Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 27.08.2002, Az.: L 4 KR 138/00

Analoge Anwendbarkeit des § 49 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bei Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ohne Rechtsmissbrauch aus persönlichen Gründen durch einen arbeitsunfähigen Versicherten

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
27.08.2002
Aktenzeichen
L 4 KR 138/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 33505
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2002:0827.L4KR138.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 18.05.2000 - AZ: S 9 KR 5/99

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine analoge Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V kommt nicht in Betracht, wenn eine arbeitsunfähige Versicherte ihr Arbeitsverhältnis ohne Rechtsmissbrauch aus persönlichen Gründen kündigt und deshalb keine Entgeltfortzahlung erhält.

  2. 2.

    Für eine analoge Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auf die persönlich motivierte Eigenkündigung einer Versicherten fehlt es an einer planwidrigen, unbeabsichtigten Gesetzeslücke, die durch richterliche Rechtsfortbildung geschlossen werden könnte.

In dem Rechtsstreit
...
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen
auf die mündliche Verhandlung vom 27. August 2002 in Celle
durch
die R ichterin Schimmelpfeng- Schütte - Vorsitzende - ,
den Richter Wolff, den Richter Schreck sowie
die ehrenamltiche Richterin Sand und
den ehrenamtlichen Richter Dr Schein
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte der Klägerin die außergerichtlichen Kosten im Klageverfahren zu erstatten hat.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung von Krankengeld trotz Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses durch die Klägerin.

2

Die bei der Beklagten versicherte Klägerin war beim Deutschen Roten Kreuz Lüneburg (DRK) als Schichtleiterin im Pflegeheim des DRK in C. beschäftigt. Sie hatte einen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für 26 Wochen. Im Dezember 1997 erkrankte sie an Salmonellose und war seitdem arbeitsunfähig.

3

Anfang 1998 leitete das DRK ein Anhörungsverfahren wegen des Verdachts strafbarer Handlungen gegen die Klägerin ein. Sie hätte geduldet, dass Mitarbeiter Lebensmittel aus dem Pflegeheim mit nach Hause genommen hätten. Gegen sie selbst bestehe derselbe Verdacht. Nach den Angaben der Klägerin beabsichtigte das DRK daher, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Zu diesem Zweck fand am 22. Januar 1998 die Anhörung der Klägerin statt. Am 28. Januar 1998 erteilte der Betriebsrat seine Zustimmung zur fristlosen Kündigung. Mit Schreiben vom 29. Januar 1998 teilte das DRK der Klägerin mit, dass sie mit sofortiger Wirkung von ihren Arbeitsverpflichtungen unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch freigestellt sei.

4

Die Klägerin schaltete nun ihren Prozessbevollmächtigten ein, der sich mit Schreiben vom 6. Februar 1998 an das DRK wandte. Im Rahmen seiner Verhandlungen stellte sich heraus, dass das DRK beabsichtigte, das Arbeitsverhältnis fristlos bis spätestens Mitte Februar 1998 zu kündigen. Im Hinblick auf den angeschlagenen Gesundheitszustand der Klägerin einigten sich die Verhandlungspartner schließlich darauf, das Arbeitsverhältnis mit der vertraglichen Frist durch Eigenkündigung zum 31. März 1998 zu beenden. Daraufhin kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 9. Februar 1998 zum 31. März 1998.

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Die Klägerin beantragte Krankengeld ab 1. April 1998. Mit Bescheid vom 19. Juni 1998 lehnte die Beklagte den Antrag für die Zeit vom 1. April bis 21. Juni 1998 ab. Nach der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA) ruhe der Anspruch auf Krankengeld bei grobfahrlässigem Verhalten des Versicherten bis zu dem Tage, an dem die ursprüngliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gehaltsfortzahlung erfüllt gewesen wäre. Die Klägerin habe durch ihre Kündigung bewusst auf den ihr zustehenden Anspruch auf Gehaltsfortzahlung verzichtet. Sie habe angenommen, ihr Lebensunterhalt sei durch die Zahlung von Krankengeld sichergestellt. Damit habe sie sich grobfahrlässig zum Nachteil der Beklagten verhalten. Sie habe für die Zeit der Gehaltsfortzahlung keine Kündigung aussprechen dürfen. Das Arbeitsverhältnis hätte auch zum Ende der Entgeltfortzahlung gekündigt werden können. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 1998).

6

Die Klägerin hat am 8. Januar 1999 Klage vor dem Sozialgericht Lüneburg (SG) erhoben. Mit Urteil vom 18. Mai 2000 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften zu zahlen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Krankengeld zu. § 49 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) sei nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht anzuwenden. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruhe der Anspruch auf Krankengeld, soweit und solange eine Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhalte. Die herrschende Ansicht wende § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auch auf die Fälle an, in denen eine Versicherte zum Nachteil der Krankenkasse auf das Arbeitsentgelt verzichte. Der Klägerin sei es jedoch nicht darum gegangen, auf das Arbeitsentgelt zu verzichten. Ziel der Eigenkündigung sei vielmehr gewesen, die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu bereinigen. Nur aus diesem Grunde habe die Klägerin die Eigenkündigung ausgesprochen. Die Klage habe daher Erfolg. Gleichwohl habe die Klägerin ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen; denn letztlich habe ihr Verhalten zu der Kündigung geführt.

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Gegen das ihr am 7. Juni 2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. Juni 2000 Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des SG sei § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V im vorliegenden Fall entsprechend anzuwenden mit der Folge, dass der Krankengeldanspruch ruhe. Zwar fordere § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V den tatsächlichen Bezug von Arbeitsentgelt, der hier nicht vorgelegen habe. Nach herrschender Auffassung komme es ausnahmsweise auf einen tatsächlichen Bezug jedoch nicht an, wenn die Versicherte den Bezug des Arbeitsentgelts durch eine schuldhafte, d.h. vorsätzliche oder fahrlässige, Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Sozialversicherungsverhältnis vereitelt habe. Eine Versicherte habe alles zu unterlassen, was im Zusammenhang mit dem Krankengeldanspruch zu einem Schaden der Krankenkasse führe. Hier habe die Eigenkündigung zur Folge gehabt, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfallen sei. Ohne Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V wäre sie - die Beklagte - damit zur Zahlung des Krankengeldes verpflichtet gewesen. Ihr wäre also ein von der Klägerin bewusst verursachter Schaden entstanden. Im Verhältnis zur Beklagten sei es der Klägerin daher verboten gewesen, eine Eigenkündigung auszusprechen. Auf Grund ihres vorangegangenen schuldhaften Verhaltens gegenüber ihrem Arbeitgeber sei ihr zuzumuten gewesen, die fristlose Kündigung abzuwarten und ggf. gerichtlich dagegen vorzugehen. Dass sie das nicht getan habe, sei ihr allein zuzurechnen.

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Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. Mai 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

11

Die Verwaltungsakten der Beklagten haben mit den Prozessakten des ersten und zweiten Rechtszuges vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrages der Beteiligten wird auf diese Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

13

Zu Recht hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 1998 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld verurteilt.

14

Der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld ergibt sich aus § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. April bis 21. Juni 1998 krankheitsbedingt arbeitsunfähig war.

15

Auch die Beklagte geht davon aus, dass der Krankengeldanspruch entstanden ist. Sie meint jedoch, nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruhe dieser Anspruch. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V liegen nicht vor.

16

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhalten. Da die Klägerin in der Zeit von 1. April bis 21. Juni 1998 kein Arbeitsentgelt bezogen hat, scheidet eine unmittelbare Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aus.

17

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt im vorliegenden Fall auch keine entsprechende Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in Betracht.

18

Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Das BSG hat in zwei Urteilen vom 16. Dezember 1990-3 RK 27/79 und 3 RK 40/79 - (USK 80270 und SozR 2200 § 189 Nr. 2 jeweils zur "Ausgleichquittung") ausgeführt, dass ein Versicherter die Pflicht habe, den Versicherungsträger vor vermeidbaren Schäden zu bewahren. Verletze ein Versicherter durch einen Verzicht auf Lohnfortzahlung diese Verpflichtung, so habe er dafür einzustehen. Daher liege eine analoge Anwendung der Ruhensvorschrift des § 189 Reichsversicherungsordnung - RVO - nahe (§ 189 RVO entspricht § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Allerdings - so das BSG weiter - ziehe nicht jedes schädigende Verhalten die Ruhenssanktion nach sich. Voraussetzung sei zumindest grobe Fahrlässigkeit. Es spreche aber auch einiges dafür, die Ruhensvorschrift auf die Fälle zu beschränken, in denen der Versicherte vorsätzlich oder bewusst auf die Lohnfortzahlung zum Schaden der Krankenkasse verzichte. Das BSG hat die Frage der entsprechenden Anwendung des § 189 RVO im Urteil vom 13. Mai 1993 -1/3 RK 10/90 - (SozR 3-2200 § 189 Nr. 1) erneut diskutiert. Der Fall betraf einen Abfindungsvergleich zwischen einem verunglückten Versichertem und der Haftpflichtversicherung seines Schädigers. Auch hier hat das BSG die Frage einer entsprechenden Anwendung des § 189 RVO offen gelassen und ausgeführt: Ein Ruhen des Krankengeldanspruches könne in den Fällen gerechtfertigt sein, in denen der Versicherte unmittelbar gegenüber seinem Arbeitgeber wirksam und ggf. schuldhaft auf Lohnfortzahlung verzichtet habe, z.B. durch Vergleich, Erlassvertrag oder negatives Schuldanerkenntnis. Einer Krankenkasse entstehe durch einen Verzicht allerdings dann kein Schaden, wenn ein Dritter für den krankheitsbedingten Arbeitsausfall des Versicherten schadensersatzpflichtig sei. In diesen Fällen könne die Krankenkasse aus übergangenem Recht Rückgriff nehmen.

19

Diese höchstrichterliche Rechtsprechung vermag die Ansicht der Beklagten schon deshalb nicht zu stützen, weil das BSG die Frage einer analogen Anwendung des § 189 RVO in allen Entscheidungen ausdrücklich offen gelassen hat. Im Übrigen betrifft der vorliegende Fall weder eine Ausgleichsquittung, noch einen Verzicht, einen Erlassvertrag oder ein negatives Schuldanerkenntnis. Es geht um eine Eigenkündigung.

20

Eine analoge Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auf Fälle eines nicht absichtlichen, schädigenden Verhalten des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse scheidet aus, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Eine Analogie setzt voraus, dass insoweit eine planwidrige, unbeabsichtigte Gesetzeslücke vorliegt, die im Wege der Rechtsfortbildung durch Richterrecht geschlossen werden kann (vgl hierzu BSG, Urteil vom 16. April 2002 - B 9 VG 1/01 R - noch nicht veröffentlicht). Das ist in Bezug auf die aus persönlichen Gründen motivierte Eigenkündigung eines Versicherten nicht der Fall.

21

Zwar hat der Gesetzgeber keine ausdrückliche Regelung in Bezug auf den Anspruch auf Krankengeld bei einer Eigenkündigung des Versicherten getroffen. Der Gesetzgeber hat die Notwendigkeit von Sanktionen bei schädigendem Verhalten des Versicherten zum Nachteil der Krankenkasse aber sehr wohl gesehen. Denn er hat in mehreren Vorschriften des SGB entsprechende Sanktionen ausdrücklich geregelt. So bestimmt § 52 SGB V, dass das Krankengeld ganz oder teilweise versagt werden kann, wenn sich der Versicherte eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihm begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen hat. Nach § 51 Abs 3 SGB V endet der Anspruch auf Krankengeld, wenn der Versicherte keinen Antrag auf medizinische Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben stellt, obwohl er hierzu von der Krankenkasse aufgefordert worden ist. Ferner kann eine Krankenkasse eine Sozialleistung - und damit auch das Krankengeld - gemäß § 66 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) dann versagen, wenn der Versicherte seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Schließlich hat der Gesetzgeber im Arbeitsförderungsrecht die Eigenkündigung ausdrücklich geregelt und hieran Sanktionen in Bezug auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld geknüpft (§ 144 Drittes Sozialgesetzbuch -SGB III-).

22

Diese Regelungen zeigen nicht nur, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit gesehen hat, bestimmte Verhaltensweisen eines Versicherten mit Sanktionen zu belegen. Sie zeigen darüber hinaus, dass der Gesetzgeber das spezielle Problem der Eigenkündigung erkannt hat. Wenn er jedoch im SGB V von einer Vorschrift absieht, die der in § 144 SGB III getroffenen Bestimmung entspricht, so belegt das seine Absicht, entsprechende Sanktionen im Krankenversicherungsrecht bewusst nicht treffen zu wollen. Eine planwidrige, unbeabsichtigte Gesetzeslücke, die durch richterliche Rechtsfortbildung geschlossen werden könnte, entfällt daher. Eine analoge Anwendung des § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V auf die Eigenkündigung scheidet daher grundsätzlich aus.

23

Ob etwas Anderes in den Fällen zu gelten hat, in denen ein Rechtsmissbrauch seitens des Versicherten vorliegt, lässt der Senat offen. Es bedarf also keiner Entscheidung ob eine planwidrige, unbeabsichtigte Gesetzeslücke in den Sachverhalten anzunehmen ist, in denen eine Eigenkündigung bewusst und gewollt gerade deshalb erfolgt, um die Krankenkasse zu schädigen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

24

Die Klägerin hat ihre Eigenkündigung aus persönlichen Gründen ausgesprochen. Für die Annahme einer Kündigung nur zum Schein oder in der Absicht, die Krankenkasse zu schädigen, liegen keine Anhaltspunkte vor.

25

Zwar ist der Senat davon überzeugt, dass die anwaltlich beratene Klägerin bei der Eigenkündigung gewusst hat, dass sie ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung mit der Kündigung verliert und ein Anspruch auf Krankengeld gegen die Beklagte entsteht. Die Gesamtumstände des Falles belegen aber, dass die Klägerin nicht beabsichtigte, die Beklagte zu schädigen. Die Klägerin hat glaubhaft vorgetragen, dass sie das Arbeitsverhältnis gekündigt hat, um einer fristlosen Kündigung des DRK zuvor zu kommen. Nach ihrem Vortrag sollte ihr alsbald fristlos gekündigt werden. Der Betriebsrat hatte der fristlosen Kündigung bereits zugestimmt. Die Klägerin hat deshalb schnell zum Mittel der Eigenkündigung gegriffen, um die heikle und unangenehme Angelegenheit ohne viel Aufhebens aus der Welt zu schaffen. Der Schaden, den die Beklagte aufgrund der Eigenkündigung erlitten hat, war aus Sicht der Klägerin lediglich die nicht vermeidbare Folge ihrer Eigenkündigung.

26

Die Berufung hat daher keinen Erfolg.

27

Der Senat hält es für sachgerecht, der Beklagten nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht nur die Kosten des Berufungsverfahrens, sondern auch die der ersten Instanz aufzuerlegen. Der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius steht dem nicht entgegen.

28

Er findet im Rahmen des § 193 SGG keine Anwendung (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 193 Rn16 mwN).

29

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).