Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 15.05.2019, Az.: 6 A 356/17

Bestandsregister; Cross Compliance-Verstoß; Frühwarnsystem; GAB 7; HI-Tier-Datenbank; marginaler Fehler; Meldefristen; Wiederholungsverstoß; Cross-Compliance-Sanktion für das Antragsjahr 2016

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
15.05.2019
Aktenzeichen
6 A 356/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 34317
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2019:0515.6A356.17.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Führt der Kläger sein Bestandsverzeichnis über die HI-Tier-Datenbank und hält er daneben kein weiteres Bestandsregister vor, liegt nur ein Verstoß gegen die nicht aktuell gehaltene HI-Tier-Datenbank vor. Die Führung eines separaten Bestandsregisters ist nach Artikel 7 Absatz 5 VO (EG) Nummer 1760/2000 in diesen Fällen fakultativ, weswegen sich eine fehlende Aktuallität auf dieses auch nicht auswirken kann.

  2. 2.

    Wenn die Beklagte in Wiederholungsfällen von der Annahme eines geringfügigen Verstoßes im Rahmen des Frühwarnsystems und eines marginalen Fehlers absieht, ist das nicht zu beanstanden. Sowohl Schreiben der Europäischen Kommission als auch der Bund-Länder-Leitfaden enthalten keine verbindlichen Vorgaben zur Behandlung von Verstößen als geringfügig bzw. marginal.

  3. 3.

    Im Falle von Wiederholungsverstößen werden die einzelnen Verstöße mit dem Faktor 3 multipliziert und danach addiert. Dabei ist es bei Wiederholungsverstößen nicht erforderlich, dass die Verstöße aus unterschiedlichen Bereichen der Cross Compliance stammen. Artikel 74 Absatz 2 VO (EU) Nummer 809/2014 ist insoweit lex specialis zu Artikel 73 Absatz 2 und Artikel 74 Absatz 1.

[Tatbestand]

Der Kläger wendet sich gegen Cross-Compliance-Sanktionen für das Antragsjahr 2016.

Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb unter anderem mit Rinderhaltung im Haupterwerb. Am 17.03.2015 führte der Prüfdienst der Beklagten beim Kläger eine Vor-Ort Kontrolle zum Bereich Kennzeichnung und Registrierung von Rindern durch. Dabei stellte der Prüfdienst Verstöße gegen die aufgestellten Prüfkriterien 03 (Bestandsregister), 04 (Datenbank HIT) und 05 (übermäßige Anzahl behobener Meldungen) fest. Diese wurden mit einer Kürzung von 5 % sanktioniert.

Im Rahmen der am 26.04.2016 erfolgten Vor-Ort Kontrolle vermerkte der Prüfdienst der Beklagten, dass erneut Verstöße gegen die aufgestellten Prüfkriterien Bestandsregister, Datenbank HIT und übermäßige Anzahl behobener Meldeverstöße vorgelegen hätten. Dabei wurden als verfristete, aber behobene Meldungen des laufenden Kalenderjahres in der HI-Tier-Datenbank (GAB 7 PK 05) 2 % und die Anzahl 3 angegeben. In Bezug auf das Bestandsregister (PK 03) und die HI-Tier-Datenbank (GAB PK 04) nahm die Beklagte leichte Verstöße an. Der Verstoß gegen das Prüfkriterium GAB 7 PK 05 wurde ebenfalls als "leicht (Regeleinstufung bei Anteil der Fristüberschreitungen (> 7 Tage) im aktuellen Jahr <= 40 %" bewertet. Die Verstöße wurden als fahrlässige Wiederholungsverstöße bewertet und je Prüfkriterium mit 1 % eingestuft und die Summe mit dem Faktor drei multipliziert, was einen Gesamtkürzungssatz von 9 % ergab.

Auf Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 28.12.2016 für das Antragsjahr 2016 Direktzahlungen von 25.560,82 Euro. Dabei berücksichtigte sie einen Sanktionsbetrag Cross Compliance in Höhe von insgesamt 2.527,98 Euro. Die Sanktion von 9 % im Bereich GAB 7, Tierkennzeichnung Rind, beruhe auf fahrlässigen Verstößen gegen die Cross-Compliance-Vorschriften, die bei der Vor-Ort-Kontrolle am 26.04.2016 festgestellt worden seien. Beim Kürzungssatz seien Ausmaß, Schwere, Dauer und wiederholtes Auftreten der festgestellten Verstöße berücksichtigt worden.

Mit Schreiben vom 09.01.2017 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Überprüfung, ob der Verstoß nicht als geringfügig eingestuft und lediglich eine Kürzung um
3 % erfolgen könne. Am 12.01.2017 lehnte die Beklagte eine Abänderung ab.

Mit seiner am 27.01.2017 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Sanktion. Die Verstöße hätten lediglich als marginale Fehler eingestuft und eine Sanktion nicht verhängt werden dürfen. Jeder Verstoß müsse angemessen anhand von Schwere, Ausmaß und Dauer bewertet werden. Der Beklagten stehe es frei, keinerlei Kürzung vorzunehmen. Diesbezüglich verweist er auf ein Schreiben der Europäischen Kommission vom 08.09.2016 und den Bund-Länder-Leitfaden vom 30.11.2016. Der Leitfaden sehe vor, dass bei einem Tierbestand ab 100 Tieren fehlende oder fehlerhafte Meldungen im Rinderbereich, die bei Beginn der Vor-Ort-Kontrolle noch bestünden, als geringfügig anzusehen seien für insgesamt vier Tiere bzw. 2 % des Tierbestandes; bei nicht fristgerecht abgegebenen Meldungen im Rinderbereich liege die Geringfügigkeitsschwelle bei einem Tierbestand ab 100 Rindern bei maximal sieben fehlerhaften Meldungen oder maximal 3 %. Dies sei bei ihm erfüllt. Beim Bestandsregister und der HI-Tier-Datenbank (PK 03 und PK 04) seien zwei Tiere beziehungsweise 0,7 % des Bestandes betroffen. Es habe drei verfristete Meldungen gegeben, welche im Kontrollbericht mit 2 % eingegangen seien, tatsächlich aber nur 1,7 % ausmachten. Das Konzept zum marginalen Fehler sei auf offene Fälle bei verwaltungsrechtlichen Sanktionen nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips gemäß Artikel 2 Absatz 2 VO (EG, Euratom) Nummer 2988/95 anzuwenden.

Der Bund-Länder-Leitfaden lege nahe, bei angemessener Sorgfalt des Landwirts und einem deutlich verbesserten Meldeverhalten, marginale Fehler anzuerkennen. Die übrigen Vor-Ort-Kontrollen würden belegen, dass er bei der Betriebsführung eine angemessene Sorgfalt an den Tag lege. Nach den Beanstandungen in 2015 habe sich die Meldesituation dramatisch verbessert. Es könne daher keine Rede mehr von einer übermäßigen Anzahl behobener Meldeverstöße (PK 05) sein. Soweit die Beklagte in 2015 eine solche bei mehr als 30 % behobener Meldeverstöße angenommen habe, habe dies für 2015 zugetroffen, nicht jedoch für 2016. Hier seien lediglich drei beziehungsweise 1,7 % verfristete, aber behobene Meldungen festgestellt worden. Dieser Wert liege weit unterhalb der Schwelle von 30 %, welche zumindest in 2015 Geltung gehabt habe.

Falls die Verstöße keine marginalen Fehler seien, sondern leichte Verstöße, wäre allenfalls eine Sanktion von 3 % zulässig, keinesfalls aber 9 %. Die Prüfkriterien der Beklagten seien rechtswidrig. Er habe allenfalls gegen zwei Grundanforderungen verstoßen. Die Sanktion hätte daher allenfalls 6 % (= 2 x 1 % x 3) betragen dürfen. Die GAB 7 bestimme als Anforderung Artikel 4 und 7 der VO (EG) Nummer 1760/2000. Daraus würden sich drei Anforderungen ergeben, nämlich die ordnungsgemäße Kennzeichnung, die ordnungsgemäße Führung eines Bestandsregisters und die ordnungsgemäße Anzeige von Bestandsveränderungen. Kennzeichnungsverstöße (PK 01 und PK 02) lägen nicht vor. Er solle jedoch gegen Artikel 7 der Verordnung (EG) Nummer 1760/2000 entsprechend § 32 der Viehverkehrsverordnung und gegen die rechtzeitige Meldung von Bestandsveränderungen verstoßen haben.

Aber auch eine Kürzung um 6 % wäre rechtswidrig. Er führe sein Bestandsverzeichnis über die HI-Tier-Datenbank. Daneben gebe es kein weiteres manuelles Bestandsregister. Das sei zulässig und werde von vielen Landwirten so praktiziert. Dies führe dazu, dass verfristete Meldungen zur HI-Tier-Datenbank - zu 100 % identisch - Fehler im Bestandsregister seien. Tatsächlich liege aber jeweils nur ein und derselbe Fehler vor. Allein durch die willkürliche Aufteilung der Beklagten bei ihren Prüfkriterien werde der Fehler doppelt geahndet, einmal als Bestandsregisterverstoß und einmal als HI-Tier-Datenbank-Verstoß. Tatsächlich liege nur der HI-Tier-Datenbank-Verstoß vor.

Die Beklagte teile sodann den Datenbank-Verstoß wiederum in zwei Prüfkriterien auf, was ebenfalls nicht im Einklang mit Artikel 7 der Verordnung (EG) Nummer 1760/2000 stehe. Danach sei die Anforderung, dass alle Bestandsveränderungen fristgerecht mitzuteilen seien. Hiergegen habe er in einem geringen Ausmaß verstoßen. Dies könne allerdings nicht als Verstöße gegen verschiedene Anforderungen gewertet werden.

Insgesamt liege nur ein Wiederholungsfall gegen die Anforderung zur fristgerechten Meldung von Bestandsveränderungen an die HI-Tier-Datenbank vor. Es lägen weder zwei und erst recht nicht drei zu sanktionierende Verstöße vor.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Abänderung ihres Bescheides vom 28. Dezember 2016 weitere Direktzahlungen 2016 in Höhe von 1.685,32 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 6 % jährlich seit Klageerhebung nachzubewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass sich der Kläger lediglich gegen den Anteil der Cross-Compliance-Kürzung wende, der über eine 3 %ige Kürzung hinausgehe. Denn er begehre bei einer Sanktion von insgesamt 2.527,98 Euro nur eine weitere Bewilligung von 1.685,32 Euro.

Die festgestellten Verstöße seien zu Recht als leichte Verstöße eingestuft worden. Gemäß Artikel 99 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nummer 1306/2013 seien die Beihilfen bei Cross-Compliance-Verstößen zu kürzen. Ermessen habe sie hierbei nicht. Eine Einstufung als geringfügige Verstöße im Rahmen des Frühwarnsystems oder als marginale Fehler käme nicht in Betracht.

Die Verstöße gegen die Prüfkriterien Bestandsregister und HI-Tier-Datenbank seien mit je 1 % bewertet worden, weil der Prozentsatz der Beanstandungen gemessen am maßgeblichen Bestand am Tag der Vor-Ort-Kontrolle lediglich bis zu 7 % betragen habe. Festgestellte, aber zum Kontrollzeitpunkt bereits behobene HIT-Meldeverstöße seien ebenfalls mit einem Sanktionssatz von 1 % eingestuft worden, weil der Anteil der Fristüberschreitungen im aktuellen Jahr bis zu 40 % betragen habe.

In Bezug auf die Meldeverstöße könne eine Einstufung als "geringfügiger Fehler aus Versehen" nicht erfolgen. Der Bund-Länder-Leitfaden diene lediglich als Orientierung, stelle aber keine Vorgabe dar. Zudem sehe der Bund-Länder-Leitfaden bei einem Begünstigten, bei dem bereits ein Verstoß festgestellt oder eine Verwarnung ausgesprochen worden sei, für eine erneute Verwarnung bei demselben Prüfkriterium in den folgenden drei Kalenderjahren keinen Raum. Dies sei beim Kläger der Fall, weil bereits 2015 bei den drei Prüfkriterien Verstöße festgestellt worden seien. Daher komme 2016 eine Verwarnung im Rahmen des Frühwarnsystems nicht mehr infrage.

Für die Bewertung der in 2016 festgestellten Verstöße seien die Vorgaben für das Jahr 2016 maßgeblich und nicht die für 2015. Nach dem Kontrollkonzept für das Jahr 2016 mit Stand vom 08.11.2016 führe die Feststellung von nicht fristgemäßen Meldungen innerhalb von sieben Tagen bereits ab der ersten Fristüberschreitung zu einem Verstoß.

Nach dem Bund-Länder-Leitfaden komme die Bewertung als marginaler Fehler nur in begründeten Einzelfällen in Betracht. Auf keinen Fall sei dies eine generell geduldete Toleranzschwelle. Begründete Einzelfälle seien zum Beispiel schwerwiegende familiäre Gründe, wie etwa Krankheit oder Naturkatastrophen. Ein solcher Fall liege beim Kläger nicht vor. Daher würde sich auch das Günstigkeitsprinzip nach Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nummer 2988/95 erübrigen.

Es treffe nicht zu, dass der Kläger allenfalls gegen zwei Grundanforderungen verstoßen habe. Dass zwischen dem Bestandsregister (PK 03) und der zentralen Datenbank (PK 04) zu unterscheiden sei, ergebe sich aus Artikel 7 der Verordnung (EG) Nummer 1760/2000 in Verbindung mit §§ 29, 32 Viehverkehrsverordnung. Dabei bestehe die Möglichkeit, das Bestandsregister in der zentralen HI-Tier-Datenbank zu führen, das sei aber nicht zwingend. Auch wenn im ersten Fall das Bestandsregister und die HI-Tier-Datenbank identisch seien, handele es sich um zwei unterschiedliche Anforderungen.

Auch bei den Prüfkriterien "Datenbank" und "verspätete Meldungen in der HI-Tier-Datenbank" handele es sich um verschiedene Anforderungen bzw. Prüfkriterien. Zum einen werde geprüft, ob die Angaben in der HI-Tier-Datenbank korrekt seien, zum anderen, ob die Meldungen innerhalb der vorgegebenen Frist von sieben Tagen erfolgt seien.

Ein wiederholtes Auftreten nach Artikel 38 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nummer 640/2014 liege vor. Beim ersten Wiederholungsfall werde der ermittelte Kürzungssatz mit dem Faktor drei multipliziert. Lägen weitere Verstöße vor, würden die Kürzungsprozentsätze addiert werden. Bei den drei festgestellten Verstößen mit einem Kürzungsprozentsatz von jeweils 3 % ergebe sich insgesamt ein Kürzungssatz von 9 %.

Wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung am 15.05.2019 wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten 001 und 002) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat teilweise Erfolg.

Soweit der Kläger unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28.12.2016 weitere Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 in Höhe von 842,66 Euro begehrt, hat die Klage Erfolg. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.

I. Soweit der Kläger unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28.12.2016 weitere Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 in Höhe von 842,66 Euro begehrt, ist die Klage zulässig und begründet. Insoweit ist die Ablehnung der Beklagten rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Dabei kann dahinstehen, ob der Bescheid vom 28.12.2016 formell rechtswidrig ist, weil die inhaltsleeren Standardformulierungen der nach § 39 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) in Verbindung mit § 1 Absatz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) erforderlichen Begründung nicht gerecht werden. Denn die Beklagte hat dies jedenfalls durch ihr Vorbringen im Klageverfahren nach § 45 Absatz 1 Nummer 2 VwVfG geheilt. Denn dort hat sie angeführt, dass sie ihre Entscheidung auf die näher erläuterten Feststellungen der Prüfer vom 26.04.2016 stützt.

Der Kläger hat einen Anspruch auf die Bewilligung weiterer Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 in Höhe von 842,66 Euro, weil die Beklagten zu Unrecht eine Cross-Compliance-Sanktion von 9 % zu Grunde gelegt hat. Den Kläger trifft lediglich eine Sanktion von 6 %. Eine Sanktion in Höhe von weiteren 3 % ist rechtswidrig. Denn der Kläger hat nicht zwei Verstöße gegen das Bestandsregister (PK 03) und die HI-Tier-Datenbank (PK 04) begangen. Vielmehr liegt diesbezüglich nur ein Verstoß vor.

Die Anwendung von Verwaltungssanktionen ist in den Artikeln 91 fortfolgende der Verordnung (EU) Nummer 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nummer 352/78, (EG) Nummer 165/94, (EG) Nummer 2799/98, (EG) Nummer 814/2000, (EG) Nummer 1290/2005 und (EG) Nummer 485/2008 des Rates - VO (EU) Nummer 1306/2013 - geregelt. Nach Artikel 97 in Verbindung mit Artikel 91 Absatz 1 VO (EU) Nummer 1306/2013 wird die Verwaltungssanktion gegen einen in Artikel 92 genannten Begünstigten eine Verwaltungssanktion verhängt, wenn die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt werden und dieser Verstoß dem Begünstigten, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, unmittelbar anzulasten ist. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b) der Delegierten Verordnung (EU) Nummer 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nummer 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance - VO (EU) Nummer 640/2014 - ist ein Verstoß bei der Cross-Compliance die Nichtbeachtung der gemäß Unionsrecht geltenden Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB), der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 94 der Verordnung (EU) Nummer 1306/2013 festgelegten Standards für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand oder der Erhaltung von Dauergrünland im Sinne von Artikel 93 Absatz 3 der genannten Verordnung. Gemäß Artikel 93 Absatz 1 Buchstabe b) VO (EU) Nummer 1306/2013 gehören zu den Cross-Compliance-Vorschriften die in Anlage II genannten Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die nach Artikel 94 auf nationaler Ebene aufgestellten Standards. Als Grundanforderungen an die Betriebsführung für die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren (GAB 7) gelten die Artikel 4 und 7 der Verordnung (EG) Nummer 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nummer 820/97 des Rates - VO (EG) Nummer 1760/2000 -. Nach dem hier einschlägigen Artikel 7 Absatz 1 VO (EG) Nummer 1760/2000 müssen Tierhalter ein Register auf dem neuesten Stand halten und der zuständigen Behörde die genauen Daten jeder Veränderung im Tierbestand innerhalb einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von drei bis sieben Tagen nach dem betreffenden Ereignis mitteilen.

Dies zu Grunde gelegt, hat die Beklagte neben einem Verstoß gegen die HI-Tier-Datenbank (PK 04) zu Unrecht einen weiteren Verstoß gegen die ordnungsgemäße Führung eines Bestandsregisters (PK 3) angenommen. Denn dies ist mit Artikel 7 Absatz 5 VO (EG) Nummer 1760/2000 in der ab dem 17.07.2014 geltenden Fassung nicht vereinbar. Danach ist abweichend von Absatz 4 die Führung eines Registers fakultativ für diejenigen Tierhalter, die Zugang zu der in Artikel 5 genannten elektronischen Datenbank haben, die bereits die Informationen enthält, die im Register zu erfassen sind und, die aktuelle Angaben unmittelbar in die Artikel 5 genannten elektronischen Datenbank eingeben oder eingeben lassen. Dies ist hier der Fall. Der Kläger führt sein Bestandsverzeichnis über die HI-Tier-Datenbank, die in Artikel 5 VO (EG) Nummer 1760/2000 geregelt ist. Daneben hält er kein weiteres Bestandsregister vor und ist hierzu mit Blick auf Artikel 7 Absatz 5 VO (EG) Nummer 1760/2000 auch nicht verpflichtet. Wenn die Führung des Bestandsregisters in einem solchen Fall aber fakultativ ist, wirken sich etwaige Verstöße in Bezug auf die ordnungsgemäße Führung des Bestandsregisters nicht aus.

Dass der Kläger in der HI-Tier-Datenbank nicht angekreuzt hat, dass er sein Bestandsregister über die HI-Tier-Datenbank führt und damit nicht sein Einverständnis erklärt hat, dass bei einer Vor-Ort-Kontrolle (nur) dieses überprüft werde, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn dies stellt keine zusätzliche Voraussetzung dar, das Bestandsregister über die HI-Tier-Datenbank zu führen. Das Kreuz ist lediglich als Information für die interne Bearbeitung der Beklagten zu werten. Denn eine solche vorherige Erklärung sieht insbesondere Artikel 7 Absatz 5 VO (EG) Nummer 1760/2000 nicht vor. Zudem hat der Prüfdienst bei der Vor-Ort-Kontrolle den Ausdruck aus der HI-Tier-Datenbank gleichwohl als Bestandsregister anerkannt, obwohl der Kläger das Kreuz nicht gesetzt hatte.

II. Im Übrigen, das heißt, soweit der Kläger unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28.12.2016 weitere Direktzahlungen in Höhe von abermals 842,66 Euro für das Antragsjahr 2016 begehrt, ist seine Klage zulässig, aber unbegründet. Denn insoweit ist die Ablehnung der Beklagten, weitere Direktzahlungen zu bewilligen, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Absatz 5 VwGO).

Die Beklagte hat zu Recht eine Cross-Compliance-Sanktion in Höhe von 6 % angenommen. Denn der Kläger hat im Antragsjahr 2016 zwei Verstöße begangen (1.), die jeweils mit einem Kürzungssatz von 3 % zu bewerten und zu addieren sind (2.).

1. Der Kläger hat im Antragsjahr 2016 zwei Verstöße gegen die GAB 7 in Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 VO (EG) Nummer 1760/2000 begangen, indem er das über die HI-Tier-Datenbank geführte Register nicht auf dem aktuellen Stand gehalten und Bestandsveränderungen nicht ordnungsgemäß angezeigt hat.

Der Kläger hat Bestandsveränderungen nicht ordnungsgemäß angezeigt. Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 Spiegelstrich 2 VO (EG) Nummer 1760/2000 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (ViehVerkV) in der Fassung vom 03.03.2010 (BGBl. I S. 203), zuletzt geändert durch Verordnung vom 03.05.2016 (BGBl. I S. 1057), ist er aber verpflichtet gewesen, jede Verbringung in den oder aus dem Betrieb sowie die Daten aller Tiergeburten und Todesfälle bei Tieren im Betrieb innerhalb von sieben Tagen mitzuteilen. Dem ist der Kläger nicht gerecht geworden. Bei der Kontrolle am 26.04.2016 wurde festgestellt, dass 10 Rinder vorgefunden wurden, die aufgrund nicht abgelaufener Meldefristen nicht in der HI-Tier-Datenbank geführt waren. Zwei weitere Rinder wurden nicht in der HI-Tier-Datenbank geführt, wobei die Meldefrist überschritten war. Zudem wurden zwei Rinder in der HI-Tier-Datenbank geführt, die nicht im Bestand vorhanden waren und die Meldefrist noch nicht abgelaufen war. Dies bestreitet auch der Kläger nicht. Dass die Beklagte das Prüfkriterium 05 als "verfristete, aber behobene Meldungen des laufenden Kalenderjahres in der HIT-Datenbank" bezeichnet, ist dabei ohne Bedeutung. Denn, ob die verfristeten Meldungen inzwischen behoben worden sind oder nicht, spielt für die Sanktion keine Rolle. Denn eine solche Unterscheidung sieht Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 Spiegelstrich 2 VO (EG) Nummer 1760/2000 nicht vor. Da die Beklagte verfristete Meldungen nicht in mehrere Prüfkriterien unterteilt (zum Beispiel in verfristete und noch nicht behobene Meldungen), was eine unzulässige doppelte Sanktionierung darstellen würde, ist die konkrete Bezeichnung hinsichtlich der verfristeten Meldungen unbeachtlich.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass in 2015 bis 30 % verfristeter Meldungen keine Sanktion, sondern nur eine Verwarnung erfolgt ist, und in 2016 schon die erste verfristete Meldungen eine Sanktion auslöst, was eine Verschärfung darstelle, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 Spiegelstrich 2 VO (EG) Nummer 1760/2000 sieht keinen "Toleranzbereich" vor. Bei der Frage, ob ein Verstoß vorliegt, hat die Beklagte kein Ermessen, wie Artikel 97 Absatz 1 Unterabsatz 1 VO (EU) Nummer 1306/2013 und Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b) der Verordnung (EU) Nummer 640/2014 zeigen. Wenn die Beklagte in der Vergangenheit einen gewissen "Toleranzbereich" angenommen hat, ist das für das Antragsjahr 2016 unerheblich. Ungeachtet der Frage, ob ein solcher "Toleranzbereich" mit höherrangigem Recht vereinbar ist, bleibt es der Beklagten grundsätzlich unbenommen, ihre Verwaltungspraxis zu ändern.

Mit Blick auf die oben genannten Beanstandungen hat der Kläger zudem das über die HI-Tier-Datenbank geführte Register nicht auf dem aktuellen Stand gehalten. Der Umstand, dass der Kläger das Register ausschließlich über die HI-Tier-Datenbank führt, entbindet ihn nicht von der Verpflichtung, das Register auf dem aktuellen Stand zu halten (vgl. VG Hannover, Urt. v. 11.07.2008 - 11 A 4000/06 -, BeckRS 2008, 37674). Soweit der Kläger vorträgt, dass die Beklagte den Datenbank-Verstoß zu Unrecht in zwei Prüfkriterien aufgeteilt hat, weil Anforderung sei, dass alle Bestandsveränderungen fristgerecht mitzuteilen seien, vermag die Kammer ihm nicht zu folgen. Denn die festgestellten Verstöße beziehen sich auf unterschiedliche Anforderungen des Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 VO (EG) Nummer 1760/2000.

2. Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass die Beklagte von einer Sanktion absieht. Die Verstöße sind weder als geringfügige Verstöße im Rahmen des Frühwarnsystems oder als marginale Verstöße noch als offensichtliche Fehler anzusehen.

Das Absehen von einer Sanktion im Rahmen des sogenannten Frühwarnsystems kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Das "Frühwarnsystem", das 2015 mit der Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik eingeführt wurde und von dem Deutschland nach § 5 Absatz 3 des Agrarzahlungen-Verpflichtungsgesetzes Gebrauch gemacht hat, ersetzt die bis dahin geltende Bagatellregelung. Grundlage hierfür sind Artikel 99 Absatz 2 Unterabsatz 2 VO (EU) Nummer 1306/2013 und Artikel 39 Absatz 3 VO (EU) Nummer 640/2014. Danach findet das Frühwarnsystem nur auf Verstöße Anwendung, die angesichts ihrer geringen Schwere, ihres begrenzten Ausmaßes und ihrer geringen Dauer in hinreichend begründeten Fällen nicht mit einer Kürzung oder einem Ausschluss geahndet werden. Nutzt ein Mitgliedstaat diese Option, sendet die zuständige Behörde dem Begünstigten eine Frühwarnung, in der dem Begünstigten Feststellungen mitgeteilt werden und auch auf die Verpflichtung zu Abhilfemaßnahmen verwiesen wird. Wird bei einer späteren Kontrolle festgestellt, dass der Verstoß nicht behoben wurde, wird die Kürzung gemäß Unterabsatz 1 rückwirkend vorgenommen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist nicht zu beanstanden sein, wenn die Beklagte im Falle einer Wiederholung einen geringen Verstoß - nur bei einem solchen ist das Frühwarnsystem anwendbar - ausschließt. Denn das Frühwarnsystem greift in derartigen Wiederholungsfällen wie beim Kläger nicht. Wenn das Frühwarnsystem ausgeschlossen ist und eine rückwirkende Sanktion für den Fall erfolgt, dass nach erfolgter Anwendung des Frühwarnsystems der Verstoß bei einer späteren Kontrolle nicht behoben ist (Artikel 99 Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 2 und 3 VO (EU) Nummer 1306/2013), kann im Ergebnis nichts anderes im Fall des Klägers gelten. Denn der Kläger hat bereits in der Vergangenheit (hier: 2015) Verstöße begangen, wobei es sich bei dem zu beurteilenden Verstoß um einen Wiederholungsfall handelt. Dem Betroffenen soll im Rahmen des Frühwarnsystems "ein früher Warnschuss" erteilt werden. Ein solcher "Warnschuss" erübrigt sich aber, wenn bereits im Vorjahr aufgrund desselben Verstoßes (wenngleich in stärkerer Ausprägung) eine Sanktion verhängt worden ist. In diesen Fällen ist eine "frühe Warnung" nicht mehr möglich. Dies ergibt sich auch aus dem Bund-Länder-Leitfaden vom 30.11.2016, wonach ein geringfügiger Verstoß im Rahmen des Frühwarnsystems berücksichtigt werden kann, wenn der Begünstigte seit dem 01.01.2015 erstmals gegen das betreffende Prüfkriterium verstoßen hat oder der letzte Verstoß mehr als drei Kalenderjahre zurückliegt. Zudem kommt eine erneute Verwarnung in den nächsten drei Kalenderjahren nicht in Betracht, wenn seit dem 01.01.2015 bereits eine Verwarnung oder Sanktion bezüglich desselben Prüfkriteriums ausgesprochen wurde. Im Übrigen ist die Einstufung auch nach dem Bund-Länder-Leitfaden nur in begründeten Einzelfällen möglich und steht im Ermessen des Beklagten. Ermessensfehler sind mit Blick auf das oben Gesagte nicht erkennbar.

Soweit der Kläger vorträgt, seine Verstöße seien als "marginale Fehler" einzustufen, vermag die Kammer ihm nicht zu folgen. Es fehlt insoweit an einer Anspruchsgrundlage, die die Beklagte zur Annahme eines "marginalen Fehlers" verpflichtet, mit der Folge, von der Sanktion abzusehen. Das Schreiben der Europäischen Kommission vom 08.09.2016 gibt lediglich Erörterungen und eine Stellungnahme zur Behandlung von Beanstandungen als "Versehen, das vorkommen kann" wieder. Im Schreiben der Europäischen Kommission vom 20.12.2017 wird zudem klargestellt, dass sich Beanstandungen aus "Versehen, das vorkommen kann" nur auf verfristete Meldungen (hier: PK 05) bezieht. Obgleich die Europäische Kommission ein Absehen von einer Sanktion begrüßt, vermitteln allein die Schreiben keinen Anspruch auf eine etwaige Sanktionslosigkeit. Denn ein solcher Anspruch kann sich nur aus den einschlägigen Rechtsvorschriften ergeben. Etwas anderes gilt auch nicht im Zusammenspiel mit dem Bund-Länder-Leitfaden vom 30.11.2016. Soweit dort ausgeführt ist, dass die Möglichkeit eröffnet werde, geringfügige Verstöße als "marginale Fehler" zu bewerten, ist dies eine Möglichkeit, die die zuständige Behörde bei ihren Ermessenserwägungen berücksichtigen kann. Verbindliche Vorgaben enthält der Leitfaden nicht, was mit Blick auf seine (fehlende) Rechtsqualität auch nicht möglich ist. Die Entscheidung der Beklagten, die Verstöße des Klägers nicht als marginal einzustufen, ist im Rahmen des § 114 VwGO nicht zu beanstanden. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte das wiederholte Auftreten schwerer gewichtet als etwaige zu Gunsten des Klägers sprechende Gesichtspunkte. Zwar treffen die Ausführungen des Klägers zu, dass ein marginaler Fehler vorliegen solle bei einem Tierbestand ab 100 fehlende oder fehlerhafte Meldungen im Rinderbereich als geringfügig anzusehen seien für insgesamt 4 Tiere beziehungsweise 2 % des Tierbestandes; bei nicht fristgerecht abgegebenen Meldungen im Rinderbereich für maximal 7 fehlerhaften Meldungen oder maximal 3 %, und diese Voraussetzungen bei ihm erfüllt sind. Allerdings kommt ein marginaler Fehler auch nach dem Bund-Länder-Leitfaden nur in begründeten Einzelfällen in Betracht, auf keinen Fall als generell geduldete Toleranzschwelle. Einen solchen begründeten Einzelfall hat weder der Kläger geltend gemacht noch ist dies aus den Umständen ersichtlich. Zwar hat sich sein Meldeverhalten gegenüber 2015 deutlich verbessert. In 2015 wurden beim Kläger 86,9 % Meldeverstöße festgestellt, in 2016 nur noch höchstens 2 %. Allerdings liegt ein Wiederholungsfall vor, der auch nach dem Bund-Länder-Leitfaden besonders zu berücksichtigen ist. Auch der Umstand, dass der Kläger - so sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung - in 2014 neu eingezogen ist und 2014/2015 etwa 80 neue Tiere dazu bekommen hat, rechtfertigt nicht die Annahme eines begründeten Einzelfalles. Denn die Sanktion für das Jahr 2015 ist bestandskräftig. Für die hier zu beurteilende Sanktion für das Antragsjahr 2016 vermögen Umstände, die bereits ein beziehungsweise zwei Jahre vor der Vor-Ort-Kontrolle am 26.04.2016 liegen, keine nennenswerte Rolle mehr zu spielen.

Ebenso wenig liegt ein offensichtlicher Fehler nach Artikel 30 Absatz 4 Unterabsatz 2 VO (EU) Nummer 640/2014, bei dem ebenfalls von einer Sanktion abgesehen werden kann. Danach können Eintragungen und Meldungen im System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern, die von der zuständigen Behörde anerkannt wurden, jederzeit berichtigt werden. Bei den Fehlern des Klägers handelt es sich nicht um Verstöße, die für jedermann auf Anhieb erkennbar sind.

Auch ein Absehen von der Sanktion nach Artikel 39 Absatz 1 Unterabsatz 2 VO 640/2014 kommt nicht in Betracht. Danach kann die Zahlstelle eine Kürzung nicht vornehmen, wenn die Vorschriften über die betreffende Anforderung oder den betreffenden Standard einen Ermessensspielraum lassen, den festgestellten Verstoß nicht weiterzuverfolgen, oder wenn die Förderung gemäß Artikel 17 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EU) Nummer 1305/2013 gewährt wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Vorschriften über die betreffende Anforderung (hier: GAB 7) sehen keinen Ermessensspielraum vor, den Verstoß nicht weiterzuverfolgen (vgl. Artikel 91 Absatz 1 und Artikel 99 VO (EU) Nummer 1306/2013). Ein Fall von Artikel 17 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EU) Nummer 1305/2013 liegt ebenfalls nicht vor, weil dies nur Förderungen der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfond für Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) betrifft, um die es beim Kläger aber nicht geht.

3. Die Beklagte hat die beiden Verstöße zu Recht mit insgesamt 6 % bewertet. Es ist nicht zu beanstanden, dass sie die Verstöße als leicht eingestuft und mit einem Kürzungssatz von 1 % bewertet hat, wegen des Wiederholungsfalles jeweils mit 3 multipliziert und beide Verstöße addiert hat.

Zur Anwendung der Verwaltungssanktion wird gemäß Artikel 99 Absatz 1 VO (EU) Nummer 1306/2013 der Gesamtbetrag der in Artikel 92 genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten zu gewähren ist, gemäß Artikel 91 für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat, gekürzt oder gestrichen. Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse werden Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 berücksichtigt. Nach Artikel 99 Absatz 2 Unterabsatz 1 VO (EU) Nummer 1306/2013 beträgt die Kürzung bei einem Verstoß aufgrund von Fahrlässigkeit höchstens 5 %, im Wiederholungsfall höchstens 15 %. In der Regel beläuft sich die Kürzung auf 3 % des Gesamtbetrages (Artikel 39 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 2 VO (EU) Nummer 640/2014).

Dies zu Grunde gelegt, ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die beiden Verstöße jeweils als leicht und mit 1 % bewertet hat. Insbesondere sind Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO nicht ersichtlich. Denn die Einstufung mit 1 % liegt im zulässigen Rahmen von 1 % bis 5 %. Sie wird auch der Schwere, dem Ausmaß, der Dauer und dem wiederholten Auftreten der Verstöße gerecht. Mit dem Kürzungssatz von 1 % bewegt sich die Beklagte am Minimum für fahrlässige Verstöße, bei denen in der Regel eine Kürzung von 3 % erfolgt.

Die Beklagte hat die jeweils mit 1 % bewerteten Verstöße auch zu Recht jeweils mit dem Faktor 3 multipliziert. Gemäß Artikel 39 Absatz 4 VO (EU) Nummer 640/2014 ist eine solche Multiplikation bei einem Verstoß im ersten Wiederholungsfall vorzunehmen. Ein wiederholtes Auftreten eines Verstoßes liegt vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen (Artikel 38 Absatz 1 VO (EU) Nummer 640/2014). Dies ist beim Kläger der Fall. Denn bereits 2015 wurden bei ihm dieselben Verstöße festgestellt. Diese wurden in 2015 auch sanktioniert, sodass er bis zur nächsten Kontrolle am 26.04.2016 Gelegenheit hatte, die Verstöße abzustellen. Laut Kontrollbericht 2016 haben sich die Beanstandungen zwar verringert. Der Kläger vermochte die Verstöße gleichwohl noch nicht vollständig abzustellen.

Die Kürzungsprozentsätze sind schließlich auch zu addieren, also auf insgesamt 6 %. Denn für die Berechnung von Verwaltungssanktionen bei Fahrlässigkeit gilt Artikel 74 Absatz 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nummer 809/2014 der Kommission vom 17.07.2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nummer 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross-Compliance - VO (EU) Nummer 809/2014 -. Danach werden die sich ergebenden Kürzungsprozentsätze addiert, wenn ein wiederholter Verstoß zusammen mit einem anderen Verstoß oder einem anderen wiederholten Verstoß festgestellt wird. Die höchstmögliche Kürzung darf jedoch 15 % des in Artikel 73 Absatz 4 genannten Gesamtbetrages nicht übersteigen. Diese Vorgaben hat die Beklagte eingehalten.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung mit Verweis auf Artikel 73 Absatz 2 VO (EU) Nummer 809/2014 vorgetragen hat, dass nur ein Verstoß vorliege, weil nicht gegen verschiedene Bereiche der Cross-Compliance, sondern nur gegen einen Bereich verstoßen worden sei, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Es trifft zwar zu, dass die vom Kläger begangenen Verstöße aus ein und demselben Bereich der Cross-Compliance stammen, nämlich dem Bereich Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen (Artikel 93 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Anhang II der VO (EU) Nummer 1306/2013 in Verbindung mit Artikel 64 Buchstabe d VO (EU) Nummer 809/2014). Allerdings enthält Artikel 74 Absatz 2 VO (EU) Nummer 809/2014 eine gegenüber Artikel 73 Absatz 2 und Artikel 74 Absatz 1 speziellere Regelung. Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung von Artikel 74 Absatz 2. Zudem beziehen sich Artikel 73 Absatz 2 und Artikel 74 Absatz 1 ausdrücklich auf verschiedene Bereiche der Cross-Compliance. So heißt es in Artikel 73 Absatz 2, dass zum Zweck der Festsetzung der Kürzung nur ein einziger Verstoß vorliegt, wenn mehr als ein Verstoß in Bezug auf verschiedene Rechtsakte oder Standards desselben Bereichs der Cross-Compliance festgestellt wurden. In Artikel 74 Absatz 1 heißt es, dass das in Artikel 39 Absatz 1 VO (EU) Nummer 640/2014 geregelte Verfahren zur Festsetzung der Kürzung auf jeden Verstoß getrennt angewendet wird, wenn mehrere fahrlässige Verstöße in Bezug auf verschiedene Bereiche der Cross-Compliance festgestellt worden sind. Eine solche Formulierung in Bezug auf Bereiche der Cross-Compliance fehlt indes in Artikel 74 Absatz 2, der ohne Einschränkungen auf wiederholte Verstöße abstellt. Die Einschränkung, dass verschiedene Bereiche der Cross-Compliance vorliegen müssen, ergibt sich auch nicht im Zusammenspiel mit den beiden oben genannten Vorschriften. Denn es überzeugt nicht, dass der Verordnungsgeber sowohl in Artikel 73 Absatz 2 als auch in Artikel 74 Absatz 1 diese Einschränkung ausdrücklich geregelt hat, in Artikel 74 Absatz 2 hiervon aber abgesehen hat, gleichwohl aber auch in letzterem die Einschränkung habe regeln wollen. Insbesondere, wenn man Artikel 73 als allgemeine Vorschrift ansähe, die auch im Rahmen der Artikel 74 und 75 gelte, ist nicht nachvollziehbar, warum der Verordnungsgeber dann in Artikel 74 Absatz 1 diese Einschränkung wiederholt. Hätte er Artikel 73 "vor die Klammer ziehen wollen", hätte sich eine erneute Regelung in Artikel 74 Absatz 1 erübrigt. Darüber hinaus ergibt sich aus den einschlägigen europarechtlichen Vorschriften, dass Wiederholungsverstöße besonders streng zu sanktionieren sind. Insoweit ergibt sich auch inhaltlich ein Unterschied zwischen den drei genannten Vorschriften. Während in Artikel 73 Absatz 2 und Artikel 74 Absatz 1 "einfache" Verstöße geregelt sind, hat Artikel 74 Absatz 2 Wiederholungsverstöße zum Gegenstand.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zinsen nach § 14 Abs. 2 MOG i. V. m. §§ 236, 238 und 239 der Abgabenordnung, soweit er einen Anspruch auf Nachbewilligung von Direktzahlungen in Höhe von 842,66 Euro hat. Im Übrigen fehlt es für den Zinsanspruch bereits an einem Anspruch in Bezug auf die Hauptforderung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Absatz 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nummer 3, 4 in Verbindung mit § 124a Absatz 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.