Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 11.11.2008, Az.: 4 A 3/07

Antrag; Antragsformular; Anzeige; Beihilfe; Betriebsprämie; Betriebsprämienregelung; Betriebsübergabe; Betriebsübergang; gleitende Hofübergabe; Pacht; Pachtvertrag; Rechtsnachfolger; vorweggenommene Erbfolge; Zahlungsanspruch; Übernehmer; Übertragung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
11.11.2008
Aktenzeichen
4 A 3/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 54989
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt Betriebsprämie für das Jahr 2006. Er übernahm zum 1. Mai 2006 den Betrieb seines Vaters im Wege der Pacht. Die Betriebsübernahme zeigte er der Beklagten unter Verwendung des vorgesehenen „Meldebogen Betriebsübergabe/übernahme" am 15. Mai 2006 an. Gleichzeitig beantragte er u.a. die Auszahlung der Betriebsprämie im Jahr 2006 für eine Fläche von 6,66 ha. Er gab an, dass er den Betrieb im Rahmen des Generationswechsels übernommen habe. Mit Schreiben vom 12. Juni 2006 teilte die Beklagte dem Kläger die neue Registriernummer seines Betriebes mit. Darin heißt es außerdem u.a.: „Auch Ihre Zahlungsansprüche müssen auf diese neu zugeteilte Registriernummer übertragen werden.“ Am 12. Dezember 2006 ging der zwischen dem Kläger und seinem Vater geschlossene Pachtvertrag vom 1. April 2006 bei der Beklagten ein.

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Mit Bescheid vom 4. Dezember 2006 lehnte die Beklagte die Bewilligung der Betriebsprämie ab. Der Kläger könne keine Betriebsprämie verlangen, weil er im Jahr 2006 nicht über Zahlungsansprüche verfügt habe.

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Der Kläger hat am 2. Januar 2007 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor:

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Er, der Kläger, habe die Betriebsübernahme ordnungsgemäß angezeigt und alle notwendigen Angaben gemacht. Er habe davon ausgehen müssen, dass der Auszahlung der Betriebsprämie nichts entgegenstehe. Ein besonderes Formblatt bzw. ein Vordruck zur Übertragung von Zahlungsansprüchen habe ihm bei der Antragstellung nicht vorgelegen und sei ihm insbesondere nicht von der Beklagten zugeleitet worden. Er gehe davon aus, dass ein derartiges Formblatt zu der fraglichen Zeit auch bei der Beklagten nicht vorhanden gewesen sei. Es sei aus den Anlagen zu dem zwischen ihm und seinem Vater geschlossenen Pachtvertrag vom 1. April 2006 zu ersehen, dass Zahlungsansprüche auf ihn übertragen worden seien. In einem vergleichbaren Fall habe die Beklagte Betriebsprämie gezahlt.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2006 aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, an ihn Betriebsprämie für das Jahr 2006 in Höhe von 664,34 EUR zu bewilligen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Betriebsinhaber könnten die Betriebsprämienregelung u.a. in Anspruch nehmen, wenn sie den Betrieb durch vorweggenommene Erbfolge von einem Betriebsinhaber übernommen hätten, dem im Bezugszeitraum Direktzahlungen gewährt worden seien, die zu einem Anspruch auf Betriebsprämie führten. Voraussetzung sei, dass sie einen Zahlungsanspruch aus der nationalen Reserve oder durch Übertragung erhalten hätten. Nach § 15 InVeKosV müsse die Übertragung der Zahlungsansprüche in einem nach § 5 bekannt zu gebenden Vordruck innerhalb eines Monats nach der Übertragung gemeldet werden. Die Verwendung der vorgesehenen Formulare sei nach § 5 Abs. 2 InVeKosV zwingend. Eine derartige Anzeige unter Verwendung des Vordruckes hätten der Kläger und sein Vater nicht vorgenommen. Sie könne auch nicht nachgeholt werden, weil dies nur bis zu einem Stichtag, dem 30. Juni 2006, möglich gewesen sei. Die von dem Kläger genannten Anlagen zum Pachtvertrag vom 1. April 2006 seien erst am 10. August 2007 bei ihr, der Beklagten, eingegangen. Auch der Pachtvertrag selbst habe ihr erst nach dem 30. Juni 2006 vorgelegen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Betriebsprämie für das Jahr 2006. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte - wie der Kläger angibt - in vergleichbaren Fällen die Prämie bewilligt hat, weil das Gericht allein zu prüfen hat, ob die vom Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen für die Bewilligung von Betriebsprämie gegeben sind. Dies ist hier nicht der Fall.

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Die Beihilfen im Rahmen der Betriebsprämienregelung werden gemäß Art. 36 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1782/2003 auf der Grundlage der Zahlungsansprüche für eine entsprechende Hektarzahl beihilfefähiger Flächen im Sinne des Art. 44 Abs. 2 gezahlt. Jeder Zahlungsanspruch gibt zusammen mit je einem Hektar beihilfefähiger Fläche Anspruch auf die Zahlung des mit dem Zahlungsanspruch festgesetzten Betrags [Art. 44 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1782/2003]. Bei der teilweisen regionalen Anwendung der Betriebsprämienregelung, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, entspricht - außer in den Fällen des Art. 40 Abs. 4 der VO (EG) Nr. 1782/2003 - die Anzahl der Ansprüche je Betriebsinhaber der Hektarzahl, die er im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung, d.h. im Jahr 2005 angemeldet hat. Der Kläger hat im Jahr 2005 keine Zahlungsansprüche beantragt. Er kann sich nicht mit Erfolg auf die in der Anlage zum Pachtvertrag vom 1. April 2006 vereinbarte Übertragung der Zahlungsansprüche seines Vaters auf ihn berufen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 InVeKosV haben der Übertragende sowie der Übernehmer die Übertragung der Landesstelle innerhalb eines Monats nach der Übertragung zu melden. Die Landesstelle berücksichtigt diese Zahlungsansprüche bei der Entscheidung über den Antrag auf Betriebsprämie für das Jahr 2006 nicht, wenn die Übertragung im Jahr 2006 nach dem 30. Juni 2006 gemeldet wurde (§ 15 Abs. 1 Satz 3 InVeKosV). So lag es hier. Dabei kann offen bleiben, inwieweit der Anspruch des Klägers daran scheitert, dass er für die Anzeige der Übertragung nicht das vorgesehene Formular (§ 5 Abs. 2 InVeKosV) verwendet hat. Der Pachtvertrag vom 1. April 2006 ging bei der Beklagten erst am 12. Dezember 2006 ein, die "Anlage zum Pachtvertrag", aus der sich die Verpachtung der Zahlungsansprüche an den Kläger ergibt, am 20. August 2007. Seinem Antrag auf Auszahlung der Betriebsprämie vom 15. Mai 2006 kann ebenfalls nicht entnommen werden, dass sich der Kläger auf die Übertragung von Zahlungsansprüchen durch seinen Vater berufen wollte. Er hat weder die unter Ziffer 5.2. des Antragsformulars vorgesehene Erklärung zur Pacht von Zahlungsansprüchen angekreuzt, noch - wie es in Ziffer 5.2. gefordert wird - die Verpächter aufgeführt und die dazugehörenden Schläge in der Spalte 16 des Gesamtflächen - und Nutzungsnachweises gekennzeichnet.

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Es kann hier offen bleiben, ob die Regelungen über die Anzeige der Übertragung nach Art. 15 InVeKosV [i.V. mit Art. 25 Abs. 2 und 3 der VO (EG) Nr. 795/2004] auch für die Fälle anwendbar sind, in denen der betroffene Betriebsinhaber den Betrieb im Sinne des Art. 33 Abs. 1 lit. b) der VO (EG) Nr. 1782/2003 durch vorweggenommene Erbfolge erhalten hat. Eine derartige vorweggenommene Erbfolge liegt hier nicht vor. Maßgebend für die Auslegung des Begriffes der "vorweggenommenen Erbfolge" im Sinne der genannten Regelung sind dabei die einschlägigen Vorschriften des einzelnen Mitgliedsstaates [Art. 13 Abs. 5 VO (EG) Nr. 795/2004]. Hier kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger den Betrieb seines Vaters in einer Weise übernommen hat, die den Anforderungen genügt, die nach deutschem Recht an eine vorweggenommene Erbfolge zu stellen sind. Dies gilt auch dann, wenn - wie der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben hat - sein Vater sich mittlerweile zur Ruhe gesetzt hat und der Kläger einzig als Hoferbe in Frage kommen sollte. Einen Hofübergabevertrag im Sinne der §§ 7 Abs. 1, 17 HöfeO haben der Kläger und sein Vater unstreitig nicht abgeschlossen. Inwieweit Fälle der sog. gleitenden Hofübergabe (vgl. hierzu OLG Celle, Urt. v. 17.1.1991 - 7 U (Lp) 182/90 -, juris) eine vorweggenommene Erbfolge nach Art. 33 Abs. 1 lit b) der VO (EG) Nr. 1782/2003 sein können, (so VG Hannover, Urt. v. 27.02.2008 -11 A 3058/06 -) muss nicht entschieden werden. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass hier eine derartige gleitende Hofübergabe erfolgt ist. Voraussetzung hierfür wäre eine vertragliche Gestaltung des Betriebsübergangs, durch die die Rechtsnachfolge des Übernehmers gewährleistet ist (OLG Celle, a.a.O.). Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, durch den Vertrag vom 1. April 2006 ist die Rechtsnachfolge des Klägers nach seinem Vater nicht gesichert. Der Vertrag ist ein bloßer Flächenpachtvertrag, der auf den Zeitraum von neun Jahren befristet ist, d.h. nach Ablauf dieses Zeitraums besteht für die Vertragspartner die Möglichkeit der Kündigung.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4, 124a Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.