Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 09.05.2003, Az.: 12 B 259/03

Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis; Zuzug der adoptierten Tochter aus Estland bei einer Aufenthaltserlaubnis nur für den Vater; Ablehnung der Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung und Androhung der Abschiebung nach Estland; Voraussetzungen für eine Familienzusammenführung in Estland; Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung in Form der Aufenthaltserlaubnis; Erlaubnisfiktion der Aufenthaltsgenehmigung des Ehepartners; Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 31 Abs. 2 Satz 1 Ausländergesetz (AuslG)

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
09.05.2003
Aktenzeichen
12 B 259/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 34336
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2003:0509.12B259.03.0A

Fundstelle

  • ANA-ZAR 2003, 6 (Kurzinformation)

Verfahrensgegenstand

Ablehnung der Aufenthaltsgenehmigung und Abschiebungsandrohung - Anträge nach §§ 80 Abs. 5, 123 VwGO

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Hannover. -12. Kammer -
am 09. Mai 2003
beschlossen:

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin zu 2) vom 18.09.2002 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.08.2002 wird bis zum 24.07.2003 angeordnet.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung der Antragstellerin zu 1) bis zum 24.07.2003 auszusetzen.

Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens werden den Antragstellerinnen zu je 1/4 und der Antragsgegnerin zu 1/2 auferlegt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die 1974 geborene Antragstellerin zu 1), eine estnische Staatsangehörige, reiste am 04.02.2001 ohne Visum in das Bundesgebiet ein und meldete sich mit dem in X. wohnhaften Herrn X. Ende März 2001 beim Standesamt X. zur Eheschließung an. Den Antrag von Herrn X. auf Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis lehnte das OLG Celle jedoch ab. Herr X., der sich im (erfolglosen) Asylverfahren als in Damaskus geborener syrischer Staatsangehöriger ausgab und jetzt behauptet, staatenloser Palästinenser zu sein, ist seit Juli 2000 im Besitz einer von der Antragsgegnerin erteilten Aufenthaltsbefugnis, die zuletzt bis zum 24.07.2003 verlängert worden ist.

2

Die Antragstellerin zu 2) ist das am 11.07.2001 in X. geborene Kind der Antragstellerin zu 1). Mit Erklärung vom 25.06.2001 erkannte Herr X. die Vaterschaft an.

3

Die Antragsgegnerin lehnte die Anträge der Antragstellerin zu 1) vom 03.05.2001 und der Antragstellerin zu 2) vom 30.08.2001 auf Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen mit Bescheid vom 14.08.2002 ab und drohte ihnen die Abschiebung nach Estland an, sofern sie ihrer Ausreisepflicht nicht innerhalb von einem Monat nach Zustellung der Verfügung nachgekommen sind. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass die Antragstellerin zu 1) ohne erforderliches Visum eingereist sei und kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung bestünde. Die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 Abs. 1 AuslG lägen nicht vor. Entsprechendes gelte für die Antragstellerin zu 2). Die Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit Herrn X. könne in Estland erfolgen. Die Antragstellerin zu 2), als im Bundesgebiet geborenes Kind, habe auch keinen Anspruch nach § 31 Abs. 2 AuslG, weil zwar ihr Vater, nicht aber ihre Mutter im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis sei. Die Antragsteller erhoben am 18.09.2002 Widerspruch, mit dem sie geltend machen, dass die Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft außerhalb des Bundesgebiets nicht möglich sei. Sie legen Auskünfte der estnischen Botschaft in Berlin vor, wonach es nach dem Ausländergesetz der Republik Estland für einen Ausländer als Vater einer minderjährigen Tochter, die estnische Staatsangehörige ist, nicht möglich sei, eine Aufenthaltserlaubnis für Estland zu erhalten, wenn er nicht mit der Mutter der Tochter verheiratet sei. Eine Einreise des Lebensgefährten einer estnischen Staatsangehörigen nach Estland zum Zwecke der Eheschließung wäre nach der Auskunft der Botschaft nur möglich, wenn der Lebensgefährte die erforderlichen Unterlagen für ein Visum zusammen mit Informationen über die Eheschließung einreicht. Dazu gehöre auch die Vorlage einer legalisierten Ehefähigkeitsbescheinigung. Über den Widerspruch ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.

4

Die Antragsteller haben am 10.01.2003 einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, nachdem die Antragsgegnerin eine (weitere) Aussetzung des Bescheides vom 14.08.2002 abgelehnt hatte, weil Herr X. nicht glaubhaft nachgewiesen habe, dass er die für die Eheschließung erforderlichen Unterlagen nicht beibringen könne. Zur Begründung ihres Antrages führen die Antragstellerinnen aus, dass die Antragstellerin zu 2) einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis in verfassungskonformer Anwendung des § 31 Abs: 2 Satz 1 AuslG habe, weil der Vater der Antragstellerin zu 2) nicht schlechter gestellt werden könne, als wenn die Mutter eine Aufenthaltsbefugnis besitze. Die familiäre Lebensgemeinschaft könne nur im Bundesgebiet gewahrt werden. Es sei Herrn X. unmöglich, ein Ehefähigkeitszeugnis zu erlangen. Er bemühe sich bereits seit mehreren Jahren auf verschiedenen Wegen vergeblich darum, Personaldokumente aus Syrien zu erhalten. Eine dauerhafte Trennung der Familie auf unbestimmte Zeit sei mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht vereinbar. Bei einem Kleinkind wie der Antragstellerin zu 2) stelle bereits eine kurzfristige Trennung eine schwere Belastung des Vater-Kind-Verhältnisses dar.

5

Die Antragstellerin zu 1) beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihren Aufenthalt bis zur Entscheidung über den Widerspruch zu dulden.

6

Die Antragstellerin zu 2) beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.08.2002 anzuordnen.

7

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge abzulehnen.

8

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und vertritt die Ansicht, dass es Herr X. selbst in der Hand habe, die Voraussetzungen für eine Familienzusammenführung in Estland zu schaffen. Seine Angaben zu seinen Bemühungen um die Beschaffung von Heimatdokumenten seien unzureichend bzw. widersprüchlich. Sie gehe deshalb von dessen mangelnder Bereitschaft aus.

9

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und der beigezogenen Ausländerakten der Antragstellerinnen und des Herrn X. Bezug genommen.

10

II.

Die zulässigen Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO (Antragstellerin zu 2.) und § 123 VwGO (Antragstellerin zu 1.) haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

11

1.

Der nach § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 VwGO i.V.m. § 72 Abs. 1 AuslG und § 64 Abs. 4 NGefAG zulässige Antrag der Antragstellerin zu 2) hat teilweise Erfolg. Bis zum Ablauf der ihrem Vater X. von der Antragsgegnerin erteilten Aufenthaltsbefugnis am 24.07.2003 überwiegt das private Interesse der Antragstellerin zu 2) an einem vorläufigen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet das öffentliche Interesse am Sofortvollzug. Bei dieser Abwägung hat die Kammer eingestellt, dass die Antragstellerin zu 1) mit dem Vater der Antragstellerin zu 2) eine nach Art. 6 Abs. 1 GG zu schützende Lebensgemeinschaft bildet und aufgrund der am 25.06.2001 erklärten Anerkennung der Vaterschaft von Herrn X. sowie der Erklärung über die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge gemäß § 1626 a Abs. 1 Ziff. 1 BGB vom 04.09.2002 dem Elternrecht des Vaters der Antragstellerin zu 2) aus Art. 6 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen ist. Insoweit handelt es sich auch um einen in die Abwägung einzubeziehenden öffentlichen Belang (BVerfG, Beschl. v. 31.08.1999 - 2 BvR 1523/99 -, NVwZ 2000, 59). Bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Überprüfung des Bescheides vom 14.08.2002 lässt sich weder dessen offensichtliche Rechtmäßigkeit noch Rechtswidrigkeit feststellen: Die Antragsgegnerin geht zwar zutreffend davon aus, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung in Form der Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 20, 21 AuslG nicht vorliegen. Auch dürfte die Ablehnung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 AuslG voraussichtlich Bestand haben. Das von dieser Vorschrift erfasste Begehren der Antragstellerinnen nach Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft mit einem Ausländer, der - wie gegenwärtig Herr X. - eine Aufenthaltsbefugnis besitzt, wird zwar von dieser Vorschrift erfasst. Das Ermessen der Antragsgegnerin ist allerdings erst dann eröffnet, wenn zusätzlich eine der Voraussetzungen des § 30 Abs. 1-4 AuslG in der Person der die Aufenthaltsbefugnis beantragenden Familienangehörigen erfüllt ist (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 17.01.2002 - 3 BS 38/01 - InfAusIR 2002, 294). § 30 Abs. 1 AuslG kommt zugunsten der Antragstellerin zu 2) nicht in Betracht, weil diese Bestimmung voraussetzt, dass der nachzugswillige Ausländer noch nicht in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Nds. OVG, Beschl. v. 01.12.1998 - 11 M 4857/98 -; Hailbronner, AusIR, § 31 AuslG, Nr. 6). Auf § 30 Abs. 2 AuslG kann sich die Antragstellerin zu 2) ebenfalls nicht mit Erfolg berufen, denn diese Vorschrift verlangt einen rechtmäßigen Aufenthalt. Zwar war der Aufenthalt der Antragstellerin zu 2), da sie im Bundesgebiet geboren wurde, zunächst erlaubt. Diese Erlaubnisfiktion ist aber mit der Ablehnung der Anträge auf Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.08.2002 entfallen und kann wegen der Regelung in § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG auch nicht wiederhergestellt werden (OVG Bautzen, a.a.O..; Hailbronner, a.a.O.., § 69 AuslG, Rdnr. 46). § 31 Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG greift ebenfalls nicht zugunsten der Antragstellerin zu 2) ein, da beide Bestimmungen die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis davon abhängig machen, dass der Ausländer unanfechtbar ausreisepflichtig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19.09.2000 - 1 C 14.00 - AuAS 2001, 38) ist dieses Tatbestandsmerkmal nur bei einem die Ausreisepflicht selbständig begründenden oder feststellenden - bestandskräftigen - Verwaltungsakt gegeben. Die bloße Vollziehbarkeit eines solchen Verwaltungsaktes reicht nicht aus (BVerwG, a.a.O.); ebenso wenig eine vollziehbare Ausreisepflicht nach § 42 Abs. 2 Satz 1 AuslG (vgl. Nr. 30.3.1 AuslG-VwV vom 28.06.2000, GMBI2000, S. 617, 689).

12

Die Antragsgegnerin hat in dem angefochtenen Bescheid auch zutreffend angenommen, dass § 31 Abs. 2 Satz 1 AuslG von seinem Wortlaut her als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin zu 2) ausscheidet. Denn nach dieser Bestimmung ist einem im Bundesgebiet geborenen Kind von Amts wegen eine Aufenthaltsbefugnis nur dann zu erteilen, wenn die Mutter eine Aufenthaltsbefugnis besitzt. Das ist hier nicht der Fall. Der Umstand, dass der Vater der Antragstellerin zu 2) im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis ist, reicht danach nicht aus. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sind jedoch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 und 3 Satz 1 GG gewichtige verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung sowie die vergleichbare Regelung in § 21 Abs. 1 Satz 1 AuslG erhoben worden (OVG Hamburg, Beschl. v. 06.05.2002 - 4 Bs 74/02 - AuAS 2002, 218; VGH Kassel, Beschl. v. 24.06.2002 - 9 TG 1064/02 - EzAR 024 Nr. 11; VGH Mannheim, Urt. v. 29.01.2001 - 13 S 864/00 -DVBI 2001, 1003; vgl. auch VG München, Urt. v. 20.03.2001 - M 21 K 00.5288 - Inf AusIR 2001, 436). Wegen der Gründe im Einzelnen wird auf die zuvor zitierten Entscheidungen Bezug genommen. Vor dem Hintergrund einer danach möglichen Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 31 Abs. 2 Satz 1 AuslG ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen. Das gilt sowohl für die Frage, ob die Bestimmung einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich ist, nach der es ausreicht, dass der Vater eine Aufenthaltsbefugnis besitzt, als auch hinsichtlich einer im Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Ob eine vom Bundesverfassungsgericht gegebenenfalls festgestellte Verfassungswidrigkeit des § 31 Abs. 2 Satz 1 AuslG zu einer Erstreckung auch auf die Fälle, in denen der Vater eine Aufenthaltsbefugnis besitzt, oder zu einer Streichung der Vergünstigung des § 31 Abs. 2 Satz 1 AuslG führt, ist ungewiss (vgl. insoweit auch VGH Kassel, a.a.O.., zur Verfassungsmäßigkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1 AuslG). Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in seinem Urteil vom 29.01.2003 (1BvL 20/99 und 1 BvR 933/01) es in Anbetracht der Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse, in die nichteheliche Kinder hineingeboren werden, als verfassungsgemäß angesehen, das nichteheiiche Kind bei seiner Geburt sorgerechtlich grundsätzlich der Mutter zuzuordnen. Es hat zugleich aber auch auf das Ziel des Kindschaftsreformgesetzes hingewiesen, im Interesse der Kinder die gemeinsame elterliche Sorge auch für nicht miteinander verheiratete Eltern zu ermöglichen, diese Sorgeform zu fördern und dabei die Elternautonomie zu stärken (vgl. BTDrucks 13/8511, S. 64 ff.). Inwieweit diese zur elterlichen Sorge ergangene Entscheidung Einfluss auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der §§ 21 Abs. 1 Satz 1 und 31 Abs. 2 Satz 1 AuslG hat, kann nur in einem Hauptsacheverfahren beurteilt werden. Vor diesem Hintergrund ist das Interesse der Antragstellerin zu 2), jedenfalls bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Aufenthaltsbefugnis ihres Vaters im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung der ausländerbehördlichen Entscheidung. Den von der Antragsgegnerin vorgetragenen nach Aktenlage nicht unbegründeten Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Herrn X. und dessen Bereitschaft, sich die erforderlichen Personaldokumente zu beschaffen, mag im Rahmen des Widerspruchsverfahrens und eines etwaigen Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis durch die jeweils zuständige Behörde nachgegangen werden. Die Kammer sieht hierzu im vorläufigen Rechtsschutzverfahren keinen Anlass, da der Vater der Antragstellerin zu 2) noch im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis ist.

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2.

Das entsprechend § 91 Abs. 1 u. 2 VwGO zulässigerweise geänderte vorläufige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin zu 1) hat ebenfalls in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Antragstellerin zu 1) hat einen auf Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG gerichteten Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Mit der in die Antragstellung aufgenommenen Befristung hat die Antragstellerin zu 1) berücksichtigt, dass eine Duldung im Sinne von § 55 AuslG dem Ausländer kein Aufenthaltsrecht gewährt und nicht die Funktion eines vorbereitenden oder ersatzweise gewährten Aufenthaltsrechts hat, sondern die Vollstreckung der Ausreisepflicht lediglich vorübergehend hindern kann (vgl. BverwG, Urt. v. 25.09.1997 - 1 C 3.97 -, Inf AusIR 1998, 12). Hier kann sich die Antragstellerin zu 1) im Rahmen der zeitlichen Grenzen des Bleiberechts der Antragstellerin zu 2) auf Art. 6 Abs. 1 GG berufen (vgl. auch VGH Mannheim, Urt. v. 29.01.2001, a.a.O..). Dabei hat die Kammer eingestellt, dass es sich bei der Antragstellerin zu 2) um ein Kleinkind handelt, bei dem eine vorübergehende Trennung von Mutter und Kind zum Zwecke der Einhaltung des Visumsverfahrens ausnahmsweise nicht zumutbar erscheint (vgl. insoweit BverfG, Beschl. v. 31.08.1999, a.a.O..; VGH Mannheim, Beschl. v. 19.04.2001 - 13 S 555/01 - AuAS 2001,122).

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Die weitergehenden Anträge der Antragstellerinnen haben keinen Erfolg, da ihr Bleiberecht letztlich von der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Lebensgefährten bzw. Vaters abhängt, welches gegenwärtig nur zeitlich befristet gesichert ist.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

16

Die Kammer setzt den Streitwert für das vorläufige Rechtsschutzverfahren gemäß §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG auf insgesamt 6.000 EUR fest, wobei für den Antrag der Antragstellerin zu 1) 2.000 EUR und für den Antrag der Antragstellerin zu 2) 4.000 EUR angenommen worden sind.

Dr. Wagner
Schulz-Wenzel
Gonschior