Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.03.2017, Az.: 3 Ws 89/17 (MVollz)
Entscheidung der Strafvollstreckungskammer bei Unzulässigkeit einer Rechtsbeschwerde
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.03.2017
- Aktenzeichen
- 3 Ws 89/17 (MVollz)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 14604
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2017:0303.3WS89.17MVOLLZ.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Göttingen - 20.01.2017 - AZ: 53 StVK - FS: Vollz. 108/16
Rechtsgrundlagen
- StVollzG § 116
- StVollzG §§ 116 ff.
- StVollzG § 116 Abs. 4
- StVollzG § 120 Abs. 1
- StPO § 346 Abs. 1
Fundstelle
- StV 2017, 743
Amtlicher Leitsatz
Im Verfahren der Rechtsbeschwerde nach §§ 116 ff StVollzG findet die Regelung des § 346 Abs. 1 StPO keine Anwendung. Die Strafvollstreckungskammer ist daher nicht befugt, eine Rechtsbeschwerde selbst als unzulässig zu verwerfen.
Tenor:
Der Beschluss der 53. kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen vom 20. Januar 2017 wird aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 53. kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen vom 10. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen (§§ 121 Abs. 2 Satz 1, 138 Abs. 3 StVollzG).
Der Streitwert wird auf bis zu 500,- € festgesetzt (§§ 1 Abs. 1 Nr. 8, 52 Abs. 1, 60, 63 Abs. 3 Nr. 2, 65 GKG).
Gründe
I.
Mit seiner Rechtsbeschwerde vom 19. Januar 2017 wendet der Antragsteller sich gegen einen Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 10. Januar 2017, mit welchem ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung betreffend eine Ausführung zu einer Rechtsanwältin als unzulässig verworfen wurde. Mit Beschluss vom 20. Januar 2017 hat die Strafvollstreckungskammer die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe von §§ 120 Abs. 1, 118 Abs. 3 StVollzG i.V.m. § 346 StPO als unzulässig mit der Begründung verworfen, diese sei nicht in der gemäß § 180 [gemeint war offensichtlich § 118] Abs. 3 StVollzG vorgeschriebenen Form eingelegt worden sei. Gegen diesen Beschluss wendet der Antragsteller sich mit einem Antrag vom 30. Januar 2017.
II.
Der gegen den Beschluss vom 20. Januar 2017 gerichtete Antrag vom 30. Januar 2017 war nach § 300 StPO als Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts im Sinne von §§ 120 Abs. 1 StVollzG 346 Abs. 2 StPO zu behandeln. Der statthafte und zulässig gestellte Antrag führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 13. Januar 2017. Die Strafvollstreckungskammer hat hiermit eine Rechtsbeschwerde nach Maßgabe von §§ 120 Abs. 1, 118 Abs. 3 StVollzG i.V.m. § 346 StPO als unzulässig mit der Begründung verworfen, diese sei nicht in der gemäß § 180 [gemeint war offensichtlich § 118] Abs. 3 StVollzG vorgeschriebenen Form eingelegt worden. Zu einer solchen Entscheidung war die Strafvollstreckungskammer nicht befugt.
Zwar ist das Verfahren der Rechtsbeschwerde nach Maßgabe der §§ 116 ff StVollzG grundsätzlich revisionsähnlich ausgestaltet (OLG Frankfurt, ZfStrVo 2001, 53; AK-StVollzG-Kamann/Spaniol, 6. Aufl., § 116 Rn. 14) und sind nach § 120 Absatz 1 Satz 2 StVollzG die Vorschriften der StPO ergänzend heranzuziehen, jedenfalls soweit sich aus dem StVollzG oder aus den Grundsätzen des Verwaltungsprozesses (vergleiche hierzu Bachmann in LNNV Strafvollzugsgesetze 12. Aufl. P Rn. 132) nichts anderes ergibt. Dieser Pauschalverweis führt indessen nicht zur Anwendung der Vorschrift des § 346 StPO im Verfahren der Rechtsbeschwerde nach dem StVollzG. Denn nach § 116 Abs. 4 StVollzG gelten für die Rechtsbeschwerde ausdrücklich die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Beschwerde entsprechend, nicht indessen jene über das Revi-sionsverfahren. Die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Beschwerde sehen die Möglichkeit einer Verwerfung von Rechtsmitteln als unzulässig nicht vor. Die Regelung des § 346 Abs. 1 StPO ist hiernach im Verfahren der Rechtsbeschwerde nach dem StVollzG nicht anwendbar (OLG Celle, Beschluss vom 2. Januar 2008 - 1 Ws 500/07 (StrVollz); Arloth, Strafvollzugsgesetze, 3. Aufl., § 120 Rn. 4). Soweit demgegenüber die Auffassung vertreten wird, aufgrund der Nähe des Rechtsbeschwerdeverfahrens zum Revisionsrecht finde auch die Vorschrift des § 346 StPO entsprechend Anwendung und habe hiernach die Strafvollstreckungskammer in geeigneten Fällen die Rechtsbeschwerde nach §§ 120 Abs. 1 StVollzG, 346 StPO selbst zu verwerfen (AK-StVollzG-Kamann/Spaniol, 6. Aufl., § 120 Rn.4; 118 Rn.18), steht dem der ausdrückliche Verweis in § 116 Abs. 4 StVollzG auf die Regeln (nur) des Beschwerderechts entgegen.
Dessen ungeachtet erfasst die Regelung des § 346 Abs. 1 StPO ohnehin nur eindeutige Fälle der Unzulässigkeit des Rechtsmittels und ist dem Tatrichter jede andere Zulässigkeitsprüfung untersagt, was etwa auch für die Frage der Übernahme der Verantwortung durch einen Verteidiger für die Begründung des Rechtsmittels gilt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 59. Aufl, § 346 Rn. 2 m.w.N.). Für das Einlegen der Rechtsbeschwerde durch einen Rechtspfleger gilt Entsprechendes. Hierauf kommt es mangels entsprechender Anwendbarkeit der Vorschrift des § 346 StPO für das Rechtsbeschwerdeverfahren aber nicht an.
Der Beschluss vom 20. Januar 2017 konnte hiernach keinen Bestand haben.
III.
Die gegen den Beschluss vom 2. Januar 2017 gerichtete Rechtsbeschwerde war vom Senat indessen als unzulässig zu verwerfen, weil die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§§ 116 Abs. 1, 138 Abs. 3 StVollzG).
IV.
Gegen diese Entscheidung ist nach §§ 119 Abs. 5 StVollzG, 304 Abs. 4 StPO ein Rechtsmittel nicht zulässig.