Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 15.01.2003, Az.: 3 A 205/00

Rückforderung der von einer Fachhochschule für Dienstreisen gewährten Reisekosten; Erstattung der auf die Fahrstrecke zwischen Wohnort und Dienstort entfallenden Aufwendungen; Umfang der Reisekostenvergütung; Verpflichtung zur regelmäßigen Anwesenheit am Dienstort; Unbeachtlichkeit der Zusage der Umzugskostenvergütung

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
15.01.2003
Aktenzeichen
3 A 205/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 26778
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOSNAB:2003:0115.3A205.00.0A

Verfahrensgegenstand

Rückforderung von Reisekosten

Prozessführer

Professor Dr. A.

Prozessgegner

B.

Redaktioneller Leitsatz

Ein Dienstreisender ist nicht verpflichtet, vor Beginn der Dienstreise oder zu deren Abschluß die Dienststelle auch dann aufzusuchen, wenn dort für ihn keine Anwesenheitspflicht besteht und er dort keine Dienstpflichten zu erfüllen hat. In diesem Fall beginnt und endet die Dienstreise an der Wohnung. Es ist dem Dienstreisenden nicht zuzumuten, zur Wahrnehmung auswärtiger Dienstgeschäfte jeweils zunächst zur Dienststelle zu fahren, um dort reisekostenrechtlich die Dienstreise beginnen zu lassen und nach Erledigung des Dienstgeschäfts die Dienststelle erneut allein zum Zweck der Beendigung der Dienstreise aufzusuchen. Dies gilt selbst dann, wenn der Umweg über die Dienststelle nur ein geringfügiger ist. Entscheidend ist allein die Tatsache, dass der Dienstreisende den Umweg nur deshalb in Kauf nehmen müßte, um eine reisekostenrechtliche Kostenersparnis zu erreichen.

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 3. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Essig,
den Richter am Verwaltungsgericht Specht,
die Richterin Meyer,
sowie die ehrenamtlichen Richterinnen C. und D.
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 5.7.2000 und deren Widerspruchsbescheid vom 17.10.2000 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung ihm für Dienstreisen in den Jahren 1995 bis 1999 gewährter Reisekosten seitens der Fachhochschule E..

2

Der Kläger ist mit Wirkung zum 1.1.1992 zum Professor der Fachhochschule E. ernannt worden. Dabei wurde ihm eine Umzugskostenzusage für einen Umzug von seinem Wohnort Niederkassel bei Bonn in das Einzugsgebiet von E. erteilt. Ein Umzug des Klägers erfolgte erst im Jahr 2001.

3

Ab dem Wintersemester 97/98 erteilte der Kläger Lehrveranstaltungen auch am Standort Lingen der Beklagten. Mit Wirkung zum 1.3.1998 wurde ihm eine Professur am Standort Lingen übertragen. Bis zum Wintersemester 98/99 erteilte er Lehrveranstaltungen in Lingen und E.. Im Juli 1999 wurde ihm eine Umzugskostenzusage für einen Umzug nach Lingen erteilt.

4

Mit Schreiben vom 3.4. und 4.5.2000 hörte die Fachhochschule den Kläger zu der von ihr beabsichtigten Rückforderung gewährter Reisekosten unter Beifügung einer dienstreisebezogenen tabellarischen Aufstellung der Neuberechnungen von Erstattungsbeträgen und Überzahlungen an. Im Anschluß an die Stellungnahme des Klägers vom 28.6.2000 setzte sie mit Bescheid vom 5.7.2000 den Betrag der zurückzuerstattenden Reisekosten auf 4.721,83 DM fest und hob die Festsetzungen für Reisekostenerstattungen für Dienstreisen zwischen dem 28.6.1995 und dem 30.8.1999 in Höhe dieses Betrags auf, weil die auf die Fahrstrecke zwischen Wohn- und Dienstort entfallenden Aufwendungen nicht erstattungsfähig gewesen seien. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Fachhochschule mit Bescheid vom 17.10.2000 zurück. Auf den Inhalt vorgenannter Schreiben und Bescheide wird Bezug genommen.

5

Am 17.11.2000 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er geltend macht, die Erstattungsbeträge seien ihm zu recht gewährt worden. Mangels rechtlicher Vorgabe habe er die Dienstreise nach eigenem Ermessen am Wohnort oder am Dienstort unabhängig von deren Entfernung zueinander antreten können, denn er habe die Dienststelle nicht aufsuchen müssen. § 7 BRKG treffe insoweit keine Regelung und die Dienstreisen seien stets genehmigt gewesen. Die ihm mit seiner Ernennung erteilte Umzugskostenzusage, aufgrund derer er keine Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Dienstort habe erstattet bekommen, sei insofern ohne Bedeutung. Daraus seien für ihn auch keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Erstattungen ersichtlich gewesen. - Nach vielen Jahren habe er auf den Bestand der Erstattungen vertrauen dürfen und habe das Geld verbraucht bzw. Dispositionen getroffen, die nicht rückgängig gemacht werden könnten.

6

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 4.5.2000 und deren Widerspruchsbescheid vom 17.10.2000 aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Die Beklagte trägt als Rechtsnachfolgerin des Landes Niedersachsen und Trägerin der Fachhochschule E. unter Berufung auf die ergangenen Bescheide vor, dass sich aus der Umzugskostenzusage i.V.m. den Bestimmungen über die Gewährung von Trennungsgeld ergebe, dass der Kläger die Aufwendungen für die Fahrstrecke zwischen Wohnung und Dienststelle selbst trage. Dieser Grundsatz sei auf das Reisekostenrecht zu übertragen, so dass der Kläger so zu behandeln sei, als ob die Dienstreisen nicht an seinem Wohnort, sondern am Dienstort begonnen bzw. beendet worden wären. Die Genehmigung der Dienstreise sei Voraussetzung der Erstattung dem Grunde nach, sei jedoch für die Höhe der Erstattung bedeutungslos. - In Höhe der Überzahlungen habe der Kläger eigene Aufwendungen für Fahrten zum Dienstort erspart, so dass kein "Verbrauch" der Erstattungsbeträge im rechtlichen Sinn vorliege. Die Erstattungen hätten keinen Umfang gehabt, der sich auf die Lebensführung des Klägers habe auswirken können. Auch habe der Kläger die Rechtswidrigkeit der Erstattungen zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt, da ihm die Folgen der Umzugskostenzusage geläufig gewesen seien.

9

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

10

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig und begründet. Der Kläger wird durch den Rückforderungsbescheid in seinen Rechten verletzt, denn dieser ist rechtswidrig, weil die Voraussetzungen der (teilweisen) Rücknahme der Reisekostenerstattungen gemäß § 48 BVwVfG i.V.m. § 1 NdsVwVfG in unzutreffender Weise angenommen worden sind. Die Beklagte ist als Stiftung des öffentlichen Rechts beteiligungsfähig (§ 61 Nr. 1 VwGO), besitzt die Dienstherrnfähigkeit (§ 58 Absatz 1 Satz 1 NHG) und ist als Rechtsnachfolgerin des Landes Niedersachsen (§§ 1 Absatz 1, 2 Absatz 1, 5 Absatz 1, 9 der Verordnung über die "Stiftung Fachhochschule E." vom 17.12.2002. GVBl. S. 858) bezüglich der aus dem Beamtenverhältnis zum Kläger wurzelnden Ansprüche passivlegitimiert. § 8 des Niedersächsisches Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung ist nicht einschlägig; diese Bestimmung betrifft die unmittelbaren Landesbehörden, die Fachhochschule E. ist hingegen aufgrund der Trägerschaft der Beklagten eine mittelbare Landesbehörde (vgl. Kopp/Schenke, § 61 Rn. 13).

11

Die Entscheidungen über Reisekostenerstattungen sind entgegen der Annahme der Beklagten nicht deshalb teilweise rechtswidrig, weil diese die (hypothetischen) Aufwendungen für die Fahrstrecke zwischen Wohn- und Dienstort des Klägers nicht zu dessen Lasten berücksichtigt haben. Es war rechtlich nicht geboten, den Erstattungsanspruch des Klägers im Wege einer Vergleichsberechnung auf Aufwendungen zu beschränken, die entstanden wären, wenn der Kläger die Dienstreise am Dienstort begonnen bzw. beendet gehabt hätte.

12

Der Kläger als Beamter mit Dienstbezügen des Landes erhält gemäß § 98 Absatz 1 Satz 1 NBG Reise- und Umzugskotenvergütung und Trennungsgeld in entsprechender Anwendung der für die Bundesbeamten geltenden Rechtsvorschriften; in Satz 2 dieser Norm geregelte Sondervorschriften sind im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägig.

13

Gemäß § 3 Absatz 1 Satz 1 BRKG hat der Dienstreisende Anspruch auf Reisekostenvergütung zur Abgeltung der dienstlich veranlassten Mehraufwendungen. Die Reisekostenvergütung umfasst nach § 4 BRKG u.a. die Fahrkostenerstattung für Strecken, die mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln zurückgelegt worden sind (§ 5 BRKG), sowie das Tage-(§ 9 BRKG) und das Übernachtungsgeld (§ 10 BRKG). Dabei richtet sich die Dauer der Dienstreise nach der Abreise und Ankunft an der Wohnung, an deren Stelle die Dienststelle tritt, sofern die Dienstreise dort angetreten wird (§ 7 BRKG).

14

Unstreitig hat der Kläger vorliegend genehmigte Dienstreisen durchgeführt und war insoweit Dienstreisender im Sinne vorstehender Bestimmung. Unter Zugrundelegung eines Beginns der Dienstreise am Wohnort des Klägers hat die Beklagte dem Kläger in Anwendung vorstehender Bestimmungen Reisekostenvergütung gewährt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger so hätte gestellt werden müssen, als ob die Dienstreisen an seinem Dienstort begonnen hätten. Insofern ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 21.6.1989, 6 C 4/87, E 82, 148 ff = NVwZ-RR 1989, 655 ff, zitiert nach juris) davon auszugehen, dass der Kläger seine Wohnung als Ausgangs- und Endpunkt der Dienstreisen bestimmen durfte. Insbesondere ist nicht durch § 7 BRKG festgelegt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Dienstreise an der Wohnung oder an der Dienststelle zu beginnen oder zu beenden ist; die Vorschrift stellt vielmehr Wohnung und Dienststelle insoweit gleich und bemißt lediglich die Dauer der Dienstreise danach, wann der Beamte von einem dieser Punkte aus abgereist ist und wann er an einen dieser Punkte zurückgekehrt ist. Wo die Dienstreise nach reisekostenrechtlichen Gesichtspunkten anzutreten und zu beenden ist, läßt sich somit nur nach den konkreten Umständen des einzelnen Falles beurteilen und entzieht sich damit einer generellen Regelung. Soweit der Beamte hierzu von seinem Vorgesetzten weder im konkreten Fall noch allgemein eine Weisung erhalten hat und deswegen genötigt ist, den Ausgangs- und Endpunkt der Dienstreise selbst zu bestimmen, hat er allerdings nicht die freie Wahl, ob er die Dienstreise von seiner Wohnung oder von der Dienststelle aus antritt und wo er sie beendet. Er hat bei dieser Entscheidung vielmehr in erster Linie die Belange und Erfordernisse des Dienstes zu beachten, insbesondere das Gebot, die mit der Dienstreise verbundene Unterbrechung der üblichen dienstlichen Tätigkeit so gering wie möglich zu halten. Eine Dienstreise, die nach Beginn der täglichen Dienstzeit anzutreten ist, wird ihren Ausgang deswegen regelmäßig von der Dienststelle zu nehmen haben, es sei denn, dies führe zu einer vermeidbaren Verlängerung ihrer Dauer oder zu einer Steigerung der Fahrkosten. Allgemein bestimmt sich der reisekostenrechtlich maßgebende Ausgangs- und Endpunkt der Dienstreise im Blick auf den dieses Rechtsgebiet beherrschenden Sparsamkeitsgrundsatz danach, zwischen welchen dieser Punkte die Dienstreise mit dem geringsten Aufwand an Zeit und Kosten durchgeführt werden kann, ohne daß dienstliche Belange beeinträchtigt werden (BVerwG, aaO, mwN; Meyer/Fricke, Reisekosten im öffentlichen Dienst, Band 2, § 7 Rn. 10; Kopicki/Irlenbusch, Reisekostenrecht des Bundes, Band I, § 7 Anm. 2).

15

Das das Reisekostenrecht beherrschende Sparsamkeitsgebot gilt indessen nicht unbeschränkt. Es darf insbesondere nicht ohne jede Rücksicht auf den Dienstreisenden und dessen persönliche Belange durchgesetzt werden. Insoweit findet es in der Fürsorgepflicht eine Grenze, jenseits derer es dem Dienstherrn verboten ist, den Dienstreisenden im Interesse der Einsparung von Reisekosten finanziellen oder persönlichen Belastungen auszusetzen, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erzielenden Kostenersparnis stehen (BVerwG, aaO, mwN; Meyer/Friscke, Reisekosten im öffentlichen Dienst, Band 2, § 7 Rn. 10 a.E.; Kopicki/Irlenbusch, Reisekostenrecht des Bundes, Band I, § 7 Anm. 2). Ein Dienstreisender ist folglich nicht verpflichtet, vor Beginn der Dienstreise oder zu deren Abschluß die Dienststelle auch dann aufzusuchen, wenn dort für ihn keine Anwesenheitspflicht besteht und er dort keine Dienstpflichten zu erfüllen hat. In diesem Fall beginnt und endet die Dienstreise an der Wohnung. Es ist dem Dienstreisenden nicht zuzumuten, zur Wahrnehmung auswärtiger Dienstgeschäfte jeweils zunächst zur Dienststelle zu fahren, um dort reisekostenrechtlich die Dienstreise beginnen zu lassen und nach Erledigung des Dienstgeschäfts die Dienststelle erneut allein zum Zweck der Beendigung der Dienstreise aufzusuchen. Dies gilt selbst dann, wenn der Umweg über die Dienststelle nur ein geringfügiger ist. Entscheidend ist allein die Tatsache, dass der Dienstreisende den Umweg nur deshalb in Kauf nehmen müßte, um eine reisekostenrechtliche Kostenersparnis zu erreichen (BVerwG, aaO, Meyer/Fricke, aaO, Rn. 11;; Kopicki/Irlenbusch, Reisekostenrecht des Bundes, Band I, § 7 Anm. 2). Bezüglich der in Rede stehenden Dienstreisen des Klägers ist unstreitig, dass die Bestimmung des Dienstortes als Ausgangs- oder Endpunkt der Dienstreisen nicht durch Belange oder Erfordernisse des Dienstes geboten waren. Insoweit hat der Kläger mit Schriftsatz vom 4.12.2000 bezüglich der seitens der Beklagten angeführten Dienstreisen dargelegt, vor bzw. nach welchen Dienstreisen seine Anwesenheit am Dienstort nicht geboten gewesen sei, ohne dass die Beklagte dem durch widerstreitenden eigenen Vortrag substantiiert entgegen getreten wäre.

16

Für den Kläger als Professor der Beklagten sind gemäß §§ 48 Absatz 1, 55 Absatz 4 Satz 1 NHG die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Arbeitszeit mit Ausnahme der im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägigen Vorschriften über Teilzeitbeschäftigung in § 80 Abs. 4 sowie den §§ 80 a, 80 c, 80 e, 87 a, 87 b und 108 b NBG nicht anzuwenden. Eine von konkreten dienstlichen Verpflichtungen wie Unterrichtsveranstaltungen oder Dienst unabhängige, nicht anlaßbezogene, allgemeine Verpflichtung zur regelmäßigen Anwesenheit am Dienstort besteht für den Kläger nicht. Vielmehr konnte der Kläger seine Dienstverrichtung in zeitlicher wie örtlicher Hinsicht nach eigenem Ermessen gestalten. Soweit für ihn kein anlaßbezogenen Anwesenheitspflicht bestand und er keine Dienstreise zu unternehmen hatte, konnte er seine dienstlichen Obliegenheiten in seiner Wohnung erledigen. Bei dieser Ausgestaltung der dienstlichen Tätigkeit des Klägers war ihm im Sinne obiger Grundsätze nicht zuzumuten, zur Wahrnehmung auswärtiger Dienstgeschäfte jeweils zunächst zur Dienststelle zu fahren, um dort reisekostenrechtlich die Dienstreise beginnen zu lassen oder nach Erledigung des Dienstgeschäfts die Dienststelle erneut allein zum Zweck der Beendigung der Dienstreise aufzusuchen. Aus dem Sparsamkeitsgebot läßt sich - wie ausgeführt - nicht allgemein herleiten, daß ein Dienstreisender aus reisekostenrechtlichen Sparsamkeitserwägungen vor Beginn der Dienstreise und zu deren Abschluß stets die Dienststelle auch dann aufzusuchen hat, wenn für ihn dort keine Anwesenheitspflicht besteht und er dort keine Dienstpflichten zu erfüllen hat.

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Die dem Kläger zu gewährende Reisekostenvergütung durfte auch nicht deshalb gekürzt werden, weil nach § 3 Abs. 1 BRKG bei Dienstreisen nur die dienstlich veranlaßten Mehraufwendungen zu erstatten sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, aaO, mwN) folgt aus dieser Vorschrift, daß dem Beamten durch die Dienstreise keine wirtschaftlichen Nachteile, aber auch keine besonderen Vorteile entstehen sollen. Die Erstattung von Reisekosten kommt demnach nur in Betracht, wenn der Beamte Aufwendungen machen mußte, die nicht durch seine allgemeine Lebensführung verursacht sind. Das erfordert einen rechnerischen Vergleich zwischen den ihm durch die Dienstreisen entstandenen Aufwendungen und den Kosten, die dem Beamten dadurch entstehen würden, daß er anderenfalls - ohne die dienstliche Veranlassung durch die Dienstreise - von seiner Wohnung zur Dienststelle und zurück fahren müßte. Denn die Kosten der arbeitstäglichen Fahrten des Beamten zwischen Wohnung und Dienststelle fallen in den Bereich seiner allgemeinen Lebensführung und sind deshalb von ihm zu tragen. Im Hinblick auf die Fahrkosten zwischen Wohnung und Dienststelle kann ein gemäß § 3 Abs. 1 BRKG reisekostenrechtlich relevanter Mehraufwand durch Dienstreisen deshalb nur dann entstehen, wenn der nicht am Dienstort wohnende Beamte nicht grundsätzlich, um seiner Anwesenheitspflicht am Dienstort zu genügen, arbeitstäglich auf seine Kosten von seiner Wohnung zu der Dienststelle und zurück fahren muß. Wenn jedoch der Beamte aufgrund der besonderen Gestaltung seiner dienstlichen Aufgaben hierzu nicht verpflichtet ist, fehlt es an der für den rechnerischen Vergleich zwischen tatsächlichen Aufwendungen und Kosten der allgemeinen Lebensführung erforderlichen wirklichkeitsgerechten Grundlage. In diesem Fall ist die Tätigkeit des Beamten nicht durch die arbeitstägliche Anwesenheitspflicht in der Dienststelle geprägt, so daß Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle nicht den Kosten für seine allgemeine Lebensführung zugerechnet werden können. Diese Voraussetzungen hat das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung selbst für den Fall bejaht, dass der Beamte seinen Dienst außerhalb der Dienststelle in der Weise zu erfüllen hat, daß er an einzelnen Arbeitstagen Dienstreisen zu unternehmen hat, an anderen, im einzelnen festgelegten Tagen dienstliche Obliegenheiten mit Zustimmung des Dienstherrn in seiner Wohnung verrichtet. In diesem Fall kann nach der Zweckbestimmung des § 2 Abs. 1 BRKG eine Anrechnung der Kosten für die Fahrt zwischen Wohnung und Dienststelle nicht erfolgen. Denn auch insoweit besteht keine Anwesenheitspflicht in der Dienststelle. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Dienstherr seine Zustimmung zur Erfüllung von dienstlichen Aufgaben in der Wohnung des Beamten nicht nur für eine vorübergehende Situation, sondern auf Dauer erteilt hat.

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Vorstehenden Erwägungen kann die Beklagte nicht durchgreifend entgegen halten, dass dem Kläger aufgrund der zur Ernennung zum 01.01.1992 erteilten Umzugskostenzusage mangels Umzugswilligkeit kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach der Trennungsgeldverordnung i.V.m. § 12 BUKG zustand. Der diesen Vorschriften zugrunde liegende Rechtsgedanke lässt sich mangels normierter Pflicht zur Wohnsitznahme im Einzugsbereich des Dienstortes (§§ 82, 83 NBG) der Beamten nicht im Sinne einer Residenzpflicht - auch nicht im Sinne einer bloßen Obliegenheit des Klägers - für die Auslegung und Anwendung reisekostenrechtlicher Bestimmungen heranziehen. Die trennungsgeldrechtlichen Bestimmungen verteilen für den Fall einer Zusage der Umzugskostenvergütung die Kostentragungspflicht für Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnort und Dienststelle zwischen Dienstherr und versetzten Beamten nach Maßgabe der Übernahme von Umzugskosten durch den Dienstherrn einerseits und der Verantwortlichkeit des Beamten für ein Unterlassen des Umzugs andererseits. Diese Regelungen lassen dem Beamten gerade auch im Fall der Umzugskostenzusage die persönliche Freiheit, über den Ort seiner Wohnung zu entscheiden. Die Umzugskostenvergütungszusage verfolgt nicht den Zweck, den Beamten durch Ausübung wirtschaftlichen Drucks zu einem Umzug in den Einzugsbereich des Dienstorts zu nötigen, sondern soll - als vielmehr ausschließlich begünstigender und nicht selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt - den Beamten von den mit dem Umzug verbundenen dienstlich veranlaßten Mehraufwendungen nach näherer Ausgestaltung freistellen und den Dienstherrn bei fehlender Umzugswilligkeit von weiteren Aufwendungen gemäß den Bestimmungen der Trennungsgeldverordnung freihalten. Dabei wird die Entscheidung über die Erteilung der Zusage im Rahmen näherer umzugskostenrechtlicher Vorgaben maßgeblich von fiskalischen Erwägungen geprägt (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesumzugskostengesetz - BUKGVwV - Ziffer 3.1.2; Meyer/Fricke, Umzugskosten im öffentlichen Dienst, § 3 BUKG Rn. 44, 47 f, 58). Hieraus lässt sich ein auf das Reisekostenrecht übertragbarer Rechtsgedanke, der für die Gewährung von Reisekostenerstattungen die fiktive Annahme eines solchen Umzugs begründete, nicht gewinnen. Das Umzugskostenrecht befasst sich weder mit den Kosten der Durchführung von Dienstreisen noch lassen sich aus ihm für die Frage der Kostentragungspflicht bezüglich dienstlich veranlasster Reiseaufwendungen Auslegungsvorgaben entwickeln, zumal auch § 3 Absatz 1 Satz 2 BRKG, wonach Art und Umfang des Anspruchs auf Reisekostenvergütung ausschließlich durch das BRKG bestimmt werden, gegen die Heranziehung aus anderen Rechtsmaterien gewonnener Auslegungsgrundsätze spricht. Es mag sein, dass die Beklagte sich bei der Zusage der Umzugskostenvergütung von dem Wunsch hat leiten lassen, möglichst viele der ihr zugehörigen Professoren mögen sich am Dienstort niederlassen; diesem Motiv kommt jedoch im Regelungsgeflecht der Bestimmungen des NBG i.V.m. den Bestimmungen des BRKG und BUKG keine rechtliche Relevanz zu. Vielmehr erklärt das NBG die Bestimmungen der Bundesgesetze soweit es im vorliegenden Zusammenhang von Interesse ist für uneingeschränkt anwendbar, ohne die Möglichkeit einer differenzierten Rechtsanwendung bezüglich der Universitäten und deren Professoren zu eröffnen.

19

In Ansehung der dargestellten Rechtsprechung zum Reisekostenrecht läßt sich der seitens der Beklagten postulierte Auslegungsgrundsatz auch nicht den Tatbestandsmerkmalen des § 3 BRKG bzw. dem Sparsamkeitsgrundsatz entnehmen. Vielmehr spricht die Gesetzgebungsgeschichte des § 7 BRKG gegen die von der Beklagten vorgenommene fiktive Reisekostenberechnung. Zwar betrifft der Regelungsgehalt der Bestimmung originär nur die Bemessung der Dauer, doch bedarf es dafür der Bestimmung des Anfangs- und Endpunktes der Dienstreise. Entgegen der früheren, maßgeblich auf den Dienstort abstellenden Fassung dieser Bestimmung trat mit der am 1.11.1973 in Kraft getretenen Neufassung an die Stelle des Dienstortsprinzips das Wohnortprinzip (Kopicki/Irlenbusch, aaO, § 7 Anm. 1). Das Dienstortprinzip hatte seine Begründung in der früheren Residenzpflicht der Beamten; das Wohnortprinzip ist eine Folge dessen Wegfalls. So normiert § 7 Satz 1 BRKG die reisekostenrechtliche Grundregel, dass sich die Dienstreisedauer nach Abreise und Ankunft an der Wohnung richtet. Die beiden Sätze des § 7 BRKG verhalten sich nicht so zueinander, dass diejenige Regelung anzuwenden wäre, nach der sich die niedrigere Reisekostenvergütung ergibt. Vielmehr hat der Gesetzgeber bewußt die mit dem früheren Dienstortprinzip verbundenen Fiktionen und die frühere Ungleichbehandlung von Beginn und Ende einer Dienstreise am Dienstort und an einem außerhalb dieses Ortes gelegenen Wohnort aufgegeben. Er wollte damit ausweislich der amtlichen Begründung auch der Verwaltungsvereinfachung dienen und hat insoweit im Einzelfall entstehende Mehraufwendungen in Kauf genommen. Es würde deshalb diesem ausdrücklichen Willen widersprechen, wenn das Dienstortprinzip auf dem Umweg über die Spitzberechnung der dienstlich veranlassten Mehraufwendungen gemäß § 3 Absatz 1 BRKG wieder eingeführt würde (Kopicki/Irlenbusch, aaO, § 7 Anm. 1). Der seitens der Beklagten befürworteten Reisekostenberechnung auf der Grundlage eines fiktiven, mit dem Dienstort identischen Wohnorts steht auch entgegen, dass selbst die umzugskostenrechtlichen Bestimmungen lediglich an einen Umzug in den Einzugsbereich des Dienstorts (§§ 12 Absatz 2 Satz 1, 3 Absatz 1 Nr. 1 lit. c BUKG) anknüpfen, so dass eine fiktive Reisekostenberechnung mit der Unwägbarkeit einer möglichen Wohnsitznahme innerhalb eines Kreisdurchmessers von bis zu 60 km behaftet wäre. Dem Rechtsstandpunkt der Beklagten ist zudem entgegen zu halten, dass sie selbst nur dann an den fiktiven Wohnsitz anknüpfen will, wenn dies aufgrund der Belegenheit des Geschäftsorts für den Dienstherrn kostenmäßig günstiger ist, wohingegen es in den übrigen Fällen bei der Abrechnung unter Anknüpfung an den tatsächlichen Wohnort verbleiben soll. Eine solche anhand eines gespaltenen Wohnsitzbegriffs differenzierende Anwendung belegt, dass sich der seitens der Beklagten im Umzugskostenrecht verortete Rechtsgrundsatz nicht bruchfrei in das Reisekostenrecht übertragen lässt, vielmehr jedenfalls die vom Bundesverwaltungsgericht in oben angeführter Entscheidung verneinte Rechtspflicht des Beamten voraussetzte, sein Ermessen bei der Auswahl von Anfangs- und Endpunkt der Dienstreise unabhängig von seinen Anwesenheitspflichten am Dienstort ausschließlich am Sparsamkeitsgrundsatz auszurichten.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Zulassung der Berufung erfolgt mit Blick auf den Umstand, dass die Rechtsfrage, inwieweit einer erteilten Umzugskostenvergütungszusage rechtliche Bedeutung für den Reisekostenerstattungsanspruch eines Beamten zuzukommen vermag, rechtlich bislang nicht geklärt ist.

Essig
Specht
Meyer