Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.03.2017, Az.: 2 Ws 26/17
Fortbestehen der Zuständigkeit der Staatsschutzkammer beim Landgericht im Ermittlungsverfahren; Anfangsverdacht hinsichtlich der Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung (hier: Botnetz "Avalanche"); Zuständigkeit für Beschwerdeentscheidungen gegen auf Staatsschutzdelikte gestützte amtsgerichtliche Beschlüsse; Änderung eines bestehenden Haftbefehls nach Wegfall des dringenden Tatverdachts wegen einer im Haftbefehl angeführten Tat; Umfang der Zuständigkeit der Staatsschutzkammer des Landgerichts für eine Haftbeschwerde
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.03.2017
- Aktenzeichen
- 2 Ws 26/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 12910
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2017:0309.2WS26.17.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 23.01.2017
Rechtsgrundlagen
- § 53 StGB
- § 129 StGB
- § 129b StGB
- § 261 Abs. 1 StGB
- § 261 Abs. 4 StGB
- § 73 GVG
- § 74 Abs. 1 GVG
- § 74a Abs. 1 Nr. 4 GVG
- § 74a Abs. 3 GVG
- StGB § 129
- StGB § 129b
- StPO § 112
- StPO § 306
- GVG § 73
- GVG § 74 Abs. 1
- GVG § 74a Abs. 1 Nr. 4
- GVG § 74a Abs. 3
Fundstellen
- NStZ 2017, 6
- NStZ-RR 2017, 5-6
- StRR 2017, 2
- StV 2018, 78
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Für die Entscheidung über eine Beschwerde gegen einen auf den Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer ausländischen kriminellen Vereinigung gem. §§ 129, 129b StGB gestützten Haftbefehl des Amtsgerichts ist die Staatsschutzkammer beim Landgericht gem. §§ 74a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 i.V.m. § 73 GVG auch dann sachlich zuständig, wenn der dringende Tatverdacht hinsichtlich des die Zuständigkeit der Staatsschutzkammer begründenden Deliktes nach Auffassung des Beschwerdegerichts nicht gegeben ist.
- 2.
Die Staatsschutzkammer bleibt im Ermittlungsverfahren für die zu treffenden Beschwerdeentscheidungen gegen amtsgerichtliche Beschlüsse, die auf Straftaten nach § 74 Abs. 1 GVG gestützt sind, zuständig, so lange zumindest ein Anfangsverdacht für das Staatsschutzdelikt fortbesteht.
- 3.
Die Zuständigkeit der Staatsschutzkammer endet erst mit Ausschluss des Tatvorwurfes gem. §§ 129, 129b StGB, z.B. durch Ablehnung des hinreichenden Tatverdachts im Rahmen der zu treffenden Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens.
In der Strafsache
gegen S. L.,
geboren am xxxxxx 1979 in B. (Ukraine),
wohnhaft: F.straße, W.,
zurzeit: Justizvollzugsanstalt S., Sc., S.
- Verteidiger: Rechtsanwalt B., We. -
wegen Geldwäsche
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die weitere Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg vom 23. Januar 2017 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht xxxxxx, den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx und den Richter am Amtsgericht xxxxxx am 09. März 2017 beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 23. Januar 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).
Gründe
I.
Das Amtsgerichts Verden hat am 04. November 2016 gegen den Beschuldigten Haftbefehl wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer ausländischen kriminellen Vereinigung gem. §§ 129, 129b StGB erlassen. Der Beschuldigte soll Mitglied einer international agierenden Tätergruppierung (Botnetz "Avalanche") gewesen sein, die für die Infizierung von Millionen privater und geschäftlicher Datenverarbeitungssysteme mit Schadsoftware verantwortlich sein soll. Die Tätergruppierung soll durch zahlreiche Phishing-Taten einen Schaden in Millionenhöhe hervorgerufen haben, wobei dem Beschuldigten innerhalb der kriminellen Vereinigung die Aufgabe zugekommen sein soll, zumindest einen Teil der aus den Taten erwirtschafteten Gewinne zu verschleiern.
Der Beschuldigte wurde am 30. November 2016 vorläufig festgenommen und befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft. Am 20. Dezember 2016 erließ das Amtsgericht Verden im Anschluss an eine am 19. Dezember 2016 durchgeführte mündliche Haftprüfung einen Haftfortdauerbeschluss.
Gegen den Haftfortdauerbeschluss hat der Beschuldigte am 21. Dezember 2016 Beschwerde eingelegt, die durch Beschluss der 1. großen Strafkammer (Staatschutzkammer) des Landgerichts Lüneburg vom 23. Januar 2017 verworfen wurde. Zugleich hat die Kammer den Haftbefehl des Amtsgerichts Verden vom 04. November 2016 dahingehend neu gefasst, dass der Beschuldigte der gewerbsmäßigen Geldwäsche in 194 Fällen dringend verdächtig sei. Insoweit hat die Kammer ausgeführt, ein dringender Tatverdacht für die Mitgliedschaft oder die Unterstützung einer ausländischen kriminellen Vereinigung sei nicht gegeben. Die Tathandlungen des Beschuldigten, der an 194 Tagen im Zeitraum vom 01. März bis zum 30. November 2016 Buchgelder im Gesamtwert von 6.335.710,09 € aus erpresserischen und betrügerischen Internetmanipulationen in Kenntnis ihrer deliktischen Herkunft weitergeleitet habe, seien jedoch als gewerbsmäßige Geldwäsche in 194 Fällen zu werten, wobei die Kammer hinsichtlich der einzelnen Tathandlungen auf die Anlage 1 des Haftsonderbandes SH Anlagen Bezug genommen hat.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschuldigte mit seiner weiteren Beschwerde und bringt vor, ein dringender Tatverdacht hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Delikte bestehe nicht. Zudem bestehe der Haftgrund der Fluchtgefahr nicht, insgesamt erweise sich die Untersuchungshaft als unverhältnismäßig.
Das Landgericht hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die weitere Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gründe für die Aufrechterhaltung des Haftbefehls weiterhin vorliegen.
1. Die 1. große Strafkammer des Landgerichts Lüneburg war für die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Verden (Aller) vom 4. November 2016 in der Gestalt des Haftfortdauerbeschluss vom 20. Dezember 2016 gemäß §§ 74a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 GVG zuständig, da die Zuständigkeit der Kammer erst mit Ausschluss des Tatvorwurfes gemäß § 129 StGB endet (Siolek in Löwe-Rosenberg, StPO, § 74a GVG, 26. Auflage 2010, Rn. 15). Verneint die Staatsschutzkammer im Rahmen der zu treffenden Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens den hinreichenden Tatverdacht gem. § 129 StGB, so entfällt erst von da ab ihre Zuständigkeit (OLG Frankfurt, Beschluss vom 31. August 1977 - 3 Ws 476/77 -, ). Vorliegend hat die Staatsschutzkammer lediglich die Annahme des dringenden Tatverdachtes hinsichtlich der Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gem. §§ 129, 129b StGB abgelehnt. Das Verfahren befindet sich noch im Stadium des Ermittlungsverfahrens, eine abschließende Beurteilung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 129 StGB ist daher noch nicht erfolgt. Für das Fortbestehen der Zuständigkeit der Staatsschutzkammer im Ermittlungsverfahren reicht ein Anfangsverdacht hinsichtlich der Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung aus. Dies folgt schon aus der Erwägung, dass für die Beschwerdeentscheidung gegen einen auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung beispielsweise durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts erlassenen Beschlagnahmebeschluss unzweifelhaft gem. §§ 74a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 i. V. m. § 73 GVG die Staatsschutzkammer zuständig ist. Vorliegend besteht aufgrund der Verbindungen zwischen dem Beschuldigten und wichtigen Mitgliedern des Botnetzes "Avalanche" (vgl. dazu unten Ziffer 2b) ein Anfangsverdacht hinsichtlich der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung durch den Beschuldigten fort.
Die Kammer war zudem auch befugt, den Haftbefehl neu zu fassen. Der Wegfall des dringenden Tatverdachts wegen einer im Haftbefehl angeführten Tat bedarf regelmäßig der Änderung eines bestehenden Haftbefehls. Hierbei kann dieser durch einen ergänzenden Beschluss abgeändert werden. Sofern der zugrundeliegende Sachverhalt jedoch wesentliche Änderungen aufweist, ist die Aufhebung des alten und der Erlass eines neuen Haftbefehls vorzugswürdig (Meyer-Goßner, StPO, 58. Aufl., § 114 Rn. 18). Diese Befugnisse stehen nach ständiger Rechtsprechung auch dem Beschwerdegericht zu (OLG Dresden, Beschluss vom 14. März 2006 - 3 Ws 12/06 -, ; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.04.1996 - 3 Ws 246/96, NStZ-RR 1996, 267). Soweit der Beschuldigte über seinen Verteidiger vorbringt, die 1. große Strafkammer habe unzulässige Ermittlungen vorgenommen, um einen aufhebungsreifen Haftbefehl zu stützen, greift der Einwand nicht durch. Zwar ist es zutreffend, dass das Beschwerdegericht nur zu entscheiden hat, ob in dem Augenblick, wo ihm die Sache zur Entscheidung vorgelegt wird, der Tatverdacht dringend und ein gesetzlicher Haftgrund gegeben ist, so dass keine Ermittlungen zulässig sind, um einen aufhebungsreifen Haftbefehl zu stützen (Hilger in: Löwe-Rosenberg, 26. Auflage 2007 § 114, Rn 38). Das Landgericht hat vorliegend jedoch lediglich eine andere rechtliche Bewertung des unveränderten Sachverhaltes vorgenommen, denn die Anlage 1 im Haftsonderband - SH Anlagen, aus der sich die von der Kammer angenommenen 194 Taten ergeben, ist - worauf das Landgericht im Beschluss vom 17. Februar 2017 zutreffend hinweist - nichts weiter als die Zusammenfassung des bereits bestehenden Aktenbestandes.
2. Der Beschuldigte ist der ihm zur Last gelegten Fälle der gewerbsmäßigen Geldwäsche dringend verdächtig.
a) Zutreffend ist das Landgericht zunächst davon ausgegangen, dass gegen den Beschuldigten im derzeitigen Stadium des Ermittlungsverfahrens kein dringender Tatverdacht der Mitgliedschaft oder der Unterstützung einer ausländischen kriminellen Vereinigung gem. §§ 129, 129b StGB besteht. Eine Vereinigung i.S.v. § 129 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung ein auf eine gewisse Dauer angelegter organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (Krauß in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2009, § 129, Rn. 18). Eine kriminelle Vereinigung setzt insbesondere voraus, dass sich ein Gruppenwille gebildet hat, dem sich die einzelnen Mitglieder als für sie verbindlich unterordnen und den sie zur Maxime ihres Handelns machen (BGH, Urteil vom 01. Oktober 1991 - 5 StR 390/91 -, ; Fischer, StGB, 64. Auflage 2017, § 129, Rn. 7). Erst die Bildung eines solchen von individuellen Einzelmeinungen losgelösten Gruppenwillens macht die besondere Gefährlichkeit der organisierten Vereinigung aus (vgl. BGHSt 28, 147, 149).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe besteht vorliegend kein dringender Tatverdacht für das Vorhandensein einer kriminellen Vereinigung i.S.v. § 129 StGB. Beim derzeitigen Ermittlungsstand bleibt insbesondere offen, ob sich der Beschuldigte - der ohne Zweifel dringend verdächtig ist, direkten Kontakt zu wichtigen Mitgliedern des Botnetzes "Avalanche" gehabt zu haben (vgl. insoweit die Ausführungen unter Ziffer 2b) - einem etwaigen gebildeten Gruppenwillen untergeordnet und diesen zur Maxime seines Handelns gemacht hat. Es ist zudem ungeklärt, ob der Beschuldigte bei der etwaigen Entstehung eines gebildeten Gruppenwillens überhaupt beteiligt wurde.
b) Der Beschuldigte ist allerdings nach dem derzeitigen Ermittlungsstand dringend verdächtig, sich im Zeitraum vom 1. März bis zum 30. November 2016 der gewerbsmäßigen Geldwäsche in insgesamt 194 Fällen gemäß §§ 261 Abs. 1, Abs. 4, 53 StGB schuldig gemacht zu haben.
Zutreffend weist die Kammer darauf hin, dass der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit in den genannten Zeiträumen mittels der aus der Anlage 1 zum Haftsonderband - SH Anlagen ersichtlichen Buchungen unterschiedlichste Beträge (vergleiche Spalte 4 der Tabelle) auf die in Spalte 5 näher bezeichneten WebMoney-Unterkonten (sog. "Purses") von seinen der WebMoney-ID 300xxxxxx zugehörenden "Purses" verschoben hat. Zutreffend hat die Kammer dabei nicht jede von dem Beschuldigten veranlasste Buchung als eine Tat gewertet, sondern vielmehr jeden Tag an dem (mehrere) Buchungen vorgenommen wurden, als eine Tat zu Grunde gelegt, da jedenfalls "über Nacht" von einem neuen Willensentschluss hinsichtlich neuer Taten auszugehen ist.
Dringender Tatverdacht besteht jedoch nur insoweit, als dass der Beschuldigte verdächtig ist, Einnahmen Dritter in Höhe von 503.560,32 $ aus Internet-Betrügereien und Internet-Erpressungen mit dem Botnetz "Avalanche" in Kenntnis der deliktischen Herkunft durch die dargestellten Verschiebungen weitergeleitet zu haben, um deren Zuordnung zu den vorangegangenen Straftaten zu verhindern.
Im Einzelnen:
aa) Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis steht außer Zweifel, dass die Vortäter des Beschuldigten aus betrügerischen und erpresserischen Internetmanipulationen (Botnetz "Avalanche") Einnahmen in Millionenhöhe erzielt haben. Ausweislich der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Verden vom 4. Januar 2017 konnten im Zeitraum vom 3. November 2012 bis zum 4. August 2016 bisher 1383 Phishing-Taten mit einem Gesamtschaden von 6.335.710,09 € konkret zugeordnet werden. Durch die von den Vortätern dabei verwandte Ransomware "Windowsverschlüsselungstrojaner", bei der eine Malware einen Computer infiziert, sperrt und dann Geld dafür verlangt, ihn zu entsperren, ist der Tatbestand der gewerbsmäßigen Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, Abs. 4, 53 StGB erfüllt. Zudem wird durch den von den Vortätern ebenfalls eingesetzten Banking Trojaner (URLzone) der Tatbestand des gewerbsmäßigen Computerbetruges gem. §§ 263a Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 1, 53 StGB erfüllt, so dass hinreichend konkretisierte Vortaten einer Geldwäsche gem. § 261 Nr. 4a StGB gegeben sind.
bb) Soweit die 1. große Strafkammer jedoch angenommen hat, aus diesen Vortaten stamme ein Betrag von 6.335.710,09 €, den der Beschuldigte durch seine Tathandlungen verschleiert habe, besteht nach Aktenlage keine ausreichend große Wahrscheinlichkeit, dass ein Betrag diesen Umfanges aus den Vortaten an den Beschuldigten gelangt ist. Es besteht jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit, dass zumindest ein Betrag von 503.560,32 $ aus den dargestellten rechtswidrigen Vortaten herrührt und an den Beschuldigten weitergeleitet wurde.
Der Beschuldigte stand bis zu seiner Inhaftierung im vorliegenden Verfahren zu einigen Hauptverantwortlichen der Vortaten in unmittelbarem Kontakt.
- Der gesondert Verfolgte A. R. war ausweislich des Ermittlungsergebnisses der Staatsanwaltschaft für die Anmietung zahlreicher für den Betrieb der Infrastruktur des Botnetzes "Avalanche" relevanter Server zuständig und damit eine zentrale Figur hinsichtlich der Vortaten (vgl. insoweit Haftbefehl des Amtsgerichts Verden (Aller) vom 09.11.2016, Az. 9a Gs 802 Js 2914/16 - 4281/16). Er mietete global verteilte Server an, die dann die entsprechend strukturrelevanten Aufgaben wie die Eigenschaft eines "Daten-Backends" übernahmen. So mietete der gesondert Verfolgte R. unter anderem Server in Norwegen, Luxemburg, Frankreich und Italien an (vgl. Bl. 3 ff. Aktendoppel R. 802 Js 2914/16). Auch die Finanzermittlungen belegen, dass A. R. in die Infrastruktur "Avalanche" eingebunden war. Er ist Inhaber eines WebMoney-Kontos, bei dem im Zeitraum vom 31. März 2015 bis zum 24. Juli 2016 Geldeingänge in Höhe von 595.894,37 $ und Geldausgänge in Höhe von 551.092,62 $ verzeichnet sind. Dabei erhielt der gesondert Verfolgte R. fast alle Eingänge von einem Konto, dessen Inhaber ein "A. S." ist. Ca. 91 % seines Kontoeingangs hat der gesondert Verfolgte R. an eine der WebMoney-Purses des Beschuldigten überwiesen. Dabei wurden die bei R. eingehenden Gelder regelmäßig unter Abzug von 50-100 $ zumeist noch am selben Tag an den Beschuldigten weiter überwiesen (vgl. Bl. 10 ff. Aktendoppel SH WebMoneyPerson R.).
Ausweislich des "Ermittlungsberichts WebMoney zu S. L." (vgl. Bl. 129 ff Band I Aktendoppel) hat der gesondert verfolgte R. im Zeitraum vom 1. März bis zum 14. Juli 2016 fast täglich Beträge zwischen 1000 und 5000 $ an den Beschuldigten über WebMoney transferiert und insgesamt eine Summe von 179.676,32 $ an den Beschuldigten überwiesen (vergleiche Blatt 30 ff. Aktendoppel Sonderheft WebMoney Person R.; Blatt 130 f. Band I Doppelakten). Soweit in den Akten diesbezüglich von einem Betrag in Höhe von 146.216,32 $ die Rede ist (vgl. Bl. 131 Band I Doppelakten), handelt es sich offenbar um einen Berechnungsfehler der Ermittlungsbehörden.
- Nach dem derzeitigen Ermittlungsergebnis ist auch der gesondert Verfolgte V. N. T. mit dem Botnetz "Avalanche" in Verbindung zu bringen. Er ist nach den Ermittlungen in der Ukraine für den Bereich der Geldwäsche zuständig und betreibt gemeinsam mit den gesondert verfolgten Eheleuten H. das Geldwechselportal "SupportlDG", über das WebMoney-Gelder in andere Zahlungsmittel transferiert werden können. Der gesondert Verfolgte T. betreibt zudem gemeinsam mit den Eheleuten H. mehrere W. U. Filialen in N. Im Jahr 2014 wurden zahlreiche Durchsuchungen bei Finanzagenten, die über W. U. Gelder deutscher Geschädigter des Banking T. U. erhalten hatten, durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass deren Daten missbraucht wurden und die Zahlungen über die örtliche W. U. Filialen in N. entgegengenommen wurden. Der gesondert verfolgte T. ist nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft für die Bezahlungen von Dienstleistungen, insbesondere aber auch zur Ausschüttung der Gewinne aus den mittels des Botnetzes "Avalanche" begangenen Straftaten zuständig. Er ist ferner Mieter und Betreiber zweier Server in der Ukraine, zu denen Daten eines rumänischen Servers übersandt wurden; der rumänische Server wurde im Januar 2013 eindeutig als "Backend" für die SchadSoftware "Matsnu" identifiziert, die im Zuge der Infizierung auch die Ransomware Windows-Verschlüsselungstrojaner nachlud. Die Daten der Opfer bzw. der eingesetzten Voucher wurden an die vom gesondert verfolgten T. betriebenen ukrainischen Server weitergeleitet (vgl. zu alledem Bl 11 ff. zu Aktendoppel 802 Js 2913/16; Bl. 6 ff. Aktendoppel zu 802 Js 33247/16).
Der Beschuldigte erhielt am 18. Juli 2016 in zwei Buchungen insgesamt 59.544,00 $ auf sein Unterkonto Z100xxxxxx und zwischen dem 20. und dem 22. November 2016 170.640,00 $ auf sein Unterkonto Z305xxxxxx von dem gesondert verfolgten T. überwiesen (Bl. 132, 135 Band I Aktendoppel; Bl. 113 Haftsonderband Band I; Bl. 58 Haftsonderband Band II).
- Zudem hat der Beschuldigte nach dem derzeitigen Ermittlungsstand von einem A. S. im Zeitraum vom 23. Juli bis zum 29. November 2016 insgesamt 93.700 $ auf sein WebMoney-Unterkonto Z374xxxxxx überwiesen bekommen (vgl. Anlage 2 zum Haftsonderband - SH Anlagen; Bl. 58 Haftsonderband Band II).
Die Personalie A. S. ist ebenfalls mit dem Botnetz "Avalanche" in Verbindung zu bringen. Er trat als Mieter eines für den Betrieb der Infrastruktur des Botnetzes "Avalanche" relevanten Servers in Erscheinung (Bl. 8 Aktendoppel Redko 802 Js 2914/16). Ferner stammen fast alle Eingänge auf dem WebMoney-Konto des gesondert Verfolgten R. von dem auf A. S. registrierten WebMoney-Unterkonto Z371xxxxxx (vgl. Bl. 10ff. SH WebMoney Person R.). Ferner hat der gesondert Verfolgte A. K. in seiner Beschuldigten-Vernehmung vom 16. Februar 2016 ausgesagt, A. S. sei der "Bill Manager" des gesondert Verfolgten R. und gehöre wie Letzterer der Firma IP-Servers an. A. S. habe sich ihm gegenüber auch mit einer Ausweiskopie legitimiert (vgl. Bl. 63ff. Haftsonderband Band II). Der Senat verkennt nicht, dass gleichwohl bislang ungeklärt ist, ob es sich bei A. S. gegebenenfalls lediglich um Alias-Personalien des gesondert Verfolgten R. handelt. Hierauf deuten jedenfalls die Erkenntnisse der ZKI Lüneburg hin, wonach ein Abgleich der Zugriff-Logins der IP-Zugriffe auf die WebMoney-Konten von A. R. und A. S. eine einhundertprozentige Übereinstimmung ergab (Bl. 119 Aktendoppel R. 802 Js 2914/16). Unabhängig davon, ob es sich bei A. S. um eine reale Person handelt, bleibt jedoch festzuhalten, dass alles darauf hindeutet, dass die von der WebMoney-Purse Z371xxxxxx transferierten Gelder auf das Konto des Beschuldigten inkriminierte Gelder aus betrügerischen und erpresserischen Internetmanipulationen (Botnetz "Avalanche") sind.
Es ist mithin mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass der Beschuldigte von den WebMoney-Konten der gesondert verfolgten R., T. und S. und damit von eindeutig mit dem Botnetz "Avalanche" in Verbindung zu bringenden Personen insgesamt 503.560,32 $ bezogen hat. Soweit die Beschwerdebegründung ausführt, es ergebe sich aus der Analyse der WebMoney-Transaktionsdaten gerade kein unmittelbarer Bezug zwischen den von den Opfern der gewerbsmäßigen Erpressungen bzw. gewerbsmäßigen Computerbetrugstaten gezahlten Geldern und den mit dem Botnetz "Avalanche" in Verbindung zu bringenden Personen, so ist dieser Einwand zutreffend, aber ohne Relevanz. Der Begriff des "Herrührens" i. S. v. § 261 StGB ist weit gefasst und erfasst auch, was nach (möglicherweise mehreren) Austausch- und Umwandlungs-Aktionen an die Stelle des ursprünglichen Gegenstands getreten ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20. Januar 2005 - 3 Ws 108/04 -, ). Es reicht aus, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zwischen dem Gegenstand und der Vortat ein Kausalzusammenhang besteht (BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 4/09 -, BGHSt 53, 205-210; BGH, Beschluss vom 26. 11. 2009 - 5 StR 91/09, NStZ-RR 2010, 109 [BGH 26.11.2009 - 5 StR 91/09]). Nach diesem Maßstab rühren die von dem Beschuldigten erlangten 503.560,32 $ mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den dargestellten rechtswidrigen Vortaten i. S. v. § 261 StGB her.
Der Senat verkennt nicht, dass der Beschuldigte auf seinen WebMoney-Purses weitaus größere Summen erhalten hat, die angesichts der Gesamtumstände und der Einkommenssituation des Beschuldigten kaum aus legalen Quellen stammen können. Ein direkter Bezug zu den betrügerischen und erpresserischen Internetmanipulationen mittels des Botnetzes "Avalanche" besteht insoweit jedoch zumindest derzeit nicht.
cc) Der Beschuldigte ist weiter dringend verdächtig, dieses Geld durch die in der Anlage 1 im Haftsonderband - SH Anlagen zu Ziffer 1 - 194 aufgelisteten Transaktionen mit dem Ziel weiterleitet zu haben, das Geld unter Verdeckung seiner Herkunft in den Finanz- und Wirtschaftskreislauf einzuschleusen.
(1) Es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte die in der Anlage 1 im Haftsonderband - SH Anlagen aufgelisteten Transaktionen von den Unterkonten zu seiner WebMoney-ID 300xxxxxx selbst vorgenommen hat. Die insoweit relevante WebMoney - ID ist auf den Beschuldigten registriert. Als Referenz war die Mobilfunknummer 004xxxxxx hinterlegt (vergleiche Blatt 11 Doppel-Sonderheft WebMoney L.). Anschlussinhaber der genannten Mobilfunknummer ist der Beschuldigte (vergleiche Blatt 7 Bd. I der Doppelakten). Zudem wurde im Rahmen einer ersten Auswertung des bei dem Beschuldigten sichergestellten Mobiltelefons IPhone bei den Kontakten der Name des Beschuldigten mit der vorgenannten Mobilfunknummer festgestellt (Blatt 180, 182 Haftsonderband Band I). Zudem sind ausweislich des Auswerteberichtes der zentralen Kriminalinspektion Lüneburg vom 6. Januar 2017 die Zugriffe hinsichtlich der getätigten Transaktionen über die IP-Adressen 67.xxxxxx, 67.xxxxxx und 85.xxxxxx erfolgt. Die beiden letztgenannten IP-Adressen konnten auf einem bei dem Beschuldigten im Rahmen der Durchsuchung sichergestellten PC - System Apple Macbook Pro festgestellt werden (vergleiche Blatt 72 Sonderheft Anlagen der StA zu Haftbeschwerde). Hinzu kommt, dass für die genannte WebMoney-ID die Zugriffe am 30. November 2016, d.h. am Tag der Festnahme des Beschuldigten endeten.
Der Senat verkennt bei alledem nicht, dass auch noch nach der Festnahme des Beschuldigten Zugriff-Logs ersichtlich waren, die über die IP-Adresse 67.196.119.126 erfolgten. Diese Logins betrafen jedoch ausschließlich die "WebMoney-ID" 890xxxxxx (vgl. Bericht vom 28.12.2016, Bl. 78 Haftsonderband). Zu dieser "WebMoney-ID" 890xxxxxx existieren lediglich drei Unterkonten (E519xxxxxx, R417xxxxxx und Z305xxxxxx), über die im Abfragezeitraum 12. August bis 24. September 2016 tatsächlich Transaktionen erfolgt sind. Alle weiteren zu der ID gehörenden Unterkonten weisen in diesem Zeitraum keine Transaktionen auf (vgl. Bl. 1 ff. Doppel SH WebMoney L. zu ID 890xxxxxx). Sämtliche dem Beschuldigten zur Last gelegten Taten wurden jedoch ausschließlich über die zu der WebMoney-ID 300xxxxxx gehörenden Unterkonten vorgenommen, auf das - wie ausgeführt - die Zugriffe mit Festnahme des Beschuldigten endeten. Nach alledem kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass neben dem Beschuldigten weitere Personen Transaktionen über die auf den Beschuldigten registrierte WebMoney-ID 890xxxxxx getätigt haben und noch tätigen. Dies ist jedoch aus den dargelegten Gründen für die Beurteilung des dringenden Tatverdachtes hinsichtlich der dem Beschuldigten zur Last gelegten Taten irrelevant.
(2) Der Beschuldigte ist darüber hinaus dringend verdächtig, diese Transaktionen mit dem Ziel vorgenommen zu haben, das Geld unter Verdeckung seiner Herkunft in den Finanz- und Wirtschaftskreislauf einzuschleusen.
Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Beschlusses des Landgerichts Lüneburg vom 23. Januar 2017 bleibt zu konstatieren, dass im Tatzeitraum gewaltige Geldsummen auf den verschiedenen WebMoney-Unterkonten des Beschuldigten eingegangen sind. Ausweislich des Ermittlungsberichts WebMoney (vgl. Bl. 129 ff Band I Doppelakten) ist allein im Zeitraum vom 07. März bis zum 13. Mai 2016 ein Eingang von 3.433.943,97 $ zu verzeichnen.
Gleichzeitig hat der Beschuldigte selbst große Summen an inzwischen gesondert Verfolgte Beschuldigte transferiert. Beispielsweise hat er innerhalb des Tatzeitraumes knapp 1,8 Millionen $ an T. Kh., 238.560,51 $ an E. To., 84.938,00 $ an J. O. Ts., 65.000 $ an V. Tol. und 53.010,00 $ an P. Top. transferiert. Der Senat verkennt nicht, dass die gesondert Verfolgten Kh., To., Ts. und Top. bislang nicht nachweislich mit dem Botnetz "Avalanche" in Verbindung zu bringen sind. Abgesehen davon, dass bereits die Höhe der von dem Beschuldigten an diese Personen transferierten Summen jedoch auf einen kriminellen Hintergrund hindeuten, sind jedoch vor allem die Geld-Transfers an den gesondert Verfolgten V. Tol. ein weiteres Indiz dafür, dass der Beschuldigte in Kontakt zu den Vortätern stand und er die Transaktionen zur Verschleierung der Herkunft der Gelder sowie zur Verhinderung des Verfalls, der Einziehung bzw. der Sicherstellung der inkriminerten Gelder tätigte.
Ausweislich der Haftbefehle des Amtsgerichts Verden vom 25. August 2016 (Az.: 9a Gs 802 Js 35087/16 - 3313/16; 9a Gs 802 Js 35436/16 - 3315/16) sind die gesondert Verfolgten G. Ka. und A. Ti. dringend verdächtig, für die Administrierung der Gesamtinfrastruktur "Avalanche" verantwortlich zu sein. Aus einem mittels Beschluss des Amtsgerichts Verden überwachten Jabber-Server konnte ermittelt werden, dass G. Ka. und A. Ti. auf ein WebMoney-Konto mit der ID 318xxxxxx zugegriffen haben und Bezahlungen von zur Verfügung gestellten Leistungen an das dazugehörige Unterkonto Z390xxxxxx richten ließen, das auf den gesondert verfolgten S. D. registriert wurde (vgl. Akten 802 Js 35087/16). Die Auswertung dieses Unterkontos hat ergeben, dass der gesondert Verfolgte V. Tol. zwischen dem 25.11.2015 und dem 08.08.2016 ganz regelmäßig Einzahlungen an die "Purse" von S. D. vorgenommen hat (vgl. Bl. 5 ff. SH Webmoney zur Person N. "Firestarter"). Darüber hinaus hat der gesondert Verfolgte Tol. von seinem Unterkonto mit der Nr. Z392xxxxxx auch insgesamt 58.000 $ an die "Purse" der gesondert Verfolgten A. Ki. mit der Nr. Z131xxxxxx und 36.343,45 $ an die "Purse" des gesondert Verfolgten A. E. mit der Nr. Z763xxxxxx transferiert. Dies erscheint deshalb erwähnenswert, weil A. Ki. in direkter Verbindung zu dem bereits erwähnten gesondert Verfolgten T. steht, denn nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis wurden von der gesondert Verfolgten Ki. allein zwischen dem 16.02. und dem 14.04.2016 insgesamt 356.380,00 $ auf das Unterkonto des gesondert verfolgten T. transferiert. A. E. wiederum ist über WebMoney mit dem gesondert Verfolgten K. H. in Verbindung zu bringen, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Ka. H. und V. T. dringend verdächtig ist, für die Auszahlung der inkriminierten Gelder über das Geldwechselportal "SupportlDG verantwortlich zu sein (vgl. 26 ff. Aktendoppel 802 Js 33247/16).
Nach alledem steht der gesondert Verfolgte V. Tol. offensichtlich mit zentralen Figuren des Botnetzes "Avalanche" in Kontakt. Die Tatsache, dass der Beschuldigte erhebliche Summen an den gesondert Verfolgten Tol. transferiert hat, stellt mithin ein weiteres Indiz dafür dar, dass der Beschuldigte für die Verschleierung der aus den Vortaten erlangten Vermögenswerte mitverantwortlich war.
(3) Soweit in der Beschwerdebegründung angezweifelt wird, dass es sich bei der in der Anlage 1 zum Haftsonderband - SH Anlagen mit "Out-Transfers" überschriebenen Spalte 4 überhaupt um die Darstellung aufgeführter Geldtransfers handelt, ergibt sich bereits aus dem Grundsatzbericht WebMoney der Zentralen Kriminalinspektion Lüneburg, Fachkommissariat 3, Cybercrime vom 08. Juni 2016 (vgl. Bl. 1 ff Aktendoppel SH WebMoney Person R.) ohne jeden Zweifel, dass es sich bei WebMoney um ein Onlinebezahlverfahren handelt. Schon daraus ist ersichtlich, dass die durch den Verteidiger vorgebrachte Variante, die Spalte 4 der erwähnten Tabelle würde versandte Nachrichten dokumentieren, nicht zutreffend ist. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der verschiedenen WebMoney-Auskünfte, dass zweifelsfrei Auskunft über ein- bzw. ausgehende Zahlungen erteilt wird.
(4) Besonders bemerkenswert erscheint zudem, dass der Beschuldigte trotz der Tatsache, dass für jede Transaktion über WebMoney Gebühren anfallen, beträchtliche Summen innerhalb seiner eigenen Unterkonten hat rotieren lassen. Beispielhaft sei insoweit lediglich der Geldtransfer von über 800.000 $ im Tatzeitraum von seiner WebMoney-Purse Z374xxxxxx an seine WebMoney-Purse Z379xxxxxx erwähnt. Allein im Zeitraum vom 07.03.2016 bis zum 13.05.2016 hat der Beschuldigte 2.259.083,15 $ zwischen seinen verschiedenen Unterkonten hin- und hergeschoben. Dementsprechend weist die Staatsanwaltschaft in ihrer Verfügung vom 4. Januar 2017 (vergleiche Blatt 95 ff. Haftsonderband Band I) darauf hin, dass sowohl Umfang als auch Handhabung der Finanztransaktionen des Beschuldigten derart außergewöhnlich sind, dass ausschließlich ein krimineller Hintergrund für dieses Geschäftsgebaren in Betracht kommt. Dies ist jedenfalls äußerst naheliegend, zumal im Rahmen der Durchsuchung bei dem Beschuldigten ca. 400 Prepaid-Kreditkarten und zahlreiche Belege von Expressendungen nach Polen und in die Ukraine aufgefunden wurden.
(5) Der Senat verkennt nicht, dass sich unter den vielen Transaktionen des Beschuldigten auch zahlreiche unauffällige Geldtransfers geringer Höhe an unbekannte Empfänger befinden. Es handelt sich gleichwohl auch bei diesen Transaktionen um Verschleierungshandlungen im Sinne von § 261 StGB. Ein "Verschleiern der Herkunft" ist bei allen irreführenden Machenschaften zu bejahen, die dazu führen sollen, dass der Ursprung des Gegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat nicht mehr erkennbar ist (Schmidt/Krause in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2010, § 261 StGB, Rn. 16). Soweit in der Literatur teilweise eine restriktive Auslegung des Tatbestandes der Geldwäsche unter Heranziehung des Gesichtspunkts der Sozialadäquanz gefordert, eine verfassungskonforme Auslegung oder teleologische Reduktion des Tatbestands vertreten oder die Annahme eines Rechtfertigungsgrunds vorgeschlagen wird, bleibt zu konstatieren, dass sich der Bundesgerichtshof insoweit eindeutig positioniert hat und die Anwendung des § 261 StGB auch bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs bejaht hat (BGH, Urteil vom 04. Juli 2001 - 2 StR 513/00 -, BGHSt 47, 68-83). Mithin besteht auch in etwaigen "normalen" Geldtransfers des Beschuldigten der dringende Verdacht einer Geldwäschehandlung.
Schließlich hat die Tatsache, dass der Beschuldigte insgesamt weit größere Summen auf seinen Konten bewegt und an Dritte ausbezahlt hat, als er nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nachweislich aus den rechtswidrigen Vortaten bezogen hat, keinen Einfluss auf das Vorliegen des objektiven Tatbestandes der Geldwäsche gem. § 261 StGB. Unter den Begriff "Herrühren" i.S.v. § 261 StGB fällt auch eine Kette von Verwertungshandlungen, bei der der ursprüngliche Gegenstand unter Beibehaltung seines Wertes durch einen anderen ersetzt wird (BGH, Urteil vom 27. Juli 2016 - 2 StR 451/15 -, , BGH, Urteil vom 04. Juli 2001 - 2 StR 513/00 -, BGHSt 47, 68-83). Es spielt dabei keine Rolle, ob die Surrogate einen höheren oder einen niedrigeren Wert haben als der Ursprungsgegenstand. Die Vermischung von inkriminiertem Vermögen mit überwiegend legalem Vermögen führt dazu, dass das vermischte Vermögen insgesamt aus der Vortat i.S.v. § 261 StGB herrührt (Schmidt/Krause in: Laufhütte u.a. StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2010, § 261 StGB, Rn. 12).
Vor diesem Hintergrund bleibt auch die Tatsache ohne Auswirkung, dass der Beschuldigte an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 01. März bis zum 14. Juli sowie in den Zeiträumen vom 15. bis zum 17. Juli, vom 19. bis zum 22. Juli und vom 23. September bis zum 07. November 2016 nicht nachweisbar inkriminierte Gelder aus den dargestellten Vortaten erlangt hat. Die von dem Beschuldigten in diesem Zeitraum vorgenommenen Transaktionen stellen gleichwohl Geldwäschehandlungen dar, denn mit Eingang der vor diesen Zeiträumen eingegangenen inkriminierten Geldern hat eine Vermischung mit dem ggf. legal erworbenen Vermögen auf den Konten des Beschuldigten stattgefunden.
dd) Der Beschuldigte hat auch mit hoher Wahrscheinlichkeit vorsätzlich gehandelt. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Beschlusses des Landgerichts Lüneburg Bezug. Ergänzend ist festzuhalten, dass auch die Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung indiziell auf eine vorsätzliche Tatbegehung des Beschuldigten hindeuten. Danach hat sich der Beschuldigte in einem Telefonat vom 7. Juli 2016 mit einem A. Z. (phon.) als "Sergej" von der Firma I. vorgestellt (vgl. Bl. 27 DoppelSH-TKÜ). Die Bezeichnung genau dieser Firma befand sich auch auf einer Kreditkarte des gesondert verfolgten A. R., mit der dieser tatrelevante Server angemietet hat (Bl. 176 Band I Doppelakten). Überdies hat der Beschuldigte zwischen dem 20.06. und dem 29.07.2016 Gespräche mit einem "L./P." (phon.) unter dem Telefonanschluss der kasachischen Dependance der Firma W. U. geführt. Dabei unterhielten sich der Beschuldigte und sein Gesprächspartner über die Eröffnung weiterer Konten im Ausland, die dazu dienen sollen, dass der Beschuldigte keine größeren Geldsummen (nicht mehr als 100.000 einer nicht näher definierten Währung) auf einem Konto deponieren muss, was für ihn ungefährlicher sei (vgl. Bl. 6 ff. DoppelSH-TKÜ). Die insoweit von den Ermittlungsbehörden vorgenommene Bewertung, diese erörterte Möglichkeit solle die Gefahr verringern, in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden zu geraten, liegt auf der Hand.
ee) Der dringende Tatverdacht entfällt nicht, weil der Beschuldigte ggf. auch an der Begehung der Vortaten beteiligt war. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Tatbestandsmäßigkeit des Nachtatverhaltens nicht entfallen, wenn unter den gegebenen Umständen ungewiss ist, ob der Beschuldigte sich im Rahmen einer etwaigen Vortat strafbar gemacht hat (Fischer, StGB, 64. Auflage 2017, § 261, Rn. 53; BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - 2 StR 69/07 - ).
ff) Angesichts der Vielzahl der Taten, derer der Beschuldigte dringend verdächtig ist, sowie der erheblichen Summen die er auf seinen Unterkonten bewegt und ausbezahlt hat, besteht kein Zweifel an einer gewerbsmäßigen Begehungsweise des Beschuldigten in sämtlichen Fällen gem. § 261 Abs. 4 StGB.
3. Gegen den Beschuldigten besteht auch weiter der Haftgrund der Fluchtgefahr. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beschuldigte lediglich dringend verdächtig ist, Buchgelder im Gesamtwert von 503.560,32 $ in Kenntnis ihrer Herkunft aus rechtswidrigen Vortaten der gewerbsmäßigen Erpressung und der gewerbsmäßigen Geldwäsche verschleiert zu haben, besteht eine hohe Straferwartung und dadurch bedingt ein immenser Fluchtanreiz für den Beschuldigten.
Soweit der Beschuldigte über seinen Verteidiger vorbringt, abgesehen von der Straferwartung seien keine weiteren Umstände oder Tatsachen vorhanden, die für die Annahme einer Fluchtgefahr sprechen würden, bleibt festzuhalten, dass der Beschuldigte intensive Beziehungen ins europäische und außereuropäische Ausland unterhält. Ausweislich der Berichte der Zentralen Kriminalinspektion Lüneburg vom 14. Dezember 2016 (Bl. 12f. Haftsonderband Band I) und vom 06. Januar 2017 (Bl. 70ff. SH Anlagen der StA zur Haftbeschwerde) hat die bei dem Beschuldigten durchgeführte Durchsuchung ergeben, dass der Beschuldigte u.a. Direktor der Firma "E. M. Corp. / Company S. Trust Company Limited" auf den Britischen Jungferninseln, bevollmächtigter Vertreter der Firma "W. LTD" in B. und Eigentümer der Firma "B. Limited" in H. K. ist. Aus der Telekommunikationsüberwachung ist zudem bekannt, dass der Beschuldigte zahlreiche Auslandsreisen unternommen hat. Insbesondere spricht der Beschuldigte - wie er selbst angibt - fließend mehrere Sprachen und verfügt nach den Erkenntnissen aus der Durchsuchung über beträchtliche Vermögenswerte im Ausland, was nach ständiger Rechtsprechung indiziell für die Annahme von Fluchtgefahr spricht (Meyer-Goßner, StPO, 58. Auflage 2015, § 112, Rn. 20; Hilgert in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage 2007, § 112, Rn. 36). Der Beschuldigte verfügt über Eigentum in der Ukraine und hat Überlassungsvereinbarungen mit anderen Personen hinsichtlich der ihm eingeräumten Nutzung von verschiedenen Wohnungen in Kiew getroffen. Er hat zudem zahlreiche Bankkonten in der Ukraine, Russland, B. und Tschechien, die nach den Erkenntnissen aus der Telefonüberwachung beträchtliche Guthaben aufweisen dürften. Vor diesem Hintergrund besteht trotz der Tatsache, dass der Beschuldigte über soziale Bindungen in Deutschland verfügt, die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte im Falle einer Entlassung aus dem Vollzug dem Verfahren entziehen würde.
4. Die Anordnung der Untersuchungshaft und ihre bisherige Dauer sind auch nicht unverhältnismäßig.
Der bisherige Verlauf des Ermittlungsverfahrens lässt zudem eine Verletzung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen nicht erkennen.
5. Der Zweck der Untersuchungshaft kann vorliegend auch nicht durch mildere Mittel i. S. von § 116 Abs. 2 StPO erreicht werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.