Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 06.11.2008, Az.: 1 A 63/08
amtsgemäßer Aufgabenbereich; Aufgabenbereich; Begründung; dienstliches Bedürfnis; Dienstposten; Ermessen; Ermessenserwägungen; Ermessensmißbrauch; Lehrer; Leistungsklage; Mitbestimmung; Personalrat; Rechtsschutz; Rückumsetzung; sachlicher Grund; Schule; statusrechtliches Amt; Umsetzung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 06.11.2008
- Aktenzeichen
- 1 A 63/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 55007
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 45 Abs 2 VwVfG
- § 101 Abs 2 Nr 4 PersVG ND
Tatbestand:
Der Kläger setzt sich gegen seine Umsetzung zur Wehr.
Er ist seit 1993 als Oberstudienrat an den Berufsbildenden Schulen I in X tätig. Bis zum 31. Januar 2008 nahm er hier die Betreuung der Fachklassen Rechtsanwaltsgehilfe/-in, Notargehilfe/-in und Rechtsanwalts- und Notargehilfe/-in wahr. Mit Schreiben vom 16. Januar 2008 wurde ihm mitgeteilt, dass ihm zum 1. Februar 2008 aus organisatorischen Gründen die Betreuung des Unterrichtsfaches "Volkswirtschaft" für das Fachgymnasium übertragen werden solle. Zugleich erhielt er ein Rundschreiben des Schulleiters zu diversen anderen Umsetzungsmaßnahmen der Schule - u.a. den Entzug der Fachbereichskonferenz "Reno", deren Leitung einer Kollegin übertragen wurde.
Der Kläger legte gegen diese Umsetzungsmaßnahmen Widerspruch ein, auf den jedoch zunächst nicht reagiert wurde. Mit Schreiben vom 7. März 2008 verwies die Beklagte den Kläger dann auf ein Gespräch vom 9. Januar 2008, in dem die Gründe für die Umsetzung dargelegt und erläutert worden seien, u.a. auch die Beschwerde der Schülerin F. Y.
Zur Begründung seiner am 4. April 2008 erhobenen Klage legt der Kläger dar, dass die Umsetzung rechtswidrig sei, weil nicht erkennbar sei, dass die Schulleitung Ermessen ausgeübt habe und ebenso wenig deutlich geworden sei, welche Gesichtspunkte dafür maßgeblich gewesen seien. Er halte sich für ein Opfer einer "Mobbingkampagne" der Schulleitung, die auf seine Bewerbung um die Schulleiterstelle zurückgehe. Es sei darum gegangen, seine Chancen im Bewerbungsverfahren um die Nachfolge des Schulleiters zu schmälern. Zu dem Gespräch vom 9. Januar 2008 verweise er auf seine dienstliche Erklärung vom 2. April 2008, die aufzeige, dass es in dem Gespräch gar nicht um organisatorische Änderungen innerhalb der Schule gegangen sei, sondern nur um die Beschwerde einer Schülerin. Ihm sei die Leitung einer Fachbereichskonferenz entzogen worden, die er rund 15 Jahre sehr erfolgreich wahrgenommen habe. Schließlich habe der Personalrat nicht gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 10 Personalvertretungsgesetz mitbestimmt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auf seinen früheren Dienstposten rückumzusetzen und ihm wieder die Betreuung der Fachklassen Rechtsanwaltsgehilfe/-in, Notargehilfe/-in und Rechtsanwalts- und Notargehilfe/-in sowie die Leitung der Fachbereichsleitungskonferenz "Rechts- und Notarfach-angestellte" an der Berufsbildenden Schule I in X zu übertragen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt ihr unter Hinweis darauf entgegen, dass es an einem Missbrauch des eingeräumten Ermessens bzw. an einer Willkürentscheidung fehle, was von ihr im Einzelnen ausgeführt wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Zwar ist die Klage als allgemeine Leistungsklage zulässig, aber sie ist unbegründet, weil die Umsetzung nicht maßgeblich von Ermessensmissbrauch geprägt ist. Der Kläger kann deshalb nicht verlangen, dass sie wieder rückgängig gemacht wird.
1. Der Kläger kann sein Begehren, wieder auf seinen früheren Dienstposten "rückumgesetzt" zu werden, nur im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 12.2.1981 in Buchholz 232 Nr. 21 zu § 26 Bundesbeamtengesetz; Urt. v. 28.11.1991 in BVerwGE Bd. 89 S. 199; Urt. v. 1.6.1995 - BVerwG 2 C 20.94) ist die Änderung des Aufgabenbereichs eines Beamten nämlich kein Verwaltungsakt, u.zw. auch dann nicht, wenn im Einzelfall Rechte des Beamten betroffen sein sollten. Rechtsschutz gegen eine solche Änderung wird nur in Form der Leistungsklage gewährt.
2. Die angegriffene Maßnahme der Schulleitung ist darauf beschränkt, lediglich den Aufgabenbereich des Klägers zu ändern, ohne sein Amt im statusrechtlichen Sinne zu berühren. Das Amt im statusrechtlichen Sinne wird gekennzeichnet durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt und die Amtsbezeichnung (BVerwG Urt. v. 3.3.1975 in ZBR 1975 S. 226). Keines dieser drei Merkmale wird von der getroffenen Maßnahme berührt: Der Kläger war vor der Maßnahme Oberstudienrat mit einem entsprechenden Aufgabenbereich und er ist es auch danach. Der Wechsel des Aufgabenzuschnitts berührt daher nicht das Amt des Klägers im statusrechtlichen Sinne.
3. Der Kläger kann eine Rückkehr auf seinen früheren Dienstposten nicht verlangen, weil der Schulleiter ihm, soweit das verwaltungsgerichtlich überprüfbar ist, zulässigerweise einen anderen Dienstposten übertragen hat.
Gegen eine Änderung seines Aufgabenbereichs - zumal in einer Schule - ist der Beamte grundsätzlich nur in engen Grenzen geschützt. Er hat zwar einen Anspruch auf Übertragung und auch Beibehaltung überhaupt eines amtsgemäßen Aufgabenbereichs, aber dieser (Grund-)Anspruch ist beim Kläger durch die Veränderung vom Januar 2008 ersichtlich nicht verletzt.
Darüber hinaus hat ein Beamter keinen Anspruch auf unveränderte Ausübung des ihm übertragenen Dienstpostens. Er muß vielmehr grundsätzlich eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen hinnehmen (BVerwG Urt. v. 28.11.1991 a.a.O). Der Dienstherr kann aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich des Beamten verändern. Dabei kommt den Besonderheiten des bisherigen Dienstpostens, wie z.B. eine Vorgesetztenfunktion, irgendwelche Beförderungsmöglichkeiten oder etwa gesellschaftliches Ansehen, keine einschränkende und das Ermessen des Dienstherrn mitbestimmende Wirkung zu. Ausgangspunkt ist vielmehr, dass die Ermessenserwägungen des Dienstherrn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen nur daraufhin überprüft werden können, ob sie durch Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt sind. Die Prüfung bleibt danach grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn seiner tatsächlichen Einschätzung entsprachen und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit allein oder maßgebend auf ganz anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen (vgl. BVerwG a.a.O. sowie Beschl. v. 05. Dezember 1997 - 2 B 40/97 - Juris). Derartiges ist hier nicht ersichtlich und auch nicht der Fall.
Vgl. insoweit das Urteil des OVG Schleswig-Holstein v. 30.4.2004 - 3 LB 128/03 - :
"Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass die Personalmaßnahme maßgeblich durch Ermessensmissbrauch geprägt oder aus anderen Gründen willkürlich angeordnet worden ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass selbst zweckwidrige Beweggründe, etwa den Beamten zu disziplinieren oder andere Beamte abzuschrecken, die Rechtswidrigkeit der Umsetzung nicht zur Folge haben, falls sie nicht ausschlaggebend sind, sondern nur neben tragfähige Ermessenserwägungen treten, die an ein dienstliches Bedürfnis oder an einen sachlichen Grund anknüpfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.Januar 1967 - VI C 58.65 -, BVerwGE 26, 65, 67; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 - 2 C 5/99 - , Juris, wonach für die Rechtmäßigkeit einer mehrfach begründeten Ermessenentscheidung die rechtliche Fehlerfreiheit eines selbständig tragenden Grundes genügt)."
Die Beklagte hat die Umsetzung des Klägers - anknüpfend an das Gespräch vom 9. Januar 2008 - im Schriftsatz vom 13. Mai 2008 (S. 2 f.) umfänglich präzisiert und begründet, so dass ein Mangel an Begründung hier nicht feststellbar ist, zumal die entsprechende Begründung bei Verwaltungsakten gem. § 45 Abs. 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens noch nachgeholt werden kann, was analog auch für Ermessenserwägungen bei Umsetzungsmaßnahmen gilt (vgl. § 114 S. 2 VwGO). Dabei hat dann auch die Beschwerde der Schülerin F. Y eine Rolle gespielt (S. 4 d. Schr.), die neben anderen Gründen offenbar ebenfalls - zusätzlich -Anlass dafür war, den Kläger aus den Klassen herauszunehmen, um den Ruf der Schule bei den ausbildenden Kanzleien nicht weiter zu gefährden. Auf die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 7. August 2008 kann hier Bezug genommen werden. Hierbei kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang das Verhalten des Klägers oder das Verhalten von Schülerinnen in der Vergangenheit Grund zu Beanstandungen gegeben hat. Jedenfalls bestand aus der Sicht des Schulleiters ein Handlungsbedarf und ein entsprechender Anlass, der neben die für sich schon tragfähigen Ermessenserwägungen hinsichtlich der Umsetzung des Klägers treten durfte.
Soweit der Kläger ein Fehlen der nach seiner Meinung erforderlichen Mitbestimmung rügt, ist auf § 101 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG zu verweisen, demgemäß eine Umsetzung innerhalb einer Schule - ohne Wechsel des Dienstortes - mitbestimmungsfrei ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.