Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 09.12.2009, Az.: L 3 KA 29/08
ambulante sozialpädiatrische Behandlung; ausreichende sozialpädiatrische Behandlung; Bedarf; Bedarfsprüfung; bereits ermächtigtes Zentrum; Berufungsausschuss; dünn besiedelte Region; eine Stunde; Ermächtigung; Erreichbarkeit; Landkreis; Planbereich; Planungsbereich; sozialpädiatrisch; sozialpädiatrische Behandlung; sozialpädiatrisches Zentrum; Verhältnis; vertragsärztliche Versorgung; wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung; Wirtschaftlichkeit; Zentrum; Zulassungsgremium
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 09.12.2009
- Aktenzeichen
- L 3 KA 29/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 50581
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG - 30.01.2008 - AZ: S 16 KA 183/04
Rechtsgrundlagen
- § 119 Abs 1 S 1 SGB 5
- § 119 Abs 1 S 2 SGB 5
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein sozialpädiatrisches Zentrum, das seine Ermächtigung nach § 119 SGB V beantragt hat, bietet nicht die Gewähr für eine wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung, wenn die Ermächtigung dazu führen würde, dass ein bereits ermächtigtes Zentrum nicht wirtschaftlich weitergeführt werden könnte.
2. Von der Zielvorstellung einer Erreichbarkeit des Zentrums innerhalb einer Stunde kann gegebenenfalls in dünn besiedelten Regionen zu Lasten der Versicherten abzuweichen sein.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 40.000,-- Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Ermächtigung eines sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) gemäß § 119 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Bis 2001 bestand im westlichen Niedersachsen (früherer Regierungsbezirk F.) nur ein SPZ in G.. Im Juni 2001 wurde dem L.Stift in H. eine Ermächtigung nach § 119 SGB V erteilt; das dortige SPZ nahm seine Arbeit im Oktober 2002 auf. Im November 2001 erteilte der Zulassungsausschuss I. dem Marienkrankenhaus in J. eine entsprechende Ermächtigung. Das dortige SPZ ist seit Mai 2002 tätig, zunächst mit einem Behandlerteam.
Die Klägerin betreibt in A. - ca. 20 km nördlich von J. - das Kreiskrankenhaus A.. Dieses beantragte mit Schreiben vom 18. Januar 2002 ebenfalls die Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern. Zur Begründung wies es auf den großen Bedarf entsprechender Behandlungen im gesamten ostfriesischen Raum hin. An seiner Abteilung für Kinderheilkunde und Jugendmedizin bestehe eine Ermächtigungsambulanz des leitenden Arztes Dr. Finke mit Schwerpunkt Neuropädiatrie; es sei zunehmend deutlich geworden, dass zusätzlich zur kinderneurologischen Behandlung auch eine sozialpädiatrische Behandlung erforderlich sei.
Der Zulassungsausschuss Aurich für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit erteilte dem (einzurichtenden) SPZ des Kreiskrankenhauses A. mit Beschluss vom 22. Mai 2002 eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern auf Überweisung von Vertragsärzten für Kinderheilkunde für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2004.
Gegen den am 26. Juni 2002 abgesandten Beschluss legten am 24. Juli 2002 die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V. (DGSPJ) empfehle ein SPZ für ein Versorgungsgebiet von 1 Million Einwohnern. Das Einzugsgebiet des geplanten SPZ in A. decke jedoch ein Einzugsgebiet von insgesamt nur ca. 460.000 Einwohnern ab. Außerdem sei bereits in J. die Zulassung für ein SPZ erteilt worden und es bestehe ein SPZ in G., das den Bereich K. und L. versorge. Deshalb bestehe objektiv kein Bedarf für die Errichtung eines weiteren SPZ.
Mit Beschluss vom 11. Februar 2004 hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses auf und lehnte den Antrag des Kreiskrankenhauses A. ab. Aus § 119 SGB V sei abzuleiten, dass es sich bei SPZen um Zentren handeln müsse, die auf großräumige Versorgungsgebiete ausgerichtet seien. Gegen die Notwendigkeit eines zusätzlichen SPZ in A. spreche entscheidend, dass 20 Kilometer von diesem Standort bereits ein SPZ ermächtigt worden sei. Es erscheine richtig, zunächst diesem SPZ die Möglichkeit zu geben, im Rahmen seiner Ermächtigung das gesamte in Betracht kommende Versorgungsgebiet abzudecken. Solange dies nicht geschehen sei, könne im Zulassungsverfahren nicht die Notwendigkeit einer weiteren Ermächtigung festgestellt werden.
Gegen den am 28. Juni 2004 zur Post gegebenen Beschluss hat der Landkreis A. (als Rechtsvorgänger der Klägerin) am 28. Juli 2004 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben.
Mit Schreiben vom 17. August 2004 stellte das Kreiskrankenhaus A. erneut einen Ermächtigungsantrag. Dabei wies es u.a. darauf hin, dass das Einzugsgebiet eines SPZ A. sich auf die Landkreise A., I., M. und die Stadt N. sowie auf Teilbereiche der Landkreise O., P. und Q. mit einer Gesamtbevölkerung von ca. 623.000 Einwohner erstrecken werde. In diesem Versorgungsgebiet weise nur das beantragte SPZ in Leer eine akzeptable Erreichbarkeit innerhalb von maximal 1 Stunde auf.
Der Zulassungsausschuss erteilte dem Krankenhaus daraufhin mit Beschluss vom 9. Februar 2005 erneut die beantragte Ermächtigung - vom 1. April 2005 bis zum 31. März 2007 - und wies auf die Nähe R. zu den S. Planungsbereichen hin. Auch dieser Beschluss, der bei den Verbänden der Krankenkassen am 23. März 2005 einging, wurde von diesen - am 22. April 2005 - mit Widerspruch angefochten.
Mit Beschluss vom 7. Dezember 2005 hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses erneut auf und lehnte auch den zweiten Ermächtigungsantrag ab. Auch nach nochmaliger Überprüfung spreche gegen die Notwendigkeit eines zusätzlichen SPZ in A. entscheidend, dass in einer Entfernung von ca. 20 Kilometern bereits das SPZ am Marienkrankenhaus in J. bestehe. Zwar sei Papenburg vom Planungsbereich Stadt N. /Landkreis I. aus schlechter zu erreichen. In einem relativ dünn besiedelten Gebiet sei jedoch hinzunehmen, dass sich die Anfahrtszeiten für ein Aufsuchen des Standorts J. um ca. 30 Minuten im Individualverkehr erhöhten. Die Bevölkerung des Landkreises A. könne J. ohne Schwierigkeiten erreichen; der südliche Teil des Landkreises M. und die Planungsbereiche Stadt L. und (teilweise) Landkreis P. seien besser oder zumindest in etwa gleichwertig mit G. verbunden.
Der Beschluss ist am 3. Januar 2006 zur Post gegeben worden; die bereits anhängige Klage ist von der Klägerin am 31. Januar 2006 auf ihn erstreckt worden.
Mit Schreiben vom 18. August 2006 stellte die Klägerin schließlich einen dritten Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern. Sie wies darauf hin, dass der Ermächtigungszeitraum des SPZ am Marienkrankenhaus J. am 30. September 2006 ablaufe. Sollte in der Region tatsächlich nur Bedarf für ein SPZ bestehen, wie es der Beklagte entgegen ihrer Auffassung behaupte, so sei das Krankenhaus in A. zur Erbringung der sozialpädiatrischen Leistungen - insbesondere wegen der besseren Verkehrsanbindung - besser geeignet.
Der Zulassungsausschuss I. erteilte mit Beschlüssen vom 6. September 2006 sowohl dem SPZ des Marienkrankenhauses in J. als auch dem Kreiskrankenhaus A. Ermächtigungen zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern auf Überweisung von niedergelassenen Hausärzten ("Therapieplanung sowie Behandlung von Kindern mit drohenden oder bestehenden Entwicklungsstörungen", ausgenommen ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe) für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2008.
Auch gegen diese Ermächtigung des Kreiskrankenhauses A. (Beschluss abgesandt am 18. Oktober 2006) legten die Kassenverbände - am 17. November 2006 - Widerspruch ein. Der Beklagte gab auch diesem Widerspruch - mit Beschluss vom 18. Juli 2007 - statt und lehnte den Antrag des Kreiskrankenhauses A. erneut ab. Er wiederholte im Wesentlichen die Begründung seines vorangegangenen Beschlusses und führte ergänzend aus, eine Stellungnahme des Marienkrankenhauses in J. zeige, dass dieses voll und ganz in der Lage sei, seine Aufgaben zeitnah zu erfüllen.
Dieser Beschluss ist am 16. August 2007 abgesandt worden. Die Klägerin hat ihre Klage am 13. September 2007 diesbezüglich erweitert.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin betont, die Erteilung der begehrten Ermächtigung sei notwendig, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen. Die entsprechende Betreuung müsse während der gesamten Kindheit hochfrequent erfolgen; der Erfolg der Betreuung hänge dabei maßgeblich von der compliance und Motivation von Kind und Familie und damit der Akzeptanz der Betreuungsrichtung ab. Die Einrichtung müsse deshalb für tägliche Besuche in zumutbarer Entfernung angesiedelt sein. Allenfalls durch die Ermächtigung eines SPZ in A. sei ein Angebot in der Region mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von rund einer Stunde zu erreichen. Vom Marienkrankenhaus in J. mitgeteilte Anfahrtszeiten von 2 Stunden seien demgegenüber nicht akzeptabel. Auch die Bevölkerungszahlen in der Region zeigten die Notwendigkeit, ein SPZ am Krankenhaus der Klägerin zu ermächtigen. Im Einzugsbereich des Kreiskrankenhauses A. lebten rund 630.000 Menschen. Wenn die Krankenkassen von einer ausreichenden Versorgung bis zu einem Radius von 100 Kilometern um die Stadt J. ausgingen, nähmen sie hin, dass der nordwestdeutsche Raum insgesamt nicht ausreichend versorgt sei.
Die im Klageverfahren zu 2. beigeladene AOK hat eine Stellungnahme des verantwortlichen Arztes des SPZ in J. Dr. T. vorgelegt, wonach dort ab dem Quartal III/2007 das zweite sozialpädiatrische Team eingerichtet werde.
Das SG hat eine Stellungnahme des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Dr. U., Ärztekammer Niedersachsen, vom 6. September 2007 eingeholt. Dieser hat eine Auflistung der in jedem Bundesland pro SPZ versorgten Einwohnerzahl vorgelegt, aus der sich für das Bundesgebiet ein durchschnittlicher Versorgungsbereich von ca. 645.000 Einwohnern je Zentrum ergibt. Sinnvoll erscheine es, dem SPZ in J. genügend Zeit einzuräumen, um die erforderlichen Voraussetzungen für die Arbeit mit zwei kompletten Teams zu schaffen; erst danach könne entschieden werden, ob überhaupt noch ein Bedarf für ein zusätzliches SPZ in der Region bestehe. Dr. U. hat außerdem diskutiert, dass ansonsten in einem SPZ behandelte Kinder und Jugendliche auch in der in A. bestehenden neuropädiatrischen Ermächtigungsambulanz betreut werden könnten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30. Januar 2008 abgewiesen. Die Erteilung der Ermächtigung hänge im Wesentlichen davon ab, ob ein entsprechender - quantitativer oder qualitativer - Bedarf an der zusätzlichen Versorgung durch Errichtung eines SPZ bei der Klägerin bestehe. Eine qualitative Versorgungslücke habe die Klägerin selbst nicht behauptet; ein Bedarf in quantitativ-allgemeiner Hinsicht habe sie nicht nachgewiesen. Mit Dr. U. sei die Kammer der Auffassung, dass das SPZ in J. erst den Aufbau des zweiten kompletten Teams beendet haben müsse, um entscheiden zu können, ob danach noch ein Bedarf für ein zusätzliches SPZ in der Region bestehe. Auch aus der Stellungnahme von Dr. T. ergebe sich, dass für die erstrebte Ermächtigung derzeit kein Bedarf bestehe. Zwar sei nicht zu verkennen, dass insbesondere auf Grund der besonderen Infrastruktur in der dünn besiedelten Region für einzelne Versicherte die derzeitigen Standorte der SPZen schwer zu erreichen seien; dies sei jedoch hinzunehmen, insbesondere zur Aufrechterhaltung der notwendigen Qualitätsstandards bei den bestehenden SPZen.
Gegen das ihr am 21. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. März 2008 Berufung eingelegt, die am 17. März 2008 bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangen ist. Das SG habe den Umstand nicht gewürdigt, dass die Zentren in J. und G. für ca. 600.000 Einwohner in V. so weit entfernt lägen, dass sie in einer angemessenen Zeit nicht erreicht werden könnten. Die Klägerin weist erneut darauf hin, dass die räumliche Nähe des SPZ von besonderer Bedeutung sei und dass eine Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln in maximal einer Stunde notwendig sei. Von ihr ermittelte Fahrzeiten öffentlicher Verkehrsmittel zeigten, dass nur ein SPZ in A. diesen Anforderungen gerecht werde. Entgegen der Auffassung des SG sei auch nicht erforderlich, dass jedes SPZ mit zwei Teams arbeite. Ein SPZ mit einem Team, das eine Region von ca. 600.000 Einwohner zu versorgen habe, entspreche eher den Intentionen des Gesetzgebers hinsichtlich einer bedarfsgerechten Versorgung, als überhaupt kein SPZ für die Region vorzusehen.
Nachdem die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Beschlüsse des Beklagten vom 11. Februar 2004 und vom 7. Dezember 2005 in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2009 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. Januar 2008 zu ändern und den Beschluss des Beklagten vom 18. Juli 2007 aufzuheben,
2. das Krankenhaus der Klägerin zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen eines dort errichteten sozialpädiatrischen Zentrums zu ermächtigen,
hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 18. August 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses. Die Klägerin verkenne, dass es darum gehe, ob sie in unmittelbarer räumlicher Nähe zu dem bestandskräftig bestehenden SPZ in J. einen Anspruch auf Ermächtigung eines weiteren SPZ habe. Dies sei zu verneinen.
Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.
Im Hinblick auf den weiteren Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die Gerichts- und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin die Ermächtigung eines SPZ an ihrem Krankenhaus nicht beanspruchen kann.
Nachdem die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit im Übrigen gemäß § 197 a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. 161 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist Klagegegenstand nur noch der Beschluss des Beklagten vom 18. Juli 2007. Auch wenn dem der bis 30. September 2008 befristete Ermächtigungsbeschluss des Zulassungsausschusses zugrunde lag, ist der angefochtene Beschluss nicht durch Zeitablauf erledigt (vgl. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch <SGB X>), weil der Beklagte eine Ermächtigung des Kreiskrankenhauses A. ohne Fristbestimmung abgelehnt hat. Statthafte Klageart ist damit auch nach dem 30. September 2008 die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 SGG (zur Abgrenzung von der Fortsetzungsfeststellungsklage in den Fällen, in denen der Berufungsausschuss eine befristete Ermächtigung erteilt hat: vgl. BSG SozR 4-5520 § 31 Nr. 3).
Die auch im Übrigen zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung nach § 119 Abs. 1 SGB V noch einen solchen auf Neubescheidung.
Maßgebliche Rechtsgrundlage ist § 119 Abs. 1 SGB V (i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 20. Dezember 1991). Danach können SPZen, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, vom Zulassungsausschuss zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden (Abs. 1 Satz 1). Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen (Abs. 1 Satz 2).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 3-2500 § 119 Nr. 1) wird hierdurch keine neue, nach besonderen Kriterien zu beurteilende Teilnahmeform für die sozialpädiatrische Behandlung begründet. Die Vorschrift ermöglicht es, im Bedarfsfall außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung stehende ärztlich geleitete Einrichtungen zu ermächtigen, soweit und solange eine ausreichende sozialpädiatrische Betreuung durch geeignete zugelassene Kinderärzte nicht sichergestellt wird. Die Ermächtigung von SPZen ist deshalb im Grundsatz mit der von Krankenhausärzten gemäß § 116 SGB V vergleichbar (Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, § 17 Rdnr. 31). Wie dort besteht auch für SPZen - trotz der Formulierung: "können" in Abs. 1 Satz 1 - ein Anspruch auf Erteilung der Ermächtigung, wenn die in der Norm genannten Voraussetzungen vorliegen (vgl. Köhler-Hohmann in: jurisPK - SGB V, § 116 Rdnr. 42). Von zentraler Bedeutung ist dabei der in § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V angesprochene Bedarf an einer ausreichenden sozialpädiatrischen Behandlung. Ob insoweit - parallel zu § 116 SGB V - zwischen einem quantitativ-allgemeinen Bedarf und einem qualitativ-speziellen Bedarf (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 24) zu differenzieren ist (in diesem Sinne das SG Hannover und z.B. SG Dresden, Urteil vom 7. Juni 2006 - S 15 KA 23/03 - juris), kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn die Klägerin macht ersichtlich nur einen quantitativ-allgemeinen Bedarf geltend, der vorliegt, wenn in einem Planungsbereich zu wenig Behandler einer bestimmten Fachrichtung vorhanden sind, um den Bedarf zu decken (vgl. BSG a.a.O.).
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Versorgungslücke anzunehmen ist, steht den Zulassungsinstanzen nach ständiger Rechtsprechung (BSG SozR 5520 § 29 Nr. 8; SozR 3-2500 § 116 Nr. 2) ein Beurteilungsspielraum zu, in dessen Rahmen sich die Kontrolle der Gerichte darauf beschränkt, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsinstanzen die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten haben und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.
Diese Grenzen seines Beurteilungsspielraums hat der Beklagte mit seiner Entscheidung vom 18. Juli 2007 nicht überschritten.
Für die Beantwortung der Frage, inwieweit eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sichergestellt ist, stehen den Zulassungsgremien keine normativen Planungsgrundlagen (vorgegebene Planungsbereiche, Verhältniszahlen etc.) zur Verfügung, weil eine Bedarfsplanung wie bei den niedergelassenen Ärzten (vgl. hierzu die am 1. April 2007 in Kraft getretene Bedarfsplanungs-Richtlinie <BedarfsplRL>) für SPZ nicht besteht. Die Gremien haben daher grundsätzlich selbst zu beurteilen, für welche Regionen sie einen Bedarf prüfen und welche Versorgungsdichte sie hierbei anstreben. Bei ihrer Beurteilung haben sie aber im Regelfall Maßstäbe mit zu berücksichtigen, die allgemein oder überwiegend anerkannt sind, etwa in der Rechtsprechung oder in der pädiatrischen Fachliteratur. Von Bedeutung sind auch die "Gemeinsamen Empfehlungen zur Ermächtigung von sozialpädiatrischen Zentren im Rahmen der ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern nach § 119 SGB V" vom 16. Oktober 1989, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den damaligen Bundesverbänden der Krankenkassen erarbeitet worden sind; auch hierbei handelt es sich aber nicht um bindende Rechtsnormen.
Wenn der Beklagte im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen ist, dass entscheidend der Bedarf in großräumigen Versorgungsgebieten ist, steht dies in Übereinstimmung mit den genannten Empfehlungen (dort S. 2), wonach SPZen nicht die Aufgabe einer flächendeckenden Grundversorgung haben. Damit haben die Zulassungsgremien nicht von den Planungsbereichen auszugehen, die nach der BedarfsplRL für die ambulante vertragsärztliche Versorgung maßgeblich sind und regelmäßig den Landkreisen und kreisfreien Städten entsprechen (vgl. § 2 Abs. 3 BedarfsplRL).
Zur näheren Abgrenzung der jeweiligen Versorgungsregion mag die Zielvorstellung der DGSPJ hilfreich sein, die ein SPZ für ein Gebiet mit 1 Million Einwohnern angestrebt hat (vgl. Schlack, Sozialpädiatrische Zentren: Entwicklungen, aktuelle Probleme, Aufgaben und Perspektiven in: Kinderärztliche Praxis 1998, 278, 282). Wie sich aus der vom SG eingeholten Stellungnahme des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Dr. U. ergibt, wird dieser Standard durch die gegenwärtig in Niedersachsen zugelassenen acht SPZ zwar erreicht; Dr. U. hält diese Versorgung gleichwohl für unzureichend. Brauchbarer könnte deshalb der bundesdurchschnittliche Versorgungsstand sein, der - nach Anlage 1 der Stellungnahme von Dr. U. vom 6. September 2007 - bei ca. 645.000 Einwohnern pro SPZ liegt. Maßstab zur Quantifizierung des Bedarfs kann ferner die Zielvorstellung der DGSPJ sein, dass die Anfahrtszeit zum SPZ nicht mehr als eine Stunde betragen sollte (Schlack, a.a.O.). Dieser Vorgabe haben sich auch die Rechtsprechung (vgl. z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. April 2009 - L 11 KA 2/09 ER - juris) und das Schrifttum (vgl. Hänlein in: Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl., §§ 117 - 119b Rdnr. 19) angeschlossen. Die gleichmäßige Berücksichtigung beider Kriterien dürfte allerdings in dünn besiedelten ländlichen Gebieten auf Schwierigkeiten stoßen, weil dort im Umkreis von einer Stunde um ein SPZ häufig deutlich weniger als 645.000 Menschen leben werden. Um die Ermächtigung (entgegen § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V) nicht wirtschaftlich arbeitender SPZ zu verhindern, müssen deshalb in derartigen Gebieten u.U. etwas verlängerte Anfahrtszeiten in Kauf genommen werden.
Deshalb bewegt sich der Beklagte noch innerhalb des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums, wenn er im Raum des nordwestlichen Niedersachsen eine Anfahrtszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln von ca. 1 1/2 Stunden für zumutbar hält (vgl. den Beschluss vom 7. Dezember 2005, auf den der angefochtene Beschluss Bezug nimmt). Nach den von der Klägerin vorgelegten Daten zur Fahrtzeit im öffentlichen Nahverkehr (vgl. zuletzt Berufungsbegründung vom 21. Mai 2008) wären auf dieser Grundlage Patienten in den Städten A., I., N., W. und M. sowie in den umliegenden Landgemeinden (mit einer Einwohnerzahl von insgesamt ca. 470.000) vom Standort A. aus zu versorgen. Wenn die Klägerin außerdem behauptet, zu ihrem Einzugsbereich gehörten auch Teile der Landkreise O., P. und Q., so kann dies allerdings überwiegend nicht nachvollzogen werden; denn verkehrsmäßig sind namentlich die Landkreise O. und P. besser an den SPZ-Standort G. angeschlossen.
Eine Ermächtigung für den genannten Einzugsbereich kommt aber nur dann in Betracht, wenn der dortige Bedarf nach ambulanten sozialpädiatrischen Behandlungen nicht schon anderweitig gedeckt ist. Insoweit ist nach der BSG-Rechtsprechung (SozR 3-2500 § 119 Nr. 1) zunächst die Versorgungsmöglichkeit durch niedergelassene und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kinderärzte zu erwägen. Allerdings dürfte das Leistungsangebot kinderärztlicher Praxen den "Grundlagen und Zielvorgaben für die Arbeit im sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) - Altöttinger Papier", am 5. März 1999 von der DGSPJ verabschiedet (Kinderärztliche Praxis 2000, 464 f.), nur selten genügen, weil dort zumindest ein sozialpädiatrisches Team mit Kinderarzt, Dipl.- Psychologe und Therapeuten aus den Fachrichtungen Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Heilpädagogik und Sozialpädagoge/Sozialarbeiter für notwendig gehalten wird (vgl. Wenner a.a.O.). Von größerer Bedeutung ist deshalb, ob und inwieweit der Sicherstellungsbedarf in einer Region durch bereits ermächtigte SPZ gedeckt wird (LSG Baden-Württemberg, MedR 1996, 89, 91; LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.; SG Dresden a.a.O.).
Zutreffend hat der Beklagte insoweit darauf abgestellt, dass in dem 20 Kilometer von Leer entfernten Standort J. bereits ein nach § 119 SGB V ermächtigtes SPZ im dortigen Marienkrankenhaus besteht. Geht man wiederum davon aus, dass eine Anfahrtszeit von ca. 1 Stunde 30 Minuten (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) zumutbar ist, ist J. innerhalb dieser Zeit von den Gemeinden des Landkreises A., der kreisfreien Stadt N. und zahlreichen Ortschaften des Landkreises I. (bis z.B. W.: 1 Stunde 35 Minuten Fahrzeit) aus zu erreichen. Außerhalb dieses Zeitrahmens bleiben der wohl überwiegende Teil des Landkreises I. (insgesamt 192.000 Einwohner) sowie der Landkreis M. (58.000 Einwohner), mithin weniger als 250.000 Einwohner. Bei diesem für A. verbleibenden Versorgungsgebiet wäre aber sehr fraglich, ob ein SPZ mit der bereits dargelegten personellen Ausstattung kostendeckend arbeiten könnte. Damit ist die in § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V vorausgesetzte Gewähr für eine wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung nicht gegeben. Selbst wenn man annimmt, dass die im "Altöttinger Papier" enthaltenen Vorgaben von zwei sozialpädiatrischen Behandlungsteams nicht zwingenden Erfordernissen entspricht, sondern auch ein SPZ mit einem Team eine leistungsfähige und wirtschaftliche Behandlung gewährleisten kann, wäre hierfür zumindest ein Versorgungsgebiet von ca. 325.000 Einwohner anzusetzen, ausgehend vom bundesdurchschnittlichen Standard von 645.000 Einwohner je SPZ. Diese Zahl wird vorliegend deutlich unterschritten.
Demgegenüber kann sich die Klägerin nicht darauf berufen (vgl. ihren Schriftsatz vom 14. Oktober 2008), bei Erteilung der begehrten Ermächtigung werde das Kreiskrankenhaus in A. zu ganz überwiegenden Teilen auch von der Bevölkerung im Landkreis A. und in der Stadt N. in Anspruch genommen werden. Dies dürfte zwar zutreffen. Die Folge davon wäre jedoch, dass das SPZ am Marienkrankenhaus in J., das nach den Angaben des verantwortlichen Arztes Dr. T. seit dem Quartal III/2007 mit zwei sozialpädiatrischen Teams tätig ist, nicht mehr kostendeckend arbeiten könnte. Denn ihm verblieben dann nur noch das nördliche Drittel des Landkreises X. als Einzugsgebiet, weil das mittlere und südliche Emsland vom SPZ in H. versorgt wird. Die in § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V vorausgesetzte Garantie für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Behandlung steht aber zum einen auch Ermächtigungen entgegen, die dazu führen würden, dass bereits ermächtigte SPZen unwirtschaftlich werden. Zum anderen müssen die Zulassungsgremien die Bestandskraft bereits erteilter Ermächtigungen respektieren und dürfen nicht weitere Ermächtigungen aussprechen, die im Ergebnis dazu führen, dass die früher ermächtigten Einrichtungen von ihrer Rechtsstellung keinen wirtschaftlich sinnvollen Gebrauch mehr machen können (vgl. etwa Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand: Juli 2008, § 119 SGB V Rdnr. C 119-10).
Dem könnte auch nicht entgegengehalten werden, die Ermächtigung des Krankenhauses in J. könnte nach Ablauf der Ermächtigungsfrist zugunsten der Klägerin auslaufen, weil die Ermächtigung nach § 119 Abs. 1 S. 2 SGB V nur zu erteilen ist, "soweit und solange" sie notwendig ist. Denn mit dieser Formulierung soll nur der Grundsatz der Subsidiarität der (nachrangigen) Ermächtigung gegenüber der vorrangigen Versorgung durch niedergelassene Pädiater (vgl. SozR 3-2500 § 119 Nr. 1) gewahrt werden. Ihr ist nicht zu entnehmen, dass bereits eingerichtete und ermächtigte SPZen jederzeit befürchten müssen, ihre Ermächtigung zu verlieren, sowie andere Krankenhäuser schon ein geringfügig besseres Versorgungsangebot unterbreiten können. Dies wäre angesichts der erheblichen sachlichen und personellen Investitionskosten, die für die Einrichtung eines SPZ erforderlich sind, auch sachlich nicht zu rechtfertigen.
Ist nach alledem die Entscheidung des Beschlusses vom 18. Juli 2007 nicht zu beanstanden, muss sowohl der auf Erteilung der Ermächtigung gerichtete Hauptantrag der Klägerin als auch der auf Neubescheidung zielende Hilfsantrag erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO bzw. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus der Anwendung der §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Da die zu erwartenden Einnahmen des noch nicht eingerichteten SPZ in A. nicht zu beziffern sind, ist der Senat in Anlehnung an BSG NZS 2007, 560 [BSG 12.09.2006 - B 6 KA 70/05 B] insoweit vom Regelwert von 5.000,-- Euro pro Quartal ausgegangen, hochgerechnet auf zwei Jahre, entsprechend der beim Beklagten üblichen Ermächtigungsfrist.