Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 11.12.2002, Az.: L 3/9 U 422/01
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 11.12.2002
- Aktenzeichen
- L 3/9 U 422/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 35378
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2002:1211.L3.9U422.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - AZ: S 7 U 309/00
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger macht Ersatzansprüche aufgrund eines Unfallereignisses vom 03. September 1999 geltend.
Der 1956 geborene Kläger ist seit 1992 Geschäftsführer der E.-gesellschaft für den Landkreis F. GmbH G ... Vertraglich ist ein festes Brutto-Jahresgehalt vereinbart, wobei nach dem Anstellungsvertrag die Gesellschaft die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu tragen hat.
Hauptgesellschafter der H. ist der Landkreis F.; zwei Geldinstitute halten die übrigen Gesellschaftsanteile. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages ist die Tätigkeit der Gesellschaft gemeinnützig. Sie bezweckt, die Planungen der Gemeinden des Landkreises F. zu verwirklichen, soweit sich diese "zum Besten der Allgemeinheit" auf die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landkreises beziehen. Zu den Aufgaben der Gesellschaft gehören insbesondere die Anwerbung geeigneter Industrie- und Gewerbebetriebe sowie die Beschaffung und Bereitstellung zweckentsprechender Grundstücke. Die Geschäftsräume der H. befinden sich im Kreishaus.
Im September 1999 verfügte die H. über insgesamt vier Mitarbeiter unter Einschluss des Klägers und eine ABM-Kraft. Eigene Betriebsausflüge führte die H. nicht durch. Für die Mitarbeiter der Kreisverwaltung werden hingegen alle zwei Jahre Betriebsausflüge angeboten. Die Einladungen des Landkreises zur Teilnahme an den von ihm ausgerichteten Betriebsausflügen werden auch an die Beschäftigten der H. gerichtet. So war 1999 im Verteiler für die Einladungen ausdrücklich neben den einzelnen Dienststellen der Kreisverwaltung und den kreiseigenen Schulen auch die H. aufgeführt.
Am 03./04. September 1999 nahm der Kläger als einziger Mitarbeiter der H. an einem für die Beschäftigten des Landkreises durchgeführten Betriebsausflug nach I. teil. An dem Betriebsausflug beteiligten sich außer dem Kläger nur Beamte, Angestellte und Pensionäre der Kreisverwaltung.
Die Fahrt begann am Freitag, den 03. September 1999, gegen 7 Uhr am Kreishaus in J. und endete dort am Abend des nächsten Tages gegen 20 Uhr. Die Kosten der Fahrt trugen die Teilnehmer selbst, wobei für die Bus- und Schifffahrt, die Übernachtung mit Frühstück und die Eintritte zunächst ein Betrag von 190 DM (zzgl. ggfs. eines Einzelzimmerzuschlages von 40 DM) veranschlagt war, der sich im weiteren Verlauf der Planung auf 187 DM bei Benutzung eines Doppel- und 227 DM bei Benutzung eines Einzelzimmers reduzierte. Für ein abendliches Spießbratenbüffet waren weitere 20 DM veranschlagt. Insgesamt nahmen an dem Betriebsausflug 43 Personen teil. Der Landkreis F. verfügte im September 1999 über 428 Beschäftigte, weitere 69 Mitarbeiterinnen waren an den Kreisschulen tätig.
Das den Teilnehmern des Ausfluges vorliegende Programm sah folgende Gestaltung des Abends des 3. September 1999 vor: "19.30 Uhr: Abendessen im Hotel. Es wird ein rustikales Spießbratenbuffet zu einem Preis von 20,00 DM angeboten. Danach animiert uns ein DJ zum Tanzen."
Beim Tanzen auf glattem Boden geriet der Kläger ins Rutschen und knickte mit dem linken Fuß um (vgl. den Durchgangsarztbericht Dr. K. vom 06. September 1999) bzw. verspürte er plötzlich einen Schlag in die rechte Wade (vgl. den Durchgangsarztbericht Prof. Dr. L. vom 07. September 1999). Er zog sich eine Achillessehnenruptur am linken Fuß zu (vgl. den Durchgangsarztbericht Dr. K. und die nachfolgenden Behandlungsberichte; soweit der Durchgangsarztbericht Prof. Dr. L. eine Sehnenruptur am rechten Fuß festhält, handelt es sich offenbar um ein Versehen). Im Rahmen einer stationären Behandlung vom 08. bis 17. September 1999 wurde eine Achillessehnendurchflechtungsnaht vorgenommen. Beim Gehen im Garten riss am 21. November 1999 erneut die Achillessehne. Bei einer am 02. Dezember 1999 durchgeführten Revisionsoperation zeigte sich intraoperativ die alte Rupturstelle erneut rupturiert. Die Nahtstelle der erneut eingezogenen Durchflechtungsnaht wurde mit einer Umkippplastik gedeckt.
Bei einer erneuten stationären Behandlung vom 11. Januar bis 02. Februar 2000 musste eine lokale Infektion behandelt werden. Es schlossen sich ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus M. vom 22. Februar bis 03. März 2000 mit erneutem zweimaligen Wunddebridement und eine Anschlussheilbehandlung im Median Klinikum für Rehabilitation N. vom 28. März bis 09. Mai 2000 an.
In der vom Kläger unterzeichneten Unfallanzeige vom 13. September 1999 teilte die H. mit, dass der Kläger als ihr Vertreter an dem Betriebsausflug teilgenommen habe. Er sei beim Tanzen ausgerutscht.
Mit Bescheid vom 21. September 2000 lehnte der Beklagte eine Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 03. September 1999 mit der Begründung ab, dass die haftungsausfüllende Kausalität fehle. Nach einem von ihr eingeholten Gutachten der Unfallchirurgen Dr. O. vom 23. Juni 2000 sei die Achillessehnenruptur nicht auf ein Unfallgeschehen, sondern auf einen degenerativen Vorschaden zurückzuführen. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 17. November 2000 zurück.
Mit der am 08. Dezember 2000 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die haftungsausfüllende Kausalität gegeben sei. Er habe vor dem Ereignis vom 03. September 1999 keine Achillessehnenbeschwerden gehabt. Die langwierige Behandlung habe nicht zu einer Beschwerdefreiheit geführt. Zutreffend hätten die Unfallchirurgen Dr. P. in ihrem Arztbericht vom 05. Oktober 1999 dargelegt, dass das Unfallereignis geeignet gewesen sei, auch eine nicht vorgeschädigte Sehne zu zerreißen.
Der Beklagte hat die haftungsausfüllende Kausalität weiterhin in Abrede gestellt und zudem Zweifel an dem Vorliegen einer versicherten Tätigkeit geltend gemacht.
Mit Gerichtsbescheid vom 10. Oktober 2001, dem Kläger zugestellt am 19. Oktober 2001, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass Achillessehnenrisse aus unfallmedizinischer Sicht nur in Ausnahmefällen und bei ganz besonderen Bewegungsabläufen als echte Unfallfolgen anerkannt werden könnten. Im vorliegenden Fall seien weder ein geeigneter Unfallhergang noch der erforderliche sichere Ausschluss einer Vorschädigung eindeutig zu bejahen.
Mit der am 15. November 2001 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, dass der Unfallhergang geeignet gewesen sei, auch eine gesunde Achillessehne zerreißen zu lassen. Es habe sich um eine überraschende Einwirkung gehandelt, bei der dem Körper nicht die notwendige Reaktionszeit verblieben sei, um Muskulatur und Gliedmaßen auf die einwirkende Kraft einzustellen.
Auch habe die Reise nach I. einen versicherten Betriebsausflug dargestellt. Die Veranstaltung sei auf Einladung und unter Autorität des Landkreises durchgeführt worden. Sie habe der Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Betriebsangehörigen und damit auch dem Betriebsklima gedient. Bereits in der Einladung sei auf den "gemütlichen Abend mit Weinprobe und Tanz" hingewiesen worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Oktober 2001 und den Bescheid des Beklagten vom 21. September 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2000 aufzuheben, den Beklagten dem Grunde nach zu verurteilen, die am 03. September 1999 beim Tanzen erlittene Achillessehnenruptur als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, hilfsweise, das Gutachten eines unfallchirurgischen Sachverständigen nach § 109 SGG zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass das Ausrutschen beim Tanzen am Abend des 03. September 1999 eine Ruptur der nicht vorgeschädigten Achillessehne am linken Fuß verursacht hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass schon in Anbetracht der geringen Teilnehmerzahl von nur etwa 10 % der eingeladenen Beschäftigten nicht von einer unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung auszugehen sei. Darüber hinaus fehle auch die haftungsausfüllende Kausalität.
Auf Nachfrage des Senats, aus welchen Gründen der Kläger am Betriebsausflug des Landkreises teilgenommen habe, hat die H. in einem - u.a. vom Kläger unterzeichneten - Schreiben vom 20. März 2002 mitgeteilt, dass dieser die H. auf dem Betriebsausflug als "Repräsentant" vertreten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Eine Entschädigung des Unfallereignisses vom 03. September 1999 durch den Beklagten kommt nicht in Betracht, da es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt hat und ein solcher von der Beklagten bislang auch nicht anerkannt worden ist.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Buch VII Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz (nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII) begründenden Tätigkeit. Zur Annahme eines Arbeitsunfalls in diesem Sinne ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der geschützten Tätigkeit bestehen, der innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG, Urt. v. 08. Dezember 1998 - B 2 U 37/97 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 45; und Urt. v. 20. Februar 2001 - B 2 U 7/00 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 54 jeweils mwN).
Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können. Es muss also sicher feststehen, dass im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSG, Urt. v. 20. Februar 2001 aaO mwN und Urt. v. 04. Juni 2002 - B 2 U 24/01 R -). Soweit der Versicherte - wie im vorliegenden Fall - nicht auf Weisung des Arbeitgebers handelt, ist für den inneren Zusammenhang entscheidend, dass die zum Unfall führende Verrichtung als solche im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit liegt (vgl. BSG, Urt. v. 04. Juni 2002 aaO).
Der Kläger stand zwar nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, namentlich hat er, was auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, die Geschäftsführertätigkeit als Arbeitnehmer der H. wahrgenommen. Diese versicherte Tätigkeit hat er zum Unfallzeitpunkt jedoch nicht ausgeübt. Die Teilnahme an dem Betriebsausflug der Kreisverwaltung ist dem nicht versicherten privaten touristischen Bereich zuzuordnen. Dies gilt nach der Rechtsprechung zu den sog. gemischten Tätigkeiten auch unter Berücksichtigung dessen, dass die H. geltend macht, der Kläger habe sie bei dem Betriebsausflug repräsentiert.
Bei Verrichtungen, die sowohl privaten unversicherten als auch betrieblichen Interessen dienen - sog. gemischte Tätigkeiten -, steht der Verletzte unter Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall dazu bestimmt gewesen ist, betrieblichen Interessen zu dienen (BSG, Urt. v. 30. Juni 1993 - 2 RU 43/92 -, SozR 3-2000 § 539 RVO Nr. 26). Ist eine Tätigkeit sowohl privaten als (wie vorliegend zu Gunsten des Klägers unterstellt wird) auch betrieblichen Zwecken zu dienen bestimmt und ist sie wie bei der vorliegenden Reise nicht eindeutig in einen - versicherten - unternehmensbedingten - und einen - unversicherten - unternehmensfremden Teil zu zerlegen, so ist entscheidend, ob sie im Einzelfall dem versicherten Unternehmen, wenn auch nicht überwiegend, so doch wesentlich dient (BSG, Urt. v. 31. Mai 1988 - 2/9b RU 16/87 -, SozR 2200 § 548 RVO Nr. 90, S. 249; BSG, Urt. v. 01. Februar 1996 - 2 RU 3/95 - SozR 3-2200 § 548 Nr 26; BSG, Urt. v. 01. Juli 1997 - 2 RU 36/96 - SozR 3-2200 § 548 Nr 32).
Bei dieser Abgrenzung ist weniger Gewicht auf den Zeitaufwand der betrieblichen Tätigkeit im Verhältnis zur privaten Verrichtung zu legen, sondern die Bedeutung der betrieblichen Betätigung für das Unternehmen festzustellen (BSG, Urt. v. 31. Mai 1988 - 2/9b RU 16/87 -, SozR 2200 § 548 RVO Nr. 90, S. 249). Es genügt, wenn der Versicherte der Meinung sein durfte, dass die fragliche Unternehmung geeignet sei, den Interessen des Arbeitgebers zu dienen und diese subjektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet. Maßgebend sind die zur Zeit der Unternehmung bekannt gewordenen Umstände (BSG, Urt. v. 31. Mai 1988 - 2/9b RU 16/87 -, SozR 2200 § 548 RVO Nr. 90, S. 250). Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt war, ist, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSG, Urt. v. 22. August 2000 - B 2 U 18/99 R - HVBG-INFO 2000, 2611-2615).
Bei der Teilnahme an Reisen oder an anderen Veranstaltungen, die grundsätzlich der privaten Sphäre zuzurechnen sind, stehen auch Unternehmer und leitende Angestellte, denen es zumindest weitgehend freisteht, in welcher Art und Weise sie sich für das Unternehmen einsetzen, regelmäßig nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein solcher Schutz besteht nur ausnahmsweise, wenn die geschäftlichen Dinge erkennbar im Vordergrund stehen und damit ein enger sachlicher Zusammenhang mit den Unternehmenszwecken besteht (BSG, Urt. v. 30. Juli 1981 - 8/8a RV 58/80 - SozR 2200 § 548 RVO Nr. 57).
Im vorliegenden Fall ist nicht davon auszugehen, dass die Teilnahme des Klägers am Betriebsausflug den Belangen der H. zumindest wesentlich gedient hat. Eine darauf zielende etwaige subjektive Einschätzung des Klägers findet jedenfalls in den objektiv gegebenen Verhältnissen keine ausreichende Stütze. Insbesondere ist davon auszugehen, dass sich der Kläger bei lebensnaher Betrachtung zur Teilnahme an der Fahrt in erster Linie durch die - dem unversicherten privaten Bereich zuzurechende - erhoffte Förderung gesellschaftlicher Kontakte und touristische Ziele hat bewegen lassen.
Es wird weder vom ihm geltend gemacht noch durch sonstige Umstände erkennbar gemacht, dass der Kläger während der Fahrt nach I. konkrete von ihm im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit wahrzunehmende Aufgaben erledigen wollte. Namentlich ist kein konkreter betrieblicher Anlass erkennbar, die H. beim Betriebsausflug zu "repräsentieren". Mehrheitsgesellschafter der H. war ohnehin der Landkreis; dieser trug auch die Geschäftskosten der für ihn (und die kreisangehörigen Gemeinden) arbeitenden H ... Die für die Wirtschaftsförderung zuständigen Mitarbeiter des Landkreises waren dem Kläger bereits aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit bekannt. Der Kläger konnte seine Ansprechpartner in der Kreisverwaltung, soweit diese überhaupt an dem Betriebsausflug teilnahmen, auch unabhängig von seiner Beteiligung an der Fahrt jederzeit erreichen. Er macht selbst nicht geltend, dass die Teilnahme am Betriebsausflug der Pflege spezieller für die Belange der H. wesentlicher Kontakte mit wichtigen Ansprechpartnern dienen sollte. Bei dieser Sachlage stellte eine etwaige allgemeine Hoffnung des Klägers, es werde sich im Rahmen des Betriebsausfluges die Möglichkeit ergeben, die Beziehungen zum Landkreis als Auftraggeber der H. zu pflegen, ebenso wenig einen engen Zusammenhang mit dem Unternehmen her, wie der Umstand, dass der Kläger sich möglicherweise "sehen lassen" wollte, um Kontakte mit Mitarbeitern des Landkreises zu intensivieren (vgl. ebenfalls BSG, Urt. v. 30. Juli 1981 aaO).
Der Kläger macht geltend, dass es sich um einen versicherten Betriebsausflug gehandelt habe, der der Pflege der Betriebsgemeinschaft gedient habe. Auch unter diesem Gesichtspunkt stand seine Teilnahme jedoch nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Unmittelbar der Pflege der Gemeinschaft der Betriebsangehörigen der H. konnte die Beteiligung des Klägers schon deshalb nicht dienen, weil alle anderen Mitarbeiter der H. dem Ausflug fernblieben.
Aber auch wenn die H. und die übrige Kreisverwaltung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Abhängigkeit und der räumlich-organisatorischen Einbeziehung der H. in die allgemeine Kreisverwaltung als ein "Betrieb" im Sinne der Rechtsprechung zum Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen anzusehen sein sollten, bestände im vorliegenden Fall kein Versicherungsschutz.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen nur unter bestimmten Voraussetzungen dem Unternehmen zugerechnet und damit der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und der Belegschaft sowie der Betriebsangehörigen untereinander durch die Teilnahmemöglichkeit möglichst aller Betriebsangehörigen dient. Die "betriebliche Zielsetzung" muss wesentlich auf die für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen maßgebende Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Betriebsangehörigen gerichtet sein. Die Veranstaltung muss deshalb auch grundsätzlich allen Arbeitnehmern (bei Großbetrieben mindestens allen Arbeitnehmern einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten) offenstehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden (BSG, Urt. v. 20. Februar 2001 aaO). Eine solche Gemeinschaftsveranstaltung kann sich auch über mehr als nur einen Tag erstrecken (vgl. Wolber, UV-Schutz bei mehrtägigen Betriebsausflügen, Die Sozialversicherung 1991, 158).
Die Öffnung der Veranstaltung gegenüber allen betroffenen Arbeitnehmern (soweit diese nicht aus zwingenden betrieblichen Gründen, etwa im Rahmen der Wahrnehmung von Notdiensten, an einer Teilnahme gehindert sind) ist ein zentrales Merkmal einer unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung (BSG, Urt. v. 26. Juni 1958 - 2 RU 281/55 - E 7, 249; Urt. v. 22. Juni 1976 - 8 RU 148/75 - SozR 2200, § 548 RVO Nr. 21). Es genügt nicht, dass eine Teilnahmemöglichkeit nur formal allen Beschäftigten eröffnet wird, es muss sich um eine "echte" Gemeinschaftsveranstaltung handeln, an der nach der ihr zugrunde liegenden Zielvorstellung alle Betriebsangehörigen teilnehmen sollen. Nur dann kann sie das - die Einbeziehung solcher Veranstaltungen in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung allein rechtfertigende - Ziel nachhaltig und effektiv fördern, die Verbundenheit innerhalb der Belegschaft und zwischen Betriebsleitung und Belegschaft zu pflegen und damit einen Beitrag für eine Verbesserung des Betriebsklimas und der Leistungsfähigkeit des Betriebes zu erbringen (BSG, Urt. v. 22. August 1955 - 2 RU 49/54 - E 1, 179, 182). Hieran anknüpfend kann es auch für die Frage des Versicherungsschutzes bei besonderen Aktivitäten während einer derartigen Gemeinschaftsveranstaltung nur darauf ankommen, ob auch sie allen Teilnehmern offensteht. Nur in diesem Falle kann dem erforderlichen Zweck der Gemeinschaftsveranstaltung, nämlich der Förderung bzw. Pflege der Verbundenheit der Betriebsangehörigen untereinander, gedient werden (vgl. BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 25/99 R).
Dementsprechend muss auch die Konzeption der Veranstaltung auf eine möglichst umfassende Teilnahme der Betriebsangehörigen ausgerichtet sein. Die Veranstaltung muss bereits von der Planung her für alle Betriebsangehörigen bestimmt sein (BSG; Urt. v. 24. August 1976 - 8 RU 152/75 - SozR 2200, § 550 RVO Nr. 19). Dabei ist kein kleinlicher Maßstab anzulegen, soweit unter diesem Gesichtspunkt die inhaltliche Ausrichtung einer Veranstaltung zu hinterfragen ist. Häufig werden unter den Beschäftigten eines Betriebes sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Planung und den Rahmen einer Gemeinschaftsveranstaltung anzutreffen sein; nicht selten finden sich auch Betriebsangehörige, die einer Teilnahme an solchen Veranstaltungen von vornherein eher ablehnend gegenüberstehen. Von daher ist es typischerweise gar nicht möglich, allen Wünschen Rechnung zu tragen. Gleichwohl darf das Ziel einer möglichst umfassenden Teilnahme der Betriebsangehörigen nicht außer Acht gelassen werden. Namentlich darf die Teilnahme nicht in vermeidbarer Weise von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Erfüllung von einem erheblichen Teil der Beschäftigten erkennbar für unzumutbar erachtet wird. Dies kann um so weniger hingenommen werden, als sich sonst die Betroffenen vielfach auf diesem Wege ausgegrenzt fühlen werden, womit die von Rechts wegen für die Einbeziehung der Veranstaltung in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung anzustrebende Förderung und Pflege der Verbundenheit der Betriebsangehörigen untereinander geradezu konterkariert würde.
Sofern eine Veranstaltung im vorstehend erläuterten Sinne für alle Betriebsangehörigen gedacht worden ist, kann der Versicherungsschutz nicht weiter davon abhängen, wie viele Beschäftigte tatsächlich an ihr teilgenommen haben, zumal es regelmäßig keine Pflicht zur Teilnahme an einer solchen Veranstaltung gibt. Ein offenbares Missverhältnis zwischen der Zahl der Teilnehmer zur Zahl der Gesamt- (oder Teil-) Belegschaft kann allerdings im Einzelfall ein Anzeichen dafür sein, dass keine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vorliegt (BSG; Urt. v. 24. August 1976 - aaO). Auch wird man nicht jedem noch so geringen Teil einer Belegschaft die Fähigkeit zusprechen können, sich zu einer Gemeinschaftsveranstaltung zusammenzufinden (BSG, Urt. v. 26. Juni 1958 aaO).
Im vorliegenden Fall vermag der Senat im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht festzustellen, dass der nach Bonn führende Betriebsausflug des Landkreises unter dem Gesichtspunkt geplant und ausgerichtet worden ist, möglichst viele Beschäftigte zu einer Teilnahme zu bewegen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der betrieblichen Belange zu leisten. Der von den Teilnehmern aufzubringende Zeit- und Kostenaufwand macht deutlich, dass die zweitägige Reise bereits ihrer Konzeption nach nicht auf eine möglichst umfassende Teilnahme aller Betriebsangehörigen ausgerichtet war.
Eine Teilnahme kam zunächst nur in Betracht, soweit die Beschäftigten bereit waren, erhebliche Kosten selbst aufzubringen. Zu den vom Veranstalter erhobenen Kosten in Höhe von 187 DM (zuzüglich 20 DM für das abendliche Spießbratenbüffet und zuzüglich ggfs. eines Einzelzimmerzuschlages von 40 DM) kamen noch die Kosten für die Mittagessen und die Getränke hinzu, so dass bereits die finanzielle Gesamtbelastung von je nach persönlichem Aufwand 250 DM bis über 300 DM viele Beschäftigte nicht nur der unteren Gehaltsgruppen von einer Teilnahme abhalten konnte.
Darüber hinaus setzte eine Teilnahme voraus, dass die Beschäftigten an dem - vielfach arbeitsfreien - Freitagnachmittag und -abend und am Samstag nicht persönlich, insbesondere aufgrund familiärer Verpflichtungen, gebunden waren; Eltern jüngerer Kinder und Angehörigen von Pflegebedürftigen wurde damit eine Teilnahme nachhaltig erschwert. Auch wenn unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen nicht zur Voraussetzung haben, dass sie auch nur in Teilen während der Arbeitszeit stattfinden, ist zumindest der erforderliche Einsatz von mehr als einem freien Tag für die Teilnahme als Indiz für die nur unzureichende Ausrichtung der Veranstaltung auf eine möglichst umfassende Teilnahme aller Betriebsangehörigen zu werten. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Indizwirkung als widerlegt anzusehen ist, wenn die (ganz) überwiegende Mehrheit der Beschäftigten ausdrücklich (etwa im Rahmen einer Umfrage) ihre Bereitschaft bekundet hat, für die Teilnahme am Betriebsausflug und damit für die Pflege der Betriebsgemeinschaft mehr als einen Tag Freizeit einzusetzen, bedarf im vorliegenden Zusammenhang mangels jeglicher Anhaltspunkte für einen derartigen Mehrheitswillen keiner weiteren Erörterung.
Die vorstehend angesprochenen Erschwernisse, die viele Mitarbeiter von einer Teilnahme an der Fahrt abhalten konnten, hätten sich unschwer vermeiden lassen. Es liegt auf der Hand, dass eine Vielzahl von Möglichkeiten in Betracht kam, einen Betriebsausflug mit geringeren Kosten und geringeren Beeinträchtigungen des Familienlebens auszurichten.
Schon in Anbetracht der Größe der Kreisverwaltung spricht nichts dafür, dass sich diese Bedenken unter Berücksichtigung der individuellen Betriebsverhältnisse nicht ausgewirkt hätten. Vielmehr ist ein offenbares Missverhältnis zwischen der Zahl der Teilnehmer zur Zahl der mit der Einladung angesprochenen Gesamtbelegschaft der Kreisverwaltung festzustellen. Dieses belegt ebenfalls die nur unzureichende Ausrichtung der Konzeption der Reise auf eine möglichst umfassende Teilnahme der Betriebsangehörigen und ist daher im vorliegenden Einzelfall als Anzeichen dafür zu werten, dass keine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vorgelegen hat. Gerichtet war die Einladung zur Teilnahme an der Fahrt nach I. an alle Beschäftigten der Kreisverwaltung unter Einschluss der Beschäftigten an den Kreisschulen und an die Mitarbeiter der H., mithin insgesamt an mehr als 500 Personen. Von diesen haben mit 43 nicht einmal 10 % teilgenommen.
Da bereits aus Rechtsgründen das Ereignis vom 03. September 1999 nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden kann, es insbesondere schon an der haftungsbegründenden Kausalität fehlt, ist kein Anlass gegeben, entsprechend dem Hilfsantrag des Klägers noch Beweis zu Fragen der haftungsausfüllenden Kausalität in Form der in medizinischer Sicht maßgeblichen Ursachen für die von ihm verspürten Beschwerden zu erheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.