Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 21.02.2013, Az.: 2 A 362/11
Druckluftbremse; Erschütterung; Lichtimmission; Lkw; Staubimmission; Verkehrslärm
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 21.02.2013
- Aktenzeichen
- 2 A 362/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 64439
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Nr 7.4 Abs 2 TA Lärm
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Bodenabbaugenehmigung.
Der Kläger ist Eigentümer eines Hausgrundstücks im Ortsteil C. der Gemeinde D.. Auf dem Grundstück befinden sich das eigene Wohnhaus des Klägers sowie ein vermietetes Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten. Das Hausgrundstück ist an der Kreisstraße 61 gelegen und stellt eine Grenzbebauung zum Außenbereich dar. Wenige Meter vom Grundstück entfernt, aber bereits im Außenbereich gelegen, zweigt die öffentlich gewidmete Straße „Am E.“ von der K 61 ab. Sie ist zurzeit der einzige Erschließungsweg für eine Betriebsstätte der Beigeladenen zum Sandabbau. Südlich des Ortsteils C. und ca. 500 m vom Grundstück des Klägers entfernt befindet sich ein Gebiet, in dem in den 90ziger Jahren Kies abgebaut wurde („Kiesgrube C.“).
Mit Schreiben vom 31. März 2006 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Bodenabbaugenehmigung. Nach der Beschreibung des Vorhabens plante die Beigeladene, in der Gemeinde D., Gemarkung C., die vorhandene Sandgrube nach Südosten um etwa 9,12 ha Abbaufläche zu erweitern. Diese Fläche gehöre zu einem Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung. Der bisherige Abbau sei auf Grundlage einer 1995 der Fa. F. -G. erteilten Abbaugenehmigung erfolgt. Eine verkehrliche Anbindung der geplanten Abbaustätte über die Straße „Am E.“ sei vorhanden. um die Beeinträchtigungen durch den zu erwartenden Lkw-Verkehr für die örtliche Bevölkerung zu minimieren, solle eine private „Kiestrasse“ zur Umgehung von C. gebaut werden. Bei einer angenommenen Abbaumenge von jährlich 150.000 cbm sei bei 250 angesetzten Arbeitstagen mit einer durchschnittlichen täglichen Abfuhr von 600 cbm zu rechnen. Bei einem Ladevermögen von 18 cbm/Lkw und 10 Stunden täglicher Betriebszeit seien dies im Schnitt 3,3 abfuhren, einschließlich Hinfahrten knapp 7 Lkw-Fahrten stündlich. Es sollten überwiegend Sattelauflieger und keine Hängerzüge zum Einsatz kommen, um den Lärm zu reduzieren.
Nachdem das Genehmigungsverfahren zeitweise wegen der Planung der „Kiestrasse“ ruhte, bat die Beigeladene im Dezember 2009 um Fortsetzung des Verfahrens mit der bestehenden Zufahrt.
Mit Bescheid vom 6. September 2010 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte Bodenabbaugenehmigung. Unter „7. Immissionsschutz“ sieht der Bescheid u.a. vor, dass die von der Genehmigung umfassten Anlagen, einschließlich Nebenanlagen sowie der betriebsbedingte Fahrzeugverkehr, schalltechnisch entsprechend dem derzeitigen Stand der Lärmbekämpfungstechnik nach Nr.3.1 b) TA Lärm so zu errichten und zu betreiben seien, dass die von allen Anlagen des Betriebsgrundstücks verursachten Geräuschimmissionen (Summation der Einzelpegel) die an den nachfolgend bezeichneten Aufpunkten festzusetzenden Immissionswerte für Geräusche nicht überschritten:
Dorfgebiet/Mischgebiet: Am E.
Tagsüber 60 dB(A)
Nachts 45 dB(A)
Nachdem der Kläger gegen diesen Bescheid fristgerecht Widerspruch eingelegt hatte, ordnete der Beklagte auf Antrag der Beigeladenen unter dem 19. Oktober 2010 die sofortige Vollziehung an.
Gegen diese Anordnung hat sich der Antragsteller mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Verwaltungsgericht gewandt, und zwar im Wesentlichen mit der Begründung, dass sein Hausgrundstück bei Ausnutzung der Genehmigung erheblichem Verkehrslärm durch An- und Abfahrten von Schwerlasttransportern ausgesetzt sein werde. Insbesondere an dem in unmittelbarer Nähe zu seinem Grundstück gelegenen Abzweig der Straße „Am E.“ von der K 61 sei aufgrund des Abbremsens und Wiederanfahrens von Schwerlasttransportern mit erheblichem Lärm zu rechnen. Ferner könne er sich unabhängig von einer eigenen Rechtsverletzung nach § 4 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) gegen das Vorhaben wenden, da der Antragsgegner anstelle einer nach dem Niedersächsischen Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (NUVPG) erforderlichen allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls lediglich eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt habe.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2011 (2 B 85/10) hat die Kammer die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder hergestellt.
Im Beschwerdeverfahren hat die Beigeladene einen Bericht des TÜV Nord zur Beurteilung der Geräuschimmissionen durch den Betriebsverkehr der Kiesgrube C. vom 21. März 2011 (Bl. 156) sowie eine ergänzende Stellungnahme des TÜV Nord vom 3. Mai 2011 (Bl. 209) vorgelegt. In seinem ersten Bericht kommt der TÜV zu dem Ergebnis, dass sich bei 80 Lkw-Fahrten zwischen 06:00 und 22:00 Uhr bei den beiden Häusern H. Straße 30 a und 32 Beurteilungspegel von 46,1 bzw. 53,9 dB(A) ergäben und das betriebsbedingte Verkehrsaufkommen daher im Hinblick auf die TA Lärm völlig unkritisch sei. In der ergänzenden Stellungnahme befasst sich der TÜV mit der Frage, welche Schallleistungspegel durch druckluftbetriebene Lkw-Bremsen erreicht werden.
Auf die Beschwerde der Beigeladenen hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. Mai 2011 (4 ME 60/11) den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Bodenabbaugenehmigung vom 6. September 2010 abgelehnt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2011 machte der Beklagte das Gutachten des TÜV Nord zur Beurteilung der Geräuschimmissionen durch den Betriebsverkehr der Kiesgrube C. vom 21. März 2011 zum Bestandteil der Genehmigung und wies im Übrigen den Widerspruch zurück.
Am 22. Dezember 2011 hat der Kläger Klage erhoben.
Er trägt vor, der mit dem genehmigten Abbauvorhaben verbundene Schwerlastverkehr würde solche Lärmimmissionen verursachen, die für ihn erhebliche Nachteile und Belästigungen hervorriefen. Der gesamte mit dem Vorhaben verbundene Schwerlastverkehr könne nach dem Inhalt der Genehmigung über einen Zeitraum von mehr als 13 Jahren unmittelbar vor seinem Wohngrundstück auf die Kreisstraße 61 treffen. Dabei sei die zu erwartende Lärmbelästigung besonders intensiv, weil jeder einzelne Schwerlasttransporter gezwungen sei, sowohl bei der Einfahrt in die Straße „Am E.“ als auch bei der Ausfahrt abzubremsen und dann wieder zu beschleunigen. Außerdem sehe die Genehmigung keinerlei Beschränkungen des täglichen Transportverkehrs vor; es sei danach auch zulässig, die Lkw in dichter Kolonne mit geringen zeitlichen Abständen fahren zu lassen. Das Gutachten habe nur eine Regelfallprüfung vorgenommen; wenn die Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs ihre besondere Gefährlichkeit aber durch Umstände erlangten, die in den für die Regelfallprüfung anzuwendenden RLS 90 (Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe 1990) in keiner Weise berücksichtigt würden, so sei eine ergänzende Prüfung im Sonderfall nach Nr. 3.2.2 TA Lärm vorzunehmen. Das Gutachten lasse sämtliche besonders schädlichen Lärmbelästigungen unberücksichtigt, die entstünden, wenn eine Industrieauffahrt in einem Wohngebiet ende.
Neben Lärm sei auch mit erheblichen Staubimmissionen zu rechnen, zumal die Zufahrt eine unbefestigte Schotterpiste sei. Dies sei vom Beklagten gar nicht geprüft worden. Gleiches gelte für die vom Verkehr ausgelösten Erschütterungen.
Die Beigeladene setze nicht nur Kippsattel-Lkw, sondern auch Fendt-Traktoren ein, die besonders lärmintensiv seien. Detaillierte technische Betrachtungen wiesen bereits für die leistungsstarken Retarder der Kippsattelfahrzeuge Schallwerte bis zu 118 dB(A) aus. Unter Zugrundelegung der zur Ermittlung der Schallausbreitung im Freien anzuwendenden VDI Richtlinie 2714 ergäben sich bei einem Abstand von nur 14 m zwischen Fahrspurmitte bis zum nächstgelegenen Fenster an seinem Wohnhaus Werte bis zu 87,08 dB(A). Ferner sei der verursachte Schall besonders tieffrequent. Die von den Fahrzeugen verursachten Erschütterungen seien in den Wohngebäuden deutlich zu spüren. Ferner gebe es massive Staub- und Lichtemissionen.
Der Kläger beantragt,
die der Beigeladenen erteilte Bodenabbaugenehmigung vom 6. September 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, es fehle an einer atypischen Situation im Sinne von Nr.3.2.2 TA Lärm. Die Anfahr- und Bremsgeräusche seien dem Regelfall nach Nr. 7.4 der TA Lärm zuzuordnen. Die Einrichtung einer Tempo-30 Zone sei nicht möglich, da es sich bei der K 61 um eine Ortsdurchfahrt handele und sich eine Zonenanordnung nach § 45 Abs. 1 c StVO nicht auf Straßen des überörtlichen Verkehrs, nämlich Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, erstrecken dürfe. Gegen Staubimmissionen habe die Genehmigung Vermeidungsmaßnahmen in den Auflagen III.C.2.3. und III.C.7.1 vorgesehen. Diese entsprächen dem Stand der Technik und seien ausreichend. Die Frage der Erschließung sei nicht nachbarschützend.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, nach ihren Feststellungen betrage der Abstand zwischen dem Einmündungsbereich der Straße „Am E.“ in die K 61 und dem Betriebsgrundstück mehr als 500 m, so dass die Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs gar nicht mehr von Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm erfasst seien. Im Übrigen sei Nr. 7.4. Abs. 2 TA Lärm, um dessen Anwendung es nur gehen könne, eine Regelung, die Geräusche des Zu- und Abfahrtverkehrs und damit typische Auswirkungen betreffe, die bereits bei der Regelprüfung Berücksichtigung fänden. Auch könne eine ergänzende Prüfung im Einzelfall nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Nach dem Gutachten des TÜV Nord würden auch die Grenzen von Nr. 6.1 Abs. 2 i.V.m. Nr. 2.8 der TA Lärm, wonach einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) überschreiten dürften, deutlich unterschritten. Zudem gehe der TÜV von 80 Lkw-Fahrten/Tag statt von nur 70 aus, wie sie im Erläuterungsbericht zum Antrag vorgesehen seien. Schließlich handele es sich nicht um Schwerlastverkehr i.S.d. § 29 Abs. 2 StVO; nach dem Erläuterungsbericht sollten überwiegend Sattelauflieger und keine Hängerfahrzeuge zum Einsatz kommen. Die Traktoren würden inzwischen nicht mehr eingesetzt. Der Betrieb sei noch nicht aufgenommen worden. Zurzeit werde noch Lehm abgefahren, der die Sandschicht abgedeckt habe. Die geltend gemachte Staubbelästigung sei vermutlich ebenso wie die Erschütterungen auf den Bau der Erdgaspipeline zurück zu führen,
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die angefochtene Bodenabbaugenehmigung vom 6. September 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2011 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Bei der Drittfanfechtung von Baugenehmigungen ist das Verwaltungsgericht auf die Überprüfung nachbarschützender Vorschriften beschränkt. Eine baurechtliche Nachbarklage hat nur Erfolg, soweit der Bescheid eine Vorschrift verletzt, die dem Nachbarn ein subjektives öffentliches Recht verleiht (vgl. dazu: Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 31 Rdnr. 56 m.w.N.). Dieser Rechtsgrundsatz ist auf die Erteilung einer Bodenabbaugenehmigung, welche nach § 10 Abs. 1 Satz 2 NAGBNatSchG die Wirkung einer Baugenehmigung hat, unbeschränkt zu übertragen.
Zum Prüfungsprogramm für die Erteilung einer Bodenabbaugenehmigung gehört nach § 10 Abs. 1 Satz 1 NAGBNatSchG auch das öffentliche Baurecht. Nach § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vor, wenn ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebotes, die für unzumutbar betroffene Nachbarn wehrfähig ist. Die Zumutbarkeitsschwelle für schädliche Umwelteinwirkungen ist dabei nicht niedriger anzusetzen als im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, der ebenfalls eine spezielle gesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebotes ist. Es gibt kein baurechtliches Rücksichtnahmegebot, das dem Verursacher von Umwelteinwirkungen mehr an Rücksichtnahme abverlangt, als es das Bundesimmissionsschutzgesetz gebietet (BVerwG, Urt. v. 30.9.1983 - 4 C 74.78 -, BVerwGE 68, 58). Nach der Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG muss die nach dem zurzeit der Entscheidung gegebenen technisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand begründete Möglichkeit ausgeschlossen sein, dass die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen wird.
1. Die Frage, ob von dem genehmigten Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen in der Form von Lärmimmissionen auf das Grundstück des Antragstellers einwirken, ist am Maßstab der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26. August 1998 zu überprüfen. Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und sie das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen regelt (BVerwG, Urt. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209).
Die Berücksichtigung von Straßenverkehrsgeräuschen, die im Zusammenhang mit dem Betrieb der genehmigten Anlage stehen, ist in den Absätzen 1 bis 3 von Nr. 7.4 TA Lärm geregelt, die folgenden Wortlaut haben:
(1) Fahrzeuggeräusche auf dem Betriebsgrundstück sowie bei der Ein- und Ausfahrt, die in Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlage entstehen, sind der zu beurteilenden Anlage zuzurechnen und zusammen mit den übrigen zu berücksichtigenden Anlagengeräuschen bei der Ermittlung der Zusatzbelastung zu erfassen und zu beurteilen. Sonstige Fahrzeuggeräusche auf dem Betriebsgrundstück sind bei der Ermittlung der Vorbelastung zu erfassen und zu beurteilen. Für Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen gelten die Absätze 2 bis 4.
(2) Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nummer 6.1 Buchstaben c bis f sollen durch Maßnahmen organisatorischer Art sowie wie möglich vermindert werden, soweit
– sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen,
– keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und
– die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden.
(3) Der Beurteilungspegel für den Straßenverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen ist zu berechnen nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen – Ausgabe 1990 – RLS-90, bekanntgemacht im Verkehrsblatt, Amtsblatt des Bundesministeriums für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland (VkBl.) Nr. 7 vom 14. April 1990 unter lfd. Nr. 79. Die Richtlinien sind zu beziehen von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Alfred-Schütte-Allee 10, 50679 Köln.
Da der Kläger allein Lärmbelästigungen durch den Zu- und Abfahrtsverkehr zum Betriebsgelände der Beigeladenen auf der öffentlichen Straße „Am E.“ und auf der K 61 und nicht etwa durch auf dem Betriebsgelände selbst stattfindende Arbeiten geltend macht, ist insoweit als Prüfungsmaßstab Nr.7.4 Abs. 2 der TA Lärm heranzuziehen. Dazu verweist die Kammer auf ihre ausführlichen Darlegungen in ihrem Beschluss vom 21. Februar 2011 (- 2 B 85/10 -) sowie auf die – insoweit bestätigenden – Gründe des Beschlusses des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren (Beschluss vom 19.5.2011 – 4 ME 60/11 -).
Nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm wäre der Beklagte im Rahmen der erteilten Genehmigung gehalten gewesen, der Beigeladenen organisatorische Auflagen zur Lärmverminderung aufzugeben, soweit drei Voraussetzungen vorliegen. Es muss sich um An- und Abfahrtverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nummer 6.1 Buchstaben c bis f handeln, der nicht mit dem übrigen Verkehr vermischt ist (a), die Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs müssen den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen und die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden (b).
a) Zu der Abstandsregelung hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung im Beschwerdeverfahren ausgeführt:
„Zunächst ist schon fraglich, ob Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm die Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs, die im Bereich der Einmündung der Straße "Am E. " auf die Kreisstraße 61 entstehen, überhaupt erfasst. Nach dieser Verwaltungsvorschrift sollen Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen nämlich nur in einem Abstand von bis zu 500 m von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nr. 6.1 Buchstaben c bis f TA Lärm unter den nachfolgenden Voraussetzungen "durch Maßnahmen organisatorischer Art sowie wie möglich" vermindert werden. Der Abstand zwischen dem o. g. Einmündungsbereich und dem Betriebsgrundstück der Beigeladenen dürfte aber mehr als 500 m betragen.
Aber selbst wenn dieser Abstand geringer wäre oder die Abstandsgrenze von 500 m aus den vom Verwaltungsgericht im Einzelnen angeführten Gründen entgegen dem Wortlaut der Verwaltungsvorschrift keine absolute Obergrenze für die Anwendung von Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm darstellen würde, ergäbe sich aus Nr. 7.4 Abs. 2 TA keine Geräuschminderungspflicht, weil die hier in Rede stehenden Geräusche nach dem Bericht des TÜV D. keine Überschreitung der hier maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der Lärmschutzverordnung (16. BImSchV) erwarten lassen.“
Auch in Ansehung dieser Entscheidung hält die Kammer an ihrer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vertretenen Auffassung, dass die Abstandsgrenze von 500 m in Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm entgegen des Wortlautes keine absolute Obergrenze darstellt, sondern nur im Regelfall gilt (SächsOVG, Urt. v. 8.6.2004 - 4 D 24/00 -, UPR 2005, 78; Hansmann, a.a.O., Rdnr. 51; a.A.: BayVGH, Beschl. v. 5.4.2005 - 25 ZB 00.1208 -, in juris), fest. Zur Begründung hatte die Kammer in ihrem Beschluss ausgeführt:
„Die Abstandsregelung in der TA Lärm basiert auf der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die tatsächliche Entfernung des Zu- und Abgangsverkehrs von der Anlage ein Indiz für oder gegen die Zurechnung des Verkehrslärms darstellt. Die Formulierung einer starren Obergrenze hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung jedoch stets vermieden. In diesem Sinne mag die in der TA Lärm formulierte 500-m-Grenze ihren guten Sinn als Entscheidungshilfe haben, wenn sich auf anderem Wege schwer ermitteln lässt, an welchem genauen Ort eine Vermischung des Abfahrtverkehrs mit dem übrigen Verkehr stattfindet, weil sie nicht an einem klar markierbaren Verkehrspunkt, sondern im Wege einer schleichenden graduellen Durchmischung erfolgt. In Fällen, in denen - wie hier die Straße „Am Kalksandsteinwerk“ - öffentliche Verkehrsflächen in einem bestimmten klar abtrennbaren Abschnitt faktisch ausschließlich der Abwicklung des Zu- und Abgangsverkehrs einer Anlage dienen, hat die 500-m-Grenze im Wege einer teleologischen Reduktion für die Bewertung des Verkehrslärms hingegen keine ausschlaggebende Bedeutung. Anderenfalls hinge der Schutz vor Lärmeinwirkungen auf einer ausschließlich als Betriebszufahrt genutzten Straße von der Zufälligkeit ab, ob es sich um eine gewidmete öffentliche Verkehrsfläche handelt (dann kein Lärmschutz außerhalb des 500-m-Bereichs) oder um eine Privatstraße, die dem Anwendungsbereich von Nr. 7.4 Abs. 1 TA Lärm unterfällt. Diese Anwendung der TA Lärm wäre auch mit der gesetzlichen Grundpflicht des Anlagenbetreibers zur Verhinderung von vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen nicht zu vereinbaren. Im Ergebnis gäbe es keinerlei Schutz von Anwohnern gegen Verkehrslärm auf einer öffentlichen Straße, die faktisch nur als Betriebszufahrt genutzt wird, sobald die 500-m-Grenze überschritten wäre. Selbst Schwerlastverkehr zur Nachtzeit in dichter Kolonne in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohnbebauung wäre dann auf derartigen Streckenabschnitten ohne Einschränkung zulässig.“
Ergänzend ist dazu anzumerken, dass die aktuelle Kommentierung (Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band 4 TA Lärm Nr. 7 Rn. 51; Tegeder in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 4 TA Lärm Nr. 7 Rn. 45) ebenso wie die aktuelle Rechtsprechung (vgl. VG München, Beschluss v. 15.12.2009 – M 1 SN 09.4066 – in juris) einhellig davon ausgeht, dass der 500 m-Abstand nicht als starre Grenze verstanden werden darf.
Ferner legt die Kammer Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm dahingehend aus, dass nicht der An- und Abfahrtverkehr selbst durch Gebiete nach Nr. 6.1 c bis f TA Lärm führen muss. Vielmehr reicht es aus, dass die durch den Verkehrslärm verursachten Geräusche auf Gebiete nach Nr. 6.1 c bis f TA Lärm einwirken und dort die in Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm genannten Werte überschreiten. Maßgeblich ist also, ob das Grundstück des Nachbarn, der die erteilte Genehmigung anficht, einem Gebiet nach Nr. 6.1 c bis f TA Lärm zuzuordnen ist (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.9.2010 - 7 A 1186/08 -, in juris; so auch Tegeder in Feldhaus, a.a.O., TA Lärm Nr. 7 Rn. 46: Der Einwirkungsbereich ist nicht auf die 500 m-Zone beschränkt.).
b) Weitere Voraussetzung für die Verpflichtung zu Lärmminderungsmaßnahmen nach Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm wäre, dass die Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen und die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden.
Das ist ersichtlich nicht der Fall. Nach dem Bericht des TÜV Nord vom 21. März 2011 (Seite 5) ist durch den errechneten höchsten Wert von 54 dB(A) an dem zur Straße nächstgelegenen Wohnhaus sichergestellt, dass eine Erhöhung der vorhandenen Verkehrsgeräusche um 3 dB(A) und eine Überschreitung des Grenzwertes nicht gleichzeitig zutreffen können.
In seiner Entscheidung im Beschwerdeverfahren (Beschluss vom 19.5.2011 – 4 ME 60/11 -) hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht dazu ausgeführt:
„Dem Bericht [des TÜV Nord vom 21. März 2011] ist zu entnehmen, dass sich ausgehend von einem durchschnittlichen Verkehrsaufkommen von 80 Lkw-Fahrten pro Tag ein Beurteilungspegel für die Wohnhäuser auf dem Grundstück des Antragstellers von maximal 53,9 dB(A) errechnet, der auch unter Berücksichtigung der übrigen Verkehrsbelastung die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV, die nach § 2 Abs. 1 der Verordnung in Dorf- und Mischgebieten 64 dB(A) und in allgemeinen Wohngebieten 59 dB(A) tagsüber betragen, nicht überschreiten. Aus dem Bericht ergibt sich des Weiteren, dass bei der Berechnung des Beurteilungspegels das durchschnittliche Verkehrsaufkommen der Kiesgrube von täglich 80 Fahrten an 220 Arbeitstagen pro Jahr nicht - wie in der 16. BImSchV vorgesehen - auf 365 Tage bezogen worden ist, was sich, wenn es erfolgt wäre, zu Gunsten des Antragstellers ausgewirkt, d. h. zu einem niedrigeren Beurteilungspegel geführt hätte. Ist eine Überschreitung der für Dorf- und Mischgebiete sowie für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte der Lärmschutzverordnung mithin nicht zu erwarten, kann dahinstehen, ob es sich bei dem Baugebiet, in dem das Grundstück des Antragstellers liegt, um ein Dorfgebiet oder ein allgemeines Wohngebiet handelt, was zwischen den Beteiligten umstritten ist.
Dieser Beurteilung kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass bei der Berechnung des Beurteilungspegels an den beiden Immissionsorten die besondere Lärmintensität, die mit dem von jedem Schwerlasttransporter durchzuführenden Brems- und Anfahrvorgang verbunden ist, nicht berücksichtigt worden sei. Denn die RLS-90, nach deren Maßgaben der Beurteilungspegel für den Straßenverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen gemäß Nr. 7.4 Abs. 3 TA Lärm zu berechnen ist, sieht eine besondere Berücksichtigung der durch das Abbremsen und Anfahren im Einmündungsbereich verursachten kurzzeitigen Geräuschspitzen nicht vor. Im Übrigen wären diese Geräuschspitzen selbst dann hinzunehmen, wenn sie anhand der Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 TA Lärm zu beurteilen wären. Nach dieser Vorschrift dürfen einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte, die in Dorf- und Mischgebieten tagsüber 60 dB(A) und in allgemeinen Wohngebieten tagsüber 55 dB(A) betragen, zwar nicht um mehr als 30 dB(A) überschreiten. Ausweislich der Stellungnahme des TÜV Nord vom 3. Mai 2011 beträgt der von den Bremsen der LKW verursachte Schallpegeldruck an dem der Kreisstraße F. nächstgelegenen Wohnhaus des Antragstellers aber lediglich 77 dB(A). Daher ist davon auszugehen, dass der nach Nr. 6.1 TA Lärm zulässige Spitzenpegel von hier mindestens 85 dB(A) selbst bei Berücksichtigung der Brems- und Anfahrgeräusche deutlich eingehalten wird. Demzufolge besteht kein hinreichender Grund für die Annahme, die anlagenbezogenen Verkehrsgeräusche seien insbesondere wegen der Geräuschspitzen gesundheitsgefährdend und stellten deshalb schädliche Umwelteinwirkungen dar. Dagegen kann der Antragsteller nicht mit Erfolg einwenden, dass der durch das Bremsen und Anfahren der LKW vor seinem Grundstück zu erwartende Lärm nicht als einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen im Sinne der Nr. 6.1 TA Lärm angesehen werden könne. Nach der Begriffsbestimmung in Nr. 2.8 TA Lärm sind kurzzeitige Geräuschspitzen durch einzelne Ereignisse hervorgerufene Maximalwerte des Schalldruckpegels, die im bestimmungsgemäßen Betriebsablauf auftreten. Darunter fallen auch die hier in Rede stehenden Geräusche.
Schließlich kann der Antragsteller bei summarischer Prüfung auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. August 1998 (4 C 5/98) deutlich gemacht habe, dass Lärm, der durch Zu- und Abfahrtsverkehr entsteht, nicht nach der 16. BImSchV zu beurteilen sei, soweit er seinem Charakter nach dem Verkehrslärm auf öffentlichen Straßen, der sich durch Geräusche des fließenden Verkehrs auszeichne, nicht ohne weiteres vergleichbar sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in dem vom Kläger angesprochenen Urteil ausgeführt, dass es nicht angemessen erscheine, bei Parkplatzlärm, der sich durch spezifische Merkmale, insbesondere unregelmäßige Geräusche mit hohem Informationsgehalt, auszeichnet, auf die Verkehrslärmschutzverordnung abzustellen. Der vorliegende Fall ist mit dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall aber nicht vergleichbar, weil es hier um typische Geräusche des Straßenverkehrs beim Abbiegen in eine andere Straße im Rahmen des fließenden Verkehrs geht. Außerdem trägt die Orientierung an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV, die Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm vorschreibt, den Besonderheiten des Straßenverkehrs Rechnung und berücksichtigt auch die durch Pegelspitzen geprägte Geräuschcharakteristik des Straßenverkehrslärms (vgl. OVG Münster, Urt. v. 21.1.2003 - 8 A 4230/01 - ZUR 2003, 368).
Ist demnach bei summarischer Prüfung weder davon auszugehen, dass die mit dem An- und Abfahrtverkehr im Einmündungsbereich der Straße „Am E.“ auf die Kreisstraße 61 verbundenen Lärmimmissionen so hoch sind, dass sie nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm durch Maßnahmen organisatorischer Art vermindert werden sollen, noch anzunehmen, dass die kurzzeitigen Geräuschspitzen den in Nr. 6.1 TA Lärm gesetzten Rahmen übersteigen, bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das genehmigte Bodenabbauvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen in der Gestalt unzumutbarer Lärmimmissionen zu Lasten des Antragstellers hervorrufen kann. Folglich ist davon auszugehen, dass die der Beigeladenen erteilte Bodenabbaugenehmigung den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Daher kann dem Antragsteller der beantragte vorläufige Rechtschutz nicht gewährt werden.“
Dieser Bewertung schließt sich die Kammer auch unter Berücksichtigung der weiteren vom Kläger erhobenen Einwendungen an.
Der Beweisantrag zu I. 1. des Klägers, Sachverständigenbeweis zu erheben darüber, dass der Abbaubetrieb und der betriebsbedingte Verkehr auf seinem Grundstück zu Lärmimmissionen führen, die geeignet sind, ihn in seiner Gesundheit zu gefährden und zu beschädigen, war abzulehnen, da Beweisanträge im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO nur solche Anträge sind, die für bestimmte Tatsachen bestimmte Beweismittel benennen (vgl. Kopp/Schenke, Komm. zur VwGO, 17. Aufl. 2011, § 86 Rn. 18 a). Die mit dem Beweisantrag geltend gemachte Behauptung stellt nach Überzeugung der Kammer jedoch keine konkrete, einer Beweiserhebung zugängliche Tatsache dar, sondern eine rechtliche Bewertung, die das Gericht selbst vornehmen muss.
Soweit der Kläger erstmalig in der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2013 geltend gemacht hat, der TÜV Nord gehe von falschen Entfernungen aus und der Abstand zwischen der Mitte des äußeren Fahrstreifens und seinem Haus betrage weniger als 15 m, greift diese Einwendung nicht durch. In seiner 2. Stellungnahme vom 3. Mai 2011 geht der TÜV Nord auf Seite 2 davon aus, dass der minimale Abstand zwischen dem Immissionsort IO2 und der Mitte des äußeren Fahrstreifens 15 m beträgt. Diese Annahme erweist sich bei einer Abstandsmessung anhand der vorliegende Karte als zutreffend; dabei liegt der Immissionsort IO2 in der Mitte des Hauses, das seinerseits schräg zur Kreisstraße steht und dessen südlichste Ecke sicherlich näher zur Mitte des äußeren Fahrstreifens liegt.
Ferner hält es die Kammer auch für zutreffend, dass der TÜV Nord entsprechend dem technischen Bericht zur Untersuchung der Geräuschemissionen durch Lastkraftwagen auf Betriebsgeländen von Frachtzentren etc. des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie davon ausgegangen ist, dass der Schallleistungspegel einer druckluftbetriebenen Lkw-Betriebsbremse Lwa = 108 dB(A) beträgt (S. 2 der Stellungnahme vom 3, Mai 2011). Von diesem Schallleistungspegel gehen zahlreiche veröffentlichte Gutachten aus, soweit sie im Internet mit dem Stichwort „Lkw-Betriebsbremse“ aufzufinden sind. Demgegenüber heißt es in der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotokopie des Faltblattes „InfoPhysTech“ des VDI:
„ …Reibungserregte Schwingungen und Geräusche in Kfz-Bremsen sind ein altbekanntes Phänomen und können in einem weiten Frequenzbereich auftreten. Sind Geräusche durch hohe Frequenzen (> 1000 Hz) gekennzeichnet, so spricht man von Bremsenquietschen. Dabei treten zumeist monofrequente Geräusche auf, die Schalldruckpegel bis zu 120 dB(A) erreichen können. Tonale Erscheinungsform, hohe Schalldruckpegel und Frequenzen, die im besonders empfindlichen Bereich des menschlichen Gehörs liegen, bewirken, dass Bremsenquietschen als stark störend empfunden wird….“.
Diese „Analyse von Bremsgeräuschen“ befasst sich mit modernen Kraftfahrzeugen und nicht mit druckluftgetriebenen Lkw-Bremsen und ist daher für den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht aussagekräftig.
Dem Beweisantrag des Klägers zu I.2., Sachverständigenbeweis zu erheben darüber, dass durch den Abbaubetrieb und den betriebsbedingten Verkehr an den Immissionsorten auf seinem Grundstück Lärmimmissionen verursacht werden, die den Immissionswert von 85 dB(A) (Spitzenpegel) überschreiten, war ebenfalls nicht nachzugehen, da sich nach der Stellungnahme des TÜV Nord vom 3. Mai 2011 an dem Immissionsort am Haus der Klägers sich nur ein Spitzenpegel von 77 dB(A) ergibt und der vom Kläger genannte Wert mithin nicht entfernt erreicht wird. Dem Kläger ist es auch nicht gelungen, Zweifel an den vom TÜV zugrunde gelegten Daten zu erwecken. Die Kammer hält es daher für erwiesen, dass der Spitzenpegel von 85 dB(A) durch den Abbaubetrieb und den betriebsbedingten Verkehr nicht erreicht wird.
Der Beweisantrag zu I 3. des Klägers, Sachverständigenbeweis zu erheben darüber, dass die Voraussetzungen, unter denen gemäß Nr. 7 Abs. 2 TA Lärm Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs soweit wie möglich vermindert werden sollen, im Hinblick auf sein Grundstück vorliegen, benennt keine Tatsache. Bereits die Frage, ob der Verkehrslärm an der Kreuzung der Straßen „Am E.“ und der K 61 dem Betrieb noch zugerechnet werden kann, ist eine Rechtsfrage, über die kein Sachverständigenbeweis erhoben werden kann. Das Gleiche gilt für die weiteren Folgerungen, die Nr. 7 Abs. 2 TA Lärm zieht.
2. Dem Schutz vor Staubemissionen hat der Beklagte durch Nebenbestimmungen hinreichend Rechnung getragen. so lautet etwa die Nebenbestimmung 7.1:
„Beladene Transportfahrzeuge dürfen das Abbaugelände nur verlassen, wenn sichergestellt ist, dass keine Staubbelästigungen der Nachbarschaft, der Verkehrswege und der Verkehrsteilnehmer auftreten. Dies kann durch einen ausreichenden Feuchtigkeitsgehalt des Gutes geschehen. Reicht die natürliche Feuchte nicht aus, ist das Gut ggfs. zu befeuchten.“ Für die Kammer ist nicht ersichtlich, warum diese Regelung nicht ausreichen sollte. Soweit der Kläger sich über aktuelle Staubbelästigungen beklagt, ist dies bereits wegen der Witterungslage im Februar 2013 kaum nachvollziehbar. Da im Betrieb der Beigeladenen aktuell noch gar kein Sand, sondern nur feuchter Lehm aus der Deckschicht abgefahren wird, kann der Betrieb derzeit nicht die Ursache für die Staubbelästigungen sein. Die Beweisanträge des Klägers zu „II. Staub“ stellen daher „Ausforschungsbeweisanträge“ dar, nämlich Beweisanträge, mit denen unter lediglich formalem Beweisantritt Behauptungen aufgestellt werden, für die jegliche tatsächlichen Grundlagen gänzlich fehlen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 86 Rn. 18 a). Im Übrigen wäre der Kläger beim Eintreten derartiger Staubimmissionen gehalten, sich an den Beklagten zu wenden, damit dieser die Einhaltung der Nebenbestimmungen zur Betriebsgenehmigung überwacht.
3. Hinsichtlich der Zurechnung der durch den Lkw-Verkehr auf öffentlichen Straßen verursachten Erschütterungen zu dem Betrieb der Beigeladenen fehlt es bereits an einer Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm entsprechenden Zurechnungsnorm. Die Beigeladene ist für den Verkehr auf öffentlichen Straßen grundsätzlich nicht verantwortlich. Nach der überzeugenden Stellungnahme des TÜV Nord vom 20. Februar 2013 ist es zudem nahezu ausgeschlossen, dass die Anhaltswerte, bei deren Einhaltung Schäden im Sinne einer Verminderung des Gebrauchswertes von Gebäuden nicht eintreten, überschritten werden, zumal diese Anhaltswerte selbst bei größeren Hauptverkehrsstraßen mit weitaus stärkerem Verkehr nicht erreicht werden. Der vom Kläger gestellte Beweisantrag zu „III. Erschütterungen“ lässt es an einer konkreten Tatsachenbehauptung fehlen, da nicht weiter dargelegt wird, welche Gesundheitsgefährdung oder Nutzungseinschränkung hervorgerufen werden sollen. Konkret bezeichnete Gebäudeschäden behauptet der Kläger nicht einmal.
Der Schutz vor Erschütterungen durch den Verkehr auf öffentlichen Straßen ist nicht mehr Regelungsgegenstand der angefochtenen Genehmigung. Hier fehlt es an einer Zurechnungsnorm, die etwaige Beeinträchtigungen noch dem Betrieb zuordnen würde, wie sie Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm als Sonderregelung für Verkehrslärm vorsieht. Bei tatsächlichen Beeinträchtigungen müsste der Kläger sich an die zuständige Straßenverkehrsbehörde wenden, die ggfs. Maßnahmen nach der StVO ergreifen kann. Insoweit wie auch für den Beweisantrag zu „IV Licht“ wird auf die Ausführungen zum Antrag I.3. verwiesen.
4. Soweit sich der Kläger auf Beeinträchtigungen durch Lichtimmissionen beruft, die durch den Verkehr auf öffentlichen Straßen hervorgerufen werden, sind derartige Immissionen der genehmigten Anlage nicht mehr zuzurechnen. Vielmehr handelt es sich um Auswirkungen der Nutzung öffentlicher Straßen. Soweit der Kläger meint, diesen Auswirkungen nicht durch Selbsthilfemaßnahmen begegnen zu können, ist er gehalten, sich an die zuständige Straßenverkehrsbehörde zu wenden, die ggfs. verkehrsregelnde Anordnungen treffen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO).