank für Rinder" sowie "verfristete Meldungen beziehungsweise behobene Meldeverstöße in der HIT-Datenbank". Aus § 26 Absatz 1 ViehVerkV folge schließlich das Prüfkriterium 6 "Betriebsregistrierung" (Anzeigepflicht).
Deshalb halte es die Beklagte für richtig, zwischen dem Bestandsregister und der zentralen Datenbank zu unterscheiden.
Die Beklagte tritt der Auffassung des Klägers entgegen, dass die Verstöße, die bei den Kontrollen im Februar und im Dezember 2016 festgestellt wurden, nicht als Wiederholungsverstöße gewertet werden dürften. Nach Artikel 38 Absatz 1 VO 640/2014 sei ein Verstoß wiederholt aufgetreten, wenn dieselbe Anforderung mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten worden sei. Richtig sei es, dass die verfristeten Meldungen, die am 29. Februar 2016 bereits festgestellt worden waren, am 8. Dezember 2016 nicht erneut hätten berücksichtigt werden dürfen. - Deshalb hat die Beklagte die entsprechenden Meldungen neu berechnet und dafür nur noch die Meldungen aus der Zeit vom 1. März bis zum 8. Dezember 2016 berücksichtigt. - Daraus ergebe sich, dass 52,5 Prozent der Tierbewegungen verfristet gemeldet worden seien. Das stelle nach dem Kontrollkonzept für das Jahr 2016 ebenfalls einen mittleren Verstoß dar, dieser sei mit dem Kürzungssatz von 3 Prozent einzustufen. Für das Prüfkriterium "Bestandsregister" sieht die Beklagte dagegen keinen Grund, die Verstöße am 8. Dezember 2016 nicht erneut zu berücksichtigen, die bereits am 29. Februar festgestellt worden waren. Der Kläger habe ausreichend Zeit gehabt, die Fehler im Bestandsregister zu beheben, die am 29. Februar festgestellt worden seien.
Daraus ergebe sich als Summe der vorsätzlichen Verstöße (20 Prozent) und der fahrlässigen Wiederholungsverstöße (15 Prozent) die CC-Kürzung von 35 Prozent.
Die Beklagte teile die Auffassung, dass die Prüfergebnisse nach dem handschriftlichen Protokoll der Kontrolle vom 29. Februar 2016 nicht zutreffend in die HIT-Datenbank übertragen worden seien. Das wirke sich wegen der Kappung für die Wiederholungsverstöße bei 15 Prozent aber nicht auf den Kürzungssatz von 35 Prozent aus.
Bei ihrer Ermessensausübung für den "Unternehmenssatz" habe die Beklagte berücksichtigt, dass die Nichtkennzeichnung der Rinder im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Tierseuche gestanden habe. Deshalb sei es ausgeschlossen, den Kürzungssatz zu vermindern.
Die Beklagte habe sich während des Verfahrens mit dem Veterinäramt N. in Verbindung gesetzt. Dieses habe einen korrigierten Kontrollbericht für den 29. Februar 2016 übermittelt. In diesem Kontrollbericht sei die Einstufung des Verstoßes gegen das Prüfkriterium Bestandsregister auf 1 Prozent reduziert worden. Es sei aber ein Verstoß gegen das Prüfkriterium übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße hinzugekommen. Dieser sei als fahrlässiger Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1 Prozent bewertet worden.
Für die Kürzungssätze sei die Beklagte unter Berücksichtigung dieser Änderungen folgendermaßen vorgegangen:
Bei den Prüfkriterien "Bestandsregister", "Datenbank" und "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße im Kalenderjahr" handele es sich um Wiederholungsverstöße.
Beim Bestandsregister sei 2015 eine Regeleinstufung mit 3 Prozent, im Februar 2016 eine Regeleinstufung mit 1 Prozent (vorher 5 Prozent) und im Dezember 2016 eine Regeleinstufung mit 1 Prozent vorgenommen worden. Bei dem Verstoß im Februar 2016 handele es sich um einen ersten fahrlässigen Wiederholungsverstoß. Die Einstufung sei daher zu verdreifachen (3 × 1 Prozent = 3 Prozent). Im Dezember 2016 sei ein zweiter fahrlässiger Wiederholungsverstoß festgestellt worden. Daher sei das Kürzungsergebnis des vorhergehenden Wiederholungsverstoßes zu verdreifachen (3 × 3 Prozent = 9 Prozent).
Beim Prüfkriterium "Datenbank" seit 2015 eine Regeleinstufung mit 3 Prozent vorgenommen worden, im Februar 2016 ebenfalls eine Regeleinstufung mit 1 Prozent und im Dezember 2016 ebenfalls eine Regeleinstufung mit 1 Prozent. Daraus ergebe sich für den Februar 2016 eine Kürzung um 1 Prozent x 3 = 3 Prozent und für Dezember 2016 eine Kürzung um 3 Prozent x 3 = 9 Prozent.
Beim Prüfkriterium "übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße" sei im Jahr 2015 eine Regeleinstufung mit 1 Prozent vorgenommen worden, im Februar 2016 eine Regeleinstufung mit 1 Prozent (vorher 3 Prozent) und im Dezember 2016 ein zweiter (vorher irrtümlich: erster) fahrlässiger Wiederholungsverstoß mit 3 Prozent. Für den Verstoß vom Februar sei die Kürzung um das Dreifache zu erhöhen (1 Prozent x 3 = 3 Prozent), für den vom Dezember sei der Wert vom Februar zu verdreifachen (3 x 3 Prozent = 9 Prozent). Die drei Bewertungen mit je 9 Prozent rechne die Beklagte dann zu einer Sanktion von 27 Prozent zusammen. Diese Summe aller Kürzungsprozentsätze sei bei 15 Prozent gekappt worden. Es bleibe daher bei dem Unternehmenssatz von 20 Prozent + 15 Prozent = 35 Prozent. Da die Meldeverstöße vom Februar 2016 ohnehin als leichte Verstöße gewertet worden seien, wirke es sich nicht aus, dass die Prozentzahl der Verstöße sich verringert habe.
Der Kläger meint dazu, dass es bei einer Verminderung des Verstoßes beim Bestandsregister von 5 Prozent auf 1 Prozent zu einer Minderung der Gesamtkürzung kommen müsse. Zu dem vorsätzlichen Verstoß mit 20 Prozent seien jetzt nur noch drei Kürzungen zu je 3 Prozent zu addieren. Der vorsätzliche Verstoß dürfte jedoch nur mit 15 Prozent geahndet werden, weil im Bewertungsbogen dazu 1 Prozent angegeben sei. Falsch sei es auch, dass die Verminderung der Bestandsregisterverstöße von 101,72 Prozent auf 0,25 Prozent und die Verminderung der HIT-Meldeverstöße von 4,43 Prozent auf 1,97 Prozent ohne Auswirkungen bleiben soll. Außerdem sei für die fehlenden Ohrmarken ein Prozentsatz von 0,25 Prozent ausgewiesen. Damit halte sich dieser Verstoß innerhalb normaler Grenzen, sei überaus geringfügig und deshalb überhaupt nicht zu ahnden.
Insgesamt führe die Sanktionsarithmetik der Beklagten zu unverhältnismäßigen Ergebnissen. Sie werde deshalb insgesamt infrage gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten mit den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten Bezug genommen, den Beiakten BA001 und BA002.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch, dass die Beklagte ihm weitere 2 595,15 Euro Direktzahlungen bewilligt. Insoweit ist der Bescheid vom 24. April 2017 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil die Beklagte ihn insoweit zu Unrecht sanktioniert hat. Die geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger im Übrigen nicht zu; im Übrigen ist der Bescheid vom 24. April 2017 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Bescheid vom 24. April 2017 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte neben der Sanktion im Bereich des Prüfkriteriums PK 04 (HIT-Datenbank) eine gesonderte Sanktion für einen Verstoß im Bereich des Prüfkriteriums PK 03 (Bestandsregister) verhängt hat. Denn der Kläger hat nicht zwei Verstöße begangen, einen im Hinblick auf das Bestandsregister (PK 03) und einen im Hinblick auf die HI-Tier-Datenbank (PK 04). Vielmehr liegt diesbezüglich nur ein Verstoß vor. Den Kläger trifft lediglich eine Sanktion für den Verstoß im Bereich des Prüfkriteriums PK 04 (HIT-Datenbank).
Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b VO 640/2014 bestimmt, was ein Verstoß bei der Cross-Compliance ist: und zwar die Nichtbeachtung der gemäß Unionsrecht geltenden Grundanforderungen an die Betriebsführung, der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 94 VO 1306/2013 festgelegten Standards für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand oder der Erhaltung von Dauergrünland im Sinn von Artikel 93 Absatz 3 VO 1306/2013. Gemäß Artikel 93 Absatz 1 Buchstabe b VO 1306/2013 gehören zu den Cross-Compliance-Vorschriften die in Anlage II genannten Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die nach Artikel 94 auf mitgliedstaatlicher Ebene aufgestellten Standards. Als Grundanforderungen an die Betriebsführung für die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren (GAB 7) gelten die Artikel 4 und 7 der Verordnung (EG) Nummer 1760/2000. Nach dem hier einschlägigen Artikel 7 Absatz 1 VO 1760/2000 müssen Tierhalter ein Register auf dem neuesten Stand halten und der zuständigen Behörde die genauen Daten jeder Veränderung im Tierbestand innerhalb einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von drei bis sieben Tagen nach dem betreffenden Ereignis mitteilen.
Nach diesem Maßstab hat die Beklagte neben einem Verstoß im Bereich der HI-Tier-Datenbank (PK 04) zu Unrecht einen weiteren Verstoß im Bereich der ordnungsgemäßen Führung eines Bestandsregisters (PK 03) angenommen. Denn dies ist mit Artikel 7 Absatz 5 VO 1760/2000 in der ab dem 17. Juli 2014 geltenden Fassung nicht vereinbar. Danach ist abweichend von Absatz 4 die Führung eines Registers für diejenigen Tierhalter nur noch fakultativ, die Zugang zu der in Artikel 5 genannten elektronischen Datenbank haben, die bereits die Informationen enthält, die im Register zu erfassen sind, und die aktuelle Angaben unmittelbar in die in Artikel 5 genannten elektronische Datenbank eingeben oder eingeben lassen. Dies ist hier der Fall: Der Kläger führt sein Bestandsverzeichnis über die HI-Tier-Datenbank, die in Artikel 5 VO 1760/2000 geregelt ist. Daneben hält er kein weiteres Bestandsregister vor und ist hierzu mit Blick auf Artikel 7 Absatz 5 VO 1760/2000 auch nicht mehr verpflichtet. Da die Führung des Bestandsregisters in einem solchen Fall fakultativ ist, wirken sich etwaige Verstöße in Bezug auf die ordnungsgemäße Führung des Bestandsregisters nicht aus (VG Stade, Urteil vom 15. Mai 2019 - 6 A 356/17).
Ob der Kläger in der HI-Tier-Datenbank angekreuzt hat, dass er sein Bestandsregister über die HI-Tier-Datenbank führt und damit sein Einverständnis erklärt hat, dass bei einer Vor-Ort-Kontrolle (nur) dieses überprüft werde, kann entgegen der Auffassung der Beklagten dahinstehen. Denn dies stellt keine zusätzliche Voraussetzung dar, das Bestandsregister über die HI-Tier-Datenbank zu führen. Das Kreuz ist lediglich als Information für die interne Bearbeitung der Beklagten zu werten. Denn eine solche vorherige Erklärung ist nicht vorgesehen, insbesondere nicht in Artikel 7 Absatz 5 VO 1760/2000.
Dass nur ein Verstoß im Bereich "HIT-Datenbank" zu berücksichtigen ist, führt allerdings auch dazu, dass sich die Korrektur der 101,72 Prozent bei den Bestandsregisterverstößen oder Verbesserungen in diesem Bereich nicht zugunsten des Klägers auswirken können.
Dem Grunde nach hat die Beklagte im Übrigen die Direktzahlungen 2016 des Klägers zu Recht gekürzt. Die Verpflichtung nach den entsprechenden Grundanforderungen an die Betriebsführung hat der Kläger im Jahr 2016 nicht vollständig eingehalten: Die Grundanforderungen an die Betriebsführung sind in dem bereits erwähnten Artikel 93 Absatz 1 VO 1306/2013 und in deren Anhang II enthalten. Nach Artikel 97 in Verbindung mit Artikel 91 Absatz 1 VO 1306/2013 wird gegen einen in Artikel 92 genannten Begünstigten eine Verwaltungssanktion verhängt, wenn die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt werden und dieser Verstoß dem Begünstigten, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, unmittelbar anzulasten ist. Verstöße in den Bereichen "HIT-Datenbank", "behobene Meldeverstöße", "Tiere mit einer Ohrmarke" liegen dem Grunde nach unstreitig vor.
Die Beklagte hat die Sanktion jedoch insgesamt der Höhe nach nicht zutreffend ermittelt.
Bei der Sanktion im Bereich PK 04 "HIT-Datenbank" hat die Beklagte mit Recht zugrundegelegt, dass es sich um einen zweimal wiederholten Verstoß handelt, der zu einem Sanktionssatz von 9 Prozent führt. Ein wiederholtes Auftreten eines Verstoßes liegt nach Artikel 38 Absatz 1 VO 640/2014 vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen.
Ein wiederholtes Auftreten der Verstöße liegt beim Kläger vor. Dafür ist von der Berechnung auszugehen, die die Beklagte angestellt hat, nachdem sie die berichtigte Fassung des Protokolls vom 29. Februar 2016 erhalten hatte. Denn die Beklagte hatte am 5. Mai 2015 verspätete Meldungen festgestellt, sodass bis zu den nächsten Kontrollen am 29. Februar 2016 und am 8. Dezember 2016 Gelegenheit bestand, die Verstöße abzustellen. Der Kläger hat die Verstöße nicht abgestellt.
Das Gericht teilt die Auffassung des Klägers nicht, dass Verstöße innerhalb desselben Jahres nur als ein Verstoß zu werten sind und nicht im Verhältnis zueinander als Wiederholungsverstöße (a.A. Verwaltungsgericht Magdeburg, Urteil vom 28. März 2018 - 3 A 117/17, zitiert nach Juris). Die einschlägigen Sanktionsbestimmungen treffen dazu keine ausdrückliche Regelung. Das wiederholte Auftreten eines Verstoßes liegt nach Artikel 38 Absatz 1 VO 640/2014 vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen. Dass hier auf drei zusammenhängende Kalenderjahre abgestellt wird, begrenzt aber nur den äußeren zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen Wiederholungen angenommen werden können. Innerhalb dieses Rahmens kommt es nach Artikel 97 Absatz 1 VO 1306/2013 darauf an, ob die Cross-Compliance-Vorschriften in dem Kalenderjahr, für welches der Zahlungsantrag gestellt worden ist, zu "irgendeinem Zeitpunkt" nicht erfüllt worden sind. Ob das einmal oder mehrmals möglich ist, wird damit nicht ausdrücklich bestimmt. Gemäß Artikel 71 Absatz 6 VO 809/2014 werden die Vor-Ort-Kontrollen, die der Prüfung der Einhaltung der Cross-Compliance-Verpflichtungen dienen, zwar "in dem Kalenderjahr" durchgeführt, in dem die Zahlungsanträge vorgelegt werden. Auch damit ist eine ausdrückliche Regelung für eine Jährlichkeit nicht getroffen. Dagegen spricht insbesondere, dass Artikel 71 Absatz 6 VO 809/2014 sich nur auf die Stichproben nach Artikel 68 Absatz 1 bezieht. Artikel 68 Absatz 1 VO 809/2014 sieht neben den Stichproben nach Satz 1 aber auch vor, dass etwaige Verstöße, die bei Vor-Ort-Kontrollen im Rahmen der für die Rechtsakte und Standards geltenden Rechtsvorschriften außerhalb der Stichprobe gemäß Unterabsatz 1 aufgedeckt wurden, der für den betreffenden Rechtsakt oder Standard zuständigen Kontrollbehörde gemeldet und von dieser weiterbehandelt werden. Das Gericht sieht es als maßgeblich an, dass es dem Zweck der Wiederholungsregelungen am ehesten entspricht, wenn ein Verstoß auch innerhalb eines Kalenderjahres wiederholt werden kann. Die Verschärfung der Sanktion wegen einer Wiederholung soll den Betroffenen dazu anhalten, es nicht zu einem Wiederholungsverstoß kommen zu lassen. Dieser Zweck würde verfehlt, soweit mit einem festgestellten CC-Verstoß der Betroffene für den Rest des Kalenderjahres einen "Freibrief" erhielte, weil weitere gleichartige Verstöße nicht zu einer verschärften Sanktion führen könnten.
Für die verspäteten Meldungen 2015 und 2016 ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diese als leichte Verstöße gewertet hat.
Nach Artikel 99 Absatz 1 Unterabsatz 2 VO 1306/2013 sind neben den Kriterien nach den Absätzen 2 bis 4 bei der Berechnung der Kürzungen das Ausmaß, die Schwere und die Dauer des Verstoßes zu berücksichtigen. Das Ausmaß eines Verstoßes wird nach Artikel 38 Absatz 2 VO 640/2014 insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist. Die Schwere eines Verstoßes hängt nach Artikel 38 Absatz 3 VO 640/2014 insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist. Die Dauer eines Verstoßes richtet sich nach Artikel 38 Absatz 4 VO 640/2014 insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen.
Da die Bewertung als "leicht" die mildeste vorgesehene Bewertung ist, ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte Ausmaß, Schwere und Dauer unzutreffend berücksichtigt hätte. Dass der erste Verstoß von 2015 als "mittel" eingestuft wurde, kann sich nicht zu Lasten des Klägers ausgewirkt haben. Da es sich bei diesem Verstoß aus dem Jahr 2015 um den Erstverstoß handelte, ist für den zweiten und den dritten Verstoß im Jahr 2016 unabhängig von der Einstufung des Erstverstoßes als "leicht" oder "mittel" nach Artikel 39 Absatz 4 VO 640/2014 allein wegen der Wiederholung der Faktor 3 für die Vervielfachung der Sanktion angewendet worden.
Entsprechendes gilt für die Anzahl der behobenen Meldeverstöße, die die Beklagte sanktioniert hat. Dass der Maßstab für die Bewertung der Verstöße von 2015 zu 2016 verschärft wurde, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere ist es zutreffend, dass die Beklagte diese Verschärfung nicht rückwirkend berücksichtigt hat und es für den Verstoß von 2015 bei der Bewertung als "leicht" belassen hat.
Es ist offensichtlich nicht unverhältnismäßig, dass die Beklagte für Dezember 2016 nach dem berichtigten Protokoll für den Februar 2016 eine Anzahl von über 50 Prozent behobener Meldeverstöße als mittelschweren Verstoß sanktioniert hat. Dass es fehlerhaft war, für Dezember 2016 auch Verstöße zu berücksichtigen, die vor der Kontrolle im Februar 2016 stattfanden, kann dahinstehen. Die Beklagte hat diesen Fehler korrigiert. Es ist nicht fehlerhaft, dass die Beklagte dabei festgestellt hat, dass auch ein behobener Meldeverstoß festgestellt wurde, der für die Kontrolle vom 29. Februar 2016 zu berücksichtigen war.
Der Kläger hat die entsprechende Änderung nicht ausdrücklich in den Klageantrag einbezogen. Das kann dahinstehen. Die Beklagte hat insoweit ihren Bescheid nicht geändert. Sie hat lediglich die Begründung ausgetauscht. Dadurch konnte eine neue Klagefrist nicht ausgelöst werden.
Der Kläger hat nicht substantiiert bestritten, dass es einen behobenen Meldeverstoß gegeben hat. Dass er pauschal die Qualifikation der Kontrolleurin in Frage stellt oder das Protokoll für nicht hinreichend nachvollziehbar hält, genügt dafür nicht. Dem Beweisantrag des Klägers ist das Gericht nicht nachgegangen, weil die Einholung einer dienstlichen Äußerung zur fachlichen und persönlichen Eignung der Kontrolleurin eine Beweisermittlung wäre und weil eine solche Äußerung zudem nur dem Beurteiler der Mitarbeiterin zukommen kann. Es ist nicht ersichtlich, dass das die Amtsleitung des Veterinäramts ist.
Dass der Verstoß vom Februar 2016 als "leicht" eingestuft wurde, kann den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Denn eine geringere Bewertung ist nicht möglich.
Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass auch unter dem Gesichtspunkt nur ein einziger Verstoß vorliege, dass nicht gegen verschiedene Bereiche der Cross-Compliance, sondern nur gegen einen Bereich verstoßen worden sei, ist eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Es trifft zwar zu, dass die vom Kläger begangenen Verstöße aus ein und demselben "Bereich" der Cross-Compliance stammen, nämlich dem Umweltschutz, Klimawandel, guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen im Sinn des Artikels 93 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Anhang II VO 1306/2013 in Verbindung mit Artikel 64 Buchstabe d VO 809/2014. Allerdings enthält Artikel 74 Absatz 2 VO 809/2014 eine gegenüber Artikel 73 Absatz 2 und Artikel 74 Absatz 1 speziellere Regelung. Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung von Artikel 74 Absatz 2. Zudem beziehen sich Artikel 73 Absatz 2 und Artikel 74 Absatz 1 ausdrücklich auf verschiedene Bereiche der Cross-Compliance. So heißt es in Artikel 73 Absatz 2, dass zum Zweck der Festsetzung der Kürzung nur ein einziger Verstoß vorliegt, wenn mehr als ein Verstoß in Bezug auf verschiedene Rechtsakte oder Standards desselben Bereichs der Cross-Compliance festgestellt wurden. In Artikel 74 Absatz 1 heißt es, dass das in Artikel 39 Absatz 1 VO (EU) Nummer 640/2014 geregelte Verfahren zur Festsetzung der Kürzung auf jeden Verstoß getrennt angewendet wird, wenn mehrere fahrlässige Verstöße in Bezug auf verschiedene Bereiche der Cross-Compliance festgestellt worden sind. Eine solche Formulierung in Bezug auf Bereiche der Cross-Compliance fehlt indes in Artikel 74 Absatz 2, der ohne Einschränkungen auf wiederholte Verstöße abstellt. Die Einschränkung, dass verschiedene Bereiche der Cross-Compliance vorliegen müssen, ergibt sich auch nicht im Zusammenspiel mit den beiden oben genannten Vorschriften. Denn es überzeugt nicht, dass der Verordnungsgeber sowohl in Artikel 73 Absatz 2 als auch in Artikel 74 Absatz 1 diese Einschränkung ausdrücklich geregelt hat, in Artikel 74 Absatz 2 hiervon aber abgesehen hat, gleichwohl aber auch in letzterem die Einschränkung habe regeln wollen. Insbesondere, wenn man Artikel 73 als allgemeine Vorschrift ansähe, die auch im Rahmen der Artikel 74 und 75 gelte, wäre nicht nachvollziehbar, warum der Verordnungsgeber dann in Artikel 74 Absatz 1 diese Einschränkung wiederholt. Hätte er Artikel 73 "vor die Klammer ziehen wollen", hätte sich eine erneute Regelung in Artikel 74 Absatz 1 erübrigt. Darüber hinaus ergibt sich aus den einschlägigen europarechtlichen Vorschriften, dass Wiederholungsverstöße besonders streng zu sanktionieren sind. Insoweit ergibt sich auch inhaltlich ein Unterschied zwischen den drei genannten Vorschriften. Während in Artikel 73 Absatz 2 und Artikel 74 Absatz 1 "einfache" Verstöße geregelt sind, hat Artikel 74 Absatz 2 Wiederholungsverstöße zum Gegenstand (VG Stade, Urteil vom 15. Mai 2019 - 6 A 356/17).
Der Kläger kann nicht verlangen, dass auch nur einer der Verstöße als "marginaler Fehler" gewertet wird und unberücksichtigt bleibt. Von einer Sanktion dürfte im Hinblick auf den Vorrang des Gesetzes aber nur abgesehen werden, wenn das in den einschlägigen Rechtsvorschriften geregelt wäre.
Das Schreiben der Europäischen Kommission vom 8. September 2016 ist nicht als Rechtsgrundlage für eine Anerkennung "marginaler Fehler" und ein Absehen von Sanktionen geeignet: Es gibt lediglich Erörterungen und eine Stellungnahme zur Behandlungen von Beanstandungen als "Versehen, das vorkommen kann" wieder. In diesem Fall soll das Frühwarnsystem nicht ausgelöst und keine Sanktion verhängt werden. Die Europäische Kommission begrüßt eine solche Vorgehensweise.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den Bund-Länder-Leitfaden vom 30. November 2016. Dort ist zwar davon die Rede, dass die Möglichkeit eröffnet worden sei, geringfügige Verstöße als "marginale Fehler" zu bewerten. Verbindliche Vorgaben, von Sanktionen abzusehen, kann der Leitfaden jedoch nicht enthalten, weil es sich nicht um formelles Recht handelt. Wenn die Beklagte den Leitfaden als Grundlage dafür anwendete, um von Sanktionen wegen marginaler Fehler ganz abzusehen, wäre das rechtswidrig. Ein Anspruch des Klägers bestände nicht, dass in seinem Fall ein solcher Fehler, wenn es ihn gäbe, wiederholt würde, weil es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.
Es liegt bei den verspäteten Meldungen oder behobenen Meldeverstößen auch kein offensichtlicher Fehler nach Artikel 30 Absatz 4 Unterabsatz 2 VO 640/2014 vor, nach dem Eintragungen und Meldungen im System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern, die von der zuständigen Behörde anerkannt wurden, jederzeit berichtigt werden können. Denn die Verspätungen sind nicht für jedermann auf Anhieb zu erkennen.
Ein Absehen von der Sanktion nach Artikel 39 Absatz 1 Unterabsatz 2 VO 640/2014 kommt nicht in Betracht. Danach kann die Zahlstelle auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 beschließen, den genannten Prozentsatz auf 1 Prozent des in Unterabsatz 1 genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf 5 Prozent dieses Betrags zu erhöhen oder aber keine Kürzung vorzunehmen, wenn die Vorschriften über die betreffende Anforderung oder den betreffenden Standard einen Ermessensspielraum lassen, den festgestellten Verstoß nicht weiterzuverfolgen, oder wenn die Förderung gemäß Artikel 17 Absätze 5 und 6 VO 1305/2013 gewährt wird. Die Vorschriften über die betreffende Anforderung, die Meldefristen einzuhalten, sehen - abgesehen vom sogenannten Frühwarnsystem - keinen Ermessensspielraum in diesem Sinn für die Beklagte vor, den Verstoß nicht zu ahnden.
Ein Absehen von der Sanktion im Rahmen des sogenannten Frühwarnsystems war nicht geboten. Das Frühwarnsystem ersetzt ab 2015 die Bagatellregelung. Grundlage hierfür sind Artikel 99 Absatz 2 Unterabsatz 2 VO 1306/2013 und Artikel 39 Absatz 3 VO 640/2014. Danach ist eine Freistellung von Sanktionen möglich, wenn im Rahmen einer Kontrolle lediglich ein geringfügiger Verstoß festgestellt wurde. Das Frühwarnsystem gilt aber nicht in Wiederholungsfällen, jedenfalls dann nicht, wenn die Wiederholung wie hier in zwei aufeinanderfolgenden Jahren erfolgt.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für die behobenen Meldeverstöße von 2015 und Februar 2016 den Sanktionssatz auf 1 Prozent verringert hat. Nach Artikel 39 Absatz 1 Satz 2 VO 640/2014 beträgt die Sanktion in der Regel 3 Prozent. Nach Satz 3 kann die Zahlstelle beschließen, die Sanktion auf 1 Prozent zu verringern oder auf 5 Prozent zu erhöhen. Eine noch geringere Bemessung als mit 1 Prozent ist danach nicht zulässig. Ebenso ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für die behobenen Meldeverstöße im Dezember 2016 den Regelsatz von 3 Prozent für zutreffend gehalten hat. Denn die Beklagte hatte in der bereinigten Bewertung für den Zeitraum vom 1. März 2016 bis zum 8. Dezember 2016 einen Anteil von 52,5 Prozent der Tierbewegungen festgestellt, die verfristet gemeldet worden waren. Nach dem Kontrollkonzept für 2016, das die Beklagte mitgeteilt hat, ist ein mittlerer Verstoß (3 Prozent) anzunehmen, wenn der Anteil der Fristüberschreitungen zwischen 40 Prozent und 70 Prozent liegt.
Die Vervielfältigung des Sanktionssatzes ist aus den bereits angeführten Gründen zutreffend. Gemäß Artikel 39 Absatz 4 Satz 1 VO 640/2014 ist bei einem Verstoß im ersten Wiederholungsfall die gemäß Absatz 1 angewendete Kürzung mit dem sogenannten Faktor drei malzunehmen. Beim Kläger war für die behobenen Meldeverstöße im Jahr 2015 ein erster Verstoß festgestellt und sanktioniert worden. Der Sanktionssatz war 2015 3 Prozent. Für die erste Wiederholung im Februar 2016 ist dieser Satz mit dem Faktor 3 malzunehmen und das Kürzungsergebnis dieser Rechnung ist nach Artikel 39 Absatz 4 Satz 2 VO 640/2014 wiederum mit dem Faktor 3 malzunehmen. Das führt zu einem Kürzungsergebnis von 3 x 3 x 3 = 27 Prozent.
Die Beklagte hat zutreffend berücksichtigt, dass nach Artikel 39 Absatz 4 Satz 3 VO 640/2014 bei Fahrlässigkeit die höchstmögliche Kürzung für alle fahrlässigen Verstöße zusammen 15 Prozent nicht übersteigen darf.
Den Verstoß bei der Kennzeichnung hat die Beklagte mit Recht als vorsätzlichen Verstoß sanktioniert. Nach Artikel 4 Absatz 1 VO 1760/2000 sind Rinder an beiden Ohren mit Ohrmarken zu kennzeichnen. Diese dürfen nach Absatz 5 nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde entfernt oder ersetzt werden. Nach Absatz 6 obliegt es dem Betrieb, die Ohrmarken an den Ohren der Tiere zu befestigen. Ob das Tier sich eine der Ohrmarken erst am Tag der Kontrolle abgerissen hat, kann dahinstehen. Jedenfalls fehlte mindestens eine Ohrmarke. Der Kläger wusste in diesem Fall vom Fehlen einer Ohrmarke und seiner Pflicht zur Kennzeichnung. Die Tierärztin hat daher mit Recht angenommen, dass der Kläger insoweit, mindestens, mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben muss. Denn er hatte für diese bereits Ersatz beschafft, die Ersatzmarke war im Betrieb vorhanden. Dass der Kläger nicht damit rechnete, dass auch die Ohrmarken kontrolliert würden, ändert daran nichts. Im Gegenteil belegt es seinen bedingten Vorsatz, wenn er damit sinngemäß geltend macht, dass er die Ohrmarke angebracht hätte, wenn er mit deren Kontrolle gerechnet hätte. Dass der Kläger sich wegen der Sorge um seine Tochter und den gehäuften Schwierigkeiten in seinem Betrieb, und wohl auch wegen des schlechten Verhältnisses zur Tierärztin, in einer Ausnahmelage befunden haben mag, kann an der Bewertung des Verstoßes als vorsätzlich ebenfalls nichts ändern. Insoweit legt das Gericht die finale Handlungslehre zugrunde. Danach kommen diese Gründe allenfalls als Entschuldigungsgründe in Betracht. Sie ändern aber an der vorsätzlichen Begehungsweise nichts.
Die Beklagte hat aber ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Es wirkt sich zugunsten des Klägers aus, dass die Kontrolleurin des Veterinäramts den Regelsanktionssatz für den vorsätzlichen Verstoß mit 15 Prozent angenommen hatte. Die Beklagte ist bei der Auswahl des Sanktionssatzes von 20 Prozent von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Denn sie hat dies damit erklärt, dass die Kontrolleurin davon ausgegangen sei, 15 Prozent sei der regelmäßige Kürzungssatz bei vorsätzlichen Verstößen. Das trifft nicht zu. In dem formblattmäßigen Kontrollbericht über die Kontrolle vom 29. Februar 2016 hat die Kontrolleurin im Abschnitt G "Ergebnis - Bewertungsvorschlag des kontrollierten Rechtsaktes" zu Nummer 2 "Bei Vorsatz" zwei Auswahlmöglichkeiten: Punkt 2.1 enthält die Angabe "20 %". Punkt 2.2 enthält keine Angabe zum Prozentsatz, sondern eine Leerstelle, die auszufüllen ist und mit dem Zusatz "(mind. 15 %, max. 100 %)" erläutert ist. Die Kontrolleurin hat den Punkt 2.2 angekreuzt und handschriftlich "15" als Prozentsatz eingetragen. Sie hat darunter außerdem den Zusatz "Begründung bei Abweichung von 20 % zwingend erforderlich:" ausgefüllt und dort eingetragen: "Andere Kennzeichnungsmängel, auf die Herr O. hingewiesen wurde, wurden korrigiert, auf Anforderung hat Herr O. die Kuh P. am Kontrolltag noch mit einer Ohrmarke gekennzeichnet." Das Gericht sieht das als einen eindeutigen Bewertungsvorschlag an, nicht den Sanktionssatz von 20 Prozent anzuwenden. Die Beklagte hat dies nicht nur verkannt, sondern sie hat ihr Ermessen auch deshalb fehlerhaft ausgeübt, weil sie die Begründung der Kontrolleurin in ihren Zumessungserwägungen nicht berücksichtigt hat.
Das Gericht trifft insoweit eine eigene Zumessungsentscheidung, weil es das Zumessungsermessen als auf Null, das heißt auf den Sanktionssatz reduziert ansieht, den die Kontrolleurin als angemessen vorgeschlagen hat. Neben den für sich bereits überzeugenden Gründen der Kontrolleurin ist zugunsten des Klägers nämlich auch zu berücksichtigen, dass er in dem Bewusstsein gehandelt hat, dass die Kuh durch den Kaltbrand seines Betriebs auch ohne Ohrmarke unverwechselbar war. Dass die Ohrmarke schon bereitgelegen hat, wirkt sich bei der Zumessung nicht zu Lasten des Klägers aus, weil dieser Umstand bereits der Grund dafür ist, dass der Verstoß als vorsätzlich zu bewerten ist.
Beim Kläger ist weder im Hinblick auf den angegebenen Streitwert von 10 250 Euro noch auf die beantragte Zahlung von 14 949,83 Euro oder die zutreffende Sanktion von insgesamt 15 570,91 Euro eine Unverhältnismäßigkeit oder Unzumutbarkeit der Sanktionskürzung erkennbar, wenn dieser in Relation zu der bewilligten Beihilfe gesetzt wird. Diese lag 2016 bei 33 736,85 Euro.
Aus dem Sanktionssatz von 15 Prozent für die fahrlässigen Verstöße und 15 Prozent für den vorsätzlichen Verstoß ergibt sich ein "Unternehmenssatz" von 30 Prozent und ein zugunsten des Klägers offener Restbetrag von 2 595,15 Euro.
Zinsen seit Rechtshängigkeit stehen dem Kläger nach den § 14 Absatz 2 Satz 1 des Marktorganisationsgesetzes in Verbindung mit § 238 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Absatz 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nummer 11 und § 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Absatz 2 Nummer 3, 4 in Verbindung mit § 124a Absatz 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.