Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 08.11.2006, Az.: 2 B 391/06

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
08.11.2006
Aktenzeichen
2 B 391/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 44219
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2006:1108.2B391.06.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 19.02.2007 - AZ: 12 ME 421/06

Amtlicher Leitsatz

Die Beschränkung eines Prüfer auf zwei Musterberechtigungen für turbinen- oder turbopropellergetriebene Luftfahrzeugmuster ist als die Berufsausübung regelnde Norm im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden.

Tenor:

  1. Soweit der Antragsteller den Antrag zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

    Der Antrag im übrigen wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die ihm erteilte Anerkennung als Prüfer für weitere Flugzeugmuster zu verlängern.

2

Der Antragsteller ist seit Jahren als Prüfer für verschiedene Luftfahrzeugmuster anerkannt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verlängerung der Anerkennung vom 31.08.2004, befristet bis zum 03.07.2006 (Bl. 6 der GA) Bezug genommen. Nach entsprechendem Antrag verlängerte die Antragsgegnerin die Anerkennung als Prüfer mit Bescheid vom 22.06.2006 für die Luftfahrzeugmuster Learjet 60 und CL 604. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass nach § 128 Abs. 7 LuftPersV ein Prüfer über höchsten zwei Anerkennungen zur Abnahme von Prüfungen auf Turbinen- oder Turbopropeller getriebenen Flugzeugmustern verfügen dürfe.

3

Mit Schreiben vom 03.07.2006 legte der Antragsteller Widerspruch ein, den er damit begründete, er habe über Jahre hinweg auf deutlich mehr Flugzeugmustern als Prüfer fungiert. Die Regelung des § 128 Abs. 7 LuftPersV sei verfassungswidrig.

4

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Widerspruch vom 03.07.2006 die Anerkennung als Prüfer für die Flugzeugmuster Cessna 500, 550, 560, Learjet 20, 30, Learjet 55, Cessna 501, 551, 525, Beech 90, 99, 100 und 200 zu verlängern.

5

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

6

Sie erwidert, es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Regelung des § 128 Abs. 7 LuftPersV verfassungswidrig sein solle. Die Regelung sei auf einen Flugunfall im Jahre 1987 zurückzuführen, in den ursächlich ein Sachverständiger verwickelt gewesen sei, der über eine Vielzahl von Musterberechtigungen verfügt habe. Im Interesse der Sicherheit des Luftverkehrs sei daher für strahl- und propellerturbinengetriebene Flugzeugmuster eine Beschränkung auf höchstens zwei Flugzeugmuster bzw. Sammeleintragungen vorgesehen worden. Dies gelte nicht für kolbengetriebene Flugzeugmuster, da eine solche Beschränkung wegen der relativ großen Übereinstimmung in Bedienung und Führung nicht erforderlich sei.

7

Die Antragsgegnerin erteilte dem Antragsteller mit Bescheid vom 06.09.2006 noch die Berechtigung für das Luftfahrzeugmuster PA 46. Der Antragsteller hat insoweit seinen Antrag zurückgenommen.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakte Bezug genommen. D.

9

II.

Soweit der Antragsteller den Antrag zurückgenommen hat, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

10

Im Übrigen ist der nach § 123 Abs. 1 zulässige Antrag ist nicht begründet. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch, das heißt die materielle Berechtigung seines Begehrens, nicht glaubhaft gemacht.

11

Ein Anspruch auf Verlängerung der Anerkennung als Prüfer im bisherigen Umfang steht dem Antragsteller nicht zu. Eine solche Anerkennung ist nicht möglich, da ihr die Regelung des § 128 Abs. 7 LuftPersV entgegensteht. Nach dieser Vorschrift darf ein Prüfer zur Abnahme von Prüfungen auf turbinen- oder turbopropeller getriebenen Flugzeugmustern gleichzeitig nur im Besitz von insgesamt zwei dieser Anerkennungen sein. In diesem Umfang hat die Antragsgegnerin den Antragsteller als Prüfer anerkannt.

12

Die Regelung des § 128 Abs. 7 LuftPersV ist bei summarischer Prüfung nicht verfassungswidrig. Sie verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Danach haben alle Deutschen das Recht ihren Beruf frei zu wählen. Seit dem "Apotheken-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts vom 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 - (BVerfGE 7, 377) ist anerkannt, dass die Freiheit der Berufsausübung "leichter" zu beschränken ist, als die Freiheit der Berufswahl. Die Berufsausübung kann schon beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dies zweckmäßig erscheinen lassen.

13

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der Regelung des § 128 Abs. 7 LuftPersV lediglich um eine Regelung zur Berufsausübung handelt. Die Regelung untersagt nämlich nicht die Tätigkeit als Prüfer allgemein. Sie beschränkt lediglich den Kreis der Luftfahrzeugmuster, auf denen ein Prüfer seiner Tätigkeit nachgehend darf. Dafür gibt es auch vernünftige Gründe. Die Antragsgegnerin hat nämlich angeführt, dass auf Grund der Erfahrungen in der Vergangenheit davon auszugehen ist, dass ein Prüfer, der auf einer Vielzahl von Luftfahrzeugmustern Prüfungen abnimmt, Schwierigkeiten haben kann, den für die Sicherheit des Luftverkehrs erforderlichen hohen Stand an Wissen und Können aufzubieten. Ob dies beim Antragsteller der Fall ist, kann hier dahinstehen. Allein die Tatsache, dass es in der Vergangenheit in dieser Hinsicht zu Problemen gekommen ist, vermag eine Regelung im Sinne des Allgemeinwohls zu rechtfertigen. Das Interesse des Antragstellers auf einer Vielzahl von Luftfahrzeugmustern Prüfungen abnehmen zu können, muss nämlich in diesem Fall hinter dem Gemeinwohlinteresse, dem Interesse an der Sicherheit des Luftverkehrs und dem Interesse an einer qualitativ hochwertigen Ausbildung, zurückstehen.

14

Der Antragsteller kann auch nicht damit gehört werden, dass er im Hinblick auf seine in der Vergangenheit liegende Anerkennung für eine Vielzahl von Luftfahrzeugmustern Bestandsschutz genieße. Dabei ist nämlich auch in den Blick zu nehmen, dass die ihm erteilte Erlaubnis befristet (bis zu 03.07.2006) war. Zwar erlischt die Erlaubnis nicht in dem Sinne, dass sie bei Ablauf ihrer Befristung als nicht mehr existent zu gelten hat (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 22.10.1982 - 7 C 80/79 -, zitiert nach Juris), doch ist auch zu beachten, dass § 128 Abs. 7 nicht in einen bereits abgeschlossenen Erlaubnissachverhalt eingreift, sondern lediglich für die Zukunft wirkt. Als Regelung, die erst bei einer Verlängerung nach Inkrafttreten der Neuregelung zur Anwendung kommt, handelt es sich - wenn überhaupt - um eine unechte Rückwirkung. Diese ist bereits zulässig, wenn das Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand der bisherigen Regelung hinter die Bedeutung des neuen Rechts für das Wohl der Allgemeinheit zurückzutreten hat (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 24.08.1982 - 7 B 148/81 - zitiert nach Juris). Hinsichtlich dieser Frage kann die Kammer auf die oben zur Verletzung des Rechts auf freie Berufsausübung gemachten Ausführungen verweisen.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.

16

Der Wert des Streitgegenstandes ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 26.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVWZ 2004, 1327 ff.). Danach sind für sonstige Erlaubnisse für Luftfahrtpersonal 7.500,00 € anzusetzen. Dieser Wert war für das hier entschiedene Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu halbieren, da es in der Sache die Hauptsache vorwegnimmt.