Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 05.05.2003, Az.: 6 A 5712/02
Beförderungsrichtlinien; Schulweg; Schulweglänge; Schülerbeförderung; Wegezeit; Zumutbarkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 05.05.2003
- Aktenzeichen
- 6 A 5712/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48113
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 63 Abs 3 SchulG ND
- § 114 Abs 1 SchulG ND
- § 114 Abs 2 SchulG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Es besteht kein sachlicher Grund dafür, Schülerinnen und Schülern des Primarbereichs, denen der Besuch einer anderen Schule nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG gestattet worden ist, einen längeren Schulweg (hier: 60 Minuten reine Wegezeit) zuzumuten als den Schülerinnen und Schülern, die die zuständige Schule besuchen.
Tatbestand:
Die am ... Mai 1994 geborene Klägerin wohnt im Ortsteil K. der Stadt L. und besucht seit Beginn des Schuljahres 2002/2003 in Hannover die im Stadtteil Mittelfeld gelegene Grundschule I., einem Mitglied des für die Landeshauptstadt Hannover eingerichteten Kooperationsverbunds Hochbegabtenförderung, um die dadurch gegebenen Möglichkeiten einer besonderen Förderung in Anspruch zu nehmen. Dieser Schulbesuch ist ihr mit Bescheid der für ihren Wohnort zuständigen Grundschule Lohne vom 16. August 2002 gestattet worden, weil er aus pädagogischen Gründen geboten scheint.
Auf Antrag des Vaters der Klägerin entschied die Beklagte mit Bescheid vom 26. August 2002 über die Schülerbeförderung des Kindes zur Grundschule. Sie lehnte darin eine Beförderung der Klägerin zur Grundschule I. in Hannover mit einem Mietwagen ab und erklärte sich stattdessen bereit, die Kosten für eine SchulCard des Dreizonenpreises von gegenwärtig 38,50 Euro monatlich zu übernehmen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, eine Direktbeförderung im sog. Freistellungsverkehr erfolge nur dann, wenn eine Schülerin oder ein Schüler wegen einer Behinderung nicht in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, wenn keine Verbindungen im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) vorhanden seien oder der Weg von der Wohnung zur nächsten Haltestelle des ÖPNV länger als 2 Kilometer sei. Im Fall der Klägerin werde die zumutbare Belastbarkeit mit der Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel nicht überschritten. Die Fahrt von L. nach Hannover dauere höchstens 40 Minuten. Hinzu komme ein Gesamtfußweg von ca. 900 m in K. und in Hannover, so dass die zumutbare Wegezeit von 60 Minuten nicht überschritten werde.
Gegen die Verfügung erhob der Vater der Klägerin mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 27. August 2002 Widerspruch. Zur Widerspruchsbegründung wurde vorgetragen, dass eine Fahrtzeit von 40 Minuten nur unter günstigsten Bedingungen eingehalten werden könne, was von einem 8-jährigen Kind nicht erwartet werden könne. Die errechnete Zeit von 6 Minuten zum Umsteigen aus der S-Bahn in die U-Bahn im Hauptbahnhof Hannover reiche nicht aus, da der Hauptbahnhof in voller Breite zu durchqueren sei und anschließend drei Etagen zur U-Bahn überwunden werden müssten. Außerdem sehe die Rechtsprechung gegenwärtig für den Primarbereich nur eine Wegezeit ohne Wartezeit von 30 Minuten als zumutbar an. Im Übrigen bestehe die Gefahr, dass sich die erst 8-jährige Schülerin angesichts der Größe des Hauptbahnhofs Hannover und der starken Menschenansammlungen dort nicht orientieren könne und die falsche Bahn wähle. Außerdem sei an einem solchen Kriminalitätsschwerpunkt die Sicherheit des 8-jährigen Mädchens nicht gewährleistet. Hilfsweise machte der Vater der Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Beförderung seiner Tochter mit einem Taxi geltend. Für die Vergangenheit beantragte er, die von ihm aufgewandten Beförderungskosten zu erstatten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2002 als unbegründet zurück. Sie begründete dieses damit, dass im Fall der Klägerin von einer zumutbaren Wegezeit von 60 Minuten ohne Wartezeiten für den Schulweg ausgegangen werden müsse, weil die Schülerin eine weiter entfernt liegende Schule aufgrund einer Gestattung besuche. Es gehöre zu den Aufgaben der Erziehungsberechtigten, mit ihrem Kind einen neuen Schulweg zu trainieren. Im Übrigen werde der Hauptbahnhof Hannover täglich von vielen Schülerinnen und Schülern als Haltestelle benutzt.
Die Klägerin hat am 22. November 2002 Klage erhoben.
Sie macht geltend, die Beklagte sei verpflichtet, sie individuell zur Grundschule in Hannover zu befördern, weil ihr eine Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel angesichts der im Regelfall überschrittenen Wegezeit von 60 Minuten nicht zugemutet werden könne. Insbesondere könne ihr angesichts ihres Alters ein Umsteigen im Hauptbahnhof Hannover nicht zugemutet werden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2002 und deren Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
eine Individualbeförderung der Klägerin von ihrer Wohnung zur Grundschule I. in Hannover und zurück einzurichten oder die Kosten einer Individualbeförderung der Klägerin von ihrer Wohnung zur Grundschule I. in Hannover und zurück mit einem Mietwagen zu erstatten,
sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die für die Individualbeförderung der Klägerin bereits entstandenen Kosten zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist mit dem Verpflichtungsantrag nach Maßgabe der im Urteilsausspruch vorgenommenen Einschränkung begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 26. August 2002 ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2002 rechtswidrig, soweit die Beklagte darin ihre gesetzliche Pflicht zur Beförderung der Klägerin auf die für den Schulweg aufzubringenden Kosten einer Fahrkarte des ÖPNV beschränkt hat. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte sie von ihrer Wohnung zur Grundschule I. in Hannover und zurück mit einem anderen Beförderungsmittel, das in ihrem Fall aus Gründen der Zumutbarkeit nur ein Kraftfahrzeug sein kann, befördert oder ihr die für eine in diesem Sinne verstandene Individualbeförderung zukünftig entstehenden Kosten erstattet.
Als Trägerin der Schülerbeförderung für das gesamte Gebiet der Region Hannover hat die Beklagte nach § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG die in ihrem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler unter anderem der 1. bis 10. Schuljahrgänge der allgemein bildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihnen oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten.
Diese alternativen Verpflichtungen (Beförderung oder Kostenerstattung) hat die Beklagte bisher im laufenden Schuljahr 2002/2003 in Bezug auf die Beförderung der Klägerin zur Grundschule I. in Hannover nicht erfüllt, weil die Übernahme der Kosten für eine SchulCard des ÖPNV in diesem Fall keine zumutbare Beförderungsleistung darstellt.
Zwar eröffnet § 114 Abs. 2 Satz 1 NSchG dem Träger der Schülerbeförderung die Möglichkeit, die Mindestentfernung zwischen Wohnung und Schule, von der an die Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht, durch Satzung festzulegen und dabei zugleich sein Ermessen zur Wahl seiner gesetzlichen Leistung, der Beförderungsmittel, der Beförderungsbedingungen und des Erstattungsverfahrens durch abstrakt generelle Regelungen (sog. Beförderungsrichtlinien) zu binden.
Macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, müssen sich allerdings die Beförderungsrichtlinien in dem rechtlichen Rahmen halten, den § 114 NSchG für Notwendigkeit und Bedingungen der Schülerbeförderung setzt. Insbesondere sind dabei die Belastbarkeit der Schülerinnen und Schüler und die Sicherheit des Schulweges nach § 114 Abs. 2 Satz 2 NSchG zu berücksichtigen.
Danach ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der frühere Landkreis Hannover als Rechtsvorgänger der Beklagten in § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 seiner Beförderungssatzung vom 8. Juli 1997 bestimmt hat, dass die Schülerbeförderung grundsätzlich im Rahmen des ÖPNV durchgeführt und durch die Ausgabe vom Sammel-Schülerzeitkarten abgegolten wird, denn diese Wahl des Beförderungsmittels ist in das Ermessen des Beförderungsträgers gestellt.
Das Gericht kann es offen lassen, welche Auswirkungen die mit der Einrichtung der Region Hannover verbundene Übernahme der Trägerschaft für die Schülerbeförderung auf die Anwendbarkeit der Beförderungssatzung des (ehemaligen) Landkreises Hannover hatte. Insbesondere ob einer uneingeschränkten Anwendung der Satzung vom 8. Juli 1997 die Überlegung entgegensteht, dass die Beklagte in Bezug auf ihre Pflichten aus § 114 NSchG nicht nur nach § 2 des Gesetzes über die Region Hannover Gesamtrechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover, sondern zugleich nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Gesetzes über die Region Hannover Rechtsnachfolgerin der kreisfreien Landeshauptstadt Hannover ist und deshalb auch das Satzungsrecht der Landeshauptstadt Hannover übernommen hat.
Jedenfalls stellt die von der Beklagten zu Lasten der Klägerin angewandte Regelung des § 3 Abs. 4 Buchst. a) der Beförderungssatzung des Landkreises Hannover vom 8. Juli 1997 im Fall der Klägerin keine zutreffende Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der zumutbaren Bedingungen aus § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG dar. Nach dieser Satzungsbestimmung soll eine Überschreitung der Belastbarkeit einer Schülerin oder eines Schülers von Schulen, für deren Besuch gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG eine Genehmigung erteilt wurde, grundsätzlich nicht vorliegen, soweit für den Primarbereich eine Schulwegzeit von nicht mehr als 60 Minuten für den reinen Schulweg in eine Richtung nicht überschritten wird.
Mit dieser Schulwegzeit von 60 Minuten überschreitet die Beförderungspraxis der Beklagten den Rahmen zumutbarer Beförderungsbedingungen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts kann zur Beantwortung der Frage, ob eine Schülerbeförderung unter zumutbaren Bedingungen durchgeführt wird, auf die Empfehlungen der Niedersächsischen Landeskommission Schülertransport vom März 1979 abgestellt werden (vgl. OVG Lüneburg, NdsVBl. 2003 S. 83 [84], VG Hannover, NdsVBl. 1996 S. 94), die als Richtwerte für Schülerinnen und Schüler des Primarbereichs eine tägliche Beanspruchung von 6 Zeitstunden einschließlich Wartezeiten für zumutbar erachtet haben (OVG Lüneburg, NVwZ 1984 S. 812 [813 f.] [OVG Niedersachsen 30.11.1983 - 13 A 56/83]. Wird dabei die Zeit von 30 bis 45 Minuten für die tägliche Bearbeitung der Hausaufgaben (Nr. 3 des Erl. des MK vom 27.1.1997, SVBl. S. 66) berücksichtigt, liegt eine Überschreitung der 6-Stunden-Grenze im Fall der Klägerin schon bei einem Unterricht von nur vier Unterrichtsstunden und einer entsprechenden Ankunft in der Wohnung um 12.51 Uhr vor, denn sie muss ihre Wohnung im K. spätestens um 7.06 Uhr verlassen muss, um nach einem Fußweg von ca. 500 m um 7.14 Uhr am Bahnhof M. die Abfahrt der S-Bahn S1 zu erreichen. Dabei ist anzumerken, dass die Abfahrtszeit der Stadtbahn Linie 8 um 12.03 Uhr für den Rückweg spätestens mit Einführung der Verlässlichen Grundschule zum Schuljahresbeginn 2003/2004 nicht mehr einzuhalten sein wird.
Allerdings kann es auch bei der Anwendung der Empfehlungen der Niedersächsischen Landeskommission Schülertransport Fallgestaltungen geben, die eine längere zeitliche Belastung zumutbar erscheinen lassen (OVG Lüneburg, NVwZ 1984 S. 812 [OVG Niedersachsen 30.11.1983 - 13 A 56/83] [813 f.]). Das gilt insbesondere für die Fälle von Schulwegen im ländlichen Raum, die angesichts der eingeschränkten Angebote öffentlicher Verkehrsmittel trotz relativ kurzer reiner Fahrt- und Wegezeiten zwangsläufig mit längeren Wartezeiten vor und nach der Schule verbunden sind (z.B. Urteil der Kammer vom 4.9.2002 – 6 A 133/02 -, Außenbereichssiedlung im Landkreis Diepholz). Diese besondere Situation ist aber im Fall der in Großstadtnähe lebenden Klägerin, die tagsüber laufend fahrplanmäßige Verkehrsverbindungen zwischen Wohnort und Schule in Anspruch nehmen kann, nicht gegeben.
Zu demselben Ergebnis führt es, wenn mit der Rechtsprechung (OVG Lüneburg, ebd.) ergänzend auf die Bewertung der zumutbaren Belastung in § 2 Abs. 2 Satz 2 der außer Kraft getretenen Verordnung über den Schülertransport (vom 17.8.1978, Nds. GVBl. S. 625) abgestellt wird. Danach war während der Geltung dieser Verordnung für Grundschüler eine reine Wegezeit - ohne Berücksichtigung von Wartezeiten vor und nach Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels - von 45 Minuten je Richtung als zumutbar anzusehen (OVG Lüneburg, NVwZ 1984 S. 812 [OVG Niedersachsen 30.11.1983 - 13 A 56/83] [813 f.]).
Eine reine Wegezeit von 45 Minuten je Richtung wird im Fall der Klägerin bei Berücksichtigung der Fußwege zwischen der Wohnung und dem Bahnhof M. sowie zwischen der Haltestelle Stadtfriedhof N. zur Grundschule I. von insgesamt 13 Minuten deutlich überschritten. Dabei ist anzumerken, dass sich die morgendliche Fahrzeiten der Linien S1 und S2 sowie der Stadtbahn-Linie 8 nach der in der mündlichen Verhandlung erörterten aktuellen Fahrplanauskunft aufgrund einer Fahrplanänderung für die Stadtbahn zwischenzeitlich um jeweils 4 Minuten auf 42 Minuten verlängert haben. Selbst in dem ebenfalls erörterten günstigsten Fall eines zusätzlichen Umsteigens um 7.27 Uhr in die Linie 6 im Bahnhof Nordstadt wird die zumutbare Wegezeit um insgesamt 3 Minuten überschritten, wobei das zweimalige morgendliche Umsteigen von der Beklagten offenbar selbst als nicht zumutbar angesehen und nicht in die Entscheidung einbezogen worden ist.
Im Fall der Klägerin liegen auch keine besonderen Umstände vor, die es objektiv rechtfertigten, an die zeitliche Länge ihres Schulweges höhere Zumutbarkeitsanforderungen zu stellen.
Es entspricht zwar der Rechtssprechung der Kammer, Schülerinnen und Schülern des Sekundarbereichs I einen weiteren Schulweg zuzumuten, wenn sie aufgrund des freien Entschlusses ihrer Erziehungsberechtigten eine öffentliche Schule im Gebiet eines anderen Schulträgers besuchen, um dort ein besonderes, überregionales Bildungsangebot wahrzunehmen (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 19.10.2001 - 6 B 3273/01). Dabei handelt es sich zumeist um den Besuch von Gesamtschulen im Gebiet eines anderen Schulträgers. Praktisch relevant sind aber auch die Fälle berufsbildender Schulen und allgemein-bildender Ersatzschulen mit überregionalem Einzugsbereich.
Im vorliegenden Fall haben aber die Erziehungsberechtigten der Klägerin nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht, sich anstelle der zuständigen Schule für eine überregionale öffentliche Schule ohne Schulbezirksbindung oder eine vergleichbare Ersatzschule zu entscheiden. Vielmehr besucht die Klägerin die Grundschule I., für die in § 2 Abs. 1 der Schulbezirkssatzung der Landeshauptstadt Hannover (vom 13.2.1997, ABl. RB Hannover S. 740) ein eigener Schulbezirk in Hannover festgesetzt worden ist, aufgrund einer Gestattung nach § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 NSchG. Die Gestattung des Besuchs einer anderen Schule soll nicht dem freien Elternwillen, der in eigener Erziehungsverantwortung den Bildungsweg des Kindes bestimmt (vgl. § 54 Abs. 6 NSchG), Rechnung tragen, sondern dient dazu, die starren Schulbezirksregelungen des § 63 Abs. 3 NSchG abzumildern und den Fällen persönlicher Härte sowie der bestmöglichen pädagogischen Förderung Rechnung zu tragen. In den Fällen des § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG wählen die Erziehungsberechtigten somit die andere Schule für ihr Kind nicht aus, um von einer mit bestimmten Erziehungsvorstellungen verbundenen freien Auswahl unter dem Schulangebot Gebrauch zu machen, sondern um im konkreten Einzelfall entweder eine unzumutbare Härte zu vermeiden oder weil dafür im Interesse ihres Kindes objektiv pädagogische Gründe sprechen.
Es bestehen also keine sachlichen Gründe dafür, Schülerinnen und Schülern, die in dieser Situation sind, in bezug auf ihren Schulweg mehr an Belastbarkeit zuzumuten als den Schülerinnen und Schülern, die weiterhin die zuständige Schule besuchen, weil sie sich dabei nicht in einer Härtelage befinden und ein Schulwechsel bei ihnen nicht aus pädagogischen Gründen geboten erscheint. Auch lässt sich dem nicht entgegen halten, dass mit einer Gestattung nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG stets ein weiterer Schulweg verbunden wäre, so dass bei einer unbeschränkten Beförderungspflicht eine übermäßige Belastung des Trägers der Schülerbeförderung zu befürchten wäre. Vielmehr gibt es bei den Entscheidungen nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG erfahrungsgemäß eine Vielzahl von Fallgestaltungen, bei denen sich die Länge der Schulwege zur zuständigen und zur anderen Schule, bedingt durch den Zuschnitt der Schulbezirke, nicht wesentlich voneinander unterscheidet.
Allerdings ist die Verpflichtungsklage abzuweisen, soweit die Klägerin die Beförderung oder Kostenerstattung für einen Schülertransport (nur) mit einem Mietwagen begehrt. Die Auswahl unter mehreren geeigneten Beförderungsmitteln obliegt dem Träger der Schülerbeförderung auch dann, wenn wie im Fall der Klägerin aus Gründen der Zumutbarkeit nur eine Beförderung mit einem Kraftfahrzeug in Betracht kommt. Sie hat deshalb grundsätzlich die Wahl zwischen den unterschiedlichen geeigneten Beförderungsarten (Freistellungsverkehr, Verkehr mit Mietwagen, Verkehr mit Taxen).
Die auf eine gerichtliche Klärung der Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der bereits entstandenen Beförderungsaufwendungen gerichtete Feststellungsklage ist dagegen nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig und deshalb abzuweisen. Denn die Klägerin kann ihre Erstattungsansprüche für das Schuljahr 2002/2003 bei der Beklagten durch einen diesbezüglichen Antrag (vgl. § 6 der Beförderungssatzung des Landkreises Hannover vom 8.7.1997) geltend machen. Über diesen Antrag entscheidet die Beklagte durch Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG), so dass die Klägerin die Möglichkeit hat, ihre diesbezüglichen Rechte nach Durchführung des Vorverfahrens im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgen. Das schließt die Erhebung der grundsätzlich subsidiären Feststellungsklage in derselben Angelegenheit aus.