Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.08.2000, Az.: L 4 KR 84/99
Streit über die nachträgliche Gewährung von Krankengeld ; Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt als Voraussetzung des Krankengeldanspruchs ; Ruhen des Krankengeldes wegen verspäteter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw. des gleichzeitigen Bezuges von Arbeitsentgelt ; Unzulässigkeit der rückwirkenden Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt mit der Folge eines rückwirkenden Krankengeldanspruchs ; Meldung der Arbeitsunfähigkeit als eine Obliegenheit des Versicherten
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 02.08.2000
- Aktenzeichen
- L 4 KR 84/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 15424
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2000:0802.L4KR84.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 28.04.1999 - AZ: S 6 KR 167/98
Rechtsgrundlagen
- § 44 Abs. 1 S. 1 SGB V
- § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V
- § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V
- § 24 SGB V
Fundstelle
- SGb 2001, 245
Prozessführer
XXX
Prozessgegner
Deutsche Angestellten-Krankenkasse, Nagelsweg 27-35, 20097 Hamburg,
Im vorliegenden Rechtsstreit wird von der Klägerin die nachträgliche Gewährung von Krankengeld begehrt, nachdem sie die Krankenkasse erst nach mehr als einem Jahr von ihrer Arbeitsunfähigkeit informiert hatte.
Nach Ausführungen darüber, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt Voraussetzung eines Krankengeldanspruchs gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist, begründet das Gericht, dass sich die beklagte Krankenkasse zu Recht auf das Ruhen des Krankengeldes wegen verspäteter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw. des gleichzeitigen Bezuges von Arbeitsentgelt berufen hat. Danach entspricht diese Verknüpfung - zunächst Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, am Tag darauf Beginn des Krankengeldanspruchs - dem Sinn und Zweck des § 46 Abs. 1 S. 1 Nr 2 SGB V. Denn es soll damit eine klare und praktikable Regelung gewährleistet und einem möglichen Missbrauch der Inanspruchnahme von Krankengeld vorgebeugt werden, der zu befürchten wäre, wenn eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt zu einem rückwirkenden Krankengeldanspruch führen könnte. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit stellt eine Obliegenheit des Versicherten dar und führt, wenn diese - wie hier - nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 49 SGB V erfüllt wird, zum Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld.
Das Gericht verweist auf den Grundsatz des BSG, dass das Krankengeld grundsätzlich nur entsprechend später oder gar nicht gezahlt werden, wenn die Arbeitsunfähigkeit erst nach ihrem Eintritt oder überhaupt nicht festgestellt wird, und stellt fest, dass außergewöhnliche Umstände, die zum Abweichen von diesem Grundsatz berechtigen könnten, nicht vorliegen, da die behandelnden Ärzte keinen Zustand der Willenslosigkeit oder Bewusstseinsstörung bei der Klägerin attestiert haben, der die Veranlassung der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit verhindert hätte.
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle
ohne mündliche Verhandlung am 2. August 2000
durch
die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht Schimmelpfeng-Schütte,
den Richter am Landessozialgericht Wolff,
die Richterin am Sozialgericht Kramer sowie
die ehrenamtliche Richterin Weppner und den ehrenamtlichen Richter Dr Schein
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren über die nachträgliche Gewährung von Krankengeld in der Zeit vom 21. Januar bis 19. November 1996.
Die am 25. September 1960 geborene Klägerin hat den Beruf der Arzthelferin erlernt. Danach arbeitete sie ca. 8 Jahre lang im EDV-Bereich bei der Bundeswehr. Nach der Geburt des ersten Kindes im Jahre 1987 - das zweite Kind wurde im Jahre 1995 geboren - gab sie ihre Tätigkeit bei der Bundeswehr auf und nahm nach Ablauf des Mutterschutzes eine Tätigkeit in dem Dachdeckerbetrieb ihres Ehemannes auf. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrages mit ihrem Ehemann vom 16. September 1987 ist die Klägerin seit dem 16. September 1987 als kaufmännische Büroangestellte im Betrieb ihres Ehegatten beschäftigt. Ihre Tätigkeit umfasst durchschnittlich 40 Stunden pro Woche. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages wird als Vergütung für die Tätigkeit ein Entgelt in Höhe von 2.500,00 DM monatlich brutto nachträglich gezahlt. Aufgrund der vorgenannten versicherungspflichtigen Beschäftigung ist die Klägerin Mitglied der Beklagten.
Am 8. Dezember 1995 wurden die Klägerin und ihr Ehemann Opfer eines häuslichen Raubüberfalles. Die Beklagte gewährte deshalb Krankenbehandlung als Sachleistung. Krankengeld wurde zunächst nicht beantragt. Die Klägerin wurde am 8. Dezember 1995 notfallmäßig von dem Facharzt für Allgemeinmedizin C. behandelt. Ausweislich der Bescheinigung des D. vom 24. Februar 1997 diagnostizierte dieser eine schwere psychische Traumatisation und einen psychogenen Schock. Er sei notfallmäßig zur Klägerin gerufen worden, die sich in einer psychischen Schocksituation befunden habe. Die Klägerin sei medikamentös behandelt worden, die weitere psychotherapeutische Therapie sei dann vom Hausarzt eingeleitet worden. Weiterhin führte D. in seiner Bescheinigung wörtlich aus: "Durch die ungünstigen Begleitumstände wurde es meinerseits versäumt, eine Krankmeldung auszustellen. Frau E. befand sich in einem schlechten Gesundheitszustand und wäre von mir bis auf weiteres krankgeschrieben worden. Erfahrungsgemäß ist mit einer länger dauernden psychotherapeutischen Behandlung in diesen Ausnahmefällen zu rechnen. Behandlungen über Monate sind bei diesen psychischen Traumatisationen die Regel."
Im Anschluss an die Behandlung durch D. begab sich die Klägerin erstmals am 17. Januar 1996 in die Behandlung der praktischen Ärztin F. (später verheiratete G.). H. behandelte die Klägerin wegen Angstzuständen und teilweise zusätzlich wegen einer Sinusitis gemäß ihrer Auskunft vom 31. Juli 1998 an folgenden Tagen: 17., 18., 20., 23., 28., und 31. Januar 1996, am 14. und 21. Februar 1996 sowie am 5. und 25. März 1996 und schließlich am 30. Juli, 24. September und 21. Oktober 1996. Die Beklagte übernahm ferner mit Bescheid vom 13. März 1996 die Kosten für eine Kurzzeitpsychotherapie für 25 Einzelsitzungen zu mindestens je 50 Minuten bei der Fachärztin für psychotherapeutische Medizin, Gynäkologie und Geburtshilfe I.. Ausweislich der Auskünfte der J. vom 13. Juli 1998 und 29. September 1998 wurde die psychotherapeutische Behandlung am 20. Februar 1996 begonnen und am 26. November 1996 abgeschlossen, nachdem 17 Sitzungen durchgeführt wurden, nämlich am 20. und 27. Februar 1996, 12. und 19. März 1996, 9., 16., 23. und 30. April 1996, am 14. Mai 1996, am 11. und 25. Juni 1996, am 9. Juli 1996, am 6. und 20. August 1996 sowie am 17. September, 15. Oktober und 26. November 1996. In der Zeit vom 22. Oktober bis 19. November 1996 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Mutter-Kind-Kur in der K. Klinik in L..
Die Klägerin erhielt ua in der Zeit vom 8. Dezember 1995 bis 19. November 1996 Arbeitsentgelt von ihrem Ehemann. Dieser entrichtete auch die Sozialversicherungsabgaben an die Beklagte.
Die Steuerberater des Ehemannes der Klägerin legten mit dem am 30. Januar 1997 erstmals bei der Beklagten eingegangenen Telefax das Attest der Ärztin H. vom 9. Januar 1997 vor, wonach die Klägerin in der Zeit vom 11. Dezember 1995 bis 21. Oktober 1996 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Ferner lag dem vorgenannten Telefax die Arbeitgeberbescheinigung der Mutter-Kind-Klinik K. vom 10. Januar 1997 bei. In ihrem Attest vom 17. Februar 1997 bescheinigte H., dass die Klägerin seit dem 17. Januar 1996 in ihrer Behandlung gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt und zu den anderen Beratungsterminen und Behandlungen habe Arbeitsunfähigkeit bestanden. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht ausgestellt worden, weil die Klägerin vergessen habe, darum zu bitten.
Die Beklagte zog daraufhin den Bericht der H. vom 6. Februar 1997 bei. Gegenüber der Beklagten erklärte die Klägerin im Schreiben vom 27. März 1997, dass sie ihre Tätigkeit am 20. November 1996 wieder aufgenommen habe.
Mit dem am 5. September 1997 eingegangenen Schreiben beantragte die Klägerin aus Anlass des Krankheitsfalles vom 11. Dezember 1995 für den Zeitraum von Ende Januar 1996 bis zum 19. November 1996 Krankengeld.
Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 13. Oktober 1997 abgelehnt. Der Anspruch auf Krankengeld sei in Ermangelung einer rechtzeitigen ärztlichen Feststellung nicht entstanden. Darüber hinaus ruhe ein eventuell entstandener Anspruch, weil der Arbeitgeber der Klägerin Arbeitsentgelt gezahlt habe.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Aufgrund der vorliegenden medizinischen Auskünfte der behandelnden Ärzte müsse von Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden. Wenn sie es unterlassen habe, einen entsprechenden Krankengeldantrag rechtzeitig zu stellen, so hätte das im Rahmen der Gesamtumstände anlässlich des nächtlichen Raubüberfalles gelegen. Sie und ihr Ehemann hätten ihr Haus unmittelbar nach der Tat für fast ein Jahr verlassen und seien in eine andere Wohnung in M. gezogen. Alle Rechtsgeschäfte seien damals von einem Dritten wahrgenommen worden, der die arbeits- und sozialrechtlichen Dinge bedauerlicher Weise versäumt habe. In Anbetracht der Gesamtumstände müsse das Krankengeld rückwirkend gezahlt werden. Daraufhin zog die Beklagte die weiteren Berichte der I. vom 13. Juli und 29. September 1998 sowie die weitere Auskunft der H. vom 31. Juli 1998 bei.
Der Widerspruchsausschuss bei der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 6. November 1998 zurück. Der Anspruch auf Krankengeld entstehe von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Aufgrund der am 9. Januar 1997 für die Zeit vom 11. Dezember 1995 bis 21. Oktober 1996 attestierten Arbeitsunfähigkeit habe kein Anspruch auf Krankengeld bestanden. Durch den durchgehenden Bezug von Arbeitsentgelt und die verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit habe der Anspruch auf Krankengeld geruht.
Die Klägerin hat am 23. November 1998 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass aufgrund der Umstände des häuslichen Überfalls nicht verlangt werden könne, dass sie sich rechtzeitig um die entsprechenden Bescheinigungen hätte kümmern müssen. In der Nacht des 8. Dezember 1995 seien sie und ihr Ehemann von mehreren Straftätern überfallen, gefoltert, misshandelt und beraubt worden. Die Tat habe sich über mehrere Stunden erstreckt. Die Eheleute seien mit vorgehaltenen Waffen aus ihrem Schlafzimmer in unterschiedliche Räumlichkeiten geführt worden, derweil der Ehemann gefoltert und der Ehefrau schwerste seelische Qualen zugefügt worden seien. Die Täter hätten angedroht, die minderjährigen Kinder, die ebenfalls in dem Haus geschlafen hätten, und den Ehemann zu misshandeln, wenn nicht Geld und Schmuck herausgegeben werden würden. Nach mehreren Stunden der Misshandlung seien mehrere Tausend DM sowie ihr Schmuckes geraubt worden. Die Klägerin und ihr Ehemann seien kurze Zeit nach dem Überfall aus ihrem Wohnhaus auf dem Geschäftsgrundstück ausgezogen und in eine Wohnung innerhalb N. gezogen, weil sie unter dem Eindruck der Taten nicht mehr in ihrem Haus hätten leben können. Diese Umstände hätte die Beklagte berücksichtigen müssen. Letztlich habe der Ehemann als Arbeitgeber im Innenverhältnis wegen der dauernden Lohnfortzahlung aufgrund der mehrmonatigen Krankheit einen Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Arbeitsentgeltes. Dies sei von dem Steuerbüro auch so bilanziert worden. Die Klägerin müsse daher das zu Unrecht erhaltene Gehalt an ihren Ehemann zurückzahlen.
Das SG Oldenburg hat die Klage mit Urteil vom 28. April 1999 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Trotz gewisser Zweifel am Vorliegen eines versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses müsse an dem Grundsatz festgehalten werden, dass eine rückwirkende Gewährung von Krankengeld durch die Beklagte aufgrund der gesetzlichen Ruhensvorschrift gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht in Betracht komme. Die Berufung auf die Anwendung der Ruhensvorschrift seitens der Beklagten erscheine nicht rechtsmissbräuchlich, weil ein Verschulden der Krankenkasse oder ein ihr zuzuordnendes Verschulden des Vertragsarztes nicht angenommen werden könne. Das Verhalten der Klägerin sei völlig unverständlich gewesen. Darüber hinaus ruhe der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V. Die Klägerin könne, wenn überhaupt, ein schuldhaftes Verhalten nur ihrem Mann als Arbeitgeber vorwerfen, der Arbeitsentgelt ohne entsprechende Arbeitsleistung gezahlt habe. Ein solcher Vorwurf beträfe die Beklagte zu allerletzt.
Gegen das ihr am 10. Mai 1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31. Mai 1999 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt. Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum von sechs Wochen nach dem brutalen Überfall auf ihre Familie werde nicht weiter verfolgt, weil sie insoweit einen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen ihren Ehemann als Arbeitgeber habe. Die Klägerin sowie deren Ehemann seien aufgrund der Umstände der Tat geschockt und froh gewesen, dass sie bei dem Überfall mit dem Leben davon gekommen seien. Zudem habe auch Dr. Philipp eingeräumt, dass er versehentlich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht ausgestellt habe. Hätte er dies ordnungsgemäß getan, dann wäre die über den Steuerberater abgewickelte Lohnbuchhaltung anders vorgenommen worden.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 28. April 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 1998 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld in der Zeit vom 21. Januar 1996 bis 19. November 1996 in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils und des angefochtenen Bescheides.
Vor dem Berichterstatter des Senats hat ein Erörterungstermin mit den Beteiligten stattgefunden. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. September 1999 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte des ersten und zweiten Rechtszuges sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung ohne mündliche Verhandlung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Die gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143 ff SGG statthafte Berufung ist zulässig.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 21. Januar bis 19. November 1996. Die Beklagte hat sich zu Recht auf das Ruhen des Krankengeldes wegen verspäteter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw des gleichzeitigen Bezuges von Arbeitsentgelt berufen.
Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, zu der gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 iVm § 24 SGB V auch eine Einrichtung einer Mutter-Kind-Maßnahme gehört, behandelt werden. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge von Krankheit entweder überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeit verrichten kann (Höfler, in: KassKomm, Stand Januar 1993, § 44 SGB V Rdnr 10 mwN, zuletzt zB BSG, Urteil vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R -, S 5 des Urteilsumdrucks, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der Krankengeldanspruch entsteht nach § 46 Abs 1 Satz 1 SGB V bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (Nr. 2).
Einem Krankengeldanspruch der Klägerin in der Zeit vom 21. Januar bis 21. Oktober 1996 steht die Vorschrift des § 46 Abs 1 Nr 2 SGB V entgegen, wonach der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an entsteht, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung folgt.
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist Voraussetzung für den Krankengeldanspruch, dass der Arzt die Arbeitsunfähigkeit feststellt. Unterlässt der Arzt die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, kann ein Krankengeldanspruch grundsätzlich nicht entstehen. Diese Verknüpfung - zunächst Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, am Tag darauf Beginn des Krankengeldanspruchs - entspricht dem Sinn und Zweck des § 46 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V. Es soll damit eine klare und praktikable Regelung gewährleistet und einem möglichen Missbrauch der Inanspruchnahme von Krankengeld vorgebeugt werden, der zu befürchten wäre, wenn eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt zu einem rückwirkenden Krankengeldanspruch führen könnte (vgl dazu Urteil des Senats vom 18. Juni 1996 - L 4 Kr 28/95 -, S 7 der Entscheidungsgründe). Der Gesetzgeber hat im Interesse der Klarheit, Praktikabilität und um Missbräuche auszuschließen, bewusst die Möglichkeit von Härten in Kauf genommen, die dadurch entstehen können, dass der Versicherte unverschuldet nicht in der Lage war, zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit alsbald einen Arzt aufzusuchen (BSG, Urteil vom 23. Februar 1997 - 5 RKn 112/94 = BSGE 26, 111, 112 [BSG 23.02.1967 - 5 RKn 112/64] zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängervorschrift § 182 Abs 3 Satz 1 Reichsversicherungsordnung). Für den Fall, dass der Arzt die ärztliche Feststellung erst zu einem späteren Zeitpunkt trifft, ist in § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V vorgesehen, dass der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit stellt eine Obliegenheit des Versicherten dar und führt, wenn diese nicht erfüllt wird, zum Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld (Höfler, in KassKomm, Stand: Dezember 1998, § 49 SGB V Rdnr 19).
In dem hier noch streitbefangenen Zeitraum sind für die Klägerin im Nachhinein folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt worden. Gemäß Attest des H. vom 9. Februar 1997 für die Zeit vom 11. Dezember 1995 bis 21. Oktober 1995 sowie gemäß Bescheinigung des D. ab 8. Dezember 1995 für unbestimmte Dauer. I. hat während der Dauer ihrer psychotherapeutischen Behandlung keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. In der Zeit vom 22. Oktober bis 19. November 1996 befand sich die Klägerin zu Lasten der beklagten Krankenkasse in einer zugelassenen Einrichtung gemäß § 24 SGB V.
Die Beklagte hat erstmals am 30. Januar 1997 Kenntnis von der attestierten Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 11. Dezember 1995 bis 21. Oktober 1996 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt war die Wochenfrist gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 Halbsatz 2 SGB V längst verstrichen.
Ein Fall, bei dem sich die Beklagte auf die verspätete bzw zunächst unterlassene ärztliche Feststellung nicht berufen könnte, liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor. Wird die Arbeitsunfähigkeit erst nach ihrem Eintritt oder überhaupt nicht festgestellt, so kann das Krankengeld grundsätzlich nur entsprechend später oder gar nicht gezahlt werden. Dies beruht auf dem Wesen der gesetzlichen Frist in § 49 SGB V als Ausschlussfrist. Nur in außergewöhnlichen Fällen könne - so das BSG in seinem Urteil vom 23. Februar 1967 (aaO) - von diesem Grundsatz abgewichen werden.
Ein solcher außergewöhnlicher Fall liegt hier nicht vor. Einzuräumen ist, dass die Klägerin aufgrund der Traumatisierung aus Anlass des häuslichen Überfalles stark beeinträchtigt war. Die Klägerin war aber in dem streitbefangenen Zeitraum bis zum 21. Oktober 1996 weder geschäftsunfähig noch sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aus Gründen unterblieben ist, die in den Verantwortungsbereich der behandelnden Ärzte fallen würden (hierzu im einzelnen Höfler, aaO, § 46 SGB V Anm 8 mwN).
Ein Zustand der Geschäftsunfähigkeit lag ausweislich der vorliegenden ärztlichen Behandlungsdokumentationen nicht vor. Der Gesundheitszustand der Klägerin war infolge der Panikattacken zwar angegriffen. Die behandelnden Ärzte haben aber keinen Zustand der Willenslosigkeit oder Bewusstseinsstörung attestiert, der die Veranlassung der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit verhindert hätte. Die Nichtvorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fällt auch nicht in die Verantwortung der behandelnden Ärzte. Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, dass der die Notfallbehandlung durchführende Arzt D. es seinerzeit versäumt hatte, eine Krankmeldung auszustellen, so ist ihr entgegenzuhalten, dass sie diese spätestens aus Anlass ihres erstmaligen Besuches bei Frau H. am 17. Januar 1996 oder im Zusammenhang der Psychotherapie bei Frau I. ab 20. Februar 1996 hätte geltend machen müssen. Die behandelnden Ärzte waren insofern ohne konkreten Anlass nicht verpflichtet zu ermitteln, ob die Klägerin ggf. die Voraussetzungen für die Bejahung der Arbeitsunfähigkeit erfüllt. Die Klägerin hat insofern nicht alles ihr Zumutbare getan, um die rechtzeitige Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit zu erreichen.
Darüber hinaus ist für den vorgenannten Teilzeitraum auch die Ruhensvorschrift gemäß § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V einschlägig. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhalten. "Erhalten" bedeutet tatsächlicher Zufluss des Arbeitsentgeltes (Noftz in: Hauck/Haines, SGB V, Stand: September 1998, K § 49 Rdnr 44). Ob das Arbeitsentgelt aufgrund gesetzlicher oder arbeitsvertraglicher Verpflichtungen oder ohne eine solche gewährt wird, ist ohne Belang (Noftz, aaO, Rdnr 44; Vay, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand: November 1998, § 49 SGB V Rdnr 11). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorgetragen hat, das Arbeitsentgelt sei ihr ggf aufgrund eines Irrtums der Lohnabrechnung im Bereich des Steuerberaterbüros zugeflossen bzw letztlich ohne rechtlichen Grund zugestanden worden und ihr drohe deshalb ein Rückforderungsanspruch seitens ihres Ehegattens, so ist ihr entgegenzuhalten, dass § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V ausschließlich an den tatsächlichen Bezug des Arbeitsentgeltes knüpft, ohne dass die Krankenkassen verpflichtet wären, dessen Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Das Gleiche gilt für den geltend gemachten Anspruch auf Krankengeld für die Zeit des Aufenthaltes in der Mutter-Kind-Einrichtung vom 22. Oktober bis 19. November 1996. Die Beklagte hat sich zu Recht auf die Ruhensvorschrift gemäß § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V berufen, weil der Klägerin auch für den vorgenannten Teilzeitraum sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt tatsächlich zugeflossen ist.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 4 Satz 1 SGG.