Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.05.2022, Az.: 5 K 303/14

Vorsteuerabzug und Einbeziehung der Reisevorleistungen in die Margenbesteuerung bei sog. Kaffeefahrten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
12.05.2022
Aktenzeichen
5 K 303/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 69823
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2022:0512.5K303.14.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: V R 30/23

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Einbeziehung der Reisevorleistungen in die Margenbesteuerung nach § 25 UStG und der damit verbundene Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG ist auch im Falle einer negativen Gesamtmarge im Sinne des § 25 Abs. 3 UStG a.F. gerechtfertigt.

  2. 2.

    Die Anwendung des § 25 Abs. 4 UStG scheidet nicht deswegen aus, weil der einzige Zweck der von einem Verkaufsveranstalter durchgeführten Reiseleistungen in Gestalt sog. Kaffeefahrten (Tagesausflug, Bewirtung und Besichtigung verbunden mit einer Verkaufsveranstaltung) darin besteht, den Warenverkauf bei den Verkaufsveranstaltungen zu fördern.

  3. 3.

    Denn die Sonderregelungen des § 25 UStG sind gleichermaßen für solche Unternehmer anzuwenden, die Ausflugsfahrten einschließlich Verkaufsveranstaltungen sowie Ausflugsfahrten ohne Verkaufsveranstaltungen gegen Entgelt durchführen und die Einbeziehung in die Sonderregelungen des § 25 UStG aus Wettbewerbsgründen erforderlich ist.

  4. 4.

    Flüssige Nahrungsergänzungsmittel unterliegen nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 33 der Anlage 2 zum UStG dem ermäßigten Steuersatz, wenn es sich nach der Kombinierten Nomenklatur (KN) um ein Getränk im Sinne der Position 22 KN handelt.

  5. 5.

    Die streitgegenständlichen Q10-Ampullen gehören zu den nicht steuersatzbegünstigten Getränken, weil sie nach den Feststellungen des erkennenden Senats zum menschlichen Genuss geeignet und bestimmt sowie als trinkbar anzusehen gewesen sind, da es jedem Durchschnittsverbraucher möglich gewesen wäre, die Flüssigkeit unmittelbar, ohne Verdünnung oder sonstige Beigabe zu trinken.

  6. 6.

    Die Indizwirkung einer Einreihungsverordnung der Kommission zur einheitlichen Anwendung der KN für die tarifliche Einreihung gleichartiger Waren kann durch ein Sachverständigengutachten widerlegt werden.

  7. 7.

    Ein einheitliches Entgelt, das für zwei unterschiedliche zu besteuernde Leistungen entrichtet ist, ist nach der "einfachstmöglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode" aufzuteilen.

  8. 8.

    Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kann gem. § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO ermessensgerecht sein, wenn unmittelbar nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht ein Schriftsatz des in dieser mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen eingeht, der geeignet ist, die Beweiswürdigung zu beeinflussen und die Beteiligten sich hierzu ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht hätten erklären können.

Tatbestand

Streitig sind im zweiten Rechtsgang die Besteuerung von Reiseleistungen i.S.d. § 25 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und der hiermit verbundene Vorsteuerabzug aus Reisevorleistungen in den Streitjahren 1997 bis 1999 sowie für die Streitjahren ab 1998 der Steuersatz auf die Veräußerung von sog. Q10-Ampullen (enthalten im sog. "Kurpaket") und die Aufteilung der Gesamtkaufpreise aus der Veräußerung sog. Warenpakete die neben dem "Kurpaket" auch sog. Verkaufsartikel und sog. Zugabeartikel enthalten haben, aber zu einem Gesamtkaufpreis abgegeben worden sind.

I.

Die Klägerin ist eine im Jahr ... gegründete GmbH & Co. KG. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Beschaffung und der Handel mit Textilien und Waren aller Art sowie die Planung und Organisation von Werbeveranstaltungen sowie Tages- und Mehrtagesfahrten. In diesem Rahmen veranstaltete die Klägerin in den Streitjahren 1997 bis 1999 Busfahrten mit dem Ziel des Warenabsatzes (landläufig sog. Kaffeefahrten).

II.

Im Rahmen einer Außenprüfung traf das beklagte Finanzamt folgende Feststellungen für die Streitjahre:

1. Vorsteuerabzug aus Reisevorleistungen im Zusammenhang mit entgeltlich durchgeführten Kaffeefahrten

Für die Durchführung der Kaffeefahrten hatte die Klägerin in den Streitjahren insgesamt folgende sog. Fahrtgelder als Entgelte für die Teilnahme der Kunden an den Busfahrten vereinnahmt:

199719981999
... DM... DM... DM

Zur Umsatzbesteuerung der Kaffeefahrten wandte die Klägerin die Grundsätze der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG an. In diesem Zusammenhang hatte die Klägerin zur Ermittlung der Marge den vereinnahmten Fahrtgeldern die Reisevorleistungen (nachfolgend auch Buskosten) und die Kosten der Zugabeartikel gegenübergestellt. D.h. die von ihr vereinnahmten Entgelte für die Teilnahme der Kunden an den Busfahrten wurden von der Klägerin auf die Reisevorleistungen und die Zugabeartikel aufgeteilt. Für die Zugabeartikel begehrte die Klägerin sodann den vollen Vorsteuerabzug und unterwarf die anteiligen Fahrtgelder dem Regelsteuersatz. Die anteiligen Fahrtgelder für die Reiseleistungen wurden in die Margenbesteuerung einbezogen. Insoweit machte die Klägerin einen Vorsteuerabzug aus den Reisevorleistungen nicht geltend.

Hiernach sind in den vom beklagten Finanzamt nach Beendigung der Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheiden zur Umsatzsteuer 1997 bis 1999 vom 20. November 2003 von den vereinnahmten Fahrtgeldern folgende Nettobeträge in den Streitjahren dem Regelsteuersatz unterworfen worden:

199719981999
... DM... DM(teilweise noch 15%)... DM

2. Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Q10-Ampullen

Daneben stellte die Außenprüfung fest, dass die Klägerin das während der Kaffeefahrten in den Streitjahren veräußerte sog. "Kurpaket" vollständig mit dem Regelsteuersatz versteuerte. Hierbei handelte es sich um eine Warenzusammenstellung mit der Handelsbezeichnung "S ... aktiv" und später "S ... plus" bestehend aus sog. Lachsölkapseln (nachfolgend L-Ölkapseln) und sog. Q10-Ampullen. Diese steuerliche Behandlung der "Kurpakete" wurde von der Außenprüfung nicht beanstandet.

III.

Im außergerichtlichen Einspruchsverfahren gegen die nach Abschluss der Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer 1997 bis 1999 machte die Klägerin dann erstmals - erfolglos - den Vorsteuerabzug aus den Buskosten geltend.

Im Zusammenhang mit der Besteuerung der "Kurpakete" begehrte die Klägerin nunmehr die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Hierauf gewährte das beklagte Finanzamt nur für die im "Kurpaket" enthaltenen L-Ölkapseln den ermäßigten Steuersatz. Mangels Aufzeichnungen zur Aufteilung der Verkaufspreise (7%/16 %) nahm das Finanzamt hierzu eine Aufteilung entsprechend der Einkaufspreise auf Grundlage der Preisliste (Stand: Oktober 2001) der Lieferantin der L-Ölkapseln und der Q10-Ampullen, der Firma G, vor:

- Preis für Gelée Royale + Coenzym Q 10:26,99 DM/30 Fläschchen
entspricht0,90DM pro Flasche
rechnerischer Preis für 84 Fläschchen:75,60 DM
- Preis für L-Ölkapseln:5,04 DM/Dose á 60 Kapseln
entspricht0,084 DM/Kapsel
rechnerischer Preis für 180 L-Ölkapseln:15,12 DM
- Summe dieser Einkaufspreise:90,72 DM
- Anteil Q10-Ampullen:83,33 %
- Anteil L-Ölkapseln:16,67 %

Unter Anwendung dieses Aufteilungsmaßstabs in Höhe von 16,67 % (L-Ölkapseln mit 7%) zu 83,33 % (Q10-Ampullen mit 16%) ermittelte das Finanzamt die Höhe der ermäßigten zu besteuernden Umsätze wie folgt:

...

IV.

Mit ihrer nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Einspruchsbegehren weiter.

3. Aufteilung der Gesamtverkaufspreise für Warenpakete

Darüber hinaus machte die Klägerin zudem eine abweichende Kaufpreisaufteilung der sog. Gesamtkaufpreise für die sog. Warenpakete geltend. Die aus den L-Ölkapseln und den Q10-Ampullen bestehenden "Kurpakete" wurden auf den Verkaufsveranstaltungen unstreitig nicht nur zu einem einheitlichen Kaufpreis angeboten, sondern auch zu sog. Warenpaketen mit einem Gesamtverkaufspreis abgegeben. Diese Warenpakete konnten neben dem "Kurpaket" auch Verkaufsartikel sowie Zugabeartikel (z.B. Betten jeglicher Art, Fernseher, Bügeleisen, Uhren, Fahrräder, DVD-Player, Sessel, Staubsauger, Töpfe, Grills, Werkzeugen, Öfen, Bohrmaschinen etc.) enthalten. Die Zusammenstellung dieser Warenpakete fiel im Einzelnen je nach Verkaufsteam und Verkaufsveranstaltung unterschiedlich aus.

Ausweislich der vorliegenden Kaufverträge enthielten diese Verträge separate Spalten für Menge, Artikel-Bezeichnung, Farbe/Größe, Einzelpreis und Gesamtpreis. Die dem Gericht vorliegenden Kaufverträge haben die folgenden Gemeinsamkeiten:

- Die Spalten "Menge und Artikelbezeichnung" sind ausgefüllt.

- Die Spalte "Gesamtpreis" ist ausgefüllt, weist aber überwiegend nur einen Preis für alle von den Verträgen betroffenen Waren aus (häufig markiert mit geschweifter Klammer -{-).

- Preise i.S.d. Preisangabenverordnung (PAngV) für einzelne Waren ergeben sich aus den Unterlagen nicht.

- Der jeweils in der Spalte "Gesamtpreis" ausgewiesene Preis für alle von den Verträgen betroffenen Gegenstände ist oftmals ein Schwellenpreis (z.B. 2.998 DM oder 998 DM).

Nach den Feststellungen einer für die nachfolgenden Jahre durchgeführten Außenprüfung habe die Klägerin, soweit die Warenpakete Gegenstände enthielten, die nach Auffassung der Klägerin dem ermäßigten und dem Regelsteuersatz unterlegen haben, den Wareneinsatz für die Warenpakete nach folgenden Aufschlagssätzen aufgeteilt:

- "Kurpaket" zu 7%650 %
- Verkaufsartikel zu 16 %476 %
- Zugabeartikel zu 16 %100 %

Hiervon abweichend vertrat die Klägerin nunmehr die Auffassung, dass der Verkaufserlös bei den Warenpaketen hauptsächlich auf die ermäßigt zu besteuernden Artikel entfiel, während die übrigen Artikel lediglich als Zugabe anzusehen seien. Nach den Feststellungen der Außenprüfung seien die Verkaufs- und Zugabeartikel bei den Verkaufsveranstaltungen aber auch einzeln bzw. als Hauptartikel veräußert worden. Ein einheitlicher Aufschlagsatz für einzelne Artikel sei kaum zu ermitteln, da dieser stark von den Verkaufsteams und der Verkaufssituation (Teilnehmerkreis, Kauflaune, etc.) der einzelnen Verkaufsveranstaltung abhängig sei. Einen Antrag auf Trennung der Entgelte nach § 63 UStDV hatte die Klägerin für den Prüfungszeitraum unstreitig nicht gestellt. Die Überprüfung der Aufschlagssätze durch die Außenprüfung habe ergeben, dass bei Einzelverkäufen der "Kurpakete" ein Aufschlagsatz in Höhe von 549 % bzw. 564 % erzielt worden sei. Bei (isolierten) Verkäufen von sog. Zugabeartikeln habe die Klägerin Aufschlagsätze von 191 % bis 781 % erzielt, wobei ein Aufschlagsatz von unter 300 % eher die Ausnahme gewesen sei.

Daher sah es die Außenprüfung für die nachfolgenden Jahre als fraglich an, ob die von der Klägerin in den nachfolgenden Jahren angewandte Methode als "einfachstmögliche" Aufteilungsmethode angesehen werden könne. Angesichts der langen Verfahrensdauer und des weit zurückliegenden Prüfungszeitraums sei es für die Außenprüfung der nachfolgenden Jahre aber sachgerecht, den von der Klägerin in den nachfolgenden Jahren angewandten Aufteilungsmaßstab beizubehalten, da sich die von der Klägerin angesetzten Aufschlagsätze noch im Rahmen der von der Außenprüfung ermittelten Aufschlagsätze bewegten.

V.

Mit Urteil vom 19. Januar 2017 entschied der erkennende Senat, dass es sich bei den Kaffeefahrten um Reiseleistungen nach § 25 UStG gehandelt habe. Dem stehe weder das Ziel, den Warenverkauf bei Verkaufsveranstaltungen zu fördern, noch die Tatsache, dass die Empfänger der Reiseleistungen für die Teilnahme an den Kaffeefahrten keine oder nur geringe Entgelte aufgewendet haben, entgegen. Daher sei der Klägerin bei Anwendung des § 25 UStG auch auf unentgeltliche Reiseleistungen der Vorsteuerabzug aus den Buskosten zu versagen. Die Klägerin sei aber auch dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn § 25 UStG nicht anzuwenden sei, da der Vorsteuerabzug dann gem. § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an der Verletzung der einkommensteuerrechtlichen Aufzeichnungspflichten bei Geschenken scheitere.

Nach den weiteren Entscheidungsgründen seien die Q10-Ampullen als Getränk nach Pos. 2208 der Kombinierten Nomenklatur (KN) dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien sie nicht als in flüssiger Form vertriebenes Nahrungsergänzungsmittel in die von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 33 der Anlage 2 zum UStG begünstigte Pos. 2106 KN einzureihen. Die Q10-Ampullen wiesen die Eigenschaften eines Getränks auf, da sie in flüssiger Form in Trinkfläschchen vertrieben worden seien, als Nahrungsergänzungsmittel gekennzeichnet und unmittelbar zum Trinken geeignet gewesen seien. Unerheblich sei, dass sie nach den Empfehlungen des Herstellers nur in kleinen Mengen oder mit einer bestimmten Menge Wasser einzunehmen seien. Unerheblich sei auch, ob das Getränk nur in verdünnter Form eingenommen werden solle oder könne. Daher könne dahinstehen, ob die Q10-Ampullen - wie von der Klägerin behauptet - 8 % Zitronensäure enthalten haben sollten.

Sowohl die Aufteilung des einheitlichen Kaufpreises für die Warenzusammenstellung aus "Q10-Ampullen" und "L-Ölkapseln" zum sog "Kurpaket" als auch die Aufteilung der Gesamtkaufpreise für die Warenpakete sei wegen der Feststellungen der Außenprüfung nicht zu beanstanden.

Für weitere Einzelheiten wird auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 19. Januar 2017 verwiesen.

VI.

Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil des erkennenden Senats auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Dazu führte er in den Entscheidungsgründen zum Urteil vom 13. Dezember 2018 (V R 52/17, BStBl. II 2019, 345) aus, dass § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG dem Vorsteuerabzug bei unentgeltlich erbrachte Reiseleistungen nicht entgegenstehe und das Vorsteuerabzugsverbot aufgrund der Verletzung einkommensteuerrechtlicher Aufzeichnungspflichten unionrechtswidrig sei.

Im zweiten Rechtsgang habe der erkennende Senat zunächst zu klären, in welchen Zeiträumen und in welcher Höhe Fahrtgelder gezahlt worden seien.

Sollten keine Fahrtgelder vorgelegen haben, komme eine Versagung des Vorsteuerabzugs nach § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG nicht in Betracht. Es sei dann aber zu prüfen, ob die Ermöglichung der Teilnahme an den Busfahrten zu einem Geschenk nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG geführt habe und das materielle Vorliegen eines Geschenks - ohne dass es auf die Aufzeichnungspflichten ankomme - zu einem Vorsteuerabzugsverbot oder einem Eigenverbrauch führe.

Lägen hingegen Fahrtgelder vor, sei zu entscheiden, ob diese anteilig den Busfahrten und anteilig der - u.U. unentgeltlichen - Abgabe von Zugabeartikel zugeordnet werden könne. Nach dem bisherigen Sachstand spreche aber nach Auffassung des BFH wenig für eine derartige Aufteilung. Vielmehr dürfte davon auszugehen sein, dass die Fahrtgelder vollständig in die Margenbesteuerung für die dann entgeltlichen Reiseleistungen einzubeziehen seien. Es sei dann für die Abgabe der Zugabeartikel das Vorliegen eines Geschenks nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG mit der Folge eines Vorsteuerausschlusses oder eines Eigenverbrauchs zu prüfen.

Sollte sich trotz der vollständigen Erfassung der Fahrtgelder bei den Reiseleistungen eine negative Marge ergeben, habe der erkennende Senat weiter zu prüfen, ob die Einbeziehung der vollständigen Aufwendungen für die Busfahrten in die Margenbesteuerung, die nur zu einer Vereinfachung führen solle, gerechtfertigt sei. Es sei dann zu entscheiden, ob diese Aufwendungen nur in Höhe der Fahrtgelder in die Margenbesteuerung einzubeziehen seien, so dass weitergehende Aufwendungen aufgrund eines unmittelbaren und direkten Zusammenhangs mit der steuerpflichtigen Liefertätigkeit der Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigten, um so ein der Regelbesteuerung dem Grunde nach entsprechendes Ergebnis zu erzielen.

Ebenso habe das Finanzgericht rechtsfehlerhaft die Steuersatzermäßigung für die Q10-Ampullen versagt, weil ein Erzeugnis nur dann als nicht trinkbar anzusehen sei, wenn es jedem Durchschnittsverbrauchter unmöglich wäre - aus gesundheitlichen oder geschmacklichen Gründen - das Erzeugnis unmittelbar, d.h. ohne Verdünnung oder sonstige Beigabe, zu trinken. Der erkennende Senat habe daher im zweiten Rechtsgang ausdrückliche Feststellungen zur Frage zu treffen, ob das "Kurpaket" über eine Ware mit einem Anteil an Zitronensäure von 8 % verfüge. Sei dies zu bejahen, dürfte die Trinkbarkeit nach Auffassung des BFH zu vereinen sein. Denn wie sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1989/2004 der Kommission vom 19. November 2004 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur ergebe, sei die Unterpos. 2202 10 00 KN nicht anwendbar, wenn nicht alkoholhaltige Getränke aufgrund ihres Säuregehalts bei einer "Citronensäure von 5 GHT" (Gewichtshunderteilen) nicht unmittelbar als Getränk verwendet werden könne. Die Verordnung betreffe zwar nicht die Streitjahre, könne aber gleichwohl für die Beurteilung der Verwendungsfähigkeit Berücksichtigung finden, da es sich um eine bloße Auslegungsbestimmung ohne konstitutiven Charakter handele.

VII.

Im zweiten Rechtsgang haben die Beteiligten unter Zugrundelegung von umfangreichen Berechnungen der Klägerin zur Berechnung der Grenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG eine tatsächliche Verständigung darüber getroffen, dass die Aufwendungen der Klägerin für Buskosten und Zugabeartikel je Teilnehmer, insbesondere auch bei - nicht mehr feststellbarer - mehrfacher Teilnahme von Kunden an den von der Klägerin durchgeführten Kaffeefahrten, in den Streitjahren den Grenzbetrag in Höhe von 35 € jeweils nicht überschritten haben. Ferner haben sich die Beteiligten darüber verständigt, dass die Fahrtgelder der Teilnehmer für die Teilnahme an den Kaffeefahrten entsprechend dem Hinweis des BFH nur den Buskosten zuzuweisen sind. Daneben folgt das beklagte Finanzamt der von der Klägerin gewählten Methode zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge aus den Buskosten auf unentgeltlich und entgeltlich durchgeführte Kaffeefahrten.

Daraufhin erließ das beklagte Finanzamt in der mündlichen Verhandlung am 3. März 2022 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, in denen es den begehrten Vorsteuerabzug aus den Buskosten insoweit gewährte, als diese Beträge mit unentgeltlichen Reiseleistungen im Zusammenhang stehen, und nahm die bisherige Besteuerung der Fahrtgelder vollständig zurück.

VIII.

Hiernach ist im zweiten Rechtsgang zwischen den Beteiligten nur noch der Abzug der auf die entgeltlichen Reiseleistungen entfallenden Vorsteuerbeträge aus Buskosten sowie der Steuersatz auf die Veräußerung der Q10-Ampullen und die hiermit verbundene Aufteilung der einheitlichen Entgelte aus der Veräußerung der Warenpakete streitig.

1. Vorsteuerabzug aus Reisevorleistungen im Zusammenhang mit entgeltlich durchgeführten Kaffeefahrten

Die Klägerin begehrt weiterhin den Vorsteuerabzug aus den Buskosten im Zusammenhang mit den entgeltlichen Reiseleistungen. Die auf die entgeltlich durchgeführten Fahrten entfallenden Vorsteuerbeträge seien auch selbst bei einer negativen Marge aus Reiseleistungen und Reisevorleistungen abziehbar, denn die Klägerin habe die entgeltlichen wie auch die unentgeltlichen Kaffeefahrten nur deshalb durchgeführt, weil sie sich hiervon erhofft habe, Umsätze durch den Verkauf von Waren zu erzielen. Die Kaffeefahrten seien nach ihrer Auffassung lediglich Mittel zum Zweck des Verkaufs. Daher habe die Klägerin die Hin- und Rückfahrt zur Verkaufsveranstaltung sowie häufig auch die Verpflegung der Teilnehmer am Veranstaltungsort übernommen. Während der Verkaufsveranstaltungen hätten von den durchschnittlich 30 Teilnehmern lediglich drei bis sechs Teilnehmer ein angebotenes Produkt erworben, gleichwohl überstiegen im Ergebnis die Erlöse der Klägerin aus diesen Verkäufen regelmäßig die Kosten für die Kaffeefahrten. Für die Streitjahre sei üblicherweise ein "Fahrtgeld" in Höhe von 0 DM bis 24,90 DM von den Teilnehmern zu zahlen gewesen. Für weitere Einzelheiten nimmt der Senat auf die von der Klägerin eingereichten Werbebroschüren beziehungsweise Werbeflyern Bezug.

Die Aufwendungen und die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge für die Kaffeefahrten ermitteln sich nach den - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Berechnungen der Klägerin wie folgt:

...

2. Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Q10-Ampullen

Die Q10-Ampullen seien entsprechend der Entscheidung des BFH dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen, weil sie nach Auffassung der Klägerin auch 8% Zitronensäure enthalten hätten.

Die Klägerin habe zunächst die Q10-Ampullen unter der Handelsbezeichnung "S ... Aktiv" von der A GmbH und später unmittelbar von der Herstellerin Fa. G erworben. Die Handelsbezeichnung sei daraufhin in "S ... Plus" geändert worden. Die Produkte "S ... Aktiv" und "S ... Plus" seien identisch und nicht in der Bestellliste der Fa. G enthalten gewesen. Auf dem Produkt "S ... Plus" sei sogar der Name der Kläger aufgedruckt gewesen.

Die streitgegenständlichen Q10-Ampullen hätten nach Auffassung der Klägerin in den Streitjahren als Trinkemulsion je Portion (15ml) Wasser, Natürliches Orangensaftaroma, Malzextrakt, Alkohol, Pflaumen-Aprikose-Essenz, 50mg Gelee Royal, Konservierungsmittel, Betacarotin (2mg Provitamin A), Coenzym Q10, Ascorbinsäure, eine Vitaminmischung (36mg Niacin, 10mg Vitamin E, 2,3 mg Vitamin B6, 1,6 mg Vitamin B2, 1,4 mg Vitamin B1) und insbesondere 8% Zitronensäure enthalten.

Zum Beweis dieser Zusammensetzung legte die Klägerin neben einem Schreiben der ... GmbH & Co. KG vom 24. Juni 2020 eine gegenüber der L GmbH erteilte unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke (uvZTA) der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt München vom 6. Juni 2008 für ein Produkt mit der Handelsbezeichnung "S ... Plus" mit 8% Zitronensäure vor, dass in die Position 2106 KN eingereiht wurde. Nach dem Inhalt dieser uvZTA hatte die L GmbH am 16. Mai 2008 eine uvZTA beantragt. Eine Warenprobe hatte nicht vorgelegen. Für weitere Einzelheiten nimmt der Senat diese uvZTA und das Schreiben der ... GmbH & Co. KG vom 24. Juni 2020 in Bezug.

Darüber hinaus legte die Klägerin ein Schreiben der L GmbH vom 19. März 2009 vor. Darin versicherte der Prokurist der L GmbH, der Zeuge L, dass es sich bei dieser uvZTA um dieselbe/identische Rezeptur "S ... Plus" gehandelt habe, die bei der Fa. G hergestellt und von der A GmbH ab 1999 vertrieben worden sei. Die Rezeptur sei von der L GmbH entwickelt und der Fa. A GmbH zum Vertrieb und der Fa. G zur Herstellung zur Verfügung gestellt worden. Dieses Produkt sei mit identischer Rezeptur in Absprache mit der Fa. A GmbH, der Fa. G und der Klägerin für die Klägerin von der Fa. G hergestellt worden. Die in der vorgenannten uvZTA angegebene Rezeptur habe zu 100% den vorgegebenen Produktrezepturen für "S ... Plus" entsprochen, die von der Klägerin vertrieben worden sei. Entgegenstehende Annahmen der Lehranstalt Berlin entsprächen nicht den Tatsachen, weil sie seinerzeit fälschlicherweise die Flüssigkeit ausschließlich für die Kapseln vorgesehen hätte. Für weitere Einzelheiten nimmt der Senat das Schreiben der L GmbH vom 19. März 2009 in Bezug.

Nach Auffassung der Klägerin sei die vom Beklagten angeführte uvZTA der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Berlin vom 7. Juli 2003 nicht einschlägig, weil Gegenstand der uvZTA ein gleichnamiges, aber anderes Produkt gewesen sei. Dieses habe die Klägerin nicht vertrieben und aus der Auflistung der Inhaltsstoffe in der uvZTA lasse sich erkennen, dass es sich aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzungen auch um unterschiedliche Produkte gehandelt habe. Denn auch die Fa. G habe gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2003 unter dem Betreff "S ... plus-Kur-Kassette - zeitgemäßes Nahrungsergänzungsmittel" ebenfalls bestätigt, dass dieses Produkt als Nahrungsergänzungsmittel unter die Warennummer 21069098 (Zolltarifnummer) einzureihen sei und dem 7%igen Mehrwertsteuersatz unterläge. Dies könne nach Auffassung der Klägerin aber nur der Fall sein, wenn in dem Produkt 8 % Zitronensäure enthalten gewesen seien.

Darüber hinaus habe der Zeuge L in einer von ihm unterzeichneten Eidesstattlichen Versicherung vom 6. Januar 2015 bestätigt, dass er als Produktentwickler und Prokurist der L GmbH die uvZTA vom 8. Juni 2008 veranlasst habe. Weiter hießt es in der vorgelegten Eidesstattlichen Versicherung:

[Seite 1]

"Diese Zollauskunft wurde seinerzeit beantragt, um das Produkt "S ... Plus" in den Zollnomenklatur zur Bestimmung des für darauf bezogene Umsätze zutreffenden Umsatzsteuersatzes einzureihen.

Ausweislich dieser Zollauskunft trug das Produkt "S ... Plus" die Warenbezeichnung "Nahrungsergänzungsmittel". Inhaltsstoffe und Zusammensetzung dieses Produkts waren in der Zollauskunft angegeben. Unter anderem bestand die Trinkemulsion "S ... Plus" aus 8% Zitronensäure. Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt München kam zu dem Ergebnis, dass "S ... Plus" in die Position 2106 der Zollnomenklatur einzuordnen und darauf bezogene Umsätze folglich mit 7 % Umsatzsteuer zu belegen sind. Diese Einreihung wurde seinerzeit damit begründet, dass aufgrund des hohen Säuregehaltes das in Trinkfläschchen vertriebene "S ... Plus" für eine unmittelbare Verwendung als Getränk nicht geeignet und eine Einreihung in Kapitel 22 der Zollnomenklatur (Getränke) ausgeschlossen ist.

[Seite 2]

Ich versichere, dass ich die Rezeptur für ein Nahrungsergänzungsmittel namens "S ... Plus" vor dem Jahr 1998 entwickelte und diese Rezeptur Unternehmen zur Herstellung dieses Nahrungsergänzungsmittel nach exakt dieser Rezeptur in vertriebsfähigen Stückzahlen zur Verfügung gestellt wurde. Meines Wissens entsprachen unter dem Namen "S ... Plus" hergestellte und von der [Klägerin] vertriebene Nahrungsergänzungsmittel exakt meiner Rezeptur. Ich bestätige, dass meine Rezeptur im Laufe der Zeit optimiert wurde, die damit jeweils hergestellten Nahrungsergänzungsmittel namens "S ... Plus" aber zu keiner Zeit für den unverdünnten Konsum bestimmt und geeignet waren. Darauf wurde der Konsument auch jeweils hingewiesen, indem stets die Einnahme durch Auflösung des Nahrungsergänzungsmittel in 200-250 ml Flüssigkeit durch schriftliche Begleitinformation empfohlen wurde.

Im Ergebnis vertrieb die [Klägerin] das Produkt mit Namen "S ... Plus" in den Jahren 1998 bis 2006 ausschließlich mit den Inhaltsstoffen und der Zusammensetzung, die der von mir entwickelten Rezeptur entsprachen. Die Trinkbarkeit des Produkts in Reinform war stets ausgeschlossen, worauf der Konsument jeweils hingewiesen wurde."

Die Klägerin sei stets davon ausgegangen, dass das Produkt "S ... Plus" bzw. "S ... Aktiv" die Inhaltsstoffe enthalten habe, die laut Aussage des jeweiligen Lieferanten darin enthalten gewesen seien. Entsprechend sei das Produkt auch beworben worden. Insbesondere habe sich die Klägerin auch auf die schriftliche Bestätigung der Fa. G vom 20. Februar 2003 verlassen dürfen, mit der die tarifliche Einordnung des Produkts bestätigt worden sei.

Darüber habe die Klägerin zwischenzeitlich eine Kartonnage sowie dazugehörige Q10-Ampullen des streitgegenständlichen Produkts wiederauffinden können. Es habe sich dabei um den Karton gehandelt, den der im ersten Rechtsgang prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt dem Zeugen L bei der Abnahme seiner eidesstattlichen Versicherung vom 6. Januar 2015 vorgelegt und anschließend wieder an die Klägerin zurückgesandt habe.

Der Senat hat durch Beschluss vom 5. August 2021 Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Herrn Honorar-Prof. Dr. N über den Herstellungszeitpunkt der wiederaufgefundenen Produktprobe "S ... Plus - Trinkfläschchen á 15 ml", die Zusammensetzung (Inhaltsstoffe) und die Trinkbarkeit der wiederaufgefundenen Produktprobe "S ... Plus - Trinkfläschchen á 15 ml in diesem Zeitpunkt sowie die Trinkbarkeit einen Erzeugnisses in Gestalt einer Trinkemulsion zu 15 ml mit den Inhaltsstoffen Wasser, Natürliches Orangensaftaroma, Malzextrakt, Alkohol, Pflaumen-Aprikose-Essenz, 50mg Gelee Royal, Konservierungsmittel, Betacarotin (2mg Provitamin A), Coenzym Q10, Ascorbinsäure, Vitaminmischung (36mg Niacin, 10mg Vitamin E, 2,3 mg Vitamin B6, 1,6 mg Vitamin B2, 1,4 mg Vitamin B1) und insbesondere 8% Zitronensäure.

In seinem Sachverständigengutachten vom 30. August 2021 gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass der Herstellungszeitpunkt der vorgelegten Produktprobe nur anhand der Angaben auf der ebenso vorgelegten Kartonage (Verpackung) geschätzt werden könne, so dass die Produktprobe mutmaßlich im Mai 2001 hergestellt worden sei. Hierbei berücksichtigte der Sachverständige, dass die arteigenen Eigenschaften einer Mischung von verschiedenen Aromen, Vitaminen, Fruchtsäuren, Trägerstoffen und anderen Zutaten bei Raumtemperatur üblicherweise zwei bis drei Jahre erhalten bleibe.

Unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Herstellungszeitpunkt seien die vorgelegten Produktproben daher rund 20 Jahre alt. Die vom Hersteller zuzusichernden Eigenschaften seien nur bis zum Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums zugesichert und das Produkt unterliege chemischen, physikalischen und ggf. mikrobiologischen Veränderungen, die das Produkt in seiner Gesamtheit und ggf. auch in Bezug auf einzelne Inhaltsstoffe stark verändert habe. An der vorgelegten Produktprobe sei bereits im verschlossenen Fläschchen mit intaktem Originalitätsverschluss eine sehr starke Ausflockung optisch einfach erkennbar. Diese sei typisch für überlagerte Produkte. Solche Ausflockungen entstünden durch eine Veränderung der Eiweiß- und Kohlenhydratstruktur der jeweiligen Zutaten. Daher könne die Produktprobe nicht auf die deklarierten Inhaltsstoffe analysiert werden, weil die Analyseergebnisse keinesfalls geeignet seien, 18 Jahren nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums rechtssicher auf den Zustand bzw. auf die einzelnen Inhaltsstoffe der Produktprobe zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Herstellung zu schließen. Dies wird im Sachverständigengutachten weiter ausgeführt.

Bei dem Produkt mit der Beschreibung der Zutaten gemäß dem Beweisbeschluss habe es sich nach Auffassung des Sachverständigen um ein handelsübliches Nahrungsergänzungsmittel gehandelt. Ein solches Produkt sei unter Berücksichtigung der vorgelegten Produktprobe ein lebensmittelrechtlich verkehrs- und verzehrfähiges, flüssiges oder zähflüssiges Lebensmittel. Dies wird im Sachverständigengutachten weiter ausgeführt. Von einer Verkostung hat der Sachverständige im Hinblick auf die Überlagerung der vorgelegten Produktprobe Abstand genommen.

Im Zusammenhang mit der Trinkbarkeit kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Zutat Zitronensäure eine Genusssäure sei und in vielen Lebensmitteln als Zutat verwendet werde. Der Zitronensäuregehalt frischer Zitronen betrage zwischen 3,5 % und 7,2% und im Mittelwert 4,6 %. Zitronensäure vermittele einen stark "zitronensauren" Geschmackseindruck. Zur Bestimmung der Trinkbarkeit eines Produkts mit 8% Zitronensäure ist der Sachverständige nach Durchführung eines Versuchs zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Lebensmittel in Form von Zitronensaft aus einer ausgepressten Zitrone bei einem Gehalt an Zitronensäure von 3,5% bis 7,2% mit einem pH-Wert von 2,2 von jedem Durchschnittsverbraucher bedenkenlos verzehrt und auch getrunken werden könne. Ein Produkt mit einer Zutatenliste wie im Beweisbeschluss beschrieben - also mit 8% Zitronensäure - komme mit einem pH-Wert von 1,7 diesem Zitronensaft in der Zusammensetzung mit Bezug zur Zutat Zitronensäure recht nahe. Hiernach kommt der Sachverständige bei allen Vorbehalten bezüglich Zusammensetzung und Lagerzeit zu der Annahme, dass es sich bei einem Produkt wie im Beweisbeschluss beschrieben, um ein flüssiges, vom Durchschnittsverbraucher trinkbare Erzeugnis handelt, welches geschmacklich in Bezug auf den Zitronensäuregehalt dem von Zitronensaft sehr nahekomme, also in der vorliegenden Form in der Ampulle stark zitronensauer schmecke. Der Sachverständige schließt seine Feststellungen damit, dass durch einen analytischen und sensorischen Vergleich mit Zitronensaft konkludent darauf geschlossen werden könne, dass ein Lebensmittel bestehend aus 8% Zitronensäure und den anderen im Beweisbeschluss genannten Zutaten verbunden mit einem sehr zitronensauren Geschmackseindruck verkehrs-, verzehr- und trinkfähig ist. Für weitere Einzelheiten wird insoweit auf das Sachverständigengutachten verwiesen.

Zwar konnte der Sachverständige wegen des Alters der vorgelegten Probe aus den selektiv analytisch ermittelten Werten der Inhaltsstoffe nicht unmittelbar auf die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe zum mutmaßlichen Herstellungszeitpunkt schließen. Allerdings hat der Sachverständige im Rahmen des vorgenannten Versuches und der damit verbundenen Analysen festgestellt, dass in der analysierten Produktprobe im Zeitpunkt seiner Begutachtung 0,43% Zitronensäure enthalten ist. Ob allerdings tatsächlich auch 8% Zitronensäure im Herstellungszeitpunkt enthalten gewesen sei, konnte der Sachverständige 18 Jahren nach dem angenommenen Herstellungszeitpunkt nicht mehr ermitteln.

Nach Auffassung der Klägerin sei entgegen dem Sachverständigengutachten aufgrund der zugesetzten Zitronensäure der Säuregehalt des Produkts zu hoch für eine unverdünnte Aufnahme gewesen. Insbesondere habe der BFH in seiner Revisionsentscheidung die Verordnung (EG) Nr. 1989/2004 der Kommission vom 19. November 2004 zur Einreihung von bestimmten Waren in die KN eine Auslegungsbestimmung ohne konstitutiven Charakter getroffen, die aber gleichwohl für die Beurteilung der Verwendungsfähigkeit Berücksichtigung finde. An diese Rechtsauffassung sei der erkennende Senat gebunden und müsse daher diese Auslegungsbestimmung berücksichtigen. Der BFH habe dem folgend in seiner Entscheidung ausgeführt, dass der erkennende Senat im zweiten Rechtsgang nur ausdrückliche Feststellungen zur Frage zu treffen habe, ob die Q10-Ampullen über einen Zitronengehalt von 8% verfügt haben. Wenn dies - wie die Klägerin meint - zu bejahen sei, sei die Trinkbarkeit nach Auffassung des BFH zu verneinen. Selbst wenn der erkennende Senat für diesen Ausspruch des BFH nicht von einer Bindungswirkung gem. § 126 Abs. 5 FGO ausgehen sollte, sehe die Klägerin keine Gründe, von dieser rechtlichen Erwägung des BFH Abstand zu nehmen und entgegen der Verordnung eine andere Auslegung des Begriffs der Trinkbarkeit bei einem Säuregehalt von mehr als 5 % vorzunehmen.

Ein Produkt mit 8% Zitronensäure sei aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht als Getränk im Sinne der zolltariflichen Einordnung anzusehen. Der Sachverständige habe keine Aussage darüber getroffen, ob das Produkt geschmacklich für den Durchschnittsverbraucher ohne Verdünnung trinkbar sei. Nach dem Inhalt eines von der Klägerin vorgelegten Privatgutachtens, sei das Produkt mit 8% Zitronensäure von einem Durchschnittsverbraucher aus geschmacklichen Gründen nicht unverdünnt trinkbar gewesen. Der unverdünnte Verzehr erhöhe außerdem aufgrund des hohen Zitronensäuregehaltes das Risiko von Zahnschäden.

3. Aufteilung der Gesamtverkaufspreise für Warenpakete

Außerdem seien die Gesamtverkaufspreise für die Warenpakete nunmehr nach dem sog. Faktorverfahren aufzuteilen.

Neben den "Kurpaketen" habe die Klägerin auch weitere Produkte als Kaufanreiz und als sog. "Stornoabsicherung" in einem Warenpaket angeboten bzw. zugegeben, sofern das "Kurpaket" von den Kunden als Hauptprodukt erworben worden sei. Einem potenziellen Käufer, der sich bereits für einen Kauf des Kurpakets interessiert habe, sei so die Kaufentscheidung erleichtert worden. Dem Kunden sei dabei mitgeteilt worden, dass der weitere Artikel zum Einkaufspreis an ihn weiterverkauft werde. Die Klägerin habe auch den Einkaufspreis als Verkaufspreis kalkuliert. Auf der ausgestellten Rechnung sei dann das "Kurpaket", der Verkaufsartikel und auch das Geschenk für die Teilnahme an der Fahrt (Zugabeartikel) aufgeführt worden. Nach der Verkaufsveranstaltung sei den Käufern sodann das Gesamtpaket zugesandt worden. Den Teilnehmern, die weder das "Kurpaket" noch andere Artikel erworben hatten, seien die Zugabeartikel am Ende der Kaffeefahrt als Geschenk ausgehändigt worden.

Die Klägerin erkenne insoweit das Faktorverfahren des Außenprüfers zur Aufteilung der Gesamtverkaufspreise für diese Warenpakete an. Hiernach habe die Berechnung der Aufteilung der Gesamtumsätze mit den "Kurpaketen" dergestalt zu erfolgen, dass vom Bruttobetrag der Gesamtumsätze mit den "Kurpaketen" die Verkaufsartikel zum Einkaufspreis, multipliziert mit einem sog. Faktor, abgezogen werden. Die Faktoren seien in der Betriebsprüfung bestimmt worden und jährlich unterschiedlich. Die Klägerin möchte betonen, dass nur der Aufteilungsmaßstab der Betriebsprüfung aus den Jahren ab 2007 übernommen werden könne, da in den Streitjahren vom beklagten Finanzamt eine gänzlich andere und für die Klägerin nicht nachvollziehbare Aufteilung vorgenommen worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Berechnung der Aufteilung der Gesamtverkaufspreise verweist der Senat insbesondere auf die von der Klägerin vorgelegten Berechnungen und Schriftsätze vom 17. Juli 2020 und 23. September 2020.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerfestsetzungen 1997 bis 1999 in der Gestalt der Umsatzsteuerbescheide vom 3. März 2022 für 1997 auf ... €, für 1998 auf ... € und für 1999 auf ... € herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

1. Vorsteuerabzug aus Reisevorleistungen im Zusammenhang mit entgeltlich durchgeführten Kaffeefahrten

Soweit die Klägerin entgeltliche Reiseleistungen erbracht habe, sei der Vorsteuerausschluss bei der Besteuerung von Reiseleistungen für die auf Reisevorleistungen entfallenden Vorsteuerbeträge gesetzlich nach § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG vorgesehen. Der Vorsteuerabzug aus den Buskosten komme insoweit weiterhin nicht in Betracht. Die negative Marge aus der Differenz zwischen den entgeltlichen Reiseleistungen und den hierauf entfallenden Reisevorleistungen sei umsatzsteuerlich nicht zu berücksichtigen. Ein Vorsteuerabzug sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Klägerin ihre Kaffeefahrten immer als Reisen beworben und sie auch allein mit der Durchführung der Busfahrten erhebliche Erlöse erzielt habe.

2. Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Q10-Ampullen

Die Q10-Ampullen seien aufgrund der uvZTA der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Berlin gegen über der Fa. G vom 7. Juli 2003 dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Nach dem Inhalt dieser uvZTA habe die Fa. G am 8. April 2003 unstreitig für ein Produkt "S ... plus" eine Einreihung in die Position 2208 9069 vorgenommen. Hiernach habe das Produkt keine Zitronensäure enthalten und der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Berlin lag eine Warenprobe des streitgegenständlichen Produkts vor. Außerdem habe die Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Berlin nach dem Wortlaut der uvZTA eine Verkostung vorgenommen. Auch sei nur diese uvZTA im streitigen Zeitraum im Zusammenhang mit dem Produkt "S ... plus" beantragt und erteilt worden und verdiene daher aufgrund der zeitlichen Nähe zum Streitzeitraum und der Vorlage einer Warenprobe den Vorzug. Für weitere Einzelheiten nimmt der Senat die uvZTA vom 7. Juli 2003 und das Schreiben der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt München vom 26. Mai 2003 über die Weiterleitung des Antrags der Fa. G an die Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Berlin wegen der Einordnung des Produkts als Getränk in das Kap. 22 KN in Bezug.

Wenn das streitgegenständliche Produkt allerdings entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamts tatsächlich 8% Zitronensäure enthalten habe - was gerade nicht beweisen sei -, sei nach Verwaltungsauffassung nicht mehr von einer Trinkbarkeit auszugehen.

3. Aufteilung der Gesamtverkaufspreise für Warenpakete

Eine abweichende Aufteilung der Gesamtkaufpreise für die Warenpakete komme mangels Nachvollziehbarkeit der Berechnungen der Klägerin und fehlenden Nachweisen nicht in Betracht.

IX.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2022 L und Rechtsanwalt O als Zeugen vernommen sowie den Sachverständigen Prof. Dr. N befragt. Hinsichtlich des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der Anhörung des Sachverständigen wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung sowie ergänzend auf den Beweisbeschluss vom 25. Februar 2021 verwiesen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung übermittelte der Zeuge L am selben Tag um 18:42 Uhr dem Gericht mehrere Unterlagen per Fax und teilte folgendes mit:

"Ich möchte mich bei Ihnen für Ihre Eselbrücke Danken was die Eidesstattliche Aussage und die Bestätigung im Brief Anbetrifft, damit konnte ich aussagen das der Inhalt falsch ist. Zu diesen Bestätigungen wurde ich gedrängt es zu machen, da Herr A wohl Steuerliche Probleme hatte. Was die Umsetzung von Zitronensäure in Rezepturen betrifft konnte Herr A über die Zusammensetzung in dem Bestimmten Zeitraum keine Kenntnis besitzen, da diese Entwicklung später bei S mit mir entwickelt wurde."

Hierauf hat der erkennende Senat die mündliche Verhandlung durch Beschluss vom 10. März 2022 gemäß § 93 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wiedereröffnet und in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2022 erneut Herrn L sowie Herrn A und Herrn M als Zeugen vernommen. Hinsichtlich der Beweisthemen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Steuerakten einschließlich der Betriebsprüfungsarbeitsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war im Streitfall geboten.

Die Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung steht gem. § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO im Ermessen des Gerichts und war im Streitfall wegen des nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2022 bei Gericht eingegangenen Schriftsatzes des Zeugen L erforderlich. Denn nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FGO erhebt das Gericht nach dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme Beweis in der mündlichen Verhandlung. Das Gericht soll seine Überzeugung aus der unmittelbaren Zeugeneinvernahme gewinnen und in der Lage sein, durch den persönlichen Eindruck von dem Zeugen und durch kritische Nachfragen die Glaubhaftigkeit der Aussage und die Glaubwürdigkeit des Zeugen überprüfen zu können. Bei der Entscheidung darf das Gericht nur das berücksichtigen, was auf der Wahrnehmung aller beteiligten Richter beruht und wozu die Beteiligten sich zu erklären Gelegenheit hatten (vgl. zu alledem Herbert, in Gräber, FGO, 9. Auflage 2019, § 81 Rz. 8 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Nach diesen Grundsätzen war die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten, weil die Ausführungen des Zeugen L in seinem nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schriftsatz geeignet waren, die Beweiswürdigung zu beeinflussen und die Beteiligten sich hierzu ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht hätten erklären können.

II. Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1997 bis 1999 vom 20. November 2003, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2014 und in der geänderten Fassung vom 3. März 2022 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Vorsteuerabzug aus Reisevorleistungen im Zusammenhang mit entgeltlich durchgeführten Kaffeefahrten

Der Klägerin steht kein (weitergehender) Abzug von Vorsteuerbeträgen aus Reisevorleistungen im Zusammenhang mit den entgeltlich durchgeführten Reiseleistungen in Gestalt von Kaffeefahrten zu.

Die Sonderregelung des § 25 UStG gilt für Reiseleistungen eines Unternehmers, soweit der Unternehmer dabei - wie im Streitfall - gegenüber den Leistungsempfängern im eigenen Namen aufgetreten ist und Reisevorleistungen hierfür in Anspruch genommen hat (§ 25 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Leistung des Unternehmers ist gem. § 25 Abs. 1 Satz 2 UStG als sonstige Leistung anzusehen. Die sonstige Leistung bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Reiseleistung zu erhalten, und dem Betrag, den der leistende Unternehmer für die von ihm bezogenen Reisevorleistungen aufwendet (§ 25 Abs. 3 Satz 1 UStG). Abweichend von § 15 Abs. 1 UStG ist der leistende Unternehmer gem. § 25 Abs. 4 UStG nicht berechtigt, die ihm für die Reisevorleistungen gesondert in Rechnung gestellten Steuerbeträge als Vorsteuer abzuziehen. Unionsrechtlich beruhte dies vor Inkrafttreten der MwStSystRL auf Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG.

Die Einbeziehung der Reisevorleistungen (Aufwendungen für die Busfahrten) in die Margenbesteuerung nach § 25 UStG und des damit verbundenen Ausschlusses vom Vorsteuerabzug nach § 25 Abs. 4 UStG ist im Streitfall gerechtfertigt.

Zwar führt die vollständige Erfassung der Fahrtgelder im Jahr 1997 in Höhe von .. DM (... €), im Jahr 1998 in Höhe von ... DM (... €) und im Jahr 1999 in Höhe von ... DM (... €) bei den Reiseleistungen im Sinne des § 25 UStG bereits unter Berücksichtigung der Reisevorleistungen in Gestalt der anteiligen auf die entgeltlichen Fahrten entfallenden Brutto-Buskosten in Höhe von ... € (im Jahr 1997), ... € (im Jahr 1998) und ... € (im Jahr 1999) jeweils zu einer negativen Gesamtmarge im Sinne des § 25 Abs. 3 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung. Dennoch ist die Einbeziehung der vollständigen Aufwendungen für die Busfahrten in die Margenbesteuerung gerechtfertigt und die Aufwendungen sind auch nicht nur in Höhe der (vereinnahmten) Fahrtgelder in die Margenbesteuerung einzubeziehen, so dass die weitergehenden Aufwendungen zum Vorsteuerabzug berechtigen, weil weder ein unmittelbarer und direkter Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Liefertätigkeit der Klägerin besteht noch ein der Regelbesteuerung dem Grunde nach entsprechendes Ergebnis geboten ist.

Die Anwendung des § 25 Abs. 4 UStG scheidet hinsichtlich der Buskosten nicht deswegen aus, weil der einzige Zweck der von einem Verkaufsveranstalter durchgeführten Reiseleistungen in Gestalt der Busfahrten im Rahmen von Kaffeefahrten darin besteht, den Warenverkauf bei den Verkaufsveranstaltungen zu fördern (ebenso FG Bremen, Urteil vom 9. Juli 2008 2 K 220/07, EFG 2008, 1493).

Die Einbeziehung der vollständigen Aufwendungen für die Busfahrten in die Margenbesteuerung des § 25 UStG, die nur zu einer Vereinfachung führen soll, ist auch im Streitfall gerechtfertigt. Ziel der Sonderregelung ist zwar die Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften für Reisebüros beziehungsweise Reiseveranstalter und die Verteilung der Steuereinnahmen in ausgewogener Weise zwischen den Mitgliedstaaten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2013 V R 11/11, BStBl. II 2020, 819). Insoweit bedarf die Besteuerung von Reiseleistungen in Gestalt der Busfahrten im Rahmen von rein innerstaatlich durchgeführten Kaffeefahrten zwar keiner Vereinfachung in Gestalt der Anwendung dieser Sonderregelung für Reiseleistungen. Gleichwohl sind diese Sonderregelungen gleichermaßen für solche Unternehmer anzuwenden, die Ausflugsfahrten mit Bussen und mit Verkaufsveranstaltungen sowie Ausflugsfahrten mit Bussen ohne Verkaufsveranstaltungen durchführen.

Denn nach § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG gelten in beiden Fällen die Sonderregelungen für Reiseleistungen eines Unternehmers, weil die Unternehmer bei Erbringung ihrer Reiseleistungen in Gestalt der Busreisen dabei gegenüber ihren Leistungsempfängern in eigenen Namen aufgetreten sind und diesbezüglich Reisevorleistungen von anderen Unternehmern in Bezug auf die Busfahrten in Anspruch genommen haben. Insoweit reicht im Umkehrschluss aus § 25 Abs. 1 Satz 3 UStG eine Reisevorleistung zur Anwendung der Sonderregelungen für Reiseleistungen aus. Diese Regelungen finden ihre Grundlage in Art. 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (jetzt Art. 306 ff. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie). Insoweit ist kein Grund ersichtlich, weshalb solche Unternehmer, die Busreisen mit Verkaufsveranstaltungen durchführen, gegenüber solchen Unternehmern privilegiert werden sollten, die Busreisen ohne Verkaufsveranstaltungen durchführen.

Die Einbeziehung in die Sonderregelungen ist daher bereits aus Wettbewerbsgründen erforderlich. Denn andernfalls würden Unternehmer, die solche Busreisen ohne Verkaufsveranstaltungen durchführen und hieraus ebenso negative Margen erzielen in dem zwischen der Klägerin und solchen Unternehmern bestehenden Wettbewerb benachteiligt. Denn nach den vorgelegten Werbebroschüren bzw. Werbeflyern der Klägerin für ihre Busreisen ist ganz überwiegend nicht eindeutig und unzweifelhaft zu entnehmen, dass sie im Zusammenhang mit den von ihr angebotenen Ausflugsfahrten auch Verkaufsveranstaltungen durchzuführen beabsichtigte. Dies war aus den vorgelegten Unterlagen für die Teilnehmer an den Busfahrten zur Überzeugung des Senats regelmäßig nicht eindeutig zu entnehmen. Insoweit steht die Klägerin mit ihren Busreisen mit solchen Unternehmern im Wettbewerb, die ähnliche Ausflugsfahrten ohne Verkaufsveranstaltungen anbieten.

Im Streitfall bestand auch kein unmittelbarer und direkter Zusammenhang zwischen den Buskosten und der steuerpflichtigen Liefertätigkeit der Klägerin. Im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug nach § 15 UStG wird nach den allgemeinen Grundsätzen vorausgesetzt, dass die Eingangsleistungen, für die der Vorsteuerabzug begehrt wird, mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen im Zusammenhang stehen. Dies ist anzunehmen, wenn ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen diesen Eingangsleistungen und bestimmten Ausgangsumsätzen besteht, die ihrerseits zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG berechtigen. Der Maßstab für eine solche direkte und unmittelbare Zuordnung bestimmt sich allerdings nach dem objektiven Inhalt für jede einzelne bezogene Leistung. Ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht insoweit, als die für den jeweiligen Leistungsbezug getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen eines bestimmten Ausgangsumsatzes gehören (vgl. zu alledem EuGH-Urteil vom 21. Februar 2013 C-104/12, DStR 2013, 411 und BFH-Urteile vom 11. April 2013 V R 29/10, BStBl. II 2013, 840; vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BStBl. II 2012, 68; vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BStBl. II 2012, 61 sowie vom 18. Dezember 1986 V R 18/80, BStBl. II 1987, 280).

In objektiver Hinsicht bestand ein solcher direkter und unmittelbarer Zusammenhang der in Rede stehenden Buskosten allerdings vorrangig mit den von der Klägerin gegen Entgelt durchgeführten Busfahrten. Wenngleich die Klägerin im Streitfall in diesem Zusammenhang negative Margen aus der Differenz zwischen den Fahrtgeldern und den Reisevorleistungen erzielt hat, sind die Buskosten jedenfalls in den Streitjahren zwangsläufig Kostenelemente für die Entgelte der Ausflugsreisen. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt und entsprechende Kalkulationen vorgelegt, nach denen sie die Entgelte für die Busreisen in den Streitjahren nicht kostendeckend kalkuliert habe. Daher konnte der Senat insbesondere nicht feststellen, dass die Aufwendungen für die Busfahrten auch zu den Kostenelementen für die Verkaufsveranstaltungen gehören. Wegen der vereinnahmten Entgelte für die Busfahrten kann allerdings auch allenfalls ein mittelbar verfolgter Zweck der Reisevorleistungen in Gestalt des Verkaufs von Waren bestehen. Dennoch sind die Eingangsleistungen der unmittelbar in Beziehung stehenden Ausgangsleistung in Gestalt der Busreisen vorrangig zuzuordnen. Der entsprechende unmittelbare und direkte Zusammenhang der die vereinnahmten Fahrtgelder überschreitenden Aufwendungen kommt ebenso nicht in Betracht, weil die Klägerin zur Überzeugung des Senats nach Aktenlage jedenfalls im Jahr 2001 auch eine positive Marge aus der Differenz zwischen den vereinnahmten Fahrtgeldern in Höhe von ... € (vgl. Anlage 2001 - Ertragsteuerliche Berechnung der Geschenkgrenze zum Schriftsatz der Klägerin vom 30. August 2019 im Verfahren 5 K 128/15) und den hiermit nach den Berechnungen der Klägerin in sachlichen Zusammenhang stehenden Reisevorleistungen in Gestalt der Buskosten in Höhe von ... € (vgl. Anlage Aufteilung der Buskosten auf Fahrten ohne und mit Fahrtgeld Jahr 2001 zum Schriftsatz der Klägerin vom 12. März 2020) erzielt hat und hieraus mangels substantiierten Sachvortrags abzuleiten ist, dass die Klägerin die Busreisen in kalkulatorischer Hinsicht kostendeckend beziehungsweise mit einer positiven Marge am Markt angeboten hat.

2. Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Q10-Ampullen

Der Senat kann nicht feststellen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Lieferungen der Q10-Ampullen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung i.V.m. Nr. 33 der Anlage 2 zu dieser Vorschrift vorliegen. Auch nach der Beweiserhebung im zweiten Rechtsgang steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die von der Klägerin in flüssiger Form vertriebenen Nahrungsergänzungsmittel Q10-Ampullen in die Pos. 2106 KN einzureihen sind.

a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 33 der Anlage 2 zum UStG erfasst die Steuersatzermäßigung die Lieferung verschiedener Lebensmittelzubereitungen im Sinne von Kap. 21 KN. Die Steuersatzermäßigung ist daher nicht anwendbar, wenn es sich bei den gelieferten streitgegenständlichen Gegenständen zolltariflich um Getränke gehandelt hat, da die Anlage zum UStG hierauf nicht verweist. Zu den nicht steuersatzbegünstigten Getränken der Pos. 22 KN gehören nach der Rechtsprechung des BFH alle zum menschlichen Genuss geeigneten und bestimmten Flüssigkeiten, soweit sie nicht von einer anderen spezifischen Einteilung erfasst werden. Maßgeblich sind objektive Kriterien, ohne dass es auf die Art und Weise der Einnahme, die eingenommene Menge oder die besonderen Zwecke ankommt, denen die verschiedenen Arten genießbarer Flüssigkeiten dienen können. Ein Erzeugnis ist nur dann als nicht trinkbar anzusehen, wenn es jedem Durchschnittsverbraucher unmöglich wäre - aus gesundheitlichen oder geschmacklichen Gründen - das Erzeugnis unmittelbar, ohne Verdünnung oder sonstige Beigabe zu trinken. Maßgeblich ist, ob ein unmittelbarer, unverdünnter Verzehr ausgeschlossen ist. Der BFH hat auch in seiner weiteren Rechtsprechung darauf abgestellt, ob z. B. geschmacksneutrale Produkte trinkbar sind oder ob es jedem Durchschnittsverbraucher aus geschmacklichen Gründen unmöglich wäre, diese unmittelbar zu trinken. Nach Auffassung des BFH in der Revisionsentscheidung sei insoweit streitentscheidend, ob die streitgegenständlichen Q10-Ampullen einen Zitronensäuregehalt von 8% enthalten haben, weil - so der BFH - das Produkt nicht mehr unmittelbar als Getränk zu verwenden gewesen sei. Da sich die Klägerin auf die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes und damit auf eine steuerliche Begünstigung beruft, obliegt ihr die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 24. August 2010 VII R 10/10, BFH/NV 2011, 322; FG München, Urteil vom 30. September 1996 3 K 741/93, EFG 1997, 1411).

b) Die Klägerin hat jedoch im zweiten Rechtsgang nicht zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass die streitgegenständlichen Q10-Ampullen in den Streitjahren einen Anteil an Zitronensäure von 8 % enthalten haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat hiervon nicht überzeugt.

aa) Das von der Klägerin vorgelegte Schreiben der Fa. G vom 20. Februar 2003 gibt lediglich deren Ansicht wieder, dass das Produkt "S ... plus" als Nahrungsergänzungsmittel unter die Warennummer 21069098 einzureihen sei und damit dem ermäßigten Steuersatz unterliege. Angaben in tatsächlicher Hinsicht darüber, auf welcher Grundlage die Fa. G die mitgeteilte Rechtsfolge ableitet, lässt das Schreiben nicht erkennen. Insbesondere enthält das Schreiben keine Anhaltspunkte dafür, dass das streitgegenständliche Produkt 8 % Zitronensäure enthalten hätte. Die Behauptung einer Einreihung durch den Hersteller ersetzt nicht den entsprechenden Nachweis der hierzu erforderlichen Tatsachen. Daher vermag das Schreiben der Fa. G auch keinen Vertrauenstatbestand zu rechtfertigen.

bb) Dies gilt umso mehr als die Fa. G nach Aktenlage am 8. April 2003 für das Produkt "S ... plus" bei der für die Erzeugnisse des Kap. 21 KN zuständigen ZPLA München einen Antrag auf Erteilung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke beantragt, die ZPLA München diesen Antrag an die für die Erzeugnisse des Kap. 22 KN zuständige ZPLA Berlin übermittelt hatte, dort am 7. Juli 2003 in die Position 2208 9069 eingereiht wurde und nach der Warenbeschreibung in diesem Produkt keine 8 % Zitronensäure enthalten gewesen war.

cc) Ein Beweis, dass die in den Streitjahren vertriebenen Q10-Ampullen 8% Zitronensäure enthalten haben, ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme der Dr. ... GmbH & Co. KG vom 24. Juni 2020. Privatgutachten erbringen keinen Beweis darüber, dass die Q10-Ampullen tatsächlich 8 % Zitronensäure in den Streitjahren enthalten haben, und darüber hinaus werden auch keine weiteren Tatsachen mitgeteilt, die einer Beweiserhebung zugänglich sind. Die KG bestätigt zwar, dass das Produkt "S ... plus" 8 % Zitronensäure enthalten habe. Die Klägerin hat aber nicht substantiiert dargelegt, auf welche Grundlage die KG die Bestätigung bezieht. Der Senat kann nicht erkennen, in welchem Zusammenhang die Dr. ... GmbH & Co. KG zu dem streitgegenständlichen Produkt steht. Weder hat diese Firma nach Aktenlage an der Herstellung noch an der Entwicklung des Produkts mitgewirkt. Ebenso ist nicht erkennbar, ob die Dr. ... GmbH & Co. KG ihre Bestätigung aufgrund einer Begutachtung einer konkreten Produktprobe oder nur aufgrund der in dem Bestätigungsschreiben genannten Rezeptur erteilt hat. Es enthält keine Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Q10-Ampullen 8 % Zitronensäure enthalten hätten. Ebenso enthält es keine Anhaltspunkte dafür, die einer weiteren Beweiserhebung zugänglich sind.

dd) Die Rechnungen der A GmbH beziehungsweise der Fa. G aus den Jahren 1999 bis einschließlich 2004 mit einem offenen Steuerausweis von 7 % sind nicht geeignet Beweis dafür zu erbringen, dass den Q10-Ampullen in die Position 2106 KN einzureihen sind. Abrechnungspapiere können regelmäßig nicht selbst den Beweis für ihre eigene Richtigkeit belegen. Sie sind vielmehr das Ergebnis einer rechtlichen Einschätzung des jeweiligen Rechnungsausstellers. Jedenfalls für die Rechnungen der A GmbH hat der Zeuge L als damaliger Geschäftsführer glaubhaft ausgesagt, dass er zunächst wie viele andere Nahrungsergänzungsmittelhersteller in den 90er Jahren davon ausgegangen ist, dass Nahrungsergänzungsmittel wie andere Nahrungsmittel auch dem ermäßigten Steuersatz unterlägen und später seine fehlerhafte Beurteilung aus der Warenzusammenstellung mit den L-Ölkapseln hergeleitet hat.

ee) Die Klägerin kann den erforderlichen Beweis, dass die Q10-Ampullen in den Streitjahren 8 % Zitronensäure enthalten haben, auch weder durch Vorlage des Schreibens der L GmbH vom 19. März 2009 noch durch die eidesstattliche Versicherung des Zeugen L vom 6. Januar 2015 führen. Auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Q10-Ampullen in den Streitjahren tatsächlich 8 % Zitronensäure enthalten haben.

Zwar deuten sowohl die eidesstattliche Versicherung des Zeugen L vom 6. Januar 2015 als auch das von ihm als Prokurist der L GmbH gegenüber der Klägerin ausgestellte Schreiben vom 19. März 2009 darauf hin, dass in den streitgegenständlichen Q10-Ampullen 8 % Zitronensäure enthalten gewesen seien. Allerdings hat der Zeuge L in seiner Zeugeneinvernahme die Unrichtigkeit dieser Dokumente hinsichtlich der darin enthaltenen Aussagen zum Zitronensäuregehalt der Q10-Ampullen bekundet. Obgleich der Zeuge L zu Beginn seiner Vernehmungen erkennbare Schwierigkeiten hatte die Umstände seiner Handlungen in Gestalt der eidesstattlichen Versicherung, des Schreibens der L GmbH und der uvZTA in zeitlicher Hinsicht nachvollziehbar einzuordnen, hat er im Verlauf seiner Vernehmung für den erkennenden Senat in überzeugender Art und Weise glaubhaft bekundet, dass die Fa. G im Zusammenhang mit der Herstellung der Q10-Ampullen in den Streitjahren keine Zitronensäure verwendet hat. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass der Zeuge L im Zusammenhang mit den Q10-Ampullen sowohl eine Rezeptur auf der Grundlage von Alkohol als auch auf der Grundlage von Zitronensäure entwickelt hat. Ebenso bestehen für den Senat nach Einvernahme des Zeugen L keine Zweifel daran, dass die Fa. G in den Streitjahren die von der Klägerin vertriebenen streitgegenständlichen Q10-Ampullen unter Verwendung von Alkohol und nicht von Zitronensäure hergestellt hat. Hierfür spricht zur Überzeugung des Senats insbesondere, dass weder die vom Zeugen L vorgelegte Kartonage für das im anfänglichen Streitzeitraum hergestellte und von der Klägerin vertriebene Produkt "S ... Aktiv" noch die von der Klägerin erstmals im zweiten Rechtsgang vorgelegte Kartonage des - für die Klägerin von der Fa. G unter der exklusiven Handelsbezeichnung hergestellte Produkt - "S ... Plus" einen Hinweis auf einen Inhaltsstoff in Gestalt von Zitronensäure enthalten hat, wenngleich sämtliche anderen unstreitigen Bestandteile der Q10-Ampullen auf der Verpackung aufgedruckt sind. Gleichermaßen fehlen den vorgelegten Kartonagen Hinweise darauf, dass diese Produkte - gleich aus welchem Grund - nur verdünnt (mit Wasser) von den Erwerbern eingenommen werden sollten. Insoweit kann die Bekundung des Zeugen L dahinstehen, dass er zur Aufrechterhaltung des Wasserhaushalts älterer Erwerber des "Kurpaketes" eine solche Empfehlung im Zusammenhang mit den Q10-Ampullen erteilt haben will.

Für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen L spricht zur Überzeugung des Senats insbesondere auch, dass er darüber hinaus mehrfach bekundet hat, die uvZTA vom 6. Juni 2008 für das Produkt "S ... Plus" mit einem Zitronensäuregehalt von 8% nur aufgrund der entsprechenden Aufforderung des Zeugen A eingeholt zu haben und der Zeuge L dem Antrag auf Erteilung der uvZTA deshalb keine Produktprobe beigefügt habe, weil ein Produkt "S ... Plus" mit einem Zitronensäuregehalt von 8% von der Fa. G nicht hergestellt worden sei. Für die Glaubwürdigkeit des Zeugen L in diesem Zusammenhang spricht insbesondere, dass er nach dem Inhalt der dem Gericht von ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen entsprechend seinen Behauptungen seinen Anträgen auf Erteilung einer uvZTA für die L GmbH regelmäßig Produktproben beigefügt hat. Daher kann ebenso die uvZTA vom 6. Juni 2008 zur Überzeugung des Senats nicht den erforderlichen Beweis dafür erbringen, dass in den Streitjahren tatsächlich 8% Zitronensäure in den streitgegenständlichen Q10-Ampullen enthalten gewesen waren. Diesbezüglich steht der Behauptung der Klägerin im Übrigen auch die uvZTA vom 7. Juli 2003 entgegen, weil die Fa. G hierfür ihrem Antrag auf Erteilung der uvZTA nicht nur eine Warenbeschreibung ohne den behaupteten Zitronensäuregehalt, sondern auch eine Produktprobe beigefügt hatte, die nach dem Inhalt der uvZTA vom ZPLA Berlin auch verkostet worden ist.

Ebenso steht nach der Zeugeneinvernahme der Zeugen A und M für den erkennenden Senat nicht mit der erforderlichen Überzeugung fest, dass die streitgegenständlichen Q10-Ampullen tatsächlich 8 % Zitronensäure in den Streitjahren enthalten haben. Wenngleich beide Zeugen übereinstimmend bekundet haben, dass diese Q10-Ampullen einen solchen Säuregehalt beinhaltet hätten und der Zeuge L während der Schulungsveranstaltung bei der Klägerin eine solche Aussage getätigt habe, erscheint dies wenig glaubhaft. Einerseits steht diese Behauptung im offenen Widerspruch zur Aussage des Zeugen L, dass er eine solche Aussage auf der Schulungsveranstaltung nicht getätigt habe. Außerdem enthielten die dem Gericht vorgelegten Kartonagen ebenso - worauf der Zeuge zu Recht hingewiesen hat - keinen Hinweis auf einen Zitronensäuregehalt in Höhe von 8%. Insoweit ist es für den Senat nicht plausibel, dass der Zeuge L damals auf eine Zitronensäure als Bestandteil der Q10-Ampullen hingewiesen haben soll.

Darüber hinaus kann nicht bereits aus den ggf. säurehaltigen Geschmackseindrücken der Zeugen A und M mit der für den erkennenden Senat erforderlichen Überzeugung auf einen Zitronensäuregehalt von 8 % geschlossen werden. Insbesondere ist für den Senat nicht erkennbar, aufgrund welcher Sachkunde die Zeugen A und M im Zusammenhang mit ihrer zu einem nicht genannten Zeitpunkt vorgenommen Verkostung der Q10-Ampullen hätten nachvollziehbar beurteilen können, dass in diesen Q10-Ampullen auch Zitronensäure mit einem Anteil von 8% enthalten seien. Die Aussagen der beiden Zeugen haben in Bezug auf ihren jeweiligen Geschmackseindruck insoweit für die Bestimmung des Zitronensäuregehalts einen bloßen Behauptungscharakter. Darüber hinaus erscheinen die Zeugen A und M auch nicht glaubwürdig. So konnte der Zeuge M mit Ausnahme der behaupteten Information des Zeugen L während der Schulungsveranstaltung im Jahr 1999 wenig detailliert zu anderen Vorkommnissen und persönlichen Umständen aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin aus diesem Zeitraum berichten. Insoweit folgen auch im Hinblick auf sein Abhängigkeitsverhältnis aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen M. Dasselbe gilt auch für den Zeugen A aufgrund dessen eigenen wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Verfahrens, weil dessen Einkünfte als freier Mitarbeiter der Klägerin in nicht unerheblichem Maße vom wirtschaftlichen Erfolg der Tätigkeit der Klägerin und mittelbar auch von der Einreihung des streitgegenständlichen Produkts abhängt. Demgegenüber fehlt beim Zeugen L ein solch eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens, so dass die Glaubwürdigkeit des Zeugen L wegen seiner (abgeschlossenen) zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten mit der Klägerin bzw. dem Zeugen A nicht geeignet ist, dessen Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen.

Auch die Einvernahme des Zeugen O hat nicht zur Überzeugung des Senats ergeben, dass in den streitgegenständlichen Q10-Ampullen tatsächlich 8% Zitronensäure enthalten war. Der Zeuge O ist in Bezug auf den Inhalt der Q10-Ampullen Zeuge vom Hörensagen. Der Zeuge O hat keine Angaben zum Inhalt der Q10-Ampullen gemacht und konnte aus tatsächlichen Gründen auch keine Angaben zu den Q10-Ampullen in den Streitjahren machen. Vielmehr hat er die Angaben der Zeugen L und A wiedergegeben und diese Angaben auch zum Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung gemacht. Der Zeuge L hat aber - wie oben dargestellt - zur Überzeugung des Senats glaubhaft und glaubwürdig bekundet, dass die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung, die Q10-Ampullen enthielten 8% Zitronensäure, nur gefälligkeitshalber gemacht und diese nicht der Wahrheit entsprochen habe. Die hiermit in Widerspruch stehende Angabe des Zeugen A hält der Senat - wie oben dargestellt - nicht für glaubhaft und glaubwürdig.

ff) Die eidesstattliche Versicherung vom 6. Januar 2015 ist zur Überzeugung des Senats allerdings auch bereits ohne Berücksichtigung der Aussage des Zeugen L über deren Unrichtigkeit in sich widersprüchlich. Denn während auf Seite 1 auf das der uvZTA vom 6. Juni 2008 zugrundeliegende konkrete Produkt "S ... Plus" mit 8 % Zitronensäure in Bezug genommen wird, wird auf Seite 2 vom Zeugen L nur versichert, dass er die Rezeptur für ein Nahrungsergänzungsmittel "S ... Plus" entwickelt hat. Es fehlt der konkrete Bezug zu dem vorgenannten der uvZTA zugrundeliegenden Produkt, der ausweislich der Aussage des Zeugen O tatsächlich in einem vorhergehenden Entwurf der eidesstattlichen Versicherung durch die ausdrückliche Bezugnahme "für das vorgenannte Nahrungsergänzungsmittel" noch enthalten war. Die insoweit in der unterzeichneten Fassung der eidesstattlichen Versicherung zum Ausdruck kommenden Versicherung des Zeugen L ist daher nach alledem in sich nicht widerspruchsfrei und erlaubt nicht den mit ihr bezweckten Nachweis, dass die streitgegenständlichen Produkte tatsächlich 8% Zitronensäure enthalten haben. Insbesondere fehlt die Verknüpfung des auf Seite 2 genannten Produkts zu konkreten Inhaltsstoffen beziehungsweise einer konkreten Zusammensetzung aufgrund einer konkreten Rezeptur. Ebenso widerspricht sich die eidesstattliche Versicherung im Hinblick auf den Ausschluss der Trinkbarkeit und einer demgegenüber bloßen Empfehlung der Einnahme des Produkts durch Auflösung des Nahrungsergänzungsmittels in 200-250 ml Flüssigkeit. Insoweit spricht der widersprüchliche Inhalt der eidesstattlichen Versicherung für die Glaubhaftigkeit des Widerrufs durch den Zeugen L in der mündlichen Verhandlung. Denn es ist aus der eidesstattlichen Versicherung heraus ersichtlich, dass der Zeuge L darin keine klare und kongruente Aussage getroffen hat beziehungsweise nicht treffen konnte, was darauf hindeutet, dass er sich im Zeitpunkt der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in einem inneren Konflikt befand.

gg) Das eingeholte Sachverständigengutachten führt ebenso nicht mit der notwendigen Überzeugung des erkennenden Senats den Beweis dafür, dass die streitgegenständlichen Produkte in den Streitjahren tatsächlich 8 % Zitronensäure enthalten haben und es deshalb jedem Durchschnittsverbraucher unmöglich gewesen wäre - aus gesundheitlichen oder geschmacklichen Gründen - das Erzeugnis unmittelbar, ohne Verdünnung oder sonstige Beigabe zu trinken.

(1) Der Senat kann schon nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass es sich bei der vorgelegten Warenprobe auch tatsächlich um das von der Fa. G unter der Handelsbezeichnung "S ... Plus" hergestellte und von der Klägerin in den Streitjahren vertriebene Produkt handelt. Denn die von der Klägerin ebenso eingereichte Kartonage mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum Mai 2003 war nicht mit der Warenprobe fest verbunden. Die Klägerin hat beides zwar zusammen, aber voneinander gelöst dem Gericht vorgelegt. Insoweit kann der Senat nicht feststellen, dass die vorgelegte Warenprobe tatsächlich mit der vorgelegten Kartonage aufgrund eines einheitlichen Herstellungs- und Verpackungsvorgangs im zeitlichen Zusammenhang und damit aus dem Streitzeitraum stammt, obgleich die Fa. G auch nach den Streitjahren entsprechende Produkte hergestellt und an die Klägerin geliefert hat.

(2) Selbst wenn die Produktproben und die Kartonage zusammengehören, fehlt es weiterhin am Nachweis des Zitronensäuregehalts in Höhe von 8%. Unter Berücksichtigung des vom erkennenden Senat zunächst angenommenen Zusammenhangs der von der Klägerin vorgelegte Kartonage mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum Mai 2003 und der wiederaufgefundenen ebenso vorgelegten Warenprobe, konnte der Sachverständige für die seines Erachtens im Mai 2001 hergestellte Produktprobe aufgrund des erheblichen Überschreitens des Mindesthaltbarkeitsdatums aus den selektiv analytisch ermittelten Werten der Inhaltsstoffe nicht unmittelbar auf die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe zum Zeitpunkt der Herstellung schließen. Durch einen analytischen und sensorischen Vergleich der 8 % säurehaltigen Rezeptur mit Zitronensaft hat der Sachverständige aber überzeugt dargelegt, dass ein Lebensmittel bestehend aus 8 % Zitronensäure und den anderen im Beweisbeschluss entsprechend den Angaben der Klägerin genannten Zutaten verkehrs-, verzehr- und trinkfähig ist, verbunden mit einem sehr zitronensauren Geschmackseindruck. Allerdings enthielt die vorgelegte Warenprobe nach einer enzymatischen Bestimmung durch ein vom Sachverständigen beauftragtes Labor ein Zitronensäuregehalt von 0,43%. Dieser nachgewiesene Zitronensäuregehalt spricht nach der Befragung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zwar dafür, dass in dem Produkt auch im Herstellungszeitpunkt Zitronensäure enthalten gewesen sein muss. Der Sachverständige konnte allerdings nicht ausschließen, dass der nachgewiesene Zitronensäuregehalt auch auf die Zutat Orangensaft-Aroma zurückzuführen ist. Wenngleich der Sachverständige insoweit eine Wahrscheinlichkeitsüberlegung dargelegt hat, konnte der Sachverständige wegen des erkennbaren Alters der vorgelegten Warenprobe und der Zersetzung der Inhaltsstoffe keine sichere Feststellung zur Herkunft der festgestellten Zitronensäure und den von der Klägerin behaupteten Umfang des Zitronensäuregehalts im Herstellungszeitpunkt treffen. Deswegen sind zur Überzeugung des Senats auch die von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten nicht geeignet nachzuweisen, dass die streitgegenständlichen Produkte in den Streitjahren tatsächlich 8 % Zitronensäure enthalten haben.

(3) Gleichermaßen kann die Klägerin den Beweis auch nicht durch Vorlage des Privatgutachtens des Dr. M führen. Insbesondere dessen Behauptung, dass die Schlussfolgerungen des Sachverständigen für spezielle flüssige Lebensmittel mit einem komplexen Zutatenverzeichnis nicht richtig sei, muss unbeachtet bleiben, weil bereits die genaue Zusammensetzung der Q10-Ampullen in den Streitjahren von dem Sachverständigen wegen des erkennbaren Alters der vorgelegten Probe nicht zu ermitteln war. Die privatgutachterlichen Stellungnahmen des Dr. M enthalten darüber hinaus keine Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Q10-Ampullen 8 % Zitronensäure enthalten hätten. Ebenso enthalten sie keine Anhaltspunkte dafür, weiteren Beweis zu erheben.

(4) Nach alledem kann daher dahinstehen, ob das ursprünglich vom Zeugen L entwickelte und von der Fa. G hergestellte Produkt "S ... Aktiv" tatsächlich identisch ist mit dem Produkt "S ... Plus".

hh) Nach alledem kann der erkennende Senat gerade auch im Hinblick auf die offenen Widersprüche in Bezug auf den Säuregehalt der streitgegenständlichen Q10-Ampullen im klägerischen Sachvortrag, den vorgelegten Unterlagen und den Zeugenaussagen nicht mit der erforderlichen Überzeugung feststellen, dass die streitgegenständlichen Q10-Ampullen tatsächlich 8 % Zitronensäure in den Streitjahren enthalten haben.

c) Entgegen der Einschätzung des BFH kann aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten den streitgegenständlichen Produkten aber selbst auch dann nicht die Trinkbarkeit im Sinne der Rechtsprechung des BFH abgesprochen werden, wenn es einen Anteil an Zitronensäure von 8 % beinhaltet hätte. Der Sachverständige hat für den Senat überzeugend unter Bezugnahme auf seinen Versuch festgestellt, dass ein Produkt mit den zwischen den Beteiligten unstreitigen Inhaltsstoffen sowie einschließlich eines Zitronensäuregehalts von 8% mit einem daraus resultierenden pH-Wert von 1,7 im Vergleich zu Zitronensaft aus einer ausgepressten Zitrone bei einem Gehalt an Zitronensäure von 3,5% bis 7,2% und einem daraus resultierenden pH-Wert von 2,2 von jedem Durchschnittsverbraucher mit einem sehr zitronensauren Geschmackseindruck verkehrs-, verzehr- und trinkfähig ist. Demgegenüber kann aber auch schon der vom BFH angeführten Verordnung (EG) Nr. 1989/2004 der Kommission vom 19. November 2004 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur nicht entnommen werden, dass die Unterpos. 2202 10 00 KN grundsätzlich nicht anwendbar ist, wenn nicht alkoholhaltige Getränke aufgrund ihres Säuregehalts bei einer "Citronensäure von 5 GHT" (Gewichtshunderteilen) nicht unmittelbar als Getränk verwendet werden können. Die Verordnung weist zwar zutreffend darauf hin, dass Erzeugnisse nicht als nicht alkoholartige Getränke angesehen werden können, wenn sie aufgrund ihres Säuregehalts nicht unmittelbar als Getränke verwendet werden können. Die beiden in der Verordnung diesbezüglich genannten Erzeugnisse enthalten allerdings nicht nur 5 % Zitronensäure, sondern daneben auch Apfelsäure im Umfang von 2,5 % bzw. 3 % und das Erzeugnis 2 auch noch 0,05 % Fumarsäure. Insoweit fehlt es auch unter Berücksichtigung der weiteren Inhaltsstoffe und deren Wechselwirkung mit den Säuren selbst dann an einer Vergleichbarkeit mit den streitgegenständlichen Produkten, wenn diese 8 % Zitronensäure enthalten.

3. Aufteilung der Gesamtverkaufspreise für Warenpakete

Eine vom bisherigen Ansatz des beklagten Finanzamts abweichende Aufteilung der einheitlichen Verkaufspreise kommt weder für das "Kurpaket" noch für die Warenpakete in Betracht. Für die von der Klägerin geforderte weitere Erhöhung der Umsätze zum ermäßigten Steuersatz besteht auch weiterhin keine sachliche Rechtfertigung.

a) Durch die Zusammenstellung der "Q10-Ampullen" und der "L-Ölkapseln" zu dem sog. "Kurpaket" kommt es umsatzsteuerrechtlich nicht zu einer einzigen Lieferung, vielmehr liegen zwei unterschiedlich zu besteuernde Lieferungen vor. Daher sind die einheitlichen Entgelte für das "Kurpaket" in zwei Entgeltbestandteile aufzuteilen, die ihrerseits mit dem ermäßigten Steuersatz für die "L-Ölkapseln" bzw. mit dem Regelsteuersatz für die "Q10-Ampullen" zu besteuern sind. Dabei ist die "einfachstmögliche Berechnung- oder Bewertungsmethode" zu verwenden (vgl. EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 C-349/96, CPP, Slg. 1999, I-973). Dementsprechend sind einheitliche Entgelte grundsätzlich nach Maßgabe der Einzelverkaufspreise aufzuteilen (BFH-Beschluss vom 3. April 2013 V B 125/12, BStBl II 2013, 973).

b) Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundätze ist die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung der einheitlichen Entgelte für das "Kurpaket" nicht zu beanstanden.

aa) Eine Aufteilung der einheitlichen Entgelte für die Lieferung der "Kurpakete" nach Maßgabe von Einzelverkaufspreisen kommt nicht in Betracht, denn im Streitfall liegen weder für die "Q10-Ampullen" noch für die "L-Ölkapseln" Einzelverkaufspreise vor. Die Klägerin hat auch keine Aufzeichnungen nach § 22 UStG über die Aufteilung der Verkaufspreise der "Kurpakete" geführt. Insbesondere hat die Klägerin ihre Umsätze zum ermäßigten und zum vollen Steuersatz nicht gem. § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG getrennt aufgezeichnet.

bb) Das Finanzamt hat sich bei der Aufteilung der in den jeweiligen Streitjahren durch den Verkauf des "Kurpaketes" erzielten Gesamtumsätze an der damaligen Preisliste der - zwischenzeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgewickelten - Herstellerin Fa. G (Stand Oktober 2001) orientiert. Dabei hat es mangels anderer vergleichbarer Produkte den Preis des Produkts "..." und für L-Ölkapseln (500 mg) zugrunde gelegt. Auf dieser Grundlage wurde der anteilige Preis für die 84 Fläschchen Q10 (75,50 DM = 83,33%) und die 180 L-Ölkapseln (15,12 DM = 16,67%) ermittelt. Eine hiervon abweichende Aufteilung kommt nicht in Betracht. Denn aus den von der Klägerin vorgelegten Einkaufsrechnungen ergibt sich lediglich, dass sie die "Kurpakete" günstiger erworben hat. Einzeleinkaufspreise sind diesen Einkaufsrechnungen aber nicht zu entnehmen, sodass es bei der vom Finanzamt vorgenommene Aufteilung verbleibt.

cc) Der noch im ersten Rechtsgang erhobene Einwand der Klägerin, sie habe ausschließlich höherwertige Ware, nämlich Kapseln mit "Lachskonzentrat" in dem "Kurpaket" abgegeben, überzeugt den erkennenden Senat auch weiterhin entsprechend den Gründen im Urteil vom 19. Januar 2017 nicht.

c) Eine abweichende Aufteilung der Umsätze aus der Abgabe der sog. Warenpakete zu Gunsten der Klägerin in Bezug auf die dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Bestandteile kommt im Streitfall ebenso nicht in Betracht.

aa) Entsprechend den Ausführungen des erkennenden Senats in der Entscheidung im ersten Rechtsgang gehen die umsatzsteuerlichen Aufzeichnungsvorschriften vom Grundsatz der Einzelaufzeichnung aus. Es muss ersichtlich sein, wie sich die einzelnen Entgelte auf steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze und auf Waren mit verschiedenen Steuersätzen verteilen. Einen Antrag auf Erleichterung bei der Trennung der Bemessungsgrundlagen nach § 22 Abs. 6 UStG i.V.m. § 62 Abs. 4 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) hat die Klägerin weder gestellt noch hat das Finanzamt eine entsprechende Genehmigung erteilt. Erbringt ein Unternehmer Lieferungen, ist die Kassenführung nicht ordnungsgemäß, wenn die Umsätze zum ermäßigten und zum vollen Steuersatz nicht getrennt aufgezeichnet werden. Erfasst er die Entgelte ohne Aufzeichnungen gemäß § 22 UStG, unterlässt er die vorgeschriebene Aufzeichnung. Mangels nachprüfbarer Aufzeichnungen im Sinne des § 158 der Abgabenordnung (AO) muss geschätzt werden (BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012,1921).

bb) Hiernach kommt aber eine weitere Reduzierung Umsätze zum Regelsteuersatz zugunsten der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Waren entgegen der Auffassung der Klägerin - insbesondere auch nach dem sog. Faktorverfahren - nicht in Betracht.

(a) Eine Aufteilung der einheitlichen Entgelte für die Lieferung der Warenpakete nach Maßgabe von Einzelverkaufspreisen kommt ebenfalls nicht in Betracht, denn im Streitfall liegen keine Angaben über übliche Einzelverkaufspreise der in den Warenpaketen enthaltenen Gegenstände vor. Vielmehr waren die tatsächlichen Einzelverkaufspreise nach den Feststellungen der Außenprüfung je Verkaufsteam und Verkaufsveranstaltung unterschiedliche und offensichtlich von der konkreten jeweiligen Nachfrage abhängig. Die Klägerin hat auch keine Aufzeichnungen nach § 22 UStG über die Aufteilung der Verkaufspreise der Warenpakete geführt. Insbesondere hat die Klägerin ihre Umsätze zum ermäßigten und zum vollen Steuersatz nicht gem. § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG getrennt aufgezeichnet.

(b) Daher ist das beklagte Finanzamt bei der Aufteilung des Gesamtentgelts in nicht zu beanstandender Art und Weise im Schätzungswege von einem Aufschlagsatz von 450% für das "Kurpaket" ausgegangen. Im Rahmen der Außenprüfung für die nachfolgenden Jahre hat der Prüfer zur Verprobung der Vollständigkeit der Einnahmen eine Kalkulation durchgeführt und hierbei die Wareneinkäufe eines Jahres erfasst und einen durchschnittlichen Einkaufspreis für jeden eingekauften Gegenstand ermittelt. Er hat sodann - getrennt nach Verkaufsteams - punktuell ermittelt, welche Aufschlagsätze für den Gesamtkaufpreis einzelner Verträge erzielt wurden. Hiernach schwankten die Aufschlagsätze für jeden Vertrag und für jedes Team. Der Prüfer ermittelte Aufschlagsätze in einer Bandbreite zwischen 191-781 %. Aus den vom Prüfer punktuell ermittelten Verträgen mit Verkäufen des "Kurpakets" ergab sich ein Aufschlagsatz von 459,17 % und aus den Verträgen ohne Verkäufe des "Kurpakets" ergab sich ein Aufschlagsatz von 418,16 %. Vor diesem Hintergrund folgt der erkennende Senat der Übernahme des vom Beklagten angesetzten Aufschlagsatzes von 450% für die Streitjahre.

(c) Auch die nunmehr von der Klägerin favorisierte Aufteilungsmethode nach dem sog. Faktorverfahren kann nicht gefolgt werden. Sofern sie zu Aufteilungszwecken die Verkaufspreise für die Verkaufsartikel mit den Einkaufspreisen unter Multiplikation mit einem Faktor kalkuliert und diesen von den Gesamtumsätzen in Abzug bringt, mit der Folge, dass den restlichen Umsätzen die "Kurpakete" zugeordnet werden, ist eine solche Aufteilung weder angemessen noch sachgerecht. Insbesondere steht der Anwendung eines einheitlichen Multiplikators die von der Außenprüfung festgestellten uneinheitlichen Aufschlagssätze entgegen. Darüber hinaus konnten weder der erkennende Senat noch die Außenprüfung feststellen, dass die Verkaufs- oder Zugabeartikel zum Einstandspreis abgegeben wurden. Insbesondere die von der Klägerin als "Verkaufshilfe" bezeichnete Abgabe von Verkaufs- und Zugabeartikel zum Einstandspreis ist vom Außenprüfer in keinem einzigen Fall festgestellt worden und wurde von der Klägerin auch nicht substantiiert dargelegt. Es ist auch keinesfalls zwingend, dass es den Kunden "nur" um den Kauf des "Kurpakets" ging und sie nicht auch an dem Erwerb der Verkaufs- bzw. Zugabeartikel (Toaster, Bohrmaschine, Kaffeeservice etc.) interessiert und auch bereit waren, hierfür ein Entgelt oberhalb des Einkaufspreises der Waren zu zahlen.

(d) Aus der mit der Finanzverwaltung für die Jahre ab 2007 geschlossenen Vereinbarung über die Anwendung dieses Faktorverfahrens für die Zukunft kann die Klägerin keine Ansprüche für die Streitjahre ableiten.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Soweit das beklagte Finanzamt dem klägerischen Begehren im zweiten Rechtsgang durch Herabsetzung der Umsatzsteuer für die Streitjahre aufgrund der Änderungsbescheide im Umfang von insgesamt ... € entsprochen hat, sind die Kosten des Verfahrens dementsprechend unter Berücksichtigung des weitergehenden Herabsetzungsbegehrens der Klägerin in Höhe von insgesamt ... € verhältnismäßig zu teilen.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO), da die Entscheidung auf einer Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles beruht.