Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 19.03.2008, Az.: 3 U 218/07
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 19.03.2008
- Aktenzeichen
- 3 U 218/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 42445
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:0319.3U218.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 09.08.2007 - AZ: 8 O 277/06
Fundstelle
- WM 2008, 1270-1273 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. August 2007 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegenüber der beklagten Bank Schadensersatzansprüche aus einer Beteiligung am VIP Medienfonds IV geltend und begehrt die Rückabwicklung ihrer Kapitalanlage.
Die Klägerin beteiligte sich am 25. Mai 2004 mit einem Betrag von 25 000 € als Kommanditistin an der F.... GmbH & Co. KG. Die Finanzierung sollte vereinbarungsgemäß in Höhe eines Teilbetrages von 13 625 € durch eigene Mittel der Klägerin, in Höhe der Differenz von 11 375 € durch ein Darlehen finanziert werden, welches die Klägerin - ebenfalls am 25. Mai 2004 - bei der Y-Bank aufnahm. Der Darlehensnennbetrag und die bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit vom 31. November 2004 sich aufsummenden Zinsen in Höhe von insgesamt 8 436,68 € waren bei Laufzeitende in einem Betrag zurückzuzahlen. Bei Abschluss des Vertrages, jedoch vor dessen Unterschrift wurde der Klägerin ein Verkaufsprospekt ausgehändigt.
Dem Abschluss der Verträge gingen mehrere Beratungen durch die Zeugin S. sowie den Zeugen St., beide Mitarbeiter der Beklagten, voraus, in deren Verlauf der Klägerin u.a. die Beteiligung unter Vorlage verschiedener Schaubilder erläutert und für die Klägerin auch eine persönliche Erfolgsprognose erstellt wurde. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Die von der Klägerin gezeichnete Anlage entwickelte sich nicht wie prognostiziert. Zum einen blieben die Ausschüttungen hinter den Prognosen zurück. Zum anderen entzog das Finanzamt München II dem Fonds durch Feststellungsbescheid vom 12. Dezember 2006 die gewährte steuerliche Anerkennung als Abschreibungsmodell, in dem es seinen Feststellungsbescheid vom 18. August 2005, der für das Jahr 2004 negative Einkünfte des Fonds aus Gewerbebetrieb in Höhe von 407 305 719 DM anerkannt hatte, änderte und negative Einkünfte lediglich noch in Höhe von 8 944 370 DM feststellte. Der abändernde Bescheid ist angefochten; die endgültige steuerliche Beurteilung steht aus. Für die einzelnen Anleger hatte diese Änderung zur Folge, dass deren die Verluste berücksichtigenden Einkommensteuerbescheide nachträglich zu ihrem Nachteil geändert wurden.
Die Klägerin, die mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 12. Dezember 2005 die Beklagte wegen fehlerhafter Aufklärung und Beratung aufgefordert hat, den bei ihr eingetretenen Schaden zu regulieren, hat behauptet, der Zeuge S. habe ihr in einem Gespräch am 27. April 2004 erklärt, sie müsse lediglich Eigenkapital in Höhe von 14 875 € aufbringen. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie hierüber hinaus einen Darlehensvertrag abschließen müsse, um die gesamte Beteiligung in Höhe von 25 000 € zu finanzieren. Zudem habe der Zeuge S. betont, dass es sich beim VIP Medienfonds IV um einen Garantiefonds handele, bei der die Klägerin kein Risiko eingehe. Die Anlage sei insbesondere unter dem Gesichtspunkt, Steuerersparnisse zu erzielen, für die Klägerin zu empfehlen. Darüber hinaus, so die Klägerin, habe die Zeugin St. bei einem weiteren Gespräch am 25. Mai 2004 ausdrücklich erklärt, die steuerliche Anerkennung des Fonds sei gesichert. Schließlich sei ihr bei Abschluss des Darlehensvertrags am 25. Mai 2004 nicht bewusst gewesen, dass sie persönlich, nicht lediglich die Fondsgesellschaft eine Kreditverbindlichkeit eingehe. Der Verkaufsprospekt sei ihr erst im Zuge der Beitrittserklärung übergeben worden.
Von diesem Sachverhalt ausgehend hat die Klägerin die Auffassung vertreten, ihr stünden gegen die Beklagte Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Verletzung eines Beratungsvertrages zu. Jedenfalls sei zwischen den Parteien ein Auskunftsvertrag zustande gekommen, dessen Pflichten die Beklagte nicht hinreichend erfüllt habe. Die Klägerin sei durch die Mitarbeiter der Beklagten falsch informiert und in die Irre geführt worden. Insbesondere sei die - auch im Prospekt enthaltene - Zusage unzutreffend, dass 115 % des Kommanditkapitals durch die Schuldübernahmeerklärung einer Großbank gesichert wären. Ebenfalls irreführend seien die Angaben zur Verzinsung im Prospekt. Der im Kurzprospekt prognostizierte Gewinn von 16 869 € nach zehn Jahren habe lediglich einer effektiven Verzinsung von jährlich (brutto) 8 % entsprochen, nicht, wie im Prospekt dargestellt, von mehr als 22 %. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung und Beratung hätte sie die Fondsbeteiligung nicht gezeichnet.
Die Klägerin hat beantragt,
- 1.
die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14 875 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2005 zu zahlen.
- 2.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von sämtlichen Verpflichtungen freizustellen, die sich aus den zwischen der Klägerin und der Y-Bank am 25. Mai 2004 geschlossenen Darlehensvertrag über nominal 11 375 € zu der Nr. ... ergeben.
- 3.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von sämtlichen Verbindlichkeiten freizustellen, die sich aus der Beteiligung an der F.... GmbH & Co. KG über nominal 25 000 € zu der Kommanditisten-Nr. ... ergeben.
- 4.
Es wird festgestellt, dass die Verurteilung zu den Klageanträgen zu 1 - 3 Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus dem Kommanditanteil zu der Nr. ... an der F.... GmbH & Co. KG, G..., ergeben.
- 5.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der im Klagantrag zu 4 genannten Gegenleistung in Verzug befindet.
- 6.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 199,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt und im Übrigen die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits deshalb unschlüssig, weil nicht erkennbar sei, welcher Schaden der Klägerin aus der Beteiligung am VIP Medienfonds IV entstanden sein könnte. Die Fondsgesellschaft sei weiterhin werbend tätig, produziere Filme und erwarte Gewinne. Die seitens der Mitarbeiter S. und St. im Rahmen der Verkaufsgespräche abgegebenen Erklärungen hätten keine über den Inhalt des Fondsprospekts hinausgehenden Zusagen enthalten. Der Prospekt sei zutreffend und weise insbesondere hinsichtlich der seitens der Y-Bank abgegebenen Garantie keine relevanten Fehler auf. Zudem hätten die Mitarbeiter S. und St. dem Inhalt des Prospekts entsprechend auf die bestehenden Risiken hingewiesen. Die erstellten Prognoseberechnungen seien ausdrücklich als unverbindlich dargestellt worden. Die Klägerin selbst, die eine erfahrene Anlegerin sei, habe sich die ihr überreichten Unterlagen zunächst zur näheren Prüfung mit nach Hause genommen. Die von ihr eingefügten Anmerkungen in den Schaubildern zeigten, dass sie sich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt habe. Die der Beklagten als Anlagevermittlerin obliegende eigene Pflicht zur Prüfung des Fonds auf Plausibilität habe diese in jeder Hinsicht erfüllt.
Das Landgericht hat im Verhandlungstermin am 4. Mai 2007 die Klägerin persönlich angehört und Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen S. sowie der Zeugin St. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 4. Mai 2007 (Bl. 89 ff.d.A.) verwiesen.
Mit Urteil vom 9. August 2007 ist die Klage abgewiesen worden. Ansprüche der Klägerin, so das Landgericht, scheiterten daran, dass der Beklagten keine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei. Soweit dem Fonds die steuerliche Anerkennung versagt worden sei, sei die Klägerin auf die Vorläufigkeit der Anerkennung durch das Finanzamt und auf das Risiko einer abändernden Beurteilung hingewiesen worden. Dies ergebe sich aus den Bekundungen der vernommenen Zeugen. Die im Prospekt und auch in den Schaubildern angegebene Verzinsung sei zutreffend. Aus den Schaubildern sei ersichtlich, dass die dort genannten Zinssätze auf die gebundene Anlage der Klägerin bezogen seien. Auch die im Prospekt enthaltenen Hinweise auf eine Garantie der Y-Bank seien zutreffend. Insbesondere habe der Zeuge S. bekundet, dass er die Klägerin darauf hingewiesen habe, dass die Garantiezahlung an die Fondsgesellschaft geleistet werde. Soweit die Klägerin behauptet habe, ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie selbst ein Darlehen aufnehmen müsse, entspreche dies nicht den Bekundungen der Zeugen und sei unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin selbst den Darlehensvertrag unterzeichnet hat, unglaubwürdig.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die die Auffassung vertritt, der Umfang der der Beklagten obliegenden Pflichten ergebe sich aus einem mit ihr geschlossenen Anlageberatungsvertrag. Die Beklagte sei auf der Grundlage dieser vertraglichen Bindung verpflichtet gewesen, die Klägerin anlage- und anlegergerecht zu beraten. Diese Pflicht habe die Beklagte nicht hinreichend erfüllt und sich daher schadensersatzpflichtig gemacht. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang weiterhin, sie sei aufgrund der ihr vorgelegten Prognoseberechnungen von einer Verzinsung ihres Kapitals von 22,7 % ausgegangen. Sie verweist darauf, dass der Initiator des Fonds Sch. wegen der steuerlichen Gestaltung des Fonds zwischenzeitlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist und hält an ihrer Auffassung fest, nicht hinreichend über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein. Der von den Vermittlern geschilderte "worst case" bestehe nicht nur im möglichen Verlust ihres Kapitals, sondern auch in einer Nachschusspflicht als Gesellschafterin und in der Pflicht zur Rückzahlung des Darlehens zuzüglich aufgelaufener Zinsen. Zudem sei die von der X-Bank übernommene Garantie unzureichend, da die Garantie lediglich die Erstinvestitionen in Filme, nicht hingegen mögliche Reinvestitionen des Fonds absichere.
Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2008 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, die Beklagte habe für die Vermittlung von Anlegern des Medienfonds IV eine Provision von 8,25 % - 8,72 % des Nominalkapitals aus den eingezahlten Anlegergeldern erhalten. Zudem hätten die Anleger dadurch, dass ca. 70 % des eingezahlten Kapitals nicht zur Produktion von Filmen verwendet worden, sondern an die Y-Bank geflossen sind, um deren Garantie abzusichern, quasi sich selbst die ihnen erteilte Garantie finanziert.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das Urteil des Landgerichts Hannover vom 9. August 2007 wird aufgehoben.
- 2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14 875 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2005 zu zahlen.
- 3.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von sämtlichen Verpflichtungen freizustellen, die sich aus dem zwischen der Klägerin und der Y-Bank am 25. Mai 2004 geschlossenen Darlehensvertrag über nominal 11 375 € zu der Nr. ... ergeben.
- 4.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von sämtlichen Verbindlichkeiten freizustellen, die sich aus der Beteiligung an der F.... GmbH & Co. KG über nominal 25 000 € zu der Kommanditisten-Nr. ... ergeben.
- 5.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 199,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 6.
Es wird festgestellt, dass die Verurteilung zu den Berufungsanträgen zu 2 - 5 Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus dem Kommanditanteil zu der Nr. ... an der F.... GmbH & Co. KG, G..., ergeben.
- 7.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der im Berufungsantrag zu 6 genannten Gegenleistung in Verzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sach- und Rechtsstandpunktes. Soweit dem Fonds durch das Finanzamt
München II die steuerliche Anerkennung entzogen worden ist, beruhe dies nicht auf der steuerlichen Konstruktion des Fonds, sondern einer prospektwidrigen Verwendung der Anlegergelder durch den Fondsinitiator Sch...
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtzug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie bleibt jedoch im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche aus einem zwischen den Parteien (stillschweigend) geschlossenen Anlageberatungsvertrag zu. Zwar ist zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommmen (nachfolgend a). Die Beklagte hat jedoch keine der ihr insoweit obliegenden Pflichten verletzt (nachfolgend b).
a) Grundsätzlich kommt, selbst wenn eine Beratung nicht ausdrücklich als eigenständige entgeltliche Dienstleistung der Bank vereinbart ist, zwischen der Bank und dem Kunden ein Beratungsvertrag dadurch zustande, dass ein Anlageinteressent an das Kreditinstitut oder umgekehrt das Kreditinstitut an den Kunden herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. - aus Sicht der Bank - zu beraten ( BGH WM 1997, 662 [BGH 28.01.1997 - XI ZR 22/96]; ständige Rechtsprechung, vgl. Bankrechtshandbuch/Hannöver, 3. Aufl., § 110 Rn. 24 m.W.N.). Dabei erfolgt der Abschluss des Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs, gleichgültig, von wem die Initiative ausgegangen ist. Die Vereinbarung einer besonderen Vergütung für die Beratungsleistung der Bank ist keine Voraussetzung für das Zustandekommen des Beratungsvertrages (Bankrechtshandbuch, a.a.O., Rn. 25; BGH WM 1987, 495). Aufklärungs- und Beratungspflichten hat das Kreditinstitut unabhängig davon, ob es anschließend als Kommissionär oder als Verkäufer tätig wird. Anders ist es lediglich in den Fällen, in denen der Kunde mit gezielten Aufträgen an seine Bank herantritt und sich die Tätigkeit der Bank auf die Ausführung der ihr erteilten Aufträge beschränkt.
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist vorliegend zwischen der Klägerin und der Beklagten stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte hat sich nicht auf die Durchführung des Erwerbs einer von der Klägerin bereits vorab ausgewählten Anlage beschränkt, sondern aktiv die Klägerin beraten, ihr eine bestimmte Anlage empfohlen und zudem Prognoseberechnungen erstellt. Dass zwischen den Parteien hierfür keine besondere Vergütung vereinbart worden ist, ist, wie ausgeführt, ohne ausschlaggebende Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, dass bei den zwischen den Parteien in den Geschäftsräumen der Beklagten geführten Gesprächen seitens der Beklagten ein Rat erteilt worden ist, in welcher Form die Klägerin ihr Geld anlegen könne und hierbei spezifisch auf die Einkommensverhältnisse der Klägerin abgestimmte Berechnungen vorgenommen worden sind.
b) Der Streit der Parteien, ob vorliegend lediglich ein Anlagevermittlungs- oder ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist, hat allerdings für die Entscheidung des Rechtsstreits keine ausschlaggebende Bedeutung. Zwar ist die Bank bei der Anlageberatung im Unterschied zur bloßen Anlagevermittlung insbesondere verpflichtet, anlegergerecht zu beraten, also eine auf die individuellen Bedürfnisse, insbesondere die persönliche und wirtschaftliche Situation des Kunden abgestimmte Anlage zu empfehlen. Insoweit ist seitens der Klägerin gegenüber der Beklagten jedoch kein Vorwurf erhoben. Der VIP Medienfonds IV wäre, wenn ihm nicht nachträglich die steuerliche Anerkennung entzogen worden wäre, als Anlage für die Klägerin durchaus geeignet gewesen, insbesondere auch bei Berücksichtigung der steuerlichen Voraussetzungen der Klägerin, die im Jahr der Beteiligung Einkünfte in Höhe von rd. 44 000 € erzielt hat, die sie nach Steuerklasse I zu versteuern hatte, die zudem für das Jahr ihrer Anlageentscheidung mit einer möglichen Abfindung ihres Arbeitgebers rechnete und die im Übrigen, wie aus den von ihr vorgelegten Steuerbescheiden ersichtlich ist, über keine sonstigen steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten verfügte.
Eine Pflichtverletzung der Beklagten käme daher allenfalls wegen einer fehlerhaften Beratung der Klägerin über die mit ihrer Anlageentscheidung verbundenen Risiken in Betracht. Dabei haben sich jedoch die seitens der Klägerin aufgestellten Behauptungen durch die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme nicht bestätigt.
aa) Die Behauptung der Klägerin, ihr sei weder bewusst gewesen, dass sie zur Finanzierung ihrer Beteiligung neben dem anteilig aufzubringenden Eigenkapital auch ein Darlehen aufnehmen musste, noch, dass sie selbst und nicht die Fondsgesellschaft Vertragspartner des Darlehensgebers sein sollte, überzeugt schon nach den vorgelegten Unterlagen nicht. Die Klägerin selbst hat auf den ihr im Rahmen der Beratungsgespräche vorgelegten und übergebenen Schaubildern eigene Anmerkungen eingefügt. In dem Schaubild "Beteiligung im Überblick" hat sie zu dem Punkt "Anteilsfinanzierung: 45,5 % der Kommanditeinlage" selbst den Betrag des Darlehens, also 11 375 € eingefügt. Darüber hinaus ist urkundlich belegt, dass die Klägerin den Darlehensvertrag mit der X-Bank, in dem die Vertragsbeteiligten genannt sind, geschlossen und eigenhändig unterzeichnet hat. In Übereinstimmung mit diesen schriftlich vorliegenden Unterlagen haben demgemäß die vom Landgericht vernommenen Zeugen erklärt, es sei mit der Klägerin ausdrücklich besprochen worden, dass ein Teil der Beteiligungssumme durch ein von der Klägerin aufzunehmendes Darlehen zu finanzieren war.
bb) Auch über die Frage der Verzinsung der Beteiligung ist die Klägerin nicht getäuscht worden. Ihre Behauptung, sie sei von einer Verzinsung von 22,7 % ausgegangen, wird durch den vorliegenden Prospekt, den die Klägerin allerdings selber nicht gelesen haben will und dessen Inhalt insoweit nicht für eine Haftung der Beklagten herangezogen werden kann, nicht belegt; eine solche Verzinsung ist nicht versprochen. Soweit die Klägerin sich zur Begründung ihrer Behauptung auf die als Anlage K 7 vorgelegte Prognoseberechnung bezieht, ist dort zwar bei der Gesamtbetrachtung ein interner Zinsfuß nach Steuern von 12,9 % sowie ein interner Zinsfuß vor Steuern von 22,7 % genannt. Im unmittelbaren Anschluss hieran wird jedoch der Begriff des internen Zinsfußes genau bestimmt, wonach die angegebene Verzinsung jeweils nur das durch die Beteiligung gebundene Kapital betrifft, was wiederum für die Klägerin dort mit 5 186 € angegeben worden ist. Unabhängig hiervon hat die Klägerin in den von ihr kommentierten Schaubildern wiederum selbst eine Verzinsung von 910 €, bezogen auf eine Bareinlage von 11 375 € und eine daraus sich ergebende Verzinsung von 88 % errechnet und schriftlich vermerkt.
cc) Die Klägerin ist auch nicht über die mit der Beteiligung verbundenen steuerlichen Begünstigungen getäuscht worden. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte auf die Anerkennung der steuerlichen Konstruktion durch das Finanzamt München II, die im Zeitpunkt der Anlageentscheidung der Klägerin vorlag, ohne weiteres vertrauen durfte und konnte. Jedoch lag der Beklagten im Zeitpunkt der Anlageentscheidung der Klägerin zudem ein Steuergutachten der P.... GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 23. April 2004 vor, aus dem sich die Anerkennung der Anleger als Mitunternehmer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG und die daraus folgende anteilige Zurechnung der Ergebnisse des Fonds bei den Anlegern als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die damit verbundene sofortige Abzugsfähigkeit der mit der Herstellung der Filme im Zusammenhang stehenden Aufwendungen als Betriebsausgaben ergab. Mit dem der Beklagten vorliegenden Bescheid vom 7. April 2004 hatte das Finanzamt München II die Vergleichbarkeit des Fonds in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht mit den zuvor aufgelegten Medienfonds bestätigt und erklärt, dass die Verluste des Fonds für Zwecke der Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen und der Eintragung eines Freibetrages bei Anlegern auf der Lohnsteuerkarte anerkannt werden würden. Dass die Anerkennung nur vorläufig und dies auch der Klägerin bekannt war, ergibt sich nicht nur aus dem Prospekt, sondern auch aus der Aussage des Zeugen S., der erklärt hat, dass die Frage der Verlustzuweisung und die Problematik des § 2b EStG angesprochen worden sei. Hierauf wird auch in den der Klägerin ausgehändigten und mit ihr besprochenen Schaubildern verwiesen. In dem Schaubild "prognostiziertes steuerliches und liquides Ergebnis" heißt es fettgedruckt, dass in der Berechnung davon ausgegangen wird, dass die Beteiligung nicht den Vorschriften des § 2b EStG unterliegt. § 2b EStG bestimmt insoweit, dass negative Einkünfte aufgrund von Beteiligungen an Gesellschaften oder Gemeinschaften oder ähnlichen Modellen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden dürfen, wenn bei dem Erwerb oder bei der Begründung der Einkunftsquelle die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Forderung steht. Hieraus folgt, dass aus der Tatsache, dass das Finanzamt zwischenzeitlich die Grundlagenbescheide geändert und die einzelnen Steuerbescheide der Anleger angepasst hat, keine Haftung der Beklagten herzuleiten ist.
dd) Der Umstand, dass die steuerliche Anerkennung der zugewiesenen Verluste zwischenzeitlich aufgehoben ist, rechtfertigt auch aus anderen Gründen keine abweichende Bewertung. Aus den von der Beklagten entsprechend der durch den Senat in der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2008 gemachten Auflage überreichten Unterlagen ergibt sich, dass die Änderung des Feststellungsbescheides aus dem Jahr 2005 durch Bescheid des Finanzamts München II vom 12. Dezember 2006 nicht auf einer grundsätzlich anderen steuerlichen Bewertung des Fondskonzepts beruht, sondern ihre Grundlage in einer prospektwidrigen Verwendung der Anlegergelder durch den Fondsinitiator Sch. hat. Im steuerlichen Bericht heißt es insoweit ausdrücklich, der Beschuldigte habe prospektwidrig nur einen Teil der für die Filmproduktion vorgesehenen Mittel tatsächlich investiert und den Restbetrag im Wege einer verdeckten Kapitalanlage zur Sicherung des Kommanditkapitals wie Festgeld angelegt. Entsprechend ist im steuerlichen Bericht des Finanzamts München II vom 17. November 2006 (Anlage C B 6, dort Seite 15) ausdrücklich ausgeführt, dass von dem im Emissionsprospekt dargestellten Konzept in wesentlichen Punkten abgewichen wurde. Die budgetierten Produktionskosten seien zwar "wie im Prospekt vorgesehen, zunächst an den Produktionsdienstleister überwiesen, später aber nur zu 20 % für die Produktion von Filmen verwendet worden." Eine Haftung der Beklagten für das kriminelle Verhalten des Fondsinitiators und die sich hieraus ergebenden steuerlichen Folgen für die Anleger besteht nicht.
ee) Über das mit der Beteiligung verbundene Verlustrisiko war die Klägerin hinreichend informiert. Unstreitig ist, dass die Klägerin über den "worst case" ihrer Beteiligung in der Weise aufgeklärt worden ist, dass ihr, da es sich nach den damaligen Vorstellungen der Beklagten um eine unternehmerische Beteiligung handelte, der Totalverlust des eigenen Kapitals drohte. Darüber hinaus hat der Zeuge S. bei seiner Vernehmung durch das Landgericht auf Nachfrage ergänzend erklärt, er habe der Klägerin deutlich gemacht, dass über den Totalverlust hinaus zu berücksichtigen gewesen sei, dass "das Darlehen jeweils in Abzug zu bringen" gewesen sei, was der Senat dahingehend versteht, dass die Klägerin über ihre Verpflichtung, das Darlehen auch dann zurückzahlen zu müssen, wenn der Fonds nicht erfolgreich war, aufgeklärt worden ist. Im Übrigen erschließt sich diese Folge für jeden Anleger als Vertragspartner des Darlehensgebers von sich heraus auch ohne weitere Aufklärung durch die Vermittler. Deutlich wurde dies bei der vorliegenden Gestaltung für die Klägerin bereits daraus, dass diese das Darlehen aufnahm, jedoch während der Laufzeit des Darlehens weder Zins- noch Tilgungsleistungen erbrachte, diese vielmehr über die gesamte Laufzeit summiert wurden und am Ende der Beteiligung im Jahr 2014 als Gesamtbetrag in Höhe von rd. 19 000 € zurückzuzahlen waren.
ff) Schadensersatzansprüche der Klägerin bestehen auch nicht im Hinblick auf die der Klägerin erteilten Informationen über den Inhalt der seitens der Y-Bank übernommenen Garantie. Im Prospekt heißt es insoweit, die Bank verpflichte sich hinsichtlich aller bei der Erstinvestition realisierten Filme der Fondsgesellschaft, die Verpflichtungen des Lizenznehmers zur Erbringung der fest vereinbarten Schlusszahlungen in Höhe von mindestens 115 % des anteiligen Kommanditkapitals ohne Agio bezogen auf den Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital des Lizenzgebers zu übernehmen. Die Schuldübernahme, so der Prospekt, erfolge mit schuldbefreiender Wirkung für den Lizenznehmer. Dies bedeutet, dass die Schlusszahlungen im vorgenannten Umfang anstelle des Lizenznehmers von der Bank an die Fondsgesellschaft zu leisten waren. Für die Schuldübernahme erhielt die Bank, so die vertragliche Regelung, ein zwischen den Parteien vereinbartes Entgelt. Zur Erläuterung dieser Gestaltung hat der Zeuge S. erklärt, er habe der Klägerin dargestellt, dass für den "worst case" eine Zahlung in Höhe von 115 % des Fondskapitals an die Fondsgesellschaft gezahlt werden sollte. Bei Erörterung der Unterlagen habe er zudem klargestellt, dass sich diese 115 % nicht auf das Eigenkapital der jeweiligen Anleger bezogen, weshalb dieses als solches nicht gesichert war. Diese Erläuterung lässt sich aus den vorgelegten Schaubildern nachvollziehen, in denen es heißt, dass die Schlusszahlung an die Fondsgesellschaft geleistet werden muss. Entsprechend dieser Gestaltung hat die Y-Bank ausdrücklich schriftlich mitgeteilt, sie werde auf den Anteil der Produktionskosten in Höhe von 350 Mio. € die Schlusszahlungen im Umfang von 115 %, was einem Betrag von 445 Mio. € entspricht, erbringen.
Eine der Beklagten zurechenbare Fehlinformation der Klägerin durch die Darstellung im Prospekt, insbesondere aber in den Erklärungen des Vermittlers S. lässt sich damit nicht feststellen.
Soweit der Vorwurf der Klägerin nunmehr dahin geht, die Beklagte hafte deshalb, weil sich die Garantie der Y-Bank nur auf die Verpflichtung der Lizenznehmer aus den Erstproduktionen, nicht hingegen auf Reinvestitionen beziehe, rechtfertigt dies ebenfalls keinen Schadensersatzansprüche begründenden Vorwurf einer Fehlinformation. Abgesehen davon, dass sich die Garantie der Y-Bank ausdrücklich nur auf Erstinvestitionen, nicht hingegen auf Reinvestitionen bezieht (Prospekt Seite 90, rechte Spalte), ist nach den Erklärungen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in den mündlichen Verhandlungen mit Reinvestitionen ohnehin nicht zu rechnen. Zudem hat die Klägerin bei ihrer Anhörung durch das Landgericht selbst erklärt, maßgebend für sie sei gewesen, dass eine entsprechende Verlustzuweisung auf ihrer Lohnsteuerkarte eingetragen wurde. Die jetzt erörterte Frage, ob auch aus Verwertungserlösen vorzunehmende Reinvestitionen durch die Garantie der Y-Bank gesichert werden, war für die Anlageentscheidung der Klägerin mithin nicht von ursächlicher Bedeutung.
gg) Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2008 hat die Klägerin nunmehr ergänzend vorgetragen, die Beklagte habe für ihre Vermittlung Provisionen über das 5 %-ige Aufgeld hinaus, und zwar in Höhe von 8,25 - 8,72 % des Nominalkapitals aus den eingezahlten Anlegergeldern erhalten.
Dieser Vortrag der Klägerin ist schon objektiv nicht geeignet, Schadensersatzansprüche der Klägerin in der von ihr geltend gemachten Höhe zu begründen. Die Behauptung der Klägerin lässt insbesondere die Bezugsgröße für die Ermittlung der Provisionen nicht erkennen. Jedenfalls übersteigt eine Vermittlungsgebühr für die Darlehen von 8 - 9 % der Kreditsumme wegen der nur teilweisen Finanzierung der Fondsbeteiligung das - auf die Gesamtanlage bezogene - Agio von 5 % nicht. Unabhängig hiervon ergäbe sich, soweit an die Beklagte Vermittlungsprovisionen geflossen sind, hieraus zunächst allenfalls ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe dieser Beträge.
hh) Zutreffend ist schließlich, dass sich aus dem Prospekt die Höhe der Vergütung für die Y-Bank, die diese für die Übernahme der Garantieerklärung erhalten sollte, nicht ergibt. Hieraus allein eine Haftung der Beklagten mit der Begründung herleiten zu wollen, diese habe den Emissionsprospekt nicht hinreichend auf Plausibilität geprüft, hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Die Argumentation des Oberlandesgerichts München in einer Entscheidung vom 18. Dezember 2007, in der das angefochtene Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden ist, hebt auf den Umstand ab, dass tatsächlich der Produktionsdienstleister 80 % der ihm zur Verfügung gestellten Mittel den Lizenznehmern zur Verfügung gestellt hat. Diese Bewertung berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Weiterleitung eines erheblichen Teils der für die Filmproduktion vorgesehenen Mittel weisungswidrig und durch Scheinverträge seitens des Fondsinitiators Sch. erfolgte. Auch insoweit gilt, dass für eine prospektwidrige Verwendung der angelegten Mittel durch den Fondsinitiator eine Verantwortlichkeit der Beklagten nicht besteht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht gegeben.