Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.08.2000, Az.: L 4 KR 213/98
Streit über die Kostenübernahme für eine Wechseldruckauflegematratze ; Erfüllung der Funktionen der Pflegeerleichterung und des Behinderungsausgleichs durch ein Hilfsmittel; Abgrenzung der Pflegehilfsmittel im häuslichen Bereich von denen im stationären Bereich; Einschränkung der Verpflichtung der Krankenkassen für die Versorgung eines Versicherten mit Hilfsmitteln bei der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim; Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln bei vollstationärer Pflege
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 02.08.2000
- Aktenzeichen
- L 4 KR 213/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 41199
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - 07.09.1998 - AZ: S 15 KR 19/98
Rechtsgrundlagen
- § 91a BSHG
- § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V
- § 40 Abs. 1 S. 1 SGB XI
- § 43 SGB XI
- § 43a SGB XI
Fundstellen
- PflR 2002, 247-251
- SGb 2001, 183
Prozessführer
Landkreis Verden, Bremer Straße 4, 27283 Verden,
Prozessgegner
AOK-Die Gesundheitskasse für Niedersachsen - Regionaldirektion Verden -, Georgstraße 1-3, 27283 Verden,
Sonstige Beteiligte
A...,
den Betreuer B...,
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Übernahme von Kosten für eine Wechseldruckauflegematratze einer vollstationär im Pflegeheim lebenden Patientin durch die Gesetzliche Krankenversicherung.
Den entsprechenden Anspruch prüft das Gericht an § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V, da es sich bei einer Wechseldruckauflegematratze um ein Hilfsmittel in diesem Sinne handelt. Im Ergebnis wird dieser Anspruch jedoch abgelehnt, da der Grundsatz, dass die Krankenkassen für die Versorgung eines Versicherten mit Hilfsmitteln grundsätzlich unabhängig davon verpflichtet sind, ob er in einer eigenen Wohnung oder in einem Heim lebt, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim oder in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe eine Einschränkung erfährt. Danach endet die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Dies gilt nach den Ausführungen des Gerichts auch für die Zeit vor Inkrafttreten der zweiten Stufe des Pflegeversicherungsgesetzes am 1. Juli 1996.
Die Wechseldruckauflegematratze war danach als Hilfsmittel bei vollstationärer Pflege vom Heimträger aufgrund des Heimvertrages zur Verfügung zu stellen. Denn Wechseldruckauflegematratzen gehören nicht zu den individuell angepassten Hilfsmitteln, für die stets die Krankenkassen zuständig sind, auch wenn der Versicherte sie - wie hier - alleine nutzt.
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle
ohne mündliche Verhandlung am 2. August 2000
durch
die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht Schimmelpfeng-Schütte,
den Richter am Landessozialgericht Wolff,
die Richterin am Sozialgericht Böhmer-Behr sowie
die ehrenamtliche Richterin Weppner und den ehrenamtlichen Richter Dr Schein
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Wechseldruckauflegematratze zum Preis von 713,00 DM.
Die am 24. Januar 1909 geborene, in dem vom Kläger getragenen Alten- und Pflegeheim C., lebende Beigeladene ist Mitglied der Beklagten. Seit Februar 1993 ist sie vollständig bettlägerig. Mit Verordnung vom 19. April 1993 verordneten die Ärzte für Allgemeinmedizin D., der Beigeladenen eine Wechseldruckauflegematratze.
Den Kostenübernahmeantrag der Beigeladenen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. April 1993 ab, da die Kosten für die begehrte Leistung in den Zuständigkeitsbereich der Alten- und Pflegeeinrichtung fielen. Hiergegen legte die Beigeladene am 2. Juni 1993 Widerspruch ein. Sie führte zur Begründung aus, dass sie durch diese Entscheidung der Beklagten als Bewohnerin eines Alten- und Pflegeheimes anderen Versicherten gegenüber benachteiligt sei. Den Widerspruch der Beigeladenen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 1998, abgesandt am 5. Februar 1998, zurück. Zwar handele es sich bei der verordneten Wechseldruckauflegematratze um ein Hilfsmittel nach § 33 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V -. Hilfsmittel in stationären Pflegeeinrichtungen könnten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) jedoch nur verordnet werden, wenn sie individuell auf den Versicherten zugeschnitten seien und nur von ihm alleine in einem Pflegeheim benutzt würden. Entscheidend sei, dass dem Versicherten durch die Hilfsmittelversorgung eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werde und durch den Gebrauch des Hilfsmittels eine Erhöhung der Selbständigkeit erreicht werde. Eine Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht möglich, wenn das Hilfsmittel der Erleichterung pflegerischer Maßnahmen diene. Die zugelassenen Pflegeeinrichtungen seien im Rahmen des Versorgungsvertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet. Pflegeeinrichtungen und Pfleger versorgten und betreuten die Pflegebedürftigen entsprechend dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse, das heisst, dass die geforderte Pflegequalität nur erbracht werden könne, wenn das Pflegeheim über die entsprechende Infrastruktur verfüge. Dazu gehöre auch die Ausstattung mit Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln.
Nach der gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen/Pflegekassen - zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln vom 26. Mai 1997 gehörten Pflegebetten, Lifter, Bettgalgen, Toiletten und Badhilfen sowie Wechseldruckauflegematratzten nicht zu den erstattungspflichtigen Hilfsmitteln. Sie seien nicht individuell anzupassen und dienten in erster Linie der Erleichterung pflegerischer Maßnahmen. Eine Hilfsmittelversorgung zu Lasten der GKV komme nur dann in Betracht, wenn die Hilfsmittel zu einer Verbesserung der Selbständigkeit oder zu einer Erleichterung für die Versicherten führten. Dies sei nicht der Fall bei Hilfsmitteln, deren eigentliche Zielsetzung eine Entlastung des Pflegepersonals sei und die damit eine Reduzierung des personalintensiven Betreuungsaufwandes der Einrichtung bedeuteten. Eine Hilfsmittelversorgung zur selbständigen aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben setze voraus, dass das Hilfsmittel konkret für einen einzelnen Versicherten bestimmt sei, um ihm eine gewisse Eigenständigkeit und somit eine vom Pflegepersonal unabhängige Teilnahme an dem in der Einrichtung möglichen gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Mit Bescheid vom 16. September 1993 gewährte der Kläger als örtlich und sachlich zuständiger Sozialhilfeträger nach Einholung einer amtsärztlichen Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 31. August 1993 der Beigeladenen die leihweise Überlassung einer Wechseldruckmatratze als Hilfe zur Pflege im Heim nach § 68 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Mit Schreiben vom 15. März 1994 meldete der Kläger gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 104 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) an.
Am 3. März 1998 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stade gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. April 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 1998 erhoben. Er hat zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Beigeladene aufgrund der medizinischen Indikation einen Anspruch auf zur Verfügungstellung der Wechseldruckauflegematratze gegen die Beklagte habe. Die Voraussetzungen des § 33 SGB V seien erfüllt. Die Wechseldruckauflegematratze sei ein verordnungsfähiges Hilfsmittel, das hier medizinisch erforderlich und notwendig sei. Die Frequenz des Umlagerns, das bei der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Beugekontraktur im Bereich beider Beine zur Decubitusprophylaxe alle zwei Stunden durchgeführt werden müsse, verringere sich. Dies diene vorrangig dem Wohl der Patientin, der Schmerzen erspart würden. Pflegeerleichterung und Behindertenausgleich schlössen sich nicht gegenseitig aus. Ein Hilfsmittel könne gleichzeitig beide Funktionen erfüllen, ohne seine Hilfsmitteleigenschaft iSv § 33 Abs 1 SGB V zu verlieren. Ein Anspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Versicherte in einem Altenheim lebe, und sich ein Anspruch auf Betreuung und Pflege aus dem diesem Heimaufenthalt zugrundeliegenden Heimvertrag ergebe.
Das SG Stade hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. September 1998 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Es hat zur Begründung ausgeführt:
Bei der Antidecubitusmatratze handele es sich sowohl um ein Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung als auch um ein Pflegehilfsmittel im Sinne der Pflegeversicherung. Sie sichere den Erfolg der Behandlung des Decubitusgeschwürs und erleichtere die Pflege und lindere die Beschwerden des Pflegebedürftigen. Bei der Abgrenzung der Zuständigkeit von Kranken- und Pflegeversicherung sei zu berücksichtigen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei der stationären Pflege (wie hier) die Versorgung mit Hilfsmitteln in der Regel zu den im Rahmen des Pflegesatzes zu erbringenden pflegerischen Leistungen gehöre. Da die Pflegeeinrichtung eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung biete und die Pflege und Versorgung dem allgemein anerkannten Stand medizinisch - pflegerischer Erkenntnisse entsprechen müsse, sei der Einsatz von Hilfsmitteln dann nicht der Krankenversicherung zuzurechnen, wenn der Schwerpunkt ihres Einsatzes im Zusammenhang mit den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Pflegeverrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens liege, oder die Pflegehilfsmittel von ihrem Zweck her im Wesentlichen die Pflegebedingungen erleichterten bzw ihre Erschwerung verhinderten. Die Antidecubitusmatratze könne nicht wirksam als Hilfsmittel zu Lasten der Krankenversicherung verordnet werden. Der Einsatz der Matratze diene allein der Erleichterung der Pflegeleistung. Sie sei nicht individuell auf die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person zugeschnitten, sondern könne von jeder anderen pflegeversicherten Person in gleicher körperlicher Situation genutzt werden.
Gegen den dem Kläger am 9. September 1998 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 6. Oktober 1998 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt. Er hat sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend darauf hingewiesen, dass es für das Heim, in dem die Beigeladene lebt, von vornherein nicht planbar sei, für wieviele Fälle gleichzeitig eine Antidecubitusmatratze erforderlich sei. Dieses Hilfsmittel sei speziell auf ein Krankheitsbild zugeschnitten und diene somit der Behandlungspflege. Im Fall der Beigeladenen diene es nicht vorrangig der Erleichterung der Pflege, sondern der Vermeidung von Schmerzen und der Verhinderung von zusätzlichen Hautdefekten. Zudem erfolge eine Ungleichbehandlung von krankenversicherten Personen. Würde sich die Versicherte nicht in einem Pflegeheim aufhalten, hätte sie unstrittig gegenüber der Krankenversicherung einen Anspruch auf Versorgung mit dem Hilfsmittel.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Gerichtsbescheid des SG Stade vom 7. September 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 30. April 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 1998 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Wechseldruckauflegematratze für die Beigeladene in Höhe von 713,00 DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Vor der Berichterstatterin des Senats hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Juni 2000 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte des ersten und zweiten Rechtszuges und auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung ohne mündliche Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden.
Die vom SG zugelassene Berufung ist gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG Stade hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Gemäß § 91a BSHG kann der erstattungsberechtigte Träger der Sozialhilfe die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. Der Sozialhilfeträger bekommt dadurch die Befugnis, im eigenen Namen für den Sozialhilfeempfänger einen Rechtsstreit zu führen und alle diesem zustehenden Prozesshandlungen auszuüben (gesetzliche Prozessstandschaft - BSGE 70, 72, 76 -).
Die Voraussetzungen des § 91a BSHG liegen jedoch nicht vor. Der Kläger ist nicht erstattungsberechtigt iSd § 91a BSHG, denn er hat keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte. Gemäß § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 103 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungspflicht eines anderen Leistungsträgers nicht selbst zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (S 2). Die Beklagte ist dem Kläger nicht erstattungspflichtig, denn die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einer Wechseldruckauflegematratze gegen die Beklagte. Der Bescheid der Beklagten vom 30. April 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 1998 ist rechtmäßig.
Gemäß § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Eine Wechseldruckauflegematratze ist ein Hilfsmittel in diesem Sinne. Sie war im Fall der Beigeladenen erforderlich, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern und eine Behinderung auszugleichen. Ausweislich des Gutachtens des Gesundheitsamtes des Klägers vom 31. August 1993 bestand bei der Beigeladenen nach einem Krankenhausaufenthalt ein tiefes Decubitusulcus im Bereich des Knies und eine Beugekontraktur beider Beide. Das Umlagern der bettlägerigen Beigeladenen bereitet ihr erhebliche Schmerzen.
Die Wechseldruckauflegematratze ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, weil sie von Gesunden in der Regel nicht benutzt wird. Sie wird auch nicht von den Regelungen des § 34 Abs 4 SGB Vüber den Ausschluss von Heil- und Hilfsmitteln von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis erfaßt.
Die Anwendung des § 33 SGB V ist im vorliegenden Fall auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beigeladene zum Kreis pflegebedürftiger Personen gehört und die Wechseldruckauflegematratze auch der Erleichterung der Pflege der bettlägerigen Beigeladenen dient. Pflegeerleichterung und Behinderungsausgleich schließen sich nicht gegenseitig aus. Ein Hilfsmittel kann gleichzeitig beide Funktionen erfüllen, ohne dass seine Hilfsmitteleigenschaft iSv § 33 Abs 1 SGB V entfällt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 13 S 54 mwN). Um ein reines Pflegehilfsmittel, das der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zugerechnet werden kann, handelt es sich nur dann, wenn es im konkreten Fall allein der Erleichterung der Pflege durch die Pflegeperson dient. Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn bei der Beigeladenen besteht ausweislich des Gutachtens des Gesundheitsamtes vom 31. August 1993 eine Beugekontraktur im Bereich beider Beine, so dass das etwa alle zwei Stunden durchgeführte notwendige Umlagern zur Decubitusprophylaxe erhebliche Schmerzen bereitet, die durch die Wechseldruckmatratze verringert werden können.
Ein Anspruch der Beigeladenen nach § 40 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) - besteht dabei nicht. Zwar haben nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB XI Pflegebedürftige Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Ein Anspruch auf Versorgung mit der Wechseldruckauflegematratze gegen die Pflegekasse scheidet unabhängig davon, dass die Beigeladene ihren Antrag bereits 1993 und damit vor in Kraft treten des Pflegeversicherungsgesetzes am 1. Januar 1995 (Art 68 Abs 1 Pflegeversicherungsgesetz) gestellt hat, im vorliegenden Fall aber schon deshalb aus, weil die Pflegekassen nur für die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln im häuslichen Bereich, nicht aber im stationären Bereich zuständig sind. Die Vorschrift des § 40 SGB XI gehört zum Dritten Abschnitt "Leistungen" und dort zum Ersten Titel "Leistungen der häuslichen Pflege". Der hier einschlägige Dritte Titel "Vollstationäre Pflege" enthält keine dem § 40 SGB XI vergleichbare Regelung und verweist auch nicht darauf (BSG, Urteil vom 10. Februar 2000 - B 3 KR 26/99 R).
Ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 33 SGB V ist jedoch deshalb ausgeschlossen, weil der Träger des Pflegeheimes bei vollstationärer Pflege alle Hilfsmittel bereit zu stellen hat, die zur sachgerechten Durchführung der in zugelassenen Pflegeheimen gewöhnlich anfallenden Pflegeleistungen erforderlich sind.
Da das SGB V keine dem § 216 Abs 1 Nr 4 iVm § 165 Abs 1 Nr 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) entsprechende Regelung enthält, sind nach der ab 1. Januar 1989 geltenden Rechtslage die Krankenkassen für die Versorgung eines Versicherten mit Hilfsmitteln grundsätzlich unabhängig davon verpflichtet, ob er in einer eigenen Wohnung oder in einem Heim lebt. Dieser Grundsatz erfährt jedoch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim oder in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe eine Einschränkung. Die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln endet nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Bei vollstationärer Pflege hat der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen (§ 43 Abse 1, 2 und § 43a SGB XI). Nach § 11 Abs 1 SGB XI hat die Pflege in einem Pflegeheim (§ 71 Abs 2 SGB XI) nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse zu erfolgen. Inhalt und Organisation der Leistungen haben eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten. Die Pflegeheime haben auch für die soziale Betreuung der Bewohner zu sorgen (§§ 43 Abs 2 und 82 Abs 1 Satz 2 SGB XI). Die die Zulassung bewirkenden Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die den Anforderungen des § 71 SGB XI genügen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten (§ 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI). Die Heime müssen daher das für die vollstationäre Pflege notwendige Inventar bereithalten. Einen geeigneten Anhaltspunkt für die von den Pflegeheimen vorzuhaltenden Hilfsmitteln bietet danach zB die "Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen/Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln" vom 26. Mai 1997. Hierzu zählen zB alle Hilfsmittel, die bei Verwirrtheitszuständen, Lähmungen und sonstigen Funktionseinschränkungen üblicher Art (zB Altersdemenz, Morbus Alzheimer, Folgen eines Schlaganfalls, Multipler Sklerose und Querschnittslähmungen) benötigt werden. Die GKV hat darüber hinaus nur solche Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die nicht der "Sphäre" der vollstationären Pflege zuzurechnen sind. Das sind im Wesentlichen: individuell angepasste Hilfsmittel, die ihrer Natur nach für den einzelnen Versicherten bestimmt und grundsätzlich nur für ihn verwendbar sind (wie Brillen, Hörgeräte, Prothesen) und Hilfsmittel, die der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses (Kommunikation oder Mobilität) außerhalb des Pflegeheimes dienen.
Dieser vom BSG in seinem Urteil vom 10. Februar 2000 - B 3 KR 26/99 - vertretenen Auffassung schließt sich der Senat nach inhaltlicher Prüfung an.
Als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage des hier geltend gemachten Anspruchs ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Der Grundsatz, dass der Träger des Pflegeheimes bei vollstationärer Pflege alle Hilfsmittel bereitzustellen hat, die zur sachgerechten Durchführung der Pflege erforderlich sind, ist aber auch auf die Zeit vor Inkrafttreten der zweiten Stufe des Pflegeversicherungsgesetzes am 1. Juli 1996 (Art 68 Abs 3 Pflegeversicherungsgesetz) anzuwenden. Bereits in § 3 des Heimgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. April 1990 (BGBl I 764 iVm der Heimmindestbauverordung vom 27. Januar 1978 - BGBl I 189) sind Mindestanforderungen für eine Heimbetriebserlaubnis aufgestellt. Nach § 6 Abs 3 Nrn 2 und 3 Heimgesetz ist zB die Erlaubnis zum Betreiben eines Heimes zu versagen, wenn die Wahrung der Interessen und Bedürfnisse der Bewohner, insbesondere die ärztliche oder gesundheitliche Betreuung, nicht gesichert ist oder die Betreuung der Bewohner, auch soweit sie pflegebedürftig sind, in dem Heim selbst oder in angemessener anderer Weise nicht gewährleistet ist, insbesondere die Zahl der Beschäftigten und ihre persönliche und fachliche Eignung für die von ihnen ausgeübte Tätigkeit nicht ausreichen. Auch die Sozialhilfeträger dürfen nach der Rechtsprechung des BSG Hilfe zur Pflege nur in dafür geeigneten Einrichtungen erbringen (§§ 3, 8, 39 BSHG, BSG aaO).
Wechseldruckauflegematratzen sind danach Hilfsmittel, die bei vollstationärer Pflege grundsätzlich vom Heimträger aufgrund des Heimvertrages zur Verfügung zu stellen sind. Wechseldruckauflegematratzen gehören nicht zu den individuell angepassten Hilfsmitteln, für die stets die Krankenkassen zuständig sind, auch wenn der Versicherte sie - wie hier - alleine nutzt. Sie werden nicht als Einzelstücke angefertigt, die nur für einen ganz bestimmten Versicherten verwendbar sind. In der Regel ist ein Druckgeschwür (Decubitus) als Pflegedefizit aufgrund mangelnder Pflege anzusehen. Die Pflegeeinrichtung hat jedoch sicherzustellen, dass Pflegedefizite aufgrund mangelnder Pflege nicht auftreten und daher hat der Heimträger im Rahmen des Heimvertrages sicherzustellen, dass jeder Heimbewohner der auf eine Wechseldruckauflegematratze angewiesen ist, diese auch zur Verfügung gestellt bekommt. Die streitige Matratze dient auch nicht der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses wie Kommunikation oder Mobilität ausserhalb des Pflegeheimes.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.