Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.05.2022, Az.: 14 K 212/19
Steuerfreiheit von Zahlungen für Verpflegungsmehraufwendungen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 13.05.2022
- Aktenzeichen
- 14 K 212/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 42298
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Zahlungen für Verpflegungsmehraufwendungen steuerfrei sind.
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, erbringt Service-Dienstleistungen im Bereich der Elektroinstallationen. Sie ist unter anderem in Windparks im Offshore-Bereich tätig und erbringt ihre Leistungen sowohl eigenverantwortlich als auch durch Arbeitnehmerüberlassung, indem sie verschiedene Fachkräfte an andere Firmen, die Offshore-Plattformen in den deutschen küstennahen Meeren betreiben, entleiht.
Im Jahr 2014 setzte die Klägerin drei ihrer Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis unbefristet ist, nämlich...., ...... und ....., für mehrere Auftraggeber auf verschiedenen Offshore-Plattformen ein, die sich in dem der Bundesrepublik Deutschland zustehenden Anteil an der ausschließlichen Wirtschaftszone befinden. Auftraggeber der Klägerin waren unter anderem die Fa. ......., die Fa. ......., die Fa. ........, die Fa. ....., die Fa. ......, die Fa. .....und die Fa. ........
Mit Schreiben vom ...... beantragte die Klägerin beim Beklagten gemäß § 42e Einkommensteuergesetz (EStG) Auskunft darüber, ob sie ihren Arbeitnehmern, die auf Off-shore-Anlagen ihrer Auftraggeber arbeiten, innerhalb der Dreimonatsfrist nach § 3 Nr. 16 EStG in Verbindung mit § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG lohnsteuerfrei ungekürzte Verpflegungspauschalen für mehrtägige Auswärtstätigkeiten auf See erstatten könne. Zum Sachverhalt führte die Klägerin aus, sie setze zur Ausführung von Kundenaufträgen eigene Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen (Windparks) in den deutschen küstennahen Meeren ein. Ihre Arbeitnehmer arbeiteten tagsüber über mehrere Tage hinweg in den Windparks und übernachteten während dieser Zeit auf einer Wohnplattform auf dem Meer. Sie seien deshalb über mehrere Tage hinweg 24 Stunden/Tag abwesend. Sie gewähre ihren Arbeitnehmern für diese Auswärtstätigkeiten keine Mahlzeiten. Die Wohnplattformen würden von ihren Auftraggebern oder von Dritten betrieben, die von ihrem Auftraggeber beauftragt worden seien. Auf den Wohnplattformen gebe es für ihre Arbeitnehmer die Möglichkeit, auf eigene Kosten und nach eigener Wahl Snacks und Getränke zu erwerben. Zudem hätten ihre Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, täglich an drei für sie kostenlosen Mahlzeiten teilzunehmen. Diese Mahlzeitengestellung erfolge weder auf ihre Kosten noch auf ihren Wunsch oder nach ihrer Wahl. Sie könne der Mahlzeitengestellung auf den Wohnplattformen zugunsten ihrer Arbeitnehmer auch nicht widersprechen oder diese im Einzelfall oder in Gänze abwählen. Sie könne weder die Art der Verpflegung und der Speisen noch deren Ausgabezeiten bestimmen. Die kostenlos angebotenen Mahlzeiten seien vielmehr Teil der von ihren Auftraggebern in ihrem eigenbetrieblichen Interesse bereitgestellten Infrastruktur, die dem Ziel einer zügigen Durchführung der beauftragten Arbeiten in schwieriger und beengter Umgebung dienen solle. Eine anderweitige Vollverpflegung sei auf See nicht möglich. Weiter heißt es, es sei fraglich, ob im vorliegenden Sachverhalt lohnsteuerfrei ausgezahlte Verpflegungspauschalen zu kürzen seien, weil die Mahlzeitengestellung auf ihre Veranlassung erfolgt sei. Dies sei jedoch im Ergebnis zu verneinen, da sie die konkreten Kosten der Verpflegung ihren Auftraggeber nicht erstatte und auch sonst keinen Einfluss auf die Gewährung oder die Qualität und Menge der zur Verfügung gestellten Mahlzeiten habe. Folglich müsse es möglich sein, dass sie ihren Arbeitnehmern für mehrtägige Auswärtstätigkeiten auf Offshore-Anlagen Verpflegungspauschalen ungekürzt lohnsteuerfrei erstatten könne.
Mit Bescheid vom ...... teilte der Beklagte der Klägerin zu ihrem Auskunftsersuchen vom .... mit, er teile die von ihr dargelegte Auffassung, dass die Verpflegungspauschalen für mehrtägige Auswärtstätigkeiten im dargestellten Sachverhalt ungekürzt ausgezahlt werden könnten. Nach dem dargelegten Sachverhalt handele es sich um notwendige Begleiterscheinungen der betrieblichen Zielsetzungen des Auftraggebers ohne Entlohnungscharakter für aufgewendete Arbeitskraft des Arbeitnehmers. Ein wichtiges Merkmal sei ebenfalls, dass die Klägerin keinerlei Einfluss auf die Darreichung der Mahlzeiten habe und ihr auch keine Kosten hierfür in Rechnung gestellt würden.
In der Zeit vom ..... bis zum ..... führte das Finanzamt ..... bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung durch, die sich auf den Prüfungszeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2016 erstreckte.
Mit Schreiben vom ..... und mit Schreiben vom ..... teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass nach den Ermittlungen im Rahmen der zurzeit bei ihr stattfindenden Lohnsteueraußenprüfung der Sachverhalt nicht wie im Antrag vom ...... dargestellt verwirklicht worden sei. In der Rahmenvereinbarung zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung sei "im ....." vereinbart, dass der Auftraggeber für Unterbringung und Verpflegung verantwortlich sei. Die Anrufungsauskunft vom ..... sei daher von Beginn an für den dargestellten Sachverhalt nicht anzuwenden. Es sei entgegen der Auffassung der Klägerin ein Unterschied, ob ein Auftraggeber sich in einer Rahmenvereinbarung verpflichte, Verpflegung zu stellen, oder diese einfach nur vorgehalten werde ohne Verpflichtung. Beide Schreiben enthielten keine Rechtsmittelbelehrung.
Die Betriebsprüfer vertraten in ihrem Betriebsprüfungsbericht vom ..... unter anderem die Auffassung, dass die Klägerin diversen Arbeitnehmern, die sie im Prüfungszeitraum auf den Offshore-Plattformen ihrer Auftraggeber eingesetzt habe, versehentlich für jeden Einsatztag im Jahr 2014 eine steuerfreie Zulage gezahlt habe, und zwar an den Arbeitnehmer ......in Höhe von .... €, an den Arbeitnehmer ...... in Höhe von ..... € und an den Arbeitnehmer ...... in Höhe von ..... €. Diese Beträge ermittelten die Betriebsprüfer anhand der Reisekostenabrechnungen der jeweiligen Arbeitnehmer sowie anhand der Verdienstbescheinigungen der Klägerin wie folgt (vgl. Blatt ..... der Betriebsprüfungsakte, die der Beklagte für die Klägerin unter der Auftragsbuch-Nr. ....... führt):
...... | ||
---|---|---|
.... | ..... € | (.....) |
.... | ....... € | (.....) |
.... | ....... € | (....) |
Summe | ....... € | (.....) |
........ | ||
..... | ... € | (...) |
....... | ..... € | (....) |
Summe | ... ...€ | (.....) |
....... | ||
...... | ....... € | (.....) |
...... | .... € | ( ....) |
. | ...... € | ....) |
Summe | ...... € | (....) |
Weiter heißt es in dem Betriebsprüfungsbericht vom ......., die Nachversteuerung erfolge im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung. Die Klägerin hafte nach § 42d Abs. 1 EStG für Steuerabzugsbeträge. Im Einzelnen ermittelten die Betriebsprüfer für die Offshore-Einsätze der Arbeitnehmer ......, ....... und ......folgende Haftungsbeträge zur Lohnsteuer für das Jahr 2014:
Betrag | Lohnsteuer | Kirchensteuer (ev.) | Solidaritätszuschlag | |
---|---|---|---|---|
..... | ...... € | ..... € | ...... € | |
...... | ..... € | ..... € | ..... € | ..... € |
....... | ...... € | ..... € | ..... € | |
Summe Lohnsteuer | .... € |
Wegen der Berechnung der Haftungsbeträge im Einzelnen wird auf die Anlage zum Betriebsprüfungsbericht vom ...... verwiesen (vgl. Blatt ..... der oben genannten Betriebsprüfungsakte).
Mit Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2016 vom ..... setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin Haftungsbeträge zur Lohnsteuer in Höhe von ..... €, zum Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer in Höhe von .... € sowie Lohnsteuer zur Kirchensteuer .... in Höhe von .....€ fest. Ferner setzte der Beklagte mit diesem Bescheid ebenfalls Nachforderungsbeträge gegenüber der Klägerin zur Lohnsteuer in Höhe von ..... €, zum Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer in Höhe von ..... € sowie zur Lohnsteuer zur Kirchensteuer in Höhe von insgesamt ..... € fest. Ferner hob der Beklagte mit diesem Bescheid für die Lohnsteueranmeldungen und die Steuerfestsetzungen für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2016 den Vorbehalt der Nachprüfung auf. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid heißt es unter anderem, die Klägerin hafte für die Haftungsbeträge gemäß § 42d Abs. 1 EStG. Sie werde als Haftende anstelle der Arbeitnehmer in Anspruch genommen, weil ein Haftungsausschluss nicht vorliege. Die Inanspruchnahme der Klägerin sei nicht unbillig. Sie habe sich mit ihrer Inanspruchnahme einverstanden erklärt. Diesem Bescheid fügte der Beklagte den Prüfungsbericht vom ...... über die bei der Klägerin durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung bei.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung ihres Einspruchs machte sie geltend, dass die an ihre Arbeitnehmer ausgezahlte Zulage als Verpflegungspauschale gemäß § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sei und mithin nicht der Lohnsteuer unterliege. Sie habe die Mahlzeiten ihren Arbeitnehmern auf den Offshore-Plattformen nicht, wie von § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG vorausgesetzt, selbst zur Verfügung gestellt. Zudem habe sie die Mahlzeitengestellung durch ihre Auftraggeber auch nicht veranlasst. Dies lasse sich beispielhaft auch aus den Verträgen entnehmen, die sie mit ihren Auftraggebern zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gemäß den Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) geschlossen habe.
Ergänzend hierzu legte die Klägerin dem Beklagten auf Anforderung unter anderem folgende Rahmen- und Arbeitnehmerüberlassungsverträge vor (vgl. Blatt ..... der Rechtsbehelfsakte, die der Beklagte für die Klägerin unter der Steuernummer ...... führt):
- ......
- ......
- .......
- ........
- .......
- ........
- ........
- ......
- ..........
Darüber hinaus legte die Klägerin dem Beklagten ein noch nicht ausgefülltes Formular "Zusatzvereinbarung" der Fa. ...... für das Projekt ...... vor. In diesem Formular, das nicht unterschrieben ist, heißt es unter anderem, die Unterkunft und die Verpflegung auf der .......werden gestellt. Ferner legte die Klägerin dem Beklagten für ihre Arbeitnehmer ....., ...... und ...... die Montage-Wochenabrechnungen für das Jahr 2014 vor. Nach diesen Montage-Wochenabrechnungen haben die Arbeitnehmer ....., .....und ..... im Jahr 2014 wie folgt auf den Offshore-Plattformen der Auftraggeber der Klägerin gearbeitet (vgl. Blatt ..... der oben genannten Rechtsbehelfsakte):
.......
Datum | Auftraggeber | Auftrag |
---|---|---|
...... (13 Tage) | ....... | ....... |
....... (16 Tage) | ....... | ..... |
...... (2 Tage) | ........ | ...... |
...... (11 Tage) | ........ | .......... |
..... (15 Tage) | ......... | .......... |
...... (8 Tage) | ......... | ................ |
..........
Datum | Auftraggeber | Auftrag |
---|---|---|
.......... (2 Tage) | ........... | .............. |
............ (15 Tage) | .............. | ................ |
............... (15 Tage) | ................. | .................. |
.............. (1 Tag) | ................ | ........... |
...... ...... (15 Tage) | ............. | ................. |
..........
Datum | Auftraggeber | Auftrag |
---|---|---|
........... (16 Tage) | ................ | .................. |
.................. (17 Tage) | .......................... | ............... |
.............. (16 Tage). | ............... | ............ |
.............. (16 Tage) | ................. | ............... |
.............. (16 Tage) | ....................... | ................... |
Weiter machte die Klägerin zur Begründung ihres Einspruchs geltend, sie werde - anders als im Betriebsprüfungsbericht vom .............. behauptet - von der Möglichkeit des Rückgriffs auf ihre Arbeitnehmer keinen Gebrauch machen. Darüber hinaus legte die Klägerin zugleich auch Einspruch gegen das Schreiben des Beklagten vom ............ ein und führte zur Begründung aus, sie habe den Sachverhalt in ihrem Antrag auf Anrufungsauskunft zutreffend dargestellt. Über diesen Einspruch hat der Beklagte bisher, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.
Mit Einspruchsbescheid vom ................ wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom .............. als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Zahlungen der Klägerin an ihre Arbeitnehmer für Verpflegungsmehraufwand seien nicht gemäß § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei. Aufgrund der durch die Klägerin veranlassten Gestellung der Mahlzeiten durch ihre Auftraggeber verblieben keine als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen der Arbeitnehmer für Verpflegungsmehraufwand. Dies sei jedoch Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Nr. 16 EStG. Im Streitfall hätten die Arbeitnehmer der Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf Verpflegungsmehraufwendungen gemäß § 9 Abs. 4a Satz 2 und 3 EStG, da sie außerhalb ihrer Wohnung und ihrer ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig geworden seien. Die Auftraggeber der Klägerin hätten den Arbeitnehmern der Klägerin jedoch kostenfrei das Frühstück, das Mittagessen und das Abendessen zur Verfügung gestellt, sodass die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand entsprechend zu kürzen seien, § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG. Es sei eine Kürzung auf 0 € vorzunehmen. Die Argumentation der Klägerin, dass die Gestellung der Mahlzeiten ausschließlich im eigenen betrieblichen Interesse ihrer Auftraggeber erfolge, verkenne die tatsächliche Gestaltung der Verträge, die die Klägerin mit ihren Auftraggebern geschlossen habe. Gerade die Regelung in den Vertragswerken unter den Ausführungen zur Vergütung der Klägerin offenbare den Willen der Beteiligten, dass die Gestellung der Verpflegung Teil der vertraglich vereinbarten Leistung und Gegenleistung zwischen den Beteiligten sein solle. Es sei nach dem Vortrag der Klägerin davon auszugehen, dass in jedem Fall der Arbeitnehmerüberlassung für den Offshore-Bereich eine Vollverpflegung der Arbeitnehmer durch den Entleiher erfolge und dies auch von allen Beteiligten vorausgesetzt werde. Für die Frage, ob die Gestellung der Mahlzeiten auf Veranlassung der Klägerin erfolge, sei es unerheblich, ob sie die genaue Qualität oder Menge der zur Verfügung gestellten Mahlzeiten bestimmen könne. Entscheidend sei, dass die grundsätzliche Gestellung der Mahlzeiten auf Veranlassung der Klägerin durchgeführt werde. Bei einer kostenfreien Gestellung von Mahlzeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers liege kein Verpflegungsmehraufwand vor. Es liege auch im Hinblick auf die neue Regelung des Reisekostenrechts ab dem Veranlagung 2014 nicht im gesetzgeberischen Interesse, in derartigen Fällen eine steuerfreie Erstattung zuzulassen. Das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 17. September 2019 2 K 54/15, EFG 2016, 36 auf das sich die Klägerin zur Begründung ihres Einspruchs berufen habe, betreffe einen Zeitraum vor Einführung des neuen Reisekostenrechts. Zudem habe das Finanzgericht Hamburg lediglich auf das eigenbetriebliche Interesse eines Arbeitgebers abgestellt, der selbst eine Offshore-Plattform betreibe. Im Übrigen sei auch die Höhe der steuerfrei erstatteten Aufwendungen, selbst wenn man nicht von einer Gestellung der Mahlzeiten auf Veranlassung der Klägerin ausgehe, nicht nachvollziehbar. Die Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin sei ermessensgerecht.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, dass der Haftungsbescheid vom ........ rechtswidrig sei, soweit der Beklagte die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand, die sie an ihre auf Offshore-Plattformen in den deutschen küstennahen Meeren eingesetzten Arbeitnehmer ............, ........... und .......gezahlt habe, als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandelt habe. Sie könne an ihre Arbeitnehmer bei Inlandsreisen bei ganztägiger Abwesenheit 24 € pro Tag und für den An- und Abreisetag sowie bei Abwesenheit von mindestens 8 Stunden 12 € pro Tag steuerfrei erstatten. Im Streitfall lägen die Voraussetzungen für eine typisierende Kürzung der Verpflegungspauschalen gemäß § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG nicht vor, da die Mahlzeitengestellung an ihre Arbeitnehmer auf den Offshore-Plattformen weder durch sie selbst noch auf ihre Veranlassung von einem Dritten erfolgt sei. Zutreffend sei, dass ihre Arbeitnehmer vor Ort in den auf den Offshore-Plattformen betriebenen Kantinen unentgeltlich vollverpflegt würden. Zur Ausführung von Kundenaufträgen, die im Allgemeinen in einem festen 14-Tage-Rhythmus stattfänden, setzte sie einige ihrer Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen ein, wobei die Arbeitnehmer tagsüber in den Windparks arbeiten und nachts auf einer Wohnplattform oder einem Versorgerschiff auf dem Meer schlafen. Auf den Plattformen gäbe es für die sich dort aufhaltenden Arbeitnehmer lediglich die Möglichkeit, auf eigene Kosten und nach eigener Wahl Snacks, Getränke und Hygieneartikel in einem kioskartigen "onbord-shop" zu erwerben. Eine Vollverpflegung sei hierdurch jedoch nicht gewährleistet. Dementsprechend bestehe für die Arbeitnehmer die Möglichkeit, in der auf den jeweiligen Plattformen betriebenen Kantine an für sie kostenlosen Mahlzeiten (Frühstück, Mittag- und Abendessen) teilzunehmen. Die Mahlzeitendarreichung erfolge nicht auf ihre Veranlassung. Die Mahlzeitengestellung werde weder auf ihre Kosten, auf ihren Wunsch oder nach ihrer Wahl gewährt, noch könne sie die Art der Verpflegung, deren Qualität oder die Ausgabezeiten bestimmen. Sie könne der Mahlzeitengestellung auch nicht widersprechen oder diese einzeln oder in Gänze für die von ihr entliehenen Arbeitnehmern abwählen. Sie entrichte für die Mahlzeiten, die ihre Arbeitnehmer erhielten, auch kein Entgelt. Vielmehr seien die kostenlos angebotenen Mahlzeiten allein Ausfluss der vom jeweiligen Auftraggeber in seinem eigenbetrieblichen Interesse bereitgestellten Infrastruktur, die dem Ziel einer zügigen Durchführung der beauftragten Arbeiten in schwieriger und beengte Umgebung auf den Offshore-Plattformen dienen solle. Die Kantinenverpflegung diene ausschließlich den betriebsfunktionalen Zielsetzungen der Plattformbetreiber. Ihren Arbeitnehmern sei es aufgrund der beengten räumlichen Gegebenheiten von vorneherein untersagt, verderbliche frische Lebensmittel zur eigenen Verköstigung auf die Plattformen mitzubringen. Wegen der eingeschränkten Platzverhältnisse auf den Plattformen bestehe auch keine Möglichkeit, selbst mitgebrachte Lebensmittel zu lagern. Zudem sei auch die Zubereitung eigener Speisen nicht möglich, da zum einen die nötigen Vorrichtungen hierfür fehlten und dies zum anderen auch aus Brandschutzgründen untersagt sei. Zudem sei das Gepäck, dass ihre Arbeitnehmer mit auf die Plattformen mitnehmen dürften, auf ......kg pro Person bzw. auf ........kg pro Kletterer einschließlich der Ausrüstung begrenzt. Die Mahlzeitengestellung erweise sich somit als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung ihrer jeweiligen Auftraggeber. Die gesetzlich geforderte Mahlzeitengestellung auf ihre Veranlassung liege damit nicht vor.
Aus den Verträgen, die sie zur Arbeitnehmerüberlassung mit ihren Auftraggebern abgeschlossen habe, ergebe sich nichts Anderes. Die "Verpflegungsthematik" sei nicht auf ihren Wunsch, sondern auf Betreiben der Auftraggeber Bestandteil der Verträge geworden. Aufgrund der Feststellungen vergangener Lohnsteuerprüfungen habe sie stets darauf geachtet, dass in Fällen, in denen Verpflegung oder Übernachtungsmöglichkeiten gestellt würden, dies schriftlich festgehalten werde. Lediglich in zwei Arbeitnehmerüberlassungsverträgen sei die entsprechende vertragliche Regelung in der Rubrik "Vergütung" aufgeführt. Tatsächlich sei jedoch aufgrund der örtlichen und logistischen Gegebenheiten und Betriebsabläufe beim Auftraggeber eine Eigenverpflegung außerhalb der Plattform faktisch ausgeschlossen. Soweit in einigen Arbeitnehmerüberlassungsverträgen keine schriftliche Verpflegungsvereinbarung getroffen worden sei, beruhe dies darauf, dass es im Offshore-Bereich völlig selbstverständlich und branchenüblich sei, in Arbeitnehmerüberlassungsfällen Verpflegung und Unterkunft zu stellen.
§ 13b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der im Streitjahr 2014 geltenden Fassung (AÜG a.F.) sei im Streitfall nicht einschlägig. Die Vorschrift betreffe lediglich das Verhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher, in dem es dem Leiharbeitnehmer einen eigenständigen einklagbaren Anspruch gegen den Entleiher gewähre. Im Übrigen bekräftige die Regelung in § 13b AÜG a.F. das eigenbetriebliche Interesse des Auftraggebers, da nach dieser Regelung die entliehenen Arbeitnehmer im Verhältnis zu eigenen Arbeitnehmern des Auftraggebers gleich zu behandeln seien. Ferner sei für die steuerliche Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nach wie vor nicht entscheidend, ob dem Arbeitnehmer tatsächlich Mehraufwendungen entstanden seien.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid vom ............ und die Einspruchsentscheidung vom ............ insoweit aufzuheben, als sie darin für an die Arbeitnehmer .......... in Höhe von .... €, ........... in Höhe von .... € und ............. in Höhe von .... € bei Offshore-Einsätzen steuerfrei ausgezahlte Zulagen für Verpflegungsmehraufwendungen gemäß § 9 Abs. 4a Satz 3 EStG als Haftungsschuldnerin gemäß § 42d EStG in Anspruch genommen wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält auch im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Ergänzend führt der Beklagte aus, eine Mahlzeitengestellung auf Veranlassung der Klägerin ergebe sich hier aus den zwischen ihr und ihren Auftraggebern abgeschlossenen Verträgen zur Arbeitnehmerüberlassung. Dies gelte insbesondere in den Fällen, in denen die Gestellung der Vollverpflegung durch den jeweiligen Auftraggeber ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien vereinbart worden sei. Die Klägerin habe wegen der besonderen örtlichen Situation aufgrund des Einsatzes ihrer Arbeitnehmer auf den Offshore-Plattformen ein eigenes Interesse daran, dass ihre Arbeitnehmer durch die Auftraggeber verpflegt würden.
Ferner beruft sich der Beklagte zur Begründung seiner Klage auf den ABC-Führer Lohnsteuer, 129. Ergänzungslieferung; Stand Februar 2022, Stichwort: Reisekosten, Rz. 108/3 und führt hierzu aus, dass dort im Beispiel 7 unter Hinweis auf § 13b AÜG die Auffassung vertreten werde, dass "uE" aufgrund der gesetzlichen Regelung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Arbeitgeberveranlassung stets anzunehmen sei, wenn dem Leiharbeitnehmer vom Entleiher ein Kantinenessen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde, und zwar unabhängig davon ob der Entleiher mit dem Verleiher über die Mahlzeitengestellung abrechne, zum Beispiel durch eine Rechnung über die Mahlzeiten oder durch Kürzung der Tagessätze für den entliehenen Arbeitnehmer um die Mahlzeiten. Nach dieser Kommentierung sei in Arbeitnehmerüberlassungsfällen, auch wenn der Entleiher mit dem Verleiher über die Mahlzeitengestellung nicht abrechne, stets von einer Arbeitgeberveranlassung auszugehen.
Darüber hinaus weist der Beklagte erneut darauf hin, dass der Bescheid vom ......keine Bindungswirkung im Streitfall entfalten könne, da die Klägerin in ihrem Schreiben vom ....... weder auf den Inhalt der Vereinbarungen, die sie mit ihren Auftraggebern abgeschlossen habe, noch auf die Tatsache hingewiesen habe, dass es sich um Arbeitnehmerüberlassungsfälle handelt.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
A. Der mit der vorliegenden Klage angefochtene Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2016 verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO), als der Beklagte die an die Arbeitnehmer ..... in Höhe von .... €, ..... in Höhe von .... € und ..... in Höhe von .... € für Offshore-Einsätze ausgezahlten Zulagen für Verpflegungsmehraufwendungen als weiteren steuerpflichtigen Arbeitslohn angesehen und die Klägerin für diese Beträge gemäß § 42d Abs. 1 EStG als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen hat.
Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners zweigliedrig (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2016 X R 36/15, BFH/NV 2017, 593 [BFH 20.09.2016 - X R 36/15]). Das Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob in der Person oder den Personen, die es zur Haftung heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsvorschrift erfüllt sind. Dabei handelt es sich um eine vom Gericht voll überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung des Finanzamtes an, ob und wen es als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 Abs. 1 FGO auf Ermessensfehler (Ermessensüberschreitung, Ermessensfehlgebrauch) überprüfbar. Prüfungsmaßstab hierfür ist allein die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung).
I. Im Streitfall liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haftung der Klägerin nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht vor.
Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat. Eine Haftung besteht unter anderem dann, wenn Arbeitslohn als steuerfrei behandelt wurde, ohne dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung tatsächlich vorlagen.
Im Streitfall war die Klägerin - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht verpflichtet, für die an ihrer Arbeitnehmer .....in Höhe von .... €, ..... in Höhe von .... € und ......in Höhe von ....€ für Offshore-Einsätze ausgezahlten Zulagen für Verpflegungsmehraufwendungen Lohnsteuer einzubehalten und an den Beklagten abzuführen. Die von der Klägerin an ihre Arbeitnehmer ausgezahlten Zulagen für Verpflegungsmehraufwendungen sind nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei.
Nach § 3 Nr. 16 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, Bundesgesetzblatt I 2013, 285 (EStG) sind die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, steuerfrei, soweit sie die nach § 9 EStG als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen. Zu den Reisekosten im Sinne des § 3 Nr. 16 EStG gehören auch Verpflegungsmehraufwendungen (vgl. Tz 48 des BMF-Schreibens vom 25. November 2020 "Steuerliche Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern", BStBl I 2020, 1228).
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Nach § 9 Abs. 4a Satz 1 EStG sind Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung nur nach Maßgabe der folgenden Sätze des § 9 Abs. 4a EStG als Werbungskosten abziehbar. Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist nach § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen. Diese beträgt nach § 9 Abs. 4a Satz 3 EStG 28 € für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist (Nr. 1), jeweils 14 € für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet (Nr. 2) und 14 € für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist (Nr. 3). Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, gelten nach § 9 Abs. 4a Satz 4 EStG die vorgenannten Sätze 2 und 3 der Vorschrift entsprechend.
Nach § 9 Abs. 4a Satz 6 EStG ist der Abzug der Verpflegungspauschalen auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt. Nach § 9 Abs. 4a Satz 7 EStG führt eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte zu einem Neubeginn, wenn sie mindestens vier Wochen dauert.
Wird dem Arbeitnehmer anlässlich oder während einer Tätigkeit außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, so sind nach § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG die nach den Sätzen 3 und 5 des § 9 Abs. 4a EStG ermittelten Verpflegungspauschalen zu kürzen, und zwar für das Frühstück um 20 % (Nr. 1) und für Mittag- und Abendessen um jeweils 40 % (Nr. 2) der nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 EStG maßgebenden Verpflegungspauschale für einen vollen Kalendertag.
Die vorgenannten Vorschriften sind im Streitfall anwendbar. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG sind die Regelungen des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2014 anzuwenden. Beim Steuerabzug von Arbeitslohn gilt § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG. mit der Maßgabe, dass diese Fassung erstmals für den laufenden Arbeitslohn anzuwenden ist, der für einen nach dem 31. Dezember 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge die nach dem 31. Dezember 2013 zufließen.
Im Streitfall hat die Klägerin ihren Arbeitnehmern ......, .....und ..... in der Zeit von Juli 2014 bis zum Dezember 2014 für ihre Offshore-Einsätze auf den Plattformen ihrer Auftraggeber Zulagen für Verpflegungsmehraufwendungen (steuerfrei) ausgezahlt. Hiervon gehen übereinstimmend auch die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits aus.
1. Die Arbeitnehmer der Klägerin ....., .....und .....waren im Streitjahr 2014 während ihres Einsatzes auf den Offshore-Pattformen in den deutschen küstennahen Meeren, wie von § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG vorausgesetzt, auswärtig beruflich tätig, da sie in dieser Zeit außerhalb ihrer Wohnungen und ihrer ersten Tätigkeitsstätte, soweit sie überhaupt eine erste Tätigkeitsstätte haben, beruflich tätig waren.
Die Offshore-Pattformen einschließlich der Windparks in denen die Arbeitnehmer ....., ..... und ..... im Streitjahr 2014 gearbeitet haben, sind nicht ihre erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG.
Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 Aktiengesetz - AktG -) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
Zwar sind die Offshore-Pattformen einschließlich der Windparks in den deutschen küstennahen Meeren, auf denen die Arbeitnehmer ....., ..... und ..... im Streitjahr 2014 gearbeitet haben, ortsfeste betriebliche Einrichtungen im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG. Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden. Eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte liegt auch vor, wenn eine Vielzahl solcher Mittel, die für sich betrachtet selbständige betriebliche Einrichtungen darstellen können, wie z.B. Werkstätten, Werkshallen und Bürogebäude, räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten stehen. Demgemäß kommt als eine solche erste Tätigkeitsstätte auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet, wie z.B. eine Werksanlage oder ein Betriebsgelände, in Betracht (BFH-Urteil vom 10. April 2019 VI R 17/17, BFH/NV 2019, 904 [BFH 03.04.2019 - VI R 46/17]).
Bei den Offshore-Pattformen einschließlich der Windparks, in denen die Arbeitnehmer ...., .... und .... gearbeitet haben, handelt es sich um (großflächige) Werksanlagen, die, soweit ersichtlich, mit dem Erdboden verbunden sind, auf jeden Fall aber standortgebunden genutzt werden. Die Offshore-Pattformen und die Windparks dienen auch von der Klägerin bestimmten Dritten, nämlich den jeweiligen Auftraggebern der Klägerin, deren betrieblichen Tätigkeiten.
Die Arbeitnehmer der Klägerin ...., ......und ..... waren im Streitjahr 2014 den Offshore-Pattformen und den Windparks der Auftraggeber der Klägerin auch, wie von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG vorausgesetzt, zugeordnet.
Die Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.
Im Streitfall hat die Klägerin ihre Arbeitnehmer ...., ....und ..... im Streitjahr 2014 für Einsätze auf den Offshore-Pattformen als Leiharbeitnehmer ihren Auftraggebern überlassen und sie damit den jeweiligen Offshore-Pattformen ihrer Auftraggeber zugeordnet.
Diese Zuordnung ist jedoch nicht dauerhaft im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG. Von einer dauerhaften Zuordnung ist nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Eine Zuordnung ist unbefristet im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 3 Alt. 1 EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der maßgeblichen Sicht ex ante nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (BFH-Urteil vom 4. April 2019 VI R 27/17, BStBl II 2019, 536).
Im Streitfall war die Zuordnung der Arbeitnehmer der Klägerin zu den jeweiligen Offshore-Pattformen und den Windparks der Auftraggeber der Klägerin nicht unbefristet und hat auch nicht über einen Zeitraum von 48 Monaten angedauert. Der Arbeitnehmer der Klägerin .....war lediglich vom .... bis zum ..... auf der Offshore-Plattform ..... tätig. Der Arbeitnehmer der Klägerin .....war lediglich vom .... bis zum ..... auf der Offshore-Plattform .... und vom ..... bis zum ..... auf der Offshore-Plattform ..... tätig. Der Arbeitnehmer der Klägerin .... war lediglich vom .... bis zum ..... auf der Offshore-Plattform .... und vom ..... bis zum .... auf der Offshore-Plattform ...... tätig.
Sämtliche Offshore-Einsätze der Arbeitnehmer der Klägerin waren nach den Arbeitnehmerüberlassungsverträgen, die die Klägerin zu den Offshore-Einsätzen ihre Arbeitnehmer dem Beklagten im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgelegt hat, auch kalendermäßig bestimmt. Mit Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vom .... hat die Fa. ..... den Arbeitnehmer der Klägerin .....für die Zeit vom ..... bis zum .... an die Fa. ..... verliehen. Mit Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vom ...... hat die Klägerin der Fa. ..... ihren Arbeitnehmer .... für die Zeit vom ..... bis zum .... als Leiharbeitnehmer überlassen. Mit Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vom .......... hat die Klägerin der Fa. ...... ihren Arbeitnehmer .....für die Zeit vom ..... bis zum ..... für offshore-Einsätze verliehen, wobei als Einsatzort ...... vereinbart worden war. Mit Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vom ..... hat die Klägerin ihren Arbeitnehmer ..... an die Fa. ...... für die Zeit vom .... bis zum ..... für Arbeiten auf der .....Plattform verliehen. Mit Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vom ...... hat die Klägerin ihren Arbeitnehmer .... an die Fa. .... für die Zeit vom .... bis zum ..... für Offshore-Einsätze verliehen.
2. Im Streitfall stehen den Arbeitnehmern der Klägerin ....., ..... und ..... dem Grunde nach für ihre Offshore-Einsätze auf den Plattformen der Auftraggeber der Klägerin Verpflegungsmehraufwendungen zu, obwohl die Arbeitnehmer der Klägerin im Streitjahr 2014 als Leiharbeitnehmer von den Auftraggebern der Klägerin während ihrer Tätigkeit auf den Offshore-Pattformen unentgeltlich verpflegt worden sind.
a. Zwar bestimmt § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG, wie oben bereits dargelegt, dass Verpflegungsmehraufwendungen bei einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit nur zur Abgeltung der dem Steuerpflichtigen tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen in Höhe der Verpflegungspauschale (§ 9 Abs. 4a Satz 3 EStG) anzusetzen sind.
Der Senat folgt jedoch nicht der in der Literatur vertretenen Auffassung, nach der die Verpflegungspauschalen ab dem Veranlagungszeitraum 2014 aufgrund des Wortlauts der Vorschrift nur angesetzt werden können, wenn dem Arbeitnehmer durch die Auswärtstätigkeit tatsächlich Mehraufwendungen für seine Verpflegung entstanden sind (so aber z.B. Bergkemper in HHR, EStG, Lfg. 300, Stand: Oktober 2020, § 9 Rz. 565). Mit der Formulierung in § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG "zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen Mehraufwendungen" wird lediglich typisierend unterstellt, dass bei einer länger andauernden auswärtigen beruflichen Tätigkeit Verpflegungsmehraufwand entstanden ist. Ob und in welcher Höhe tatsächlich dem Steuerpflichtigen ein Mehraufwand entstanden ist und ob der Arbeitnehmer die konkrete Verpflegungssituation vor Ort kennt, ist unerheblich. Lediglich bei einer Mahlzeitengestellung durch den Arbeitgeber kommt es zu einer Kürzung der Verpflegungspauschalen (Krüger in Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 9 Rz. 310; Thürmer in Brandis/Heuermann, EStG, Lfg. 160, Stand: Oktober 2021, § 9 Rz. 592).
Dieser Auffassung hat sich auch die Finanzverwaltung angeschlossen. In Tz 73 des BMF-Schreibens vom 25. November 2020, BStBl I 2020, 1228 heißt es ausdrücklich, das Merkmal "tatsächlich entstandene" Mehraufwendungen bringe zum Ausdruck, dass die Verpflegungspauschalen nicht mehr zum Ansatz kommen, soweit der Arbeitnehmer während seiner beruflichen Auswärtstätigkeit durch den Arbeitgeber "verpflegt" wird.
Die hier vertretene Auffassung entspricht zudem der ständigen Rechtsprechung des BFH für Veranlagungszeiträume vor dem Jahr 2014. Mit Urteil vom 8. Oktober 2014 VI R 95/13, BStBl II 2015, 231 sowie mit Beschluss vom 8. Oktober 2014 VI R 7/13, BStBl II 2005, 336 hat der BFH für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 entschieden, dass es für den Abzug der Pauschalen auf die konkrete Verpflegungssituation ebenso wenig ankommt wie darauf, ob dem Arbeitnehmer überhaupt ein Mehraufwand bei seiner Verpflegung entstanden ist. Für die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwand ist es nach der Rechtsprechung des BFH auch ohne Bedeutung, ob der Ansatz der Pauschalen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2014 VI R 7/13, BStBl II 2005, 336 [BFH 17.11.2004 - X R 62/01]).
b. Im Streitfall hat die Klägerin ihre Arbeitnehmer ....., .... und .... im Streitjahr 2014 während ihrer Offshore-Einsätze auf den Plattformen der Auftraggeber der Klägerin nicht verpflegt, sodass die Verpflegungspauschalen (§ 9 Abs. 4a Satz 3 EStG) nicht gemäß § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG, wie der Beklagte meint, auf 0 € zu kürzen sind.
aa. Die Verpflegungspauschalen des § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG sind nach § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG nur zu kürzen, wenn dem Arbeitnehmer anlässlich oder während einer Tätigkeit außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt wird. Die Gestellung einer Mahlzeit durch einen Dritten ist dann vom Arbeitgeber veranlasst, wenn die Rechnung auf ihn ausgestellt ist oder wenn der Dritte vom Arbeitgeber für die Gestellung der Mahlzeit eine Aufwandsentschädigung erhält (Bergkemper in HHR, § 9 Rz. 582; Krüger in Schmidt, EStG, § 9 Rz. 313). Ferner ist die Gestellung einer Mahlzeit durch einen Dritten vom Arbeitgeber veranlasst, wenn der Arbeitgeber Tag und Ort der Mahlzeitengestellung bestimmt (Bergkemper in HHR, § 9 Rz. 582).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Klägerin hat ihren Arbeitnehmern ...., .... und ..... im Streitjahr 2014 während ihrer Offshore-Einsätze selbst keine Mahlzeiten zur Verfügung gestellt. Vielmehr haben die jeweiligen Auftraggeber der Klägerin ihren Arbeitnehmern während ihrer Offshore-Einsätze unentgeltlich Mahlzeiten zur Verfügung gestellt, indem sie den Arbeitnehmern der Klägerin gestattet haben, täglich, wie auf den Offshore-Plattformen üblich, im Rahmen einer Gemeinschaftsverpflegung (Kantine) an drei für sie kostenlosen Mahlzeiten teilzunehmen.
Zudem hatte die Klägerin im Streitfall, wovon auch die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits übereinstimmend ausgehen, weder den Tag noch den Ort der Mahlzeitengestellung bestimmt. Darüber hinaus haben die jeweiligen Auftraggeber der Klägerin die Kosten für die unentgeltliche Mahlzeitengestellung auf ihren Offshore-Plattformen, wovon ebenfalls die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits übereinstimmend ausgehen, selbst getragen, ohne von der Klägerin für die überlassenen Arbeitnehmer eine Aufwandsentschädigung erhalten zu haben.
Andere Gründe, die im Streitfall für eine Mahlzeitengestellung auf Veranlassung der Klägerin sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Klägerin im Streitfall erkennbar weder für die Mahlzeitengestellung einen finanziellen Beitrag geleistet noch die Mahlzeitengestellung auf den Offshore-Plattformen ihrer Auftraggeber in sonstiger Weise durch einen anderen (vergleichbaren) eigenen Beitrag unterstützt oder gefördert.
bb. Der Senat folgt in diesem Zusammenhang auch nicht der Auffassung des Beklagten, dass bei einer Arbeitnehmerüberlassung in jedem Fall eine Arbeitgeberveranlassung anzunehmen ist, wenn dem Leiharbeitnehmer vom Entleiher ein Kantinenessen unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, und zwar unabhängig davon, ob der Entleiher mit dem Verleiher über die Mahlzeitengestellung abrechnet.
Der Beklagte hat seine Auffassung überhaupt nicht begründet und lediglich pauschal auf den ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Reisekosten, Rz. 108/3 verwiesen. Dort heißt es allerdings auch nur ohne nähere Begründung, dass "uE" aufgrund der gesetzlichen Regelung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Arbeitgeberveranlassung stets anzunehmen sei, wenn dem Leiharbeitnehmer vom Entleiher ein Kantinenessen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde.
Weder aus § 13b AÜG a.F. noch aus anderen Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ergibt sich jedoch, wie wohl der Beklagte meint, dass in Arbeitnehmerüberlassungsfällen stets bei einer unentgeltlichen Mahlzeitengestellung durch den Entleiher davon auszugehen ist, den Arbeitnehmern des Verleihers sei für die Dauer der Überlassung auf Veranlassung des Verleihers (unentgeltlich) eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt worden.
Nach § 13b Satz 1 AÜG a.F. hat der Entleiher dem Leiharbeitnehmer Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen unter den gleichen Bedingungen zu gewähren wie vergleichbaren Arbeitnehmern in dem Betrieb, in dem der Leiharbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, es sei denn, eine unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Zu den Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne des § 13b Satz 1 AÜG a.F. gehört nach § 13b Satz 2 AÜG a.F. insbesondere auch eine Gemeinschaftsverpflegung.
§ 13b Satz 1 AÜG a.F. gewährt jedoch lediglich dem Leiharbeitnehmer einen selbstständig einklagbaren Anspruch gegen den Entleiher auf Zugang zu dessen Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten, wie zum Beispiel den Zugang zu einer bereits bestehenden Kantine (Urteil-LAG Hessen vom 9. September 2016 10 Sa 474/16, juris). Der Anspruch auf Zugang umfasst dabei sowohl die Einräumung von (technischen) Zugangsvoraussetzungen zu der Einrichtung, wie zum Beispiel die Zurverfügungstellung einer Codekarte, als auch die Schaffung der Voraussetzungen für die tatsächliche Nutzung (Hamann in Schüren/Hamann, AÜG, 5. Aufl. 2018, § 13b Rz. 4). § 13b AÜG a.F. ist zwingend. Das folgt aus § 9 Abs. 1 Nr. 2a AÜG a.F., wonach Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b AÜG a.F. beschränken, unwirksam sind (Hamann in Schüren/Hamann, AÜG, § 13b Rz 6).
Ein durchsetzbarer Anspruch der Leiharbeitnehmer gegenüber dem Verleiher auf Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen des Entleihers besteht dagegen nicht (Hamann in Schüren/Hamann, AÜG, § 13b Rz. 5). Aus dem in § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. (jetzt § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG) normierten arbeitsrechtlichen Gleichstellungsgrundsatz ergibt sich nichts Anderes. Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F. ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Die Gemeinschaftseinrichtungen und -dienste zählen jedoch nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a.F., sodass auch ein Gesamtschuldverhältnis von Entleiher und Verleiher ausscheidet (vgl. Hamann in Schüren/Hamann, AÜG, § 13b Rz. 5). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es dem Verleiher häufig aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sein wird, dem Leiharbeitnehmer Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten beim Entleiher zu verschaffen (Hamann in Schüren/Hamann, AÜG, § 13b Rz. 3).
cc. Zudem ergibt sich - entgegen der Auffassung des Beklagten - für den Streitfall auch nichts anderes aus der Gestaltung der Verträge, die die Klägerin bzw. die Fa. ...... zur Überlassung der Arbeitnehmer der Klägerin ....., ..... und ...... mit ihren Auftraggebern abgeschlossen hat. Die Regelungen in den Verträgen, soweit sie hier vorliegen, offenbaren nicht, wie der Beklagte meint, den Willen der Vertragsparteien, dass die Gestellung der Verpflegung Teil der vertraglich vereinbarten Leistung und Gegenleistung zwischen den Beteiligten ist.
Der Rahmenvertrag, den die Klägerin, die Fa. ..... und die Fa. ..... als Verleiher mit der Fa. ...... als Entleiher am ..... abgeschlossen hat, enthält überhaupt keine vertragliche Regelung zur Verpflegung der überlassenen Arbeitnehmer.
Zudem enthalten die Arbeitnehmerüberlassungsverträge vom ....., ......., vom ...... und vom......., mit denen die Klägerin bzw. die Fa. ..... die Arbeitnehmer der Klägerin ....., ..... und ...... im Streitjahr 2014 für Offshore-Einsätze verliehen hat, ebenfalls keine vertraglichen Regelungen zur Verpflegung der überlassenen Arbeitnehmer.
Mit dem Rahmenvertrag, den die Klägerin mit der Fa. ...... am ...... abgeschlossen hat, haben die Vertragsparteien lediglich die jeweiligen Preise für die Arbeitnehmerüberlassung von Elektrikern im offshore-Bereich festgelegt. Eine vertragliche Regelung zur Verpflegung der überlassenen Arbeitnehmer enthält dieser Rahmenvertrag ebenfalls nicht.
Lediglich in dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, den die Klägerin mit der Fa. ..... zur Überlassung ihres Arbeitnehmers ..... am ..... abgeschlossen hat, sowie in dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, den die Klägerin mit der Fa. ..... zur Überlassung ihres Arbeitnehmers ..... am ..... abgeschlossen hat, heißt es jeweils, dass Unterkunft und Verpflegung vom Kunden kostenfrei gestellt werden.
Auch in diesen Fällen kann jedoch nicht angenommen werden, dass die Gestellung der Mahlzeiten während der Offshore-Einsätze des Leiharbeitnehmers ..... auf Veranlassung der Klägerin erfolgt ist. Mit der Formulierung in den vorgenannten Arbeitnehmerüberlassungsverträgen, dass Unterkunft und Verpflegung vom Kunden kostenfrei gestellt werden, haben die jeweiligen Auftraggeber gegenüber der Klägerin nach den Gesamtumständen des Streitfalls vielmehr lediglich anerkannt, dass sie auch den Arbeitnehmern der Klägerin, wie allen auf ihren Plattformen tätigen Arbeitern, entsprechend der unabdingbaren Regelung in § 13b AÜG a.F. Zugang zur Gemeinschaftsverpflegung gewähren werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, wie die Klägerin nachvollziehbar dargelegt hat, dass auf den Offshore-Plattformen ihrer Auftraggeber sämtliche Arbeiter während ihres Einsatzes im Rahmen einer Gemeinschaftsverpflegung (Kantine) vollverpflegt werden, weil eine Selbstverpflegung auf den Plattformen nicht möglich und aus Brandschutzgründen auch nicht erlaubt ist. Allein daraus, dass nach den vorgenannten Arbeitnehmerüberlassungsverträgen Unterkunft und Verpflegung vom jeweiligen Entleiher kostenfrei gestellt werden, ergibt sich demnach nicht, dass die Klägerin die Mahlzeitengestellung auf den Offshore-Plattformen für ihren Arbeitnehmer .... veranlasst hat.
Für die Frage, ob im Streitfall die Mahlzeitengestellung auf den Offshore-Plattformen für die Arbeitnehmer ......, ...... und ...... durch die Klägerin veranlasst sind, sind die Rahmenverträge ohne Bedeutung, die die Klägerin, die Fa. ...... und die Fa. ...... am ..... mit der Fa. ..... und am ..... mit der Fa. ...... abgeschlossen hat, da beide Verträge erst nach dem Streitjahr 2014 abgeschlossen worden sind. Ohne Bedeutung ist im Streitfall auch das nicht ausgefüllte Formular "Zusatzvereinbarung" der Fa. ..... für das Projekt "Offshore-Montagen auf der Umspannplattform .... vor .....", das die Klägerin dem Beklagten im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgelegt hat.
3. Gegen die Höhe der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten steuerfreien Verpflegungsmehraufwendungen bestehen keine Bedenken.
Nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 EStG beträgt die Verpflegungspauschale für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, 28 €.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin steuerfrei ausgezahlte Verpflegungsmehraufwendungen für ihren Arbeitnehmer .... in Höhe von .... €, für ihren Arbeitnehmer ..... in Höhe von .... € und für ihren Arbeitnehmer .... in Höhe von .... € geltend gemacht, mithin insgesamt .... €. Diese Beträge sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach den Montageabrechnungen, die die Klägerin dem Beklagten im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgelegt hat, hat ihr Arbeitnehmer ..... bei seinem Offshore-Einsatz auf der Plattform ..... die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4a Satz 1 Nr. 1 EStG an mindestens 53 Tagen erfüllt, sodass die Klägerin Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.484 € (53 Tage x 28 €) steuerfrei hätte auszahlen können. Nach den vorgelegten Montageabrechnungen erfüllt der Arbeitnehmer ..... die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4a Satz 1 Nr. 1 EStG bei seinen Offshore-Einsätzen auf der Plattform .... und .... an insgesamt 38 Tagen, sodass die Klägerin Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.064 € (38 Tage x 28 €) steuerfrei hätte auszahlen können. Der Arbeitnehmer ..... erfüllt nach den vorgelegten Montageabrechnungen die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4a Satz 1 Nr. 1 EStG unter Berücksichtigung der Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 4a Satz 6 EStG bei seinem Offshore-Einsatz auf den Plattformen ..... und ...... an insgesamt 71 Tagen, sodass die Klägerin Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.988 € (71 Tage x 28 €) steuerfrei hätte auszahlen können.
Im Übrigen besteht über die Ermittlung der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
4. Zu Recht hat der Beklagte in dem angefochtenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom ..... den Vorteil, den die Arbeitnehmer der Klägerin ....., ..... und ..... während ihrer Offshore-Einsätze mit der unentgeltlichen Verpflegung durch die Auftraggeber der Klägerin erlangt haben, auch nicht als weiteren Arbeitslohn erfasst.
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt, § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG. Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteil vom 16. Februar 2022 VI R 53/18, juris; BFH-Urteil vom 17. Juli 2014 VI R 69/13, BStBl II 2015, 41).
Arbeitslohn kann nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des BFH ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt "für" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (BFH-Urteil vom 16. Februar 2022 VI R 53/18, juris; BFH-Urteil vom 17. Juli 2014 VI R 69/13, BStBl II 2015, 41).
Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden (BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700; Urteil des FG Düsseldorf vom 13. August 2020 14 K 2158/16 L, BB 2021, 1761).
Im Streitfall haben die Auftraggeber der Klägerin den Arbeitnehmern ....., ..... und ..... im Rahmen ihrer Offshore-Einsätze im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse unentgeltlich Mahlzeiten zur Verfügung gestellt, welche das Eigeninteresse der Arbeitnehmer an kostenlosen Mahlzeiten bei weitem überwiegt. Bei Würdigung aller Umstände des Streitfalles sind die unentgeltlichen Mahlzeiten keine Ent- oder Belohnung der Auftraggeber der Klägerin für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer. Es handelt sich vielmehr um eine losgelöste betriebliche Maßnahme aufgrund einer betriebsfunktionalen Zwangslage. Den Arbeitnehmern der Klägerin ....., ..... und ..... ist es nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin aufgrund der beengten räumlichen Gegebenheiten auf den Offshore-Plattformen von vorneherein untersagt, verderbliche frische Lebensmittel zur eigenen Verköstigung auf die Plattform mitzubringen. Wegen der eingeschränkten Platzverhältnisse auf den Plattformen besteht auch keine Möglichkeit, selbst mitgebrachtes Lebensmittel zu lagern. Zudem ist auch die Zubereitung eigener Speisen nicht möglich, da zum einen die nötigen Vorrichtungen auf den Plattformen hierfür fehlen und dies zum anderen auch aus Brandschutzgründen untersagt ist. Die Bereitstellung der unentgeltlichen Mahlzeiten im Rahmen einer Gemeinschaftsverpflegung (Kantine) ist vielmehr allein Ausfluss der vom jeweiligen Auftraggeber in seinem eigenbetrieblichen Interesse bereitgestellten Infrastruktur, die dem Ziel einer zügigen Durchführung der beauftragten Arbeiten in schwieriger und beengte Umgebung auf den Offshore-Plattformen dient. Hiervon ist auch der Beklagte zumindest in seinem Bescheid vom ....., mit dem er das Auskunftsersuchen der Klägerin vom ..... beschieden hat, ausgegangen. In dem Bescheid vom ..... heißt es ausdrücklich, dass es sich bei der Mahlzeitengestellung auf den Offshore-Plattformen um notwendige Begleiterscheinungen der betrieblichen Zielsetzungen der Auftraggeber der Klägerin ohne Entlohnungscharakter für die aufgewendete Arbeitskraft des Arbeitnehmers handle.
Dementsprechend hat das Finanzgericht Hamburg bereits mit Urteil vom 17. September 2015 2 K 54/15, EFG 2016, 36 in einem vergleichbaren Fall entschieden, verpflegt der Arbeitgeber seine Mitarbeiter auf einer Offshore-Plattform unentgeltlich, so ist der den Arbeitnehmern gewährte Vorteil kein Arbeitslohn, weil das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an einer Gemeinschaftsverpflegung wegen besonderer betrieblicher Abläufe den Vorteil der Arbeitnehmer bei weitem überwiegt, da aufgrund betriebsfunktionaler Zielsetzung das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers für eine unentgeltliche Kantinenverpflegung überwiegt, weil dies den Gesichtspunkten der Logistik, dem Sicherheits- und Betriebskonzept, den Hygienebestimmungen und der Gestaltung des Betriebsablaufs (Schichtdienst) auf der Offshore-Plattform im besonderen Maße Rechnung trägt, die Mitarbeiter aufgrund der beengten Räumlichkeiten keine Möglichkeit haben, sich selbst zu verpflegen, und die Verpflegung das übliche Maß in der Offshore-Branche nicht übersteigt.
Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang die vom Beklagten in seinem Einspruchsbescheid vom ..... vertretene Ansicht, dass das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 17. September 2019 2 K 54/15, EFG 2016, 36 im Streitfall nicht angewendet werden könne, weil es einen Zeitraum vor Einführung des neuen Reisekostenrechts betreffe und weil es ab dem Veranlagungszeitraum 2014 nicht mehr im gesetzgeberischen Interesse liege, in Fällen der vorliegenden Art eine steuerfreie Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen zuzulassen. Das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 17. September 2019 2 K 54/15, EFG 2016, 36 betrifft, wie oben bereits dargelegt, ausschließlich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Vorteil einer unentgeltlichen Gemeinschaftsverpflegung auf einer Offshore-Plattform als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen ist. Das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, Bundesgesetzblatt I 2013, 285 enthält jedoch überhaupt keine Regelungen zum Arbeitslohn. Die bisherige Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte zum Arbeitslohn bei unentgeltlicher Gemeinschaftsverpflegung ist daher auch für Veranlagungszeiträume ab dem Jahr 2014 weiterhin anwendbar.
II. Bei dieser Sachlage kann im Streitfall offenbleiben, ob der Beklagte in dem angefochtenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2016 vom ..... in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ..... sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat.
Bedenken bestehen hinsichtlich der Ausübung des Auswahlermessens. Der Beklagte hat zu der Frage, wen es im Streitfall als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen will, in dem angefochtenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom ..... lediglich ausgeführt, dass die Klägerin anstelle der jeweiligen Arbeitnehmer in Anspruch genommen werde, weil ein Haftungsausschluss nicht vorliege und weil ihre Inanspruchnahme nicht unbillig sei. Der Beklagte hat jedoch weder in dem angefochtenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom ..... noch in seinem Einspruchsbescheid vom ..... zu der Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe neben der Klägerin auch die jeweiligen Auftraggeber der Klägerin, an die sie ihre Arbeitnehmer ....., ..... und ..... im Wege der Arbeitnehmerüberlassung verliehen hat, als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden können und warum dies im Streitfall nicht geschehen ist, Stellung genommen. Dies wäre jedoch für eine fehlerfreie Ermessensausübung erforderlich gewesen (vgl. BFH-Beschluss vom 1. Februar 1994 VII B 242/93, BFH/NV 1994, 789).
§ 42d Abs. 6 EStG sieht ausdrücklich in Fällen der Arbeitnehmerüberlassung eine Entleiherhaftung vor. Soweit einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer im Sinne des § 1 AÜG zur Arbeitsleistung überlassen werden, haftet der Entleiher nach § 42d Abs. 6 Satz 1 EStG mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 3 AÜG vorliegt, neben dem Arbeitgeber. Der Entleiher haftet nach § 42d Abs. 6 Satz 2 EStG nur dann nicht, wenn der Überlassung eine Erlaubnis nach § 1 AÜG zugrunde liegt und soweit er nachweist, dass er den nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe d EStG vorgesehenen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Der Entleiher haftet nach § 42d Abs. 6 Satz 3 EStG ferner nicht, wenn er über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ohne Verschulden irrte. Die Haftung beschränkt sich nach § 42d Abs. 6 Satz 4 EStG auf die Lohnsteuer für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist. Soweit die Haftung des Entleihers reicht, sind nach § 42d Abs. 6 Satz 5 EStG der Arbeitgeber, der Entleiher und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.
Angesichts dieser gesetzlichen Regelung hätte der Beklagte bei der Ausübung seines Auswahlermessens darlegen müssen, warum er im Streitfall nicht auch die Auftraggeber der Klägerin als Entleiher der Arbeitnehmer ..... , ..... und ..... in Anspruch genommen hat. Dies ist jedoch nicht geschehen.
B. Darüber hinaus steht dem Erlass des Haftungs- und Nachforderungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2016 vom ....., soweit der Beklagte mit diesem Bescheid die Klägerin gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die im vorliegenden Verfahren streitigen Zulagen für Verpflegungsmehraufwendungen als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen hat, auch der Bescheid vom ..... entgegen, mit dem der Beklagte über die Anrufungsauskunft der Klägerin vom ..... entschieden hat.
Nach § 42e Satz 1 EStG hat das Betriebsstättenfinanzamt auf Anfrage eines Beteiligten darüber Auskunft zu geben, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind (Anrufungsauskunft). Wenn der Arbeitgeber eine Anrufungsauskunft nach § 42e Satz 1 EStG eingeholt hat und danach verfahren ist, kann ihm nicht entgegengehalten werden, er habe die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einbehalten. Das gilt unabhängig davon, ob die Anrufungsauskunft materiell richtig ist (BFH-Urteil vom 16. November 2005 VI R 23/02, BStBl II 2006, 210 [BFH 16.11.2005 - VI R 23/02]). Denn die Anrufungsauskunft erschöpft sich nicht nur in einer bloßen Wissenserklärung. Die mit dem erforderlichen Bindungswillen versehene Erklärung des Finanzamts geht darüber hinaus und ist zusätzlich auf die Selbstbindung seines zukünftigen Handelns gerichtet. Das Finanzamt bindet sich gegenüber dem Arbeitgeber in der Weise, Lohnsteuer weder im Wege eines Nachforderungs- noch eines Haftungsbescheids nachzuerheben, wenn sich dieser entsprechend der Anrufungsauskunft verhält. Die Selbstbindung des Finanzamts ergibt sich unmittelbar aus § 42e EStG (BFH-Urteil vom 30. April 2009 VI R 54/07, BStBl II 2010, 996). Sie erstreckt sich auch auf bereits abgeschlossene Geschehensabläufe (Krüger in Schmidt, EStG, § 42e Rz. 12).
Mit Bescheid vom ..... hat der Beklagte der Klägerin die Anrufungsauskunft erteilt, dass die Verpflegungspauschalen für mehrtägige Auswärtstätigkeiten für Offshore-Einsätze der Arbeitnehmer der Klägerin zur Ausführung von Kundenaufträgen in den deutschen küstennahen Meeren ungekürzt ausgezahlt werden könnten, weil es sich nach dem dargelegten Sachverhalt bei der Mahlzeitengestellung auf den Offshore-Plattformen um eine notwendige Begleiterscheinung der betrieblichen Zielsetzung des Auftragsgebers ohne Entlohnungscharakter für die aufgewendete Arbeitskraft handele und weil die Klägerin keinerlei Einfluss auf die Darreichung der Mahlzeiten habe und ihr auch keine Kosten hierfür in Rechnung gestellt würden. An diese Auskunft ist der Beklagte im Streitfall gebunden.
Die Klägerin hat sich - entgegen der Auffassung des Beklagten - auch entsprechend der Anrufungsauskunft verhalten und den geschilderten Sachverhalt verwirklicht.
Zwar hat die Klägerin im Rahmen ihrer Anrufungsauskunft keine Ausführungen zum Inhalt der Vereinbarungen gemacht, die sie mit ihren Auftraggebern zu den Offshore-Einsätzen ihrer Arbeitnehmer abgeschlossen hat. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, wie wohl der Beklagte meint, dass der verwirklichte Sachverhalt in einem maßgeblichen Punkt von dem in der Anfrage dargelegten Sachverhalt abweicht. Wie oben bereits dargelegt, kommt es für die im Streitjahr 2014 an die Arbeitnehmer der Klägerin für ihre Offshore-Einsätze gezahlten Zulagen für Verpflegungsmehraufwand nicht auf die Gestaltung der Verträge an, die die Klägerin mit ihren Auftraggebern abgeschlossen hat.
Soweit sich der Beklagte in seinen Schreiben vom .... und vom ...... in diesem Zusammenhang darauf berufen hat, dass in der Rahmenvereinbarung zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung "....." vereinbart worden sei, dass der Auftraggeber für Unterbringung und Verpflegung verantwortlich sei, ergibt sich dies bereits daraus, wie oben dargelegt, dass der Rahmenvertrag zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung zwischen der Fa. ...... und der Klägerin sowie der Fa. ..... und der Fa. ...... erst am ..... abgeschlossen worden ist.
Entsprechende Überlegungen gelten für den erstmals im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens erhobenen Einwand des Beklagten, die Klägerin habe im Rahmen ihrer Anrufungsauskunft nicht auf die Tatsache hingewiesen, dass es sich um Arbeitnehmerüberlassungsfälle handele. Auch hieraus ergibt sich nicht, dass der in der Anrufungsauskunft geschilderte Sachverhalt im Streitfall nicht verwirklicht worden ist. Der BFH hat bereits mit Urteil vom 15. Mai 2013 VI R 41/12, BStBl III 2012, 704 ausdrücklich entschieden, dass auch Leiharbeitnehmern in den Grenzen der gesetzlichen Dreimonatsfrist Verpflegungsmehraufwand zusteht, da insoweit für Leiharbeitnehmer nichts Anderes gelte als für andere Arbeitnehmer, die sich auf Auswärtstätigkeit befinden, indem sie bei Kunden ihres Arbeitgebers tätig werden. Zwar betrifft diese Entscheidung des BFH Veranlagungszeiträume vor dem Jahr 2014. Im Streitfall sind jedoch keine Gesichtspunkte erkennbar, die die Annahme rechtfertigen könnten, Leiharbeitnehmer und andere auswärtig tätige Arbeitnehmer seien nach der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, Bundesgesetzblatt I 2013, 285 mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2014 unterschiedlich zu behandeln. Der Beklagte hat hierzu auch nichts weiter vorgetragen.
Im Streitfall kann zudem offenbleiben, ob der Beklagte mit seinen Schreiben vom .... und vom .... seinen Bescheid vom ...... aufgehoben hat, obwohl beide Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des § 356 Abs. 1 AO enthalten, oder ob er die Klägerin mit diesen Schreiben lediglich auf die seiner Meinung nach fehlende Bindungswirkung seines Bescheids vom ..... hinweisen wollte.
Sowohl die Anrufungsauskunft als auch deren Aufhebung stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 118 Satz 1 AO dar. Die Finanzbehörde kann eine Anrufungsauskunft jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft aufheben oder ändern. Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des BFH aus einer entsprechenden Anwendung des § 207 Abs. 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 2. September 2010 VI R 3/09, BStBl II 2011, 233). Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde eine verbindliche Zusage nur mit Wirkung für die Zukunft aufheben oder ändern.
Demnach konnte der Beklagte mit seinen Schreiben vom ..... und vom ..... seinen Bescheid vom ..... nicht mehr rückwirkend für das Streitjahr 2014 aufheben.
C. Die Neuberechnung des Haftungsbetrags zur Lohnsteuer nach Maßgabe dieses Urteils ist dem Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 bis 3 FGO aufgegeben worden.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
E. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).